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Seminarkurs im Schuljahr 2012 2013 - Schweitzer...

Date post: 11-Mar-2020
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Seminarkurs im Schuljahr 2012 2013 2. Reihe v.l.n.r.: Lioba Spinner, Katharina Renner, Sophia Steinhäuser, Anna Arbinger, Ezgi Aksoy, Sofia Schulz. Niclas Frericks, Johannes Dürr, Lorenz Retzbach, Philipp Engert 1.Reihe v.l.n.r.: StR Stefan Nagelstutz, Miriam Sommer, Lukas Weißenberger, Leonard Schwägerl, Johannes Nitschke , StR'in Sabrina Krebs /
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  • Seminarkurs im Schuljahr 2012 2013

    2. Reihe v.l.n.r.: Lioba Spinner, Katharina Renner, Sophia Steinhäuser, Anna Arbinger, Ezgi Aksoy, Sofia Schulz. Niclas Frericks, Johannes Dürr, Lorenz Retzbach, Philipp Engert 1.Reihe v.l.n.r.: StR Stefan Nagelstutz, Miriam Sommer, Lukas Weißenberger, Leonard Schwägerl, Johannes Nitschke , StR'in Sabrina Krebs

    /

  • Seminarkurs im Schuljahr 2012 / 2013,

    Martin - Schleyer - Gymnasium in Lauda Königshofen

    Schleyer und Volapük - Geschichte und Linguistik

    Seminararbeiten aus dem Schuljahr 2012 / 2013

  • © 2013 Philipp Engert, Leonard Schwägerl

    Herausgeber Philipp Engert und Leonard Schwägerl

    Autoren Ezgi Aksoy, Anna Arbinger, Johannes Dürr, Niclas Frericks, Johannes Nitschke, Katharina Renner, Lorenz Retzbach, Sofia Schulz, Miriam Sommer, Lioba

    Spinner, Sophia Steinhäuser und Lukas Weißenberger

    Lektorat, Korrektorat StR Stefan Nagelstutz und StR'in Sabrina Krebs

    Gestaltung Leonard Schwägerl

    Verlag tredition GmbH, Hamburg

    ISBN: 978-3-8495-7238-9

    Alle Rechte vorbehalten!

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

  • Gliederung

    1. Vorwort der Herausgeber

    2. Vorwort der betreuenden Lehrkräfte

    3. Reinhard Haupenthals Vortrag über Johann-Martin-Schleyer und Volapük

    4. Seminararbeiten der Schüler des Johann-Martin-Schleyer – Gymnasiums über

    „Schleyer und Volapük, Geschichte und Linguistik“

    5

    114

    7

    8

    10

  • Wolfgang BrejschkaArbeitsrecht / Handelsvertreterrecht / Wettbewerbsrecht / Strafrecht

    Karl Schwägerl auch Fachanwalt für VerkehrsrechtVerkehrsunfallrecht / Verkehrsstraf- und OWI-Recht / Versicherungsrecht / Führerscheinrecht

    Dr. Claus BohnenbergerRecht der Kapitalanlagen / Bankrecht / privates Baurecht / Architektenrecht / Grundstücks- und Immobilienrecht

    Dr. Alexander Grün auch Fachanwalt für Erbrecht, für FamilienrechtErbrecht / Vermögensnachfolge / Familienrecht / Jagd- und Waffenrecht

    Dr. Rüdiger Herzog auch Fachanwalt für Arbeitsrecht, für Handels- und GesellschaftsrechtArbeitsrecht / Handels- und Gesellschaftsrecht / Wirtschaftsrecht / Unternehmensbetreuung und -beratung

    Mario Aulbach auch Fachanwalt für ArbeitsrechtArbeitsrecht / Recht des öffentlichen Dienstes / Verkehrsrecht / OWI-Recht / Vertragsrecht

    Dr. Susanne Werner-Eschenbach auch Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht Recht der Kapitalanlagen / Bankrecht / Allgemeines Vertragsrecht

    Daniela Naumann auch Fachanwältin für Medizinrecht, für SozialrechtMedizinrecht / Arzthaftungsrecht / Berufsrecht der Heilberufe / Allg. Vertragsrecht / Sozialrecht / Reiserecht

    Nikolaus Hantke auch Fachanwalt für Miet- und WohnungseigentumsrechtMietrecht / Wohnungseigentumsrecht / AGB-Recht / privates Baurecht / Architektenrecht

    Julia Scheuermann auch Fachanwältin für VersicherungsrechtVersicherungsrecht / Mietrecht / Öffentliches Recht / Allgemeines Zivilrecht

    Bernd BorchardtIT-Recht / Versicherungsrecht / Urheberrecht / Medizinrecht / Sozialrecht

    Dr. Stephan WilmsFamilienrecht / Erbrecht / Allgemeines Zivilrecht / Arbeitsrecht

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    Verkehrsunfallfolgen ?

    Vermögensnachfolge ?

    unbezahlte Forderungen ?

    Schrottimmobilie ?

    6

  • 1. Vorwort der Herausgeber

    Der 100. Geburtstag des Namensgebers unserer Schule, Johann Martin Schleyer,

    war ein passender Anlass, um sich im Rahmen eines Seminarkurses mit dem Thema

    "Schleyer und Volapük - Geschichte und Linguistik" zu beschäftigen. Auf Grund der

    intensiven Auseinandersetzung mit diesem für unser Gymnasium bedeutsamen

    Thema, erschien es allen Beteiligten wichtig, die entstandenen Seminararbeiten nicht

    nur als Einzelwerke, sondern als Gesamtwerk in Buchform zu veröffentlichen. Die in

    diesem Buch gedruckten Seminararbeiten befassen sich mit dem Leben und Wirken

    Schleyers sowie mit seiner Weltplansprache Volapük. Die Arbeiten entstanden über

    das gesamte Schuljahr 2012/2013.

    Unser Dank geht in erster Linie an die Autoren der Seminararbeiten, die durch

    Geduld und Fleiß interessante und lesenswerte Aufsätze verfasst haben.

    Wir möchten auch den Sponsoren danken, denn ohne deren Unterstützung wäre

    unser Vorhaben, die Sammlung der Seminararbeiten als Buch zu drucken, nicht

    möglich gewesen.

    Ein besonderer Dank geht an die Schulleitung des Martin-Schleyer-Gymnasiums,

    Herrn Dr. Jürgen Gernert und Herrn Harald Bähr sowie an die Lehrkräfte Frau Krebs

    und Herrn Nagelstutz, die den Seminarkurs leiteten und für Fragen und Rat jederzeit

    zur Verfügung standen.

    Mit herzlichstem Dank,

    Philipp Engert und Leonard Schwägerl

    (Herausgeber)

    7

  • 2. -Einer Menschheit eine Sprache: Johann Martin

    Schleyer und die Weltplansprache Volapük

    Am 16. August 2012 jährte sich zum hundertsten Mal der Todestag von Johann

    Martin Schleyer, dem Namengeber des Martin-Schleyer-Gymnasiums in Lauda-

    Königshofen. Grund und Anlass genug, um sich mit Johann Martin Schleyer und

    seinem Wirken zu befassen. Viele, die den Namen hören, denken zunächst an den

    ehemaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, der von der RAF entführt

    und ermordet wurde. Überraschend ist es dann zu erfahren, dass das Gymnasium

    jedoch nach Johann Martin Schleyer (geboren 1831 in Oberlauda) benannt ist, einem

    Priester, Dichter und Linguisten, der nur insoweit mit Hanns Martin Schleyer in

    Verbindung zu bringen ist, dass er dessen Großonkel war.

    Warum hat man nun aber unser Gymnasium nach Johann Martin Schleyer benannt?

    Wer sich kundig macht, erfährt, dass Schleyers größtes Verdienst die Entwicklung

    künstliche und daher geplante Sprache, die den Menschen weltweit als einfaches

    Kommunikationsmittel über alle Sprachgrenzen hinweg dienen sollte. Das Besondere

    an Volapük war, dass diese Plansprache praktische Anwendung fand und sich recht

    schnell verbreitete, sodass bis zum Jahr 1888 die Zahl der Volapük-Anhänger

    weltweit auf über eine Million gestiegen war. Kurse wurden an über 270 Orten erteilt

    und es soll mehr als 250 Vereine gegeben haben, die sich für Volapük engagierten.

    Bereits kurze Zeit später ging die Epoche der Plansprache Volapük allerdings schon

    wieder zu Ende. Dennoch ist man dem alten Menschheitstraum, eine Sprache für die

    gesamte Menschheit zu entwickeln, einen Schritt näher gekommen.

    (sprach-)philosophischen und linguistischen Fragestellungen mit der

    Weltplansprache Volapük, mit dessen Schöpfer Johann Martin Schleyer sowie mit

    historischen und neuzeitlichen Welt(plan)sprachen im Allgemeinen. Die Arbeiten der

    Kursteilnehmer/-innen liegen nun in dieser Veröffentlichung gesammelt vor.

    Wir danken allen an der Entstehung dieses Buches Beteiligten. Ein besonderer Dank

    gilt den beiden Herausgebern Philipp Engert und Leonard Schwägerl!

    StR`in Sabrina Krebs und StR Stefan Nagelstutz Lauda, den 09.09.2013

    8

  • 9

  • 3. REINHARD HAUPENTHAL

    PRÄLAT JOHANN MARTIN SCHLEYER

    (1831-1912)

    LEBEN, WIRKEN UND WERK

    FESTVORTRAG ANLÄSSLICH SEINES 100. TODESTAGES

    GEHALTEN AM MARTIN-SCHLEYER-GYMNASIUM,

    LAUDA-KÖNIGSHOFEN, AM 4. OKTOBER 2012

    10

  • 11

  • Liebe Schülerinnen und Schüler des Martin-Schleyer-Gymnasiums,

    sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor Dr. Gernert,

    sehr geehrter Herr Bürgermeister Maertens,

    verehrte Kolleginnen und Kollegen,

    meine sehr verehrten Damen und Herren.

    Es sind 31 Jahre ins Land gezogen, seit ich schon einmal, am 17.

    Oktober 1981, das Vergnügen und die Ehre hatte, an dieser Stelle

    aus Anlaß seines 150. Geburtstages, den Namengeber Ihrer Schule

    in einem Festakt zu würdigen.1

    Damals war ich überzeugt, das Thema für mich erledigt zu haben.

    Nicht im Traume hätte ich gedacht, daß es anders kommen soll,

    nämlich daß mich die Persönlichkeit Johann Martin Schleyers nicht

    mehr aus ihrem Banne läßt, daß weite Teile meines publizistischen

    Wirkens ihm, seiner Plansprachen Volapük und der durch sie

    ausgelösten sozialen Wirklichkeit und sprachwissenschaftlichen

    Auseinandersetzung gewidmet sein würden.

    Wie Sie wissen, wurde Prälat Schleyer im Jahre 2001 dem

    Freiburger Erzbischof zur Seligsprechung vorgeschlagen, bis 2008

    wirkte das Prälat-Schleyer-Komitee2, und im Sommer dieses Jahres

    widmete die Bayerische Staatsbibliothek aus Anlaß des 100.

    Todestages von Prälat Schleyer diesem und dem Volapük eine

    Ausstellung.3

    1 Vgl. HAUPENTHAL 1982 b (2. Aufl. 2005 c), 1982 c. 2 Vgl. HAUPENTHAL 2008. 3 Vgl. Zwischen Utopie…

    12

  • Goethes Satz „Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt“4 gilt im

    übertragenen Sinne natürlich auch für bekannte Persönlichkeiten,

    deren Gedächtnis fortlebt in Straßennamen oder anderen nach

    ihnen benannten Objekten. Zu diesen Persönlichkeiten zählt hier in

    Lauda-Königshofen und in Konstanz Prälat Schleyer, mit dessen

    Leben und Werk wir uns am heutigen Abend befassen wollen.

    Wer war dieser Johann Martin Schleyer; was hat er bewirkt und

    worin gründet sein Nachruhm?

    Wenden wir uns zunächst Schleyers Kindheit, seinen Schul- und

    Studienjahren und den Anfängen seines priesterlichen Wirkens zu.

    Stationen in Schleyers Leben

    Johann Martin Schleyer wurde am 18. Juli 1831 in Oberlauda

    (heute: Lauda-Königshofen)5 in einer Lehrerfamilie geboren. Erste

    schulische Ausbildung erhielt er durch seinen Onkel Franz Martin

    Schleyer (1808-1871) in Königheim, der auch seine weitere Schul-

    bildung gegen den ursprünglichen Willen seiner Eltern durchsetzte:

    am Gymnasium zu Tauberbischofsheim6 und am Lyzeum zu

    4 Iphigenie auf Tauris I, 3. 5 Zu Lauda-Königshofen vgl. SCHIFFERDECKER, zu Oberlauda OEH-

    MANN. Die Stadt Lauda-Königshofen hat sein Gedächtnis festgehalten in einer nach ihm benannten Straße und dem Volapükplatz im Ortsteil Oberlauda, einer Gedenktafel und einer Büste am Geburtshaus sowie im Martin-Schleyer-Gymnasium.

    6 Zu Schleyers Tauberbischofsheimer Gymnasialzeit vgl. Programm … Tau-berbischofsheim 1847, 1848, 1850; außerdem BREITHAUPT 1931 a, 1931 b.

    13

  • Karlsruhe7. Anschließend bezog Schleyer die Universität Freiburg,

    wo er Theologie studierte, sich aber auch mit Philologie, Dichtung

    und Musik befaßte. Zu seinen Hochschullehrern gehörte u. a. der

    Moral- und Pastoraltheologe Johann Baptist von Hirscher (1788-

    1865).8 Am 5. August 1856 erteilte ihm Erzbischof Hermann von

    Vicari (1773-1868)9 die Priesterweihe. Alsbald begannen für

    Schleyer pastorale Lehr- und Wanderjahre, die ihn in fünf Pfarreien

    des Erzbistums führen, ehe er 1867 seine erste eigene Pfarrei in

    Krumbach (heute: Sauldorf-Krumbach)10 übernahm:

    1. Vom 2. September 1856 bis 17. Oktober 1857 sehen wir ihn in

    St. Marien zu Sinzheim.11

    2. Von dort wechselte er an die Stiftskirche (Pfarrei Liebfrauen) zu

    Baden-Baden: er atmet Weltstadtflair.

    3. Vom Oktober 1858 bis 30. Januar 1860 war Schleyer als Pfarr-

    verweser in Kronau bei Bruchsal (Pfarrei St. Laurentius) tätig,

    wo er mit seiner lateinischen Psalmendichtung begann, die

    aber erst 1897 in Konstanz im Druck erschien.12

    4. Von 1860 bis 1862 wirkte Schleyer in der Pfarrei St. Venantius

    in Wertheim. Dort knüpfte er Kontakte zum Hof des portu-

    7 Schleyer ist infolgenden Schulschriften erwähnt: Programm … Carlsruhe

    1851, 1852, 1863. Zur Geschichte des Gymnasiums vgl. SILBER, STAFF-HORST.

    8 Zu Hirscher vgl. BadBiogr 1. 1875, S. 372-377; LThK 5, Sp. 383-384; KÖSTER. 9 Zu von Vicari vgl. ADB 55. 1910, S. 641-659; BadBiogr 2. 1875, S. 387-403;

    BRAUN. Zur badischen Kirchengeschichte unter Vicari vgl. MAAS, SCHMIDER, S. 64-71.

    10 Die Gemeinde Sauldorf hat im Ortsteil Krumbach eine Johann-Martin-Schleyer-Straße.

    11 Zur Geschichte der Pfarrkirche vgl. COENEN/LIENHARDT. 12 Vgl. SCHLEYER 1897.

    14

  • giesischen Exkönigs Dom Miguel de Bragança13 sowie zu den

    Literaten Gräfin Ida von Hahn-Hahn14, Alexander Kaufmann15

    sowie dessen Frau Mathilde16, die unter dem Pseudonym

    Amara George publizierte.

    5. Es folgten fünf Jahre (1862-1867) im „badischen Geniewinkel“

    Meßkirch, wo damals der badische Kulturkampf eine seiner

    Hochburgen hatte.17

    Wenige Wochen nach seiner Ankunft in Meßkirch begann Schleyer

    am 23. Januar 1863 mit regelmäßigen Tagebuchaufzeichnungen,

    die er bis zum Ende seines Lebens fortführte. Allerdings sind diese

    Aufzeichnungen bislang erst für seine Litzelstetter Zeit (1875-1885)

    systematisch ausgewertet worden.18

    Sie werden nach ihrer Digitalisierung durch sie Bayerische Staats-

    bibliothek für die Schleyer-Forschung eine unverzichtbare Grund-

    lage sein, ja diese eigentlich erst ermöglichen.

    13 Dom Miguel de Bragança, Exkönig von Portugal: * 1802-10-26 Lissabon,

    † 1866-11-14 Bronnbach. Vgl. KUHN. 14 Ida Gräfin von Hahn-Hahn (1805-1880). Vgl. ADB 49. 1904, S. 711-718; LThK

    4, Sp. 1322-1323; BRINKER-GABLER/LUDWIG/WÖLTEN. 15 Alexander Kaufmann (1817-1893). Vgl. LANGGUTH; ADB 51. 1906, S. 75-

    81; BadBiogr 5. 1906, S. 369-371. – Briefe Schleyers an das Ehepaar Kaufmann lagern im Staatsarchiv zu Wertheim.

    16 Mathilde Kaufmann geb. Binder (1835-1907), Ehefrau von Alexander Kaufmann, schrieb unter dem Pseudonym Amara George. Vgl. ADB 51. 1906, S. 77-78.

    17 Zu Schleyers Meßkircher Zeit vgl. HAUPENTHAL 2006, 2007 a. 18 Zu Schleyers Litzelstetter Zeit vgl. HAUPENTHAL 2005 b.

    15

  • Krumbach, Kulturkampf, Kerker

    Als Schleyer dann 1867 in Krumbach (Pfarrei St. Johann) als Pfarrer

    investiert wurde, folgten für ihn schwierige Zeiten. Kirchenpolitisch

    war die Lage gekennzeichnet durch das Pontifikat (1846-1878) Pius

    IX. und das erste Vaticanum mit dem Dogma der päpstlichen Un-

    fehlbarkeit, das die Abspaltung der Altkatholiken zur Folge hatte.

    Dies blieb nicht ohne Konsequenzen im kirchlich-politischen Be-

    reich: in Baden loderte die liberale Flamme des Kulturkampfes mit

    einer restriktiven Haltung der Kirche gegenüber. Außenpolitisch war

    die Lage gekennzeichnet durch die Kriegsjahre 1870/71 und die

    damit verbundene Franzosenfeindlichkeit. Schleyer nahm eine

    deutsch-nationale Haltung ein, die sich am deutlichsten in seinem

    Gedichtband widerspiegelt.19 Der

    Kanzelparagraph des Kulturkampfes sollte Schleyer zum Verhän-

    gnis werden. Wegen einer Predigtäußerung über den Sozialismus

    zeigten ihn seine altkatholischen Gegner an, denen er bei Beerdi-

    gungen das Geläute verweigert hatte, und konnten erreichen, daß er

    in zweiter Instanz zu vier Monaten Festungshaft in Rastatt verurteilt

    wurde.20 Ehe er diese vom 19. Juli bis 19. November 1875 absaß,

    trat er eine längere Italienreise an (9. April bis 3. Mai 1875), die in

    einer Audienz bei Pius IX. gipfelte. Von ihm erbat er den Segen für

    seine Zeitschrift 21 deren Herausgabe er gleich zu

    Anfang seiner Litzelstetter Zeit (Januar 1876) begann.

    19 Vgl. SCHLEYER 1871. 20 Die Prozeßakten lagern im Generallandesarchiv zu Karlsruhe. 21 Vgl. Sionsharfe.

    16

  • Schleyer nutzte die Zeit seiner Festungshaft für weitere Dichtungen:

    (lateinisch und deutsch) sowie

    ,22 deren Vorwort auf September 1875 „in

    Rastatt, Schloßzelle 7“ datiert ist und wofür der spätere

    Diözesanbischof Lothar von Kübel (1823-1881)23 1875-11-04 das

    Imprimatur erteilte.

    Erst während seiner Festungshaft ließ Schleyer sich den Bart

    wachsen - wir kennen ihn so von den bisher bekannt gewordenen

    Bildnissen. Mit neuem Outfit und in Zivil begab er sich kurz vor

    seinem Amtsantritt inkognito nach Litzelstetten, um Pfarrhaus und

    Kirche in Augenschein zu nehmen.

    Obwohl er bis zum Ende seines aktiven Pfarrdienstes (1885) ein

    kleiner Dorfpfarrer auf der untersten Sprosse der hierarchischen

    Stufenleiter blieb, wird man sagen können, daß die Litzelstetter Zeit

    für Schleyer äußerst fruchtbar war und ihm Weltruf einbrachte.

    22 Vgl. SCHLEYER 1891 b, 1892 a. 23 Lothar von Kübel: * 1823-04-22 Sinzheim, † 1881-08-03 St. Peter. Vgl. ADB

    17. 1883, S. 283-284; BadBiogr 4. 1891, S. 230-241; SCHMIDER, S. 74-82.

    17

  • Die Zeit in Litzelstetten und Konstanz

    Fassen wir kurz zusammen, worin Schleyers Litzelstetter Tätigkeit

    bestand.24 Feste der Familie Schleyer - bis 1877 lebte die Mutter im

    Pfarrhaus, der Vater starb 92jährig 1894 in der Schottenstraße in

    Konstanz - gestalteten sich auch zu Highlights im Leben der Pfarrei:

    so die goldene Hochzeit der Eltern 1877 und Schleyers 50.

    Geburtstag 1881, zu dem Mitarbeiter der ihm eine

    goldene Harfe schenkten, die heute im Heimatmuseum in Lauda-

    Königshofen aufbewahrt wird. Er konnte gleichzeitig sein silbernes

    Priesterjubiläum begehen. Es gab glanzvolle Höhepunkte im Leben

    der Pfarrei: die Aufführung des „Theodrama“ (eine Art Passions-

    spiel) 1876 in der Pfarrkirche und die beiden Deklamationsfeste

    (1881, 1883) zu St. Katharina im Walde25, zu denen auch viele

    auswärtige Gäste kamen. Im Mittelpunkt des Jahres 1878 stand der

    Besuch von Bischof Lothar von Kübel, der 110 Firmlingen aus

    Dingelsdorf, Dettingen und Litzelstetten das Sakrament spendete.

    Da zu Schleyers Aufgaben auch die Pastorierung der Mainau

    gehörte, kam es, daß er in regelmäßigem Kontakt zur großherzog-

    lichen Familie stand und desöftern zur großherzoglichen und gar zur

    kaiserlichen Hoftafel gezogen wurde. Mit den Kindern seiner Pfarrei

    singt, musiziert und deklamiert er (auch auf Volapük) vor den

    Herrschaften. Seine Verhandlungen mit Großherzog Friedrich

    24 Vgl. Anm. 17. Schleyers Gedächtnis ist in Konstanz wie folgt festgehalten:

    in Litzelstetten mit zwei Gedenktafeln am Pfarrhaus, dem Volapükweg, der Martin-Schleyer-Straße, dem Hotel Volapük; in Konstanz mit der Martin-Schleyer-Straße und einer Gedenktafel am Haus Schottenstr. 37. Auf dem Hauptfriedhof befindet sich die 2003 renovierte historische Grabstätte.

    25 Vgl. hierzu HAUPENTHAL 1990.

    18

  • führten dazu, daß die Kirche drei neue Glocken erhielt, deren

    Kosten schließlich das Haus Baden übernahm.

    Am 20. Januar 1884 starb in Oberlauda Schleyers einziger Bruder

    Anton (der Urgroßvater des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin

    Schleyer, 1915-197726) im Alter von 55 Jahren (* 1829). Seit jener

    Zeit kränkelte auch Schleyer, der offensichtlich schon seit langem

    brustleidend war und durch die Rastatter Festungshaft weiter

    gesundheitlich angeschlagen wurde. Am 5. Januar 1885 richtete er

    an Erzbischof Johann Baptist Orbin (1806-1886)27 die Bitte um

    Pensionierung, im März ging Schleyers Amtszeit in Litzelstetten zu

    Ende, er übersiedelte nach Konstanz, wo er ab 1889 in der

    Schottenstraße ein eigenes Haus bewohnte. Obwohl er am 21.

    Dezember 1885 und am 30. August 1888 von Pfarrer Ludwig

    Bundschuh (1828-1893) versehen werden mußte, wurde Schleyer

    alt: er starb 81jährig am 16. August 1912.

    Der Autor der Plansprache Volapük

    Wir kommen nun zu einem Aspekt von Schleyers Aktivitäten, der

    ihm bis in die Gegenwart Nachruhm verleiht: er ist der Autor der

    Plansprache Volapük. Mit seiner Weltsprache ist er weit über die

    Grenzen seiner Heimat bekannt geworden, sein Name ist in des

    Wortes wahrstem Sinne bis an die Grenzen der Erde vorgedrungen.

    In diesem Rahmen ist es nicht möglich, den Aufstieg und Fall des

    26 Vgl. HACHMEISTER. 27 Zu Orbin vgl. SCHMIDER, S. 83-90.

    19

  • Volapük nachzuzeichnen.28 Ich werde daher nur einige ent-

    scheidende Aspekte herausgreifen.

    Schleyer hat selbst in der Retrospektive des Jahres 1888 die

    Entstehung des Volapük wie folgt beschrieben:

    „In einer mir selber räthselhaften, ja geheimnisvollen Weise, in

    dunkler Nacht in Pfarrhause zu Litzelstetten bei Konstanz, im

    Eckzimmer des zweiten Stockes, das in den Pfarrgarten hinaus-

    schaut, als ich lebhaft über alle Thorheiten, Mißstände, Gebrechen

    und Jämmerlichkeiten unserer Zeit nachdachte, stand plötzlich das

    Gebäude meiner Weltsprache als ein Ganzes leuchtend vor meinem

    geistigen Auge. Um der Wahrheit Zeugnis zu geben, und offen zu

    gestehen, wie mir in jener seltsamen Nacht des März 1879 zu

    Muthe war, so kann ich in aller Dankbarkeit und Demuth nur sagen:

    Meinem guten Genius verdanke ich das ganze System der

    Weltsprache Volapük. – Am 31. März 1879 stellte ich dann zum

    ersten Male die Hauptgrundzüge meiner Grammatik schriftlich

    zusammen.“29

    Trotz der Spontaneität, mit der 1879 die Volapük-Grammatik

    erarbeitet wurde, hat die Idee einer Weltsprache offensichtlich in

    Schleyers Geist schon vorher gewirkt. Vorausgegangen war ein sog.

    Weltalphabet, das er am 18. Januar 1878 ausarbeitete und inter-

    national verschickte.

    28 Zur Geschichte des Volapük vgl. HAUPENTHAL 1984, KNIELE 1986, 1989,

    SCHMIDT 1998, auch die Schleyer-Biographien von KNIELE 2007, SCHLEYER 2007, 2008 und SLEUMER.

    29 Vgl. SCHLEYER 1888.

    20


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