Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer Kulturbesitz
Bellange-Zeichnungen im Berliner KupferstichkabinettSource: Berliner Museen, 54. Jahrg., H. 2. (1933), pp. 36-38Published by: Staatliche Museen zu Berlin -- Preußischer KulturbesitzStable URL: http://www.jstor.org/stable/4237794 .
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36 BERLINER MUSEEN
kunst, die physiognomische Verwandtschaft. Auch das ist den Chorgest?hlb?sten mit den Arbeiten Schramms gemeinsam, da? die M?nner eindr?ck- licher und pers?nlicher gestaltet sind als die Frauen. Und nicht zuletzt, da? der Einflu? der Niederl?nder und besonders Rogers auch hier
sp?rbar ist. Bei der Delphica verdichtet er sich, wie schon Winkler1) bemerkte, bis zur genauen Nachbildung eines Rogerschen Bildes, der Mag- dalena des Triptychons im Louvre.
Nur in aller K?rze sollte auf die hier vorliegen- den Probleme hingewiesen werden. In welchem
Ausma? Schramm am Chorgest?hl in Ulm mit-
gearbeitet hat, ob er mit dem B?stenmeister identisch ist oder wieweit im einzelnen ein Nieder-
schlag des Ulmer B?stenmeisters auf den Stil
Schramms anzunehmen ist, bleibt noch zu ent-
scheiden. Es wird sich aber lohnen, der k?nst-
lerischen T?tigkeit Schramms weiter nachzugehen.
GERTRUD OTTO
Abb. 1. J. Bellange ?Gesicht? und ?Geh?r? aus einer Folge der f?nf Sinne
Kupferstichkabinett
') Vgl. Winkler, Der Meister von Fl?malle und Roger van der Weyden (Stra?burg 1913) S. 118 Anm.
BELLANGE-ZEICHNUNGEN IM BERLINER
KUPFERSTICHKABINETT
I
Im Katalog der niederl?ndischen Zeichnungen des Berliner Kabinetts fanden unter den fraglichen
Sprangerzeichnungen zwei Bl?tter (Abb. 1) einen
provisorischen Platz, die der Unterzeichnete nach-
tr?glich richtiger einordnen konnte, und die unter ihrem wirklichen Namen inzwischen schon auf der franz?sischen Ausstellung in London figurierten
(vgl. Kat. Nr. 667). Es handelt sich um die auf S. 49 des niederl?ndischen Kataloges verzeichneten Studien mit weiblichen Halbfiguren Nr. 13623 und 13624, die dort folgenderma?en charakterisiert sind : ?Diese
Zeichnungen (beide offenbar zu einer Folge der f?nf Sinne geh?rend) kommen Spranger sehr nahe, zeigen jedoch eine f?r den Meister fast zu male-
risch aufgelockerte Oberfl?chenbehandlung.? In
der Tat erinnert nur eine oberfl?chliche ?hnlich-
keit im Typus, die offenbar auf der Anschauungs-
gleichheit der gro?en intereurop?ischen manieristi-
schen Bewegung beruht, an Spranger. Der K?nstler
aber geh?rt einem ganz anderen Kunstkreis an.
Es ist der in Nancy zwischen 1602 und 1617
t?tige Jacques Bellange, der Hofmaler des Her-
zogs Karl III. von Lothringen, der, lange verkannt,
erst neuerdings wieder durch die literarischen Hh>
weise von L. Burchard (Kunst und K?nstler, 1911), E. Tietze-Konrad (Der franz?sische Kupferstich der Renaissance), T. Kamenskaia (Gazette des
Beaux Arts 1929) sowie durch das k?rzlich er-
schienene Werk von P. Lavall?e (Les dessins
fran?ais du 13. au 17. si?cle) seiner Eigenart
entsprechend gew?rdigt wurde. Bekannt ist Bellange vor allem durch seine
unvergleichlich originellen Radierungen und die
Federzeichnungen, die an ihrer der Radierung ?hn-
lichen Faktur leicht kenntlich sind. Das Kupfer- stichkabinett besitzt ein charakteristisches signiertes
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BERICHTE AUS DEN PREUSS. KUNSTSAMML. 37
Blatt dieser Art mit der R?ckenfigur eines t?rki- schen Bogensch?tzen zu Pferd, das 1924 aus der
Sammlung Charles Morin erworben wurde, und
ein zweites, bisher unver?ffentlichtes mit der
R?ckenfigur eines Christlichen Ritters, das sich im Bestand der Pacettizeichnungen vorfand und
eine Art Gegenst?ck dazu bildet (Abb. 2), letzteres
zwar nicht mit Tuschfeder, aber in v?llig gleicher Technik mit dem Bleigriffel gezeichnet und schraf-
fiert, wodurch es ebenfalls den Radierungen ?hnlich ist. ? Neben diesen stark stilisierten und manieristisch-dekorativen Bl?ttern gibt es, besonders unter den R?telzeichnungen, mehr studienhafte und naturalistische Skizzen, und ihnen geh?ren die oben besprochenen an. Die
Fl?chtigkeit des Entwurfes kommt bei ihnen ebenso lebhaft zum Ausdruck wie das Wache, Gespannte und ?bersteigerte der Bildphantasie Beilanges. Ein drittes Blatt derselben Serie, das sich in der Sammlung Masson in der Ecole des Beaux Arts in Paris befindet und bei Lavall? (Taf. 174) abgebildet ist, war mit unseren Bl?ttern ebenfalls in London ausgestellt. Ein viertes wurde von Frl. E. Steiner in der Sammlung Dr. Feldmann in Brunn entdeckt und in den
Wiener Graphischen K?nsten (1932, Mitteilungen S. 47) ver?ffentlicht. Nachdem damit die Dar-
stellungen von Gesicht, Geruch, Geh?r und Ge- schmack bekannt sind, bleibt aus der Folge nur noch ein Blatt, ?das Gef?hl?, zu entdecken.
Wenn auch thematisch und in ?u?erlicher Form diese Folge an den Rudolfinischen Manierismus
erinnert, eine andere Wesensverbindung wird
gleichzeitig deutlich, und sie weist auf die vom florentinischen Manierismus ausgehende Bewe-
gung, die in Frankreich durch Rosso, Niccolo dell'Abate und Primaticcio verbreitet wurde. Diesen Zusammenhang mit der Schule von Fon- tainebleau wird man bei Beilange nicht ganz au?er acht lassen d?rfen, um zu erkl?ren, wieso er im
Gegensatz zum rudolfinisch-holl?ndischen Manie-
rismus, der stets in der irdischen, k?rperlich- r?umlichen Zone befangen bleibt, hinweg von aller Natur in die Sph?re treibt, in der sich das Virtuose ins Spiritualistische verfl?chtet und vom Hauch der Wirklichkeit nur mehr von fern ber?hrt scheint.
P. WESCHER
Abb. 2. J. Bellange Reiter zu Pferde
Kupferstichkabinett
Abb. 3. J. Bellange Figur einer Parze (?) Kupferstichkabinet
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38 BERLINER MUSEEN
II Den von P. Wescher beschriebenen Zeich-
nungen Behanges sei hier noch eine lavierte
Federzeichnung dieses Meisters (Abb. 3) ange- schlossen, die ich unter den Bestanden des Kupfer- stichkabinetts bei den ?Unbekannten Italienern? fand. Das stattliche Blatt (255 x157 mm) stellt wohl die Gestalt einer Parze dar, von deren aus-
gestrecktem linken Arm der Schicksalsfaden schr?g zum Boden herniederf?llt, w?hrend sie in der Rechten die Schere zu halten scheint. Ganz deut- lich lassen sich diese Attribute bei der ornamen- talen Wildheit des Striches nicht erkennen.
Wie die beiden oben ver?ffentlichten R?tel-
zeichnungen zeigt auch dieses Blatt Verwandtschaft mit Bartholom?us Spranger, von dem es eine
gro?z?gigere, vom Stofflichen freiere Behandlung unterscheidet. Die Mehrzahl der bisher bekannten
Federzeichnungen Beilanges ist nicht so frei im Strich und zeigt mehr Gebundenheit an seinen
graphischen Stil1). Eine ?hnliche zeichnerische
Behandlung, namentlich in der Schraffierung, zeigt der vom R?cken gesehene Bogensch?tze zu Pferde im Berliner Kupferstichkabinett (Nr. 12005). Verwandt ist auch die Zeichnung des stehen- den hl. Rochus in den Uffizien (Coli. Santarelli
3545). Auf der R?ckseite unseres Blattes ist ? eben-
falls in Feder laviert ? eine kniende Frauen-
gestalt, vermutlich eine Verk?ndigungsmadonna, dargestellt, die ganz deutlich an die zarte R?tel-
zeichnung mit den drei heiligen Frauen am Grabe in der Albertina (Sch?nbrunner und Meder Taf. 16) erinnert, ferner in schwarzer Kreide, sehr
fl?chtig, ein originell bewegter weiblicher Akt. Auch die winzigen bewegten Akte in schwarzer
Kreide am rechten Rande der Vorderseite, die von fremder Hand ?berkritzelt und in der Repro- duktion schwer erkennbar sind, zeigen denselben Duktus wie dieser fl?chtig skizzierte Akt der
R?ckseite und sind ebenfalls von der Hand des
K?nstlers. So finden wir auf diesem einen Blatt drei Spiel-
arten der Zeichenweise Beilanges vereinigt: den
m?chtig z?gigen Federstil der Parzenfigur auf der
Vorderseite, den zarten, florentinisch (Rosso u. a.) beeinflu?ten der knienden Madonna auf der R?ck-
seite, bei welcher die leichte Lavierung von den d?nnen Federstrichen nicht ?bert?nt wird, und schlie?lich die fl?chtigen Aktskizzen in Kreide, die ganz ohne Innenzeichnung geblieben sind. Diese zeichnerische Mannigfaltigkeit, der eine
systematische Betrachtung des gesamten zeich- nerischen ?uvres von Bellange gewi? noch manche Z?ge hinzuf?gen k?nnte, deutet auf ein
spr?hendes, wendiges Talent, eine echte Manie-
ristennatur, auch insofern, als eklektische Z?ge in ihr (Einfl?sse des florentinischen und des niederl?ndischen Manierismus) deutlich zutage
gen< JAKOB ROSENBERG
*) L. Burchard gab mir liebensw?rdigerweise Einblick in sein vollst?ndiges und h?chst aufschlu?reiches Material.
MIHR CHANDS BILDNISSE DES
SHODJ? ED-DAULE
Der indische Miniaturmaler Mihr Chand wurde von E. K?hnel in die Literatur eingef?hrt*). Seine
T?tigkeit zwischen 1755 und 1785 f?llt in die von
K?mpfen zerrissene Untergangszeit des Moghul- Kaisertums. Er arbeitete zun?chst in Delhi am Hofe des Shah 'Alem, dessen Portr?t von seiner Hand erhalten ist, dann in Lucknau und Fyzabad am Hofe des Naw?bw?zirs von Oudh, Shodj? ed-daule. Wann er Delhi verlassen hat, l??t sich nicht mit Sicherheit feststellen. Vielleicht kam er 1764, nach dem Bruch zwischen Kaiser und
Naw?bw?zir, nach Oudh; 1776 ist er dort nach-
zuweisen, und manches spricht daf?r, da? er da- mals schon einige Zeit dort t?tig war. Eine
gr??ere Anzahl seiner Miniaturen ist ?berliefert; viele von ihnen tragen die stets gleichlautende Signatur ?Mihr Chand, Sohn des Gang? R?m?. Sie zeigen ihn als einen Eklektiker, der sich in
jeden Stil einzuf?hlen vermochte und Werke der Akbar-Schule mit der gleichen Sorgfalt und ge- schmacklichen Kultur nachbildete wie Bilder
europ?ischer Meister. Drei seiner im Besitz der Islamischen Kunst-
abteilung befindlichen Arbeiten stellen seinen
Herrn, den Naw?bw?zir Shodj? ed-daule, dar. Die erste (Abb. I)2) zeigt den F?rsten unter freiem Himmel mit Gefolge und einem Elefanten im Hintergrund. Die Komposition l??t in der
tiefen Angabe des Horizonts, in der bewegten Gestaltung des Himmels, in der Wiedergabe von Schatten, in der gut berechneten Verkleine-
rung der Figuren und in der Farbgebung deut-
lich europ?ischen Einflu? erkennen, der auch
in der zweiten Miniatur (Abb. 2)3), die ihn im
Kreise seiner S?hne vor einer architektonischen
Kulisse zeigt, zum Ausdruck kommt. Die letzte
Miniatur4), eine zwar unsignierte, aber stilistisch
sichere Arbeit des Meisters geht auf die gleiche Quelle zur?ck wie eine Miniatur der Bodleian
Library5), aus der sie einen Ausschnitt bringt. Alle drei lassen sich auf europ?ische Vorbilder
zur?ckf?hren, und es bedarf nur eines fl?chtigen
i) Berliner Museen XLIII, 1922, S. 115?122. 2) I, 4594 fol. 18 a. K?hnel, a. a. O. Nr. 8. 3) I, 4596 fol. 18 a. K?hnel, a. a. O. Nr. 21. Eine gleiche
Miniatur, von Nevazilal signiert, befindet sich im Louvre (Nr. 35. 571).
4) I, 4596 fol.38a. K?hnel, a.a.O. Nr. 15. 5) Or. b.3 fol.18. Abb. bei I. Stchoukine ?La peinture indienne
? l'?poque des Grands Moghols? Paris 1929, Pl. LXXXVIIIb, S. 121 Anm.2.
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