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Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

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Ruhr-Universität Bochum PD Dr. med. A. Daigeler Dienstort: BG-Unfallklinik Ludwigshafen Abt. Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler Selbstverbrennung Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Kathrin Hüllmann aus Paderborn 2010
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Ruhr-Universität Bochum

PD Dr. med. A. Daigeler

Dienstort: BG-Unfallklinik Ludwigshafen

Abt. Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie

Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler Selbstverbrennung

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin

einer

Hohen Medizinischen Fakultät

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von

Kathrin Hüllmann

aus Paderborn

2010

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Dekan: Prof. Dr. med. K. Überla Referent: PD Dr. med. A. Daigeler Koreferent: Prof. Dr. med. L. Steinsträßer Tag der mündlichen Prüfung: 30.11.2010

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 6 1.1 Die Verbrennung 6

1.1.1 Definition und Epidemiologie 6 1.1.2 Verbrennungsursachen 6 1.1.3 Pathophysiologie der Verbrennung 7 1.1.4 Bestimmung der Verbrennungstiefe 9

1.1.4.1 Verbrennungen ersten Grades 10 1.1.4.2 Verbrennungen zweiten Grades 10 1.1.4.3 Verbrennungen dritten Grades 10

1.1.5 Oberflächenbestimmung 11 1.1.6 Therapie der Verbrennung 12

1.1.6.1 Präklinische Versorgung 13 1.1.6.2 Primärversorgung durch den Arzt 13 1.1.6.3 Weitere Versorgung 14

1.1.7 Versorgung der Verbrennungswunde 14 1.1.7.1 Nichtoperative Therapie 15 1.1.7.2 Operative Therapie 15

1.1.8 Langzeitfolgen der Verbrennung 17 1.2 Der Suizid 18

1.2.1 Definition 18 1.2.2 Epidemiologie 19 1.2.3 Risikogruppen 19 1.2.4 Suizidmethoden 22

1.3 Suizidversuche durch Selbstverbrennung 23 1.4 Zielsetzung 24

2 Material und Methoden 26 2.1 Ethikkommission 26 2.2 Studiendesign 26 2.3 Patientenauswahl 26 2.4 Datenerhebung 27 2.5 Aktuelle Kontaktdaten der Patienten 28 2.6 Kontaktaufnahme 29 2.7 Nachbefragung 30 2.8 Verwendete Fragebögen im Interview 30

2.8.1 SF-36: Fragebogen zum allgemeinen Gesundheitszustand 30 2.8.2 SKID I: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV, Achse I: Psychische

Störungen 31 2.8.3 SKID-II: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV, Achse II:

Persönlichkeitsstörungen 31 2.8.4 FAF: Fragebogen zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren 32 2.8.5 TCI: Temperament- und Charakterinventar, Test zur Erfassung von Temperament

und Charakter 33 2.8.6 Selbst erstellter Fragebogen 33

2.9 Datenauswertung 34 2.9.1 Definitionen 34 2.9.2 Auswertung der erhobenen Daten 34 2.9.3 Statistische Methoden 35

3 Ergebnisse 36

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3.1 Allgemeine Patientendaten 36 3.2 Verbrennungsgenese 37 3.3 Verbrennungsausmaß 38 3.4 Begleitverletzungen und Intoxikationen 40

3.4.1 Selbst zugefügte Begleitverletzungen und Intoxikationen 40 3.4.2 Akzidentelle Begleitverletzungen 41

3.5 Primärversorgung 42 3.6 Therapiemaßnahmen 42 3.7 Mortalität und stationäre Aufenthaltsdauer 45

3.7.1 Stationäre Aufenthaltsdauer in Bezug auf Mortalität 46 3.7.2 Stationäre Aufenthaltsdauer und Mortalität in Bezug auf ein Inhalationstrauma 46 3.7.3 Mortalität in Bezug auf die verbrannte Körperoberfläche 47 3.7.4 Komplikationen 47

3.8 Nachbehandlung 49 3.8.1 Rehabilitation 49 3.8.2 Folge-Operationen 52

3.9 Psychiatrische Anamnese 53 3.9.1 Psychiatrische Familienanamnese 54 3.9.2 Vorherige Suizidversuche 54 3.9.3 Psychiatrische Vorerkrankungen und frühere Therapien 56

3.10 Psychiatrischer Verlauf 57 3.10.1 Psychiatrische Nachbehandlung 58 3.10.2 Weitere Suizidversuche und Selbstverletzungen 59

3.11 Psychiatrische Anamnese zur Zeit der Datenerhebung 61 3.12 Auswertung des selbst erstellten Fragebogens (n=11) 62

3.12.1 Soziokulturelle Situation 62 3.12.1.1 Persönliche Faktoren 62 3.12.1.2 Einfluss der Religion 63 3.12.1.3 Bildung und berufliche Faktoren 63 3.12.1.4 Soziale Kontakte 63

3.12.2 Beeinträchtigungen durch die Verbrennungswunden 66 3.12.2.1 Soziale Beeinträchtigung 66 3.12.2.2 Sensorische Beeinträchtigung 67 3.12.2.3 Funktionelle Beeinträchtigung 68 3.12.2.4 Psychische Beeinträchtigung 69

3.12.3 Subjektive Zufriedenheit mit der chirurgischen Therapie 69 3.12.4 Schmerzen 70 3.12.5 Substanzmissbrauch 71

3.12.5.1 Alkohol 71 3.12.5.2 Nikotin 72 3.12.5.3 Illegale Drogen 72

3.13 Auswertung des SF-36 (Fragebogen zur Erfassung des Gesundheitszustandes) 73 3.14 Auswertung des SKID-I 75 3.15 Auswertung des SKID-II (Screeningfragebogen) 79 3.16 Auswertung des FAF 80 3.17 Auswertung des TCI 83

4 Diskussion 86 4.1 Methodenkritik und Repräsentativität 86

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4.2 Epidemiologie 87 4.3 Geschlecht 87 4.4 Alter 88 4.5 Vergleich zu anderen Brandverletzten 88 4.6 Prädisponierende Faktoren 89

4.6.1 Soziodemografische Daten zum Zeitpunkt des Suizidversuchs 89 4.6.2 Persönlichkeitsstruktur 91 4.6.3 Vorerkrankungen 95

4.7 Verbrennungsgenese 97 4.8 Verletzungsausmaß 99

4.8.1 Anteil der verbrannten Körperoberfläche und Verbrennungstiefe 99 4.8.2 Betroffene Körperregionen 100

4.9 Mortalität und ABSI-Score 102 4.10 Behandlungsverlauf 105

4.10.1 Primärversorgung 105 4.10.2 Stationäre Aufenthaltsdauer 106 4.10.3 Chirurgische Behandlung 106 4.10.4 Psychologische/ Psychiatrische Behandlung 107 4.10.5 Komplikationen 1099

4.11 Klinischer Verlauf, allgemeiner Gesundheitszustand 109 4.12 Ergebnisse der chirurgischen Therapie 111 4.13 Psychologisch-psychiatrischer Verlauf 112 4.14 Veränderungen des sozialen Netzwerkes nach der Selbstverbrennung 114

5 Fazit 116 6 Literaturverzeichnis 119 7 Anhang 128

7.1 Tabellen 128 7.2 Abbildungen 137 7.3 Sonstiges 150

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Verzeichnis der Abkürzungen ∑A. Summenaggression

A. Aggression

Abb. Abbildung

ABSI Abbreviated burn severity index

ADHS Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Synrdom

ARDS Acute Respiratory Distress Syndrome

BSHS Burn Specific Health Scale

BSHS-Brief Burn Specific Health Scale, Kurzform

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CO Kooperativität (cooperativeness)

D Digitus

d. F. der Fälle

FAF Fragebogen zur Erfassung von

Aggressivitätsfaktoren

FAF 1 spontane Aggression

FAF 2 reaktive Aggression

FAF 3 Erregbarkeit

FAF 4 Selbstaggression/ Depression

FAF 5 Aggressionshemmung

GB-LQ gesundheitsbezogene Lebensqualität

ggf. gegebenenfalls

HA Schadensvermeidung (harm avoidance)

HRQoL Health related Quality of Life

IHT Inhalationstrauma

kg Kilogramm

KG Körpergewicht

KOF Körperoberfläche

LOS Length of stay, stationäre Aufenthaltsdauer

MDE Major Depression Episode

ml Milliliter

MW Mittelwert

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NNB nicht näher bezeichnet

NS Neugierverhalten (novelety seeking)

o. g. oben genannt

P Beharrungsvermögen (persistance)

PIP-Gelenk proximales Interphalangealgelenk

PS Persönlichkeitsstörung

PTBS Posttraumatische Belastungsstörung

RD Belohnungsabhängigkeit (reward dependance)

Reha Rehabilitation

s. siehe

SD Selbstlenkungsfähigkeit (self-dircetness)

SF-36 Short Form 36

SIRS Systemic Inflammatory Response Syndrome

SKID Strukturiertes Interview für DSM-IV

ST Selbsttranszendenz (self-transcendence)

Tab. Tabelle

TCI Temperament- und Charakterinventar

VAP ventilation-associated pneumonia

vgl. vergleiche

vKOF verbrannte Körperoberfläche

z. B. zum Beispiel

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1 Einleitung

1.1 Die Verbrennung

1.1.1 Definition und Epidemiologie

Unter Verbrennung versteht man eine Gewebeschädigung durch Hitzeeinwirkung.

Diese kann durch direkten Kontakt (wie zum Beispiel durch einen heißen

Gegenstand, Flamme) oder durch Hitzestrahlung erfolgen.

Jährlich werden in Deutschland etwa 16 000 Patienten auf Grund von

Verbrennungswunden stationär aufgenommen. Dabei handelt es sich meist um

kleinere Verletzungen. Schätzungsweise 1500 Patienten müssen jedoch wegen

schwerwiegender Brandverletzungen in einem spezialisierten

Verbrennungszentrum behandelt werden [98].

1.1.2 Verbrennungsursachen

Die Verbrennungsursache ist insbesondere für die Maßnahmen der

Erstversorgung von Bedeutung. Im Wesentlichen werden folgende Ursachen für

Verbrennungen unterschieden [50]:

Thermische Verbrennungen: Sie entstehen durch die Einwirkung von

offenem Feuer (Combustio) oder brennender Kleidung, Kontakt mit heißen

Gegenständen und Verbrühungen durch heiße, feuchte Dämpfe oder

Flüssigkeiten (Ambustio). Hier stehen Verletzungen durch Flammen an

erster Stelle (44% d. F. [24]). Auch Verbrennungen durch heiße

Flüssigkeiten (38%) sind häufig [24].

Elektrische Verbrennungen: Sie werden durch einen durch den Körper

fließenden Strom, durch einen elektrischen Lichtbogen oder durch eine

köpernahe elektrische Entladung verursacht. Hierzu zählt typischerweise

der Stromunfall. Die elektrische Verbrennung macht ca. 3 % aller

Verbrennungen aus.

Chemische Verbrennung: Hierzu zählen Verbrennungen, die durch

chemische Einwirkungen wie Säuren und Laugen entstehen. Sie sind

ähnlich wie die elektrischen Verbrennungen mit 3,5% eher selten.

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Ionisierende Strahlen: Dies Verbrennungswunden sind Folge von

Nuklearexplosionen oder Strahlenunfällen beim Umgang mit radioaktiven

Stoffen, meist werden sie aber durch eine unsachgemäße Strahlentherapie

verursacht. Auch diese Form der Verbrennung ist anteilsmäßig an allen

Verbrennungen selten.

Bis zu drei viertel aller Brandverletzungen entstehen durch Unfälle in der

häuslichen Umgebung, Arbeitsunfälle sind mit 15-25% deutlich weniger häufig.

Seltene Ursachen für Verbrennungen sind Verbrennungen in suizidaler bzw.

selbstschädigender Absicht (ca. 10%) oder Misshandlungen [24].

1.1.3 Pathophysiologie der Verbrennung

Durch den Funktionsverlust der Haut als Schutzhülle, Speicherorgan und

Wärmeregulator ist der Körper allen äußeren Einflüssen weitgehend schutzlos

ausgesetzt [28]. Dabei wird der Grad der Schädigung von der Höhe der

Temperatur und der Einwirkzeit bestimmt. Den Kontakt mit heißen oder

kochenden Flüssigkeiten mit relativ geringen intrakutanen Temperaturen

bezeichnet man als Verbrühung. Bei Flammeneinwirkung oder direkter Leitung

(durch Metalle, Chemikalien) spricht man von Verbrennungsverletzungen [111]. Es

lassen sich drei Grade der Verbrennungstiefe unterscheiden.

Die Einwirkung von Hitze führt zu anhaltendem Flüssigkeitsverlust und

Elektrolytstörungen. Durch die verlangsamte Wärmeabgabe des Gewebes auch

nach der äußeren Hitzeeinwirkung kommt es zusätzlich zu einer anhaltenden

Gewebeschädigung, dem so genannten Nachbrennen [27], [38]. Dieses ist bedingt

durch eine lokale Bildung und Ausschüttung von toxischen Mediatoren, welche

eine lokale Entzündungsreaktion mit konsekutiver Freisetzung von Oxidanzien und

proteolytischen Enzymen bewirken. Die hierdurch bedingte Zunahme der

kapillären Permeabilität hat eine hitzeinduzierte Thrombose von Hautgefäßen mit

daraus resultierender Hautischämie zur Folge.

Ab intrakutanen Temperaturen von circa 45°C entstehen Erytheme, Blasenbildung

ist ab 55°C zu beobachten und Temperaturen von mehr als 60°C führen zu

Koagulationsnekrosen infolge der Eiweißdenaturierung [112].

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Man unterscheidet zwischen einer Frühphase, dem so genannten

Verbrennungsschock, und einer Spätphase, der so genannten

Verbrennungskrankheit.

Sind mehr als 10% der Körperoberfläche (KOF) verbrannt, so kommt es in der

Akutphase zu massiven Ödemen, Flüssigkeits-, Eiweiß- und Elektrolytverlusten,

Mikrozirkulationsstörung mit Thrombosierung lokaler Blutgefäße und einer lokalen

Entzündungsreaktion [28, 50, 112]. Durch diesen dynamischen Prozess ist das

Ausmaß einer Verbrennung in der Frühphase zunächst nur schwer beurteilbar.

Die Progression der Schädigung kann jedoch durch frühzeitige lokale Kühlung

verlangsamt werden.

Bei ausgedehnten Verbrennungen von mehr als 20 bis 30% der Körperoberfläche

kommt es neben lokalisierten Reaktionen zusätzlich zu einer systemischen

Beteiligung, bedingt durch eine Ausschüttung von Zytokinen, Chemokinen und

vasoaktiven Substanzen aus dem geschädigten und direkt angrenzendem

Gewebe. Diese Reaktionen werden unter dem Begriff Systemic Inflammatory

Response Syndrome (SIRS) subsumiert und stellen heute als so genannte

Verbrennungskrankheit die Hauptgefährdung eines Brandverletzten dar. Durch die

o.g. Substanzen kommt es zu einer systemisch erhöhten Gefäßpermeabilität, dem

so genannten „capillary leak“, welches einen starken Flüssigkeits- und

Proteinverlust vom intra- in den extravasalen Raum bedingt [59].

Es können dabei folgende systemische Komplikationen auftreten:

Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem: Kapilläre

Permeabilitätssteigerung, Flüssigkeitsverluste in den extravasalen Raum,

Kreislaufdepression, Anämie, Mangel an Gerinnungsfaktoren und

Thrombozytopenie durch eine verstärkte intravasale Gerinnung im

geschädigten Gebiet, Verbrennungsschock, Tachykardie, Hypotonie.

Auswirkungen auf das Immunsystem: Immuninsuffizienz mit erhöhter

Infektionsgefahr bis hin zur Sepsis.

Auswirkungen auf den Respirationstrakt: Inhalationstrauma, Pneumonie,

Bildung von Atelektasen, Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS).

Auswirkungen auf den Stoffwechsel: Massive Erhöhung des

Grundumsatzes (katabole Stoffwechsellage), der zum Teil durch

Muskelabbau gedeckt wird [92].

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Ähnlich einem polytraumatisierten Patienten steht auch heute bei schweren

Verbrennungen die posttraumatische Immunsuppression, welche sowohl

humorale als auch zelluläre Funktionseinschränkungen betrifft, im Mittelpunkt des

wissenschaftlichen und klinischen Interesses [20, 107]. Ausgedehnte

Wundnekrosen stellen einen idealen Nährboden für Bakterienwachstum dar und

bilden die Voraussetzung für die Keiminvasion. Schädigungen des zellulären und

humoralen Immunsystems haben eine gestörte Bakterien- und Toxinerkennung

sowie deren Elimination zur Folge. Bedrohlich steigende Zahlen von

antibiotikaresistenten Erregern auf Intensivstationen verschlechtern die Situation

zusätzlich. Eine daraus entstehende fulminante Sepsis führt oft zu einem letalen

Ausgang [28, 50, 112].

Eine weitere häufige Todesursache von Verbrennungsopfern stellt die

beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP = ventilation-associated pneumonia) dar.

Diese Sonderform der nosokomialen Pneumonie ist klinisch oft schwer erkennbar.

Besonders neu aufgetretenes Fieber, ein Anstieg der Entzündungsparameter und

eine abfallende arterielle Sauerstoffsättigung mit zunehmender Atemnot sollten an

diese Komplikation denken lassen.

1.1.4 Bestimmung der Verbrennungstiefe

Die Tiefe der Verbrennung hängt nicht ausschließlich von der einwirkenden

Temperatur ab, sondern auch von der Einwirkzeit. Dadurch bedingt kann sich eine

massive Schädigung auch an inneren Organen entwickeln. Die Hitze der

Körperoberfläche wird über das Blut zu den Organen geleitet, sodass diese zu

Grunde gehen können wie die Haut selbst.

Die Verbrennungswunde an der Haut selbst manifestiert sich von der

oberflächlichen Rötung bis hin zur kompletten Hautnekrose [28].

Im Allgemeinen wird die Verbrennungstiefe in drei Schweregrade eingeteilt. Einige

Autoren beschreiben auch Verbrennungen vierten Grades, welche eine

Verbrennung tiefer gelegener Strukturen wie Muskulatur und Knochen impliziert.

Klinisch sind die Therapiestrategien von Verbrennungen dritten und vierten

Grades jedoch gleich, sodass neuerdings auf diese Differenzierung verzichtet wird

[94]. Nach 24 Stunden sollte zur Korrektur eventueller Fehleinschätzungen durch

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„Nachbrennen“ eine erneute Beurteilung der Verbrennungstiefe erfolgen. Die

Verbrennungstiefe bestimmt die Therapie wesentlich.

Im Folgenden wird ein Überblick über die klinischen Kriterien der

Verbrennungsgrade gegeben (vgl. auch Tabelle 1).

1.1.4.1 Verbrennungen ersten Grades

Klinisch zeichnet sich eine Verbrennung ersten Grades durch eine Rötung mit

geringer Ödemneigung aus. Es bestehen Schmerzen. Häufigstes Beispiel ist der

Sonnenbrand.

1.1.4.2 Verbrennungen zweiten Grades

Neben den Kennzeichen der Verbrennung ersten Grades findet man eine

Blasenbildung, die zwischen Epidermis und Dermis lokalisiert ist, welche

letztendlich zu einer Irritation freier sensibler Nervenendigungen führt. Man

unterscheidet:

Oberflächliche zweitgradige Verbrennungen (IIa, im englischen

Sprachgebrauch „superficial partial thickness“): Starker Wundschmerz und

eine gesteigerte Sensibilität. Im Nadelstichtest treten Blutungen auf. Die

Hautanhangsgebilde sind nicht defekt.

Tiefe zweitgradige Verbrennungen (IIb, im englischen Sprachgebrauch

„deep partial thickness“): Durch eine partielle Schädigung der Dermis

kommt es zur Zerstörung der Hautanhangsgebilde und freier

Nervenendigungen. Die Sensibilität ist dadurch reduziert, aber noch nicht

aufgehoben. Im Nadelstichtest treten keine Blutungen mehr auf, er ist nicht

schmerzhaft.

1.1.4.3 Verbrennungen dritten Grades

Die Haut ist völlig zerstört, dadurch ist das Schmerzempfinden aufgehoben. Sie ist

denaturiert und gelblich weiß bis schwarz verfärbt (s. Abb. 3). Teilweise sind

thrombosierte subkutane Gefäße sichtbar. Eine spontane Heilung ist hier nicht

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mehr möglich. Heilt die Wunde sekundär, so entsteht Narbengewebe und in der

Folge entwickeln sich Kontrakturen.

Abbildung 1 Verbrennung dritten Grades

Tabelle 1 Verbrennungsgrade – Übersicht, modifiziert nach Spies, Vogt [92] und Daigeler,

Lehnhardt, Steinau [24]

Verbrennung Grad 1 Grad 2 IIa - oberflächlich IIb – tief

Grad 3

Tiefe Schädigung

der Epidermis

Zerstörung der

Epidermis,

Schädigung der

oberflächlichen

Dermis

Zerstörung der

Epidermis,

Schädigung der tiefen

Dermis

Zerstörung der Epidermis und

Dermis

Aspekt Erythem

Erythem

Blasenbildung,

Haut feucht

Erythem

Blasenbildung,

Haut feucht

Haut gelb-weißlich

bis schwarz,

hart, trocken

Sensibilität Schmerzen Schmerzen Schmerzen Keine Schmerzen

Nadelstichtest Blutung Blutung Variabel Keine Blutung

Haare Fest verankert Fest verankert Leicht ausziehbar Lösen sich ab

Therapie Konservativ:

Hautpflege

Konservativ:

Aseptische

Verbände

Operativ:

Tangentiale

Nekrosektomie,

Hauttransplantation

Operativ: Epifasziale

Nekrosektomie,

Hauttransplantation

Narbenbildung Nein

Nein, ggf.

Pigmentierungs-

störungen

Ja Ja

1.1.5 Oberflächenbestimmung

Einen wichtigen Faktor für die Prognose von Brandverletzungen stellt die

Oberflächenausdehnung der Verbrennung dar. Diese wird meist als verbrannte

Körperoberfläche in Prozent (% vKOF) angegeben.

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Zur Abschätzung der vKOF stehen im Wesentlichen drei Methoden zur Verfügung:

Handflächenregel: Dies ist eine einfache Methode um einen rasche

orientierende Einschätzung vorzunehmen. Dabei gilt, dass die Handfläche

des Patienten etwa 1% seiner eigenen Körperoberfläche beträgt.

Neuner-Regel nach Wallace: Auch die Neuner-Regel erlaubt eine eher

grobe Abschätzung der vKOF. Einzelne Körperabschnitte werden jeweils in

Vielfache von 9%-Arealen eingeteilt, so entspricht beispielsweise ein Arm

9% der Körperoberfläche, der ventrale Thorax wird mit 18% berechnet.

Dies wird in Abbildung 2 ausführlicher dargestellt.

Lund-Browder-Tabelle: Für eine genauere Einschätzung dienen spezielle

Tabellen, kombiniert mit Körperschemadiagrammen, in denen die

Brandwunden markiert werden können. Diese sind benannt nach Lund und

Browder. Die Dokumentation des Bochumer Verbrennungszentrums basiert

hierauf. Die Einteilung ist abhängig vom Lebensalter.

Abbildung 2 Neuner-Regel nach Wallace [56]

1.1.6 Therapie der Verbrennung

Da die Verbrennung eine schwere Verletzungsform darstellt, ist zügiges Handeln

erforderlich. Schon vor Eintreffen in eine Klinik sollten bestimmt Maßnahmen

ergriffen werden. In der Klinik muss dann über das weitere Vorgehen, wie

beispielsweise Operationen, entschieden werden.

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1.1.6.1 Präklinische Versorgung

Wie bei jedem anderen Notfall auch, wird bei der präklinischen Versorgung von

Brandverletzungen nach der ABC-Regel gearbeitet: Atmung, Bewusstseinslage,

Blutdruck und Zirkulation müssen überwacht werden. An erster Stelle stehen die

Löschung des Verunfallten und die Entfernung nicht-anklebender Kleidung sowie

die Bergung des Verletzten aus der Gefahrenzone. Bei kleineren Verletzungen

sollte die Brandwunde 20 Minuten lang unter laufendem Leitungswasser gekühlt

werden. Bei größeren Verbrennungen muss jedoch an die Gefahr der

Unterkühlung gedacht werden.

1.1.6.2 Primärversorgung durch den Arzt

Durch den Arzt sollte nach Beurteilung o. g. Kriterien eine erste Einschätzung des

Verbrennungsausmaßes vornehmen.

Bei Verbrennungen ersten Grades ist in der Regel keine bzw. lediglich eine

ambulante konservative Therapie mit Analgetika und kühlenden Externa nötig. Im

Einzelfall, insbesondere bei Kindern, alten Patienten oder Schwangeren, kann

aber auch eine stationäre Überwachung sinnvoll sein, beispielsweise bei

ausgedehnten Verbrennungen (Sonnenbrand, Solarium) mit Kreislaufdepression.

Bei Verbrennung zweiten oder dritten Grades ist meist eine chirurgische

Intervention nötig, sollte die Verbrennung mehr als 10% der KOF betreffen, wird

eine stationäre Aufnahme im spezialisierten Zentrum empfohlen.

In diesem Fall sollten folgende Erstmaßnahmen durchgeführt werden:

Lokale Kühlung durch fließendes Leitungswasser (optimale Temperatur:

15-20 °C) zur Reduktion des Gewebstraumas.

Gabe von Sauerstoff (100%), dabei sollte möglichst auf eine Intubation

verzichtet werden. Besteht der Verdacht auf ein Inhalationstrauma, sollte

jedoch unter kontrollierten Bedingungen noch am Unfallort intubiert werden.

Flüssigkeitszufuhr mit kristalloider Lösung (Ringer-Laktat) zur Schock-

Behandlung über einen großlumigen Zugang. Der Flüssigkeitsbedarf

Schwerbrandverletzter ist enorm groß und entscheidend für den weiteren

klinischen Verlauf [24]. Zur Orientierung des Bedarfs dient die Baxter-

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Formel: 4ml/kg KG/%KOF, davon werden 50% in den ersten acht Stunden

verabreicht.

Wundabdeckung mit sterilen, feuchten Tüchern oder Metalline-Folie.

Frühzeitige Schmerztherapie mit großzügiger Indikation. Geeignet sind z. B.

Opiate.

Zügiger Transport in ein geeignetes Krankenhaus.

1.1.6.3 Weitere Versorgung

Liegen mittelschwere oder schwere Brandverletzungen vor, sollte der Patient

stationär, meist intensivmedizinisch, betreut werden, wobei schwere

Verbrennungen möglichst frühzeitig in ein spezialisiertes Verbrennungszentrum

verlegt werden sollten mit dem Ziel einer möglichst frühen und kompletten

Rehabilitation. Die Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin empfiehlt eine

Verlegung in ein Verbrennungszentrum bei Vorliegen folgender Kriterien:

Verbrennungen an Gesicht/Hals, Händen, Füßen, Anogenitalregion,

Achselhöhlen, Bereichen über großen Gelenken oder sonstiger

komplizierter Lokalisation

>15% vKOF mit zweitgradigen Verbrennungen

>10% vKOF mit drittgradigen Verbrennungen

Mechanische Begleitverletzungen

Verdacht auf Inhalationstrauma

Vorerkrankungen

Alter <8 Jahre bzw. >60 Jahre

Elektrische Verbrennungen

Kinder mit >10% vKOF

1.1.7 Versorgung der Verbrennungswunde

Die Versorgung von Verbrennungswunden muss immer unter aseptischen

Bedingungen und in ausreichender Analgesie erfolgen.

Die Reinigung der Wunde erfolgt meist mit desinfizierender Seifenlösung,

Brandblasen werden abgetragen. Sollte die Wunde stark verschmutzt sein, muss

die Reinigung beispielsweise durch eine Bürste in Narkose erfolgen.

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1.1.7.1 Nichtoperative Therapie

Eine konservative Versorgung der Verbrennungswunde ist bei Verbrennungen

ersten Grades und Grad IIa möglich. In den ersten drei Tagen sollte täglich der

Verband (Hydrokolloidverbände, spezielle Verbandsmembranen, Salbenverbände)

gewechselt werden, danach ist ein Wechsel alle zwei Tage ausreichend. Stets

sollte an eine ausreichende Schmerzmedikation gedacht werden sowie der

Tetanus-Impfstatus kontrolliert und ggf. aufgefrischt werden.

1.1.7.2 Operative Therapie

Liegt eine Verbrennung Grad IIb oder mehr vor, ist eine rein konservative Therapie

nicht mehr ausreichend und eine frühe operative Therapie indiziert. Hierbei muss

frühzeitig avitales Gewebe entfernt werden, welches einen optimalen Nährboden

für Bakterien darstellt. Somit soll einer Sepsis vorgebeugt werden.

Die tangentiale Nekrosektomie ist ein schichtweises Abtragen mit dem Messer bis

man auf vitales, durchblutetes Gewebe stößt. Sie ist indiziert bei Verbrennungen

Grad IIb. Höhergradige Verbrennungen werden epifaszial nekrosektomiert: Alle

Hautschichten einschließlich Unterhaut und Fettgewebe werden bis auf die

gesunde Muskelfaszie abgetragen.

Nach der Nekrosektomie erfolgt eine Spalthauttransplantation. Eigenhaut wird

meist vom Oberschenkel oder bei Kindern der Kopfhaut genommen und am

Stratum papillare abgespalten, sodass eine narbenarme Reepithelialisierung der

Entnahmestelle möglich ist. Um die Oberfläche der entnommenen Haut zu

vergrößern kann diese gitterartig aufgearbeitet werden (Mesh graft). Ein weiterer

Vorteil dieser Methode ist, dass Wundsekret an der Transplantatstelle abfließen

kann, was eine schnellere und bessere Wundheilung zur Folge hat. Jedoch ist das

ästhetische Ergebnis schlechter. Deshalb sieht man meist davon ab, die Mesh-

graft-Technik an sichtbaren Körperstellen wie Gesicht, Händen und Füßen sowie,

wegen der stärkeren Neigung zur Schrumpfung, über Gelenken, anzuwenden.

Beispiele für beide Transplantationstechniken sind in den Abbildungen 3 und 4 zu

sehen.

Page 18: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

16

Abbildung 3 Hauttransplantation „gemesht“

Abbildung 4: Hauttransplantation „ungemesht“

Bei zirkulären Verbrennungen der Extremitäten und bei Atembehinderung durch

Thoraxverbrennungen sollte eine Escharotomie durchgeführt werden. Diese

Entlastungsschnitte innerhalb des geschädigten Gewebes ermöglichen ein

Auseinanderweichen des ödematösen Gewebes und sollen Perfusionsstörungen

verhindern (s. Abb. 5).

Bei tiefen Verbrennungen dritten Grades lassen sich Amputationen leider nicht

immer umgehen.

Abbildung 5 Escharotomie

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1.1.8 Langzeitfolgen der Verbrennung

Trotz suffizienter Therapie kann bei einem Teil der Patienten nicht verhindert

werden, dass Langzeitprobleme auftreten. Relativ häufig (15-52%) kommt es zu

einer Neuropathie (poly- oder monopathisch); wesentliche Faktoren zur

Entstehung einer solchen sind ein hohes Verbrennungsausmaß, lange Liegedauer

auf der Intensivstation, Elektroverbrennungen sowie hohes Alter [54].

Weiterhin werden Sensibilitätsstörungen beobachtet. Insbesondere das

Berührungs- und Vibrationsempfinden sowie das Wärmeempfinden sind

herabgesetzt [45], aber auch eine Überempfindlichkeit gegenüber Kälte ist

möglich. Zusätzlich zu den Temperaturempfindungsstörungen und -intoleranzen

ist eine Störung der Schweißsekretion im betroffenen Areal zu beobachten.

Außerdem kann ein Juckreiz im Wundbereich auftreten.

Malenfant [64] berichtet in einer Studie, dass über einem Jahr nach Verbrennung

noch 36,4% der Patienten über Schmerzen klagen und 71,2% Parästhesien wie

Kribbeln, Steifigkeit, Kältegefühl oder Taubheit aufweisen, wobei die Schmerzen

bei über der Hälfte der Patienten zu einer Beeinträchtigung im täglichen Leben

führen.

Des Weiteren kann es zu Verbrennungsnarben mit Komplikationen kommen.

Hypertrophe Narbenbildung wird bei Kindern häufiger beobachtet als bei

Erwachsenen. Die Schrumpfung des Narbengewebes (s. Abb. 6) hingegen kann

Bewegungseinschränkungen und andere funktionellen Beeinträchtigungen

bedingen. In diesem Fall ist eine operative Narbenkorrektur notwendig, z. B. durch

eine Z-Plastik.

Page 20: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

18

Abbildung 6 Narbenkontraktur mit der Notwendigkeit einer chirurgischen Korrektur

Neben funktionellen und ästhetischen Problemen können im Rahmen von

Brandverletzungen aber auch psychische Probleme auftreten. Vermindertes

Selbstwertgefühl bis hin zur Depression, posttraumatische Belastungsreaktionen

und eine soziale Isolation können die Folge sein. Bei Unfallbrandverletzungen,

aber auch selbst induzierten Brandverletzungen, stellt die Verbrennung ein

traumatisches Erlebnis dar. Eine adäquate Verarbeitung gelingt nicht allen

Patienten. Zudem sind die sichtbaren Wunden ein Stigma, das die Patienten

täglich an das Erlebnis erinnert und auch der Außenwelt nicht verborgen bleibt.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit in suizidaler Absicht zugefügten

Verbrennungswunden, weshalb im Folgenden näher auf den Suizid eingegangen

wird.

1.2 Der Suizid

1.2.1 Definition

Unter einem Suizid versteht man eine Handlung, die mit der Intention, sich selbst

das Leben zu nehmen, durchgeführt wird und einen letalen Ausgang nimmt. In der

Umgangssprache verwendet man den Begriff „Selbstmord“. Dieser wird von

Durkheim (1993) wie folgt definiert: „Man nennt Selbstmord jeden Todesfall, der

direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die

vom Opfer selbst begangen wurde, wobei es das Ergebnis seines Verhaltens im

Page 21: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

19

Voraus kannte. Der Selbstmordversuch fällt unter dieselbe Definition, bricht die

Handlung aber ab, ehe der Tod eintritt.“ [32].

Der Suizidversuch ist demnach ein nicht vollendeter Suizid.

Davon abzugrenzen sind so genannte Parasuizide. Diese sind wie suizidale

Handlungen, jedoch in dem Wissen, dass sie nicht tödlich enden.

1.2.2 Epidemiologie

Die Häufigkeit von Suiziden weltweit wird von der WHO auf ca. 1 Million pro Jahr

geschätzt, wobei suizidale Handlungen in Industrieländern häufiger sind als in

Entwicklungsländern.

2006 verstarben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt fast 10 000

Personen an einem Suizid, wobei Männer etwa dreimal häufiger betroffen sind als

Frauen [86]. Bezogen auf 100 000 Bürger resultiert hieraus eine Sterberate von

11,9 (Männer: 17,9, Frauen: 6,0). Allerdings muss davon ausgegangen werden,

dass die tatsächliche Sterberate höher liegt, da viele Suizide nicht als solche

erkannt werden, wie beispielsweise bei Autounfällen.

Bei Frauen sind Suizidversuche dreimal häufiger als bei Männern.

Hinsichtlich des Alters lässt sich beobachten, dass zwar mit zunehmendem Alter

der Anteil von Suizidenten an allen Todesursachen sinkt, die altersspezifische

Sterberate jedoch zunimmt. 2006 waren 60% der Personen, die durch eine

suizidale Handlung verstarben älter als 50 Jahre [86].

1.2.3 Risikogruppen

.Bei Suizidalität muss man von einem multifaktoriell bedingten Verhalten

ausgehen, welches folgende Komponenten beinhaltet [71]:

Einengung im affektiv-kognitiven Bereich, insbesondere im Rahmen

psychiatrischer Erkrankungen wie affektiven Störungen,

Suchterkrankungen oder Schizophrenie.

Einengung im psychosozialen Bereich, lebenssituativ wie beispielsweise

lange bestehende Arbeitslosigkeit.

Page 22: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

20

Freie Willensentscheidung, welche jedoch während einer Episode einer

psychiatrischen Erkrankung beeinflusst sein kann.

Bei der Suizidalität spielen gesellschaftliche Faktoren eine Rolle. Dazu zählen

beispielsweise der Erziehungsstil, Leistungsdruck, soziale Isolation oder geringe

Wertschätzung.

Liegt ein kränkendes Lebensereignis vor und sind bereits Vorbereitungen für die

suizidale Handlung getroffen, so besteht ein erhöhtes Risiko. Hinzu kommt die

aktuelle Symptomatik der Person wie ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit,

depressive Stimmung, Minderwertigkeitsgefühle oder sozialer Rückzug. Einer der

wichtigsten Risikofaktoren stellt eine psychische Erkrankung dar. Etwa 90% der

Suizidversuche werden von psychisch kranken Patienten begangen [70]. Die

häufigsten Diagnosen sind Anpassungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen und

manisch-depressive Erkrankungen [71]. Die Häufigkeitsverteilung ist grafisch in

Abbildung 7 dargestellt. Weiterhin stellt ein vorangegangener Suizidversuch,

insbesondere innerhalb der vergangenen 12 Monate, ein hohes Risiko für weitere

suizidale Handlungen dar. Neben psychiatrischen Erkrankungen können auch

Persönlichkeitsfaktoren ohne einen an sich pathologischen Wert die Bereitschaft

zu einem Suizidversuch heraufsetzen. Zu nennen sind hier Faktoren wie

Impulsivität und Aggressivität, Negativismus, Hoffnungslosigkeit.

Weiterhin spielt auch das soziale Umfeld und die psychosoziale Situation des

Menschen eine wichtige Rolle. Beispielsweise sind zu nennen eine fehlende

Partnerschaft, ein Suizid im sozialen Umfeld oder in der Familie, belastende

Lebensereignisse wie subjektiv oder objektiv erlebte Verluste, so genannte Life-

events, aber auch chronische körperliche Krankheiten [71]. Die o. g. Faktoren sind

in Tabelle 7 veranschaulicht.

Auch biologische Ursachen werden diskutiert. So scheint ein erniedrigter Spiegel

von Hydroxyindolessigsäure, dem Hauptmetaboliten des Neurotransmitters

Serotonin, mit erhöhter Suizidalität einher zu gehen [71].

Meist liegt eine Kombination aus verschiedenen Faktoren vor, die letztendlich die

Suizidalität bedingen.

Page 23: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

21

Tabelle 2 Risikofaktoren für eines Suizidversuch modifiziert nach Möller, Laux Deister [71]

Faktoren Charakterisierung

Umstände eines Suizidversuches

Vorausgegangenes kränkendes Lebensereignis

Vorbereitung getroffen:

o Methode ausgewählt

o Angelegenheiten in Ordnung gebracht

o Reden über Suizid, Abschiedsbrief

o Weggeben von wertgeschätzten Dingen

Aktuelle Symptomatik

Hoffnungslosigkeit

Selbstanklage, Gefühle von Versagen und Minderwertigkeit

Depressive Stimmung

Agitiertheit und Ruhelosigkeit

Andauernde Schlafstörungen

Sozialer Rückzug

Suizidideen und -pläne

Psychische Krankheit

Früherer Suizidversuch

Affektive Erkrankung

Alkoholismus oder/ und Substanzmissbrauch

Verhaltensstörung und Depression bei Heranwachsenden

Präsenile Demenz und Verwirrtheitszustände bei älteren Menschen

Kombination verschiedener Krankheiten

Psychosoziale

Vorgeschichte

Gegenwärtig getrennt, geschieden oder verwitwet

Lebt alleine

Arbeitslos, gegenwärtiger Wechsel oder Verlust der Erwerbstätigkeit

Zahlreiche Lebensbelastungen (z. B. frühkindlicher Verlust, Abbruch

wichtiger Beziehungen, Schulprobleme, bevorstehende Bestrafung)

Chorische körperliche Krankheit

Exzessives Trinken oder Substanzmissbrauch

Persönlichkeitsfaktoren

Impulsivität, Aggressivität, Feindseligkeit

Kognitive Rigidität und Negativismus

Hoffnungslosigkeit

Niedriges Selbstwertgefühl

Borderline- oder antisoziale Persönlichkeitsstörung

Familiengeschichte Suizidales Verhalten in der Familie

Affektive Erkrankungen und/ oder Alkoholismus in der Familie

Page 24: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

22

Abbildung 7 Psychiatrische Diagnose bei Personen mit Suizidversuch, modifiziert nach Schmidtke

Schmidtke, Weinacker, Fricke, (1996) [88]

1.2.4 Suizidmethoden

Eine häufig verwendete Typologie der Suizidmethoden ist die Klassifikation nach

Bochnik. Er unterscheidet zwischen so genannten „weichen“ und „harten“

Suizidmethoden [13]. Zu den weichen Methoden werden Intoxikation mit

Tabletten, Drogen oder Alkohol gezählt. Sie werden häufiger von Frauen als von

Männern angewandt: Etwa 70% der Frauen und 47% der Männer wählen diese

Methoden für eine suizidale Handlung. Als harte Methoden werden beispielsweise

Erhängen, Erdrosseln, Sturz aus der Höhe oder sich vor einen sich bewegenden

Gegenstand (z. B. Zug) werfen oder Schnitte, aber auch die Selbstverbrennung

bezeichnet. Diese Methoden sind häufiger bei vollendeten Suiziden (50%) als bei

Suizidversuchen (25%) [71]. Vollendete Suizide werden meist durch Erhängen,

Erdrosseln oder Ersticken (52,6%), Schnitt- /Stichverletzungen (15,7%) oder

Intoxikationen (12,%) begangen. Bei Suizidversuchen hingegen stellt die

Intoxikation als weiche Methode mit 64% die häufigste Methode dar. Danach

folgen Schnitt-/Stichverletzungen (16%) oder Verursachen eines Verkehrsunfalls

(6%). Die zuletzt genannten Daten sind in den Tabellen 2 und 3 aufgelistet.

Page 25: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

23

Weiterhin ist zu beobachten, dass junge Patienten, insbesondere Männer,

häufiger auf harte Methoden zurückgreifen als ältere Menschen.

Tabelle 3 Suizidmethoden bei einer Stichprobe von Patienten mit Suizidversuch, modifiziert nach

Möller [70]

Suizidmethoden bei einer Stichprobe von Patienten mit Suizidversuch

Intoxikation 64%

Schnitt-/Stichverletzungen 16%

Absichtliches Verursachen eines

Verkehrsunfalls 6%

Sturz aus der Höhe 4%

Erhängen, Erdrosseln, Ersticken 4%

Sonstiges 6%

Tabelle 4 Suizidmethoden der vollendeten Suizide in Deutschland 2006 [86]

Suizidmethoden der vollendeten Suizide in Deutschland 2006

Erhängen, Erdrosseln, Ersticken 52,6%

Schnitt-/Stichverletzungen 15,7%

Intoxikation 12,5%

Sichwerfen /-legen vor ein bewegtes

Objekt 5,8%

Sonstige 4,7%

1.3 Suizidversuche durch Selbstverbrennung

Die Selbstverbrennung ist eine selten verwendete Suizidmethode. Dennoch wird

sie in Verbrennungszentren in regelmäßigen Abständen beobachtet. Je nach

Studie machen Selbstverbrennungen 0,4-9% aller Brandverletzungen aus [18, 25,

35, 41, 42, 49, 68, 106].

Schon früh wurde das Thema in der Literatur beschrieben. Bereits 1854 erschien

im American Journal of Insanity ein Fallbericht dazu [4]. Heute wird das

wachsende Interesse an diesem Thema durch zunehmende Veröffentlichungen in

Page 26: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

24

entsprechenden Fachzeitschriften deutlich. Leider weiß man bisher nur wenig

darüber, welche Faktoren die Wahl der Suizidmethode beeinflussen und

Menschen veranlassen, eine solch aggressive Methode zu wählen. Bisher ist auf

Grund der Seltenheit solcher Traumata und der Sensibilität des Themas wenig

über die Hintergründe von Suiziden durch Selbstverbrennung bekannt.

1.4 Zielsetzung

Weniger noch als über die Hintergründe für Suizide durch Selbstverbrennung ist

der weitere chirurgische, psychiatrische und psychologische Behandlungsverlauf

bekannt. In dieser Studie soll daher untersucht werden, welche Faktoren dazu

beitragen, dass Patienten einen Suizidversuch durch Selbstverbrennung

unternehmen. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, verschiedene Faktoren auf ihre

mögliche Bedeutung und ihren Einfluss auf die Wahl der Selbstverbrennung als

Suizidmethode zu untersuchen. Dazu werden verschiedene Variablen wie

beispielsweise die Persönlichkeit, die Aggressivität und die

Erkrankungsvorgeschichte mittels standardisierter Fragebögen erfasst. In einem

Interview mit überlebenden Patienten sollen so möglichst viele Informationen

gesammelt werden.

Ferner sollen, durch Auswertung statistischer Daten des Verbrennungszentrums,

eventuelle Diskrepanzen hinsichtlich der Mortalität und dem chirurgischen

Outcome zwischen den Patienten mit selbst zugefügten Verbrennungen und

Patienten mit Verbrennungen im Rahmen eines Unfalles aufgedeckt werden.

Ein weiteres Ziel ist es, festzustellen in wieweit eine soziale Reintegration der

untersuchten Patientenpopulation gelingt und wie die psychische Situation durch

das Trauma und die Folgen des Suizidversuchs durch Verbrennung beeinflusst

wird.

Insgesamt sollen durch diese Untersuchung erste Hinweise prädisponierender

Faktoren für diese Suizidmethode identifiziert, sowie vorhandene

Versorgungslücken für Patienten aufgedeckt werden und als Basis für eventuelle

zukünftige Verbesserung der Versorgung dienen.

Es gibt bereits einige Studien, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen.

Innerhalb der letzten Jahre scheint das Thema zunehmend Interesse zu finden, da

in der Literatur vermehrt Ergebnisse aus verschiedenen Sichtweisen vorgestellt

werden. Dennoch gibt es bisher kaum Veröffentlichungen, die so umfangreiche

Page 27: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

25

Daten beschreiben wie diese Studie. Meist liegt der Fokus in anderen

Untersuchungen auf nur einen Aspekt wie beispielsweise der chirurgischen

Therapie. Hier sollen sowohl prädisponierende Faktoren, der chirurgische

Therapieverlauf als auch psychiatrische Faktoren gesammelt und zu einem

Gesamtbild zusammengefügt werden. Die Selbstverbrennung im Rahmen eines

Suizidversuches sollte nicht isoliert chirurgisch oder psychiatrisch betrachtet

werden, vielmehr ist eine interdisziplinäre Sichtweise notwendig um die

Vielschichtigkeit dieser Problematik verstehen zu können.

Page 28: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

26

2 Material und Methoden

2.1 Ethikkommission

Die Studie „Retrospektive Analyse von 45 Fällen suizidaler Selbstverbrennung“

wurde am 07.07.2005 von der Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der

Ruhr-Universität unter der Registriernummer 2559 genehmigt.

2.2 Studiendesign

Die vorliegende Studie besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten. Hier soll

zunächst eine Übersicht über den Aufbau der Studie erfolgen. Details zu den

einzelnen Arbeitsschritten werden weiter unten ausgeführt.

Nachdem die Patienten mit Selbstverbrennung im Rahmen eines Suizidversuches

aus dem Gesamtkollektiv des Bochumer Verbrennungszentrums isoliert werden

konnten, erfolgte zunächst eine intensive Aktenrecherche hinsichtlich

verschiedener Faktoren wie beispielsweise Mortalität, Hospitalisationsdauer,

Verbrennungsausmaß, therapeutischem Vorgehen oder epidemiologischen Daten.

Anschließend wurde versucht, zu den überlebenden Patienten Kontakt

aufzunehmen. Mit den Personen, die kontaktiert werden konnten und die bereit

waren, an der Studie teilzunehmen, wurde ein Interview durchgeführt. Dieses

Interview setzte sich zusammen aus einigen standardisierten Fragebögen und

einem eigenen, selbst erstellten Fragebogen. Letztlich wurden die gesammelten

Daten mit denen aus anderen Studien beschriebenen Ergebnissen verglichen und

entsprechende Schlussfolgerungen gezogen.

2.3 Patientenauswahl

In den Jahren zwischen 1995 und 2004 wurden in den

Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil insgesamt 912

Brandverletzte behandelt. Aus diesem Patientengut wurden 59 Patienten

identifiziert, bei denen die Brandverletzung möglicherweise im Rahmen eines

Suizidversuchs verursacht wurde. Dazu wurde die Datenbank nach folgenden

Begriffen durchsucht: Suizid, Selbsttötung, Selbstmord, Selbstverletzung,

Page 29: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

27

Selbstverbrennung, Borderline-Persönlichkeitsstörung, suizidal und den

entsprechenden Diagnosecodes.

Letztendlich konnte nach Durchsicht der Entlassbriefe bei 45 Patienten gesichert

werden, dass es sich tatsächlich um eine Verbrennung im Rahmen eines

Suizidversuchs handelte.

2.4 Datenerhebung

Zunächst wurde eine Tabelle zur Erhebung der Daten erstellt, in der folgende

Parameter erhoben wurden:

Geschlecht

Geburtsdatum (Alter zur Zeit der Selbstverbrennung)

Mortalität

Verbrennungsgenese und ggf. verwendete brennbare Flüssigkeit

Grad der Verbrennung

Verbrannte Körperoberfläche in Prozent

Auflistung der verbrannten Körperregionen mit Grad der Verbrennung

Primärversorgung (im BG-Universitätsklinikum versus außerhalb)

Anzahl früherer Suizidversuche

Methoden früherer Suizidversuche

Weitere Suizidversuche nach der Selbstverbrennung: Anzahl,

Methoden und Zeitraum nach der Selbstverbrennung

Begleitverletzungen und Intoxikationen

Dauer des stationären Aufenthaltes

Dauer der Beatmung/ Intubation

Komplikationen/ Infektionen

Anzahl an Operationen

Art der Operationen

Folgeschäden

Amputationen

Gesichtsbeteiligung

Handbeteiligung

Folgeoperationen nach der Entlassung aus dem BG-Universitätsklinikum

Page 30: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

28

Psychiatrisch-psychologische Betreuung während des stationären

Aufenthaltes

Rehabilitationsmaßnahmen

Psychiatrisch-psychologische Betreuung in der Rehabilitation

Psychiatrische Vorerkrankungen

Psychiatrisch-psychologische Betreuung vor der Selbstverbrennung

Psychiatrisch-psychologische Betreuung nach dem Aufenthalt im

Verbrennungszentrum

Im Anschluss wurden im Archiv die Akten der in die Studie eingeschlossenen 45

Patienten gesichtet, um die oben aufgelisteten Daten zu erheben. Zusätzlich

erfasst wurden die damalige Anschrift und Telefonnummer der Patienten,

Kontaktdaten von Angehörigen, gesetzlichen Betreuern und behandelnden Ärzten.

Die im Rahmen der Studie erhobenen Daten lassen sich grob in drei

Zeitabschnitte unterteilen:

Daten zur Vorgeschichte der Patienten mit n=45

Diese Daten stammen hauptsächlich aus den Akten, bei den nachbefragten

Patienten konnten teilweise durch den Fragebogen weitere detailliertere

Informationen erlangt werden.

Daten des Krankenhausaufenthaltes mit n=45

Auch diese Daten stammen größtenteils aus den Patientenakten und

konnten bei den elf nachbefragten Patienten weiter ergänzt werden.

Daten zum weiteren Verlauf mit n=11 aus der Nachbefragung.

2.5 Aktuelle Kontaktdaten der Patienten

Auf Grund der Tatsache, dass bei zahlreichen Patienten die Kontaktdaten aus den

Akten nicht mehr aktuell waren, kamen weitere Maßnahmen zum Einsatz:

Telefonate mit Angehörigen oder gesetzlichen Betreuern, deren

Telefonnummern in den Patientenakten notiert waren.

Telefonate und schriftlicher Verkehr mit behandelnden Ärzten (Hausärzte,

Psychiater, andere Kliniken).

Page 31: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

29

Internetrecherche mit www.dasoertliche.de und www.klicktel.de nach

aktuellen Anschriften oder Telefonnummern.

Anschreiben entsprechender Einwohnermeldeämter.

Telefonate mit ehemaligen Pflegern aus Pflegeheimen.

So gelang es, bei 19 von den 27 Patienten, die die Selbstverbrennung überlebt

hatten, aktuelle Kontaktdaten zu sammeln.

Trotzdem konnten aus folgenden Gründen letztendlich nur elf Patienten

nachuntersucht werden:

Eine Patientin verstarb vier Jahre nach der Selbstverbrennung in einem

Pflegeheim im Alter von 68 Jahren eines natürlichen Todes.

Ein Patient war prinzipiell bereit, den Fragenkatalog zu bearbeiten, wollte jedoch

nicht die Einwilligungserklärung zur Teilnahme an der Studie unterschreiben,

sodass seine Daten nicht verwendet werden konnten.

Bei einem weiteren Patienten konnte lediglich der Kontakt zum gesetzlichen

Betreuer hergestellt werden, der mitteilte, der Patient wolle nicht an der Studie

teilnehmen.

Vier Patienten waren nicht bereit, den Fragenkatalog zu bearbeiten.

Eine Patientin war seit der Selbstverbrennung nahezu ohne Unterbrechung in

einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Nach Rücksprache mit dem

behandelndem Arzt wurde beschlossen, die Patientin auf Grund ihres sehr labilen

psychischen Zustandes nicht zu befragen.

2.6 Kontaktaufnahme

Die Patienten, deren Adressen bekannt waren, wurden angeschrieben. Das

Anschreiben ist im Anhang zu finden. Zusätzlich wurde ein Anrufbeantworter für

Rückfragen eingerichtet, der regelmäßig abgehört wurde.

Einige Tage später wurden die Patienten telefonisch kontaktiert um einen Termin

für die Befragung auszumachen, sofern die Patienten bereit waren, teilzunehmen.

Dabei konnten die Patienten wählen, ob die Befragung bei ihnen zu Hause oder

im BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil stattfinden sollte.

Page 32: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

30

2.7 Nachbefragung

Zunächst erfolgte eine detaillierte Aufklärung über die Studie. Ziele und Ablauf der

Befragung wurden erläutert. Nachdem die Patienten eine Einverständniserklärung

zur Studienteilnahme und eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht (s.

Anhang) für eventuelle Rückfragen an behandelnde Ärzte unterschrieben hatten,

wurde mit dem Interview begonnen. Die Bearbeitungszeit lag zwischen 1,5 und

drei Stunden.

2.8 Verwendete Fragebögen im Interview

2.8.1 SF-36: Fragebogen zum allgemeinen Gesundheitszustand

Zur Erfassung der allgemeinen gesundheitsbezogenen Lebensqualität (GB-LQ)

wurde die deutsche validierte Version des SF-36 Health Survey (Short Form -36)

verwendet [43].

Der Fragebogen besteht aus 36 Items, von denen 35 Fragen zu acht

Dimensionen, aus jeweils zwei bis zehn Fragen bestehend, zusammengefasst

werden. Die Veränderung des Gesundheitszustandes innerhalb des vergangenen

Jahres wird aus einer Einzelfrage (Frage 2) bestimmt und nicht als separate

Dimension aufgeführt. Folgende Dimensionen werden erfasst:

Körperliche Funktionsfähigkeit

Körperliche Rollenfunktion

Körperliche Schmerzen

Allgemeine Gesundheitswahrnehmung

Vitalität

Soziale Funktionsfähigkeit

Emotionale Rollenfunktion

Psychisches Wohlbefinden

Veränderung der Gesundheit in den vergangenen 12 Monaten

Die oben genannten Dimensionen lassen sich weiterhin in zwei Summenskalen,

der körperlichen und psychischen Gesundheit, zusammenfassen und geben somit

einen orientierenden Überblick über den allgemeinen Gesundheitszustand. Eine

Charakterisierung der Dimensionen ist angehängt (Anhang Tabelle 1).

Page 33: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

31

2.8.2 SKID I: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV,

Achse I: Psychische Störungen

Zur Diagnosestellung psychiatrischer (Vor-)Erkrankungen kam das Strukturierte

klinische Interview für DSM-IV, Achse I, kurz SKID-I [109], in der

deutschsprachigen Fassung zur Anwendung.

Hierbei sollen psychische Syndrome und Störungen, die der Achse I der DSM-IV

zugeordnet sind, ermittelt werden. Im Einzelnen sind dies affektive, psychotische

Störungen, Störungen durch psychotrope Substanzen, Angststörungen,

somatoforme Störungen sowie Ess –und Anpassungsstörungen. Der Fragebogen

erfasst sowohl die Punktprävalenz (Symptome innerhalb der letzten vier Wochen)

als auch für die meisten Diagnosen die Lebenszeitprävalenz über die gesamte

Lebensspanne (Lifetime). Für die Dysthymie, die generalisierte Angststörung,

Somatisierungsstörung, Hypochondrie und Anpassungsstörung können nur

gegenwärtige Episoden kodiert werden.

Die Anzahl der während des Interviews erfassten Symptome entscheidet darüber,

ob ein diagnostisches Kriterium voll, unterschwellig oder gar nicht erfüllt ist.

Aus den Antworten der Patienten wird ein Diagnose-Index erstellt, der für jeden

der oben genannten Befundabschnitte angibt, in wie weit die Kriterien des

Störungsbildes erfüllt wurden. Die Einschlussdiagnosen des Interviews sind in

Tabelle 2 im Anhang aufgelistet.

2.8.3 SKID-II: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV,

Achse II: Persönlichkeitsstörungen

Der SKID II [109] dient der Erfassung von Persönlichkeitsstörungen der Achse II

nach DSM-IV. Es handelt sich hierbei um ein zweistufiges Verfahren. Zunächst

wird ein Fragebogen bestehend aus 131 Items, die mit „Ja“ oder „Nein“

beantwortet werden können als Screening durchgeführt. Die Fragen beziehen sich

auf die letzten fünf bis zehn Jahre und repräsentieren die Kriterien des DSM-IV.

Allein auf Grund des Fragebogens darf keine Diagnose gestellt werden, er hilft

aber, zu entscheiden, welche Diagnosen im Interview geprüft werden müssen.

Dieses beinhaltet die gleichen Fragen wie der Fragebogen, enthält aber

Page 34: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

32

zusätzliche Erläuterungen und Entscheidungshilfen sowie die Möglichkeit, Fragen

als „Unsicher“ zu beantworten.

2.8.4 FAF: Fragebogen zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren

Zur Erfassung der Aggressivitätswerte diente der Fragebogen zur Erfassung von

Aggressivitätsfaktoren (FAF) [43]. Er besteht aus 77 Items, die mit „Ja“ oder „Nein“

beantwortet werden. Mithilfe dieses Fragebogens werden Werte für die spontane

Aggressivität, die reaktive Aggressivität, die Erregbarkeit sowie die

Aggressionshemmung und Summenaggression erfasst, die im Folgenden kurz

erklärt werden sollen:

Spontane Aggressionen:

Hohe Testwerte dieser Skala deuten auf eine relativ unbeherrschte

Persönlichkeit hin, sadistische Tendenzen sind nicht selten. Niedrige

Testwerte hingegen treten bei beherrschten, ruhigen bis passiven

Probanden auf.

Reaktive Aggressionen:

Hohe Testwerte sprechen für ein entschiedenes Durchsetzungsstreben bei

konformistischer Grundhaltung, niedrige Werte mehr für die Ablehnung

eines aggressiven Verhaltensstils.

Erregbarkeit:

Hohe Testwerte stehen für eine erhöhte Affizierbarkeit, die zu vermehrten

Wut- und Zornerlebnissen führt. Ursache dafür kann eine niedrige

Frustrationstoleranz sein.

Selbstaggression bzw. Depression:

Die Items dieser Dimension fragen Selbstaggressionen wie Selbstvorwürfe

bis hin zu Suizidabsichten, depressive Stimmungen und Misstrauen ab.

Hohe Werte sprechen dabei für depressive Züge, Unzufriedenheit und eine

negative Einstellung gegenüber dem Leben.

Aggressionshemmung:

Hohe Werte in diesem Item sprechen für eine selbstquälerische

Gewissensaktivität und kann in gewisser Weise als Gegensatz der

reaktiven Aggression gesehen werden.

Offenheitswerte:

Page 35: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

33

Die Offenheitswerte stellen eine Einschätzung dar, ob der Patient die

Fragen wahrheitsgemäß beantwortet hat. Die Werte sind aber nicht dazu

geeignet, eine definitive Aussage hierzu zu machen und sollten deshalb

lediglich der Orientierung dienen.

Summenaggression

Die Summenaggression, zusammengefasst aus den ersten drei Items, soll

eine nach außen gerichtete Aggressionsbereitschaft repräsentieren.

2.8.5 TCI: Temperament- und Charakterinventar, Test zur

Erfassung von Temperament und Charakter

Das Temperament- und Charakterinventar (TCI) [21] wurde entwickelt, um

individuelle Unterschiede zwischen Menschen sowohl bei normalen als auch bei

devianten Verhaltensmustern in sieben Grunddimensionen des Temperaments

und Charakters erfassen zu können. Die vier Temperamentsdimensionen sind das

Neugierverhalten (NS), die Schadensvermeidung (HA), die

Belohnungsabhängigkeit (RD) und das Beharrungsvermögen (P).

Der Charakter hingegen bezieht sich auf Selbstkonzepte und individuelle

Unterschiede in Zielen und Werten, die die Entscheidungsfreiheit, die Intentionen

und die Bedeutung dessen, was im Leben erfahren wird, beeinflussen. Die drei

Charakterdimensionen sind die Selbstlenkungsfähigkeit (SD), die Kooperativität

(CO) und die Selbsttranszendenz (ST). Der Fragebogen besteht aus 240 Items,

die sich auf Vorlieben und Abneigungen, emotionale Reaktionen, Interessen,

Einstellungen sowie Ziele und Werte beziehen. Die Fragen sind mit „Ja“ oder

„Nein“ zu beantworten. Die Items für die Temperament- und Charakterskalen sind

in Tabelle 3 im Anhang beschrieben

2.8.6 Selbst erstellter Fragebogen

Zusätzlich zu den standardisierten Fragebögen wurde ein eigener Fragebogen

erstellt. Dieser erfasst in 86 Fragen die Lebenssituation der Patienten zur Zeit der

Selbstverbrennung und zur Zeit der Datenerhebung, die damalige und aktuelle

psychiatrische Anamnese, die Umstände des Suizidversuchs sowie die

Page 36: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

34

subjektiven chirurgischen Therapieerfolge und noch bestehende

Beeinträchtigungen auf Grund der Verbrennungswunden (s. Anhang).

2.9 Datenauswertung

2.9.1 Definitionen

Unter Komplikationen wurde das Auftreten folgender Ereignisse gefasst:

Katecholaminpflichtige Kreislaufinstabilität

Niereninsuffizienz

Pulmologische Komplikationen: Acute Respiratory Distress Syndrom

(ARDS), Atelektasen, Pneumonie

Sepsis

Transplantatteilnekrose/ Transplantatverlust

Wundinfektionen

Delirante Symptome

Sekundär sklerosierende Cholangitis

Disseminierte intravasale Gerinnungsstörungen

Tonisch-generalisierte Krampfanfälle

Tachyarrhythmia absoluta

Ileus

2.9.2 Auswertung der erhobenen Daten

Die Auswertung der standardisierten Fragebögen erfolgte zum Teil mit

vorgegebenen Programmen. So wurde der SF-36 nach den Richtlinien des

Herausgebers „Health Assessment Lab“ (Boston, USA) mit Hilfe des

Statistikprogramms SPSS 14.0 [93] ausgewertet. Als Vergleichswerte für die

Studie wurden die vom Herausgeber beigefügten Normwerte der

Gesamtstichprobe verwendet [21].

Zur Berechnung der ausgewerteten Daten aus den Fragebögen wurde SPSS 14.0

verwendet. Der TCI wurde mit dem computergestützten Auswertungsprogramm

des Herausgebers (Swets & Zeitlinger, Frankfurt) ausgewertet.

Page 37: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

35

Die ausgewerteten Daten aus der Aktenrecherche (n=45) wurden ebenfalls mit

dem Statistikprogramm SPSS 14.0 berechnet.

Um Vergleiche des untersuchten Patientenkollektivs mit akzidentellen

Verbrennungen zu stellen, wurde zum einen auf die Statistik des Bochumer

Verbrennungszentrums als auch auf andere Studien zurückgegriffen.

2.9.3 Statistische Methoden

Mit Hilfe des Programms SPSS 14.0 wurden verschiedene statistische Werte

berechnet. Die mittlere Lage der Daten wurde mit dem Mittelwert und dessen

Standardabweichung oder dem Median angegeben, die Streuung der Messwerte

mit dem 25. und 75. Quartilen sowie der Spannweite zwischen dem Minimal –und

Maximalwert der Messung.

Unterschiede in Messwerten zwischen zwei Gruppen wurden mit dem T-Test für

unabhängige Stichproben analysiert. Unterschiede einer Gruppe zu vorgegebenen

Normmittelwerten wurden mit dem Einstichproben-t-Test berechnet.

Das Signifikanzniveau wurde auf p<0,05 festgelegt, hochsignifikant gelten Werte

mit p<0,01.

Page 38: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

36

3 Ergebnisse

3.1 Allgemeine Patientendaten

45 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, davon waren 12 weiblich und

33 männlich. Es überlebten 27 Patienten (acht weiblich, 19 männlich), 18

verstarben an den Folgen der Brandverletzung. Von den 27 Überlebenden

konnten elf Personen interviewt werden.

Von den 45 in die Studie eingeschlossenen Patienten waren 12 weiblich und 33

Patienten (73,3%) männlich. Der Unterschied ist signifikant (p<0,001).

Das durchschnittliche Alter der erfassten Patienten zum Zeitpunkt der

Selbstverbrennung lag bei 38,3±14,6 Jahren, wobei die Spanne von 14 bis 81

Jahren reichte. Die weiblichen Patientinnen waren mit 44,5±17,6 Jahren (27-81

Jahre) älter als die männlichen Patienten, welche im Mittel 36,06±12,92 Jahre (14-

64 Jahre) alt waren. Der Altersunterschied ist jedoch nicht signifikant (p=0,086).

Die elf nachuntersuchten Patienten waren zur Zeit des Suizidversuches

durchschnittlich 33,2±12,9 Jahre alt. Die weiblichen Nachbefragten (n=2) hatten

damals ein Alter von 35 und 45 Jahren, das mittlere Alter der männlichen

Studienteilnehmer lag bei 31,7±13,7 Jahren. Das Interview erfolgte im

Durchschnitt 73 Monate (6 Jahre, 1 Monat) nach dem Suizidversuch (15-118

Monate).

Die Patienten, die den Suizidversuch überlebten, waren zum damaligen Zeitpunkt

durchschnittlich 8,6 Jahre jünger als Patienten, die an den Folgen der

Selbstverbrennung verstarben (34,9±12,2 Jahre vs. 43,44±16,6 Jahre). Die Daten

sind in Tabelle 5 zusammengefasst.

Tabelle 5 Anzahl der Patienten in verschiedenen Gruppen und das durchschnittliche Alter in

Jahren in Klammern.

Gesamt Verstorben Überlebt Interviewt

Männlich 33 (36,1) 19 (33,6) 14 (39,3) 9 (31,7)

Weiblich 12 (44,5) 4 (57,7) 8 (37,8) 2 (40)

Page 39: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

37

3.2 Verbrennungsgenese

Die Ursache der Verbrennung ließ sich bei einem Patienten nicht ermitteln, sodass

für diese Auswertung Daten von 44 Patienten zur Verfügung standen.

In der untersuchten Kohorte war die Verbrennungsursache in den meisten Fällen

durch thermische Verbrennungen bedingt. Hierunter werden, wie schon in der

Einleitung beschrieben, Verbrennungen durch offenes Feuer oder Explosionen

verstanden.

Bei 20,5% (9 Patienten) wurde die Verbrennungswunde durch direktes, offenes

Feuer verursacht. In 65,9% der Fälle (29 Patienten) verwendeten die Patienten

zusätzlich eine brennbare Flüssigkeit. Eine Explosion war bei drei Patienten

(6,8%) ursächlich und bei einem Patienten (2,3%) kam es im Rahmen des

Suizidversuches zu einer Verbrühung durch Wasser.

Zwei Patienten (4,5%) fügten sich die Verbrennungswunden durch Strom zu (s.

Abbildung 1 im Anhang).

Der genaue Unfallhergang ließ sich bei 42 Patienten rekonstruieren.

Von diesen 42 Patienten zündeten sich 64,3% (27 Patienten) selbst an, 26,2%

entzündeten zunächst einen anderen Gegenstand an, sodass das Feuer später

auf sie übergriff und in 9,5% der Fälle (vier Patienten) war die

Verbrennungsursache kein offenes Feuer, sondern beispielsweise heißes Wasser

und Strom.

Betrachtet man nur die 38 Patienten, bei denen die Verbrennungsursache offenes

Feuer in Verbindung mit oder ohne Brandbeschleuniger war, so ergeben sich

folgende Häufigkeiten: 71,1 % entzündeten sich selbst, 28,9% entzündeten

zunächst einen anderen Gegenstand: Ein Patient entzündete eine Zigarette

nachdem er sich mit Brandbeschleuniger übergossen hatte, ein Patient zündete

die Zündschnur eines um seinen Hals gebundenen Feuerwerkskörpers an, ein

Patient entzündete die Rückbank seines Pkws, eine Patientin zündete

Gegenstände im Zimmer und ihre Bettdecke an, die sie sich dann über die Beine

legte, und ein weiterer Patient entzündete den PVC-Boden seines Wohnzimmers

sowie Bilder und Schränke in diesem Raum.

Bei sechs Patienten fehlen die Daten über eine möglicherweise verwendete

brennbare Flüssigkeit: Bei einem Patienten ist der genaue Unfallhergang nicht

bekannt, bei fünf weiteren Patienten ist bekannt, dass Brandbeschleuniger benutzt

wurde, nicht aber, welcher.

Page 40: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

38

Von den 44 Patienten, bei denen die Verbrennungsursache bekannt ist,

verwendeten 15 (34,1%) keine brennbare Flüssigkeit. Ansonsten wurde am

häufigsten Benzin verwendet: 58,62% Patienten, die eine brennbare Flüssigkeit

verwendeten, griffen zu Benzin. 20,7% benutzten Spiritus. Die folgende Grafik gibt

hierzu einen Überblick:

Abbildung 8 Verwendete brennbare Flüssigkeit, n=29, eingeschlossen sind alle Patienten, die

eine brennbare Flüssigkeit verwendeten.

3.3 Verbrennungsausmaß

Das Ausmaß der Verbrennungen in Prozent der Körperoberfläche (vKOF) ließ sich

bei zwei Patienten nicht ermitteln.

Im Mittel lag die vKOF bei 45,3% mit einer Standardabweichung von 27,9%, wobei

sich die Werte zwischen drei und 100% verteilten. Das 25.Quartil lag bei 22,5%

vKOF, das 75.Quartil bei 69% (s. Abb. 9).

Die Daten zur Verbrennungstiefe fehlten von einem Patienten. Alle Patienten

wiesen an mindestens einer Körperstelle zweitgradige Verbrennungen auf, 79,5%

erlitten zusätzlich Verbrennungen dritten Grades. Eine detaillierte Auflistung der

Verteilung der Verbrennungstiefe ist in der Tabelle 4 im Anhang zu finden.

Einen Überblick über die betroffenen Körperregionen gibt Tabelle 6. Am

häufigsten traten Verbrennungen im Kopf-, Thorax- und Armbereich auf.

Page 41: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

39

Verbrennungswunden im Gesichtsbereich lagen bei 75,6% der 45 Patienten vor;

an einer oder an beiden Händen wiesen 74,4% der Fälle Verbrennungen auf. Zur

gleichzeitigen Hand- und Gesichtsbeteiligung kam es bei 26 Patienten (57,8%).

Bei allen Patienten mit einer Ausnahme waren die Verbrennungen im

Gesichtsbereich zweit- oder drittgradig: 20 Patienten wiesen drittgradige

Kopfverbrennungen auf, 13 zweitgradige.

Bei den 34 Patienten, die Verbrennungen im Kopfbereich erlitten, lag die vKOF

des Kopfes im Mittel bei 4,6% (±2,2%). Bis auf bei einem Patienten waren die

Verbrennungen im Kopfbereich mindestens zweitgradig, bei 52,9% traten

Verbrennungswunden dritten Grades auf.

Tabelle 6 Lokalisation der Brandverletzungen und deren Ausdehnung in den jeweiligen Regionen,

n=43

* Die Daten für die Verbrennungen an Kopf und Hals

beziehen sich auf 43 Patienten, da bei zwei

Patienten in den Akten vermerkt ist, dass die Haut

an Händen und im Gesicht vollständig verbrannt

gewesen sei, weitere Angaben zur Lokalisation und

Ausmaß der Verbrennungen waren jedoch nicht

vermerkt.

Die Angaben der vKOF beziehen sich auf die

prozentuale Hautfläche der jeweiligen Körperregion.

Von den 30 Patienten mit einem Inhalationstrauma wiesen 90% auch

Verbrennungen im Kopfbereich auf. Insgesamt war bei 34 Patienten eine

Verbrennung im Kopfbereich dokumentiert. Von diesen Patienten erlitten 79,4%

ein IHT, somit lag eine signifikante Häufung von Inhalationstraumata bei Patienten

mit Kopfverbrennungen gegenüber Patienten ohne Kopfverbrennungen vor

(p=0,001).

Es fehlen Daten von zwei der 33 Patienten mit Handbeteiligung zum Ausmaß der

Handverbrennung. Im Mittel erlitten die Patienten eine Verbrennung von 54,8%

der Haut der Hände.

Lagen Verbrennungen an den Händen vor, so waren sie häufiger beidhändig (28

Patienten) als einhändig (fünf Patienten). Eine Verbrennung der kompletten Haut

beider Hände wurde bei 51,5% der Patienten mit Handbeteiligung registriert,

63,6% der Handverbrennungen waren zweit- bis drittgradig.

N % d.F. %vKOF

Obere Extremität 38 88,4 57,89

Untere Extremität 27 62,8 27,5

Kopf* 34 75,6 42,86

Hals 27 62,8 57,5

Rumpf 22 76,7 52,65

Gesäß und Genitalien

24 55,8 33,33

Page 42: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

40

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

bis 10 bis 20 bis 30 bis 40 bis 50 bis 60 bis 70 bis 80 bis 90 >90

%

%vKOF

Verbrennungsausmaß

Abbildung 9 Gruppierung und Verteilung des Verbrennungsausmaßes in Zehnprozentschritten;

n=43

3.4 Begleitverletzungen und Intoxikationen

Neben den Brandverletzungen kam es bei zehn Patienten zu weiteren

Verletzungen. Zu unterscheiden ist hier zum einen zwischen selbst zugefügten

Verletzungen einschließlich Intoxikationen mit diversen Substanzen und zum

anderen zwischen Verletzungen, die sich die Patienten akzidentell zuzogen.

3.4.1 Selbst zugefügte Begleitverletzungen und Intoxikationen

Neben der Selbstverbrennung fügten sich sieben Patienten (24,4%) weitere

Verletzungen zu: Intoxikationen durch Tabletteneinnahme sind bei drei Patienten dokumentiert:

Eine Patientin erlitt durch eine Überdosis Diphenhydramin (5g) ein

anticholinerges Syndrom.

Ein Patient schluckte Valium.

Eine Patientin nahm eine Überdosis Paracetamol zu sich und schluckte

Spitazidin, ein Desinfektionsmittel.

Page 43: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

41

Bei einem weiteren Patienten konnte der genaue Unfallhergang nicht

rekonstruiert werden. In unmittelbarer Nähe des Auffindungsortes fand man

eine leere Packung Methadon, sodass man hier von einer Methadon-

Intoxikation ausgeht, Details blieben jedoch letztendlich ungeklärt.

Weiterhin fügten sich vier Patienten zusätzlich zu den Verbrennungen

Schnittwunden, zum Teil mit Sehnendurchtrennung am Handgelenk zu. Einer

dieser Patienten plante einen Suizidversuch durch die Schnittverletzung und zog

sich währenddessen akzidentell eine Verbrühung der Poplitea zu.

3.4.2 Akzidentelle Begleitverletzungen

Akzidentelle Begleitverletzungen im Rahmen der Selbstverbrennung traten bei vier

der 45 Patienten auf.

In Zusammenhang mit einem selbst induzierten Autounfall zogen sich zwei

Patienten die Brandverletzungen zu. Dabei traten folgende weitere Verletzungen

auf:

Ein Patient erlitt ein Polytrauma als er mit dem Auto vor einen Betonpfeiler fuhr.

Dadurch kam es zu einem Schädel-Hirn-Trauma mit Mittelhirnblutung im Bereich

des Tentoriumsschlitzes sowie subduralen Ergüssen, Le-Fort-Frakturen I und II,

einer Nasenbeinfraktur, einer Alveolar-Fortsatzfraktur ab Zahn 14, einer

paramedianen Unterkieferfraktur, multiplen Platzwunden im Gesichtsbereich, einer

Acetabulum– und Beckenringfraktur, einem Kniebinnentrauma sowie einer Weber-

C-Fraktur. Verbrennungswunden lagen an 16% der KOF vor.

Zwei Patienten erlitten durch einen Sprung aus der Höhe weitere Verletzungen:

Ein Patient sprang aus dem Fenster der ersten Etage. Dabei zog er sich eine

Leber- und Nierenkontusion, eine Rippenserienfraktur sowie eine

Lungenkontusion zu. Ein anderer Patient stürzte von einem acht Meter hohen

Strommast in einen Wassergraben, wodurch es zu einer Tibiakopffraktur links und

einer Kniegelenksluxation rechts kam. Er war zuvor auf dem Strommast mit 110kV

in Berührung gekommen.

Page 44: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

42

3.5 Primärversorgung

Nahezu die Hälfte der Patienten (44,4%) wurde zunächst nicht im

Verbrennungszentrum der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil

behandelt sondern erhielt eine Primärversorgung in lokalen Krankenhäusern.

Komplikationen traten bei 12 von diesen 20 Patienten auf (60%). Die Verbrennung

betraf im Mittel 32,1±20,5% der Haut (Streuung: 3,0-78,0% vKOF). Fünf der

primär außerhalb versorgten Patienten verstarben an den Folgen der

Verbrennung, die vKOF dieser Subpopulation lag im Mittel bei 60,3%; der ABSI-

Score lag bei 7,7 Punkten.

Die Patienten, die primär im Bergmannsheil behandelt wurden, hatten eine

signifikant höhere mittlere vKOF von 56,9±27,5% (p=0,02, Streuung: 4,5-100%

vKOF) als die sekundär zugewiesenen. Die Komplikationsrate lag bei 84%. Davon

verstarben dreizehn Patienten (52,0%) mit einer mittleren vKOF von 74,8%; die

vKOF war nicht signifikant höher als die der verstorbenen Patienten, welche

primär außerhalb versorgt wurden (p=0,73). Der Median des ABSI-Scores lag bei

11 Punkten. Der ABSI-Score ist ein Maß für die Sterbewahrscheinlichkeit von

Schwerbrandverletzten. Näheres dazu ist weiter unten beschrieben.

Auch die Überlebensrate der primär außerhalb behandelten Patienten war nicht

signifikant geringer als bei den im BG-Universitätsklinikum Bochum

Primärversorgten (p=0,7).

3.6 Therapiemaßnahmen

Eine operative Versorgung der Brandverletzung erhielten 40 von 45 Patienten.

Von den nicht-operierten Patienten verstarben vier innerhalb der ersten sechs

Tage: Eine Patientin verstarb am selben Tag bei vollständiger Verkohlung der

gesamten Haut, ein damals 54-jähriger Patient verstarb am Tage nach der

Verbrennung mit einer vKOF von 79% an pulmonaler Insuffizienz bei ARDS. Auch

eine 68-jährige Patientin mit einer vKOF von 82% wurde nicht operiert. Sie erlag

vier Tage nach der Verbrennung ihren Verletzungen. Weiterhin war eine 81-

jährige Patientin mit 69% vKOF kardiopulmonal nicht stabil genug für eine

Operation und verstarb am sechsten Tag an einem Multiorganversagen. Die vKOF

lag bei diesen vier Patienten zwischen 69% und 100% mit einem Mittelwert von

82,5% (±12,9%).

Page 45: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

43

Die fünfte Patientin hatte nicht operationspflichtige Brandwunden an Kopf und

ventralem Thorax von insgesamt 4,5% der KOF. Sie überlebte die Verletzungen.

An den Verbrennungsfolgen verstarben achtzehn Patienten im

Verbrennungszentrum. Sie erhielten im Mittel 1,9 (±1,7) Operationen, fünf

Patienten wurden, wie bereits erwähnt, nicht operiert, das Maximum lag bei sechs

Operationen (ein Patient). Fünf Patienten erhielten eine Operation, zwei

Operationen wurden bei vier Patienten durchgeführt, zwei Patienten wurden

dreimal operiert und je ein Patient wurde vier-, fünf- oder sechsmal operiert.

Die Patienten, die den Suizidversuch überlebten (n=27), erhielten zwischen null

und elf Operationen mit einem Mittelwert von 4,1(±3,3). Abbildung 10 stellt die

Häufigkeitsverteilung dar.

13,7 %

622,2%

311,1%

518,5%

414,8%

13,7%

27,4%

13,7%

311,1%

13,7%

0

1

2

3

4

5

6

7

0 1 2 3 4 5 6 9 10 11

N

Anzahl der Operationen

Anzahl der Operationen

Abbildung 10 Anzahl der Operationen der Patienten, die den Suizidversuch überlebten, n=27

Die folgende Tabelle 6 gibt einen Überblick über die durchgeführten operativen

Versorgungen der Brandwunden (n=40, eingeschlossen sind nur die Patienten, die

eine operative Versorgung erhielten).

Page 46: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

44

Tabelle 7 Durchgeführte Operationen, n=40; * n=34, Bei sechs Patienten fehlten die Angaben

darüber, ob die Spalthauttransplantation gemesht oder ungemesht erfolgte. %d.F.: Prozent der

Fälle.

Durchgeführte Operationen N % d.F.

Epifasziale Nekrosektomie 28 70,0

Tangentiale Nekrosektomie 23 57,5

Escharotomie 20 50,0

Spalthauttransplantationen insgesamt 31 77,5

Spalthaut gemesht * 20 50,0

Spalthaut ungemesht * 11 27,5

Fremdhauttransplantation 19 47,5

Vollhauttransplantation 3 7,5

Amputationen 8 20,0

Sonstige operative Versorgung der Brandwunden 8 20,0

Tracheostomaanlage 7 17,5

Operative Versorgung von Begleitverletzungen 4 10,0

Die am häufigsten durchgeführten Operationen waren demnach epifasziale (70%)

bzw. tangentiale Nekrosektomien (57,5%) und gemeshte oder ungemeshte

Spalthauttransplantationen (77,5%). Oft ging der Spalthauttransplantation bei

ausgedehnten Verbrennungsverletzungen eine vorübergehende

Fremdhauttransplantation voraus. Die Fremdhaut wurde im weiteren Verlauf dann

häufig durch Eigenhaut ersetzt.

Von den 31 Patienten mit Spalthauttransplantation erhielten 20 Patienten (64,5%)

gemeshte Transplantate. Zehn dieser Patienten bekamen ausschließlich

gemeshte Transplantate, den anderen zehn Patienten wurden sowohl gemeshte

als auch ungemeshte Transplantate verpflanzt.

Ungemeshte Hauttransplantationen fanden hauptsächlich an ästhetisch

bedeutsamen Arealen wie Gesicht, Hals, Hand und Unterarm Anwendung. Alle

Patienten, denen ausschließlich ungemeshte Transplantate verpflanzt wurden,

bekamen an den oben genannten Stellen Hauttransplantationen. Die

Spalthauttransplantationen an ästhetisch bedeutsamen Stellen wie Hand und

Gesicht wurden sämtlich mit ungemeshter Spalthaut durchgeführt.

Bei sechs Patienten konnte aus den Akten nicht mehr nachvollzogen werden, ob

die Spalthauttransplantate gemesht waren oder nicht.

Von den 34 Patienten mit Gesichtsbeteiligung erhielten neun Patienten eine

operative Versorgung der Brandwunden, 25 Patienten wurden konservativ

versorgt. Die durchgeführten operativen Maßnahmen im Gesichtsbereich sind in

Page 47: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

45

Tabelle 7 dargestellt. Auch hier stehen die Nekrosektomie und die

Spalthauttransplantation an erster Stelle.

Tabelle 8 Operationen im Kopfbereich; n=9

N % d. F.

Tangentiale Nekrosektomie 6 66,6

Spalthauttransplantation 4 44,4

Dermabrasio 2 22,2

Amputation eines Ohres 1 11,1

Plastische Rekonstruktion eines Ohres 1 11,1

Zu den sonstigen operativen Versorgungen zählen beispielsweise die

Beinhochlagerung mittels Fixateur externe nach Debridement infizierten

Granulationsgewebes, xenogene Hauttransplantationen oder die

Vollhautentnahme zur Keratinozytenzüchtung.

Folgende Amputationen bzw. Verluste von Körperteilen konnten bei sieben

Patienten nicht verhindert werden:

Amputation des linken Mittelfingers (D III) im Grundgelenk

Verlust beider Ohren (später erfolgte eine plastische Rekonstruktion)

Amputation des Kleinfingers (D IV) im proximalen Interphalangealgelenk

(PIP)

Mammaablatio beidseits

Amputation des Daumens (D I) und des Zeigefingers (DII) im

Grundgelenk

Amputation DII – DIV rechts im Grundgelenk sowie Amputation von DI

rechts im Grundgelenk und DII – DV im PIP-Gelenk

Amputation DII links im PIP-Gelenk

3.7 Mortalität und stationäre Aufenthaltsdauer

Es verstarben achtzehn (40%) der 45 Patienten dieser Studie im BG

Universitätsklinikum Bergmannsheil an den Folgen ihrer Verbrennungen.

Page 48: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

46

Der ABSI-Score aller Patienten lag im Mittel bei 9,23. Die 27 Überlebenden hatten

einen signifikant niedrigeren ABSI-Score von im Mittel 7,04 (Streuung: 4-11)

gegenüber 12,3 (Streuung: 10-16) bei den 18 Verstorbenen (p<0,01).

Für die Dauer des stationären Aufenthaltes im Verbrennungszentrum fehlten die

Daten von zwei Patienten, die verbleibenden 43 Patienten waren zwischen einem

und 123 Tagen hospitalisiert. Der Mittelwert lag bei 27,1±30,6 Tagen (75. Quartil:

36 Tage). Die Verteilung der Liegedauer ist im Histogramm im Anhang dargestellt

(Abb. 2).

3.7.1 Stationäre Aufenthaltsdauer in Bezug auf Mortalität

Die Patienten, die an den Verbrennungsfolgen verstarben, hatten eine mittlere

stationäre Aufenthaltsdauer von 6,3±7,2 Tagen (Minimum 1 Tag, Maximum 32,

Median 5 Tage). Auch hierzu befindet sich eine Grafik im Anhang (Abb. 3).

Von den 27 Überlebenden fehlten bei zwei Patienten die Angaben über die

stationäre Aufenthaltsdauer. Die mittlere Liegedauer betrug in dieser Gruppe

42±32,3 Tage (Median: 27 Tage). Siehe hierzu auch Abb. 4 im Anhang.

3.7.2 Stationäre Aufenthaltsdauer und Mortalität in Bezug auf ein

Inhalationstrauma

Insgesamt erlitten 30 Patienten (66,7%) ein Inhalationstrauma. Die stationäre

Aufenthaltsdauer lag in dieser Patientengruppe zwischen einem und 123 Tagen

mit einem Median von 9 Tagen (75. Quantil 34,5 Tage, Mittelwert 25,45 Tage).

Siebzehn Patienten mit Inhalationstrauma (56,7%) verstarben an den Folgen der

Verbrennungen. Der Quartilsabstand der stationären Aufenthaltsdauer (LOS =

length of stay) lag zwischen zwei und acht Tagen. Die Patienten wiesen eine

mittlere vKOF von 70,4±17% auf.

Die Hospitalisierungsdauer der 13 überlebenden Patienten mit IHT betrug im Mittel

52,1 Tage (Quartilsabstand: 21,25–82 Tage) mit einer mittleren vKOF von

33,46%. Im Vergleich dazu lag die mittlere vKOF bei allen Patienten mit

Inhalationstrauma bei 54,3±24,2%.

Es verstarb eine Patientin von den 15 Patienten ohne Inhalationstrauma (vKOF

78% LOS=1), 14 Patienten (93,3%) überlebten. Der Unterschied der

Page 49: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

47

Überlebensrate der Patienten ohne IHT gegenüber denen mit IHT ist mit p=0,01

signifikant.

Die mittlere vKOF der Patienten ohne Inhalationstrauma, die nicht verstarben, lag

bei 20,1±17% (Minimum 3%, Maximum 62%, Median 16,3%); der Median der

Aufenthaltsdauer lag bei 19 Tagen (75.Quartil=56,5 Tage). Zur Veranschaulichung

der Daten dienen die folgende Tabelle 9 sowie Abbildungen 5 und 6 im Anhang.

Tabelle 9 Zusammenhang zwischen Inhalationstrauma und Überlebensrate;

n=45; p=0,001

Verstorben Überlebt Total

Inhalationstrauma Nein 1 14 15

Ja 17 13 30

Total 18 27 45

3.7.3 Mortalität in Bezug auf die verbrannte Körperoberfläche

Bei den Verstorbenen betrug die mittlere vKOF 70,8% (75. Quartil 75%); die vKOF

der Überlebenden war mit durchschnittlich 27% signifikant geringer (p<0,01).

Keiner der Patienten mit einer vKOF von 69% oder mehr überlebte die

Brandverletzung. Demgegenüber überlebten alle Patienten, die 41% oder weniger

ihrer Hautoberfläche verbrannt hatten.

3.7.4 Komplikationen

Im Rahmen des stationären Aufenthaltes im Verbrennungszentrum des

Bergmannsheils traten bei 33 Patienten folgende Komplikationen in Folge der

Verbrennungen auf:

Acht Patienten entwickelten ein ARDS (17,8% der 45 Patienten), davon wiesen

75% ein IHT auf.

Insgesamt traten bei 12 Patienten (36,4%) pulmologische Komplikationen (ARDS,

Pneumonie oder Atelektasen) auf. Die Mortalität dieser Subpopulation lag bei

50%.

Weitere häufige Komplikationen waren eine katecholaminpflichtige

Kreislaufinstabilität (33,3%, Mortalität 86,7%), Sepsis und Wundinfektionen (je

Page 50: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

48

17,8%) sowie Teilnekrose der Transplantate bis hin zum Transplantatverlust

(13,3%). Alle Patienten, die eine Sepsis entwickelten, verstarben.

Die unten eingefügte Tabelle 10 gibt die Häufigkeitsverteilungen der beobachteten

Komplikationen an.

Traten katecholaminpflichtige Kreislaufinstabilität, Niereninsuffizienz, Sepsis oder

Teilnekrosen der Transplantate auf, so war die Mortalität signifikant höher als bei

Patienten ohne diese Komplikationen. Die übrigen aufgetretenen Komplikationen

wiesen hinsichtlich der Sterberate keinen signifikanten Unterschied auf.

Page 51: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

49

Tabelle 10 Komplikationen während des stationären Aufenthaltes; n=45; Komplikationen traten bei

33 Patienten auf. Die Prozentangaben beziehen sich auf 45 Patienten. Eine statistische Signifikanz

hinsichtlich der Mortalität liegt vor, wenn p<0,05 (*).

Komplikationen N % d. F. p

Kreislaufinstabilität 15 33,3% < 0,01*

Niereninsuffizienz 11 24,4% < 0,01*

Pulmologische Komplikationen 12 36,4% 0,145

ARDS 8 17,8% 0,159

Atelektasen 2 4,4% 0,677

Pneumonie 4 8,9% 0,774

Sepsis 8 17,8% < 0,01*

Transplantatnekrosen/

Transplantatverlust 4 13,3% 0,032*

Wundinfektionen 8 17,8% 0,351

Delirante Symptome 2 6,7% 0,150

Sekundäre Cholangitis 2 4,4% 0,247

Disseminierte intravasale

Gerinnungsstörung 1 2,2% 0,225

Toxisch-Generalisierter

Krampfanfall 1 2,2% 0,420

Tachyarrhythmia absoluta 1 2,2% 0,420

Ileus 1 2,2% 0,420

3.8 Nachbehandlung

3.8.1 Rehabilitation

Von den Patienten, die den Suizidversuch überlebten, wurden elf Patienten

(40,7%) in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen, die bei acht Patienten

(72,7%) an eine psychologisch-psychiatrische Betreuung gekoppelt war, neun

Patienten wurden nach Hause entlassen und bekamen keine weitere stationäre

Rehabilitationsmaßnahmen.

In 26% ließ sich nicht nachvollziehen, ob eine Rehabilitation nach dem Aufenthalt

im BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil erfolgte oder nicht.

Die Patienten, bei denen sich eine Rehabilitation anschloss, hatten eine mittlere

vKOF von 35,5% (Median: 30,3%), bei den Patienten ohne Rehabilitation lag die

Page 52: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

50

vKOF im Mittel bei 16,3% (Median 14,8%). Der Unterschied ist nicht signifikant

(p=0,241).

Von den nachuntersuchten Patienten wurden 54,5% (n=6) in die Rehabilitation

entlassen. Weder hinsichtlich der Beeinträchtigung im sozialen Bereich durch die

Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes auf Grund der Verbrennungen

noch hinsichtlich funktioneller Beeinträchtigungen (Berührungsempfinden,

Temperaturempfindungen, Sport, Verrichtungen im Haushalt, Freizeit, Ertragen

von Hitze und Kälte) konnte zwischen diesen beiden Gruppen ein signifikanter

Unterschied nachgewiesen werden. Das Outcome der beiden Gruppen ist

vergleichbar. Tabelle 11 Soziale Beeinträchtigung der nachbefragten Patienten (n=11) auf Grund der

Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes durch die Verbrennungswunden. Vergleich

zwischen Patienten mit und ohne Rehabilitationsmaßnahmen.

Beeinträchtigung Ohne Rehabilitation

Mit Rehabilitation

p

Freunde Keine/ Leichte 80% 66,70% 0,662

Starke/ Sehr starke 20% 33,30%

Familie Keine/ Leichte 80% 66,70% 0,662

Starke/ Sehr starke 20% 33,30%

Partnerschaft Keine/ Leichte 40% 16,70% 0,427

Starke/ Sehr starke 20% 16,70%

Keine Partnerschaft 40% 66,70%

Aufbau neuer Kontakte Keine/ Leichte

80% 83,30% 0,900

Starke/ Sehr starke 20% 16,70%

Tabelle 11 stellt die Beeinträchtigung im sozialen Bereich im Vergleich zwischen

Patienten mit und ohne Rehabilitationsmaßnahmen im Anschluss an den

Aufenthalt im Verbrennungszentrum dar. Durch das veränderte äußerliche

Erscheinungsbild fühlten sich beide Patientengruppen hinsichtlich verschiedener

sozialer Kontakte nur leicht beeinträchtigt. Auffällig ist, dass alle Patienten ohne

Rehabilitationsmaßnahmen angaben, nach der Selbstverbrennung eine

verbesserte Qualität der Beziehung zu Freunden zu haben. Bei Patienten mit

Rehabilitationsmaßnahmen war dies bei 66,7% der Fall (s. Tab. 5 im Anhang), der

Unterschied ist signifikant (p=0,019).

Page 53: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

51

Hinsichtlich der funktionellen Beeinträchtigung bestand zwischen den beiden

Gruppen kein signifikanter Unterschied. Die Patienten mit anschließender

Rehabilitation zeigten jedoch eine tendenziell bessere Entwicklung und

geringgradigere Einschränkungen (s. Tab. 6 im Anhang).

Auch die Einzelergebnisse des SF-36 (Fragebogen zum allgemeinen

Gesundheitszustand) zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den

beiden Subpopulationen, die einzelnen Ergebnisse sind in Tabelle 12 dargestellt.

Zu bedenken ist jedoch, dass Patienten, die keine Rehabilitationsmaßnahmen

erhielten, weniger ausgedehnte Verbrennungen aufwiesen als die Patienten, bei

denen sich eine Rehabilitation anschloss.

Eine detailliertere Auswertung der o. g Faktoren des Outcomes sowie des SF-36

folgt weiter unten.

Page 54: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

52

Tabelle 12 Vergleich der Ergebnisse des SF-36 (n=11) zwischen den Patienten mit und ohne

Rehabilitationsmaßnahmen (Reha) im Anschluss an den Aufenthalt im Verbrennungszentrum

Bochum. Es liegen keine signifikanten Unterschiede vor.

Skala des SF-36 Mittelwert p

Körperliche Funktionsfähigkeit Mit Reha 70 0,82

Ohne Reha 64,2

Körperliche Rollenfunktion Mit Reha 100 0,186

Ohne Reha 66,6

Körperliche Schmerzen Mit Reha 86,8 0,097

Ohne Reha 57

Allgemeine

Gesundheitswahrnehmung Mit Reha 58,6 0,976

Ohne Reha 59,3

Vitalität Mit Reha 61 0,83

Ohne Reha 64,2

Soziale Funktionsfähigkeit Mit Reha 82,5 0,458

Ohne Reha 72,9

Emotionale Rollenfunktion Mit Reha 60 0,891

Ohne Reha 55,6

Psychisches Wohlbefinden Mit Reha 77,6 0,084

Ohne Reha 62,7

Körperliche Summenskala Mit Reha 50 0,638

Ohne Reha 44,9

Psychische Summenskala Mit Reha 48,2 0,709

Ohne Reha 43,1

3.8.2 Folge-Operationen

Nach der Entlassung aus der Klinik waren in einigen Fällen weitere

Folgeoperationen notwendig. In 18 von 27 Fällen ließ sich ermitteln, ob weitere

Operationen auf Grund der Verbrennungen durchgeführt wurden oder nicht,

wovon in bis auf einem Fall bekannt ist, wie viele Operationen durchgeführt

wurden. In zwei Fällen ließ sich nicht ermitteln, wann die Folgeoperationen

stattfanden.

Auf eine weitere operative Nachbehandlung wurde bei acht Patienten (44,5%)

verzichtet. Im Mittel erhielten die übrigen zehn Patienten 1,67 Folge-Operationen.

Page 55: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

53

Einmalig ließen sich fünf Patienten operieren, das Maximum lag bei vier

Operationen (ein Patient). In vier Fällen wurden während eines stationären

Aufenthaltes zwei Operationen durchgeführt, sodass kein Patient mehr als zwei

stationäre Aufenthalte durch die chirurgische Nachbehandlung hatte. Durchgeführt

wurden folgende Operationen:

Spalthautentnahme und Spalthauttransplantationen

Vollhautentnahme

Narbenkorrekturen, Lösung von Narbenkontrakturen und

Narbenexzission

Z-Plastik an Fingern und im Halsbereich

Nervus-medianus-Rekonstruktion

Tabelle 7 im Anhang gibt eine genaue Aufschlüsselung der durchgeführten

Eingriffe und deren Zeitpunkt nach der Selbstverbrennung.

Der erste stationäre Aufenthalt zur operativen Nachbehandlung erfolgte bei der

Hälfte der Patienten innerhalb von 11,5 Monaten. Die früheste Folgeoperation

wurde nach sechs Monaten vorgenommen, maximal lagen 54 Monate zwischen

der Verbrennung und der Folgeoperation.

Zwei Patienten hatten einen weiteren stationären Aufenthalt: Die eine Patientin

wurde nach sechs und 12 Monaten jeweils zweimal operiert, der andere Patient

ließ sich nach 7,5 und 33 Monaten operieren.

In der Nachuntersuchung wurden die elf Patienten außerdem gefragt, ob noch

weitere Operationen geplant seien. Drei Patienten (27,3%) bejahten diese Frage

und hatten nach der Verbrennung bereits eine Folge-Operation. Folgende Eingriffe

waren demnach noch geplant:

Narbenkorrektur des Brustkorbes und der Axillen

Brustrekonstruktion, Liposuktion

Daumenumsetzung und Konturkorrektur der rechten Flanke.

3.9 Psychiatrische Anamnese

Als Risikofaktor von Suizidversuchen gilt eine psychiatrische Grunderkrankung

oder Suizidversuche in der Vorgeschichte. Aber auch psychiatrische

Erkrankungen in der Familie oder im sozialen Umfeld können das Risiko für

Suizidversuche erhöhen. Die Daten des folgenden Abschnittes beziehen sich im

Page 56: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

54

Wesentlichen auf das Interview mit den nachbefragten Patienten, teilweise konnte

aber auch auf Angaben aus den Akten zurückgegriffen werden. Jedoch sind diese

Daten nicht so detailliert wie aus den direkten Gesprächen und deswegen

unvollständig.

3.9.1 Psychiatrische Familienanamnese

Die Auswertung dieser Daten bezieht sich auf die elf nachbefragten Patienten, da

über die andern Patienten keine Informationen zur Familienanamnese erhoben

werden konnte.

Eine positive Familienanamnese für psychiatrische Erkrankungen ließ sich bei drei

Patienten feststellen. In einem Fall litt der Vater des Patienten an einer nicht näher

bekannten psychiatrischen Erkrankung, im anderen Fall hatte die Schwester des

Patienten ebenfalls einen Suizidversuch begangen, sie und der Patient seien

sexuell missbraucht worden.

Bei einer weiteren Patientin war in der Familie ein Suizidversuch einer entfernten

Verwandten bekannt, die sich vor ein Auto geworfen hatte und sich dadurch eine

Querschnittlähmung zugezogen hatte. Diese Suizidantin stand allerdings nicht in

näherem Kontakt zur Patientin dieser Studie.

3.9.2 Vorherige Suizidversuche

Bei 29 Patienten des Gesamtkollektivs waren Informationen darüber vorhanden,

ob vor der Selbstverbrennung bereits andere Suizidversuche unternommen

worden waren. Fünfzehn Patienten (51,7%) hatten dies in der Vergangenheit nicht

versucht, vierzehn Patienten (48,3%) hatten vorher bereits mindestens einmal

versucht, sich das Leben zu nehmen.

Der Median lag in der Patientengruppe mit vorangegangenen Suizidversuchen bei

zwei früheren Suizidversuchen.

Von den Nachbefragten gaben drei Patienten an, mehr als fünf Suizidversuche

unternommen zu haben, wobei sie zur genauen Anzahl keine Auskunft geben

konnten. Bei einem Patienten war nicht bekannt, wie viele Suizidversuche es in

der Vorgeschichte gegeben hat.

Page 57: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

55

Die Methode früherer Suizidversuche war in acht Fällen bekannt. Wie aus Tabelle

13 ersichtlich wird, wählten die Patienten am häufigsten

Medikamentenintoxikationen, Schnittverletzungen sowie Sprünge aus der Höhe

als Suizidmethode.

Tabelle 13 Methoden früherer Suizidversuche, n=8, N: Anzahl der Patienten, die diese

Suizidmethode wählte.

Methoden früherer Suizidversuche N

Medikamentenintoxikation 6

Sprung aus der Höhe 3

Schnittverletzungen 4

Strom 1

Erstickung 1

Medikamentenintoxikation in Kombination

mit Schnittverletzung 1

Page 58: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

56

3.9.3 Psychiatrische Vorerkrankungen und frühere Therapien

Die Aktenrecherche ermöglichte es, bei 36 Patienten eine Aussage zu treffen, ob

vor der Selbstverbrennung bereits psychiatrische Erkrankungen bekannt waren.

Diesbezüglich wiesen sechs Patienten (16,6%) eine blande Anamnese auf. Die

einzelnen Diagnosen der übrigen Patienten (n=24) und deren Häufigkeit sind in

Tabelle 14 aufgelistet.

Tabelle 14 Diagnosen psychiatrischer (psych.) Vorerkrankungen. *:Bei 36 Patienten war bekannt,

ob eine psychiatrische Vorgeschichte vorlag oder nicht, davon lag bei 30 Patienten eine positive

Anamnese vor.

Psychiatrische Vorerkrankungen N

% der Patienten mit psych. Vorerkrankung

(n=30)

% aller Patienten*

(n=36)

Depression 18 60% 50%

Schizophrenie/

Psychose 10 33,30% 27,78%

Persönlichkeitsstörung 4 13,30% 11,11%

Sonstige 3 10,00% 8,33%

Von den elf nachbefragten Patienten hatten neun Patienten (81,8%) eine

psychiatrische Anamnese und waren deswegen bereits vor dem Index-

Suizidversuch in psychologisch-psychiatrischer Behandlung gewesen: Drei

Patienten hatten ambulante Therapien, vier Patienten waren wegen der

psychiatrischen Erkrankung stationär in Behandlung gewesen und zwei Patienten

hatten sowohl an stationären als auch ambulanten Therapien teilgenommen.

Page 59: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

57

Tabelle 15 Psychiatrische Vorerkrankungen und deren Therapie der nachbefragten Patienten,

n=9. Jede Zeile steht für einen Patienten. 1: Die genaue Diagnose war dem Patienten nicht

bekannt; 2: Bekannt seit über 40 Jahren

Diagnose Therapieform Hat die Therapie spürbar geholfen?

Unbekannte Diagnose stationär nein

"Nervosität" 1 stationär ja

Als Kind ADHS, später

Depression ambulant ja

Chronische Depression 2

ambulant und

stationär ja

Depression ambulant nein

Depression stationär ja

Emotional instabile

Persönlichkeitsstörung stationär nein

Schizoide

Persönlichkeitsstörung

ambulant und

stationär ja

Schizophrenie ambulant nein

Tabelle 15 fasst zusammen, welche Diagnosen bei den nachbefragten Patienten

gestellt wurden, wie sie psychiatrisch behandelt wurden und ob die Therapie ihnen

subjektiv spürbar geholfen habe.

3.10 Psychiatrischer Verlauf

Nicht nur die psychiatrische Vorgeschichte, sondern auch der weitere

psychiatrische Verlauf der Patienten soll in dieser Studie untersucht werden. Zum

einen wird im Folgenden beschrieben, ob nach dem Suizidversuch eine

psychiatrische Betreuung oder Therapie stattfand, ob diese subjektiv geholfen hat

und zum anderen sollen objektive Kriterien wie weitere Suizidversuche und

aktuelle psychiatrische Diagnosen erfasst werden. Sofern möglich, wurde

versucht, mit Hilfe der Akten eine Auswertung vorzunehmen, die sich auf alle 27

Patienten bezog, die die Selbstverbrennung überlebt hatten. Dies war nicht immer

möglich, insbesondere qualitative Beurteilungen der Therapie und die aktuelle

Page 60: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

58

psychiatrische Versorgung und Verfassung konnten nur durch das direkte

Interview mit den elf nachbefragten Patienten erfasst werden.

3.10.1 Psychiatrische Nachbehandlung

Schon während des stationären Aufenthaltes im BG-Universitätsklinikum erhielten

25 Patienten eine konsiliarische psychologisch/psychiatrische Betreuung, meist in

Form eines oder mehrerer psychiatrischer/ psychologischer Gespräche. Zwanzig

Patienten erhielten keine entsprechende Behandlung, wovon 18 im

Bergmannsheil verstarben.

Eine Aussage, ob und in wie fern diese Gespräche für die Patienten hilfreich

waren, ist nur bei den elf Patienten, die am Interview teilnahmen möglich.

Von den Patienten, die an der Befragung teilnahmen, gaben neun Patienten an,

eine seelische Hilfestellung angeboten bekommen zu haben. Bei vier Personen

handelte es sich hierbei um Hilfestellung durch den behandelnden Arzt,

Pflegepersonal oder einen Seelsorger, fünf Patienten erhielten eine

psychologisch-psychiatrische Betreuung durch entsprechendes Fachpersonal

(Psychiater/ Psychologen). Die Betreuung durch einen Psychiater oder

Psychologen empfanden drei Patienten (60%) als hilfreich, wohingegen 75% der

Patienten, die durch Nicht-Fachpersonal betreut wurden, die Hilfestellung als gut

empfanden (s. Tab. 16).

Tabelle 16 Psychologisch-psychiatrische Betreuung während des stationären Aufenthaltes im BG-

Universitätsklinikum Bergmannsheil, n=9

Betreuendes Personal

War die Betreuung hilfreich? Ja Nein

Gesamt

Pflegepersonal 1 1 2

Behandelnder Arzt 0 1 1

Seelsorger/

Geistlicher 0 1 1

Psychiater/

Psychologe 2 3 5

Gesamt 3 6 9

Page 61: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

59

Hinsichtlich der weiteren psychiatrischen Betreuung nach der Entlassung aus dem

BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil konnte aus der Aktenrecherche von den

Überlebenden bei fünf Patienten nicht nachvollzogen werden, ob nach der

Entlassung aus dem Bergmannsheil eine weitere psychiatrische Behandlung

erfolgte oder nicht.

Zwei Patienten der Überlebenden begaben sich laut Aktennotizen nach dem

Suizidversuch nicht in eine psychiatrische Therapie, wohingegen 20 Patienten

(74,1%) im Anschluss psychologisch oder psychiatrisch betreut wurden. Einer der

Patienten, der sich nicht in psychiatrische Behandlung begab, verließ das BG-

Universitätsklinikum gegen ärztlichen Rat und war incompliant. Bei dem anderen

Patienten fehlten Informationen über die Gründe der nicht fortgesetzten

psychiatrischen Betreuung. Die Daten sind grafisch in Abb. 7 im Anhang

dargestellt.

3.10.2 Weitere Suizidversuche und Selbstverletzungen

Es ist von fünfzehn der 27 Überlebenden bekannt, ob nach der Selbstverbrennung

weitere Suizidversuche unternommen wurden. Bei neun Patienten (60%) war dies

nicht der Fall. Diese neun Patienten wurden alle während ihres stationären

Aufenthaltes psychologisch-psychiatrisch betreut.

Vier Patienten, die psychologisch-psychiatrisch im Verbrennungszentrum betreut

wurden, sowie die zwei nicht psychologisch-psychiatrisch betreuten Patienten

begingen mindestens einen weiteren Suizidversuch. Allerdings besteht kein

signifikanter Unterschied hinsichtlich weiterer Suizidversuche zwischen den

Patienten mit und ohne psychiatrische Betreuung (p=0,188). Die Daten sind in

Tabelle 17 zusammengefasst.

Page 62: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

60

Tabelle 17 Psychiatrische Betreuung im BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil und weitere

Suizidversuche, n=15

Psychiatrische Betreuung im BG Universitätsklinikum

Anzahl weiterer Suizidversuche 0 1 2 3 > 10

Gesamt

Nein 0 1 1 0 0 2

Ja 9 2 0 1 1 13

Gesamt 9 3 1 1 1 15

Von den nachbefragten Patienten gaben sechs Personen an, nach der Verbrennung noch

mindestens einen weiteren Suizidversuch unternommen zu haben. Im Interview wollten

zwei der Patienten keine Auskunft darüber geben, welche Methode sie für weitere

Suizidversuche wählten. Die anderen vier Patienten berichteten von Schnittverletzungen,

Intoxikationen, Sprüngen aus der Höhe und Ingestionen von gefährlichen Gegenständen

(s. Tab. 18). Die Suizidversuche erfolgten sechs bis 24 Monate nach der

Selbstverbrennung.

Durch die Nachbefragung konnte außerdem ermittelt werden, dass eine Patientin

mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung sich zusätzlich zu zwei

weiteren Suizidversuchen eine Vielzahl an Selbstverletzungen zufügte. Sie nannte

dabei beispielsweise Verbrennungen ihrer Brüste mit offenem Feuer,

Schnittverletzungen an den Unterarmen (zum Teil mit Sehnendurchtrennung) oder

diverse Treppenstürze. Leider lagen keine detaillierten Daten dazu vor, wie

ausgedehnt die Verbrennungen der Brüste waren, es handelte sich jedoch um

leichtgradige Verbrennungen. Im Rahmen des Suizidversuches durch

Selbstverbrennung zog die Patientin sich zweit- bis drittgradige Verbrennungen

von 12% der Körperoberfläche an den Ober- und Unterschenkeln zu. In

Kombination mit einer Medikamentenintoxikation übergoss sie sich die Beine mit

Spiritus und zündete sich an. Die übrigen nachbefragten Patienten verneinten die

Frage nach weiteren Selbstverletzungen.

Niemand wählte als Methode für weitere Suizidversuche eine Selbstverbrennung.

Des Weiteren gaben alle nachbefragten Patienten an, diese Methode für

eventuell. zukünftige Selbsttötungsversuche nicht mehr verwenden zu wollen.

Page 63: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

61

Tabelle 18 Anzahl, Methode und Zeitpunkt weiterer Suizidversuche, n=6, Jede Zeile steht für einen

Patienten, *: Diese Patienten wollten keine Auskunft darüber geben, wann und wie sie im weiteren

Verlauf versucht hatten, sich das Leben zu nehmen.

Anzahl weiterer Suizidversuche Suizidmethode

Zeitpunkt der Suizidversuche (in Monaten nach der Verbrennung)

1 Unbekannt * Unbekannt *

1 Unbekannt * Unbekannt *

1

Tiefe Schnittverletzungen an den

Unterarmen 6 Monate

2

Alkoholintoxikation

Schnittverletzungen an den

Unterarmen

12 Monate

24 Monate

3

Zwei Fenstersprünge aus dem 1.

bzw. 3. Stock

Ein Brückensprung Unbekannt

>10

Ingestion halbierter Batterien,

Stecknadeln oder Nägel Unbekannt

3.11 Psychiatrische Anamnese zur Zeit der Datenerhebung

Zum Zeitpunkt der Datenerhebung befanden sich vier von elf Patienten in

psychiatrischer Behandlung, ein Patient wurde stationär betreut, drei ambulant.

Alle gaben an, diese Therapie helfe spürbar.

Folgende Diagnosen wurden gestellt:

Schizophrenie (zweimal)

Depression

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

Die Diagnosen stimmten in drei Fällen mit denen vor der Selbstverbrennung

gestellten Diagnosen überein, einer der Patienten mit Schizophrenie kannte seine

damalige Diagnose nicht.

Weiterhin ist von einer Patientin, die nicht an der Befragung teilnehmen konnte,

bekannt, dass sie sich nach der Selbstverbrennung bis zur Datenerhebung

nahezu durchgängig in psychiatrischer Therapie befunden hat und sowohl vor als

auch nach der Selbstverbrennung zahlreiche Selbstverletzungen und

Page 64: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

62

Suizidversuche unternommen hat. Bis dato war der psychische Zustand der

Patientin sehr labil. Sie wurde wegen folgender Krankheitsbilder therapiert:

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit zeitweisen psychotischen

Symptomen, chronische Polytoxikomanie und chronischer Alkoholabusus.

Es wurde von zwei Patienten angegeben, auch zur Zeit der Datenerhebung noch

Suizidgedanken zu haben.

3.12 Auswertung des selbst erstellten Fragebogens (n=11)

Ziel des selbst erstellten Fragebogen ist es, die damaligen Lebensumstände der

Patienten zu erfassen, den Verlauf bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung

nachvollziehen zu können und so einige mögliche Risikofaktoren aber auch

positive oder negative Entwicklungen herauszuarbeiten.

3.12.1 Soziokulturelle Situation

Das soziale Umfeld und der kulturelle Hintergrund prägen eine Person stark. Hier

sollte nun untersucht werden, ob es Übereinstimmungen hinsichtlich

verschiedener Faktoren bei den Patienten gab und ob sich diese im Verlauf

geändert haben.

3.12.1.1 Persönliche Faktoren

Zur Zeit des Suizidversuches befanden sich drei Patienten (27,3%) in einer festen

Partnerschaft, einer von ihnen (9,1%) war verheiratet, acht Personen (72,7%)

lebten allein. Sieben Patienten (63,6%) waren kinderlos, eine Person (9,1%) hatte

ein Kind, zwei Patienten (18,1%) hatten zwei Kinder und ein Patient (9,1%) drei

Kinder.

Zur Zeit der Datenerhebung befanden sich fünf Patienten (45,5%) in einer festen

Partnerschaft, zwei davon waren verheiratet. Sieben Patienten (63,6%) waren

nach wie vor kinderlos, drei (27,3%) statt vorher zwei (18,1%) Patienten hatten

zwei Kinder und ein Patient (9,1%) hatte nach wie vor ein Kind.

Page 65: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

63

3.12.1.2 Einfluss der Religion

Alle Patienten gehörten der christlichen Religion an, einen Einfluss der Religion

auf die Wahl der Suizidmethode gab eine streng-gläubige Katholikin an. Sie

vermutete zur Zeit der Selbstverbrennung im gleichen Alter wie Jesus bei seiner

Kreuzigung gewesen zu sein und gab an, das Feuer habe für sie das Fegefeuer

dargestellt.

Ein Patient gab an, sein Glaube sei nach der Selbstverbrennung stärker geworden

und der Einfluss der Religion auf sein Leben sei gewachsen, zum Zeitpunkt der

Selbstverbrennung habe die Religion jedoch keine wesentliche Rolle in seinem

Leben gespielt. Bei den übrigen befragten Patienten hatte die Religion keinen

wesentlichen Einfluss auf den Suizidversuch oder den weiteren Verlauf.

3.12.1.3 Bildung und berufliche Faktoren

Je vier Patienten (36,4%) besaßen zur Zeit der Selbstverbrennung einen

Hauptschul- bzw. Realschulabschluss. Ein Patient (9,1%) hatte die

Fachhochschulreife erlangt und zwei Patienten (18,1%) hatten das Abitur

abgelegt.

Sechs Patienten (54,5%) waren zur Zeit des Suizidversuches berufstätig, fünf

Patienten (45,5%) waren nicht berufstätig, wovon eine Patientin wegen einer

Querschnittslähmung berufsunfähig war. Finanzielle Schwierigkeiten gaben drei

Patienten (27,3%) an, zwei davon waren arbeitslos, der dritte war Student.

Ein Patient (9,1%) kehrte nach der Selbstverbrennung wieder in seinen alten Beruf

zurück, zwei Patienten (18,1%) wollten nicht in den alten Beruf zurück. Drei

Patienten (27,3%) konnten nach der Verbrennung ihre frühere Tätigkeit nicht

wieder aufnehmen, fünf Patienten (45,5%) blieben nach der Verbrennung

arbeitslos. Die Arbeitslosenquote ist also vor und nach der Selbstverbrennung

konstant.

3.12.1.4 Soziale Kontakte

In Abbildung 11 ist die erlebte Qualität sozialer Kontakte (Familie, Freunde) zum

Zeitpunkt des Suizidversuchs und zum Zeitpunkt der Datenerhebung grafisch

dargestellt. Mehr als die Hälfte empfanden vor der Selbstverbrennung den Kontakt

Page 66: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

64

zur Familie als „schlecht“ oder „eher schlecht“. Der Kontakt zu Freunden wurde

dagegen besser als zur Familie empfunden. Nur drei Patienten (27,3%) hatten

keinen guten Kontakt zu ihren Freunden.

Die Qualität der Beziehungen zu Freunden und Familie verschob sich nach der

Selbstverbrennung mehr in den positiven Bereich. Gaben vier Patienten (45,5%)

an, vor der Selbstverbrennung einen schlechten Kontakt zu ihrer Familie gehabt

zu haben, so traf das im Zeitraum der Datenerhebung nur noch auf einen (9,1%)

Patienten zu.

Fünf Patienten (45,5%) gaben an, vor dem Suizidversuch und auch zum Zeitpunkt

des Interviews einen Freundes- und Bekanntenkreis von mehr als sieben

Personen gehabt zu haben. Einen Freundeskreis von fünf bis sieben Personen

hatte vor der Selbstverbrennung ein Patient (9,1%), im weiteren Verlauf traf dies

auf zwei Patienten (18,1%) zu. Vor der Selbstverbrennung gaben drei Patienten

(27,3%) an, ein bis vier Freunde gehabt zu haben. Dies änderte sich bis zur

Datenerhebung nicht. Eine Patientin (9,1%) berichtete, weder vor der

Selbstverbrennung noch zum Zeitpunkt der Datenerhebung Freunde gehabt zu

haben. Insgesamt hat sich die Größe des Freundeskreises im Verlauf also nicht

wesentlich geändert. Eine grafische Darstellung hierzu befindet sich im Anhang

(Abb. 8).

Auf die Frage, ob sie sich zum Zeitpunkt des Suizidversuches alleine gefühlt

hätten, antworteten acht Patienten (72,7%) mit „Ja“, wobei vier davon einen

Freundeskreis von mehr als sieben Personen angaben. Als das Interview

durchgeführt wurde, fühlten sich noch vier Personen (36,4%) einsam.

Page 67: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

65

Qualität sozialer Kontakte z. Zt. der Selbstverbrennung

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht Kein Kontakt

N FamilieFreunde

Qualität sozialer Kontakte z. Zt. der Datenerhebung

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht Kein Kontakt

N FamilieFreunde

Abbildung 11 Qualität sozialer Kontakte zur Zeit der Selbstverbrennung und zur Zeit der

Datenerhebung, n=11

Es wurde von neun Patienten (81,8%) berichtet, dass sie sich zum Zeitpunkt der

Verbrennung in einer schwierigen Lebenslage befunden bzw. kurz vorher ein

ungewöhnliches, belastendes Erlebnis erlebt hätten. Es folgt eine Auflistung dieser

Erlebnisse bzw. der schwierigen Lebenslage:

Lernprobleme, Drogenkonsum und eine nicht bestandene Prüfung

Auflösung der Dienststelle und des gewohnten Arbeitsteams

Beziehungsprobleme, finanzielle Schwierigkeiten

Probleme in der Schule

Konflikt mit den Eltern und Schulprobleme

Studiumsabbruch und erfolglose Bewerbungen sowie Spielsucht mit

Bankschulden

Page 68: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

66

Depressionen

Gefühl der Einsamkeit, „wie Paulus im Gefängnis“

Unerfüllter Kinderwunsch der Partnerin und Tod der Mutter

Zwei Patienten (18,1%) planten den Suizidversuch vorher, neun (81,8%)

handelten spontan. Ihre Suizidgedanken teilten vorher zwei Patienten (18,1%) mit,

ohne jedoch konkrete Pläne zur Durchführung gehabt zu haben.

3.12.2 Beeinträchtigungen durch die Verbrennungswunden

3.12.2.1 Soziale Beeinträchtigung

Durch die Verbrennungswunden kann das Leben von Brandverletzten

entscheidend verändert werden. In dieser Studie sollte durch das Interview

untersucht werden, inwiefern die Patienten sich durch die Verbrennungswunden

im Alltag beeinflusst fühlen.

Durch die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes auf Grund der

Brandverletzungen kam es bei einigen Patienten zu Beeinträchtigungen im

sozialen Bereich. Wie stark diese in verschiedenen Bereichen ausgeprägt war, ist

in der folgenden Abbildung 12 dargestellt.

Die meisten Patienten fühlten sich durch die Folgen der Verbrennung im sozialen

Bereich nur leicht oder gar nicht beeinträchtigt. Ein Patient (9,1%) jedoch erlebte

durch die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes eine massive

Beeinträchtigung im sozialen Bereich. Lediglich in der Familie habe er die

Beeinträchtigung als leicht erlebt, besonders unangenehm sei ihm der Kontakt

gegenüber Fremden. Insgesamt gaben zwei Patienten (18,1%) sehr starke

Beeinträchtigung gegenüber Fremden an, gegenüber bekannten Personen wurde

von keinem der nachbefragten Patienten eine sehr starke Beeinträchtigung

empfunden.

Von diesen Patienten wiesen mit einer Ausnahme alle Patienten Verbrennungen

im Kopf- oder Halsbereich auf. Die Person, die keine Verbrennungen an

sichtbaren Körperstellen hatte, gab an, keine Beeinträchtigung im sozialen Bereich

zu haben.

Page 69: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

67

Beeinträchtigung im sozialen Bereich aufgrund des veränderten Äußeren

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Gar nicht Leicht Stark Sehr starkBeeinträchtigung

NFreundeskreisFamiliePartnerschaft *Fremde

Abbildung 12 Beeinträchtigung im sozialen Bereich auf Grund des veränderten Äußeren durch die

Verbrennungsnarben, n=11, *: Für die Rubrik „Partnerschaft“ gilt n=5, da sechs Patienten zur Zeit

der Datenerhebung ledig waren.

3.12.2.2 Sensorische Beeinträchtigung

In Abbildung 13 ist dargestellt, wie stark die Patienten zum Zeitpunkt der

Datenerhebung eine Beeinträchtigung in den Qualitäten Hitzeempfinden,

Kälteempfinden, Berührungsempfinden sowie Temperaturempfinden

wahrnahmen. Außerdem kam es durch die Verbrennungsfolgen zu

Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten wie Hausarbeit, Sport oder

Freizeitbeschäftigungen. Es fällt auf, dass im Gegensatz zu den

Beeinträchtigungen im sozialen Bereich, hier mehr Patienten eine starke bis sehr

starke Beeinträchtigung angaben.

Page 70: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

68

Funktionelle Beeinträchtigung

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Keine Leicht Stark Sehr stark

Beeinträchtigung

N

Hitze KälteBerührungTemperaturempfindenHaushaltSport Freizeit

Abbildung 13 Funktionelle Beeinträchtigung auf Grund der Verbrennungswunden, n=11

3.12.2.3 Funktionelle Beeinträchtigung

Bei der Frage nach funktionellen Beeinträchtigungen gaben sechs Patienten

(54,5%) an, durch die Verbrennungswunden keine störenden funktionellen

Beeinträchtigungen zu haben. Vier Patienten (36,4%) berichteten, die

Verbrennungswunden an der oberen Extremität verursache die stärkste

funktionelle Beeinträchtigung. Eine Patientin fühlte sich durch die Verbrennungen

der Brust funktionell am stärksten eingeschränkt (Tabelle 19).

Tabelle 19 Körperregionen mit der subjektiv empfundenen stärksten funktionellen

Beeinträchtigung; n=11

Beeinträchtigte Körperregion N

Obere Extremität 4

Brust 1

Keine funktionelle

Beeinträchtigung 6

Page 71: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

69

3.12.2.4 Psychische Beeinträchtigung

Es fühlten sich durch die Verbrennungswunden fünf Patienten (45,5%) psychisch

nicht beeinträchtigt. Drei Patienten (27,3%) litten unter den Verbrennungswunden

an der oberen Extremität am meisten, zwei Patientinnen (18,2%) fühlten sich

durch die Verbrennungswunden an der Brust psychisch am meisten beeinträchtigt

und ein Patient (9,1%) gab an, die Verbrennungen im Gesicht führten zur

stärksten psychischen Beeinträchtigung (s. Tab. 20).

Tabelle 20 Verbrennungsnarben an Körperregionen mit der subjektiv empfundenen stärksten

psychischen Beeinträchtigung, n=11

Beeinträchtigte Körperregion N

Obere Extremität 3

Brust 2

Gesicht/ Kopf 1

Keine psychische

Beeinträchtigung 5

.

3.12.3 Subjektive Zufriedenheit mit der chirurgischen Therapie

Sehr zufrieden mit der chirurgischen Therapie waren 54,5% (sechs Patienten) und

begründeten dies mit einem guten bis zufrieden stellenden ästhetischen Ergebnis

und einer guten Funktionswiederherstellung.

Drei weitere Patienten (27,3%) gaben an, sie seien eher zufrieden mit dem

Ergebnis der chirurgischen Therapie. Gründe hierfür seien, dass die Haut an

einigen Stellen noch spanne und dass eine Eigenhautentnahme am Oberschenkel

nicht zufrieden stellend abgeheilt sei.

Ein Patient (9,1%) war sehr unzufrieden mit dem Therapieergebnis. Er klagte über

Funktionseinschränkungen des linken Armes und ästhetische Probleme. Dieser

Patient war auf eigenen Wunsch vom Verbrennungszentrum in eine andere Klinik

verlegt worden.

Drei der nachbefragten Patienten wiesen keine Verbrennungen im

Gesichtsbereich auf, zwei von ihnen waren sehr zufrieden, einer eher zufrieden

Page 72: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

70

mit der Therapie. Somit waren von den verbleibenden acht Patienten sechs

Patienten zufrieden oder eher zufrieden mit der Therapie.

3.12.4 Schmerzen

In dem Balkendiagramm (Abb. 15) sind die Schmerzen in den Zeit unmittelbar

nach der Selbstverbrennung und innerhalb der letzten vier Wochen zur Zeit der

Datenerhebung dargestellt.

Schmerzen

0 09,1% 9,1%

27,3%

36,4%

18,2%

63,6%

27,3%

9,1%

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Keine Schmerzen LeichteSchmerzen

StarkeSchmerzen

UnerträglicheSchmerzen

Nicht beurteilbar

NDirekt nach derSelbstverbrennung z.Zt. der Datenerhebung

Abbildung 14 Einschätzung der Schmerzen direkt nach der Selbstverbrennung (retrospektiv) und

zur Zeit der Datenerhebung; n=11

Diese Angaben wurden retrospektiv im Interview erhoben. Es wird deutlich, dass

zur Zeit der Datenerhebung bei zehn Patienten (90,9%) keine bzw. nur noch

leichte Schmerzen verspürt wurden. Ein Patient (9,1%) gab starke Schmerzen an.

Zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung lag das Schmerzempfinden deutlich höher,

jedoch sind diese Angaben kritisch zu sehen, da ein Großteil der Patienten

unmittelbar nach der Verbrennung intubiert und beatmet war und sich die

retrospektiven Schmerzangaben auf die Zeit nach der Beatmung bezogen.

Page 73: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

71

3.12.5 Substanzmissbrauch

Suchtverhalten und Substanzmissbrauch kann als weiterer Risikofaktor für einen

Suizidversuch gesehen werden. Aus der Aktenrecherche waren jedoch keine

detaillierten Angaben zu eruieren, sodass dieser Themenkomplex in den selbst

erstellten Fragebogen aufgenommen wurde.

3.12.5.1 Alkohol

Es gaben sechs der befragten Patienten (54,5%) an, zum Zeitpunkt der

Selbstverbrennung keinen oder nur sehr unregelmäßig Alkohol konsumiert zu

haben. Zwei Patienten (18,1%) berichteten, etwa ein bis vier mal die Woche

alkoholische Getränke zu sich zu nehmen und drei Patienten (27,3%), also etwas

mehr als ein Viertel, trank mehr als viermal in der Woche, wobei Bier das

bevorzugte Getränk war. Etwa zwei Flaschen Bier wurden von einer befragten

Person (9,1%) angegeben, bis zu sechs Flaschen trank eine andere Person

(9,1%) und zwei Patienten (18,2%) gaben an, mehr als sechs Flaschen Bier in der

Woche zu trinken. Ein Patient (9,1%) trank vorzugsweise Schnaps, hiervon

konsumierte er in der Woche ein bis zwei Flaschen.

Somit tranken also fünf von elf Patienten (45,5%) zur Zeit des Suizidversuches

regelmäßig Alkohol, bevorzugt Bier (s. Abb. 15).

Zum Zeitpunkt der Datenerhebung gaben alle elf Patienten an, Alkohol nicht mehr

regelmäßig zu konsumieren. Aus der Gruppe der Nachbefragten gab ein Patient

(9,1%) an, die Selbstverbrennung unter Alkoholeinfluss ausgeübt zu haben, ein

weiterer Patient stand sowohl unter Alkohol-, als auch unter Drogen- bzw.

Medikamenteneinfluss.

Es ist nicht genau bekannt, wie viele der 45 Patienten, die in die Studie

eingeschlossen waren, zur Zeit des Suizidversuches regelmäßig Alkohol

konsumierten. Eine Alkoholabhängigkeit war bei vier Patienten in den Akten

vermerkt.

Page 74: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

72

54,55%

9,09% 9,09%

27,27%

0

1

2

3

4

5

6

7

Nein Ja, 1-2x/Wo Ja, 3-4x/Wo Ja, > 4x/Wo

N

Alkoholkonsum z. Zt. der Selbstverbrennung

Abbildung 15 Alkoholkonsum zur Zeit der Selbstverbrennung, n=11

3.12.5.2 Nikotin

Es waren zehn Patienten (90,9%) zur Zeit der Selbstverbrennung Raucher. Bis auf

einen Patienten (9,1%), der angab, täglich etwa zwei bis drei Zigaretten zu

rauchen, lag die Menge der Zigaretten bei allen übrigen über 10/Tag, vier

Patienten (36,3%) rauchten über 20 Zigaretten täglich.

Aus der Aktenrecherche (n=45) ging hervor, dass mindestens 17 Patienten

(37,8%) zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung Raucher waren, wobei für die

Übrigen aus lückenhafter Datenlage hierüber keine Aussage getroffen werden

kann.

3.12.5.3 Illegale Drogen

Illegale Drogen wurden zur Zeit des Suizidversuches von einem (9,1%) der elf

nachbefragten Patienten regelmäßig konsumiert. Er gab an, nahezu täglich

Haschisch geraucht zu haben. Dies habe bei ihm eine Psychose induziert, in

deren Rahmen es dann letztendlich zur Selbstverbrennung gekommen sei.

Page 75: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

73

Außer dem oben beschriebenen Patienten stand noch ein weiterer Patient

während der Selbstverbrennung unter Medikamenteneinfluss.

Zum Zeitpunkt der Datenerhebung nahm kein Patient mehr regelmäßig illegale

Drogen.

3.13 Auswertung des SF-36 (Fragebogen zur Erfassung des

Gesundheitszustandes)

Die Auswertung des SF-36 orientiert sich an den standardisierten z-Werten.

Hierzu wurden die Daten so umgerechnet, dass der Mittelwert und die Streuung

auf die Normstichprobe definiert sind (Mittelwert=0, Streuung=1). Die

Einzelergebnisse der Patienten sind grafisch im Anhang (Abb. 9 bis 19)

dargestellt. Die Mittelwerte der einzelnen Dimensionen lagen alle innerhalb einer

Standardabweichung, ein signifikanter Unterschied zur Normpopulation bestand

also nicht. Die Werte für Vitalität (z=0,08) und körperliche Rollenfunktion (z=0,02)

entsprachen nahezu denen der Norm (p=0,94 bzw. p=0,88). Die Mittelwerte der

übrigen Dimensionen wichen in den negativen Bereich hin von der Norm ab,

wobei die deutlichsten Unterschiede in den Scores körperliche Funktionsfähigkeit

(z=-0,77, p=0,14), emotionale Rollenfunktion (z=-0,72, p=0,053), allgemeine

Gesundheitswahrnehmung (z=0,67, p=0,43) und psychisches Wohlbefinden

(z=-0,60, p=0,2) zu verzeichnen waren (s. Abb.16).

Die berechneten Mittelwerte der befragten Stichprobe geben letztendlich aber

keinen Hinweis auf einen signifikant eingeschränkten allgemeinen

Gesundheitszustand dieser Patientengruppe.

Page 76: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

-0,77

0,02

-0,21

-0,67

0,08

-0,28

-0,72

-0,60

-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

Psychisches Wohlbefinden

Emotionale Rollenfunktion

Soziale Funktionsfähigkeit

Vitalität

Allgemeine Gesundheitswahrnehumng

Körperliche Schmerzen

Körperliche Rollenfunktion

Körperliche Funktionsfähigkeit

z-Werte

p = 0,201

p = 0,053

p = 0,086

p = 0,938

p = 0,434

p= 0,362

p = 0,880

p = 0,140

Abbildung 16 Mittelwerte der SF-36- Dimensionen (z-Werte, n=11). Keine signifikanten Unterschiede zur Normpopulation (n=2393)

74

Page 77: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

75

Anders stellten sich die Einzelergebnisse und die standardisierten Summenskalen

der Patienten dar. Schon die Summenskalen zeigten, dass besonders die Maße

des psychischen Gesundheitszustandes bei vielen Patienten nicht die Werte der

Gesamtbevölkerung erreichten (Normbereich: 43,14-59,58, Mittelwert: 51,54).

Auch in der körperlichen Summenskala (Normbereich: 40-60,48, Mittelwert: 50,24)

erreichten fünf Patienten (45,5%) nicht die Normwerte. Zwei Patienten (18,1%)

zeigten dabei sowohl in der körperlichen (23,39 bzw. 41,63) als auch in der

psychischen Summenskala (35,31 bzw. 18,43) eine deutliche Abweichung.

Bezogen auf die einzelnen Items ergaben sich bei diesen beiden Personen

gehäuft Abweichungen über mehr als zwei Standardabweichungen hinaus.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, das hier zwar prinzipiell keine der

erfassten Gesundheitsdimensionen im Mittel signifikante Unterschiede zur

Normpopulation zeigten, dass in den Einzelergebnissen aber durchaus eine

Tendenz zu schlechteren Werten als in der Gesamtbevölkerung bestand.

Analog zu der im selbst erstellten Fragebogen enthaltenen Frage nach Schmerzen

innerhalb der letzten vier Wochen (drei Patienten gaben leichte bis starke

Schmerzen an (s.o.)), wichen auch beim SF-36 drei Patienten (27,3%) von den

Normwerten um mehr als eine Standardabweichung ab.

Die Gesundheit wurde dabei von den meisten Patienten (n=8, 72,73%) im

Vergleich zum Vorjahr als unverändert eingeschätzt. Je ein Patient (9,1%) gab an,

er fühle sich derzeit viel besser, etwas besser bzw. etwas schlechter.

3.14 Auswertung des SKID-I

Ein Patient (9,1%) erfüllte weder in der Vergangenheit noch zum Zeitpunkt der

Datenerhebung die Kriterien für eine Einschlussdiagnose des SKID-I. Er selbst

gab an, er habe in seiner Jugend einmalig eine „leichte Depression“ gehabt und

sei deswegen in psychiatrischer Behandlung gewesen. Diese depressive

Verstimmung erfüllte allerdings, retrospektiv erhoben, die Diagnosekriterien nicht.

Auch bei anderen Patienten tauchten Differenzen zwischen der

Selbsteinschätzung im selbst erstellten Fragebogen und dem SKID I auf. Die

einzelnen Diagnosen sind in Tabelle 21 aufgelistet und in Abbildung 17 grafisch

dargestellt.

Frühere Bipolare Störung der Achse I nach DSM-IV Kriterien wurden für

Page 78: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

76

zwei Patienten (18,2%) diagnostiziert, bei einem Patienten lag damals eine

manische Episode vor, bei einem anderen eine depressive Episode.

Psychiatrische Diagnosen der Achse ISKID-I

0

1

2

3

4

5

6

Bipolar

e Stör

ung I

Bipolar

e Stör

ung I

I

MDEPan

ikstör

ung

sozia

le Pho

bie

Angsts

törun

g NNB

PTBSZwan

gsstö

rung

Schizo

phren

ie

psyc

hotis

che S

törun

g NNB

Anz

ahl

Vor dem Suizidversuch

Zur Zeit derDatenerhebung

Abbildung 17 Psychiatrische Diagnosen der Achse I, n=11, die Diagnosen stützen sich auf die

erfüllten Kriterien des SKID-I-Fragebogens. MDE: Major Depression Episode, NNB: Nicht näher

bezeichnet, PTBS: Posttraumatische Belastungsstörung.

Eine derzeitige (zum Zeitpunkt der Datenerhebung) bipolare Störung der Achse I

mit depressivem Charakter lag bei einem Patienten (9,1%) vor.

Frühere Major Depression Episoden (MDE) konnten sicher für fünf Patienten

(45,5%) und nicht sicher bei einem weiteren Patienten (9,1%) kodiert werden. Zum

Zeitpunkt der Datenerhebung trafen die Kriterien auf einen Patienten (9,1%) zu.

Eine Alkoholabhängigkeit wurde bei drei Patienten (27,3%) in der Vergangenheit

diagnostiziert. Zwei Patienten (18,1%) gaben auch in dem selbst erstellten

Fragebogen an, zur Zeit der Selbstverbrennung unter Alkoholproblemen gelitten

zu haben. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung trafen die Diagnosekriterien noch auf

einen Patienten (9,1%) zu, der bei dem selbst erstellten Fragebogen jedoch

angab, nicht regelmäßig Alkohol zu konsumieren.

Page 79: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

77

Tabelle 21 Psychiatrische Diagnosen der nachbefragten Patienten laut SKID-1 und laut

Eigenanamnese. Jede Zeile steht für einen Patienten; n=10. Linke Spalte: Diagnosen laut SKID-I

(Lifetime und aktuell); rechte Spalte: Diagnosen laut Anamnese.

SKID-I Patientenanamnese

Frühere Diagnose Aktuelle Diagnose Diagnose z. Zt. der Selbstverbrennung

Aktuelle Diagnose

Bipolar I

MDE

Schizophrenie

Alkoholabhängigkeit

Sedativabhängigkeit

Cannabisabhängigkeit

Halluzinogenabhängigkeit

Depression

Soziale Phobie

Angststörung NNB

Soziale Phobie

Angststörung NNB

Schizoide

Persönlichkeitsstörung

Generalisierte Angststörung

Zwangsstörung

V.a. MDE

Zwangsstörung

Schizophrenie Schizophrenie

Bipolar I

PTBS

MDE

Panikstörung

Zwangsstörung

Bipolar I (depressiv)

Bipolar II (hypoman)

PTBS

"Nervosität"

Sedativabhängigkeit

Cannabisabhängigkeit

MDE

emotional-instabile

Persönlichkeitsstörung

emotional-instabile

Persönlichkeitsstörung

Alkoholabhängigkeit

Psychot. Störung NNB Psychot. Störung NNB

Alkoholabhängigkeit

Depression Depression

Alkoholabhängigkeit Alkoholabhängigkeit Alkoholabhängigkeit

Cannabisabhängigkeit Schizophrenie

MDE MDE Alkoholabhängigkeit MDE: Major Depression Episode, PTBS: Posttraumatische Belastungsstörung, NNB: Nicht näher bezeichnet

Page 80: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

78

PersönlichkeitsstörungenSKID-II

27,3

9,1

54,5

27,3

18,18

54,5

27,3

36,3

18,2

27,3

54,5 54,5

0

10

20

30

40

50

60

Selbstu

nsich

ere P

S

Depen

dente

PS

Zwangh

afte P

S

Negati

vistis

che P

S

Depres

sive P

S

Parano

ide PS

Schizo

typisc

he P

S

Schizo

ide P

S

Histrio

nisch

e PS

Narzist

ische

PS

Borderl

ine-P

S

Antiso

ziale

PS

% d

er F

älle

Abbildung 18 Überschreiten der Cutt-Off-Werte für Persönlichkeitsstörungen nach SKID-II, n=11

Des Weiteren trafen bei zwei Patienten (18,2%) die Kriterien einer früheren

Sedativasucht und auf drei Patienten (27,3%) die einer früheren

Cannabisabhängigkeit zu. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung lag, vom Alkohol

abgesehen, bei keinem Patienten ein Substanzmissbrauch vor (Abb. 19).

Zwei Patienten (18,2%) litten in der Vergangenheit unter Zwangsstörungen, aktuell

traf die Diagnose noch auf einen Patienten zu.

Insgesamt lässt sich also konstatieren, dass in der Summe weniger psychiatrische

Diagnosen im nachbefragten Patientenkollektiv gestellt werden konnten als zur

Zeit des Suizidversuches.

Substanzabhängigkeit

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

Alkohol Sedativa Cannabis Halluzinogene

Anz

ahl

Vor demSuizidversuch

Zur Zeit derDatenerhebung

Abbildung 19 Substanzabhängigkeiten zur Zeit der Selbstverbrennung und zur Zeit der

Datenerhebung, n=9. Die Diagnosestellung stützt sich auf den SKID-I-Fragebogen.

Page 81: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

79

3.15 Auswertung des SKID-II (Screeningfragebogen)

Der Fragebogen des SKID-II beinhaltet dieselben Fragen wie das Interview (s.

Material und Methoden). In dieser Studie wurde nur der Fragebogen bearbeitet.

Die Fragen zielen auf Kriterien von Persönlichkeitsstörungen ab. Wird eine

bestimmte Anzahl der Fragen mit „Ja“ beantwortet, so kann zwar auf Grunde des

Fragebogens keine sichere Diagnose einer Persönlichkeitsstörung gestellt

werden, aber es gibt einen begründeten Verdacht hierfür.

Abbildung 20 zeigt, wie viele Patienten die Cut-off-Werte für die

Persönlichkeitsstörungen (PS) überschritten.

30,33%

38,64%

29,55%

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Cluster A Cluster B Cluster C

%

Prozentuale Häufigkeit der Diagnosen in den Clustern

Exzentrisches Cluster A: Paranoide Persönlichkeitsstörung (PS), schizoide PS, schizotypische PS; Dramatisches Cluster B: Antisoziale PS, Borderline-PS, Histrionische PS, Narzistische PS; Akademisches Cluster C: Selbstunsichere PS, dependente PS, zwanghafte PS, negativisitische PS.

Abbildung 20 Einteilung der Persönlichkeitsstörungen in Clustern. Der Verdacht auf das Vorliegen

einer Persönlichkeitsstörung beruht auf der Auswertung des SKID-II-Fragebogens

Die Abbildung 21 zeigt die Häufigkeit der Diagnosen in den einzelnen Clustern der

Persönlichkeitsstörungen (PS) nach DSM-IV. Persönlichkeitsstörungen können zu

drei Clustern gruppiert werden. Das Cluster A, auch exzentrisches Cluster,

beinhaltet die paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung.

Zum dramatischen Cluster B werden die antisoziale, histrionische, narzisstische

und Borderline-Persönlichkeitsstörung zugeordnet. Schließlich zählen zum

Page 82: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

80

akademischen Cluster, dem Cluster C, die selbstunsichere, dependente,

zwanghafte und negativistische Persönlichkeitsstörung. Die depressive

Persönlichkeitsstörung ist keinem Cluster zugeordnet, sondern wird heute meist

durch den Begriff „Dysthymia“ nach ICD-10 ersetzt.

Es wird deutlich, dass im Cluster B sowohl absolut als auch prozentual (Prozent

an möglichen positiven Diagnosen im jeweiligen Cluster) die meisten Hinweise auf

Persönlichkeitsstörungen zu finden waren. Ein signifikanter Unterschied bestand

jedoch nicht.

Am häufigsten überschritten die Patienten die Cut-off-Wert der Fragen zur

zwanghaften PS, paranoiden PS sowie zur Borderline-PS (jeweils 54,5%).

Die Aufschlüsselung der einzelnen Patienten und ihrer Diagnosen ist im Anhang

zu finden (Abb. 20-30). Auffällig ist, dass bis auf ein Patient alle Befragten (n=10,

90,9%) für mindestens eine Persönlichkeitsstörung die Cutt-Off-Werte der

entsprechenden Items erreichten (Mittelwert vier Überschreitungen). Eine

Patientin überschritt bei neun der elf Kategorien die Normwerte.

3.16 Auswertung des FAF

Der Fragebogen zur Erfassung der Aggressivitätsfaktoren besteht aus 77 Items,

die sieben verschiedene Aggressivitätsfaktoren erfassen.

Die beiden unten aufgeführten Tabellen 22 und 23 sowie die dazugehörige

Abbildung 22 geben einen Überblick über die Einzelergebnisse für die jeweiligen

Aggressionsfaktoren sowie einen Vergleich der Mittelwerte der untersuchten

Gruppe mit der vom Herausgeber zur Verfügung gestellten Eichstichprobe

(n=630).

Um die Glaubhaftigkeit der Antworten einschätzen zu können, hat der

Herausgeber für die Offenheitswerte bestimmte Normen festgesetzt, sollten diese

unterschritten werden, so muss zumindest in der Aggressionshemmung (FAF 5)

ein Mindestwert erreicht sein. Dies war bei allen Patienten gegeben, so dass

davon auszugehen ist, dass die angegebenen Antworten weitestgehend der

Wahrheit entsprechen.

Page 83: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

81

Tabelle 22 Einzelergebnisse FAF, n=11. Jede Zeile steht für einen Patienten. In Klammern stehen

die Mittelwerte der Eichstichprobe (n=630).

FAF 1

(4,32)

FAF 2

(4,78)

FAF 3

(5,65)

FAF 4

(4,28)

FAF 5

(6,80)

Offenheit

(5,61)

∑A

(14,75)

8 1 3 4 10 3 12

3 3 6 8 10 9 12

1 2 1 11 8 2 4

5 2 6 6 4 6 13

2 2 4 2 9 6 8

1 3 4 4 6 0 8

4 6 4 4 3 4 14

2 0 3 3 6 4 5

1 0 2 6 7 3 3

4 1 6 3 4 5 11

4 3 4 6 7 7 11 FAF 1: spontane Aggression (A.), FAF 2: reaktive A., FAF 3: Erregbarkeit, FAF 4: Selbst-A./ Depression, FAF

5: A.-Hemmung, Off.: Offenheitswert, ∑A.: Summenaggression

Betrachtet man die Einzelergebnisse, so fällt auf, dass im Faktor

„Selbstaggression bzw. Depression“ (FAF 4), fünf der elf Befragten (45,5%)

erhöhte Werte außerhalb der einfachen Standardabweichung (4,32 ±1,39), davon

sogar zwei (18,1%) außerhalb der zweifachen Standardabweichung erreichten.

Auch im FAF 5 (Aggressionshemmung) fallen erhöhte Einzelwerte auf. Hier lagen

drei Patienten (27,27%) außerhalb der einfachen Standardabweichung

(6,80±1,31), davon zwei (18,1%) außerhalb der zweifachen Standardabweichung.

Page 84: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

82

Tabelle 23 Mittelwerte (MW) des FAF der Studienteilnehmer (n=11) im Vergleich zur Norm. Ein

signifikanter Unterschied liegt bei p<0,05 vor(*).

MW Norm p

FAF 1 3,18 4,32 0,108

FAF 2 2,09 4,78 <0,001*

FAF 3 3,91 5,65 0,006*

FAF 4 5,18 4,28 0,277

FAF 5 6,73 6,8 0,922

Offenheit 4,45 5,61 0,157

∑A 9,18 14,75 0,001* FAF 1: spontane Aggression (A.), FAF 2: reaktive A., FAF 3: Erregbarkeit,

FAF 4: Selbst-A./ Depression, FAF 5: A.-Hemmung, Off.: Offenheitswert, ∑A.:

Summenaggression

Abweichungen von der Norm nach unten zeigten sich in drei Items: Der reaktiven

Aggressivität (FAF 2, p<0,001), der Erregbarkeit (FAF 3, p=0,006) sowie in der

Summenaggression (p=0,001), welche sich aus FAF 1 bis FAF 3 zusammensetzt.

Die anderen Werte zeigten keine signifikante Abweichung

(p(FAF 1)=0,108), p(FAF 4)=0,277, p(FAF 5)=0,992, p(Offenheit)=0,157). Zur

Interpretation der Werte siehe die entsprechenden Abschnitte in Material und

Methoden sowie im Diskussionsteil.

Page 85: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

83

*

*

*

0

2

4

6

8

10

12

14

16

FAF 1 FAF 2 FAF 3 FAF 4 FAF 5 Offenheit SummeskalaAggressvität

Roh

wer

te

Mittelwerte des FAF

PatientenNorm

* signifkikant (p<0,05)

Abbildung 21 Rohwerte des FAF im Vergleich mit der Normstichprobe, n=11

3.17 Auswertung des TCI

Der TCI dient der Erfassung von Temperament- und Charaktereigenschaften.

Der Fragebogen wurde von zehn Patienten beantwortet, wobei eine Patientin den

Fragebogen bei Frage 180 von 240 abbrach, sodass auch die Daten dieser

Patienten nicht hinreichend ausgewertet werden konnten.

Tabelle 24 Mittelwerte und in Klammern die Standardabweichungen der TCI- Untersuchungen,

signifikante Unterschiede sind mit * markiert (p>0,01).

Dimension des TCIs

Gesunde Deutsche

(n=509)

Bochumer Patienten

(n=9)

p (2-seitig)

* p<0,01

Neugierverhalten 18,9 (5,6) 18,56 (6,0) 0,868

Schadensvermeidung 16,0 (6,1) 17,78 (8,1) 0,527

Belohnungsabhängigkeit 15,5 (3,6) 11,11(2,7) 0,001*

Beharrungsvermögen 4,0 (1,8) 5,11 (1,7) 0,084

Selbstlenkungsfähigkeit 32,5 (6,7) 11,67 (5,5) < 0,001*

Kooperativität 31,7 (5,6) 11,0 (4,4) < 0,001*

Selbsttranzendenz 12,1 (5,4) 22,44 (7,4) 0,003*

Page 86: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

84

Die Mittelwerte im Vergleich zu einer deutschen gesunden Stichprobe (n=509)

sind in Tabelle 24 aufgelistet. Signifikante Abweichungen zur Normstichprobe

fanden sich in vier Dimensionen: Die Temperamentskala Belohnungsabhängigkeit

(p=0,001) sowie die Charakterskalen Selbstlenkungsfähigkeit (p<0,001) und

Kooperativität (p<0,001) waren hochsignifikant geringer ausgeprägt, wohingegen

in der Selbsttranszendenz (Charakterskala) höhere Werte als in der Norm zu

verzeichnen waren (p=0,003).

Patienten mit niedrigen Werten für die Skala Belohnungsabhängigkeit werden als

zurückgezogen, zweckorientiert und abgesondert beschrieben. Eine niedrige

Selbstlenkungsfähigkeit zeichnet sich aus durch Unentschlossenheit,

Schwerfälligkeit und geringe Selbstakzeptanz. Geringe Werte in der Skala

Kooperativität schließlich steht für sozial intolerante, kritische Personen mit

destruktiven Tendenzen und fehlenden Grundsätzen.

Demgegenüber bezeichnen hohe Werte für die Skala Selbsttranszendenz

selbstvergessende, kreative Personen, die sich mit dem Universum verbunden

fühlen.

In den anderen Dimensionen für das Temperament zeigte die untersuchte Gruppe

tendenziell höhere Werte als die Gesamtpopulation. Die Unterschiede waren

jedoch nicht signifikant. Das Neugierverhalten war bei den Patienten mit

Suizidversuch nahezu gleichstark ausgeprägt wie in der Normstichprobe (18,9 vs.

18,7, p=0,868).

Page 87: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

85

0

5

10

15

20

25

30

35

NS HA RD P SD CO ST

Vergleich der Mittelwerte

PatientenNorm

* hochsignifikant (p < 0,01)NS: Neugierverhalten, HA: Schadensvermeidung, RD: Belohnungsabhängigkeit, P: Beharrungsvermögen, SD: Selbstlenkungsfähigkeit, CO: Kooperativität, ST: Selbsttranszendenz.

Roh

wer

te

**

*

*

Abbildung 22 Mittelwerte der Dimensionen der TCI – Untersuchung, n=1185

Page 88: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

86

4 Diskussion

4.1 Methodenkritik und Repräsentativität

Alle verwendeten Fragebögen mit einer Ausnahme sind standardisierte

Fragebögen, der selbst erstellte Fragebogen bezieht sich hauptsächlich auf

biografische Angaben, sodass zwar Fehler nicht vollständig ausgeschlossen

werden können, aber trotzdem davon auszugehen ist, dass die erhobenen Daten

weitestgehend der realen Situation der Patienten entsprachen, sofern die

Patienten nicht Gründe hatten, ihre Aussagen zu verändern. Die durch die

Interviews erhobenen Daten beziehen sich auf subjektive Einschätzungen der

Patienten und können somit Fehlerquellen aufweisen.

Zu beachten sei, dass im Besonderen die psychiatrischen Fragebögen nur eine

punktuelle Situation widerspiegeln und nicht die globale psychische Struktur der

Patienten aufzeigen können. Trotzdem können die Daten gut verwendet werden

um das Follow-up der Studienteilnehmer zu beschreiben.

Die Repräsentativität der untersuchten Gruppe unterliegt einigen

Einschränkungen. Auch wenn die 45 Patienten aus der Aktenrecherche keine

große Fallzahl darstellen, kann davon ausgegangen werden, dass die Patienten

eine Repräsentation der Patienten mit Suizidversuch durch Selbstverbrennung

darstellen, beachtet man, dass es sich um ein seltenes Ereignis handelt und die

Daten sich auf zehn Jahre beziehen und aus über 900 Patienten rekrutiert wurden.

Die elf nachuntersuchten Patienten können nicht als eine statistisch repräsentative

Stichprobe bezeichnet werden. Unabhängig von der geringen Fallzahl sollte hier

berücksichtigt werden, dass nicht alle Überlebenden befragt wurden, weil kein

Kontakt hergestellt werden konnte oder weil die Patienten nicht bereit oder dazu in

der Lage waren, an der Befragung teilzunehmen. Insbesondere letztere Gruppe

könnte die Ergebnisse beeinflusst haben. Es ist möglich, dass diese Patienten ein

schlechteres Follow-up zeigen als die befragten Personen und auf Grund einer

schlechteren psychischen oder physischen Verfassung die Teilnahme an der

Studie ablehnten.

Dessen ungeachtet kann aber aus den ausgewerteten Fragebögen eine Tendenz

entnommen werden, die eine Grundlage für die Anpassung der Therapie und

Betreuung dieses Kollektivs geben kann. Außerdem gibt es bis dato nur wenige

Page 89: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

87

Studien, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Die gesammelten

Daten dieser Untersuchung sind dabei weitaus umfassender als in vergleichbaren

Publikationen, die sich meist bei einer geringen Fallzahl auf wenige Punkte wie

das Ausmaß der Verbrennungen, die Behandlungsdauer, Anzahl der Operationen

oder die Mortalität beschränkten [35, 76, 79, 82, 113]. Vergleichbare Studien mit

einer statistisch repräsentativen Fallzahl existieren nicht. Viele Ergebnisse dieser

Studie beziehen sich auf alle 45 Patienten, was eine vergleichsweise große

Kohorte darstellt.

Um möglichst viele Patienten für die Nachuntersuchung zu rekrutieren und damit

ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erreichen, wurden alle zur Verfügung

stehenden Maßnahmen ergriffen, Kontakt zu den Patienten aufzunehmen (siehe

Material und Methoden). Um die Fallzahl zu erhöhen, sollten in zukünftigen

Studien weitere Brandverletztenzentren einbezogen werden.

4.2 Epidemiologie

Epidemiologische Daten zu Suizidversuchen durch Selbstverbrennung findet man

in der Literatur in nahezu allen Studien, die sich mit diesem Thema befassen,

sodass hier ein ausführlicher Vergleich möglich ist.

4.3 Geschlecht

Hinsichtlich der Geschlechterverteilung finden sich in der Literatur gegensätzliche

Aussagen. Während beispielsweise Wallace und Pegg (1999) wie auch weitere

Studien eine Dominanz männlicher Patienten mit einem Anteil von 68%

beschrieben [55, 79, 106], findet man auch Studien, in denen mehr Frauen zur

Selbstverbrennung neigten [51, 58, 76, 104], so etwa bei O´Donghue (1998), in

dessen Studie 58,3% der Suizid-Brandverletzten weiblich waren [76]. In der

vorliegenden Studie waren männliche Patienten signifikant überrepräsentiert. Das

Überwiegen des männlichen Geschlechts (73,3%) kann dadurch erklärt werden,

dass Frauen tendenziell eher auf so genannte weiche Suizidmethoden wie

Tablettenintoxikationen zurückgreifen, während bei den harten Suizidmethoden,

zu denen auch die Selbstverbrennung gezählt wird, Männer stärker repräsentiert

sind [71].

Page 90: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

88

4.4 Alter

Das Durchschnittsalter der Patienten dieser Studie (Insgesamt 38,3 Jahre,

Frauen: 44,5 Jahre, Männer: 36,1 Jahre) geht konform mit den Ergebnissen

anderer Autoren [19, 37, 41, 51]. So berichtete z. B. Castellani (1995), dass

Frauen mit Selbstverbrennung tendenziell älter waren als Männer bei einem

Durchschnittsalter der Gesamtpopulation von 38 Jahren [19]. Demgegenüber

stehen Studien, in denen das Durchschnittsalter deutlich geringer war [63, 67, 74].

Diese Studien stammen allerdings aus Entwicklungs- und Schwellenländern, wie

beispielsweise die Arbeit Mabrouks (2993) [62], in der das Durchschnittsalter der

Patienten mit Selbstverbrennung in einer Klinik Kairos bei 23 Jahren lag. Diese

deutlichen Unterschiede in den Studien lassen sich zumindest teilweise durch

soziokulturelle Unterschiede erklären.

Suizidversuche werden häufig in jungen Jahren und häufiger von Frauen verübt,

nach dem 60. Lebensjahr sind Suizidversuche selten. Bei vollendeten Suiziden

verhält es sich andersherum. Sie treten gehäuft nach dem 60. Lebensjahr auf [61,

71]. Diese Tendenz zeichnete sich auch in den 45 untersuchten Patienten ab:

Personen mit akzidentellen Brandverletzungen waren im Mittel etwa 33 Jahre alt

[29, 31, 47] und entsprachen somit dem Alter der Patienten mit überlebtem

Suizidversuch (34 Jahre). Die Patienten mit vollendetem Suizid hingegen waren

mit 43 Jahre deutlich älter. Auch hier sei darauf verwiesen, dass im Alter die

vollendeten Suizide zunehmen [71].

4.5 Vergleich zu anderen Brandverletzten

Der Anteil der Suizidverbrennungen an allen Brandverletzten, die zwischen 1995

und 2004 im Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil

behandelt wurden, lag bei 4,93%. In anderen Studien finden sich für den Anteil der

Suizidenten an der Gesamtzahl der Brandverletzten sehr unterschiedliche

Ergebnisse. In Westeuropa, England, Australien und Israel ist dieses Phänomen

mit 0,4-9% ebenfalls selten [18, 25, 35, 41, 42, 49, 68, 106].

In Südamerika oder Teilen von Afrika und Asien hingegen wird diese Art der

Selbstschädigung deutlich häufiger beobachtet (8,9-46,6%) [57, 74, 77]. Es wird

angenommen, dass der hohe Anteil an Selbstverbrennungen auf die leichte

Verfügbarkeit bei gleichzeitig geringen Kosten brennbarer Flüssigkeiten sowie die

Page 91: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

89

oft geringere Lebensqualität im Vergleich zu westlichen Ländern einen

wesentlichen Einfluss ausüben. In unserer Region stehen für selbstschädigendes

Verhalten andere, weniger aggressive Mittel wie z. B. Tabletten zur Verfügung,

was den relativ geringen Anteil der Selbstverbrennungen an allen Brandverletzten

erklären kann.

Zwischen 1995 und 2004 waren nur 26,98% aller im Verbrennungszentrum

behandelten Patienten weiblich; diese Zahlen werden auch in anderen Studien

beschrieben [29, 31, 40]. Die deutliche Dominanz des männlichen Geschlechts bei

Brandverletzten beruht vermutlich darauf, dass Männer häufiger mit Feuer oder

entflammbaren Flüssigkeiten arbeiten als Frauen.

4.6 Prädisponierende Faktoren

Die Geschlechterverteilung, die in dieser Studie vorliegt, deutet darauf hin, dass

das männliche Geschlecht eine höhere Bereitschaft von Selbstverbrennungen hat.

Doch das Geschlecht ist nur ein Teilaspekt und nicht alleiniger Risikofaktor.

Anhand der durchgeführten standardisierten Fragebögen und des selbst erstellten

Fragebogens wurden einige Unterschiede im Vergleich zur Norm

herausgearbeitet, die im Folgenden diskutiert werden.

4.6.1 Soziodemografische Daten zum Zeitpunkt des

Suizidversuchs

Soziale Isolation, fehlende oder konfliktbesetzte Partnerschaften, Hilflosigkeit und

sogenannte Live-Events werden als Risikofaktoren für Suizidversuche gewertet

und traten auch im vorliegenden Patientenkollektiv gehäuft auf. Andere Autoren

berichteten, dass die Mehrzahl der Menschen, die eine Selbstverbrennung

begingen, ledig bzw. geschieden waren oder Probleme in der Partnerschaft hatten

[1, 35, 79, 102, 113]. In einer Untersuchung von Pham und Mitarbeitern (2003) zu

prädisponierenden Faktoren von Selbstverbrennung lebten 81% der Patienten

nicht in einer Beziehung, 25% von ihnen waren geschieden [79]. Zu einem

ähnlichen Ergebnis kamen auch Erzurum und Varcellotti (1999), wonach 90,9%

der selbst zugefügten Verbrennungen von allein lebenden Menschen verursacht

wurden, hiervon waren 81,8% ohne Partner [35].

Page 92: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

90

Wagle, Wagle und Apte. (1999) fanden des Weiteren heraus, dass 65% der

Patienten über ein stressbesetztes Erlebnis unmittelbar vor dem Suizidversuch

berichteten [105]. Am häufigsten wurden genannt Arbeitslosigkeit,

Beziehungskonflikte und finanzielle Schwierigkeiten. Die Patienten der Bochumer

Studie berichteten über ähnliche Probleme: Nahezu ein Drittel der Patienten

fühlten sich einsam, nur drei Patienten lebten in einer festen Beziehung.

Paradoxerweise gaben die Patienten zwar an, damals eine eher gute Qualität

sozialer Kontakte insbesondere zu ihren Freunden gehabt zu haben, trotzdem

fühlten sich 72,7% zum damaligen Zeitpunkt einsam und sogar 81,8% gaben an,

sich in einer schwierigen Lebenslage befunden zu haben. Hilflosigkeit, Einsamkeit,

fehlende Partnerschaften und finanzielle Probleme können also, auch in

Bezugnahme auf andere Publikationen, als potenzielle Risikofaktoren für einen

Suizidversuch herausgestellt werden [35, 40, 105]. Dies gilt nicht nur für die

Methode der Selbstverbrennung sondern für Suizidversuche im Allgemeinen.

Die widersprüchlichen Aussagen über gute soziale Kontakte zur Zeit der

Selbstverbrennung einerseits und dem Gefühl der Einsamkeit andererseits lässt

sich nicht abschließend erklären. Möglich ist eine durch die zur Zeit des

Suizidversuchs bestehende psychiatrische Erkrankung bedingte soziale

Rückzugstendenz. Viele psychiatrische Krankheitsbilder können zu einer

begleitenden sozialen Isolation führen, insbesondere bei depressiven Episoden

oder Schizophrenie-Erkrankten [44]. Durch die veränderte Selbsteinschätzung und

Wahrnehmung der Umwelt sowie durch Antriebsmangel bedingt, lehnen die

Patienten soziale Kontakte vermehrt ab, obwohl das soziale Netzwerk durchaus

gut ausgebaut sein kann. Im Rahmen einer psychiatrischen Erkrankung sinkt, vor

allem bei schizophrenen Patienten, das psychosoziale Funktionsniveau [16].

In der vorliegenden Untersuchung konnte keine eindeutige Aussage zum sozialen

Status der Suizidenten gemacht werden. Alle Patienten hatten zum Zeitpunkt der

Selbstverbrennung einen abgeschlossenen Schulabschluss, die Arbeitslosigkeit

war mit 27,3% verhältnismäßig gering. Lediglich Davidson und Braun (1985)

beschrieben in ihrer Arbeit eine vergleichbar geringe Arbeitslosenquote von 38%

[26]. Doch viele andere Studien stellten einen stärkeren Zusammenhang zwischen

Selbstverbrennung und niedrigem sozialen Status her, wobei bis zu 80% eine

geringere Schulbildung hatten oder Analphabeten waren [63, 77]. In weiteren

Page 93: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

91

Studien stellte sich außerdem heraus, dass sowohl niedrige Schulbildung, als

auch Arbeitslosigkeit und finanzielle Abhängigkeit Einflussfaktoren sein können [5,

46, 103, 106].

Dagegen gibt es aber auch Publikationen, die keinen eindeutigen Unterschied

hinsichtlich des sozialen Status der Suizidenten durch Selbstverbrennung im

Vergleich zu anderen Selbstverletzungen bzw. Suizidversuchen finden konnten

[78, 95].

Der vergleichsweise hohe soziale Status der untersuchten Kohorte ist nicht

eindeutig begründbar. Man könnte einerseits vermuten, dass die

Selbstverbrennung als Suizidmethode primär von Patienten mit einem guten

sozialen Status gewählt wird. Andererseits ist es allerdings wohl eher

wahrscheinlich, dass es sich um einen nicht repräsentativen Ausschnitt bei kleiner

Patientenzahl handelt.

Anzumerken sei hier noch, dass es gerade in Bezug auf die Schizophrenie eine

sog. Drift-Hypothese gibt [71]: Schizophrenie-Patienten gehören häufig einer

niederen sozialen Schicht an. Jedoch hat sich gezeigt, dass dies meist Folge der

Erkrankung ist und nicht deren Ursache. Durch rezidivierende psychotische

Episoden kann es bei diesen Patienten zum Verlust des Arbeitsplatzes und zu

einem sozialen Rückzug kommen. Da nahezu ein Drittel der befragten Patienten

dieser Studie an einer Schizophrenie erkrankt war, sollte man diese Hypothese bei

der Bewertung des sozialen Status berücksichtigen, auch wenn der soziale Status

in dieser Studie eher höher ist als in bisherigen Publikationen anderer

Arbeitsgruppen.

Es sollte aber bedacht werden, dass die oben genannten möglichen

Einflussfaktoren sowie die weiter unten beschriebenen Faktoren nicht

ausschließlich prädisponierend für Suizide durch Selbstverbrennung sind, sondern

auch für Suizidversuche durch andere Methoden angesehen werden und des

Weiteren Suizidversuche eine multifaktorielle Genese haben [71].

4.6.2 Persönlichkeitsstruktur

Die Charakterdimensionen des TCI sind für die Aufdeckung prädisponierender

Faktoren von Persönlichkeitsstörungen geeignet, während die

Temperamentsvariabeln sich besser dazu eignen, Dispositionen für einige

Page 94: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

92

neurotische Störungen wie beispielsweise Angst- und Zwangsstörungen

aufzuzeigen [22].

Hier war in den Items für das Temperament lediglich in der

Belohnungsabhängigkeit eine signifikante Abweichung von der Norm nach unten

hin zu verzeichnen. Mehrere Autoren beschreiben gehäuftes Auftreten von

Persönlichkeitsstörungen bei niedrigen Werten in dieser Dimension. So berichtete

Svrakic 1993, dass geringe Punktwerte für Belohnungsabhängigkeit und

Kooperativität überzufällig häufig bei Patienten mit einer beliebigen

Persönlichkeitsstörung auftraten [97]. Ergänzend dazu konnten Mulder, Joyce und

Cloninger (1994) ein Jahr später nachweisen, dass niedrige Werte für

Belohnungsabhängigkeit mit Cluster-A-Persönlichkeitsstörungen einhergehen [72].

Tatsächlich fand sich in der vorliegenden Studie ein deutlicher Hinweis auf

gehäuftes Auftreten von Persönlichkeitsstörungen, am häufigsten waren hier

jedoch Störungen im Cluster B zu verzeichnen. Diese gehen laut Mulder mit

hohen Werten im Neugierverhalten einher [72], was in der vorliegenden Studie

aber nicht zutreffend war.

Alle drei Charakterdimensionen hingegen fielen durch signifikante Abweichungen

auf. Die beobachteten niedrigen Werte für Selbstlenkungsfähigkeit und

Kooperativität korrelieren mit Angaben aus der Literatur, wonach

Persönlichkeitsstörungen in über 90% der Fälle mit niedrigen Testwerten für

Selbstlenkungsfähigkeit einhergehen, ähnlich verhält es sich mit der Kooperativität

[97]. Häufige Persönlichkeitsstörungen für niedrige Werte der

Selbstlenkungsfähigkeit sind dabei die vermeidend-selbstunsichere

Persönlichkeitsstörung sowie Borderlinestörungen [11].

In der Literatur wird beschrieben, dass Patienten mit durchgemachten

Suizidversuchen signifikant erhöhte Werte in der Dimension der

Selbsttranszendenz erreichen, was auch bei den hier befragten Patienten zutraf.

Übereinstimmend mit Becerra, Paez, Robles-Garcia und Vela (2005) und weiteren

Studien erreichten die Patienten signifikant niedrigere Werte für Kooperativität und

Selbstlenkungsfähigkeit sowie höhere Werte für Schadensvermeidung und

Selbsttranzendenz [10, 12, 66]. Niedrige Testwerte für Kooperativität treten bei

Personen auf, die eher rachsüchtig und destruktiv sind. Dazu kommen das

geringe Verantwortungsbewusstsein, die Neigung gegen sich selbst zu kämpfen

und eine gewisse Unreife, die bei niedrigen Testwerten der

Page 95: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

93

Selbstlenkungsfähigkeit beschrieben werden. So könnte es also bei einer

Kombination von niedrigen Werten in diesen beiden Skalen durchaus möglich

sein, dass die Personen destruktive Handlungsimpulse gegen sich selbst richten,

hohe Werte für Schadensvermeidung, die sich in der vorliegenden Studie

tendenziell abzeichneten, deuten auf Personen hin, die eher pessimistisch,

ängstlich und leicht ermüdbar sind. Auch diese Faktoren dürfen als Risikofaktor für

einen Suizidversuch gesehen werden.

In der Auswertung des SKID-II-Fragebogens fällt auf, dass jeder der elf Patienten

für mindestens eine Persönlichkeitsstörung die Cutt-Off-Werte überschritt. In

wiefern sich dies auf die Bereitschaft zur Selbstverbrennung auswirkt, ist nicht

sicher belegbar. Es ist jedoch bekannt, dass 40-60% aller Patienten in

psychiatrischer Behandlung unter einer Persönlichkeitsstörung leiden [61], über

80% der nachbefragten Patienten hatten zur Zeit der Selbstverbrennung

mindestens eine Episode einer psychiatrischen Erkrankung erlebt und auch aus

der Aktenrecherche geht hervor, dass ein Großteil der Patienten psychiatrisch

erkrankt waren. Laut ICD-10-Diagnosekriterien zeichnen sich

Persönlichkeitsstörungen durch von der Norm abweichende unflexible,

unangepasste Erfahrungs- und Verhaltensmustern in folgenden Bereichen aus:

Kognition, Affektivität, Impulskontrolle und zwischenmenschlichen Beziehungen.

Diese abweichenden Verhaltensmuster können sich beispielsweise auch als

selbstschädigendes Verhalten ausdrücken. Dass eine Persönlichkeitsstörung per

se als Risikofaktor für eine Selbstverbrennung verantwortlich zu machen ist, lässt

sich aber nicht konstatieren. Auch ist es nicht möglich, eine bestimmte Störung als

prädisponierend für die suizidale Handlung zu nennen: In der untersuchten

Population war keine Persönlichkeitsstörung überdurchschnittlich häufig vertreten.

Dennoch sollte bei Personen mit Persönlichkeitsstörungen in akuten

Krisensituationen immer an die Gefahr der Eigengefährdung gedacht werden um

ggf. frühzeitig zu intervenieren.

Eine Reihe von Untersuchungen fanden erhöhte Aggressivität und Impulsivität bei

Personen mit Suizidversuchen und vollendeten Suiziden [12, 66, 69, 96].

Impulsivität spielt demnach vermutlich eine wichtige Rolle in der Pathogenese

suizidalen Verhaltens, sowohl als situative als auch als überdauernde Eigenschaft.

Page 96: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

94

Der verwendete FAF zur Erfassung der Aggressivitätsfaktoren dieser Studie gab

keine Aussage über die Impulsivität der Patienten. Erhöhte Werte für Aggression

gegen andere Lebewesen konnten nicht nachgewiesen werden, jedoch zeigte sich

eine Tendenz zu erhöhten Werten der Selbstaggression und Depressivität. Hiermit

verknüpft sind eine allgemeine Unzufriedenheit und eine negative Einstellung zum

Leben. Die Selbstaggression kann sich durch Selbstvorwürfe, Schuldgefühle oder

auch Autoaggressionen bis hin zu Suizidhandlungen ausdrücken [43].

Ein gewisses Maß an Selbstaggression ist eine logische Voraussetzung für

selbstverletzende Handlungsimpulse. Im Rahmen akuter affektiver oder

schizophreniformer Erkrankungen können jedoch selbstaggressive Tendenzen

auch entgegen der eigentlichen Persönlichkeitsstruktur auftreten [39]. Dies könnte

erklären, warum die Werte für dieses Item nur bei einigen Patienten, insgesamt

jedoch nicht signifikant erhöht sind.

Niedrige Testwerte für die reaktive Aggression (FAF 2), wie in dieser Studie

beobachtet, deuten darauf hin, dass die Personen zur Beseitigung von

Hindernissen aggressive Verhaltensstile, z. B. in Form von Rache eher meiden

und ablehnen [43]. Der Aggressionsfaktor „Erregbarkeit“ (FAF 3) beschreibt das

affektive Ansprechen auf Außenreize mit den Reaktionen Wut und Ärger. Niedrige

Testwerte stehen für eine geringe Affizierbarkeit. Möglicherweise zeigen diese

Personen die Aggression nicht nach außen, sondern richten sie stattdessen

innerlich gegen sich selbst. Diese Theorie passt auch zu den erhöhten Werten der

Dimension der Selbsttranszendenz aus dem TCI, die als seelische Isolation

gedeutet werden kann. Die Selbstverbrennung wäre demnach eine

Selbstbestrafung und kann in diesem Zusammenhang auch eine Erklärung für die

Wahl der aggressiven Methode sein.

Die Summenaggression setzt sich aus der Summe der Faktoren FAF 1 bis 3

zusammen und kann die nach außen gerichtete Aggressionsbereitschaft

repräsentieren [43]. Auch hier zeigten sich signifikante Abweichungen nach unten,

also zu einer eher geringen Aggressionsbereitschaft, was aber eine

Aggressionslenkung gegen sich selbst nicht ausschließt. Während gesunde

Menschen also in gewissem Maße Aggressionen nach außen tragen, scheint das

untersuchte Patientenkollektiv dies nicht gemacht zu haben sondern die

Page 97: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

95

Aggressionen im ihrem Inneren angestaut und sie möglicherweise gegen sich

selbst gelenkt zu haben.

Bei den Einzelergebnissen zeigten sich außerdem in der Dimension

„Aggressionshemmung“ (FAF 5) teilweise erhöhte Werte. Das spricht für eine

selbstquälerische Gewissensaktivität und Untergebenheit [43]. Dies kann sich

beispielsweise auch in der Tendenz zum internaler Attribution äußern. Das Prinzip

der internalen Attribution besagt, dass Personen Situationen durch sich selbst

bedingt betrachten. Dies kann unter anderem auch beim depressiven

Attributionsstil beobachtet werden. Hier werden Misserfolge dem eigenen

Verschulden zugeschrieben, Erfolge hingegen als external bedingt [83]. Dies führt

wiederum zur Selbstentwertung. Jedoch ist eine internale Attribution nicht

zwangsläufig mit einem verminderten Selbstwertgefühl verbunden.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Patienten eher nicht zu aggressiven

Verhaltensweisen gegen andere Personen neigten, fraglich aber die Aggressionen

gegen sich selbst richteten, auch wenn die Bereitschaft zur Selbstaggression bzw.

Depressivität nur tendenziell und nicht signifikant höhere Werte als in der

Eichstichprobe aufwiesen. Ein Vergleich der Ergebnisse des FAFs mit anderen

Studien ist nicht möglich, da vergleichbare Studien nicht den FAF verwendeten.

4.6.3 Vorerkrankungen

Wie auch in anderen Studien zu Suizidversuchen beschrieben, litten sehr viele

Patienten unter einer psychiatrischen Vorerkrankung [18, 35, 52]. Die Ergebnisse

des SKID-I zeigen, dass nahezu die Hälfte der nachbefragten Patienten bereits

eine oder mehrere depressive Episoden in ihrem Leben durchgemacht hatten.

Außerdem ging aus der Aktenrecherche und den Angaben der Patienten hervor,

dass auch psychotische Störungen vermehrt vorlagen, selbst wenn diese nach

den Diagnosekriterien des SKID-I nur bei zwei Patienten diagnostizierbar waren.

Signifikant gehäufte psychiatrische Anamnesen unter Patienten mit

Selbstverbrennung werden in zahlreichen Studien zu diesem Thema erwähnt [6,

18, 19, 35, 37, 41, 46, 48, 55, 68, 76, 79, 89, 99, 101]. Im Einklang mit dem

Ergebnis der vorliegenden Untersuchung werden häufig Schizophrenie, affektive

Störungen (insbesondere depressive Erkrankungen) und Persönlichkeitsstörungen

Page 98: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

96

mit variierenden Häufigkeiten zwischen 43,3% [101] bis hin zu 90,9% [35]

genannt. Möller schreibt in seinem Buch „Psychiatrie und Psychotherapie“, dass

„besonders grausam und oft bizarr erscheinende Suizidmethoden, wie z. B. sich

selbst zu verbrennen (…) häufig von Patienten mit akuten Psychosen gewählt“

werden [71]. Unterstützt wird dies auch durch eine Studie von Tuohig und seinen

Mitarbeitern, in der 60% der Patienten mit Suizidversuch entweder an einer

Depression oder an einer chronisch paranoiden Schizophrenie litten [102].

Für Verbrennungen in suizidaler Absicht sind die oben genannten Diagnosen aber

anscheinend keine spezifischen, charakteristischen psychiatrische Diagnosen,

diese decken sich vielmehr mit den Diagnosen bei Suizidmethoden jeglicher Art

(vgl. Einleitung 1.2.4).

Weiterhin besteht in dem Patientenkollektiv gehäuft eine Substanzabhängigkeit,

insbesondere sei hier die Alkoholsucht genannt. Krummen, James und Klein

(1998), Ho und Ying (2001) als auch diverse andere Autoren weisen dem

Drogenmissbrauch und dem Alkoholabusus eine wesentliche Bedeutung als

Risikofaktor zu. Sie beziffern den Anteil der Alkoholerkrankten und

Drogenabhängigen mit bis zu 35% [19, 35, 46, 55, 79, 106]. Es wird in der

Literatur auch beschrieben, dass Alkoholkranke gehäuft einen Suizidversuch in

der Vorgeschichte und möglicherweise eine 60-120-fach höhere Suizidgefährdung

haben als die Gesamtbevölkerung [73]. Aus dem selbst erstellten Fragebogen

ging hervor, dass auch im untersuchten Patientenkollektiv ein erhöhtes

Suchtpotenzial vorhanden war. Etwa ein Drittel trank häufiger als viermal in der

Woche Alkohol, der Konsum härterer Drogen hingegen wurde nur von einem

Patienten angegeben.

Von 14 Patienten der Studie ist bekannt, dass sie vor der Selbstverbrennung

bereits mindestens einen vorherigen Suizidversuch unternommen hatten,

demgegenüber standen 15 Patienten, die in der Vorgeschichte keinen

Suizidversuch unternommen hatten. Diese Ergebnisse stützen frühere

Untersuchungen, in den beschrieben wird, dass Suizidversuche in der

Vorgeschichte einen wesentlichen Risikofaktor für weitere Suizidversuche

darstellen [1, 14, 89, 113]. Besonders hoch, so Möller, sei das Risiko in den ersten

12 Monaten nach einem Suizidversuch [71]. Zor und Mitarbeiter (2005) [113]

beschrieben, dass 70% der Patienten früher bereits suizidales bzw.

Page 99: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

97

selbstverletzendes Verhalten gezeigt haben. Erzurum und Mitarbeiter [35] gaben

sogar eine Rate früherer Suizidversuche (Selbstverletzung nicht eingeschlossen)

von 63% an, wobei meist anderen Methoden als Selbstverbrennung gewählt

worden waren. Auch andere Autoren geben an, dass die Suizidmethoden vor der

Selbstverbrennung keine Brandverletzungen beinhalteten [1, 35, 79], was mit den

vorliegenden Ergebnissen konform geht. Häufigste Methode früherer

Suizidversuche war in dieser Studie die Tablettenintoxikation.

Beim vollendeten Suizid steht in Deutschland das Erhängen als harte Methode an

erster Stelle, Suizidversuche hingegen beruhen in 2/3 d.F. auf eine Intoxikation mit

Schlaftabletten (vgl. Einleitung 1.2.3) [71].

In der untersuchten Stichprobe waren nach Intoxikationen, die die häufigste

Methode früherer Suizidversuche darstellte, an zweiter Stelle häufig Schnitt- und

Stichverletzungen zu nennen, dies steht also im Einklang mit den bisherigen

Publikationen.

Hinsichtlich der psychiatrischen Anamnese kann man folgende

Schlussfolgerungen ziehen:

Psychiatrische Vorerkrankungen sind bei Patienten mit Suizidversuchen

jeder Methode häufig.

Besonders häufig finden sich affektive und psychotische Störungen sowie

Persönlichkeitsstörungen.

Frühere Suizidversuche stellen einen wichtigen Risikofaktor für weitere

Suizidversuche dar.

Aus der psychiatrischen Erkrankung und der Methode früherer

Suizidversuche lässt sich keine Risikoabschätzung für

Selbstverbrennungen ableiten. Welche Methode für weitere suizidale

Handlungen gewählt werden, lässt sich nicht vorhersehen. Jedoch ist die

Wahrscheinlichkeit, dass die Selbstverbrennung wiederholt als

Suizidmethode gewählt wird, sehr gering.

4.7 Verbrennungsgenese

Bei 38 der 45 Patienten wurden die Brandverletzungen durch offenes Feuer

verursacht, davon in 29 Fällen in Verbindung mit einer brennbaren Flüssigkeit.

Diese Art der Inbrandsetzung wird in vielen Studien als die mit Abstand häufigste

Page 100: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

98

Genese angegeben [2, 48, 79, 81, 101, 106, 113]. In der Arbeit von Wallace und

Pegg [106] beispielsweise sind Flammen in 68% der Fälle für die Verbrennungen

ursächlich. An zweiter Stelle stehen bei dieser Studie elektrische Verbrennungen,

die 14% der Patienten aufwiesen.

Dabei wird besonders die Selbstentzündung (einschließlich Inbrandsetzung der

Kleidung) durch offenes Feuer in anderen Studien als häufigster Mechanismus der

Inbrandsetzung genannt, des Weiteren wird regelmäßig über Bettenbrand,

Inbrandsetzung des Hauses oder des Autos berichtet [42, 91].

Wurde ein Brandbeschleuniger benutzt, so griffen die meisten Personen dieser

Studie zu Benzin (58,6%), gefolgt von Spiritus (20,7%). Weniger häufig wurde

Terpentin genutzt (6,9%) und in 13,8% ließ sich nicht feststellen, welche

Flüssigkeit benutzt wurde. In der Literatur findet man relativ wenige Studien mit

Angaben über die verwendete Flüssigkeiten mit starken regionalen

Schwankungen. In Ländern mit westlicher Kultur scheinen, wie auch in dieser

Studie, Spiritus und Benzin die am häufigsten verwendeten Brandbeschleuniger

zu sein [23, 65, 90]. Der Grund hierfür ist wahrscheinlich die leichte Verfügbarkeit

dieser Flüssigkeiten hierzulande.

Die Studiengruppe von Mzezewa (1999) [74] berichtete hingegen in einer in

Simbabwe durchgeführten Studie, dass nahezu alle Opfer flüssiges Paraffin

benutzten, welches dort unter den ärmeren Bevölkerungsgruppen zur Beleuchtung

und zum Kochen verwendet wird. Eine weitere Studie aus Kairo berichtet, dass

Kerosin, was dort zum Kochen verwendet wird und somit überall verfügbar ist, die

am häufigsten benutzte Substanz sei [63].

Benzin und Spiritus sind in hierzulande in vielen Haushalten zu finden, sodass die

Verwendung dieser Substanzen nahe liegt. Die Verwendung einer brennbaren

Flüssigkeit an sich ist nachvollziehbar, bedenkt man, dass es das Ziel der

Personen ist, sich möglichst tödlich zu verletzten. Durch die Benutzung von

Benzin oder ähnlichem wird dieses Ziel wahrscheinlicher. Der Mensch an sich ist

auf Grund seines hohen Wassergehaltes nicht leicht entflammbar.

Page 101: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

99

4.8 Verletzungsausmaß

Im folgenden Abschnitt soll diskutiert werden, wie stark das Verletzungsausmaß

durch Selbstverbrennung ist und ob sich Unterschiede zu Brandverletzungen im

Rahmen eines Unfalls zeigen. Mögliche Ursachen werden diskutiert.

4.8.1 Anteil der verbrannten Körperoberfläche und

Verbrennungstiefe

Die mittlere vKOF aller Patienten (n=45) lag bei 45,3±27,9% (25.Quartil: 22,5%,

75.Quartil: 69%). Patienten, die die Selbstverbrennung nicht überlebten, hatten mit

70,8% vKOF signifikant ausgedehntere Verbrennungswunden als die

Überlebenden (27%vKOF).

Insgesamt variieren die Angaben über die durchschnittliche vKOF

selbstzugefügter Verbrennungen in der Literatur erheblich mit Werten zwischen

1,6 [48] und 64,4% [1, 19, 35, 82, 113]. Die Veröffentlichungen, in denen die vKOF

relativ gering angegeben wurde, sind Studien, die nicht zwischen suizidaler und

selbstverletzender bzw. selbstverstümmelnder Absicht unterscheiden. Einige

Studien, die diese beiden Gruppen separat untersuchten, stellten heraus, dass die

Selbstverletzer sich signifikant geringer ausgedehnte Verbrennungen zufügten als

Patienten, die sich tatsächlich das Leben nehmen wollten [1, 106]. Besonders

eindrucksvoll ist der Unterschied zwischen diesen beiden Patientengruppen in der

Studie von Wallace und Pegg [106]: Patienten mit suizidaler Absicht hatten

hiernach eine mittlere vKOF von 37,7%, im Vergleich dazu waren bei den

Selbstverletzern nur 1,7% der Körperoberfläche verletzt. Somit wiesen sie sogar

eine geringere Fläche als Unfallopfer auf, die durchschnittlich etwa 10% ihrer

Körperoberfläche verbrannt hatten.

Bezogen auf alle Schwerbrandverletzten, die zwischen 1995 und 2004 in Bochum

behandelt wurden, ergab sich eine mittlere vKOF von 18,21%. Auch andere

Studien geben für das Verbrennungsausmaß akzidenteller Brandverletzungen

deutlich niedrigere Werte als bei der Selbstverbrennung an [2, 82, 104, 106]. Ali

und seine Mitarbeiter beispielsweise beschrieben, dass bei nahezu zwei Drittel der

Patienten weniger als 10% der Haut betroffen sind [2]. Der Unterschied ist damit

zu erklären, dass selbst zugefügte Verbrennungen das Ziel zur Selbstschädigung

bis hin zur Selbsttötung haben, wohingegen die übrigen Verbrennungspatienten

nach Möglichkeit versuchen, das Feuer zu bekämpfen, sich aus der Gefahrenzone

Page 102: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

100

zu entfernen und frühzeitig Hilfe holen. Durch die Verwendung brennbarer

Flüssigkeiten bei gleichzeitig häufig fehlenden Löschversuchen mit entsprechend

längerer Kontaktzeit des Feuers wird auch der hohe Anteil tiefer Verbrennungen

erklärt.

79,5% der Patienten wiesen drittgradige Verbrennungen auf. Auch dieses

Ergebnis steht im Einklang mit anderen Studien, die beschrieben, dass die

meisten Patienten mit Selbstverbrennung zweit- oder drittgradige sowie tiefe

dermale Verbrennungen aufweisen [2, 41, 101, 104]. Erklärbar ist das ebenfalls

durch die längere Kontaktzeit mit dem Feuer.

4.8.2 Betroffene Körperregionen

Verbrennungen im Kopfbereich waren bei 34 Patienten zu verzeichnen, die mit

einer Ausnahme zweit– bis drittgradig waren. Gerade Verbrennungen im

Kopfbereich korrelieren häufig mit dem Vorhandensein eines IHT, was sich auch

hier zeigte: Es erlitten 79,4% der Patienten mit Verbrennungen im Gesichtsbereich

zusätzlich ein IHT. Diese hohe Korrelation ist dadurch bedingt, dass bei

Verbrennungen im Gesichtsbereich oft auch die Atemluft so heiß ist, dass

Lungenschäden resultieren.

Leider findet man nur in wenigen Studien Angaben zur Lokalisation der Wunden

und weitere Charakteristika der Brandverletzungen. Wird dieser Aspekt

beschrieben, werden Kopf, Hals, Hände und Thorax als häufigste Lokalisationen

genannt [1, 14, 19, 48, 82, 101]. Zu diesem Ergebnis kam auch die vorliegende

Studie. Zusätzlich war die untere Extremität mit 62,8% verhältnismäßig häufig

betroffen, diese wurde aber hauptsächlich durch Verbrennungen des

Oberschenkels (62,8% d. F.) bedingt und kann somit als Ausdehnung der

Verbrennung über den Rumpf hinaus gewertet werden, zumal die mittlere

Verbrennungsfläche der Oberschenkel mit 7,2% relativ gering ausgeprägt war.

Das Verteilungsmuster der Verbrennungen ist nachvollziehbar, bedenkt man, dass

viele Patienten Brandbeschleuniger benutzten und sich wahrscheinlich zuvor mit

diesem übergossen hatten: Die Flüssigkeit verteilte sich vom Kopf abwärts

besonders auf den Rumpf mit Ausdehnung auf die Extremitäten.

In einer Studie von Reiland und Mitarbeitern (2006). wurde die Häufigkeit

betroffener Körperregionen analog zu dieser Studie beschrieben. Weiterhin

Page 103: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

101

verglichen Reiland und seine Mitarbeiter die selbst zugefügten Verbrennungen mit

denen aller Brandverletzten [82]. Dabei zeigten die Patienten mit selbst

zugefügten Verbrennungen tendenziell ein ähnliches Verteilungsmuster wie die

Patienten aus dem Bochumer Verbrennungszentrum (s. Tab. 25).

Tabelle 25 Lokalisation der Verbrennungen. Vergleich der vorliegenden Studie mit den

Ergebnissen von Reiland[82]; 1 SV=Selbstverbrennung

% d.F. der Bochumer Studie

n=43

% d. F. mit SV1 n. Reiland

n=35

% d.F. mit Brandverletzungen anderer Genese n. Reiland

n=2900

Kopf, Hals 79,1 62,9 49,5

Rumpf 76,7 74,3 43,6

Gesäß, Genitalien 55,8 17,1 13,4

Obere Extremität 88,4 77,1 70,2

Untere Extremität 62,8 60,0 42,9

Reiland konnte einen signifikanten Unterschied in der Verteilung der Brandwunden

zwischen Selbstverbrennung und akzidentiellen Brandverletzungen feststellen; die

obere Extremität war jedoch in beiden Gruppen häufig mitbetroffen, hier lag kein

signifikanter Unterschied vor.

Betrachtet man die Werte, fällt auf, dass in der vorliegenden Studie deutlich

häufiger das Gesäß und die Genitalien betroffen waren als bei Reiland

beschrieben. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass die Verbrennungen dieser

Studie generell ausgeprägter waren als in der von Reiland untersuchten Kohorte

(45,3%vKOF vs. 31,1%vKOF) und sich somit ggf. die Verbrennungen des

Rumpfes bei den Bochumer Patienten häufiger bis zu den Genitalien, dem Gesäß

und den Oberschenkeln fortsetzen. Unterstützend kann man hier eine Studie von

Malic nennen: Auch er fand heraus, dass bei selbst zugefügten Verbrennungen

häufig die Oberschenkel mitbetroffen sind [65].

Page 104: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

102

4.9 Mortalität und ABSI-Score

Die Mortalität der hier untersuchten Patientenpopulation lag, ähnlich anderer

Studien (mittlere Sterberate 31%), bei 40% [1, 18, 19, 48, 81, 82, 101, 106, 113].

Die Arbeitsgruppe von Aickel (2001) [1] unterschied in ihrer Studie zwischen

Patienten, die sich durch die Selbstverbrennung das Leben nehmen wollten und

Patienten, die sich lediglich selbst verletzen wollten. In der Gruppe der

Suizidversuche lag die Mortalität mit 71% deutlich höher als in der Gruppe der

Selbstverletzer (7%). Auch andere Autoren beschrieben zwischen diesen beiden

Populationen einen Unterschied [18, 91]. Der Grund hierfür ist, dass die Patienten

mit Suizidabsichten sich ausgedehntere und somit lebensgefährlichere

Verletzungen zuziehen als Patienten, die sich zwar selbst schädigen, aber nicht

das Leben nehmen wollen.

Die Todesrate aller zwischen 1995 und 2004 im Verbrennungszentrum

behandelten Brandverletzten lag mit 15,68% deutlich unter der Mortalität der

Patienten dieser Studie, was primär auf das geringere Verbrennungsausmaß

(mittlere vKOF: 18,21%) und auf die geringere Rate an Inhalationstraumata

zurückzuführen ist.

Panjesahhin konnte 2001 mit seiner Arbeitsgruppe eine signifikant höhere

Mortalitätsrate nachweisen, wenn mehr als 70% der Körperoberfläche verbrannt

waren [77]. Ähnliche Ergebnisse spiegeln sich sowohl in dieser Studie als auch in

einer Untersuchung von Mzeewa und seinen Mitarbeitern wieder [75].: Keiner der

Bochumer Patienten mit einer vKOF von 69% oder mehr überlebte die

Brandverletzung.

Um die Sterbewahrscheinlichkeit bei Schwerbrandverletzten abschätzen zu

können, entwickelte Tobiasen 1982 den heute international gültigen Abbreviated

burn severity index (ABSI). Der Score setzt sich aus den fünf Variablen

Geschlecht, Alter, IHT, Vorhandensein einer drittgradigen Verbrennung und

%vKOF zusammen. Für jeden Parameter werden Punkte vergeben und

aufsummiert, aus der sich dann eine Sterbewahrscheinlichkeit bestimmten lässt

[100]. Ab zehn Punkten spricht man von einer kritischen Prognose (s. Tab. 26).

Page 105: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

103

Tabelle 26 Parameter, Punkteverteilung und daraus resultierende Sterbewahrscheinlichkeit nach

dem ABSI-Score [100].

Parameter Punkte Parameter Punkte

Geschlecht %vKOF

Mann 0 1-10% 1

Frau 1 11-20% 2

Alter 21-30% 3

0-20 Jahre 1 31-40% 4

21-40 Jahre 2 41-50% 5

41-60 Jahre 3 51-60% 6

61-80 Jahre 4 61-70% 7

>80 Jahre 5 71-80% 8

IHT 1 81-90% 9

Verbrennungen III° 1 91-100% 10

Gesamtpunktzahl Sterbewahrscheinlichkeit

2-3 <1%

4-5 2%

6-7 10-20%

8-9 30-50%

>10 60-80%

Die hier untersuchte Patientenkohorte wies einen mittleren ABSI-Score von 9,23

und verteilte sich zwischen vier und 16 Punkten, sodass sowohl leichte, als auch

schwerwiegende, über das kritische Maß hinausreichende Verbrennungen

vertreten waren. Die Überlebenden hatten im Durchschnitt einen ABSI-Wert von

7,04 (Sterbewahrscheinlichkeit 10-20%), die Verstorbenen lagen mit 12,28

Punkten signifikant höher und erreichten alle zehn oder mehr Punkte. Dies spricht

für schwerwiegende Verbrennung mit einer geringen

Überlebenswahrscheinlichkeit von weniger als 20 bis 40%.

In der Literatur lassen sich nur wenige Studien finden, die den Index in ihre

Berechnungen einbeziehen, die meisten dieser Studien beziehen sich dabei auf

Brandverletzungen jeglicher Art. Nur Daniels und ihre Mitarbeiter gingen in ihrer

Arbeit über selbst verursachte Brandverletzungen auch auf diesen Wert ein und

kamen zu einem vergleichbaren Ergebnis. Dort liegt der ABSI-Wert bei Patienten

Page 106: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

104

mit Selbstverbrennung zwischen drei und 15 Punkten mit einem Mittel von 11,2

Punkten, einer Sterbewahrscheinlichkeit von 60-80% entsprechend [25].

Vergleicht man die Sterbewahrscheinlichkeit laut ABSI-Score mit der tatsächlichen

Mortalität ergibt sich folgendes Bild:

Bei einem mittleren ABSI-Score von 9,23 Punkten liegt die

Sterbewahrscheinlichkeit bei 30-50%, die tatsächliche Mortalität mit 40% lag also

in dem zu erwartenden Bereich.

In der Gruppe der Überlebenden lag der Mittelwert des ABSI-Scores bei 7,02

Punkten, was einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 80-90% entspricht.

Der ABSI-Wert in der Gruppe der Verstorbenen lag im Mittel bei 12,28 Punkten.

Ab zehn Punkten liegt die Sterbewahrscheinlichkeit über 60-80%, sodass der

Index auch in dieser Gruppe prädiktiv eine große Treffsicherheit aufweist.

Folgende Schlussfolgerungen sind möglich:

Der ABSI-Score scheint ein geeignetes Maß für die Abschätzung der

Sterbewahrscheinlichkeit bei Patienten mit selbst zugefügten

Verbrennungen zu sein.

Patienten mit selbst zugefügten Verbrennungen weisen zwar eine höhere

Mortalität auf als Patienten mit akzidentellen Brandverletzungen, jedoch ist

dies auf das höhere Ausmaß der Verletzungen und nicht auf ein per se

erhöhtes Risiko zurückzuführen.

In der Literatur gibt es zu letztgenanntem Punkt divergierende Ansichten:

Während Rashid und seine Mitarbeiter zum gleichen Ergebnis kamen wie oben

beschrieben [80], beschrieb Castellani eine über das erwartete Maß

hinausgehende Mortalität (p<0,1) [19]. Er verwendete jedoch anstatt des ABSI-

Scores den weniger geläufigen Roi´s Index [9, 85]. Hierbei handelt es sich um

einen Index zur Risikoabschätzung der Mortalität, welcher die Faktoren Alter,

Geschlecht, perineale Beteiligung, Verbrennungstiefe, Zeit zwischen Verbrennung

und Krankenhausaufnahme, vKOF und Anteil der tief greifenden Verbrennungen

berücksichtigt. Als Begründung für die erhöhte Mortalität gab Castellani weitere

Risikofaktoren an: Malnutrition, medikamentöse Immunsuppression zur

Infektionsvermeidung und geringe Compliance könnten demnach eine Erklärung

sein und sollten sicherlich bei selbst zugefügten Verbrennungen bedacht werden.

Auf diese Patientengruppe sollte in jedem Fall zum einen auf Grund der häufig

Page 107: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

105

ausgedehnten Verbrennungen und zum anderen hinsichtlich ihrer psychischen

Situation im klinischen Alltag ein besonderes Augenmerk liegen.

4.10 Behandlungsverlauf

Einen wichtigen Einflussfaktor auf die Mortalität hat neben dem Ausmaß der

Verbrennung auch eine adäquate Therapie der Brandwunden und ihrer

Komplikationen. In der untersuchten Patientengruppe gab es sowohl Patienten,

die primär im Verbrennungszentrum therapiert wurden, als auch Patienten, die

zunächst in einem Krankenhaus ohne Spezialisierung behandelt wurden. Dies

sowie der weitere Behandlungsverlauf mit möglichen Vor- oder Nachteilen sollen

im Folgenden betrachtet werden.

4.10.1 Primärversorgung

Primär nicht im Verbrennungszentrum wurden 44,4% der Patienten behandelt. Die

betroffene Hautoberfläche war mit 32,1% signifikant geringer als in der Gruppe,

die unmittelbar in die Bochumer Klinik eingewiesen wurden (56,9%vKOF).

Dennoch war der Unterschied in der Komplikations- und Mortalitätsrate zwischen

diesen beiden Gruppen nicht signifikant sondern zeigte lediglich eine Tendenz an.

Weiterhin war die tatsächliche Mortalität in der Gruppe der nicht primär in Bochum

versorgten Patienten höher, als nach dem ABSI-Score zu erwarten gewesen wäre:

Die Sterbewahrscheinlichkeit nach ABSI lag bei 10-20%, die tatsächliche

Mortalität betrug 25%. Demgegenüber steht bei den Patienten, die unmittelbar im

Verbrennungszentrum behandelt wurden, eine geringere Mortalitätsrate als aus

den ABSI-Werten zu erwarten wäre (Sterbewahrscheinlichkeit nach ABSI 60-80%,

tatsächliche Mortalität 52,0%).

Das Outcome von Schwerbrandverletzten ist also bei einer Primärversorgung im

Verbrennungszentrum tendenziell besser als bei einer Primärversorgung in nicht

spezialisierten Kliniken. Deswegen sollten Patienten mit schwerwiegenden

Verbrennungen möglichst frühzeitig in ein spezialisiertes Zentrum transportiert

werden. Der bessere klinische Verlauf ist dadurch begründet, dass im

Verbrennungszentrum das medizinische Personal auf Verbrennungen geschult ist,

Page 108: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

106

Abläufe besser ineinander greifen und nicht zuletzt durch die größere Erfahrung

des medizinischen Personals.

4.10.2 Stationäre Aufenthaltsdauer

Die Dauer des stationären Aufenthaltes bei Brandverletzten durch selbst

zugefügte Verbrennungen war signifikant höher als bei Unfallopfern.

Auch andere Autoren beschrieben diese Diskrepanz [79, 82, 99, 105].

Tarrier und seine Forschungsgruppe beschrieben 2005 eine mittlere

Hospitalisationsdauer von Patienten mit selbst zugefügten Verbrennungen von

42,5 Tagen (Median 83,5 Tage) gegenüber von 11,9 Tagen (Median 8 Tage) bei

Unfallopfern [99] und auch Wallace und Pegg beschrieben eine dreifach längere

Aufenthaltsdauer der selbst zugefügten Verbrennungen gegenüber akzidentellen

Brandverletzungen [105].

Als Ursache für die längere Hospitalisation bei Selbstverbrennungen dürfte primär

das deutlich höhere Ausmaß der Verbrennungen ausschlaggebend sein. Wie

bereits beschrieben, sind die Verbrennungen zum einen großflächiger und zum

anderen höhergradig als bei akzidentiellen Brandwunden. Unabhängig von der

Genese benötigen solch gravierende Wunden eine langwierigere Therapie als

oberflächliche, kleinflächige Verletzungen. Im engen Zusammenhang mit der

längeren stationären Aufenthaltsdauer können ebenfalls das gehäufte Vorliegen

von Inhalationstraumata, verbunden mit Intubation und Beatmung der Patienten

stehen. Beatmungsassoziierten Pneumonien verlängern die Hospitalisationsdauer

zusätzlich. Insgesamt sind bei ausgedehnten und schweren Verbrennungen die im

Ergebnisteil sowie weiter unten erwähnten Komplikationen ein bedeutender

Einflussfaktor der Behandlungsdauer.

Ob und in wie fern die psychische Belastung zur Verlängerung der Hospitalisation

beiträgt, lässt sich an Hand der ermittelten Daten nicht beurteilen.

4.10.3 Chirurgische Behandlung

Nahezu alle 45 Patienten erhielten eine operative Versorgung der Brandwunden,

lediglich fünf Patienten, die mit einer Ausnahme kurz nach der Aufnahme

verstarben, wurden nicht operiert.

Page 109: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

107

Die Patienten, die die Folgen der Verbrennung nicht überlebten, erhielten im Mittel

1,9 Operationen. Diese geringe Anzahl ist durch das hohe Verbrennungsausmaß,

kardiopulmonale Instabilität und damit fehlende Operationsfähigkeit und den

daraus resultierenden zeitnahen Tod der Patienten zu erklären.

Die Überlebenden erhielten im Mittel 4,3 Operationen mit einer Streuung zwischen

einer und sechs Operationen.

Häufig durchgeführte chirurgische Therapiemaßnahmen waren Nekrosektomien

(tangential und epifaszial), Escharotomien, Debridement und

Spalthauttransplantationen. Die Transplantation von Haut erfolgte an ästhetisch

bedeutsamen Körperstellen wie den Händen oder im Gesicht ungemesht, an den

anderen Körperregionen dagegen meist gemesht.

In der Literatur findet man Angaben über die Anzahl der Operationen bei selbst

zugefügten Verbrennungen zwischen 1,7 und 3,5 Operationen pro Patient [1, 18,

37, 41, 79, 101, 104, 113]. Die häufigsten Eingriffe sind ebenfalls Nekrosektomien,

Hauttransplantationen und Wund-Debridement.

Prinzipiell ist die chirurgische Behandlung der Selbstverbrennungen identisch mit

der aller übrigen Brandverletzungen [1, 14].

4.10.4 Psychologische/ Psychiatrische Behandlung

Außer zwei Patienten hatten alle Überlebenden mindestens einmal die

Möglichkeit, mit einem Psychiater oder Psychologen zu reden. Warum zwei

Patienten keine psychiatrische Betreuung bekamen, ist unklar. Möglich ist, dass

die Patienten dies ablehnten oder auch, dass die Anordnung eines

psychiatrischen Konsils versäumt wurde. Diesbezüglich ist die Aktenlage nicht

eindeutig.

Die nachbefragten Patienten, die eine psychiatrische/ psychologische Betreuung

durch Fachpersonal bekamen, empfanden diese zu 60% als hilfreich. Eine

psychische Stütze durch Pflegepersonal oder den behandelnden Stationsarzt

wurde von 75% der Fälle als hilfreich empfunden. Leider findet man in der

Literatur kaum Informationen zu diesem Aspekt. Einige Autoren erwähnten, dass

eine psychiatrische Betreuung durch Fachpersonal, Sozialarbeiter oder ähnlichem.

bei vielen oder allen Patienten mit Selbstverbrennung zum Standard gehöre [1,

76, 101, 104, 113]. Van der Does beispielsweise beschrieb, dass bei

Page 110: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

108

Selbstverbrennungen ein klinischer Psychologe oder ein Psychiater während der

gesamten Therapiedauer zum Klinikteam gehört habe [104]. Aussagen darüber,

ob die Unterstützung von den Patienten als positiv erlebt wurde oder nicht, findet

man jedoch nicht.

Da jedoch die meisten Patienten der nachuntersuchten Gruppe diese Hilfe

dankbar annahmen, ist es sinnvoll, auch in Zukunft gerade diesen Patienten das

Angebot einer psychologisch-psychiatrischen Betreuung zu machen. Es ist bei

dem hohen Prozentsatz an psychiatrisch Erkrankten in dieser Population davon

auszugehen, dass viele Patienten die Selbstverbrennung aus einer belastenden

Situation oder akuten Krise heraus durchführten (laut Hadjiski nahezu 75% [41]).

Deswegen kann eine Betreuung, die schon während der Hospitalisation im

Verbrennungszentrum beginnt, eine deutliche Entlastung für den Patienten sein.

Neben der eventuell vor dem Suizidversuch bestehenden schwierigen Lebenslage

kommt nun erschwerend für die Patienten hinzu, dass sie oft körperlich entstellt

und durch die Verbrennungswunden zeitlebens stigmatisiert sind. Die Patienten

sind zunächst meist intubiert und beatmet. Nachdem sie aus dem künstlichen

Koma erwachen, ansprechbar und adäquat orientiert sind, sollte die Betreuung

durch Fachpersonal eingeleitet werden.

Die Notwendigkeit einer frühen psychologisch-psychiatrischen Intervention lässt

sich auch daraus ableiten, dass viele Patienten nach dem Aufenthalt im

Krankenhaus eine psychologisch-psychiatrische Therapie in Anspruch nahmen,

wie von Tsati beschrieben [101]. Auch Wiechmann ist der Auffassung, dass eine

psychologisch-psychiatrische Überwachung für Patienten mit

Selbstverbrennungen wichtig sei [108]. Weiterhin beschrieb Ehde, dass während

der Hospitalisierung und sogar ein Jahr danach viele Patienten mit Brandwunden

post-traumatische Stresssymptome wie beispielsweise Schlafstörungen,

Flashbacks oder Konzentrationsstörungen zeigten und eine psychologische

Betreuung notwendig gewesen sei [34].

Neben der durch Fachpersonal erfolgten psychischen Betreuung sollte weiterhin

das Stationspersonal empathisch und wertschätzend mit den Patienten umgehen.

Eine zusätzliche Unterstützung durch Pflegepersonal und Stationsärzte wird von

den Patienten als hilfreich und entlastend angesehen und sollte deswegen

unabdingbar erfolgen.

Page 111: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

109

4.10.5 Komplikationen

Viele Patienten litten zeitweise unter Dyspnoe und immerhin etwa ein Viertel

entwickelte ein ARDS. Traten pulmologische Komplikationen auf, lag die Mortalität

bei 60%. Das schlechteste Outcome zeigte sich unter den Patienten, die eine

Sepsis entwickelten (24,2% d. F., alle Patienten verstarben) und bei

katecholaminpflichtiger Kreislaufinstabilität mit einer Sterbehäufigkeit von 86,7%.

Die häufigsten Todesursachen von Personen mit Selbstverbrennung sind

ausgedehnte, nicht mit dem Leben vereinbare Verbrennungen,

Inhalationstraumata, Multiorganversagen, Pneumonien oder Sepsis [23, 47, 60,

63, 76]. Bargues und seine Mitarbeiter fanden heraus, dass Inhalationstraumata

prädisponierende Faktoren für schwere pulmologische und systemische

Komplikationen sind [8].

Ob die Komplikationsrate von Schwerbrandverletzten mit selbst zugefügten

Verbrennungen höher ist als von Patienten mit unfallbedingten Verbrennungen, ist

an Hand der ausgewerteten Daten nicht möglich, da keine Auswertung der

Komplikationen letztgenannter Gruppe erfolgte. Trotzdem sollte den untersuchten

Patienten insbesondere beim Vorliegen eines Inhalationstraumas eine erhöhte

Aufmerksamkeit zukommen um mögliche Komplikationen früh zu erkennen. Vor

allem sollten Pneumonien frühzeitig konsequent therapiert werden.

4.11 Klinischer Verlauf, allgemeiner Gesundheitszustand

Nur wenige Studien beschäftigten sich bis dato mit dem Outcome

Schwerbrandverletzter [30, 84].

Hinsichtlich des funktionellen Verlaufs Schwerbrandverletzter (mehr als 40%

vKOF) beschrieben Druery, Brown und Muller (2005) dass die Ausdehnung der

betroffenen Haut, besonders bei einer vKOF über 50% einen signifikanten Einfuß

auf alle einzelnen Skalen des Burn Specific Health Scale (physikalisch: Mobilität

und Selbstversorgung, Handfunktion, Rollenaktivität; psychosoziale Skala:

Körperbild Affektivität; sozial (Familie, Freunde) und generell (sexuell)) hat [30].

Typische körperliche Beschwerden nach schweren Brandverletzungen sind

Schmerzen, Juckreiz, Sensibilitätsstörungen und Kraftverlust [53]. Trotz dieser

Vielzahl an Beschwerden zeigten Altier und Mitarbeiter (2002), dass sich die

gesundheitsbezogene Lebensqualität (Health related Quality of Life, HRQoL) zwei

Page 112: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

110

bis zehn Jahre nach der Verbrennung nicht wesentlich von der der

Gesamtbevölkerung unterscheidet [3]. Die Arbeitsgruppe von Anzarut (2005) fand

außerdem heraus, dass Brandverletzte nach zwei bis 20 Jahren in den beiden

Subskalen Körperliche Rollenfunktion und Allgemeine Gesundheitswahrnehmung

geringere Werte erreichten als die normative Stichprobe [7].

Die vorliegende Studie konnte keine signifikanten Abweichungen in den

Dimensionen des SF-36 feststellen, jedoch ist bezogen auf die Einzelwerte

festzuhalten, dass der Gesundheitszustand der nachuntersuchten Patienten nicht

dem der Allgemeinbevölkerung entspricht. Abweichungen nach unten mit

schlechteren Einzelergebnissen in verschiedenen Skalen sind bei den häufig

ausgedehnten Verbrennungen nicht verwunderlich. Schmerzen, die noch von drei

Patienten angegeben wurden, gehören zu häufigen Beschwerden von

Brandverletzten. Schmerzen führen zu einer Einschränkung der Lebensqualität

und sollten möglichst früh effektiv behandelt werden. Hier kommt die chirurgische

Therapie mit Kontrakturlösung und Gelenkmobilisation zur Verbesserung der

Funktionalität ebenso in Betracht wie die medikamentöse Schmerztherapie.

Weiterhin zeigte sich in den Einzelauswertungen des SF-36, dass die körperlichen

und psychischen Summenskalen bei vielen Patienten Abweichungen vom

Normalkollektiv aufweisen. Die Divergenzen der psychischen Summenskala

verdeutlichen nochmals, dass die oben erwähnte psychiatrisch-psychologische

Betreuung der Patienten im Verlauf wichtig ist. Aus den Abweichungen in der

körperlichen Summenskala, die nahezu bei der Hälfte der nachbefragten

Patienten zu verzeichnen war, lässt sich ableiten, dass eine regelmäßige

Nachuntersuchung durch die behandelnden Ärzte erfolgen sollte um mögliche

Probleme der Patienten beheben zu können und somit den körperlichen

Gesundheitszustand zu optimieren.

Andere Studien verwendeten zur Erfassung des Gesundheitszustandes von

Brandverletzten nicht den SF-36 sondern den Burn Specific Health Scale (BSHS)

bzw. dessen Kurzform (BSHS-Brief), sodass hier leider kein Vergleich mit anderen

Publikationen möglich ist.

Als weiterer Parameter zur Bewertung des allgemeinen Gesundheitszustandes

und des Outcomes kann die Rückkehr in den Beruf gesehen werden. Nur ein

Patient kehrte nach der Selbstverbrennung in seinen alten Beruf zurück, was

verglichen mit anderen Publikationen auffallend gering ist. Einer groß angelegten

Page 113: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

111

Metastudie zufolge, kehren nach Brandverletzungen 37% der Opfer in ihren alten

Beruf zurück [17]. Andere Untersuchungen geben sogar noch höhere Raten an

Berufswiedereinsteigern an [17, 33].

Als Einflussfaktoren für die Rückkehr in den Beruf werden in der Literatur Faktoren

genannt wie Prozent verbrannte Körperoberfläche [15, 87, 99], Ausmaß an

drittgradigen Verbrennungen, Dauer des stationären Aufenthaltes, Anzahl der

Operationen, frühere psychiatrische Erkrankungen [17, 36] sowie, als einer der

wichtigsten Faktoren, vorherige Berufstätigkeit [36, 98, 110]. Die Diskrepanz

zwischen der vorliegenden Studie und anderen Studien hinsichtlich der Rückkehr

in den Beruf kann man also auf mindestens zwei Faktoren zurückführen: Zum

einen handelt es sich bei Verbrennungen im Rahmen eines Suizidversuches meist

um sehr schwerwiegendere Verbrennungen mit entsprechenden Folgezuständen

und einem längeren Krankenhausaufenthalt, weiterhin waren auch vor der

Verbrennung nur etwas mehr als die Hälfte der Patienten berufstätig. Die

Tatsache, dass die meisten Patienten mit Selbstverbrennungen an einer

psychiatrischen Erkrankung mit häufig niedrigerem sozialen Funktionsniveau als

die Allgemeinbevölkerung litten, kann als ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für

die geringe Rate der Berufswiedereinsteiger gesehen werden.

Dyster-Aas und Mitarbeiter bearbeiteten hinsichtlich dieser Fragestellung

zusammen mit Brandverletzten ebenfalls den SF-36 [33]. Die Patienten wurden in

zwei Gruppen eingeteilt: Patienten, die in den Beruf zurückkehrten, zeigten in den

Dimensionen des Fragebogens keine signifikante Abweichung von der Norm,

wohingegen Patienten, die nicht in den Beruf zurückkehrten, in den Dimensionen

körperliche Funktionsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion und in der körperlichen

Summenskala Abweichungen um mehr als eine Standardabweichung nach unten

zeigten. Auf diese Aufschlüsselung wurde in der vorliegenden Studie auf Grund

der geringen Fallzahl verzichtet.

4.12 Ergebnisse der chirurgischen Therapie

Die Beeinträchtigung im sozialen Bereich durch die Veränderung des äußeren

Erscheinungsbildes wurde von den meisten Patienten als geringfügig erlebt.

Dieser Aspekt ist erfreulich, da die nachbefragten Patienten auch an ästhetisch

wichtigen Hautarealen Verbrennungswunden davongetragen haben. Auch die

Page 114: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

112

Patienten mit Gesichts- und Handbeteiligung waren prinzipiell zufrieden mit der

Therapie. Niemand gab als Grund für eine unzureichende Zufriedenheit an, dass

die Hauttransplantate unästhetisch oder störend seien. Die ungemeshte

Hauttransplantation auf diese sichtbaren Areale scheint sich somit also als sinnvoll

herauszustellen.

Auch funktionelle Beeinträchtigungen wurden von den Patienten eher als gering

angegeben, über Schmerzen innerhalb der letzten vier Wochen wurde nur von

wenigen Patienten berichtet. Insgesamt waren die Patienten also durchaus

zufrieden mit dem chirurgischen Ergebnis und fühlten sich erfreulicherweise weder

funktionell noch psychisch durch ihre Verbrennungswunden eingeschränkt. Trotz

der subjektiven Zufriedenheit bestanden aber bei vielen Patienten dennoch

funktionelle Einschränkungen, wie aus den Ergebnissen des SF-36 hervorgeht.

Hier muss eine gewisse Dissimulationstendenz der Patienten berücksichtigt

werden. Da die Patienten von Mitgliedern der behandelnden Abteilung befragt

wurden, ist es möglich, dass die Patienten ihre subjektiven Einschränkungen und

die Zufriedenheit mit der Therapie besser darstellten, als es tatsächlich der Fall ist.

Deswegen gilt auch hier, wie bereits oben schon beschrieben, dass regelmäßige

sorgfältige Nachuntersuchungen nötig sind um eventuelle

Funktionseinschränkungen oder Probleme früh zu erkennen und zu behandeln.

Chirurgische Nachbehandlungen in Form von Folge-Operationen waren bei über

der Hälfte der Patienten notwendig. Das Verbrennungsausmaß war bei diesen

Patienten sehr groß, ästhetisch bedeutsame Körperregionen waren betroffen,

wodurch die Notwendigkeit von Folge-Operationen erklärt werden kann. Davidson

und Braun berichteten über eine Rate an Folge-Operationen von 27,2 % [26],

ansonsten ist in der Literatur wenig über den weiteren Verlauf und die Häufigkeit

von Folge-Operationen bei Selbstverbrennung zu finden.

4.13 Psychologisch-psychiatrischer Verlauf

Den psychiatrischen Verlauf zu bewerten ist nur unter Vorbehalt möglich, da hier

viele Faktoren einen Einfluss ausüben und nur eingeschränkt Daten über die

Ausgangssituation zur Zeit des Suizidversuches zur Verfügung stehen. Man kann

jedoch festhalten, dass eine psychologisch-psychiatrische Betreuung während des

Aufenthaltes im Verbrennungszentrum sowie im weiteren Verlauf von den

Page 115: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

113

Patienten durchweg als positiv und hilfreich erlebt wurde. Leider konnte dadurch

jedoch keine signifikant geringere Rate an weiteren Suizidversuchen erreicht

werden. Auch Rückfälle der psychiatrischen Grunderkrankung konnten nicht

verhindert werden. Viele Patienten waren nach dem Suizidversuch wiederholt in

ambulanter oder stationärer psychiatrischer Behandlung und zur Zeit der

Datenerhebung waren bei zwei Patienten sogar Suizidgedanken vorhanden.

Dieser Verlauf ist jedoch wahrscheinlich eher auf die psychiatrische

Grunderkrankung zurückzuführen als auf die Selbstverbrennung an sich. Viele

psychische Erkrankungen verlaufen in rezidivierenden Schüben oder chronisch

progredient, sodass leider häufig mit Rückfällen gerechnet werden muss [61]. Dies

wird auch daran deutlich, dass vorhergegangene Suizidversuche einer der

wichtigsten Risikofaktoren für weitere Selbsttötungsversuche sind.

Auf Grund dieser ernüchternden Fakten sollte jedoch keineswegs auf eine

psychologisch-psychiatrische Betreuung verzichtet werden, sondern diese im

Gegenteil sogar noch ausgebaut werden. Anzustreben ist eine Betreuung schon

während des stationären Aufenthaltes, welche während und nach sich

anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen fortgeführt werden sollte. Während

des stationären Aufenthaltes im Verbrennungszentrum waren meist nur

konsiliarische Gespräche mit Fachpersonal möglich. Schon hier sollte eine

intensivere Betreuung stattfinden. Noch gehört psychiatrisches oder

psychologisches Personal nicht zum standardmäßigen Team auf einer solchen

Station. Möglicherweise kann eine schon hier beginnende intensive Betreuung

und vor allem anschließende Anbindung an weitere Therapiemaßnahmen den

psychiatrischen Verlauf verbessern.

Außerdem ist hier wieder die geringe Stichprobengröße zu berücksichtigen.

Zudem ist es schwierig, den Effekt einer intensiven psychiatrischen Betreuung

nachzuweisen. Vielleicht kann es sogar als positiv gewertet werden, dass

immerhin elf Patienten zur Zeit der Datenerhebung lebten und psychisch stabil

genug waren, um an der Studie teilzunehmen.

Als positiver Aspekt kann hier angeführt werden, dass viele Patienten über ein

besseres soziales Netzwerk berichteten, das soziale Funktionsniveau hat sich also

anscheinend im Verlauf gebessert.

Page 116: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

114

4.14 Veränderungen des sozialen Netzwerkes nach der

Selbstverbrennung

Auch die Veränderung des sozialen Netzwerkes nach der Selbstverbrennung kann

als Parameter zur Beurteilung des Outcomes gesehen werden. Die Qualität

sozialer Beziehungen hat sich nach der Selbstverbrennung bis zur Datenerhebung

bei den meisten Patienten zum Positiven hin verbessert. Kontakte zu Freunden

und zur Familie wurden nun überwiegend als „gut“ bis „eher gut“ erlebt.

Zur Zeit der Selbstverbrennung war das soziale Netzwerk der Patienten relativ

schlecht und konnte keinen ausreichenden Rückhalt für die Patienten bieten.

Im Verlauf zeigte sich erfreulicherweise bei vielen Patienten eine deutliche

Verbesserung. So schienen die sozialen Kontakte nun von erheblich besserer

Qualität zu sein und ein Gefühl von Einsamkeit empfanden nur noch 36,4%.

Worauf die Verbesserung des sozialen Netzwerkes zurückzuführen ist, ist schwer

zu sagen und anhand der hier ausgewerteten Daten nicht möglich. Eine

Hypothese ist, dass die Selbstverbrennung und deren Therapie eine Art

Wendepunkt darstellen und sich die Patienten nach der Entlassung aus dem

Verbrennungszentrum besser mit ihrer Umwelt arrangieren können. Dazu kann

auch die intensive interdisziplinäre Betreuung einen Beitrag leisten. Durch viele

Gespräche mit Ärzten, Pflegepersonal oder Seelsorgern kann es zu einer

veränderten Wahrnehmung kommen. Die vermehrte Zuwendung könnte für den

Patienten eine Entlastung darstellen. Weiterhin ist denkbar, dass der

Suizidversuch von der Umgebung als Appell wahrgenommen wurde und sich die

Kontaktpersonen nun intensiver mit den Patienten beschäftigten. Außerdem

begaben sich die meisten Patienten nach der Verbrennung in psychiatrische

Behandlung, die ebenfalls positive Einflüsse auf das soziale Netzwerk genommen

haben kann.

Eine weitere Vermutung liegt in der aktuellen seelischen Verfassung der

Patienten. Vor der Selbstverbrennung beschrieben viele Patienten eine schwere

Lebenslage, depressive Verstimmungen bis hin zu psychotischen Symptomen.

Eine damals mehr oder weniger akute Phase einer psychiatrischen

Grunderkrankung ist bei vielen Patienten anzunehmen. Demgegenüber wirkten

die Patienten zur Zeit der Datenerhebung deutlich entspannter, eine massive

psychopathologische Beeinträchtigung schien nur bei wenigen Patienten

vorzuliegen. Zu beachten sind hier aber auch möglicherweise

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Dissimulationstendenzen mit der Neigung, die gestellten Fragen in Richtung

sozialer Erwünschtheit zu beantworten.

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5 Fazit

Die durchgeführte Studie konnte einige Einflussfaktoren für Selbstverbrennungen

im Rahmen eines Suizidversuches bestätigen. Besonders deutlich wird, dass

psychiatrische Erkrankungen, insbesondere Depressionen und die Schizophrenie

aber auch Persönlichkeitsstörungen ein wichtiges Risiko darstellen. Jedoch kann

man nicht von der Diagnose auf eine erhöhte Gefahr für Selbstverbrennung

schließen, sondern sollte bei psychiatrischen Erkrankungen an ein per se erhöhtes

Risiko für Suizidversuche jeglicher Methode denken. Bestimmte

Persönlichkeitszüge scheinen nicht signifikant gehäuft aufzutreten, das männliche

Geschlecht war in dieser Studie signifikant häufiger vertreten. Welche Faktoren

letztlich dazu führen, dass ein Mensch die Selbstverbrennung als Suizidmethode

wählt, bleibt also unklar. Interessanterweise sind fast alle nachbefragten Patienten

Raucher, hantieren also regelmäßig mit Feuerzeug oder Streichhölzern. Dies

könnte als Hinweis auf eine niedrigere Hemmschwelle für die Verwendung von

Feuer für den Suizid im Vergleich zu Nichtrauchern interpretiert werden oder aber

auch als Reaktion auf die psychiatrische Erkrankung mit einem erhöhten

Anspannungsniveau.

Die meisten Patienten benutzten einen Brandbeschleuniger mit dem sie sich

übergossen und sich anschließend selbst anzündeten. Dieser Hergang führte

häufig zu ausgedehnten und tiefen Verbrennungen. Insbesondere das Gesicht, die

oberen Extremitäten sowie der Rumpf waren hiervon betroffen. Die Häufigkeit der

Gesichtsbeteiligung korrelierte mit der Häufigkeit des Auftretens eines

Inhalationstraumas. Aus diesem Grunde und wegen der oft schwerwiegenden

Verbrennungen resultierte eine längere Liegedauer als bei Unfallopfern, ebenso

war die Mortalität erhöht. Letztere war aber nicht höher, als auf Grund der

Verbrennungen und weiterer Einflussfaktoren zu erwarten wäre. In wie fern

Komplikationen bei Patienten mit Selbstverbrennungen häufiger auftreten und

schwerer verlaufen als bei Patienten mit akzidentellen Brandverletzungen, kann

mit den vorhandenen Daten nicht beurteilt werden.

Die Therapie der Brandwunden im Verbrennungszentrum wurde von den meisten

Patienten positiv bewertet. Dies ist dadurch mit bedingt, dass an sichtbaren

Körperstellen wie Hände und Gesicht durchweg mit ungemeshten

Spalthauttransplantaten gearbeitet und somit ein deutlich besseres kosmetisches

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Ergebnis erreicht wurde. Gemeshte Transplantate an nicht sichtbaren Stellen

wurden von den Patienten in der Regel nicht als störend empfunden. Trotz der

guten Resultate waren aber auch Folge-Operationen nötig. Deshalb, und wegen

eines sich durch Auswertung des SF-36 abzeichnenden schlechteren allgemeinen

Gesundheitszustandes im Vergleich zur Norm, sollten die Patienten regelmäßig

zur Kontrolle im Verbrennungszentrum geladen werden um frühzeitig weitere

nötige operative Eingriffe vornehmen zu können und dadurch auch die

Zufriedenheit der Patienten zu optimieren. Die Verbrennungsnarben wurden nur

von wenigen Patienten als störend oder einschränkend erlebt, insgesamt

arrangierten sich diese Personen gut mit ihrem veränderten Äußeren. Hinsichtlich

der Lebensqualität, insbesondere der körperlichen und seelischen

Summenskalen, zeigte sich tendenziell ein niedrigeres Niveau als beim

Noramalkollektiv. Funktionell wurde von den meisten Patienten keine oder nur

eine geringe Beeinflussung angeben.

Hinsichtlich der psychiatrisch-psychologischen Betreuung der Patienten konnte,

abgesehen von subjektiven Patientenempfinden, kein objektivierbarer positiver

Effekt belegt werden. Nicht selten berichteten die Patienten auch von weiteren

Suizidversuchen oder Selbstverletzungen. Gerade deswegen sollten, trotz des

hier nicht evaluierbaren positiven Effektes einer psychologischen Betreuung, die

Patienten schon während ihres stationären Aufenthaltes intensiv von

Fachpersonal betreut werden. Meist lag eine psychiatrische Grunderkrankung vor,

die einer häufig langwierigen Therapie bedarf. Zusätzlich sind die Patienten durch

die Verbrennungsfolgen weiteren Belastungen ausgesetzt. Eine alleinige

konsiliarische Betreuung mit nur gelegentlichen Gesprächsmöglichkeiten während

des gesamten Aufenthaltes erscheint unzureichend und das psychologische bzw.

psychiatrische Fachpersonal sollte fester Bestandteil des Teams im

Verbrennungszentrum sein. Anpassungsstörungen und posttraumatische

Belastungsstörungen sind bei Brandverletzten nicht selten. Durch eine über den

stationären Aufenthalt hinaus andauernde psychiatrische Betreuung können

solche Störungen früher erkannt und den Patienten geholfen werden.

Da die Patienten die Hilfestellung des medizinischen Personals aber überwiegend

als hilfreich ansehen, ist es ratsam, für die Arbeitskräfte eines

Verbrennungszentrums Fortbildungen hierzu anzubieten.

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Insgesamt kann konstatiert werden, dass trotz noch bestehender Probleme viele

der Patienten wieder ihren Weg zurück in ein zufriedenes Leben fanden. Das

soziale Netzwerk besserte sich häufig und konnte den Patienten Rückhalt geben.

Der große therapeutische Aufwand und die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit

zwischen Ärzten, Pflegepersonal und psychologischem bzw. psychiatrischem

Personal erscheinen insbesondere vor dem Hintergrund der wieder eintretenden

zufrieden stellenden Lebensqualität gerechtfertigt.

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Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV. Achse I: Psychische Störungen. Interviewheft und Beurteilungsheft. Eine deutschsprachige,

Page 129: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

127

erweiterte Bearb. d. amerikanischen Originalversion des SKID I. Hogrefe, Göttingen

[110] Wrigley, M., Trotman, B. K., Dimick, A., Fine, P. R. (1995). Factors relating

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Page 130: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

128

7 Anhang

7.1 Tabellen

Tabelle A 1 Dimensionen des SF-36

Dimension Itemanzahl Beschreibung

I Körperliche Funktionsfähigkeit

(physical function) 10

Ausmaß, in dem der Gesundheitszustand körperliche Aktivitäten wie Selbstversorgung, Gehen, Treppen

steigen, Bücken, Heben und mittelschwere oder anstrengende Tätigkeiten beeinträchtigt

II Körperliche Rollenfunktion (role functioning physical)

4

Ausmaß, in dem der körperliche Gesundheitszustand die Arbeit oder andere tägliche Aktivitäten

beeinträchtigt, z.B. weniger schaffen als gewöhnlich, Einschränkungen in der Art der Aktivitäten oder

Schwierigkeiten bestimmte Aktivitäten auszuführen

III Körperliche Schmerzen

(bodily pain) 2

Ausmaß an Schmerzen und Einfluss der Schmerzen auf die normale Arbeit, sowohl im als auch außerhalb

des Hauses

IV

Allgemeine Gesundheitswahrnehmung

(general health)

5 Persönliche Beurteilung der Gesundheit, einschließlich aktueller Gesundheitszustand, zukünftige

Erwartungen und Widerstandsfähigkeit gegenüber Erkrankungen

V Vitalität (vitality) 4 Sich energiegeladen und voller Schwung fühlen versus müde und erschöpft

VI Soziale Funktionsfähigkeit

(social functioning) 2

Ausmaß, in dem die körperliche Gesundheit oder emotionale Probleme normale soziale Aktivitäten

beeinträchtigen

128

Page 131: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

129

Dimension Itemanzahl Beschreibung

VII Emotionale Rollenfunktion (role functioning emotional)

3 Ausmaß, in dem emotionale Probleme die Arbeit oder andere tägliche Aktivitäten beeinträchtigen; u. a.

weniger Zeit aufbringen, weniger schaffen und nicht so sorgfältig wie üblich arbeiten

VIII Psychisches Wohlbefinden

(mental health) 5

Allgemeine psychische Gesundheit, einschließlich Depression, Angs,t emotionale und verhaltensbezogene

Kontrolle, allgemeine positive Gestimmtheit

VIII Veränderung der Gesundheit (reported health transition)

1 Gesundheitszustand im Vergleich zum vergangenen Jahr

129

Page 132: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

130

Tabelle A 2 SKID-I Einschlussdiagnosen

Achse - I - Störung Diagnsoen

Affektive Störungen

Bipolare Störungen I und II, andere (zyklothyme

Störungen, intermittierende hypomane Episoden,

manische/ gemischte Episoden einer psychotischen

Krankheit aufgesetzt), Major Depression, Dysthymie,

Depression nicht näher bezeichnet, affektive Störung

auf Grund eines Krankheitsfaktors, substanzinduzierte

affektive Störung

Psychotische Störung

Schizophrenie, schizophreniforme Störung,

schizoaffektive Störung, wahnhafte Störung, kurze

psychotische Störung, psychotische Störung auf Grund

eines Krankheitsfaktors, substanzinduzierte

psychotische Störung, psychotische Störung nicht

näher bezeichnet

Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeit

Alkohol, Sedativa u.a., Cannabis, Stimulantien, Opiate,

Kokain, Halluzinogene, Polytoxikomanie, andere

Angststörungen

Panikstörung, Agoraphobie ohne Panikstörung, soziale

Phobie, spezifische Phobie, Zwangsstörung,

Posttraumatische Belastungsreaktion, Generalisierte

Angststörung, Angsstörung auf Grund eines

medizinischen Krankheitsfaktors, substanzinduzierte

Angststörung, Angst nicht näher bezeichnet

Somatofomre Störungen Somatisierungsstörung, Schmerzstörung,

unspezifische somatoforme Störung, Hypochondrie,

Körperdysmorphie

Essstörungen Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa, Störung mit

Essanfällen

Anpassungsstörungen und andere DSM-IV Störungen

Anpassungsstörungen, andere DSM-IV Störungen (nur

Achse I)

Page 133: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

131

Tabelle A 3 Beschreibende Eigenschaften für die Temperaments- und Charaktinventars (nach Clonninger et. al. 1999) [21]

hohe Werte niedrige Werte

Neugierverhalten erforschend und neugierig; impulsiv; überspannt

und begeistert; unordentlich

gleichgültig und nachdenklich; bescheiden und abgesondert;

ordentlich und organisiert

Schadensvermeidung besorgt und pessimistisch; ängstlich und zweifelnd;

schüchtern; leicht ermüdbar

entspannt und optimistisch; unerschrocken und

zuversichtlich; mitteilsam; vital

Belohnungsabhängigkeit empfindsam und warm; hingebungsvoll und

zugewandt; abhängig

zweckorientiert und kalt; zurückgezogen und abgesondert,

unabhängig

Beharrungsvermögen arbeitsam und fleißig; hart arbeitend; ehrgeizig und

leistungsorientiert; beharrlich und perfektionistisch

inaktiv und träge; gibt schnell auf; anspruchslos und nicht

leistungsorientiert, aufgebend und pragmatisch

Selbstlenkungsfähigkeit

reif und robust; verantwortlich und verlässlich;

entschlossen; einfallsreich und effektiv; sich selbst

akzeptierend; Gewohnheiten im Einklang mit

überdauernden Zielen

unreif und zerbrechlich; Verantwortung abweisend und

unzuverlässig; unentschlossen; schwerfällig und ineffektiv;

sich selbst bekämpfend; Gewohnheiten entgegen

überdauernden Zielen

Kooperativität sozial tolerant; einfühlend; hilfsbereit; mitleidsvoll

und aufbauend; ethisch und prinzipienfest

sozial intolerant; kritisch; nicht hilfsbereit, rachsüchtig und

destruktiv; ohne feste Grundsätze

Selbsttranzendenz erfahren und geduldig; kreativ und

selbstvergessend; verbunden mit dem Universum

verständnislos; phantasielos und selbstbewusst; stolz und

Fehlen von Demut

131

Page 134: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

132

Tabelle A 4 Verbrennungsausmaß, n=45 (Bei einem Patienten konnte aus den Akten das

Verbrennungsausmaß nicht nachverfolgt werden.)

Verbrennungsgrad N % d.F.

II° 9 20,50%

III° 18 40,90%

I°, II° und III° 1 2,30%

II° und III° 16 36,40%

Tabelle A 5 Verbesserung der Qualität sozialer Kontakte der nachbefragten Patienten mit und

ohne Rehabilitationsmaßnahmen (n=11) im Vergleich zur Zeit vor der Selbstverbrennung Die

Tabelle gibt an, in wie viel Prozent sich die Qualität der Beziehungen verbessert hat. *: p<0,05

Ohne

Rehabilitation Mit

Rehabilitation p

Kontakt zur Familie 20% 50% 0,353

Kontakt zu

Freunden 100% 66,70% 0,019*

Page 135: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

133

Tabelle A 6 Funktionelle Beeinträchtigungen der nachbefragten Patienten (n=11) Vergleich

zwischen Patienten mit und ohne Rehabilitationsmaßnahmen im Anschluss an die Behandlung im

Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum. Es finden sich keine signifikanten Unterschiede.

Beeinträchtigung Ohne

Rehabilitation Mit

Rehabilitation p

Ertragen von Hitze Keine/ Leichte 80% 66,70% 0,662

Starke/

Sehr starke 20% 33,30%

Ertragen von Kälte Keine/ Leichte 100% 66,70% 0,186

Starke/

Sehr starke 0% 33,30%

Berührungsempfinden Keine/ Leichte 80% 66,70% 0,662

Starke/

Sehr starke 20% 33,30%

Temperaturempfindung Keine/ Leichte 100% 66,70% 0,186

Starke/

Sehr starke 0% 33,30%

Sport Keine/ Leichte 100% 66,70% 0,218

Starke/

Sehr starke 0% 33,30%

Verrichtungen im Haushalt Keine/ Leichte

80% 50% 0,353

Starke/

Sehr starke 20% 50%

Freizeit Keine/ Leichte 100% 50% 0,074

Starke/

Sehr starke 0% 50%

Page 136: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

134

Tabelle A 7 Chirurgische Nachbehandlung: Anzahl, Art und Zeitpunkt der durchgeführten Folgeoperationen nachuntersuchten Patienten (n=9)

Jede Zeile steht für einen Patienten.

Anzahl der Operationen Durchgeführte Eingriffe

Zeit der OP (in Monaten nach der Verbrennung)

1 Eigenhauttransplantation am Fuß 18

1 Lösung multipler Narbenkontrakturen 8

1 Narbenexzision und Hauttransplantation an der Hand unbekannt

1

Ausdünnung des Leistenlappentransplantates,

N. medianus-Rekonstruktion mittels zweier Suralisinterponate vom linken

Unterschenkel

Kontrakturlösung linke Flanke

11,5

1

Narbenexzision und Vollhauttransplantation (aus rechter Leiste) der DIP- und

PIP-Gelenke von D IV und V rechts,

Z-Plastik in Höhe des PIP-Gelenks D V rechts

54

2

(1) Spalthautentnahme

(2) Spalthauttransplantation zur Defektdeckung an beiden Schultern, linke Axilla

und oberes Sprunggelenk rechts

7

134

Page 137: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

135

Anzahl der

Operationen Durchgeführte Eingriffe Zeit der OP

(in Monaten nach der Verbrennung)

2

(1) Narbenexzision und Vollhauttransplantation im Halsbereich aus der linken

Leiste; 2-fache Z-Plastik des Kleinfingers links mit temporärer Athrodese der

PIP- und DIP-Gelenke durch 2 Kirschnerdrähte

(2) Narbenexzision, Vollhauttransplantation (aus rechter Leiste) und Z-Plastik im

Halsbereich; 2-fache Z-Plastik der 1. Zwischenfingerfalte;

Narbenexzision und freie Hauttransplantation D II, IV und V links mit

Z-Plastik; Narbenkorrektur mit Z-Plastik DI links beugeseitig

(1) 7,5

(2) 33

2

(1) Narbenexzission Unterlippe bis Kinn mit Vollhauttransplantation aus dem

rechten Unterbauch

(2) Narbenlösung im Mundbereich mittels Butterfly-Plastik bds.

(1) 13

(2) 25

4

(1) Spalthautentnahme

(2) Narbenkorrektur im Gesicht und linke Schulter mit Integra und

Spalthauttransplantation

(3) Vollhautentnahme rechte Schulter

(4) Narbenkorrektur Unterlippe mit Stiellappen und Vollhauttransplantation,

Vollhauttransplantation linke Axilla und der Region über den Mm. ectoralis major

et latissimus dorsi

(1) + (2) 6

(3) + (4) 12

135

Page 138: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

136

Tabelle A 8 Unterschiede im psychiatrischen Outcome der nachbefragten Patienten (n=11).

Vergleich zwischen Patienten mit und ohne Rehabilitationsmaßnahmen im Anschluss an die

Behandlung im BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum.

Ohne

Rehabilitation Mit

Rehabilitation p

Einsamkeit zur Zeit der Selbstverbrennung Ja 60% 72,20% 0,438

Nein 40% 27,30% Einsamkeit zur Zeit der Datenerhebung Ja 40% 33,30% 0,840

Nein 60% 66,70% Weitere Suizidversuche Ja 60% 16,70% 0,166 Nein 40% 83,30% Suizidgedanken zur Zeit der Datenerhebung Ja 20% 16,70% 0,900

Nein 80% 83,30%

Page 139: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

137

7.2 Abbildungen

0

5

10

15

20

25

30

35

offenes Feuer offenes Feuer + brennbare Flüssigkeit

Strom Verbrühung Explosion

N

Verbrennungsursachen

Abbildung A 1 Verbrennungsursachen, absolute Häufigkeiten mit n=44

Page 140: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

138

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

≤10 ≤20 ≤30 ≤40 ≤50 ≤60 ≤70 ≤80 ≤90 ≤100 ≤110 ≤120 ≤130

N

Tage

Dauer des stationären Aufenthaltes

Abbildung A 2 Dauer des stationären Aufenthaltes aller Patienten, n=43, bei zwei Patienten fehlen

Daten über die stationäre Aufenthaltsdauer.

Page 141: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

139

0

2

4

6

8

10

12

≤5 ≤10 ≤15 32

N

Tage

Dauer des stationären Auftenthaltes der Verstorbenen

Abbildung A 3 Dauer des stationären Aufenthaltes der

Verstorbenen, n=18

0

2

4

6

8

10

12

≤20 ≤40 ≤60 ≤80 ≤100 ≤130

N

Tage

Dauer des stationärene Aufenthaltes der Überlebenden

Abbildung A 4 Dauer des stationären Aufenthaltes der

Überlebenden, n=25, bei zwei Patienten fehlen Daten

über die stationäre Aufenthaltsdauer

0

2

4

6

8

10

12

14

16

≤10 ≤20 ≤40 ≤60 ≤80 ≤100 ≤130

N

Tage

Dauer des stationären Aufenthaltes von Patienten mit IHT

Abbildung A 5 Dauer des stationären Aufenthaltes von

Patienten mit Inhalationstrauma (IHT), n=29, bei einem

Patienten fehlen hierzu Daten.

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

≤20 ≤40 ≤60 ≤80 ≤100

N

Tage

Dauer des stationären Aufenthaltes der Patienten ohne IHT

Abbildung A 6 Dauer des stationären Aufenthaltes der

Patienten ohne Inhalationstrauma (IHT), n=14, bei einem

Patienten fehlen hierzu die Daten.

139

Page 142: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

140

20; 74%

2; 7%

5; 19%

Psychiatrische Nachbehandlung

JaNeinFehlend

Abbildung A 7 Psychiatrische Nachbehandlung der Überlebenden, n=27

0

1

2

3

4

5

6

0 1-4 5-7 >7

N

Anzahl der Freunde

Anzahl der Freunde vor dem Suizidversuch und zur Zeit der Datenerhebung

vor dem Suizidversuchzur Zeit der Datenerhebung

Abbildung A 8 Anzahl der Freunde vor dem Suizidversuch und zur Zeit der Datenerhebung, n=11.

Page 143: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

141

Einzelergebnisse des SF-36

Legende gültig für die Abbildungen 11 bis 21 Bei der z-Skala handelt es sich um eine Normskala mit einem definiertem Mittelwert=0 und einer

Streuung s=1

Psychisches Wohlbefinden

Emotionale Rollenfunktion

Soziale Funktionsfähigkeit

Vitalität

AllgemeineGesundheitswahrnehmungKörperliche Schmerzen

Körperliche Rollenfunktion

Körperliche Funktionsfähigkeit

0,46

0,56

1,04

-0,75

-1,25

-0,94

-2,46

-0,38

-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

Abbildung A 9 SF-36, Patient 1

-3,69

-2,4

-2,27

-3,58

0,19

-1,5

-2,46

-1,71

-4 -3,5 -3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5

z-Werte

-2,6

0,56

-0,57

-0,01

-0,53

-0,94

-1,27

-1,45

-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1

z-Werte

Abbildung A 10 SF-36, Patient 2 Abbildung A 11 SF-36, Patient 3

Page 144: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

142

0,68

0,56

1,04

0,98

1,63

0,73

0,57

0,95

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8

z-Werte

0,68

0,56

-0,06

0,24

0,73

0,57

0,51

1,15

-0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4

z-Werte

Abbildung A 12 SF-36, Patient 4 Abbildung A 13 SF-36, Patient 5

-2,6

0,56

1,04

-2,34

0,67

-0,94

0,57

0,06

-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

-2,38

0,56

-1,75

0,91

0,17

-2,46

1,04

0,06

-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

Abbildung A 14 SF-36, Patient 6 Abbildung A 15 SF-36, Patient 7

Page 145: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

143

-3,69

-2,4

-2,27

-3,58

0,19

-1,5

-2,46

-1,71

-4 -3,5 -3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5

z-Werte

0,46

0,56

0,36

0,73

0,91

-0,94

0,57

-1,27

-1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

Abbildung A 16 SF-36, Patient 8 Abbildung A 17 SF-36, Patient 9

0,68

0,56

-0,66

1,23

-1,49

0,73

0,57

0,51

-2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

0,68

0,56

-1,08

1,23

-0,05

0,73

0,57

-0,38

-1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

z-Werte

Abbildung A 18 SF-36, Patient 10 Abbildung A 19 SF-36, Patient 11

Page 146: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

144

Einzelergebnisse des SKID-II PS = Persönlichkeitsstörung

0

1

2

3

4

5

6

Anz

ahl d

er m

it "J

A" b

eant

wor

tete

n Ite

ms

Persönlichkeitsprofil Patient 1

Patient 1Cut-off

Abbildung A 20 SKID II, Patient 1

0

1

2

3

4

5

6

7

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s Persönlichkeitsprofil Patient 2

Patient 2Cut-off

Abbildung A 21 SKID II, Patient 2

Page 147: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

145

0

1

2

3

4

5

6

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 3

Patient 3Cut-off

Abbildung A 22 SKID II, Patient 3

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 4

Patient 4Cut-off

Abbildung A 23 SKID II, Patient 4

Page 148: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

146

0

1

2

3

4

5

6

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 5

Patient 5Cut-off

Abbildung A 24 SKID II, Patient 6

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s Persönlichkeitsprofil Patient 6

Patient 6

Cut-off

Abbildung A 25 SKID II, Patient 6

Page 149: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

147

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 7

Patient 7Cut-off

Abbildung A 26 SKID II,Patient 7

0

2

4

6

8

10

12

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 8

Patient 8Cut-off

Abbildung A 27 SKID II, Patient 8

Page 150: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

148

0

2

4

6

8

10

12

14

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 9

Patient 9Cut-off

Abbildung A 28 SKID II, Patient 9

0

1

2

3

4

5

6

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s

Persönlichkeitsprofil Patient 10

Patient 10Cut-off

Abbildung A 29 SKID II, Patient 10

Page 151: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

149

0

1

2

3

4

5

6

7

Ana

zahl

der

mit

"Ja"

bea

ntw

orte

ten

Item

s Persönlichkeitsprofil Patient 11

Patient 11Cut-off

Abbildung A 30 SKID II, Patient 11

Page 152: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

150

7.1 Sonstiges

Page 153: Retrospektive Analyse von 45 Patienten mit suizidaler ...

151

BG-Kliniken Bergmannsheil Universitätsklinik Postfach 10 02 50 44702 Bochum Univ.-Prof. Dr. med. H.U. Steinau Klinik für plastische Chirurgie u. Schwerbrandverletzte Handchirurgiezentrum – Operatives Referenzzentrum für Gliedmassentumoren -

Frau/ Herrn <Vorname Name> <Straße Hausnummer> <PLZ Ort> Sehr geehrte/r Frau/ Herr <Name> Sie wurden in der Zeit vom <tt.mm.jjjj >bis zum <tt.mm.jjjj > in unserer Klinik aufgrund von Brandverletzungen behandelt. Es ist uns wichtig, unseren Therapieerfolg stetig zu überprüfen und die Behandlung unserer Patienten zu verbessern. Dazu führen wir eine Nachuntersuchung durch, bei der wir die durch uns behandelten Patienten zum Therapieverlauf und zu ihrer Zufriedenheit mit der Therapie befragen. Wir sind auf Ihre Mithilfe angewiesen, um eventuelle Schwächen in der Versorgung Brandverletzter zu erkennen und zu beseitigen, damit nachfolgenden Patienten besser geholfen werden kann. Dazu würden wir gerne ein Treffen mit Ihnen vereinbaren. In den nächsten Tagen wird sich unser(e) Mitarbeiter(in) bei Ihnen melden, um noch bestehende Fragen Ihrerseits zu beantworten und, sofern Sie uns helfen wollen, ein Treffen mit Ihnen zu vereinbaren. Für weitere Fragen im Zusammenhang mit dieser klinischen Prüfung stehen wir Ihnen sehr gerne unter folgender Telefonnummer zur Verfügung: 0234 5077306 Wir danken Ihnen für Ihre Mithilfe und verbleiben mit freundlichen Grüßen Univ.-Prof. Dr. med. H.U. Steinau Dr. med. A. Daigeler Direktor der Klinik für plastische Chirurgie Assistenzarzt in der Klinik für plastische Chirurgie u. Schwerbrandverletzte, u. Schwerbrandverletzte, Handchirurgiezentrum – Operatives Referenzzentrum Handchirurgiezentrum–Operatives Referenzzentrum für Gliedmassentumoren für Gliedmassentumoren Dr. med. Dipl.-Psych. W. Vollmoeller Dr. S. Echterhoff Komm. ärztl. Leiter des Westfälischen Zentrums Bochum Oberärztin im Westfälischen Zentrum Bochum, Psychiatrie, Psychotherapie Psychiatrie, Psychotherapie Dipl.-Psych. F. Illes cand. med. D. Selbach cand. med. K. Hüllmann Westfälisches Zentrum Bochum, Ruhr-Universität Bochum Ruhr-Universität Bochum Psychiatrie, Psychottherapie

Berufsgenossenschaftliche Kliniken

Bergmannsheil Universitätsklinik Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte Handchirurgie-Zentrum Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. H.U. Steinau OA: Dr. med. D. Drücke Telefon: 0234/302-6841/43/48 Telefax: 0234/302-6379

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum, tt.mm.jjjj

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Entbindung von der Ärztlichen Schweigepflicht im Rahmen der Nachuntersuchung„Psychiatrische, Psychologische und Chirurgische Nachuntersuchung von Patienten mit Suizidversuch durch Selbstverbrennung oder andere Suizidmethoden“. Name des Patienten in Druckbuchstaben:____________________________________ Geb.-Datum:____________________ Code:_________________________________ Ich entbinde hiermit die Ärzte und Institutionen, die mich behandelnden bzw. mich behandelt haben von ihrer ärztlichen Schweigepflicht. Insbesondere willige ich ein, dass im Rahmen der Nachuntersuchung „Psychiatrische, Psychologische und Chirurgische Nachuntersuchung von Patienten mit Suizidversuch durch Selbstverbrennung oder andere Suizidmethoden“, meine Krankenakten und sonstigen medizinischen Dokumente, durch die Untersucher des Forschungsprojektes angefordert werden dürfen.

Ich behalte mir jedoch das Recht vor, meine Entbindungserklärung jederzeit,

und ohne Angabe von Gründen zu widerrufen.

Eine Kopie dieser Erklärung habe ich erhalten. Das Original verbleibt beim Untersucher. _________________________________ (Datum und Unterschrift des Patienten) _________________________________ (Datum, Name und Unterschrift des verantwortlichen Untersuchers) --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Beim Umgang mit den Daten werden die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes beachtet. Um die Richtigkeit der Datenaufzeichnung zu überprüfen, dürfen Beauftragte des Auftraggebers und der zuständigen Behörden beim Prüfarzt Einblick in meine personenbezogenen Krankheitsdaten nehmen.

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Westfälisches Zentrum Bochum Psychiatrie Psychotherapie Psychosomatik Klinik der Ruhr-Universität Bochum

Komm. Ärztlicher Direktor: Priv.-Doz. Dr. W. Vollmoeller

Westfälisches Zentrum Bochum, Alexandrinenstraße 1, 44791 Bochum

Fachkrankenhaus im

LWL-PsychiatrieVerbund Bochum Dortmund Gütersloh Hamm Hemer Herten Lengerich

Lippstadt Marl-Sinsen Marsberg Münster Paderborn Warstein

Fragebogen

„Psychiatrische, Psychische und Chirurgische Nachuntersuchung von Patienten mit Suizidversuch durch Selbstverbrennung oder andere

Suizidmethoden“ Fragebogencodierung: NVgebdat

Geschlecht: weiblich männlich

1. War die Verbrennung ein Unfall oder wollten Sie sich das Leben nehmen oder sich selbst

verletzen? Unfall

Suizidale Absicht Selbst verletzen

2. Welche Nationalität besaßen Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung damals?

Deutsch Andere:___________

3. Welche Nationalität besitzen Sie zur Zeit?

Deutsch Andere:___________

4. Waren Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung verheiratet? Nein Ja

5. Sind Sie zur Zeit verheiratet? Nein Ja

Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil Universitätsklinik Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte Handchirurgie-Zentrum Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. H.U. Steinau Ltd. OA: PD Dr. H.-H. Homann

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6. Wie viele Kinder haben Sie zur Zeit? Anzahl

7. Geben Sie bitte hier das aktuelle Alter Ihrer Kinder an:

1.Kind 2.Kind 3.Kind

Sollten mehr als 3 Kinder angegeben sein, bitte die Angaben gegebenenfalls auf gesonderten Blatt

machen.

8. Waren Sie bzw. ihre Partnerin zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung schwanger?

Entfällt, da keine Beziehung Nein Ja

9. Sind Sie bzw. ihre Partnerin nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung schwanger gewesen?

Entfällt, da keine Beziehung Nein Ja, Jahr

10. Sind Sie bzw. ihre Partnerin zur Zeit schwanger?

Entfällt, da keine Beziehung Nein Ja

11. Welcher Religionsgemeinschaft gehörten Sie an?

Keiner Christentum Islam Hinduismus Andere: _____________

Hatte ihre Religionszugehörigkeit einen Einfluss auf die Wahl der Verbrennung als Suizidmethode?

Keinen Eher weniger Eher ja Ja

Wenn Ja oder Eher ja, erläutern Sie bitte den Zusammenhang

12. Welchen Schulabschluss besaßen Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung?

Hauptschule/Volksschule Realschule Fachhochschulreife Abitur

Sonstiges:

13. Welchen Beruf/Tätigkeit übten Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung aus?

Keinen

14. Sind Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung arbeitslos gewesen? Nein Ja

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15. Hatten Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung finanzielle Schwierigkeiten ?

Nein Ja

16. Konnten Sie nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung in Ihren alten Beruf zurückkehren?

Nein Ja Wollte es nicht

17. Leidet jemand in Ihrer Familie an psychischen Erkrankungen? Nein Ja

Wenn Ja, in welchem Verwandtschaftsverhältnis steht diese Person zu Ihnen?

Vater Mutter Bruder Schwester Großeltern

Sohn/Tochter Sonstige:_________________

Wenn Ja, welche Diagnose(n) wurde(n) gestellt?_____________________________

Wie alt waren Sie zu Beginn dieser Erkrankung Ihres Angehörigen? Jahre alt

Sollten mehrere Personen betroffen sein, machen Sie diese Angaben bitte auf einem gesonderten Blatt

nach Personen getrennt.

18. Hat in Ihrer Familie jemals jemand einen Suizidversuch unternommen? Nein Ja

Wenn ja, in welchem Verwandtschaftsverhältnis steht diese Person zu Ihnen?

Vater Mutter Bruder Schwester Großeltern

Sohn/Tochter Sonstige:_________________

Wenn Ja, mit welcher Methode? ______________________

Wie alt waren Sie zum Zeitpunkt dieses Suizidversuches?

Jahre alt, Entfällt, noch nicht geboren

Sollten mehrere Personen betroffen sein, machen Sie diese Angaben bitte auf einem gesonderten Blatt

nach Personen getrennt.

19. Wie war der Kontakt zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung zu Ihren Eltern/Geschwistern?

Kein Kontakt Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht

20. Wie war der Kontakt zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung zu ihren Bekannten/Freunden?

Kein Kontakt Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht

21. Wie groß war Ihr Bekanntenkreis zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung?

0-1 Person 2-4 Personen 5-7 Personen >7 Personen

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22. Wie ist der Kontakt zu Ihren Eltern/Geschwistern heute?

Kein Kontakt Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht

23. Wie ist der Kontakt zu Freunden/Bekannten heute?

Kein Kontakt Gut Eher gut Eher schlecht Schlecht

24. Wie groß ist Ihr Bekanntenkreis heute?

0-1Person 2-4 Personen 5-7 Personen >7 Personen

25. Haben Sie sich vor der Selbstverbrennung alleine gefühlt? Nein Ja

26. Fühlen Sie sich heute alleine? Nein Ja

27. Hatten Sie vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung andere Suizidversuche unternommen?

Nein Ja

Wenn Ja, wie viele?

Wenn Ja, bitte Monat/Jahr und Methode angeben:

Methode:

Methode:

Methode:

28. Hatten Sie schon vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung Selbstverletzungen durchgeführt?

Nein Ja

Wenn Ja, wie viele?

Wenn Ja, bitte Monat/Jahr und Methode angeben:

Methode:

Methode:

Methode:

29. Haben Sie nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung andere Suizidversuche unternommen?

Nein Ja

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Wenn Ja, wie viele?

Wenn Ja, bitte Monat/Jahr und Methode angeben:

Methode:

Methode:

Methode:

30. Haben Sie nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung Selbstverletzungen durchgeführt?

Nein Ja

Wenn Ja, wie viele?

Wenn Ja, bitte Monat/Jahr und Methode angeben:

Methode:

Methode:

Methode:

31. Waren vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung psychische Erkrankungen bei Ihnen bekannt?

Nein Ja

Wenn Ja, welche Diagnose(n) wurde(n) gestellt?

Waren Sie deshalb in psychiatrischer, psychologischer oder sonstiger ärztlicher Behandlung?

Nein Ja, ambulant Ja, stationär

Wenn Ja, wo wurde diese Behandlung durchgeführt?

Hatten Sie das Gefühl, dass diese Behandlung Ihnen geholfen hat? Nein Ja

32. Gab es eine Nachbehandlung? Wenn ja, war diese chirurgisch oder psychiatrisch, stationär oder

ambulant?

Sollten Sie sowohl chirurgisch als auch psychiatrisch nachbehandelt worden sein, kreuzen Sie bitte

beide zutreffende Antwortmöglichkeiten an.

Nein

Ja, chirurgisch, ambulant Ja, chirurgisch, stationär

Ja, psychiatrisch, ambulant Ja, psychiatrisch, stationär

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33. Folgten weitere Operationen auf Grund der Verbrennungsfolgen? Wenn ja, wie viele, wann und welcher

Art?

Nein Ja Wann?

Welche?

Wie viele?

34. Planen Sie in nächster Zeit weitere Operationen wegen der Verbrennungsfolgen?

Wenn ja, wann und welcher Art?

Nein Ja Wann?

Welche? _

35. Waren Sie nach der Behandlung im Klinikum Bergmannsheil in einer Reha-Klinik?

Nein Ja

Falls in einer Reha-Klinik waren, wo waren Sie und von wann bis wann waren Sie dort?

Wo?

Vom bis zum

36. Bekamen Sie Hilfe bei psychischen Problemen während des Aufenthaltes in der Reha-Klinik

angeboten? Nein Ja

Wenn Ja, haben Sie diese Hilfe in Anspruch genommen? Nein Ja

Wenn Ja, wie regelmäßig hatten Sie helfenden Kontakt bezüglich der psychischen Probleme?

einmalig

regelmäßig und zwar pro Woche für die Dauer von Monaten

Hatten Sie das Gefühl, dass diese Behandlung Ihnen geholfen hat? Nein Ja

Wer hat Ihnen geholfen?

Psychiater

Pflegepersonal

Hausarzt

Seelsorger/Geistlicher Anderer:_________________

37. Sind jetzt psychische Erkrankungen bei Ihnen bekannt? Nein Ja

Wenn ja, welche Diagnose(n) wurde(n) gestellt?

Wurde(n) diese als Folge des Suizidversuches durch Selbstverbrennung gewertet?

Nein Ja

Sind Sie deshalb in psychiatrischer Behandlung?

Nein Ja, ambulant Ja, stationär

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Wenn Ja, wo wird eine psychiatrische Behandlung durchgeführt?

Haben Sie das Gefühl, dass diese Behandlung Ihnen hilft? Nein Ja

38. Fühlten Sie sich zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung körperlich gesund?

Nein Ja

38. Hatten Sie sonstige Krankheiten oder Leiden zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung?

Nein Ja

Wenn Ja, welche?

40. Leiden Sie heute an einer körperlichen Erkrankung? Nein Ja

Wenn Ja, welche?

Seit wann besteht diese? Jahr

41. Tranken Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung regelmäßig Alkohol?

Nein Ja, 1-2x/Woche

Ja, 3-4x/Woche

Ja, mehr als 5x/Woche

Wenn Ja, welcher Art bevorzugt? Bier

Wein

Schnaps

Sonstige:__________________

Wenn Ja, in welcher Menge? Anzahl Flaschen /Woche

42. Trinken Sie heute regelmäßig Alkohol?

Nein Ja, 1-2x/Woche

Ja, 3-4x/Woche

Ja, mehr als 5x/Woche

Wenn Ja, welcher Art bevorzugt? Bier

Wein

Schnaps

Sonstige:__________________

Wenn Ja, in welcher Menge? Anzahl Flaschen /Woche

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43. Nahmen zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung regelmäßig Drogen (z.B. Haschisch, Kokain, Heroin,

Amphetamine, etc. zu sich?

Nein Ja, 1-2x/Woche

Ja, 3-4x/Woche

Ja, mehr als 5x/Woche

Wenn Ja, welcher Art bevorzugt? Haschisch/Cannabis

Kokain

Heroin

Wenn Ja, in welcher Menge? /Woche

Amphetamine

Sonstige:

44. Nahmen Sie zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung regelmäßig andere Genussmittel (z.B. Zigaretten,

Kaffee, etc.) zu sich? Nein Ja

Wenn ja, welcher Art waren diese?

Zigaretten/Tabakwaren Menge: Stück/Tag

Kaffee Menge: Tassen/Tag

Sonstige: __________________ Menge/Tag: ____________________________

45. Nehmen Sie heute regelmäßig Medikamente ein? Nein Ja

Wenn Ja, welche und in welcher Dosierung?

46. Gab es vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung ein anderes ungewöhnliches Ereignis?

Nein Ja

Wenn Ja, benennen Sie es bitte:

47. Befanden Sie sich zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung in einer schwierigen Lebenslage?

Nein Ja

Wenn Ja, benennen Sie es bitte:

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48. Haben Sie die Selbstverbrennung geplant oder spontan gehandelt?

Geplant Spontan

49. Haben Sie vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung jemandem von ihrer Planung der

Selbstverbrennung erzählt? Nein Ja, und zwar:

50. Haben Sie sich Gedanken über die körperlichen Folgen der Selbstverbrennung im Falle des Überlebens

gemacht? Nein Ja

51. Hatten Sie vor der Selbstverbrennung Suizidgedanken? Nein Ja

52. Hatten Sie eher die Absicht sich mit der Selbstverbrennung selbst zu verletzen oder sich das Leben zu

nehmen ? Selbsttötung Selbstverletzung

53. Haben Sie heute noch Suizid-/Selbstverletzungsgedanken?

Nein Ja, Suizidgedanken Ja, Verletzungsgedanken

54. Hatten Sie nach Zeitpunkt der Selbstverbrennung psychische Probleme?

Nein Ja

55. Bekamen Sie Hilfe bei psychiatrischen Problemen während des Krankenhausaufenthaltes im

Bergmannsheil angeboten? Nein Ja

Wenn Ja, haben Sie diese Hilfe in Anspruch genommen? Nein Ja

Wenn Ja, wie regelmäßig hatten Sie Kontak?t

einmalig

regelmäßig und zwar pro Woche für die Dauer von Monaten

Hatten Sie das Gefühl, dass diese Behandlung Ihnen geholfen hat? Nein Ja

Wer hat Ihnen geholfen? Krankenhausarzt

Pflegepersonal

Hausarzt

Seelsorger/Geistlicher

Psychologe

Anderer:_

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56. Haben Sie nach der Selbstverbrennung während des Krankenhausaufenthaltes im Bergmannsheil

weitere Suizid-/Selbstverletzungsversuche unternommen?

Nein Ja, Suizidversuch Ja, Verletzung

57. Haben Sie nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung vermehrt Alkohol, Drogen oder andere

Substanzen zu sich genommen?

Nein Ja, Alkohol

Ja, Drogen

Ja, sonstige:

Wenn Ja, wann nach der Selbstverbrennung begann dieser vermehrte Konsum?

Monat/Jahr:

58. Wie stark schätzen Sie Ihre Schmerzen, die Sie nach dem Suizidversuch durch Selbstverbrennung

hatten, zu Beginn Ihres Krankenhausaufenthaltes im Bergmannsheil ein? Keine Schmerzen Leichte Schmerzen Starke Schmerzen Unerträgliche Schmerzen

59. Wie stark schätzen Sie Ihre Schmerzen, die Sie aufgrund des Suizidversuches durch Selbstverbrennung

haben, im Verlauf des letzen Monats ein? Keine Schmerzen Leichte Schmerzen Starke Schmerzen Unerträgliche Schmerzen

60. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis der bei Ihnen durchgeführten chirurgischen Therapie der

Verbrennungsfolgen?

Sehr zufrieden Eher zufrieden Eher unzufrieden Sehr unzufrieden

Warum?

61. Wie stark schätzen Sie Ihre Beeinträchtigung durch die Veränderung Ihres äußeren Erscheinungsbildes

aufgrund der Verbrennungsfolgen im sozialen Bereich ein?

a) Im Freundeskreis:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

b) In der Familie

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

c) In der Partnerschaft

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

z.Zt. keine Partnerschaft

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d) Beim Aufbau neuer Kontakte:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

62. Kam es bei Ihnen durch die Verbrennungen zu Verlust von Körperteilen? Wenn ja welchen?

Nein Ja: Finger - Welche und wie viele?

linke Hand rechte Hand

linker Unterarm rechter Unterarm

linkes Ohr rechtes Ohr

Nase

Zehen – Welche

linker Fuß rechter Fuß

linker Unterschenkel rechter Unterschenkel

sonstige

63. Sind bei Ihnen durch die Verbrennungen bleibende Beeinträchtigungen entstanden?

Ja Nein

Wenn ja, welche?

64. Wie stark fühlen Sie sich durch die Folgen der Verbrennung in folgenden Bereichen beeinträchtigt?

a)Beim Ertragen von Hitze:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

b)Beim Ertragen von Kälte:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

c)In Bezug auf Ihr Berührungsempfinden (Druck, Erkennen von Gegenständen)

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

d)In Bezug auf Temperaturempfindung:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

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e)In Bezug auf tägliche Verrichtungen im Haushalt:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

f)Beim Sport:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

g)In der Freizeit:

Keine Beeintr. Leichte Beeintr. Starke Beeintr. Sehr starke Beeintr.

65. Gab es neben den Verbrennungen noch Begleitverletzungen (Knochenbrüche, Augenverletzung,

Trommelfellverletzung, etc.)? Nein Ja Wenn ja, welche?

66. Die Verbrennung welchen Körperteils beeinträchtigt Sie funktionell am meisten?

67. Die Verbrennung welchen Körperteils beeinträchtigt Sie psychisch am meisten?

68. Datum der Selbstverbrennung:

Warum haben Sie dieses Datum gewählt? zufällig Begründung:

69. Um wie viel Uhr geschah die Selbstverbrennung? : Uhr

Warum haben Sie diese Uhrzeit gewählt? zufällig Begründung:

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70. Wo genau geschah die Selbstverbrennung?

Zuhause und zwar:

im Wohnzimmer

in der Küche

im Schlafzimmer

in der Garage

in/im:

Andere Orte:

Warum haben Sie diesen Ort gewählt? zufällig Begründung

71. Waren andere Personen zum Zeitpunkt der Selbstverbrennung zugegen?

Nein Ja

Wenn ja, in welcher Beziehung standen diese zu Ihnen?

Familie/Verwandte Freunde Bekannte Fremde

72. War jemand anderes durch ihre Selbstverbrennung mitbetroffen? Nein Ja

Wenn ja, in welcher Beziehung stand dieser zu Ihnen?

Familie/Verwandte Freunde Bekannte Fremde

73. Standen Sie bei der Selbstverbrennung unter Substanzeinfluss (Alkohol, Medikamente, Drogen, etc.)?

Nein Ja

Wenn ja, unter welchem?

74. Haben Sie Brandbeschleuniger benutzt? Nein Ja

Wenn ja, welchen? Benzin

Spiritus

Terpentin

sonstige

75. Wenn Sie Brandbeschleuniger benutzt haben, haben Sie sich damit übergossen?

Nein Ja

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.76. Wenn Sie Brandbeschleuniger benutzt haben, haben Sie diese auch geschluckt?

Nein Ja

77. Haben Sie sich direkt selbst angezündet oder haben Sie zunächst einen anderen Gegenstand o.ä. in

Brand gesetzt, so dass das Feuer auf Sie übergriff?

Selbst angezündet anderen Gegenstand angezündet und zwar

78. Was verursachte die Verbrennung?

offenes Feuer

Explosion

Heiße Flüssigkeiten

Heiße Fläche oder Gegenstände (Herdplatte o.ä.).

Um was für eine Hitzequelle handelte es sich hierbei? _______________________________

79. Haben Sie das Bewusstsein verloren? Nein Ja

80. Haben Sie selbst versucht, das Feuer zu löschen? Nein Ja

81. Haben Sie versucht, Hilfe zu holen? Nein Ja

82. Falls Sie versucht haben, Hilfe zu holen, an wen haben Sie sich gewandt?

Partner(in) gute(r) Freund(in) Mutter Vater Kinder

Passanten Feuerwehr Notarzt Andere:

83. Kam unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung Erste Hilfe?

Nein Ja

Wie viel Zeit verging bis Sie aufgefunden wurden?

Bis Minuten nach der Selbstverbrennung

Wie viel Zeit verging bis professionelle Hilfe(Rettungswagen, Notarzt, etc.) eintraf?

Bis Minuten nach der Selbstverbrennung

84. Wer hat Sie als erstes aufgefunden?

Lebenspartner/-in Familie/Verwandte Freunde Bekannte Fremde

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85. Haben Sie kurz vor dem Zeitpunkt der Selbstverbrennung Hilfe gesucht?

Nein Ja

Wenn Ja, bei wem?

Hausarzt sonst. Arzt Psychiater/Psychologe Andere:

86. Würden Sie eine noch einmal einen Suizidversuch durch Selbstverbrennung durchführen?

Nein Ja

Begründung:

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Danksagung Mein Dank gilt allen Kollegen, Patienten und Freunden, die mir die Erstellung

der Arbeit ermöglichten und mich dabei unterstützen.

Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Dr. A. Daigeler, der mich

immer wieder motivierte, die Arbeit voranzubringen und stets für Fragen zur

Verfügung stand. Danke für eine ausgezeichnete Betreuung.

Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Dr. F. Illes, die zusammen mit Frau

Dr. S. Echterhoff maßgeblich an der Erarbeitung des Studienmodells beteiligt

war. Zudem danke ich für die konstruktive Kritik und Korrekturvorschläge

meiner ersten Entwürfe dieser Arbeit.

Insbesondere danke ich aber auch meinen Eltern, die mir das Studium

ermöglichten und mich immer unterstützen.

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Lebenslauf

Persönliche Daten

Name Kathrin Hüllmann

Geburtstag 03. Juni 1983

Geburtsort Paderborn

Konfession römisch-katholisch

Staatsangehörigkeit deutsch

Familienstand ledig

Schulbesuch

1989 bis 1994 Grundschule Sudhagen

1994 bis 2002 Gymnasium Nepomucenum Rietberg (GNR)

2002 Abitur am GNR

Studium

10/ 2002 Aufnahme des Medizinstudiums an der Ruhr-Universität

Bochum

08/ 2004 Ärztliche Vorprüfung

05/ 2009 Abschluss des Studiums der Humanmedizin an der

Ruhr-Universität Bochum

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Erfahrungen

11/2004 bis 02/2009 Nachtwache im Schlaflabor Bochum (Diagnostik

Therapie des Schlafapnoesyndroms)

10/2007 4-wöchige Teilnahme an einem medizinischen

Hilfsprojekt (Tierra Nueva) in Quito, Ecuador

02/2008-01/2009 Absolvierung des Praktischen Jahres (Chirurgie, Innere

Medizin, Psychiatrie) im St. Josef-Hospital Bochum und

in der LWL-Klinik Dortmund Aplerbeck

seit 08/2009 Ärztin im Schlaflabor Bochum (Diagnostik und Therapie

des Schlafapnoesyndroms)

seit 08/2009 Assistenzärztin im Bereich Innere Medizin; Augusta

Krankenanstalten Bochum

Publikationen

Daigeler, A., Langer, S., Hüllmann, K., Illes, F., Juckel, G., Echterhoff, S., Selbach,

D., Steinsträsser, L., Steinau, HU., Lehnhardt, M. (2009) A follow-up study of

adults with suicidal burns: psychosocial adjustment and quality of life. J Burn Care

Res. 30(5), 844-851.


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