+ All Categories
Home > Documents > Stelzbockausgabe 18

Stelzbockausgabe 18

Date post: 28-Mar-2016
Category:
Upload: werni-deichsler
View: 218 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
Description:
Das Magazin der United Supporters Luzern.
24
18. Ausgabe Magazin der United Supporters Luzern 12. Mai 2012 «D Ziit esch riif» – das ist nicht nur der Titel eines Songs aus dem Album der Open Minded Riot Crew, sondern auch das Motto für den Cupfinal 2012. Genau zwanzig Jahre nach dem letzten Triumph hat der FC Luzern die Chance den «Chöbu» wieder in die Leuchten- stadt zu holen. Es waren zwanzig Jahre, die von Ab- und Aufstiegen, einer drohenden Pleite, drei verlorenen Cupfinals, einigen Präsidentenwechseln, einem Übergangs- und einem neuen Stadion geprägt waren. Es waren Zeiten, in denen es hart war, FCL- Fan zu sein. Doch wie es im Songtext heisst, «Lozärn esch ändlech weder do – starch gnueg, zom Tröim wohr wärde lo.» Lasst uns also alle zusammen diesen Traum wahr wer- den lassen und den Cup nach Luzern holen: «D Ziit esch riif!» 20 Jahre sind genug! «D Ziit esch riif före Chöbu!» Cupfinal-Special Die Cupsiege Fussballclubs Luzern des ab S. 9
Transcript
Page 1: Stelzbockausgabe 18

18. Ausgabe Magazin der United Supporters Luzern 12. Mai 2012

«D Ziit esch riif» – das ist nicht nur der Titel eines Songs aus dem Album der Open Minded Riot Crew, sondern auch das Motto für den Cupfinal 2012. Genau zwanzig Jahre nach dem letzten Triumph hat der FC Luzern die Chance den «Chöbu» wieder in die Leuchten-stadt zu holen. Es waren zwanzig Jahre, die von Ab- und Aufstiegen, einer drohenden Pleite, drei verlorenen Cupfinals, einigen

Präsidentenwechseln, einem Übergangs- und einem neuen Stadion geprägt waren. Es waren Zeiten, in denen es hart war, FCL-Fan zu sein. Doch wie es im Songtext heisst, «Lozärn esch ändlech weder do – starch gnueg, zom Tröim wohr wärde lo.» Lasst uns also alle zusammen diesen Traum wahr wer-den lassen und den Cup nach Luzern holen: «D Ziit esch riif!»

20 Jahre sind genug!«D Ziit esch riif före Chöbu!»

Cupfinal-Special

Die Cupsiege Fussballclubs Luzern des

ab S. 9

Page 2: Stelzbockausgabe 18

2 Impressum

ImpressumHerausgeberUnited Supporters LuzernOnline: www.us-luzern.ch

BildnachweisMit freundlicher Genehmigung abgedruckt von:footballislife.ch.vulucernedynamite.chfcl.fan-fotos.ch

DruckAuchli DruckRomantica6106 WerthensteinTel: 041 490 20 [email protected]: 3‘000 Ex.

KontaktWir freuen uns über jedes Feedback! Mit einem E-Mail an unsere [email protected] oder in unserem Fanlokal «Zone 5» am Bundesplatz kannst du mit uns Kontakt aufnehmen.

SpendenDas Magazin wird in ehrenamt-licher Arbeit produziert und kostenlos verteilt. Beiträge zur Deckung unserer Aufwendun-gen sind jederzeit herzlich willkommen.Spenden nehmen wir gerne per Überweisung mit Stichwort «Stelzbock» anUnited Supporters 6000 Luzern, Raiffeisenbank Region Stans, Kontonummer 94453.59, Clearing 81223, Postkonto 60-7178-4, IBAN CH61 8122 3000 0094 4535 9 entgegen.

Eindrücke zum Saisonende

Die Mannschaft erhörte den Ruf nach neuen Helden beim Cup- Halbfinal in Sion.

Nach Stephan Lehmanns Sieg am Billardtisch folgte im Cup- Viertelfinal der Triumph auf dem Rasen über Sforzas GC.

Luzerns Choreo-Statement zu den Skandalfiguren des Schweizer Fussballs.

Page 3: Stelzbockausgabe 18

3Inhaltsverzeichnis

Editorial

Liebe FCL-Fans,

Es ist vollbracht – nach fünf Jahren und zum insgesamt sechsten Mal steht der FC Luzern im Cupfinal. Die-sem Umstand widmen wir eine Stelz-bock-Sonderausgabe mit allen Infos zum wichtigsten Spiel der Saison. Wir blicken ausserdem zurück auf die zwei bisherigen Cupsiege und den legen-dären Final 1997. Aus Platzgründen, und weil die letzten beiden Luzerner Finalteilnahmen noch nicht so lange zurückliegen, verzichten wir auf Be-richte zu den Finals 2005 und 2007.

An dieser Stelle dankte ich in der letz-ten Ausgabe allen FCL-Fans, die sich am Protest gegen das Fahnenverbot beteiligten und uns im Kampf für den Erhalt von Freiraum für Fankultur im Stadion unterstützten. Wie jeder Sta-dionbesucher sicher mitbekommen hat, war unser Protest erfolgreich und es dürfen nun wieder Fahnenmeere und Choreos in der Fankurve bewun-dert werden. Dieser Erfolg zeigt, wie wichtig es ist, sich für seine Anliegen einzusetzen und der Repression ent-gegenzuwirken. Wie immer zum Saisonende müssen wir leider auch Personen aus Luzern verabschieden, die wir gerne weiter in der Leuchtenstadt gesehen hätten. Zum einen Stephan Lehmann, dem leider von Vereinsseite nicht der Ab-schied gewährt wurde, den er ver-dient gehabt hätte und zum anderen Burim Kukeli, der sich in den letzten vier Jahren für unser Team im Mittel-feld abrackerte. Danke für euren Ein-satz und alles Gute für eure Zukunft.

Viel Spass beim Lesen und lasst uns in Bern unsere Mannschaft gemeinsam zum Cupsieg schreien!

René SchwarzentruberPräsident USL

Am 13. April präsentierte die Open Minded Riot Crew ihr Fussballalbum live on stage in der Schüür. Der Stelzbock war vor Ort und schildert auf den Seiten 22 und 23 was rund ums Konzert alles abging.

Blau-wiissi Nacht

Cupfinal 1997

Weg in den Cupfinal

Einem der denkwürdigsten Cupfinals aller Zeiten und dramatischsten Cupspiel mit Luzerner Beteiligung überhaupt, widmen wir einen Bericht auf den Seiten 18–21.

Cupsiege 1960/1992

Vor dem grossen Showdown in Bern blicken wir auf den Seiten 6–8 auf die Spiele beider Finalisten zurück und analy-sieren ihren Weg ins Finale.

Bereits zwei Mal wanderte die Sandoz-Trophäe in die Leuch-tenstadt. Für alle, die damals noch nicht dabei sein konnten, berichten wir auf den Seiten 9–14 aus der guten alten Zeit.

USL-Fancup: Melde dich jetzt an, Seite 23

Aus dem Archiv: Zeitungsbericht zur Stimmung am Cupfinal 1960, Seite 15–17

Cupfinal Infos: Bärn esch blau-wiiss, Seite 4–5

Allmend United: Die neue Online-Plattform, Seite 24

Zone 5: Infos zur Saisonabschlussparty, Seite 21

Page 4: Stelzbockausgabe 18

4 Infos zum Cupfinal 2012

Bundeshauses ist nicht zufällig gewählt: Je-der soll sehen, welche Farben am Cupfinal-tag in der Stadt Bern regieren! Auf dem Bä-renplatz gibt es zahlreiche Beizen mit genü-gend Bier, ideale Voraussetzungen also, um sich gemeinsam für den Cupfinal einzustim-men und einzusingen! Die blau-weisse Cup-finalparty auf dem Bärenplatz geht um ca. 15 Uhr los!

Alle zusammen ins Stadion!

Nach der Bärenplatz-Party laufen wir alle (ALLE!!!) zusammen zum Stadion. Die Marschroute führt vom Bärenplatz durch die Berner Altstadt via Nydeggbrücke und Bä-rengraben zum Stadion. Wir werden um ca. 17.30 Uhr losmarschieren, damit wir sicher rechtzeitig zur Stadionöffnung um 18.30 Uhr vor Ort sind.

Dresscode blau!

Am Cupfinaltag sollen alle (ALLE!!!) Luzer-ner Farbe bekennen. Man soll im Stadion auf den ersten Blick sehen, wo sich die Luzerner befinden. Deshalb: Alle (ALLE!!!) mit einem blauen T-Shirt an den Cupfinal – es reicht, wenn die Mannschaft in gruusigen gelben

Der Cupfinal soll ein unvergessliches Fussballfest werden. Deshalb gilt: Dresscode blau! Und vor allem: Alle (ALLE!!!) bereits am Mittag auf den USL-Extrazug!

Der diesjährige Cupfinal soll so gefeiert wer-den, wie es sich für einen Cupfinal gehört! Nicht nur im Stadion soll nach allen Regeln der Kunst ein Fussballfest zelebriert werden, sondern bereits tagsüber in der Stadt Bern. Deshalb unser Appell an alle (ALLE!!!) FCL-Fans: Nehmt am 16. Mai am besten gleich den ganzen Tag frei. Es gehört sich für einen echten Luzerner nicht, dass er am Tag des Cupfinals arbeitet!

Alle um 13.26 auf den Extrazug!

Damit in Bern genügend Zeit bleibt, eine blau-weisse Cupfinal-Party zu feiern, fährt der USL-Extrazug bereits um 13.26 ab Lu-zern los. Nach Zwischenhalten in Sursee (13.45) und Zofingen (13.59) trifft der Extra-zug um 15.05 in Bern ein. Ankunftsort ist selbstverständlich der Berner Hauptbahnhof – etwas anderes kommt für einen Cupfinal nicht in Frage! Wichtig: Besorgt Euch die Ti-ckets für den USL-Extrazug rechtzeitig, da die Anzahl Tickets beschränkt ist! Sollte der USL-Extrazug vorzeitig ausverkauft sein, empfehlen wir den Interregio Luzern ab 14.00. Dieser Zug wird ungefähr zeitgleich in Bern HB eintreffen.

Treffpunkt in Bern: Bärenplatz!

Treffpunkt in Bern für alle (ALLE!!!) Luzerner ist der Bärenplatz. Der Platz in der Nähe des

Cupfinal 2012: Bärn esch blau-wiiss!

Page 5: Stelzbockausgabe 18

5Infos zum Cupfinal 2012

Eine weitere Gelegenheit Euch mit den USL-Cupfinal-Artikeln einzudecken, habt Ihr am Dienstag 15. Mai am Cupfinal-Ein-stimmungs-Apero in der Zone 5 (ab 19.01 Uhr).

Rückfahrt ab Ostermundigen

Nach dem Spiel fahren alle Extrazüge ab Ostermundigen zurück nach Luzern. Nach einem Abstecher in der Zone 5 geht’s dann gemeinsam zum Hotel Schweizerhof zur offiziellen Cupsieger-Party!

Trikots den Platz betritt! Auf dass eine impo-sante blaue Wand den FCL zum Cupsieg pusht!

Besorge Dir die USL-Cupfinal- Kollektion!

Das perfekte Cupfinal-Outfit für alle (ALLE!!!) Luzerner ist das blaue USL-Cup-final-Shirt und der dazu passende Cup-final-Schal. Beides könnt Ihr heute vor und nach dem Match rund ums Stadion kau-fen. Achtet Euch auf die USL-Verkäufer!

Verkaufsdaten:Samstag, 12. Mai: Vor und nach dem Heimspiel FCL-Lausanne vor dem Stadion und in der Zone 5. Montag, 14. Mai: 12–14 Uhr und 16–20 Uhr, Büro Fanarbeit Luzern, Bundesplatz 9.Dienstag, 15. Mai: Ab 19 Uhr, am Cupfinal-Apéro in der Zone 5. Mittwoch, 16. Mai: Ab 9 Uhr in der Zone 5, vor der Abfahrt beim Perron

Page 6: Stelzbockausgabe 18

6 Weg in den Cupfinal

Der Weg in den Cupfinal

Erste Runde

Der FC Basel traf in der ers-ten Runde auf den FC Eschenbach, für welchen dieses Spiel das Highlight der 33-jährigen Clubge-schichte bedeutete. Sieben Tribünen wurden für dieses Erstrundenspiel errichtet, damit immerhin gut 3‘700 Zuschauer das Spiel vor Ort mitverfolgen konnten. Für

die Einheimischen war das Spiel zwischen dem grossen FC Basel und ihrem Zweit-ligisten allerdings bereits nach elf Minuten gelaufen. Pak und Zoua brachten den FC Basel bis zur Pause zur Drei-Tore-Führung. Die Bebbi spulten ihr Pro-gramm auch in der zweiten Halbzeit souverän ab und gewannen schlussendlich verdient mit 4:0.

Die Reise des FC Luzern be-gann in Losone, wo man vor rund 1‘600 Zuschauern gegen den dort ansässigen Fussballclub Losone Spor-tiva traf. Gegen 400 Luzer-ner begleiteten ihre Mann-schaft ins Tessin. Etwas we-niger, als es dann am Final-tag sein dürften. Im Gegen-satz zu anderen Gegnern dieser Grössenordnung, wurde die Luzerner Anhän-gerschaft sehr vorbildlich und gastfreundlich empfan-gen. Die erste Halbzeit wird allerdings keinen Platz in Geschichtsbüchern einneh-men. Nicht nur im Luzerner Fanblock herrschte Kater-stimmung (gehoben zwar,

Eigentlich ist es unwichtig, wie man in den Final gekommen ist. Was für die beiden Teams zählt ist lediglich der Finaltag selbst. Wir wollen den Weg der beiden Teams allerdings doch noch einmal aufarbeiten und an vielleicht bereits vergessene Spiele erinnern.

Der Basler Weg in den Cupfinal 2012 weist eine Länge von 786 Kilometern auf.

Ein 1502 Kilometer langer Weg legte Luzern zurück.

Page 7: Stelzbockausgabe 18

7Weg in den Cupfinal

da einige im Designer-An-zug einfuhren), sondern auch bei den Herren auf dem Platz. Der Mann des Spiels wurde Nico Siegrist, der eine tolle zweite Halb-zeit zeigte und mit einem sensationellen Tor den Sieg ebnete.

Zweite Runde

Bereits zum vierten Mal in Folge durfte oder musste der FC Schötz schon zu Be-ginn des Turniers gegen ei-nen Gegner aus der höchs-ten Spielklasse antreten. Und zum zweiten Mal hiess er FC Basel. Allerdings war der grosse Traum bereits nach 8 Minuten ausge-träumt. Heiko Vogels Debüt als Cheftrainer endete mit einem souveränen 5:1-Sieg, wie man es von einem Cup-Favoriten erwartet.Der FC Luzern seinerseits spielte irgendwo weit weg von der schönsten Stadt der Schweiz. Genauer gesagt in der Nähe von Genf als Gast beim Grand-Lancy FC. An-ders als in der ersten Runde, startete der FC Luzern wie man es von ihm erwartete und ging rasch 2:0 in Füh-rung. Doch in der Halbzeit-pause ging ein Bruch durch das Team. Grand-Lancy hätte gut und gerne drei Tore schiessen können. Doch wir können uns glück-lich schätzen mit Wüthrich

einen starken Ersatztorhü-ter im Team zu haben. Und man hätte es diesem klei-nen Verein nicht missgönnt, wenn sie unsere Profis aus dem Wettbewerb gekickt hätten. Manch einer wurde gar ein Fan von Aussenver-teidiger Aleksandar Bratic. Der 40-jährige Bosnier, frü-her Spieler bei Servette Genf, rannte auf ab und lies Ferreira und Co. einige Male schlecht aussehen. Etwas, was die ersten Cup-Runden so sympathisch macht. Schlussendlich endete das Spiel trotzdem mit 3:1 für die Leuchten, aber man war ganz schön nahe am Aus. Zum Glück hätten das nur 800 Leute gesehen.

Achtelfinale

Basel musste im Achtelfi-nale zu dem Gegner, wel-cher sie im vergangenen Jahr aus dem Pokal gekickt hatte. Das Spiel gegen den FC Wil war erneut ein Spiel mit vielen Emotionen und spannend wie man sich Fussball wünscht. Das Spiel kurz zusammenzufassen ist bei der Fülle an Geschehnis-sen fast nicht möglich: Ein Platzverweis für Sommer, Elfmeter, Heiko Vogel auf die Tribüne, Edelmetall, Ver-längerung, zwei weitere rote Karten usw. Nach 111 Minuten war der FC Basel eigentlich bereits ausge-

schieden. Der FC Will führte mit 2:1. Doch der FCB konnte das Spiel dank ei-nem eigentlich irregulären Tor von Degen und einem Traumtor durch Alex Frei dann doch noch drehen in die nächste Runde einzie-hen.Auch unser Verein tat sich schwer in dieser Runde. In Wohlen, welches uns bisher stets gastfreundlich emp-fangen hat, gewannen un-sere Mannen lediglich 2:1 und mussten phasenweise ihr Glück beanspruchen. Ansonsten wäre es womög-lich zur Verlängerung ge-kommen. Gestört hätte dies allerdings wohl nur wenige, da das Wohlener Kaffi-Schnaps gut Schuss besass.

Viertelfinale

Bereits fünf Teams aus der Nationalliga A mussten Fe-dern lassen. Die einzigen Heimspiele für beide Teams. Basel empfing Lausanne und der FC Luzern die Gras-shoppers aus Zürich. Ob-wohl man auf Gegner traf, die vermeintlich stärker sein müssten, als Grand-Lancy oder Eschenbach, zeigten Basel wie auch Luzern die wohl souveränsten Spiele bis zu dem Zeitpunkt. Beide Mannschaften gewannen mit einem lockeren Dreitor-vorsprung.

Page 8: Stelzbockausgabe 18

8 Weg in den Cupfinal

allem die Fehlentscheidung gegenüber Basels Schluss-mann fiel dank dessen star-ker Leistung ins Gewicht. Dank diverser Kontermög-lichkeiten gewannen die Basler schlussendlich mit 2:1.

Dass Luzern im Halbfinale gegen das Cup-Monster Sion antreten musste, muss ei-gentlich nicht erwähnt wer-den. Die Euphorie vor und nach der Partie war derart gigantisch, dass man selbst beim Gedanken daran er-höhten Pulsschlag und Hüh-nerhaut kriegt. Wir möchten uns allerdings an dieser Stelle bei allen bedanken, die den Finaleinzug möglich gemacht haben und zum Fussballfest und Heimspiel in Sion beige-tragen haben.

Es ist normalerweise schwie-rig die beiden Wege mitein-ander zu vergleichen und herauszufinden, wessen Leistung grösser einzuschät-zen ist. Allerdings ist in die-sem Fall augenscheinlich, dass der FC Basel das klar härtere Programm hinter sich hat. Denn er musste sich be-reits zweimal gegen Vereine aus dem Kanton Luzern durchsetzen. Doch auf die dritte Hürde folgt der Was-sergraben!

Halbfinale

Basels vorletztes Spiel in die-ser Cup-Saison fand in Win-terthur statt. Anders als eine Runde zuvor, bekundete Rot-Blau wieder vermehrt Mühe. Es sah lange Zeit so aus, als ob Winterthur eine ihrer vielen Chancen ausnut-zen würde. Doch keiner weiss es besser als das Phra-senschwein: Wer sie vorne nicht macht, der kriegt sie hinten rein. Trotz der 1:0-Führung für Basel spielte Winterthur munter weiter und kam zu unzähligen Möglichkeiten. Es wäre bei-nahe noch besser gekom-men, denn Sommer hätte in der ersten Halbzeit rot sehen müssen (inklusive Doppelbe-strafung Elfmeter), sowie Fa-bian Frei in der zweiten. Vor

Phänomen Cup: Je näher man dem Endspiel kommt, desto mehr wohnen den Spielen bei, obwohl einige Amateurspieler das Spiel ihres Lebens bereits in den ersten Runden des Cups haben.

Page 9: Stelzbockausgabe 18

9Cupsiege 1960/92

Die Cupsiege des Fussballclubs Luzern

Der FCL schlug den damali-gen Serienmeister YB (vier Ti-tel in Folge zwischen 1957 und 1960) mit 3:1, und dies, obwohl zwei Wochen zuvor Albert Sings Schützlinge, das Mass aller Dinge des Schwei-zer Fussballs, den FCL auf der Allmend noch mit einem 8:4-Sieg abfertigten. Die Überra-schung war geschafft.Am 8. Mai 1960 war der grosse Tag gekommen - der erste Cupfinal mit Luzerner Beteiligung. Vor 30‘000 Zu-schauern hiess der Gegner im Berner Wankdorf FC Gren-chen, der zu dieser Zeit noch in der NLA spielte und im Vor-jahr den Cup gewinnen konnte. Unter der Führung der deutschen Trainerikone Rudi Gutendorf, der im Guin-ness-Buch der Rekorde we-gen seiner insgesamt 55 Trai-nerstationen in aller Welt ei-nen Eintrag hält, und der le-benden FCL-Legende Paul «Wolf» Wolfisberg als Kapi-tän gewann Luzern mit 1:0

dank eines Tores von Robert Blättler in der 82. Minute. Es war ein kampfbetontes Spiel, wie verschiedene Zeitungen

betonten. Die Berner Zeitung berichtete gar von «holzen-den Luzernern» und davon, dass «Luzern überhaupt ei-nen Aufbau aus der Verteidi-gung nicht kennt. Jeder Ball wird ohne Sinn für gepflegte Kombinationen weggedro-schen». Die Neue Zürcher Zei-tung gab sich hingegen etwas objektiver: «Nach unserer per-sönlichen Überzeugung hat Luzern vermöge seines un-

bändigen Siegerwillens, der sich in einer Kraftleistung son-dergleichen bekundete, den Schlusskampf um den Schweizer Cup nicht unver-dient gewonnen. Es boten sich den Innerschweizern doch wohl einige Erfolgs-chancen mehr als den Solo-thurnern.» Dass nur ein Tor fiel, passte nicht zur Chancen-

anzahl im Spiel. Mehr oder minder übereinstimmend war zu lesen, dass es nach der ers-ten Halbzeit 3:1 für Luzern und nach der zweiten «min-destens 4:4» hätte stehen müssen. Einen massgeblichen Anteil daran hatte auch der Luzerner Torhüter, Toni Kunz, der alle Chancen der Solo-thurner zunichtemachen konnte. «So gezittert wie bis

1960: Der erste Titel für die Leuchtenstadt

Als am 18. April 1960 der Cup-Halbfinal zwischen Luzern und den Young Boys auf der Allmend vor 18‘000 Zuschauern abgepfiffen wurde, war die erste Cupfinalqualifikation der Vereinsgeschichte Tatsache geworden.

Der eingewechselte Robert Blättler trifft zum 1:0-Endstand.

Page 10: Stelzbockausgabe 18

10 Cupsiege 1960/92

zu diesem 1:0 gegen Gren-chen habe ich nie zuvor», sagte er 32 Jahre später. «Die Tat», eine ehemalige Schwei-zer Wochen- und später Ta-geszeitung der Migros, sah die «Coupe Aurèle Sandoz» jedenfalls in den richtigen Händen: «Luzern hat verdient gewonnen, vor allem dank der ersten Halbzeit.»Dass der Luzerner Anhang bereits damals feiertauglich war und seine Mannschaft mit Enthusiasmus unter-stützte, zeigen Fernseh- und Zeitungsbilder, auf denen

Fans mit Fahnen, Ballons und Dop-pelhaltern zu se-hen sind. Anton Meuret beispiels-weise, ein 67-jäh-riger Schlosser-meister, machte sich bereits am Freitagabend auf den Weg ins Wankdorf - zu Fuss notabene. Er würdigte den Cupfinal auf seine Weise, und im Stadion durfte er vor den vollen Rängen eine

Ehrenrunde drehen. Wie im Werk «85 Jahre FCL» von Miklos Szvircsev zu lesen ist, begrüssten die Supporter die Luzerner Akteure im blauen Dress mit Transparenten, grellgelben Fähnchen, Kuh-glocken und etlichen Knallpe-tarden. Auf der Tribüne hatte ganz klar Blau-Weiss das Sa-gen. «Die Tat» beschrieb die Szenen nach dem Spiel so: «Mit dem Schlusspfiff über-fluteten die aus dem Häus-chen geratenen Luzerner An-hänger den Platz und er-drückten beinahe die siegrei-chen Spieler.» Mit unzähligen Knallpetarden aus allen Teilen des Stadions wurde dann die Pokalübergabe an Luzerns Nummer Zehn, Paul Wolfis-berg, gefeiert. Trainer Guten-dorf bedankte sich beim Vor-stand genauso wie bei den Supportern: «[…] Neben dem Publikum, das die Mann-schaft auch in den Minuten

Telegramm

FC Luzern – FC Grenchen 1:0 (0:0)Wankdorf, 30‘000 Zuschauer. Schiedsrichter: Wyssling. Tor: 82. Blättler 1:0. Luzern: Kunz, Glaus, Cerutti, Stehrenberger, Hofmann, Arn, Beerli, Hahn, Lüscher (43. Blättler), Wolfisberg, Frey. Grenchen: Campoleoni, Karrer, Morf, Mu-menthaler, Sidler, Spahr, Meier, Hamel, Glisovic, Raboud I, Dubois.

Kapitän Paul Wolfisberg mit der Sandoz- Trophäe.

Page 11: Stelzbockausgabe 18

11Cupsiege 1960/92

grösster Bedrängnis mit ei-nem noch nie gehörten stimmlichen und instrumen-talen Aufwand anfeuerte, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, dem Vorstand einmal öffentlich den Dank zu sagen.» Wolfisberg schrieb den Sieg sogar gänz-lich den etwa 8000 mitge-reisten Luzerner Fans zu: «Unsere Freude ist gewaltig. Im Namen der Mannschaft möchte ich allen Luzerner Zu-schauern die kraftvolle Un-terstützung bestens verdan-ken. Nur die hat uns zum Sieg verholfen.»Nach der Rückkehr der Lu-zerner Cup-Helden spielten sich in der Stadt unbeschreib-liche Szenen ab. So war in der Tageszeitung Vaterland zu lesen: «Berner Pressekolle-

Doch so weit kam es nicht: Trotz unzähligen Torchancen und Eckbällen verloren die Blau-Weissen mit 1:2 und stiegen drei Jahre nach dem Meistertitel in die National-liga B ab. Die Euphorie für den eine Woche später be-

gen, die schon über 25 Jahre den Cupendspielen beiwoh-nen, versicherten uns, dass bisher noch nie eine Mann-schaft und eine Stadt so viel Atmosphäre und Cupstim-mung nach Bern gebracht hätten. Wenn diese Berner Kollegen den Empfang in Lu-zern miterlebt hätten! Wer noch nicht wusste, wie man sich für eine sportliche Glanz-leistung begeistern kann, er-lebte dies gestern Abend.» Begleitet von «Raketen und Dörflimusig» wurden die FCL-Spieler auf den Schultern der Anhänger zur offiziellen Siegesfeier getragen.Der heute 85-jährige Welten-bummler Rudi Gutendorf er-zählte vor zwei Jahren in ei-nem Interview, dass der Cup-sieg mit dem FCL «der Höhe-

vorstehenden Cupfinal war, verständlicherweise, gelinde gesagt gedämpft. Beat Mut-ter, der damalige Mann zwi-schen den Pfosten beim FCL, bekam den Luzerner Frust in dieser Woche auf eine be-sonders unangenehme Art

punkt meines ganzen Le-bens» war. «Wir kamen mit dem Sonderzug von Bern nach Luzern, die ganze In-nerschweiz war auf den Bei-nen und stand mit Kuhglo-cken am Wegesrand. Und der Bahnhofsplatz war mit 10‘000 Leuten gefüllt. Wir wurden auf den Schultern über die Seebrücke ins Res-taurant Löwengarten getra-gen. Das war ein riesiges Hochgefühl.» Wenn man be-denkt, dass dies der erste grosse Erfolg in der dazumal 59-jährigen Vereinsge-schichte war, ist die über-schwängliche Freude mehr als verständlich. Und bis zum nächsten Titel sollten be-kanntlich satte 29 Jahre ver-gehen…

und Weise zu spüren: Er er-hielt anonyme Anrufe und Briefe, die ihn wegen seiner Flops in den beiden Gren-chen-Spiele für den Abstieg verantwortlich machten. «Ich habe in beiden Spielen gegen Grenchen dem Gegner ein Tor ermöglicht. Im Hinspiel auf der Allmend wars der Freistoss von Przybylo nach zwei Minuten, in Grenchen am letzten Samstag er-wischte mich Sonnleitner nach einer halben Stunde», sagte er den Luzerner Neus-

1992: Cuptriumph mit schalem Beigeschmack

Am 30. Mai 1992 brach für viele Luzerner eine Welt zusammen. Im letzten Spiel der Auf-/Abstiegsrunde in der Gruppe B hätte beim FC Grenchen ein Punkt gereicht, um den zweiten Platz und damit den Verbleib in der Nationalliga A zu sichern.

Page 12: Stelzbockausgabe 18

12 Cupsiege 1960/92

ten Nachrichten (LNN) im Vorfeld des Cupfinals.Nichtsdestotrotz traten die Luzerner am 8. Juni 1992 im Berner Wankdorf gegen den FC Lugano im Cupfinal an, der im Gegensatz zu Luzern in der Gruppe A der Auf-/Ab-stiegsrunde den Ligaerhalt

geschafft hatte. Die Saison war zwar nicht mehr zu ret-ten, aber mit einem Cupsieg hätte sie wenigstens ein ver-söhnliches Ende nehmen kön-nen. Vor 40‘000 Zuschauern fiel in der 36. Minute das erste Tor - für den FC Lugano. Paulo Andrioli haute einen Freistoss

aus über 30 Metern in die Maschen. Dabei sah Goalie Mutter wiederum schlecht aus, als er auf der Linie aus-rutschte und den Ball passie-ren lassen musste. Friedel Rausch, der bislang einzige Luzerner Meistertrainer, meinte dazu: «Wenn du eine ganze Saison lang so viel Pech hast wie wir, dann kommt das irgendeinmal in Form von Glück zurück.» So sollte es auch kommen, denn bereits in der 41. Minute erzielte der Urner Heinz Moser mit einem platzierten Weitschuss in die rechte Ecke den 1:1-Aus-gleich. Nach der Halbzeit-pause kam Peter Nadig, der Basler in Luzerner Diensten, einem Treffer per Lattenkopf-ball in der 53. Minute am nächsten. Doch in der zwei-ten Halbzeit fiel kein Treffer mehr, so dass das Spiel nach 90 Minuten um zweimal 15 Minuten verlängert werden musste. Bereits nach sechs Minuten war das Spiel ge-dreht. Semir Tuce lancierte Urs «Longo» Schönenberger über die linke Seite, der Adrian «Atze» Knup in der Mitte be-diente. Im zweiten Anlauf traf er zum 2:1 für Luzern. Der Triumph war nun greifbar, und in der 116. Minute folgte die Entscheidung: Der in bei-den Luzerner Tageszeitungen mit Bestnoten bedachte Lit-tauer «Motor» (Luzerner Zei-tung), Herbert «Hebi» Bau-

«Atze» Knup verabschiedet sich mit einem Cupsieg.

Page 13: Stelzbockausgabe 18

13

mann, erkämpfte sich gegen Luganos Andrioli den Ball und leitete diesen an den einge-wechselten Oliver Camenzind weiter, der mit einem Steil-pass Adrian Knup in der Mitte bediente. Der Weitschuss schlug in der linken unteren Ecke ein und bescherte dem FCL den zweiten Cupsieg im zweiten Cupfinal der Vereins-geschichte.Dass der Abstieg noch ganz tief in den Knochen steckte, bezeugt das Fernsehinter-view, das Friedel Rausch we-nige Minuten nach dem Ab-pfiff gab. Auf die Frage, ob ihm jetzt ein grosser Felsbrock vom Herz gefallen sei, meinte er: «Ja, aber jetzt sitzt immer noch ein Felsenblock auf dem Herzen, weil es schmerzt schon, dass wir Cupsieger werden und trotzdem in der Nationalliga B sind.» Auch in den Berichterstattungen zum Cupgewinn war der Abstieg allgegenwärtig. So titelte die Luzerner Zeitung: «Beim zweitwichtigsten Saisonspiel

hielten die Nerven: Cuptri-umph!» Rausch, der den FCL nach diesem Spiel in Richtung Basel verliess, konnte sich nicht unbeschwert über das Erreichte freuen. «Ganz klar, der Ligaerhalt wäre mir lieber gewesen», sagte er den LNN. Abwehrchef Martin Rueda, der in der Luzerner Zeitung eine Woche lang ein Cupfi-nal-Tagebuch führte, berich-tete Ähnliches: «Das Gefühl, welches du als Spieler einer Cupsieger-Mannschaft emp-findest, ist fast nicht in Worte zu kleiden. Nach dem 3:1 durch Adrian Knup schwebte ich für einige Minuten auf ei-ner Wolke der Euphorie: Et-was Schöneres kann ein Fuss-baller in seiner Karriere gar nicht erleben. […] Doch der Alltag holte mich schon eine Viertelstunde nach dem Schlusspfiff wieder ein: Plötz-lich ging mir durch den Kopf, dass es zwar eine ganz tolle Sache ist, als Cupsieger zu le-ben, doch das ändert rein gar nichts daran, dass wir nächste

Saison in der Nationalliga B Fussball spielen.»Auch die unzähligen Luzerner Fans, die an diesem Pfingst-montag unter anderem mit drei Extrazügen nach Bern pil-gerten, hatten den Abstieg noch keineswegs verdaut. Ei-nige mitgereiste Fans schien nicht einmal dieser Cupsieg trösten zu können: «Über-haupt war die Stimmung nicht so toll, der Abstieg liegt eben manch einem noch auf dem Magen.» Andere nah-mens mit Humor und sangen «Jetzt gömmer is B, is B, was wemmer im A, im A, met dem Scheiss-GC.» Der Ab-stieg schlug sich während des Spiels merklich auf die Stim-mung im Stadion nieder, wie die LNN berichteten. Unter den insgesamt 40‘000 Zu-schauern war von gegen 30‘000 Blau-Weissen die Rede, die diese Übermacht auf den Rängen aber lange nicht zu bestätigen ver-mochte. Der harte Kern der Luzerner, mit Trommeln aus-

Cupfinals 1960/92

Page 14: Stelzbockausgabe 18

14 Cupsiege 1960/92

gerüstet, schaffte es nicht, die Stimmung auf den Luzerner Stehplätzen in Schwung zu bringen. Dafür brauchte es schon eines der drei Luzerner Tore: «Optisch wie akustisch schlugen die Luzerner Fans ihr zahlenmässig unterlegenes Gegenlager erst, als Atze Knup das zweite Goal in der Verlängerung schoss. Nun er-tönten endlich die gewohnt lautstarken Hopp-Hopp-Lo-zärn-Sprechchöre, tauchten Halstücher und Fahnen das Wankdorfstadion in ein blau-weisses Meer, glitzerten die Wunderkerzen auf, und die La-Ola-Welle von hochschnel-lenden Armen konnte von ei-ner Ecke in die andere durch-gezogen werden.» Dies war auch die Retourkutsche an die Luganesi, die vor Spielbeginn einige Luzerner unter einer Blockfahne mit geworfenen Fackeln und Rauchbomben eindeckten. Auch während und nach dem Spiel liessen es sich die Tessiner nicht neh-men, die Anhänger aus der Leuchtenstadt zu provozie-ren. Trotz Schmährufen wie «Liga B, Liga B» und Angriffs-versuchen mit zwei Meter lan-gen Holzlatten mussten die Bianconeri mit leeren Händen nachhause reisen.

Als der Cupsieger-Tross wie-der Luzern erreichte, war spä-testens der letzte Luzerner noch in Festlaune gekom-men. Siegesstumpen wurden

angezündet und Autos hupend durch die Stadt ge-fahren. Vor dem Casino begrüsste das riesige, fei-ernde Empfangs-komitee die Luzer-ner Cup-Helden.

Der Harmonie zwi-schen Fans und M a n n s c h a f t konnte der Ab-stieg nichts anha-ben. Die Luzerner Equipe zahlte den Kredit, den ihr die Abertau-senden von treuen Anhän-gern gewährten, mit dem Sieg eindrücklich zurück. Und von Spieler über Trainer bis hin zum Präsidenten wusste man dies zu schätzen: «Den Abstieg haben wir mit diesem grossartigen Sieg nicht gutgemacht. Aber so wie unsere Anhänger uns in Bern unterstützten und so wie das Team sich schliess-lich mit einer aufopfernden, kämpferisch hervorragenden Leistung erkenntlich zeigte, so etwas verdient Respekt. Ich bin stolz, diesem Verein vor-stehen zu dürfen. Jetzt erst recht», sagte Präsident Ro-mano Simioni. Mittelfeldspie-ler Urs Schönenberger stiess ins gleiche Horn: «Es ist kein Trost für den Abstieg in die NLB, den ich nach wie vor nicht verdaut habe. Es war

schlicht und einfach unsere Antwort auf jene, die nach dem unverzeihlichen Lapsus nicht mehr an uns glaubten.

Und es ist unser Geschenk an die treusten Fans, die der Schweizer Fussball kennt. Ih-nen widme ich diesen Sieg.» Wie man feiert, wusste der Partylöwe spätestens seit dem Meistertitel 1989. «In Erinne-rung bleibt der Kübel, obwohl wir eine Woche zuvor abge-stiegen waren. Präsident Simi-oni wollte uns nicht feiern se-hen», sagt «Longo» heute. «Aber wir hatten trotzdem unsere Party.»

Telegramm

FC Lugano - FC Luzern 1:3 n. V. (1:1, 1:1)Wankdorf, 40‘000 Zuschauer. Schiedsrichter: Martino. Tore: 36. Andrioli 1:0. 41. Moser 1:1. 96. Knup 1:2. 116. Knup 1:3. Lugano: Roma-gna; Galvao; Sylvestre (102. Pelosi), Penzavalli, Marco Walker; Hertig (74. Carasco), Colombo, Andrioli, Tami; Graciani, Zuffi. Luzern: Mutter; Rueda; Birrer, van Eck; Moser, Wolf, Baumann, Schönenberger (115. Arts); Knup, Nadig, Tuce (113. Camenzind).

Siegesstumpen wurden angezündet und Autos hupend durch die Stadt

gefahren.

Page 15: Stelzbockausgabe 18

15

Die ausgelassene Stimmung und die noch nie da gewesene Unter-stützung der Luzerner Mannschaft durch das Publikum nahmen die Luzerner Neuesten Nachrichten (LNN) zum Anlass, das Wesen des Fussballfans und seine Moti vation zu ergründen und auf dessen Wirkung auf das Spielgeschehen einzugehen. Eine köstliche Ab-handlung über die Fussballbe-geisterung aus der Ausgabe vom 11. Mai 1960 in der Original-fassung.

Was Fussballbegeisterung ist und wie sie sich optisch und akkustisch ausdrückt, das haben die Luzerner in den letzten Wochen zu spüren

bekommen. Es begann mit dem Spiel der Ein-heimischen gegen die Young Boys, wobei die hochkotierten Berner deutlich geschlagen das Feld verlassen mussten. Schon dieser Match hatte die Luzerner Fussball-Fans in eine Begeis-terung versetzt, wie sie auf der sonst eher nüchternen Allmend selten erlebt wird. Nach diesem Spiel, welches den Luzernern die Final-qualifikation sicherte, riss die Spannung nicht mehr ab. Die ganze Stadt, ja die ganze Inner-schweiz, wog die Chancen der Mannschaft ab, diskutierte ihre Aufstellung und pilgerte schlussendlich in hellen Scharen nach Bern, um dem Final beizuwohnen. Mit Harsthörnern, mit Kuhglocken, mit Transparenten und nicht zuletzt durch anfeuernde, im Chor vorgetra-gene «Hopp-Lozärn»-Rufe unterstützte man die Akteure auf dem Rasen, und als dann das Spiel auch gewonnen wurde, touchierte die Begeisterung die Grenze der Fussball-Verrückt-heit.

Aus dem Archiv

König Fussball und sein Volk

Grosse Fangemeinde mit Kult-Doppelhalter nach Cupsieg 1960.

Page 16: Stelzbockausgabe 18

16

Wechselbeziehung Spieler-Publikum

Es wäre Aufgabe eines Psychologen, festzu-stellen, weshalb in einem Falle das Publikum guten Leistungen der Spieler gegenüber kühl und reserviert bleibt, im andern Falle sich zu Begeisterungsausbrüchen hinreissen lässt, und damit die Spieler auf dem Felde im positiven Sinne stimuliert. Man müsste auch Psychologe sein, um ergründen zu können, weshalb Herr Meier, der wochentags brav und gesittet seiner Arbeit nachgeht, der auf der Strasse, zu Hause und im Geschäft korrekt auf gute Sitten hält, sonntags auf dem Fussballplatz ausser Rand und Band gerät, wie wild seinen Hut schwenkt, seinem Vordermann eins übers andere Mal auf die Schulter haut und mit allen Zeichen der Enttäuschung die Arme verwirft, wenn seine Mannschaft vor dem gegnerischen Tor versagt. Ist es der gleiche Herr Meier, der montags wie-der beherrscht und kühl schwierige geschäftli-che Transaktionen vornimmt oder technische

Probleme löst, der Herr Meier, in dessen Ge-sicht sich alle Skalen des Entsetzens spiegeln, wenn vor dem Tor «seiner» Mannschaft eine brenzlige Situation entsteht?

Es ist wohl derselbe Mann, aber auf dem Fuss-ballplatz ist er besessen von König Fussball; wie ein Narkotikum wirkt auf ihn die Begeisterung der übrigen Zehn-, Zwanzig- oder Dreissigtau-send, die schreien, klatschen, Hände und Hüte verwerfen und mitgerissen sind vom Rausche der Begeisterung – das ist König Fussball! Wie anders liesse es sich sonst erklären, dass der im Alltag so beherrschte Herr Meier nach dem Spiel auf den Platz stürmt, den erstbesten Spie-ler, den er erwischt, umarmt, streichelt und auf die Schultern hebt - der Herr Meier, der seiner Frau in der Bahnhofshalle kaum einen Kuss zu geben wagt - es schickt sich doch in der Schweiz nicht!

Aus dem Archiv

Cupsieger-Mannschaft von 1960.

Page 17: Stelzbockausgabe 18

17

Wie aber wirkt das Mitgehen der Masse diese vom sanften Murmeln bis zum orkanartig an-schwellenden Gebrüll alles umfassende Skala der Begeisterung während dem Spiel auf die Fussballer? Wir haben darüber drei unserer Lu-zerner Fussballer befragt, und sie gaben uns übereinstimmend die Auskunft, dass die Be-geisterung wohl stimulierend wirke, jedoch nur unbewusst aufgenommen werde.

Trainer Rudi Gutendorf meinte, das Mitgehen des Publikums wirke grundsätzlich positiv sti-mulierend; «man gibt dann automatisch sein Bestes, wenn man den good will des Publi-kums spürt.» Er betrachtet das Verhalten des Publikums als ausschlaggebender Faktor im Berner Finalspiel. «Ich habe in Deutschland viele grosse Matches mitgespielt, einer derart grossen Anteilnahme des Publikums bin ich noch nie begegnet. Als Deutscher hätte ich nie geglaubt, dass die Innerschweizer, die doch als nüchtern und verschlossen gelten, derart be-geisterungsfähig sind.»

«Es ist unmöglich, bei einem derartigen Enthu-siasmus des Publikums ein solches Spiel zu ver-lieren», meinte Cerutti, der «Turm» der Luzer-ner Mannschaft. «Wenn die Luzerner mit ei-nem solchen Supporter-Anhang dieses Spiel nicht gewonnen hätten, dann wäre kein Spiel für sie zu gewinnen gewesen!»Auch Frey bezeichnete das Mitgehen des Pub-likums am Berner Match als «phantastisch». «Die Begeisterung auf den Plätzen rund um das Spielfeld reisst einen einfach mit; man kann nicht herumstehen und auf den Ball war-ten, man muss laufen und sich einsetzen, man wird ganz einfach mitgerissen.» Er glaubt, dass der Anhang der Luzerner in der kritischen Phase der zweiten Halbzeit, als die Blauweissen eine Schwächeperiode zu überstehen hatten, den Spielern das Selbstvertrauen zurückgege-ben hat.»

Man darf also von einer Wechselbeziehung zwischen Publikum und Spieler sprechen: das Spiel auf dem Rasen reisst das Publikum hin, und die Begeisterung der Masse wirkt ihrer-seits stimulierend auf die Leistungen der Spie-ler. Selbstverständlich hat auch dieses Ding seine zwei Seiten, denn das Publikum begeis-tert sich doch nur für die Leistungen der eige-nen Mannschaft: ein absolut neutrales Publi-kum, das «Freund» und «Feind» gleichermas-sen Beifall zollt, gibt es nicht. Die passive Resis-tenz der Zuschauer entmutigt die Akteure oder treibt sie in eine verbissene Trotzstellung, er-schwert dem Team auf jeden Fall seine Auf-gabe ganz beträchtlich und kann bei gleich-wertigen Mannschaften spielentscheidend sein.

Wem das Verhalten der Luzerner Fussball-Fans, wie es auch unsere Bilder zeigen oder wie er es etwa in den Abendstunden des Sonntags zu sehen und zu hören bekam, unbegreiflich vor-kommt, der lasse sich dahin belehren, dass bei-spielsweise bei den Engländern, die uns an Kühle und Reserviertheit doch noch einiges «über» haben, die Begeisterung noch viel hö-here Wellen schlagen kann. In südlichen Län-dern, in Italien, Spanien und in Südamerika auch, mussten gewisse Fussballplätze mit Drahtzäunen umgeben werden, einerseits um zu verhindern, dass das Publikum - in der Eks-tase befangen - kurzerhand den Platz stürmt, den Schiedsrichter oder einen unbeliebten Spieler lyncht oder einen andern in der Begeis-terung über den errungenen Sieg erdrückt, andererseits auch um das Publikum daran zu hindern, während des Spiels Hüte, Flaschen, Schirme und was sonst an Werfbarem zur Hand ist, auf das Spielfeld oder an den Kopf des Schiedsrichters zu werfen. Gemessen an diesen Massstäben hielt sich der Enthusiasmus der Luzerner Fussballfans noch in recht ver-nünftigen und reservierten Grenzen.

Aus dem Archiv

Page 18: Stelzbockausgabe 18

18 Cupfinal 1997

Spektakel im Zeichen der Freundschaft

Ein gescheiterter La-Ola-Weltkrekordver-such, ein Platzsturm durch einen Walliser Güggel und ein FCL-Trainer im Dress der Deutschen National-mannschaft: Der Cupfinal 1997 gegen den FC Sion bleibt nicht nur wegen seinem dramatischen Spielverlauf unverges-sen.

Der Cupfinal als ein friedli-ches Volksfest für Jung und Alt – wohl kaum ein Endspiel wurde diesem «Ideal» ge-rechter als die finale Aus-marchung aus dem Jahr 1997 zwischen dem FC Lu-zern und dem FC Sion. Das lag einerseits daran, dass beide Vereine traditionell über einen grossen und fest-freudigen Anhang verfügen und vor allem an Cupfinals weit über die eigentliche Fanszene hinaus Anhänger mobilisieren können. Ande-rerseits befand sich die aus heutiger Sicht eher bizarr

anmutende Fanfreundschaft zwischen Luzern und Sion im Jahr 1997 auf ihrem ab-soluten Höhepunkt, was rund um den Cupfinal aus-giebig zelebriert wurde.

Bereits am Vormittag des Spieltags fuhren die ersten Extrazüge Richtung Bundes-hauptstadt. Zielort war selbstverständlich der Berner Hauptbahnhof – auf die Idee, aus «verkehrs- und si-cherheitspolizeilichen Grün-den» die Luzerner Fans nur bis Ostermundigen fahren zu lassen, kam zu jener Zeit gottlob noch niemand.

In der Stadt Bern traf die Lu-zerner Anhängerschaft an allen Ecken und Enden auf Fangruppen aus dem Wallis. Sofort kam es zum Körper-kontakt – allerdings nicht wie man heute vermuten könnte in Form von Kinnha-ken und Fusstritten, sondern in Form von Schulterklop-fern, Handshakes und High Fives. Sowieso waren damals Freund und Feind gar nicht so einfach voneinander zu unterscheiden, kreierten doch die beiden Fanlager zu-sammen ein gemeinsames Cupfinal-T-Shirt – eine Ko-operation über Vereinsgren-

Stefan Wolf feiert seinen verwerteten Penalty zum 3:2 frenetisch und sieht dafür die gelbe Karte.

Rechts Petar Aleksandrov.

Page 19: Stelzbockausgabe 18

19Cupfinal 1997

zen hinweg, die im Jahr 2012 nur noch schwer vor-stellbar ist.

Die freundschaftliche Atmo-sphäre war auch im Stadion überall spürbar. Gespielt wurde damals noch im alten Wankdorfstadion, dessen Kapazität allerdings auf-grund diverser baulicher Massnahmen schon arg ge-schrumpft war. So wurde beispielsweise die Gegentri-büne mittels Holzbänken mehr schlecht denn recht in einen Sitzplatzbereich um-funktioniert. Hinter den To-ren gab es aber immer noch Stehplätze. Insgesamt be-trug das Fassungsvermögen 28‘400 Zuschauer. Selbst-verständlich war das Stadion ausverkauft, man hätte wohl locker die doppelte Anzahl Tickets verkaufen können. Die Fans aus dem Wallis wa-ren leicht in der Überzahl, stimmungsmässig waren die Luzerner aber mehr als ebenbürtig.

Als ein weiteres, auch op-tisch beeindruckendes Zei-chen der gegenseitigen Zu-neigung machten sich vor Spielbeginn Exponenten bei-der Fanlager in voller Kut-tenmontur zusammen mit Menschen in Trachten, die in Körben landwirtschaftliche Erzeugnisse aus den jeweili-gen Kantonen präsentierten,

auf eine Ehrenrunde rund ums Spielfeld – ein prächti-ges Spektakel, das zumin-dest bei jenen Zuschauern, die nicht ganz so chuttige Gene in sich trugen für grosse Heiterkeit sorgte.

Dann folgte der unumstrit-tene Höhepunkt des urchi-gen Fanspektakels: Ein Laola-Weltrekordversuch, der mit einem Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde gekrönt werden sollte. 100 Mal sollte die Welle rund ums Stadion branden – doch leider offenbarten die Orga-nisatoren des Weltrekord-versuchs im Zeitmanage-ment gewisse Schwächen. Schade! Bereits nach Runde 14 betraten die beiden Mannschaften das Spielfeld – der Weltrekordversuch musste zähneknirschend ab-gebrochen werden.

Noch mitten im Laola-Fieber blieb dem Luzerner Anhang nicht viel Zeit, sein Intro zu präsentieren. Der VFFC – die traditionelle Fanclubvereini-gung war damals in der Lu-zerner Kurve noch federfüh-rend – hatte sich nach inten-siven Überlegungen für eine ... Ballonchoreo entschie-den. Während man also im optischen Bereich keine neuen Masstäbe setzte, war die akustische Performance, die der Luzerner Anhang an

diesem Tag ablieferte, gera-dezu meisterhaft. Während den folgenden 120 Minuten herrschte in der Luzerner Kurve fast durchgehend eine Bombenstimmung, nicht zu-letzt begünstigt durch den hochdramatischen Spielver-lauf.

Dass sich die beiden Mann-schaften auf dem Rasen ei-nen derart spektakulären Fight liefern würden, konnte nicht erwartet werden. Denn die sportliche Ausgangslage versprach nicht allzu viel Spannung. Die Favoriten-rolle war klar verteilt. Auf der einen Seite war der FC Sion unter ihrem italieni-schen Trainer Alberto Bigon gerade erst Schweizer Meis-ter geworden und blickte mit viel Selbstvertrauen auf die stolze Serie von acht un-geschlagenen Cupfinals zu-rück.

Auf der anderen Seite stand der FC Luzern – bei welchem die Ära Simioni langsam aber sicher ihrem bitteren Ende zuging – am Ende ei-ner geradezu desaströsen Saison, in welcher der Ligae-rhalt nur in extremis ge-schafft wurde. Den Fans wurden nicht nur peinvolle Heimniederlagen gegen fussballerische «Hochkarä-ter» wie Etoile Carouge zu-gemutet, sondern auch ein

Page 20: Stelzbockausgabe 18

20

«Sportchef» namens Roger Wehrli. Diesem gelang die Glanzleistung, Torhüter Beat Mutter drei Tage vor dem Cupfinal mitzuteilen, dass er ab der kommenden Sasion beim FCL nicht mehr er-wünscht ist. Ein Affront, der nicht ohne Folgen bleiben sollte...

FCL-Cheftrainer war damals Kudi Müller, der mitten in der Saison den von Wehrli weggemobbten Jean-Paul Brigger ersetzte. «Tac! Tac! Tac!»-Kudi sorgte am Cupfi-nal weniger durch taktisches Feingespür für Aufsehen («Taktik ist ein Tor mehr als der Gegner zu schiessen»), als durch seine gelungene Kleiderwahl. So setzte das unverwüstliche FCL-Urge-stein mit schicker Trainings-

hose und dem Leibchen der Deutschen Nationalmann-schaft ein unvergessliches modisches Glanzlicht.

Das Spektakel auf dem Ra-sen spielt sich dann kurz zu-sammengefasst wie folgt ab: Bereits in der ersten Spielmi-nute geht Sion in Führung (der verunsicherte Beat Mut-ter greift glorios daneben). In der achten Spielminute stürmt ein Walliser Hahn den Rasen. Der Chaot im Fe-derkleid kann erst nach ein paar Minuten durch Petar Aleksandrov eingefangen werden. In der 16. Minute gleicht Stefan Wolf aus, zwölf Minuten später bringt Gaspoz die Walliser wieder in Führung. Drei Minuten vor dem Halbzeitpfiff gelingt Wiggerl Kögl der erneute

Ausgleich. In der 68. Minute dann die erstmalige Luzer-ner Führung durch einen verwandelten Elfmeter von Stefan Wolf, der anschlies-send die gelbe Karte wegen übertriebenem Torjubel kas-siert. In der 71. und 82. Mi-nute verpassen Josephus Yenay und Agent Sawu je zwei 100%ige-Torchancen und damit die Entscheidung für Blau-weiss. Sechs Minu-ten vor Spielschluss fällt Schiedsrichter Claude Détru-che einen umstrittenen Pe-nalty-Entscheid gegen den FCL, der ihn fast ins Spital und Petar Aleksandrov fast ins Gefängnis bringt. Der wutschnaubende Bulgare kann vom gesamten Luzer-ner Betreuerstab nur mit ver-einten Kräften davon abge-halten werden, dem Schieds-richter seine Sicht der Dinge mittels einer rechten Gera-den kundzutun.

Der Penalty wird verwandelt, das Spiel geht in die Verlän-gerung. In der 120. Minute schliesst Ahmed Ouattara den allerletzten Angriff des Spiels per Kopf zum alles entscheidenden 4:3 für Sion ab. Die Sion-Spieler werfen vor Begeisterung ihre Trikots in den Himmel und liegen sich jubelnd in den Armen. In der 121. Minute entdeckt Schiedsrichter Détruche endlich das Fähnchen, das

Cupfinal 1997

Walliser Güggel stürmt den Platz und bleibt unaufhaltbar.

Page 21: Stelzbockausgabe 18

21

vom Linienrichter wild ge-schwungen wird. Outtara soll im Abseits gestanden sein. Kudi Müller, der sich bereits auf dem Weg in die Katakomben befindet, kehrt wieder aufs Spielfeld zurück.

Nachdem die Sion-Spieler ihre Trikots wieder gefunden haben, beginnt – zum ersten Mal in der Geschichte des Schweizer Cups – das Penal-tyschiessen. Die ersten acht Schützen verwandeln alle souverän, dann scheitert

Gürkan Sermeter an Sion-Keeper Stefan Lehmann. As-sis kann mit dem letzten El-fer aller klar machen, doch Beat Mutter hält mirakulös. Das Penaltyschiessen geht in die Verlängerung. Agent Sawu verschiesst, Quentin trifft. Sion ist zum neunten Mal Schweizer Cupsieger.

Nach dem Spiel stürmen die Walliser Anhänger den Ra-sen. Viele davon steuern di-rekt auf die Luzerner Fan-kurve zu. Dann passiert an

diesem nicht ganz gewöhnli-chen Cupfinal zum letzten Mal etwas, was man sich heute nicht mehr vorstellen kann: Die Luzerner Fans spenden ihren Walliser Freunden Applaus und ma-chen mit ihnen zusammen die Welle. Aus tausenden Luzerner Kehlen ertönt «Sion allez!»

Das Wort «Merde» wurde diesem Lied dann erst ein paar Jahre später hinzuge-fügt...

Cupfinal 1997

SaisonabschlusspartySamstag, 26. Mai 2012, Zone 5

Am NachmittagTschuttibildli Tauschbörse + Barbecue

Am Abend

Highlights der Saison auf Grossleinwand + DJ SBS

Page 22: Stelzbockausgabe 18

22

Eigentlich fehlen einem die Worte, wenn man an den Abend zurück-denkt. Oder man hat einfach Mühe die pas-senden für diesen An-lass zu finden. Denn für so einige war es eins der besten Konzerte all-gemein und die wohl beste Veranstaltung der Luzerner Fanszene fernab der Spieltage. Seit der Veröffentli-chung des Doppelal-bums der Open Minded Riot Crew rund um den Fussball in Luzern dachte eigentlich nie-mand daran, dass dieses geniale Projekt noch einmal überboten werden könnte.Es war auch ein Zeichen, wie gut vernetzt die Luzerner Fanszene unter einander bereits ist. Kurzfristig kam die Idee auf, das Konzert wie ein normales Spiel zu besuchen. «Alli met Schal id Schüür» hiess es erst am selben Tag unabhängig von den Organisatoren und so verstanden einige Nicht-Fussballfans die Welt nicht mehr, als am Freitag Abend eine Gruppe von rund 250 Leuten gemeinsam das Fan-Lo-kal Zone 5 mit Schals und Gesängen über die Langensand-Brücke Richtung Schüür verliess. Die Vorfreude war bei jedem Einzelnen spür-bar. Eine Vorfreude, welche sich mit dem Cup-final-Einzug unter der Woche im Wallis noch

Ein etwas anderer KonzertberichtWenn der Durchschnittsbürger Fussballfans beschreiben müsste, würden wohl Worte wie «Dosenbier», «aggressiv» oder «ungebildet», jedoch ganz bestimmt nicht «romantisch» oder «musikalisch» fallen. Doch nicht erst seit der Veröffentlichung des Doppel-Albums der OMRC, sollte er merken dass er sich irrt. Am 13. April fand nun das lang ersehnte Konzert in der Schüür statt.

«Blau-wiissi Nacht - Die Party der Fanszene Luzern»

um ein vielfaches gesteigert hat. Erst recht, weil es auch schön zu sehen ist, dass der Fuss-ball in Luzern wieder einen gewissen Stellen-wert hat. Dass man sich nicht für seine Leiden-schaft schämt, sondern stolz ist Luzerner zu sein und selbst unabhängig von Spieltagen ei-nen Schal trägt.Die Anwesenden in der Schüür waren alle ge-spannt, wie man dieses an Vielfältigkeit nicht zu überbietende Album auf der Bühne umset-zen will. Schon vor dem Konzertstart fühlte man sich eher wie in einem Stadion, als an ei-nem Konzert. Es wurde gesungen, gescherzt und natürlich nahm jeder genügend Flüssigkeit für die bevorstehenden und kräfteraubenden Stunden zu sich. Der Reihe nach wurden die Künstler ein- und ausgewechselt und sangen sich selbst fast in Ekstase. Die Vielfalt an Musik-

Sensationelle Stimmung in der mit FCL-Fans gefüllten Schüür.

Page 23: Stelzbockausgabe 18

23

stilen ist das eine, die unterschiedlichen Cha-raktere der Bands das fast noch faszinieren-dere. Die Open Minded Riot Crew erinnert generell teilweise an eine amerikanische Sit-com in welcher stets ein Schönling (Johnny Burn), ein Cooler (The Lyrix/Freeze), ein Ver-nünftiger (Hendrik Belden, Mauro Guarise), ein Luder (Karin Steffen) und jemand zwischen geistig verwirrt oder sonst irgendwie nicht ganz normal (Friedli&Fränz) usw. mitspielen. Genauso verschieden wie sich die Fans im Sta-

dion für eine Sache zusammenfinden. Über die einzelnen Songs bleibt nicht viel zu sagen, da die OMRC-CD bei jedem in mehrfacher Stück-zahl vorhanden sein sollte. Speziell zu erwäh-nen bleibt The Lyrix, welche sich dem Konzert der OMRC anschlossen und das extra einstu-dierte Kurvenlied «Fuessballjugend».Es war ein sehr emotionaler Abend in jeder Hinsicht. Es flossen nicht nur im Publikum Trä-

nen, sondern auch bei einigen Musikern, wel-che so etwas ebenfalls noch nicht erlebt hat-ten. Ein Auftritt wo jedes einzelne Lied dem Musiker und seinem Publikum gleichermassen ans Herz ging. Einige standen nach dem Kon-zert total erschöpft und aufgelöst vor der Bühne. Um den Abend zusammenzufassen bediene ich mich Hendrik Beldens Worten: «Danke ihr geilsten der geilsten Fans! Ihr wart Wahnsinn!». Ein Kompliment, welches man vor allem auch an Frezzu und Diego weiterge-ben muss. Zwei wirklich echte sogenannte Fans.Doch so genial der Abend auch war. Ein un-schöner Beigeschmack blieb zumindest bei mir haften: Ist das, was ich für meine Stadt und meinen Verein mache gut genug? Kann ich meiner Leidenschaft genügend Ausdruck ver-leihen oder mache ich es mir zu einfach? Ich denke die Herren und Damen auf und hinter der Bühne haben bewiesen, was möglich ist wenn man an eine Idee glaubt, wenn man ihr mit einer hundertprozentigen Überzeugung nachgeht und seine ganze Liebe in ein Projekt steckt. Sollte bei jemandem das selbe Gefühl aufgekommen sein; glaubt daran! Die Fan-szene und wir von den United Supporters sind auf jeden Fall offen für eure Ideen und bereit euch dabei zu unterstützen.

«Danke ihr geilsten der geilsten Fans! Ihr wart

Wahnsinn!»Henrik Belden, Musiker

Page 24: Stelzbockausgabe 18

24 Allmend United

Aus Protest wird Online-Plattform

Das von Walter Stierli umge-setzte Fahnenverbot hat die Luzerner Fanszene auf einen Schlag vor eine grosse Her-ausforderung gestellt. Wäh-rend die Kurve nur Tage zuvor noch für die gelungene Cho-reo im Lausanne-Spiel gefei-ert wurde, wurde sie von Stierli, stets sekundiert vom lokalen Medienmonopolis-ten, kurzerhand als aus-tauschbar bezeichnet. Vertre-ter der aktiven Fanszene, al-len voran die USL, nahmen rasch und sachlich zum be-gangenen Vertrauensbruch Stellung. Dennoch hielten ein paar langjährige FCL-Fans ausserhalb der Ultraszene den Moment für gekommen, der Kurve in dieser Situation den Rücken zu stärken. Ein geeigneter Name für das Un-terfangen war schnell zur

Hand: Allmend Uni-ted. Der Name wurde bewusst ge-wählt. In einer Zeit in der seitens des FCL ziemlich achtlos Tra-dition verkauft wird und man plötzlich begann, Fans in «richtige» und «fal-sche» einzuteilen, wollten wir einen Kontrapunkt setzen. Unser Stadion ist die All-mend, und wie ihr Name sagt, soll sie ein Ort für alle sein.

Allmend United gab mittels einer Internet- und Facebook-Plattform jedem FCL-Fan die Möglichkeit, sich zu Fragen der Fankultur und zum FCL zu äussern. Viele Fans kamen diesem Aufruf nach und schon bald entstand ein reger Diskussionsbetrieb. Neben der Publikation von Artikeln und dem Verteilen von Flyern bot Allmend United auch der symbolischen «Sitzplatz-Sai-sonkarten-Rückgabeaktion» eine Plattform. Danach folg-ten öffentliche Auftritte bei diversen Radiostationen und bei Tele 1. Ziel war es, die Sicht der Fans auch einem breiteren Publikum zugäng-lich zu machen und an die Öffentlichkeit zu treten. Gänzlich ignoriert, trotz

mehrmaligen Versuchen, wurde man eigentlich nur von der NLZ.

Motivation von Allmend Uni-ted war und ist, die friedliche, unabhängige und aktive Fan-kultur in Luzern zu fördern und wo es nötig ist, Missver-ständnisse aufzuklären. Wir wollen für all jene eine Unter-stützung sein, die den FCL im Herzen tragen und ihn durch dick und dünn begleiten. Das bedeutet auch, dass man ab und zu kritisch auf die Finger derjenigen schaut, die im Ver-ein am Steuer sitzen. Treue Anhänger sind das wichtigste Kapital des FC Luzern. Ihre Bedürfnisse müssen ernst ge-nommen, ihre Anliegen ver-standen werden. Allmend United wird sich auch in Zukunft diesen Zielen verschreiben.➤ www.allmend-united.org➤ www.facebook.com/

AllmendUnited

Als Reaktion auf die Repressionen seitens des FCL-Vorstands entstand im letzten Dezember die Platt-form Allmend United, die beschlossen hat, sich auch nach dem Rückzug der Sanktio-nen weiterhin für eine lebendige Luzerner Fankultur einzu setzen.


Recommended