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Sicher leben 2/2012

Date post: 22-Mar-2016
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Das bfu-Magazin für Präventionspartner
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Das bfu-Magazin für Präventionspartner 2/2012 BERGSPORT Bergwandern ist kein Spaziergang BETRIEBE «Das sichere Haus» unter- wegs in der Westschweiz SICHERHEITS- PRODUKT Glasfolien zum Schutz der Schulkinder
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Das bfu-Magazin für Präventionspartner 2/2012

BERGSPORT

Bergwandern ist kein Spaziergang

BETRIEBE

«Das sichere Haus» unter-wegs in der Westschweiz

SICHERHEITS­PRODUKT

Glasfolien zum Schutz der Schulkinder

2 sicher leben 2 / 2012

BergfreudenDas Zeitalter der Aufklärung mit ih-rem Vordenker Jean-Jacques Rousseau rückte die Bergwelt in ein neues Licht: Gebirgslandschaften begannen die Men -schen zu faszinieren, die majestätische Schönheit der Berge beeindruckte sie, ihre Schroffheit forderte ihnen Respekt ab. Die Faszination für die Berge lebt bis heute fort. In den Bergen gelingt es uns, Abstand von der Zivilisation zu gewinnen und uns unserem ursprüng-lichen Wesen wieder anzunähern. Die vermehrte Freizeit hat die Berge indes zu einem Massenausflugsziel gemacht. Zu einer der beliebtesten Tätigkeiten wurde das Wandern, das heute in jeder Alterskategorie grosse Popularität ge-niesst.

Die Berge müssen heute sowohl tou-ristischen als auch ökologischen und gesundheitlichen Interessen gerecht werden, ihre Infrastruktur ist des-halb für unser Land sehr wichtig. Da-bei braucht es aber mehr als attraktive Wanderwege – auch in Anbetracht der jährlich fast 9 000 Unfälle, darunter 40 Todesfälle. In diesem Magazin zeigen wir Ihnen, wie die bfu den Bergsport zum Thema macht und mit den wich-tigsten Partnern der Branche (Schwei-zer Wander wege, Seilbahnen Schweiz u.s.w.) ko ope riert, um ein Sensibi-lisierungsprogramm zu ent wickeln. Dieses sieht unter anderem eine Kam-pagne für mehr Eigenverantwortung vor, etwa bei der Wahl der Route oder der richtigen Vorbereitung. Denn allzu oft werden diese Faktoren vernachläs-sigt, obwohl es zentrale Elemente sind, um die Berge und ihre Risiken richtig einzuschätzen, um sie richtig geniessen zu können.

Magali Dubois

Inhalt Editorial

imprEssum

Herausgeberin: bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung, Hodlerstrasse 5a, CH­3011 Bern, [email protected], www.bfu.ch, Tel. + 41 31 390 22 22

Adressänderungen: [email protected]

Redaktion: Ursula Marti (wortreich gmbh), Magali Dubois (bfu), Rolf Moning (bfu), Tom Glanzmann (bfu)

Redaktionsadresse: Ursula Marti, wortreich gmbh, Maulbeerstrasse 14, 3011 Bern, ursula.marti@wortreich­gmbh.ch, Tel. + 41 31 305 55 66

Korrektorat: Hedy Rudolf (bfu)

Bildnachweise: Seite 1: sondereggerfotos; Seite 2: Daniel Rihs; Seiten 4, 7, 8, 9, 16: Iris Andermatt; Seiten 5, 11: bfu; Seite 6 (Kletterer): Ruben Wyttenbach; Seiten 10, 13, 15: Giovanni Antonelli; Seite 12: Stadt Ascona; Seiten 7 (Lerch), 11 (Bruttomesso), 14: zvg

Layout: SRT Kurth & Partner AG, Ittigen Druck: UD Print AG, Luzern, klimaneutral gedruckt

Auflage: Deutsch: 9200, Französisch: 3300, Italienisch: 1100. Das Magazin erscheint vierteljährlich.

© Wiedergabe von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion und unter vollständiger Quellenangabe.

diE ZaHlNeue Regeln für Elektrofahrräder 3

FoKus BERGSPORT «Bergwandern ist kein Spaziergang»: Interview mit bfu­Spezialistin Monique Walter 4

IG Kletteranlagen: Gemeinsam gegen Kletterunfälle 6

Standpunkt von Brigitte Buhmann, Direktorin bfu: Recht auf Risiko oder Recht auf Sicherheit? 7

Beim SAC wird Ausbildung gross geschrieben 8

NEtZWErK Betriebe «Das sichere Haus» unterwegs in der Westschweiz 10

Gemeinden Verjüngungskur für das Teatro San Materno in Ascona 12

Partner Fachkommission Spielplatzgeräte: «Der Austausch ist sehr befruchtend» 14

Gemeinden Glasfolien zum Schutz der Schulkinder 15

KampaGNE«Slow Down. Take it easy» mit neuen Kampagnenpartnern 16

sicher leben 2 / 2012 3

E-Bikes werden immer beliebter, die Palette der angebotenen Produkte wächst. Elektrofahrräder ermöglichen ein rascheres Vorankommen, durch die höheren Geschwindigkeiten nimmt aber das Unfallrisiko zu. Das hat den Bundesrat – nicht zuletzt auf Anregung der bfu – bewogen, die bisherigen Re-geln der technischen Entwicklung an-zupassen und zu vereinfachen. Zur Er-höhung der Sicherheit wurden dabei zwei Verordnungen revidiert, die sich unter anderem auch mit Elektrofahr-rädern befassen. Diese gelten wie bis-her als «Motorfahrräder». Dabei wird neu zwischen langsamen und schnel-len E-Bikes unterschieden. Langsame E-Bikes gelten als Leicht-Motorfahr-räder mit einer Tretunterstützung bis 25 km/h und einer maximalen Mo-

torleistung von 500 Watt, ein Kont-rollschild ist nicht nötig. Schnelle E-Bikes gelten als Motorfahrräder mit einer Tretunterstützung von 25 bis

45 km/h und beliebiger Motorleistung bis 1 000 Watt, ein Kontrollschild ist erforderlich.

Für beide Kategorien gilt: Kinderan-hänger sind erlaubt und Radwege obli-gatorisch zu benutzen. Diese zwei und

zahlreiche weitere Änderungen sind bereits am 1. Mai in Kraft getreten. Erst ab 1. Juli gültig sind die neuen Be-stimmungen zum Helm. Obligatorisch ist das Tragen eines Velohelms beim Fahren schneller E-Bikes. Für lang-same E-Bikes empfiehlt der Bundesrat in Übereinstimmung mit der bfu, aus Sicherheitsgründen ebenfalls immer einen Velohelm nach Norm EN 1078 zu tragen.

E-Bikes mit einer Tretunterstützung von mehr als 45 km/h gelten als «Mo-torräder». mor

Weitere Informationen: • bfu-Publikumsbroschüre «E-Bikes –

Mit Sicherheit leichter ans Ziel»: www.bfu.ch/bestellen (Bestell-Nr. 3.121)

• www.astra.admin.ch (Suchwort E-Bike)

diE ZaHl

E-BiKE-Boom 69 Getötete und Schwerverletzte: Die 2011 erstmals erhobene Zahl der schweren Personenschäden beim E­Biken macht deutlich, dass der Bundesrat die Vorschriften zu Recht den geänderten Verhältnissen angepasst hat.

Neue Regeln für Elektrofahrräder

200069

Die bfu hat ihr Sicherheitsdossier «Fahr­

radverkehr» von 2005 aktualisiert. Die

Überarbeitung erfolgte – wie schon die

Erstausgabe – im Auftrag des Fonds für

Verkehrssicherheit FVS. Mit neuen Ana­

lysemethoden konnten die Daten zu Un­

fallgeschehen, Risikofaktoren und Prä­

vention verfeinert und auf den neusten

Stand gebracht werden. An den wich­

tigsten Präventionsmassnahmen hat sich

indes nicht viel geändert, wie Autorin

Esther Walter von der bfu­Forschungs­

abteilung betont: «Zentral sind nach wie

vor Infrastrukturverbesserungen, vor al­

lem ein zusammenhängendes Velonetz,

und tiefe Tempolimiten in den Quartie­

ren.» Aber auch die Velofahrerinnen und

­fahrer selber können mit einem defen­

siven Fahrstil und dem Helmtragen viel

zur eigenen Sicherheit beitragen. Mit

einem passenden und richtig aufgesetz­

ten Helm können die Kopfverletzungen

bei einem Sturz um 40 % reduziert

werden. um

Sicherheitsdossier «Fahrradverkehr» auf neustem Stand

Zoom

4 sicher leben 2 / 2012

FoKus BERGSPORT

«Bergwandern ist kein Spaziergang»EiGENVEraNtWortuNG Wandern ist der Schweizer Volkssport. Besonders in den Bergen ist das Wandern aber auch mit Gefahren verbunden und führt zu jährlich über 40 Todesfällen. Um das zu ändern, muss die Eigenverantwortung gefördert wer­den. Ein Gespräch mit der bfu­Spezialistin und Sportlehrerin Monique Walter.

Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der Prävention beim Bergwandern. Sind Sie selber auch schon in eine kri­tische Situation geraten? Selber zum Glück bisher nicht, ich habe aber schon einige kritische Situatio-nen beobachtet. Zum Beispiel ein Paar beim Aufstieg zur Blüemlisalphütte, das kaum die Hälfte des Wegs zurück-gelegt hatte, als eine der beiden Perso-nen schon völlig erschöpft war. Sie hat-ten keine Übernachtung in der Hütte vorgesehen, wollten also am gleichen Tag hin auf und zurück. Sie hatten ihre Kräfte überschätzt und keine Zeitpla-nung vorgenommen. Unsere Gruppe konnte sie davon überzeugen umzu-kehren. Genau das ist ein wesentlicher Punkt zur Vorbeugung von Unfällen: auf Probleme reagieren, anstatt sie zu ig-norieren und stur am Ziel festzuhalten.

Wandern gilt bei den meisten Leuten als «harmlose» Sportart. Die Statistik spricht aber eine ganz andere Sprache: Bergwandern ist die Sportart mit den meisten tödlichen Unfällen. Weshalb?Wandern ist sehr beliebt, ein Drittel der Schweizer Wohnbevölkerung und die Hälfte der ausländischen Touris-ten wandern. Im Verhältnis zu dieser grossen Anzahl Personen sind die rund 9 000 Unfälle pro Jahr gar nicht so viel. Gravierend ist aber, dass sich übermäs-sig viele Todesfälle – über 40 pro Jahr – ereignen. Ein Stolpern kann im Ge-lände rasch fatale Folgen haben.

Monique Walter, bfu­Spezialistin für Bergsport, empfiehlt, Bergwanderungen um­

sichtig zu planen (Route, Zeitplan, Wetter, Material) und dabei auf die persönliche

Leistungsfähigkeit Rücksicht zu nehmen.

sicher leben 2 / 2012 5

Gibt es den typischen Unfall beim Bergwandern? Am häufigsten ist der Sturz. Eine Per-son stürzt zum Beispiel auf dem Berg-weg, wo sie mit dem Kopf aufschlägt oder sich den Fuss verknackst. Oder sie stürzt in einer Geröllhalde oder einen steilen Abhang hinunter.

Wie kommt es dazu? Häufig ist der Auslöser ein Stolpern oder Rutschen, worauf man das Gleich-gewicht verliert. Der Grund ist meist Unachtsamkeit oder Müdigkeit. Oft ist es auch eine Verkettung verschiede-ner Ursachen: ungeeignete Schuhe, rut-schige Wege nach einem Gewitter, feh-lende Konzentration und mangelnde Trittsicherheit, Kälte und Durst, Zeit-not – und schon ist es passiert.

Man hört auch von Wanderern, die wegen Kreislaufproblemen gerettet werden müssen. Ja, das sind gesundheitliche Probleme, oft durch Überanstrengung hervorge-rufen, die sich aber auch anderswo als beim Wandern ereignen können und nicht als Unfälle gelten. Die Rettungs-kräfte müssen auch zunehmend ausrü-cken, um unverletzte Bergwanderer zu bergen, die an einer heiklen Stelle blo-ckiert sind und nicht mehr vorwärts oder zurück können.

Was müsste geschehen, damit sich die Unfälle deutlich reduzieren würden? Die Leute müssten sich bewusst wer-den, dass Bergwandern kein Spazier-gang ist, sondern eine Sportart! Diese stellt Anforderungen an die Ausrüs-tung und an die Fähigkeiten. Eine Bergwanderung muss zudem geplant und vorbereitet werden. Ein gutes Zeit-management ist nötig, die Wetter- und Wegverhältnisse müssen beachtet wer-den, es braucht genügend Verpflegung und die richtige Bekleidung, das Kön-

nen und die Kondition der Mitglieder einer Gruppe müssen richtig einge-schätzt und berücksichtigt werden.

Also eine Frage der Eigenverant­wortung?Ja, ganz klar. Unfälle beim Bergwan-dern geschehen normalerweise nicht wegen der Infrastruktur – unsere Wan-derwege sind sehr gut – es liegt auch nicht an fehlenden Gesetzen. Um Un-fälle zu vermeiden, muss beim Verhal-ten angesetzt werden. Wir müssen an die Eigenverantwortung appellieren.

Eigentlich müssten alle Bergwande­rer über die Gefahren und die richtigen Verhaltensweisen Bescheid wissen. Wie kann man ihnen dieses Wissen näherbringen? Das ist die grosse Schwierigkeit. Berg-wanderer müssen ja keine Ausbildung absolvieren, sie sind meist auch nicht in einem Verein organisiert, wo die Si-cherheitsregeln systematisch vermittelt werden. Wir versuchen deshalb, «vor Ort» zu informieren – zum Beispiel mit Plakaten bei Bergbahnstationen und in Berghütten – oder die Wanderer schon bei der Planung auf den entsprechen-den Websites zu erreichen.

Welche Präventionsaktivitäten führen die bfu und ihre Partner gerade durch? Zurzeit planen wir eine neue Aktion zusammen mit «Schweizer Wander-wege» und «Seilbahnen Schweiz». Es geht dabei um die Anforderungen, die eine Bergwanderung an die Berggän-ger stellt und um die richtige Selbstein-schätzung der Leistungsfähigkeit. Uns schwebt eine Einrichtung vor, mit der man auf spielerische Art die eigenen Grenzen erfahren kann.

Weshalb gerade die Selbsteinschätzung?Rund 65 Prozent der tödlichen Berg-wanderunfälle betreffen Männer über

50 Jahre. In diesem Alter lässt die Leistungsfähigkeit langsam nach, ohne dass man das so richtig wahrnimmt oder wahrnehmen will. Oft ist man in einer Gruppe unterwegs, in der man unbedingt mithalten will. Dabei über-fordert man sich und das ist gefährlich. Das möchten wir thematisieren.

Interview: Ursula Marti

Die 5 wichtigsten Merk­

punkte für sicheres Wandern.

6 sicher leben 2 / 2012

FoKus BERGSPORT

Gemeinsam gegen KletterunfälleiG KlEttEraNlaGEN Hallenklettern ist beliebt. Ein Sport, der nicht nur die Muskeln beansprucht, sondern auch den Geist fordert und Technik voraussetzt. Kletter hallen­ Betreiber haben 2007 die IG Kletteranlagen gegründet. Ihr Ziel ist ein sicherer und qualitativ hochstehender Indoor­Klettersport. Das Engagement zeigt Wirkung.

Andrea Lerch, Bergführer und Präsi-dent der Interessengemeinschaft (IG) Kletteranlagen, blickt in seiner Kletter-halle Pilatus Indoor in Root (LU) auf-merksam umher. Er zeigt sich zu-frieden: «Durch die IG hat sich das Sicherheitsniveau in den Kletterhallen merklich verbessert. Ein Grund dafür ist die Triage, die wir bereits beim Ein-gang machen.» Wer klettern will, muss zuerst ein paar Fragen beantworten und sein Wissen unter Beweis stellen. Dabei wird auch mal verlangt, einen Sicherungsknoten zu machen, bevor jemand in die Anlage darf. «Ich sehe uns Kletterhallen-Betreiber nicht als Aufsichtspersonal. Schon allein dieser

Ausdruck würde den Kletterern eine falsche Sicherheit suggerieren», erklärt Andrea Lerch. «Umso wichtiger ist es, dass wir die Klettersportlerinnen und -sportler bereits am Empfang über die notwendigen Sicherheitsmassnahmen informieren und abklären, ob sie über die nötigen Fähigkeiten verfügen.»

Der Schweizer Alpen-Club SAC hat die Gründung der IG Kletteranlagen nach dem Vorbild von ähnlichen Grup-pierungen im angrenzenden Ausland initiiert. Seit fünf Jahren ist die IG Klet-teranlagen nun in kleinen, aber erfolg-reichen Schritten unterwegs, um Sicher-heitsstandards zu erarbeiten. Das ist nicht so einfach, da die Kletterhallen in der Schweiz sehr unterschiedlich sind.

Neue AusbildungBesonders wichtig sind die Hallen-regeln. Sie wurden standardisiert und von allen Hallenbetreibern aufgehängt, die bei der IG Mitglied sind. Zudem wird überall die Broschüre «Sicher klettern» aufgelegt, die von der bfu und vom SAC herausgegeben wurde. «Be-sonders stolz sind wir, dass wir neben vielen Kletterhallen auch den SAC und die bfu zu unseren Mitgliedern zählen dürfen», sagt Andrea Lerch. «Wir sind definitiv auf dem richtigen Weg!»

Weitere Pläne sind bereits in der Pipeline. «Unser nächstes Projekt ist eine geregelte Ausbildung zur Hallen-Kletterlehrerin bwz. zum -Kletterleh-rer. Diese wird noch nirgends angebo-

ten», meint Andrea Lerch. Es gebe zwar eine Ausbildung zum Kletterlehrer, deren Schwerpunkt sei jedoch das Klet-tern draussen. Das sei eine ganz an-dere Disziplin, die wiederum andere

Schwerpunkte erfordere (siehe Beitrag auf Seite 8 / 9). Der 39-Jährige spricht aus Erfahrung. Er ist bereits seit sei-nem 16. Lebensjahr ein begeisterter Kletterer.

Vanessa Kuhn

Weitere Informationen:• www.kletteranlagen.ch. (Informatio-

nen zur IG)• www.sac-cas.ch (Hinweis zu Pla kat

und Broschüre «Si cher klettern»)

Wer klettert, muss die Sicherheitsregeln kennen.

Andrea Lerch ist Präsident der Interes­

sengemeinschaft Kletteranlagen.

«unser nächstes projekt ist die ausbildung zum Hallen-Kletterlehrer.»

sicher leben 2 / 2012 7

Recht auf Risiko oder Recht auf Sicherheit?staNdpuNKt von Brigitte Buhmann, Direktorin bfu, zu den Erwartungen der Outdoor­Sportlerinnen und Sportler an Sicherheit und Risiko.

Outdoor-Sportarten sind in. Die Pa-lette reicht von Mountainbiken,

Schneesport, Baden, Bootfahren, Gleit-schirmfliegen bis hin zu Wandern und Klettern. Die damit verbundenen Risi-ken werden allgemein unterschätzt, ob-wohl die Unfallzahlen im Sport – rund 120 Getötete und 10 000 Schwerverletzte pro Jahr – für sich sprechen und Kosten von 1,8 Mrd. Franken verursachen.

Eine gängige Meinung lautet, dass viele Outdoor-Sportlerinnen und -sport-ler hauptsächlich vom Nervenkitzel an-getrieben seien. Doch das entspricht nicht den Tatsachen, wie eine Umfrage des Management Centers Innsbruck von 2007 zeigt. Die wichtigsten Motivations-faktoren sind der Spass, das gemeinsame Erlebnis mit Freunden und die Stärkung des Selbstbewusstseins. Nur 5 % der Be-fragten gaben den «ultimativen Kick» als Motiv an. Daraus lässt sich ableiten, dass Outdoor-Aktivitäten eben nicht we-gen, sondern trotz des Risikos stattfin-den. Nur wenige Personen beanspruchen also ein Recht auf Risiko.

Hingegen erwarten die meisten Leute ein Recht auf Sicherheit. Interessant ist, dass Risiken nur soweit akzeptiert wer-den, als sie (vermeintlich) selber kon-trollierbar sind: Wenn das Risiko von meinem eigenen Verhalten abhängt, ak-zeptiere ich es, denn ich glaube, dass ich es selber kontrollieren kann. Gefahren durch eine fehlbare Infrastruktur oder durch das Verhalten anderer akzeptiere ich dagegen nicht. Diese These lässt sich

FoKus BERGSPORT

durch Beobachtungen nach Unglücksfäl-len belegen. Nach dem schweren Canyo-ning-Unfall von 1999 im Saxetbach, wo kein Fehlverhalten der Teilnehmenden vorlag, nahm die Anzahl der Touristen ab. Im Gegensatz dazu stieg bei selbstver-schuldeten Outdoor-Unfällen die Nach-frage nach der entsprechenden Tour teil-weise sogar an. Ähnliches gilt übrigens für die Motivation vieler Raser im Stras-senverkehr: Sie glauben, das Risiko unter Kontrolle zu haben. Ein technisch unsi-cheres Auto oder Mängel bei der Infra-struktur würden sie hingegen nie akzep-tieren.

Auf den Bergsport bezogen bedeu-tet dies: Das Risiko, beim Klettern oder Wandern durch eigene Unachtsamkeit zu stürzen, wird in Kauf genommen. Bei

der Infrastruktur – Bahnen, Wander-wege, Sicherungshaken, Rettungswesen usw. – wird jedoch grösstmögliche Sicher-heit verlangt.

Diese klaren Erwartungen der Sport-treibenden können denn auch eine grosse Chance für den Tourismus sein. Ferien-regionen, die bei ihrer Infrastruktur und bei ihren Freizeitangeboten konsequent auf hohe Sicherheitsstandards setzen, können diese als Wettbewerbsvorteil nut-zen und damit bei ihren Gästen punkten.

Die bfu setzt sich deshalb in der Stif-tung Safety in Adventures (www.safety-inadventures.ch) dafür ein, dass bei den kommerziellen Outdoor-Angeboten Si-cherheit für die Kundinnen und Kunden einen möglichst hohen Stellenwert ein-nimmt. •

bfu­Direktorin Brigitte Buhmann: «Outdoor­Aktivitäten finden nicht wegen,

sondern trotz des Risikos statt.»

8 sicher leben 2 / 2012

KlEttErtourEN Bergklettern will gelernt sein. Beim SAC werden die Touren­leiterinnen und ­leiter sorgfältig ausgebildet, damit sie ihr Wissen an ihre Gruppen weitergeben können – ein wertvoller Beitrag an die Unfallprävention. sicher leben war bei einem Training des SAC Pilatus dabei.

Beim SAC wird Ausbildung gross geschrieben

Die Karabiner rasseln, die Helme wer-den aufgesetzt und es wird gefach-simpelt. «Hasenohrenknoten, Halb-mastwurf, Achter oder Französischer Prusik» – was für den Laien eigenartig tönt, ist für die Sportkletterer des SAC Pilatus selbstverständlich. Unter erfah-rener Leitung von Peter Erni klettern sie heute zum ersten Mal in dieser Sai-son draussen am Lopper, im Kletter-garten «Rivella».

Klettersportlerinnen und -sportler müssen stets die neusten Sicherheits-massnahmen berücksichtigen. Heute erklärt Peter Erni, was sich gemäss dem Deutschen Alpenverein beim Einrich-ten des Standplatzes geändert hat. Die Gruppe diskutiert den korrekten Ein-satz der Sicherungsgeräte, vor allem der optimale Gebrauch der Daisy-Chain-Schlinge. «Es ist ein kritischer Moment, wenn ein Kletterer oben am Standplatz angekommen ist und sich selber si-chert. Dort oben ist nicht nur wichtig, dass er jeden Handgriff kennt, sondern auch, dass er gut nach unten kommu-niziert, wann er sich festgemacht hat», erläutert Erni.

Viele HerausforderungenBeim Schweizer Alpen-Club SAC wird Aus- und Weiterbildung gross ge-schrieben. Die Tourenleiter des SAC Pilatus müssen regelmässig Weiterbil-dungskurse besuchen, die von Berg-führern und Experten geleitet werden. In fachspezifischen Modulen werden

Kletterleiter Peter Erni (3. von rechts) trainiert mit seiner Gruppe

oberhalb des Alpnachersees.

FoKus BERGSPORT

sicher leben 2 / 2012 9

Themen behandelt wie Seiltechnik, im-provisierte Rettung von oben und un-ten, Risikocheck oder der Umgang mit einem zerschlagenen Seil beim Absei-len. Für die Zukunft wird angestrebt, dass die Touren- und Kursleiter, nebst der Fachausbildung, auch eine ESA-Zertifizierung (höherer europäischer Studiengang) erlangen.

Als Leiter steht Peter Erni vor ver-schiedenen Herausforderungen. «Wenn ich mit einer Gruppe am Klettern bin, sind meine Augen überall. Nicht alle haben das selbe Vorwissen», sagt er, seinen Blick zum Fels gewandt, wo die Gruppe unterwegs ist. Jeder Griff ist eine Entscheidung, Klettern erfordert viel Konzentration. Dabei gibt es ei-nige Regeln zu beachten, wie den Part-nercheck oder die Kontrolle, ob die Ka-rabiner zugeschraubt sind. «Letztlich hängen wir mit unserem Leben in der Wand», resümiert Erni.

Hohe QualitätIn den Kursen wird viel Wissen weiter-gegeben. «Nach jedem Modul führen wir einen Qualitätscheck durch, da-mit wir ganz sicher sind, dass das Ge-lernte auch wirklich hängengeblieben ist», erklärt Erni. In Sachen Aus- und Weiterbildung sei der SAC Pilatus vor-bildlich. Dies ist nicht zuletzt eine Folge davon, dass die Mitgliederzahl nach ei-ner Vereinfachung des Eintrittsverfah-rens in den letzten Jahren stark gestie-gen ist. Zurzeit zählt die Sektion Pilatus rund 7 000 Mitglieder. Durch die vielen Neueintritte ist der Kenntnisstand der Mitglieder über Wanderungen, Berg-touren und Klettern aber sehr gesun-ken. Zudem sind die Gruppen grösser geworden. Das verlangt von den Tou-renleitern einen grösseren Einsatz. Zu-sammen mit der bfu hat der SAC eine Broschüre, Plakate und Lehrbücher ge-schaffen. Die Broschüre heisst «Sicher klettern». Die Bestelladresse ist auf Seite 6 angegeben.

Vanessa Kuhn

Schweizer Alpen-Club

Der Schweizer Alpen­Club SAC ver­

bindet an der Bergwelt interessierte

Menschen – unabhängig von Alter,

Geschlecht, Religion, Sprache oder

Herkunft. Seit der Gründung 1863 ist

der SAC eine mitgestaltende Kraft bei

der Entwicklung des Alpenraums und

des Alpinismus. Aus dieser Tradition

heraus setzt er sich für verantwor­

tungsvollen Bergsport und weitge­

hend freien Zugang zur Bergwelt ein.

Unter anderem unterhält der SAC über

150 Berghütten, bietet Ausbildungs­

kurse und Touren im Bergsport an und

betreibt eine umfangreiche

Bibliothek.

Weitere Informationen: • www.sac­pilatus.ch oder • www.sac­cas.ch

Klettern erfordert Technik, Geist und Kraft.

10 sicher leben 2 / 2012

«Das sichere Haus» unterwegs in der WestschweizBEGEHBarE ausstElluNG Zur Sensibilisierung für Haushaltunfälle steht ein neues Instrument zur Verfügung: ein Haus mit zwei Räumen, fast in Original­grösse, gespickt mit Gefahrenstellen, die von den Besuchenden entdeckt und behoben werden müssen. Eine Reportage bei der Migros Genf.

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tau-send Worte und so bewirkt auch eine konkrete Erfahrung mehr als tausend Theorien. «Das sichere Haus», in dem die Logistik-Mitarbeitenden der Mi-gros Genf ihre Schulung absolvieren, beruht genau auf diesem Grundsatz: Ausgerüstet mit einem Kontrollblatt versuchen die Teilnehmenden während 10 Minuten die ungefähr 80 Gefahren-stellen aufzuspüren, die in Küche und Bad lauern. Mit einer Fläche von insge-samt 50 m2 sind die zwei Räume gross genug, um fünfzehn bis zwanzig Perso-nen aufzunehmen.

In andächtiger Stille prüfen die Mig-ros-Angestellten Böden, öffnen Schub-laden oder kontrollieren Gegenstände. «Die ersten Erfahrungen haben gezeigt,

dass in der Regel ein knappes Dutzend Gefahren ausfindig gemacht werden, kaum mehr», erläutert Gaby Grau, bfu-Beraterin für Betriebe. «Die Besuche-rinnen und Besucher konzentrieren sich dabei derart auf die Risiken, dass sie die Sicherheitselemente übersehen, von denen es ebenfalls viele hat.»

Tipps und Tricks für mehr SicherheitNach dem ersten Rundgang über-nimmt Gaby Grau die Führung: Die bfu-Moderatorin beginnt im Bade-zimmer, wo sie ihre «Gäste» auf alle möglichen Gefahren für Erwachsene und Kinder aufmerksam macht. Die eine oder andere Idee wird gleich auf-genommen: «Ein Griff zum Festhal-

ten, wenn ich aus der Dusche komme, genau das fehlt in meinem Badezim-mer!», meint ein Teilnehmer. An Mög-lichkeiten, das Badezimmer sicherer zu machen, mangelt es nicht: Quarzsand-Fliesen können Antirutschmatten vor-züglich ersetzen. Andernfalls braucht es unbedingt einen Gleitschutz! Gaby Grau gibt gleich noch ein paar weitere Tipps: Regale gut an der Wand fixieren, Apotheke auf einer Höhe von 1,60 Me-ter montieren und giftige Produkte un-erreichbar für Kinderhände platzieren, Warmwasserregulator bei 38 °C blo-ckieren usw. Eine Fülle an Sicherheits-massnahmen, einige alltäglich, andere kaum bekannt.

Danach gehts in die Küche. Eini-ges springt hier den Gelegenheits-De-tektiven sofort ins Auge, so die nach vorne gerichteten Pfannenstiele oder die Gasflasche, die ganz sicher nicht in die Küche gehört. Eine kleine Vorfüh-rung überrascht alle Anwesenden: Bat-terien – sie sind nie zu 100 % leer –, die mit Glaswolle in Kontakt kommen, lö-sen sofort einen Brand aus. Für Bastler also wichtig, was im Abfalleimer der Werkstatt landet! Bei dieser Gelegen-heit wird auch gleich daran erinnert, dass Rauchmelder gute und zuverläs-sige Dienste leisten. Ein Teilnehmer er-zählt: «Meine Familie und ich wurden dank eines solchen Melders vor einem Brand bewahrt; das Ansehen des klei-nen Geräts ist seither in meinem Freun-deskreis rapid gestiegen».

NEtZWErK BETRIEBE

Die Besucher sind auf der Hut, denn im bfu­Haus lauern viele Gefahren.

sicher leben 2 / 2012 11

Nach einer Stunde das einhellige Fazit: Die kompetente Präsentation und die konkreten Hinweise haben die Migros-Mitarbeitenden überzeugt und manch einer geht mit dem Vorsatz nach Hause, in Zukunft aufmerksamer zu sein oder gar die eine oder andere Anpassung im Haus vorzunehmen. Und schon kommt mit Raphael Burry der nächste bfu-Be-rater, der mit einer neuen Gruppe das Gefahrenhaus durchleuchtet.

Innerhalb einer Woche wurden 25 dieser Schulungen durchgeführt, an denen mehr als 300 Mitarbeitende des Bereichs Logistik der Migros Genf teilnahmen. Ein grosser Erfolg, war es doch eine der ersten Aktionen die-ser Art in der Westschweiz. Im Vorfeld hatte sich die Migros Genf von bfu-Ex-perten beraten lassen. Dabei wurden die Präventionsbedürfnisse analysiert und die zur Verfügung stehenden Ein-satzmittel überprüft. Es zeigte sich, dass «das sichere Haus» am geeignets-ten war, um die Bedürfnisse des Unter-nehmens zu erfüllen.

Magali Dubois

Jean­Charles Bruttomesso, Personalchef bei der Migros Genf, über die Motiva­tion seines Unternehmens, mit der bfu zusammen diese Aktion zu lancieren.

sicher leben: Herr Bruttomesso, warum standen gerade Haushaltunfälle im Zentrum der Sensibilisierungswoche?J.-Ch. Bruttomesso: Im Herbst 2010 be-

kam die Migros Genf als erstes West-schweizer Unternehmen das Label «Friendly work space» zuerkannt. Das verpflichtet uns, ein Gesundheits- und Sicherheitskonzept umzusetzen und uns dabei auch mit den Personalabsen-zen zu befassen. Wir haben analysiert, aus welchen Gründen unsere Mitarbei-tenden fehlten. Dabei stellen wir fest, dass 2010 rund 10 % des Personals einen Nichtbetriebsunfall erlitten hatten, und dies vorwiegend in Haus und Garten.

Entspricht «das sichere Haus» Ihren Erwartungen?Absolut. Es ist eine hervorragende Er-

gänzung zu den punktuellen Präven-tionsveranstaltungen, die wir bereits durchführen. Die Informationen sind klar und für alle verständlich, auch für jene Mitarbeitenden, die nicht so gut Französisch sprechen. Was sie im Mus-ter-Haus erleben, gibt ihnen zu denken. Und da die Übungsanlage so realitäts-nah ist, können sie die neuen Erkennt-nisse zu Hause gleich anwenden!

Haben Sie persönlich auch von der Schulung profitiert? Ich habe mir auf einem Post-it notiert, was heute Abend alles überprüft wer-den muss …! md

«Eine Erfahrung, die zu denken gibt»

Die Wassersicherheits­Kampagne geht

in die zweite Runde: Auch im Sommer

2012 besucht «Didi Dusche» zahlreiche

Bäder, Messen und Campingplätze. Ins­

besondere werden Didi und sein Team

an der BEA in Bern, an der FamExpo in

Winterthur, auf 5 Campingplätzen des

TCS sowie in rund 30 Bädern die Be­

suchenden überraschen. Mit seinem

Auftritt will Didi möglichst viele Eltern

über die Gefahren für Kinder am und

im Wasser aufklären und die Botschaft

vermitteln: «Kinder am Wasser immer

im Auge behalten. Kleine in Reich­

weite». Die aktuellen Einsatzdaten wer­

den laufend ergänzt auf:

www.water­safety.ch.

FrEiZEitKiCK

Water­Safety­Run 2012

12 sicher leben 2 / 2012

NEtZWErK GEMEINDEN

Verjüngungskur für das Teatro San Materno in AsconasiCHErHEit uNd dENKmalsCHutZ Das jahrelang praktisch dem Zerfall überlassene Teatro San Materno erstrahlt seit einiger Zeit in neuem Glanz. Der bfu­Sicherheitsdelegierte Claudio Duca war an der Wiederauferstehung beteiligt.

bfu­Sicherheitsdelegierter Claudio Duca vor dem restaurierten und gut gesicherten Theater.

sicher leben 2 / 2012 13

Das Teatro San Materno, das der Ar-chitekt Carl Weidermeyer für die in Ascona lebende deutsche Tänzerin Char lotte Bara erbaute, war in den 30-Jahren ein Ort für künstlerische Experimente: Theater, Tanzauffüh-rungen, Konzerte, Gymnastik – al-les hatte dort seinen Platz, selbst die Zimmer im oberen Stock, in denen die Protagonisten wohnten. Architek-tonisch sticht das mit Stahlbeton er-richtete Theater mit Flachdach, auf dem die Tänzerinnen und Tänzer un-ter freiem Himmel ihrer Leidenschaft frönen konnten, sofort ins Auge: Bal-kone zieren die Fassade, grosse Fens-ter symbolisieren die Weltoffenheit. Das 1995 ins Kulturerbe des Kantons Tessin aufgenommene Theater wurde lange Zeit sich selbst überlassen. Ent-sprechend war die Restauration, die die Gemeinde unter Aufsicht des kan-tonalen Amts für Kulturgüter in An-griff nahm, keine leichte Aufgabe.

Ohne Kompromisse geht nichtsDie bfu-Sicherheitsdelegierten ken-nen diese Situation: Heutige Sicher-heitsanforderungen mit dem Erhalt eines architektonischen Kulturgutes in Einklang zu bringen, ist eine heikle Aufgabe. Auch Claudio Duca, bfu-Si-cherheitsdelegierter in Ascona, bestä-tigt: «Die Sicherheit durften wir nicht dem Zufall überlassen, umso mehr als das Theater heute regelmässig besucht und für Aufführungen genutzt wird. Doch es war auch klar, dass ein histo-rischer Bau seinen Ursprungscharakter behalten muss; Er darf nicht durch Si-cherheitselemente verändert werden.» Entsprechend brauchte es Diskussio-nen, vor allem wurde auch die Frage der Verantwortung bei einem Unfall thematisiert. Schliesslich flossen aber Sicherheitsbedürfnisse ins Restaura-tionsprojekt ein. So wurden Gelän-der und Handläufe angebracht sowie ein behindertengerechter Zugang zum Gebäude erstellt. Zwar blieben einige nicht normkonforme Geländer bei den

Balkonen bestehen, hier wurde jedoch der öffentliche Zugang verboten.

Claudio Duca ist mit dem Ergeb-nis zufrieden: «Der Dialog hat sich ge-lohnt, schliesslich haben wir ein Pro-jekt durchgebracht, das historische Interessen und die Unfallprävention miteinander vereinbart – mit ein paar Kompromissen an Orten, die dem Pu-blikum nicht zugänglich sind.» Das seit drei Jahren wiedereröffnete Theater ist Zeugnis der blühenden künstlerischen Vergangenheit Asconas und trägt – neu renoviert – zum Charme der Tessiner Ortschaft bei.

Magali Dubois

Die Verkehrsteilnehmenden, die am

14. März in Cologny (GE) unterwegs

waren, staunten nicht schlecht: Auf

einem Trottoir hielten zwei Personen

öffentlich ein Nickerchen, um sich vom

Fahren zu erholen. Diese Turboschlaf­

Zone wurde mit Unterstützung des bfu­

Sicherheitsdelegierten José Loureiro

eingerichtet. Die Aktion findet auch in

andern Gemeinden statt. So wird ein­

mal mehr daran erinnert, dass es gegen

Müdigkeit am Steuer nur ein einziges

wirksames Mittel gibt: 15 Minuten Tur­

boschlaf. Dieser eignet sich besonders

auch nach Mahlzeiten. Mehr dazu:

www.turboschlaf.ch. md

EiNFaCH GENial

Öffentliches Turboschlafen – eine bfu­Aktion in Gemeinden

14 sicher leben 2 / 2012

«Der Austausch ist sehr befruchtend» FaCHKommissioN spiElplatZGErÄtE Spielplätze müssen attraktiv, aber auch sicher sein. Doch was heisst das genau? Eine neue Fachkommission bestehend aus Spielplatzplanern, Geräteherstellern und Sicherheitsfachleuten diskutiert offene Fragen und sorgt dafür, dass die Normen einheitlich ausgelegt werden.

«Wir möchten, dass alle Fachleute das Gleiche sagen, wenn sie Fragen zur Si-cherheit auf Kinderspielplätzen be-antworten», sagt Manfred Engel, Ab-teilungsleiter Haus / Freizeit der bfu. Deshalb hat die bfu die neue Fachkom-mission «Spielplatzgeräte» ins Leben gerufen. Die Stärke dieses Gremiums ist, dass nicht nur Sicherheitsexperten, sondern auch ein Spielplatzbauer, ein Gerätehersteller und -importeur darin vertreten sind. «Der Austausch ist sehr befruchtend», zieht Manfred Engel nach dem ersten Jahr und fünf gemein-samen Sitzungen Bilanz. Die Kommis-

sion hat sich in dieser Zeit mit rund 22 Fragen – zu allgemeinen Themen und zu Spielgeräten – befasst.

Es gibt zwar verschiedene Gesetze und Normen, diese schaffen aber nicht immer Klarheit. Denn Spielplatzgeräte sind oft sehr speziell, manchmal so-gar Unikate. Dort muss die Kommis-sion ausdiskutieren, wie die Normen nun konkret auszulegen sind. Bei-spielsweise bei der Absturzsicherung einer Hängebrücke macht die Norm SN EN 1176:2008-1 keine klaren Anga-ben und kann daher fehlinterpretiert werden. Gerade bei solchen Unklar-

heiten will sich die Fachkommission eine breit abgestützte Meinung bilden. Dazu wird auch der Wissensaustausch mit zu den europäischen Fachgrup-pen gesucht. In einem weiteren Schritt möchte die Kommission zudem als Kontaktstelle fungieren, an die sich an-dere Fachgremien oder die Öffentlich-keit bei spezifischen Fragen zur Spiel-platzsicherheit wenden können. Weitere Infor matio nen: www.bfu.ch (Haus und Freizeit > Kommissionen > Fachkom-mission Spielplatzgeräte).

Ursula Marti

NEtZWErK PARTNER

Grosses Engagement aus der Branche

Weitere Mitglieder der Fachkommission: Andreas Hochstrasser, Grün Stadt Zürich; Lukas Knoblauch­Meyer, Swiss TS

Technical Services AG; Manfred Engel, bfu; Robert Nyffenegger, bfu.

Pius Winiger, Oeko­Handels AG,

Spielgeräte & Parkmobiliar.

«Durch mein Mitwirken in der Fach­

kommission habe ich die Möglichkeit,

‹Probleme› aus der Praxis einzubringen,

diese mit Fachleuten zu besprechen

und Lösungsansätze zu erarbeiten.»

Josef Peter, IRIS­Spielwelten GmbH.

«Wir wollen mit unserem Engage­

ment dazu beitragen, dass gute Spiel­

plätze verwirklicht werden, die die Kin­

der in ihrer Entwicklung fördern und

auch als Treffpunkt und Lebensraum

eine hohe Qualität aufweisen.»

Daniel Fuchs, Fuchs Thun AG.

«Die Mitarbeit in der Fachkommis­

sion ist für unseren Betrieb sehr inte­

ressant, da die neusten Erkenntnisse

im Bereich der Sicherheit sofort in die

Entwicklung und Produktion unserer

Geräte einflies sen.»

sicher leben 2 / 2012 15

Glasfolien zum Schutz der SchulkindersiCHErHEitsproduKtE Seit ein paar Jahren werden in den Schulen von Yverdon­les­Bains die Glasscheiben systematisch mit Folien aus Polyester geschützt. Fazit: Keine gefährlichen Glasbrüche und keine Unfälle mehr. Zur Nachahmung empfohlen!

Vor fünf Jahren erlebte das Collège de la Place d’Armes in Yverdon-les-Bains ei-nen Schreckensmoment: Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern war vor der Eingangstüre in ein Gerangel verwickelt, die Glasscheibe der Türe zersprang in tausend Stücke. Ein jun-ges Mädchen verlor das Gleichgewicht und fiel nur mit Glück nicht in die mes-serscharfen Scherben, die noch im Tür-rahmen steckten. «Wir mussten etwas tun, um die Scheiben sicherer zu ma-chen – und zwar rasch», erinnert sich Georges Nicolet, ehemaliger städtischer Verantwortlicher für den Unterhalt der Schulen. «Wir nahmen mit der uns be-reits bekannten Firma Glaslook in Ro-mont Kontakt auf und liessen auf den Scheiben im Erdgeschoss Sicherheitsfo-lien anbringen. Und dies gleich in allen Schulen in Yverdon, vom einfachen Pa-villon bis zum grossen Collège.»

Vorbildliches VorgehenSicherheitsfolien? Das sind grosse, un-sichtbare Folien, die auf den Scheiben angebracht werden, um bei einem Glas-bruch das Herausfallen der Scherben zu verhindern. Die aus Polyester hergestell-ten Folien dienen als Schutz vor Van-dalismus, Einbrüchen, UV-Strahlen, Hitze, aber auch indiskreten Blicken und Graffiti. Beispielsweise schützen sie Personen bei einem Sturz gegen die Scheibe oder erschweren das Eindrin-gen bei einem Einbruch. Wenn das Glas zerbricht, halten die Folien die Scherben

zusammen, so dass sich keine gefährli-chen Teile auf dem Boden verteilen. Das hat die bfu dazu bewogen, dem Produkt das Sicherheitszeichen zu verleihen.

Zerbrochene Scheiben in den Schul-häusern der Stadt – meist verursacht durch Fussbälle oder Vandalismus – kosten den städtischen Dienst jährlich um die 50 000 Franken. «Es gibt kei-nen politischen Willen, die Verglasun-gen von Schulgebäuden sicherer zu ma-chen. Wir zahlen also alles aus unserer Tasche, denn: Wir sind verantwort-lich für die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler», betont Bernard Pascalis, Nachfolger von Georges Nicolet.

Auch andernorts wurden Folien ge-nutzt: Als man vor 18 Monaten Bü-ros zu einem Jugendtreff mit Tanzsaal umfunktionierte, wurden die Glas-scheiben ebenfalls mit Sicherheitsfolien ausgerüstet. In den städtischen Gar-ten- und Treibhausanlagen wurden die Glasfronten der Umkleidekabinen für das Personal mit einer Verdunkelungs-folie überdeckt, was die Temperatur wesentlich angenehmer macht. Und im «Espace Jules Verne» vergilben die Bü-cher und Dokumente dank einer Anti-UV-Folie nicht mehr. Eine simple Folie aus Polyester schützt Leute und Ob-jekte: eine erstaunliche Lösung!

Véronique Kipfer Bernard Pascalis, Leiter Unterhalt Schu­

len in Yverdon­les­Bains, freut sich über

die gesicherten Scheiben.

NEtZWErK GEMEINDEN

Das bfu-Sicherheitszeichen

Das Label bezeichnet Produkte, die

mithelfen, Unfälle zu vermeiden

oder deren Folgeschäden zu min­

dern. Es dient beim Kauf als Ent­

scheidungshilfe. Die Sicherheitsfo­

lien von Glaslook gehören zu den

rund 90 Produkten, die bisher das

bfu­Sicherheitszeichen erhalten

haben.

Weitere Informationen: • www.bfu.ch (Sichere Produkte)• www.glaslook.ch

16 sicher leben 2 / 2012

KampaGNE

«Slow Down. Take it easy» mit neuen Kampagnenpartnern

Franky Slow Down wirbt mit viel Charisma für eine angepasste Fahrweise. So erfolgreich, dass die Kampagne um ein weiteres Jahr ver-längert wurde. Dafür spannt die bfu neu mit der Restaurantkette Marché, den Tankstellen und Shops von Migrol / migrolino sowie dem Autohersteller Volkswagen zusammen. «Wir suchten nach einem neuen Ansatz, um noch mehr Leute zu erreichen», erklärt bfu-Kampag-nenleiterin Claudia Bucher. «Die drei Partner sind alle nah an unserem Zielpublikum, ver-fügen über grosse Distributionskanäle und ermöglichen es uns, unsere Botschaft auf die Strasse zu bringen.»

So prangt nun an vielen Autobahnres-taurants, Tankstellen und Tankstellenshops das bekannte «Slow down. Take it easy»-

Logo, etwa an Zapfsäulen, Eingangstüren, auf Kassabons, Servietten, – und sogar auf den Pissoirs. Natürlich werden überall die beliebten Slow-Down-Sticker gratis abgege-ben – 500 000 Stück wurden für das laufende Jahr produziert. Weiter lancieren Volkswagen ein Sondermodell und offerieren einen Wett-bewerbspreis und Migrol / migrolino entwi-ckeln gar eine Produktelinie unter dem Label «Slow down. Take it easy».

Es liegt auf der Hand, dass auch die Part-nerfirmen profitieren. Dazu Claudia Bucher: «Es ist eine Win-Win-Situation. Wir haben die Firmen nach einer öffentlichen Ausschrei-bung sehr sorgfältig ausgesucht, sie alle zeigen eine grosse Sensibilität für das Thema.» um

An «Slow down. Take it easy» kommt an der Autobahnraststätte Kempthal niemand vorbei.


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