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1 Arbeitsrecht-Faelle von Prof. Dr Klaus Schneider-Danwitz Sie können diesen Foliensatz vom...

Date post: 05-Apr-2015
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1 von Prof. Dr Klaus Schneider-Danwitz Sie können diesen Foliensatz vom K-Laufwerk herunterladen unter K:\Sda\Arbeitsrecht\ oder von zuhause via Browser unter https://webdav-nw.fh-regensburg.de/netstorage Hinweise zur Benutzung Die Folien sind interaktiv gestaltet. Die Inhalte von vielen Folien sind deshalb abgeblendet. Bei einigen Folien muss man auf die Pfeilsymbole klicken, um die Inhalte einzublenden. Bei anderen Folien werden die Inhalte eingeblendet, wenn man auf die leeren Textfelder klickt.
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Arbeitsrecht-Faelle

von Prof. Dr Klaus Schneider-Danwitz

Sie können diesen Foliensatz vom K-Laufwerk herunterladenunter K:\Sda\Arbeitsrecht\ oder von zuhause via Browser unter

https://webdav-nw.fh-regensburg.de/netstorage

Hinweise zur BenutzungDie Folien sind interaktiv gestaltet. Die Inhalte von vielen Folien sind deshalb abgeblendet.Bei einigen Folien muss man auf die Pfeilsymbole klicken, um die Inhalte einzublenden.Bei anderen Folien werden die Inhalte eingeblendet, wenn man auf die leeren Textfelder klickt.

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Fall: Arbeitsvertrag?P absolviert, nachdem sie ihr Studium erfolgreich mit der Berufsbe-zeichnung „Diplomsozialpädagoge (FH)“ abgeschlossen hat, und auf-grund vorübergehender Arbeitslosigkeit Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte, bei einem Jugendamt eine neunmonatige Tätigkeit, die im abgeschlossenen Ausbildungsvertrag als „Praktikum“ bezeichnet wird. Darin wird die tägliche Beschäftigungszeit entsprechend der im Betrieb üblichen Arbeitszeit und eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen nach Weisung festgelegt und es wird eine monatliche „Aufwandsentschädigung von 180 € vorgesehen. Ausbildungsinhalte und Ausbildungsmaßnahmen werden dort nicht festgelegt. P bekommt vom Jugendamt die Aufgabe, Bildungsmaßnahmen für jugendliche Arbeitslose nach Weisung zu organisieren. Es wird weder ein Ausbildungsplan erstellt, noch erbringt das Jugendamt irgendwelche Ausbildungsleistungen oder gibt P die Möglichkeit, sich in andere Aufgabenbereiche einzuarbeiten. Für die ersten 6 Monate zahlt es P die versprochenen 180 € im Monat. Nach einem Streit über die Höhe des Lohns lehnt das Jugendamt die weitere Beschäftigung und Lohnzahlung ab. P will 1600 € Tariflohn im Monat für ihre Arbeit und verlangt des-halb vom Landkreis weitere 13.320 € . Dieser verweigert unter Beru-fung auf den geschlossenen Praktikumsvertrag jede weitere Zahlung. Wer hat Recht? (ArbG Stuttgart Urteil vom 22.03.2007, 35 Ca 9620/06)

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A. Abschluss eines wirksamen ArbeitsvertragesI. Dienstvertrag Anspruchsgrundlage für die geforderte Lohnzahlung sind die §§ 611 und 612 BGB sowie § 615 BGB für die 3 Monate, in denen die Praktikantin nicht gearbeitet hat. Voraussetzung für den Lohnanspruch ist der Abschluss eines Dienstvertrages.

II. Abgrenzung zum Ausbildungsvertrag Beim Dienstvertrag schuldet der Dienstverpflichtete (AN) sei-ne Arbeitsleistung und der Dienstberechtigte (AG) Lohn und Beschäftigung. Beim Ausbildungsvertrag schuldet der Auszu-bildende lediglich sein Bemühen um die Verbesserung seiner Ausbildung und die Ausbildungsstelle schuldet Unterweisung. Ausbildungsverträge sind daher keine DienstverträgeIII. Vertragsauslegung Praktikumsverträge sind Ausbildungsverträge. Ob ein Vertrag ein Ausbildungsvertrag oder ein Dienstvertrag ist, beurteilt sich aber nicht nach der gewählten Überschrift, sondern nach dem Inhalt des Vertrages.

Lösung -1-

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Laut Vertrag soll P Leistungen nach Weisung erbringen. Das ist typisch für einen Dienstvertrag. Beim Ausbildungsvertrag muss dagegen der Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund stehen.

Beginn und Ende der Arbeitszeit sind wie für Arbeitnehmer geregelt. Der Praktikantin bleibt keine Zeit, um sich neben der Arbeit zusätzliche Kenntnisse anzueignen. Der Vertrag bestimmt weder Ausbildungsinhalte, noch gibt es einen Ausbildungsplan. Ausbildungsinhalte werden in Erfüllung des Vertrages auch nicht vermittelt.

Typisch für ein Praktikum ist, dass ein Praktikant verschiedene Aufgabengebiete bei verschiedenen Abteilungen kennen lernt. Dazu wird P aber keine Gelegenheit geboten.Nach allem steht bei dem geschlossenen Vertrag die Erbringung der Arbeitsleistung im Vordergrund.Es ist deshalb ein Arbeitsvertrag und kein Ausbildungsvertrag.

Lösung -2-

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B. Wirksamkeit der vereinbarten Lohnhöhe I. Lohnanspruch und Lohnvereinbarung Normalerweise schuldet der Arbeitgeber nach § 611 BGB nur den vereinbarten Lohn. Und diesen Anspruch hat der Landkreis schon erfüllt. II. Tarifliche Vergütung Einen Anspruch auf die tarifliche Vergütung besteht nur, wenn der Tarifvertrag den Landkreis bindet. Da der zwischen der Praktikantin und dem Landkreis geschlossene Vertrag nicht auf den Tarifvertrag verweist, beurteilt sich nach dem geschlossenen Vertrag die Vergütungshöhe nicht nach dem Tarif. Der Praktikantin steht nicht der Lohn einer Sozialpädagogin zu.

III. § 612 BGB Nach § 612 BGB müßte der Wohlfahrtsverband dennoch die tarifliche Vergütung zahlen, wenn die getroffene Lohnvereinbarung wegen Lohnwuchers gemäß § 138 Absatz 2 BGB unwirksam wäre.

Lösung -3-

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C. LohnwucherI. Voraussetzungen des Wuchers Wucher liegt nach § 138 Absatz 2 BGB vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen und ein Vertragspartner die Zwangslage des anderen ausnutzt. II. Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung Da P für weit weniger als die Hälfte der üblichen Vergütung arbeiten muss, stehen Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis.III. Ausnutzung einer Zwangslage Da P vor ihrer Einstellung von Arbeitslosengeld 2 lebte, befand sie sich in der Zwangslage, jede ihr angebotene Arbeit –egal zu welchem Lohn- annehmen zu müssen. Diese Zwangslage dürfen Arbeitgeber nicht ausnützen, um unangemessen niedrige Löhne zu erzwingen.Ergebnis: Die getroffene Lohnvereinbarung ist nichtig. Der Landkreis schuldet den Tariflohn und muss die 13.320 € an P nachzahlen.

Lösung -4-

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Fall: Ablösesummen für Fußballspieler

Bodo Ballermann (B) ist Mittelstürmer beim Verein FC xxxxxx xxxxxxx. Zwar ist B derzeit der bestbezahlte deutsche Fußballprofi, aber er möchte nach Ablauf seines befristeten Vertrages zu einem ausländischen Club wechseln, der ihm ein höheres Gehalt zahlt. Sein Verein teilt ihm mit, er könne wegen der Konkurrenzverbotsklausel nur für einen anderen Verein spielen, wenn sein neuer Verein für ihn die vereinbarte Ablösesumme von 10 Millionen € bezahle.

B meint, die Vereinbarung der Ablösesumme sei rechtswidrig und damit unwirksam. Er sei schließlich kein Sklave, sondern Arbeitnehmer. Arbeitnehmer geniessen in der EU Freizügigkeit. Der FC meint, B sei doch kein Arbeitnehmer, sondern als (Ball-)Künstler Unternehmer. Deshalb sei die Ablösevereinbarung aufgrund der Vertragsfreiheit gerechtfertigt. Auf Arbeitnehmerrechte könne sich B nicht berufen.

Beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Ablösevereinbarung nach allge-meinem Vertragsrecht oder nach Arbeitsrecht ?

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Der Grundsatz der Vertragsfreiheit wird für Arbeitnehmer durch beson-dere Vorschriften zu ihrem Schutz eingeschränkt. Auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU können sich nur Arbeitnehmer berufen. Der Vertrag zwischen Fußballprofi und Verein garantiert dem Profi vom Erfolg des Spiels unabhängige Gehaltsbestandteile und ist deshalb ein Dienst- und kein Werkvertrag (§§ 631, 611 BGB). Arbeitnehmer ist der Fußballprofi nur, wenn er seine Dienste weisungsgebunden und wirtschaftlich abhängig verrichtet. Den Ort der Arbeitsleistung bestimmt der Verein. Die Trainingszeiten legt der Verein fest. Der Spieler hat den taktischen Anweisungen des Trainers Folge zu leisten. Der Trainer übt insoweit für den Verein wesentliche Teile des Direktionsrechtes (§ 106 GewO) aus, das dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zusteht. Die dem Spieler während des Spiels verbleibende Entscheidungsfreiheit über die Gestaltung von Spielzügen ist demgegenüber gering.Fußballprofis werden nur für einen Verein tätig und sind von diesem wirtschaftlich abhängig. Sie sind Arbeitnehmer.

Lösungsvorschlag

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Fall: Kranker Fußballspieler

Bodo Ballermann (B) spielt als Mittelstürmer beim 1. FC.Er hat 2 mal in der Woche 4 Stunden Training. Für seine Einsätze hat er im letzten Jahr ein Gehalt von 2400 € bezogen, pro Spiel 200 €.

Seit 3 Jahren ist B arbeitslos. Er lebt von Arbeitslosengeld 2. Die Spielerprämien werden ihm als Erwerbseinkommen angerechnet, soweit sie den Erwerbstätigenfreibetrag übersteigen.

Seit 6 Wochen ist B krank.

Er verlangt für zwei Spiele, an denen er krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte, Entgeltfortzahlung in Höhe von 400 € nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz.

Der 1. FC meint, wer nicht am Spiel teilnehme, erhalte auch keine Bezahlung.

Wer hat Recht ?

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Nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz hat nur Anspruch auf Entgeltfort-zahlung, wer Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Absatz 2 ist, also Arbeiter und Angestellte. Dies ist B nur, wenn er aufgrund eines Dienst-vertrages weisungsgebunden und wirtschaftlich abhängig tätig wird. Ein Vertrag, worin sich ein Spieler gegen Entgelt verpflichtet, Fußball zu spielen, ist ein Dienstvertrag. Den Ort der Arbeitsleistung bestimmt der Verein. Die Trainingszeiten legt der Verein fest. Der Spieler hat den taktischen Anweisungen des Trainers Folge zu leisten. Fußballspieler erbringen ihre Dienstleistung weisungsgebunden.

Fraglich ist, ob B wirtschaftlich vom Verein abhängig ist. Ein Profi lebt von seinem Spielereinkommen. Ein Amateur lebt von seinem Beruf und hat eventuelle geringfügige Fußballeinkünfte nur als Nebenver-dienst. Amateure sind daher wirtschaftlich nicht von ihrem Verein abhängig. Sie sind deshalb keine Arbeitnehmer. Die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Verein ist für einen arbeitslosen Amateur genauso zu beurteilen wie für einen berufstätigen Amateur. Wegen seines geringen Verdienstes ist B Amateur und deshalb kein (geringfügig beschäftigter) Arbeitnehmer.

Lösungsvorschlag

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Fall: Fußballarbeiter ?

Bodo Ballermann (B) ist Mittelstürmer beim 1. FC. B spielt in der 2. Liga. Meistens sitzt er auf der Reservebank.Er verdient monatlich etwa 5.000 € brutto.

Nach einer Betriebsvereinbarung sollen alle Angestellten des Vereins vom Arbeitgeber einen Tag Bildungsurlaub im Jahr erhalten, während für Arbeiter eine solche Regelung gerade nicht vorgesehen ist.

Ist B Arbeiter oder Angestellter ?

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Traditionell ist die Arbeit eines Angestellten eher Kopfarbeit und die Arbeit eines Arbeiters eher körperliche Arbeit.

Unerheblich ist dabei, auf welchem Gebiet der Fußballspieler eher seine persönlichen Stärken hat: Ob er eher ein Regisseur auf dem Spielfeld oder eher ein „Fußball-Arbeiter“ ist.

Vielmehr kommt es auf das grundsätzliche Verständnis vom Fußball an, auf die Fußballphilosophie: Sieht man den Sport als körperliche Arbeit, bei der Geschwindigkeit und Ausdauer beim Laufen im Vordergrund stehen, ist der Fußballprofi Arbeiter. Sieht man Fußball als einen Mannschaftssport an, bei dem in erster Linie Strategie und Taktik über den Erfolg entscheiden, wären Fußballspieler Angestellte.

Lösungsvorschlag

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rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen

AN wird am 01. April als Kassierer einges-tellt. Den ganzen April arbeitet er. Ab Anfang Mai ist krank. Am 30. Juni wird er fristlos wegen Diebstahls gekündigt. Hat AN einen Anspruch auf Lohn nach dem 30.06.?

Hat AN Anspruch auf Lohn für Mai und Juni?

Wie wäre die Rechtslage, wenn AN trotz Nachfrage im Einstellungs-gespräch verschwiegen hätte, dass er wegen Diebstahls vorbestraft istund AG deswegen den Arbeitsvertrag anficht (§§ 142, 123 BGB)?

Die Kündigung beendet das AV mit Wirkung für die Zukunft. Erworbe-ne Ansprüche bleiben bestehen. AN kann für die Zeit seiner Krankheit nach § 3 EntgeltfortzahlungsG den Lohn bis zum 30.06. verlangen,.

Durch die Täuschungsanfechtung ist der Arbeitsvertrag nach § 142 BGB von Anfang an nichtig. AN hat keinen Lohnanspruch. Soweit AG dadurch bereichert ist, schuldet er deren Herausgabe nach § 812 BGB.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

SpielplanAufgabe 1: AN: Vorbereitung des Vorstellungsgesprächs

AG: Vorbereitung des Vorstellungsgesprächs

AG: Fragebogen erstellen (30 Minuten) AN: Ausfüllen des Personalfragebogens

Aufgabe 2: Vorstellungsgespräch führen + Protokoll anfertigen (25 Minuten)

Aufgabe 3: AG: Anfechtungserklärung verfassen AN: Klage vor dem ArbG erheben (10 Minuten)

Aufgabe 4: Verhandlung vor dem Arbeitsgericht (15 Minuten)

Auswertung: (10 Minuten)

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 3: GerichtAufgabe 1: Machen Sie sich mit dem Sachverhalt vertraut.Aufgabe 2: Bereiten Sie eine Gerichtsverhandlung im Rechtsstreit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber vor, in welcher darüber gestritten wird, ob die vom Arbeitgeber erklärte Anfechtung des geschlossenen Arbeitsvertrages zulässig ist. Aufgabe 3: Bereiten Sie sich nicht nur juristisch auf den Rechtsstreit vor, sondern überlegen Sie sich auch, wie Sie die Verhandlung führen wollen.Aufgabe 4: Leiten Sie die mündliche Verhandlung und treffen Sie am Ende eine Entscheidung(Das Gericht erhält sämtliche Unterlagen der anderen Gruppen.)

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 1: ArbeitgeberSachverhalt: Sie sind Geschäftsführer des Caritas e.V..Sie suchen einen Geschäftsführer für ein der Caritas gehörendes Seniorenheim. Der Verdienst beträgt 5.000 € brutto. Beworben hat sich unter anderem Frau Müller. Sie ist Sozialpädagogin. Die Bewerbungsunterlagen von Frau Müller haben Sie überzeugt, aber Sie wollen sich in einem Vorstellungsgespräch noch einen persönlichen Eindruck verschaffen. Weil in einem 7 Jahre alten insgesamt recht positiven Arbeitszeugnis auch von Beanstandungen die Rede ist, wollen Sie vor allem klären, ob Frau Müller ausreichend Erfahrung mit der Leitung von Einrichtungen besitzt, ob sie dafür zuverlässig genug ist und ob sie eine Einrichtung der katholischen Kirche auch glaubhaft repräsentieren kann.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 1: ArbeitgeberAufgabe 1: Bereiten Sie einen schriftlichen Auskunftsbogen vor und geben Sie ihn der Bewerberin zum ankreuzen!Aufgabe 2: Bereiten Sie das Einstellungsgespräch vor, indem Sie sich mögliche Fragen notieren.Stellen Sie der Bewerberin möglichst unbequeme Fragen. Falls die Bewerberin möglicherweise lügt, protokollieren Sie diese Angaben in einem Gesprächsvermerk und lassen Sie diesen von der Bewerberin am Ende unterschreiben. Schließen Sie am Ende mit der Bewerberin den Arbeitsvertrag ab.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 1: Arbeitgeber

Aufgabe 3: Fechten Sie den Arbeitsvertrag schriftlich an (§§ 142, 143, 123, 119 BGB).

Lassen Sie sich den vollständigen Sachverhalt von der Spielleitung geben.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 1: Arbeitgeber

Aufgabe 4: Beantragen Sie beim Arbeitsgericht Klageabweisung und vertreten Sie dort Ihre Interessen.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 2: ArbeitnehmerSachverhalt: Sie heißen Frau Müller und sind 30 Jahre alt. Sie sind katholisch, unverheiratet und haben keine Kinder. Allerdings sind Sie gerade schwanger geworden. Das Kind will nach der Geburt ihr Freund betreuen und sie möchten weiter arbeiten, zumal Sie für ein auf Kredit gekauftes Auto noch 30.000 € zurückzahlen müssen. Nach dem Studium haben Sie zunächst einen offenen Jugendtreff und später einen Kindergarten geleitet. Dort haben Sie 4.500 € brutto verdient, wurden allerdings gekündigt, weil infolge mangelnder Beaufsichtigung eines der Kinder von einem Auto erfasst wurde. Deswegen hatten Sie auch wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen per Strafbefehl eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen bekommen. Aber das ist schon 7 Jahre her. Seitdem arbeiten Sie in einem Krankenhaus als Krankenhaussozialarbeiter und sind dort vor allem für Betreuungsfragen demenzkranker Patienten zuständig (Anregung einer Betreuung, Beantragung der vormundschaftsgerichtlichen Zustimmung zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen u.ä.). Ein- bis zweimal im Jahr sind sie wegen Rheuma krank. Sie wollen sich verändern, da sie ein Studium Leitung und Kommunikation abgeschlossen haben und Ihnen ihr Gehalt von 2.800 € brutto zu gering ist. Beworben haben Sie sich bei der Caritas als Geschäftsführer für ein Seniorenheim und Sie wurden zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 2: ArbeitnehmerAufgabe 1: Entscheiden Sie, wer aus der Gruppe als Frau Müller zum Vorstellungsgespräch geht und bereiten Sie die Arbeitnehmerin auf dieses vor.

Aufgabe 2: Stellen Sie sich dort möglichst positiv dar. Halten Sie sich an die Vorgaben des Sachverhaltes. Sollte Ihnen eine Frage gestellt werden, für die der Sachverhalt keine Vorgaben enthält, dürfen Sie zusätzliche Angaben erfinden. Reagieren Sie auf unzulässige Fragen des Arbeitgebers, indem Sie von Ihrem Recht zur Lüge Gebrauch machen, um ihre Chance auf die Stelle zu behalten.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 2: Arbeitnehmer

Aufgabe 3: Erheben Sie vor dem Arbeitsgericht Klage und beantragen sie dort die Feststellung, dass die vom Arbeitgeber erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages unwirksam ist. (Dies kann im Planspiel aus Zeitgründen auch mündlich geschehen.)

Eventuell: Sollte die Anfechtungserklärung diskriminierend im Sinne von § 1 AGG sein, können Sie nach § 15 AGG auch Schadensersatz einklagen.

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Planspiel: Einstellungsgespräch

Gruppe 2: Arbeitnehmer

Aufgabe 4: Vertreten Sie ihre Interessen vor dem Arbeitsgericht!

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Fall: Unrichtige Angaben

AN bewirbt sich um eine Stelle als LKW-Fahrer.AG fragt ihn im Einstellungsgespräch, ob er wegen eines Verkehrsdelikts vorbestraft sei. AN verneint dies, obgleich er vor 10 Jahren wegen Trunkenheit am Steuer (1,5 Promille) zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Außerdem fragt AG ihn, ob er von seinem bisherigen Arbeitgeber eine Zulage erhalten habe. AN erklärte wahrheitswidrig, er habe eine Zulage von 100 € erhalten.Als AG die Wahrheit erfährt, will er AN fristlos kündigen. Kann AG das Arbeitsverhältnis beenden?

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Eine fristlose Kündigung ist nur aus einem wichtigen Grund möglich. Dazu muss der Arbeitnehmer arbeitsvertragliche Pflichten verletzt haben. Dies hat AN nicht getan. Daher scheidet eine fristlose Kündigung aus.Zu untersuchen ist, ob AG den mit AN geschlossenen Arbeitsvertrag wirksam anfechten kann (§ 142 BGB). Dazu muss AG die Anfechtung fristgemäß erklären (§§ 121, 124 BGB) und es muss ein Anfechtungsgrund vorliegen. AG darf anfechten, wenn AN ihn getäuscht hat oder wenn AG sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft von AN bei Abschluss des Arbeitsvertrages geirrt hat(§§ 119 Absatz 2, 123 Absatz 1 BGB).

Zur Anfechtung wegen Täuschung könnte AG berechtigt sein, weil AN behauptet hatte nicht vorbestraft zu sein. Die Verurteilung des AN liegt so lange zurück, dass seine Vorstrafe nach dem Bundeszentralregister-gesetz inzwischen aus seinem polizeilichen Führungszeugnis gelöscht ist. AN durfte sich deshalb als nicht vorbestraft bezeichnen. Er hat insoweit AG nicht getäuscht.

Lösungsvorschlag

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Über den Erhalt der Zulage hat AN den AG getäuscht. Aber er hat mit dieser Täuschung den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht verursacht. Denn es ist davon auszugehen, dass die Täuschung über die Zulage nur ursächlich wurde für die Höhe des vereinbarten Gehaltes, nicht aber für den Abschluss des Arbeitsvertrages. Denn dieser wäre wohl auch ohne die Täuschung geschlossen worden.

Außerdem war die Täuschung nicht rechtswidrig, wenn AN lügen durfte. Das durfte AN, wenn AG ihn nicht nach der Zulage fragen durfte. Fragen nach dem bisherigen Gehalt zielen darauf ab, den Arbeitnehmer in eine ungünstigere Verhandlungsposition zu bringen. Sie sind deshalb unzulässig. AN durfte lügen, ohne dass dies AG zur Anfechtung berechtigt.

AG kann den Vertrag nach § 119 Absatz 2 BGB anfechten, wenn er sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft von AN geirrt hat. Er könnte sich darüber geirrt haben, dass AN keinen Alkohol trinkt, wenn er ein Kraftfahrzeug fährt.

Fortsetzung der Lösung

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Ob ein Berufskraftfahrer übermäßigen Alkohol meidet, wenn er sich ans Steuer setzt, ist als verkehrswesentliche Eigenschaft anzusehen.

Ob wegen eines 10 Jahre zurückliegenden Alkoholvergehens immer noch Zweifel an der Zuverlässigkeit des Fahrers bestehen, ist fraglich. Maßgebend dürfte sein, ob sich die Lebensweise des Kraftfahrers inzwischen geändert hat.

Angesichts der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch betrunkene LKW-Fahrer ist das Aufklärungsinteresse von AG höher zu bewerten als das Resozialisierungsinteresse von AN (andere Abwägung wohl auch vertretbar) AN hätte somit AG über die 10 Jahre zurück-liegende Trunkenheitsfahrt informieren müssen, um ihm so die Prognose zu ermöglichen, ob die vor 10 Jahren anzunehmende Gefahrenlage weiter fortbesteht oder ob sich die Situation inzwischen geändert hat.

Ergebnis: AG kann den Arbeitsvertrag wirksam anfechten !

Fortsetzung der Lösung II

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Fall: Die Wahrheit kommt erst später ans Licht

AN bewirbt sich um eine Stelle als LKW-Fahrer.AG fragt ihn im Einstellungsgespräch, ob er wegen eines Verkehrsdelikts vorbestraft sei. AN verneint dies, obgleich er vor 10 Jahren wegen Trunkenheit am Steuer (1,5 Promille) zu einer Geldstrafe verurteilt worden war.

AG schließt mit AN einen Arbeitsvertrag. AN fährtdrei Jahre lang für AG beanstandungsfrei LKW.

Als AG die Wahrheit erfährt, will er kündigen oder das Arbeitsverhältnis anfechten. Geht das?

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Eine fristlose Kündigung ist nur aus einem wichtigen Grund möglich. Dazu muss der Arbeitnehmer arbeitsvertragliche Pflichten verletzt haben. Auch wenn A bei Vertragsschluss seine Offenbarungspflicht verletzt haben sollte, liegt jetzt kein wichtiger Grund für eine Kündigung mehr vor, weil AN sich in den letzten drei Jahren nichts mehr zuschulden kommen ließ. Daher scheidet eine fristlose Kündigung aus.AG kann den Vertrag nach § 119 Absatz 2 BGB anfechten, wenn er sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft von AN geirrt hat. Er könnte sich darüber geirrt haben, dass AN keinen Alkohol trinkt, wenn er ein Kraftfahrzeug fährt.

Ob wegen eines 10 Jahre zurückliegenden Alkoholvergehens immer noch Zweifel an der Zuverlässigkeit des Fahrers bestehen, ist fraglich. Maßgebend dürfte sein, ob sich die Lebensweise des Kraftfahrers in-zwischen geändert hat. Da AN sich in den letzten drei Jahren als zuver-lässig bewährt hat, begründet das inzwischen 10 Jahre zurückliegende Alkoholvergehen jetzt keine Zweifel mehr an seiner Zuverlässigkeit. AG darf den Arbeitsvertrag nicht mehr nach § 119 Absatz 2 BGB anfechten.

Lösungsvorschlag

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Fall: Heiratsabsicht und Schwangerschaft

AN bewirbt sich um eine Stelle als Familienhelferin.Die Stelle ist zum Zwecke einer Schwangerschafts-vertretung befristet. AG fragt AN im Einstellungs-gespräch, ob sie im Vertretungszeitraum heiraten wolle und ob sie schwanger sei. AN will in drei Monaten heiraten und ist bereits schwanger. Trotzdem verneint sie beide Fragen. AG schließt mit AN einen Arbeitsvertrag, in dem sie sich verpflichtet, nicht zu heiraten und keine Kinder zu bekommen. Als AG die Wahrheit erfährt, erklärt er die Anfechtung wegen Täuschung. Außerdem beruft er sich darauf, dass der geschlossene Vertrag ohnehin wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sei.Wie ist die Rechtslage?

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BGB § 139 Teilnichtigkeit

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig,so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teilvorgenommen sein würde.

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Der geschlossene Vertrag könnte nach § 138 BGB nichtig sein, weil er gegen die guten Sitten verstößt. Die Klausel über das Heiratsverbot und den Verzicht auf Kinder ist sitten-widrig. Dadurch wird nach § 139 BGB aber nur die Zölibats-klausel und nicht der ganze Arbeitsvertrag nichtig.

Somit kommt es darauf an, ob AG den Arbeitsvertrag wegen Täuschung anfechten kann. AN hat AG über ihre Heiratsabsicht und ihre Schwangerschaft getäuscht.

Zur Anfechtung berechtigt aber nach § 123 Absatz 1 BGB nur die rechtswidrige Täuschung. Und rechtswidrig ist die Täuschung nicht, soweit der Arbeitnehmer im Einstellungs-gespräch lügen darf. Lügen darf AN, soweit AG ihr unzu-lässige Fragen gestellt hat. Also kommt es darauf an, ob AG nach Heiratsabsicht und Schwangerschaft fragen durfte.

Lösungsvorschlag

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Wie weit das Fragerecht des Arbeitgebers im Einzelfall geht, hängt von der Abwägung zwischen seinen berechtigten Auskunftsinteressen und den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Arbeitnehmers ab.

Die Frage nach der Heiratsabsicht greift tief in den Privatbereich ein, ohne dass es dafür zwingende betriebliche Günde gibt. Die Frage ist deshalb immer unzulässig.

Die Frage nach der Schwangerschaft ist verboten, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Schwangeren schutzwürdiger ist als das Auskunftsinteresse des Arbeitgebers. In der Regel überwiegt der Schutz der Privatsphäre der Schwangeren das Interesse des Arbeitgebers die Schangerschaft bei seinen betrieblichen Planungen berücksichtigen zu können. Die Frage nach einer bestehenden Schangerschaft ist deshalb in der Regel unzulässig.

Lösungsvorschlag

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Dies gilrt auch dann, wenn ausnahmsweise besondere betrieblichen Gründe die Kenntnis der Schwangerschaft erforderlich machen. Bei einer befristeten Schwangerschaftsvertretung hat der Arbeitgeber zwar ein besonderes Interesse zu wissen, ob die Vertreterin wirklich im Vertretungszeitraum zur Verfügung steht. Da jedoch Männern diese Frage nicht gestellt werden kann, stellt die Frage eine Diskriminierung weiblicher Stellenbewerberinnen dar und ist aus diesem Grund unzulässig. Die Bewerberin muss die Frage deshalb nicht wahrheitsgemäß beantworten. Sie hat ein Recht zur Lüge. Die Täuschung ist also nicht rechtswidrig.

AG darf den durch Täuschung zustandegekommen Vertrag nicht anfechten. Der Arbeitsvertrag ist wirksam.

Lösungsvorschlag

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Fall: Minderjähriger Arbeitnehmer

Der 17 jährige AN nutzt die Abwesenheit seiner Eltern (Urlaubsreise), um während der Ferien zu arbeiten. Er bewirbt sich bei Bauunternehmer AG um eine Stelle als Aushilfskraft (6 Wochen, wöchentlich 40 Stunden, 9 € die Stunde).Am 1.7. beginnt AN zu arbeiten.

Am 15.7. kommen seine Eltern zurück und verbieten jede weitere Tätigkeit. Sie hätten bereits vor Urlaubsantritt AN gesagt, dass er nur für die Schule zu lernen habe!

Als AG das erfährt, sagt er, er sei froh, dass er AN nicht bezahlen müsse. AN sei sehr faul gewesen. Deshalb zahle er ihm auch höchstens 5 € die Stunde.

Kann AN 9 € je geleistete Stunde verlangen ?

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36

Ein Lohnanspruch aus Vertrag kann AN nur zustehen, wenn er mit AG einen wirksamen Arbeitsvertrag gemäß § 611 BGB geschlossen hat.Der Vertrag könnte nach den §§ 107, 108 BGB unwirksam sein, weil AN nach § 106 BGB noch minderjährig ist.Der Arbeitsvertrag ist nicht nach § 107 BGB wirksam, weil er für AN nicht lediglich rechtliche Vorteile begründet. Denn der Vertrag verpflich-tet AN zur Arbeitsleistung. Nach § 108 BGB ist ein von einem Minder-jährigen geschlossener Vertrag unwirksam, wenn der gesetzliche Vertre-ter ihn nicht genehmigt. AN wird nach § 1629 BGB von seinen Eltern gesetzlich vertreten. Und die haben den geschlossenen Arbeitsvertrag nicht genehmigt. Insbesondere haben Sie AN nicht nach § 113 BGB zur Arbeitsaufnahme ermächtigt. Der vereinbarte Vertrag ist unwirksam.Gegen Bereicherungsansprüche des minderjährigen Arbeitnehmers könn-te der Arbeitgeber einwenden, er sei durch die Arbeitsleistung nicht be-reichert (§§ 812, 818 Absatz 3 BGB). Das der Minderjährige arbeitet, ohne den vereinbarten Lohn zu bekommen, ist ungerecht. Deswegen wird nach § 242 BGB für den Zeitraum der geleisteten Arbeit ein fak-tisches Arbeitsverhältnis angenommen. AN stehen 9 € pro Stunde zu.

Lösungsvorschlag

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37

Fall: Vertragsstrafe

AN bewirbt sich bei AG um eine Stelle als Sozialarbeiter.Da AG weiß, dass angehende Sozialarbeiter häufiger einmal unzuverlässig sind, will er sich dagegen schützen. Er legt AN einen Vertragsentwurf vor, in dem an deutlich sichtbarer Stelle eine Regelung hervorgehoben ist, nach der AN im Falle mehrmaliger Unpünktlichkeit innerhalb von derselben Arbeitswoche eine Vertragsstrafe in Höhe seines doppelten Monatsverdienstes entrichten muss.

Es kommt so, wie AG befürchtet hatte: AN kommt innerhalb einer Woche drei mal zu spät. AG will die Vertragsstrafe in Höhe des doppelten Monatslohns. AN hält die ihm aufgezwungene Regelung für unwirksam.

Muss AN zahlen?

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Fall: Vertragsstrafe

AN bewirbt sich bei AG um eine Stelle als Programmierer.Da AG weiß, dass angehende Programmierer häufiger einmal unzuverlässig sind, will er sich dagegen schützen. Er legt AN einen Vertragsentwurf vor, in dem an deutlich sichtbarer Stelle eine Regelung hervorgehoben ist, nach der AN im Falle mehrmaliger Unpünktlichkeit innerhalb von derselben Arbeitswoche eine Vertragsstrafe in Höhe seines doppelten Monatsverdienstes entrichten muss.

Es kommt so, wie AG befürchtet hatte: AN kommt innerhalb einer Woche drei mal zu spät. AG will die Vertragsstrafe in Höhe des doppelten Monatslohns. AN hält die ihm aufgezwungene Regelung für unwirksam.

Muss AN zahlen?

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Das Vertragsstrafeversprechen könnte allerdings nach § 305c oder nach § 309 Nummer 6 oder nach § 307 Absatz 1 BGB unwirksam sein.Diese Vorschriften können allerdings nur Anwendung finden, wenn die Bestimmungen des Arbeitsvertrages als allgemeine Geschäfts-bedingungen (AGB) anzusehen sind.Diesen Begriff definiert § 305 Absatz 1 BGB. AG hat AN vorformu-lierteVertragsbedingungen einseitig gestellt, ohne dass dieser auf deren Inhalt Einfluss nehmen konnte. Fraglich ist, ob die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen gestellt wurde. Der innere Wille von AG ist schwer erforschbar. Maßgebend ist deshalb, ob nach dem äußeren Eindruck davon ausgegangen werden kann, dass AG dieselben Ver-tragsbedingungen auch in Zukunft verwenden könnte. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob das Vertragsformular tatsächlich bereits für andere Arbeitgeber verwendet wurde. Es handelt sich danach um AGB.

Fortsetzung der LösungAN muss die laut Vertrag die Vertragsstrafe zahlen, wenn die Verein-barung darüber wirksam ist. Nach den Grundsätzen von Vertrags-freiheit und der Vertragsbindung ist die getroffene Vereinbarung wirksam. Gegen eine Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB spricht, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, dass Arbeit-nehmer pünktlich zur Arbeit erscheinen. Und einem Sozialarbeiter muss die Bedeutung eines Vertragsstrafeversprechens klar sein.

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Und § 309 Nr. 6 BGB sind Vertragsstrafeversprechen unwirksam, mit denen eine Vertragsstrafe wegen der verspäteten Abnahme einer Arbeits-leistung gefordert wird. Das Gesetz verbietet also Vertragsstrafen nur wegen verspäteter Abnahme (Gläubigerverzug), nicht dagegen Strafen wegen verspäteter Erbringung einer Leistung (Schuldnerverzug).§ 309 Nr. 6 BGB ist deshalb unanwendbar. Gleiches gilt für § 308 BGB. Die Regelung könnte aber nach § 307 Absatz 1 BGB wegen unange-messener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam sein.Bei der Abwägung zwischen den Vermögeninteressen von AN und dem Interesse von AG an pünktlichem Erscheinen überwiegen angesichts der Höhe der Strafe die Interessen von AN so deutlich, dass die Regelung über die Vertragsstrafe unangemessen und deswegen unwirksam ist.AN muss die Strafe nicht bezahlen.

LösungsvorschlagNach §305c BGB sind überraschende Klauseln unwirksam. Ob eine Klausel überraschend ist, beurteilt sich aber nicht nur nach deren Inhalt sondern auch nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertragstextes. Da die Regelung deutlich hervorgehoben wurde, ist die Regelung nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertragstextes gerade nicht überraschend. § 305c BGB findet keine Anwendung.

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Fall: Unpünktliche Studentin

S studiert Sozialpädagogik an einer Fachhochschule. Ihren Lebens-unterhalt bestreitet sie als Selbständige durch das Angebot von Jonglier-kursen. Studentin G studiert ebenfalls Sozialpädagogik. G meldet sich bei S für Einzelunterricht im Jonglieren an. Beide haben gerade ein Seminar „Zeitmanagement“ besucht und vereinbaren deshalb einen festen Termin für den Jonglierunterricht.

G ist aber leider manchmal etwas unpünktlich. G versäumt den Termin. S möchte das vereinbarte Honorar. G will aber nur zahlen, wenn S den Unterrichtstermin nachholt. S ist gern bereit, gegen Entgelt weitere Stunden mit der G jonglieren zu üben; S will jedoch zusätzlich die ausgefallene Stunde vergütet haben.

G meint: „Kein Lohn ohne Arbeit“.

S meint: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.

Wer hat Recht ?

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Fall: Unpünktliche Studentin

S studiert Sozialpädagogik an einer Fachhochschule. Ihren Lebens-unterhalt bestreitet sie als Selbständige durch das Angebot von Jonglier-kursen. Studentin G studiert ebenfalls Sozialpädagogik. G meldet sich bei S für Einzelunterricht im Jonglieren an. Beide haben gerade ein Seminar „Zeitmanagement“ besucht und vereinbaren deshalb einen festen Termin für den Jonglierunterricht.

G ist aber leider manchmal etwas unpünktlich. G versäumt den Termin. S möchte das vereinbarte Honorar. G will aber nur zahlen, wenn S den Unterrichtstermin nachholt. S ist gern bereit, gegen Entgelt weitere Stunden mit der G jonglieren zu üben; S will jedoch zusätzlich die ausgefallene Stunde vergütet haben.

G meint: „Kein Lohn ohne Arbeit“.

S meint: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“.

Wer hat Recht ?

§§ 320, 326 BGB§ 615 BGB

?

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S steht nach § 611 BGB die vereinbarte Vergütung nicht zu, weil G gemäß § 320 BGB die Entgeltzahlung verweigern darf (Leistungsverweigerungsrecht). Denn S hat die ihr obliegende Gegenleistung nicht erbracht, obgleich ihr das möglich ist. S steht nach § 615 BGB ausnahmsweise ein Anspruch auf Lohn ohne Arbeit zu, wenn G mit der Annahme der Dienst-leistung in Verzug gekommen ist. Nach § 293 BGB kommt G mit der Annahme der Leistung nur in Verzug, wenn S sie G tatsächlich oder wörtlich anbietet (§§ 294, 295 BGB). Nach § 296 BGB ist das Leistungsangebot von S entbehrlich, wenn der Zeitpunkt der Annahme kalendermäßig bestimmt ist. Da der Unterricht kalendermäßig bestimmt war, kam G in Annahmeverzug. Ergebnis: S kann nach § 615 Vergütung verlangen.

Lösung des Fallbeispiels

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S studiert Sozialpädagogik. In seinem praktischen Studiense-mester macht er ein Praktikum in einer Behindertenwerkstatt der Lebenshilfe. Dort wird er gefragt, ob er in seinem Büro ein Regal anbringen könne. S ist einverstanden. S erhält eine Bohrmaschine, um Dübellöcher in die Wand zu bohren. Der von S ausgewählte Befestigungspunkt liegt genau zwischen einer darüber liegenden Verteilerdose und einer darunter liegenden Steckdose. S nimmt genau Maß und ...... bohrt ins Elektrokabel. Treffer und Kurzschluss. Der von der Lebens-hilfe eilig herbeigerufene Elektriker muss die Wand auf-stemmen, um das Kabel zu reparieren. Der Schaden beträgt einschließlich Malerarbeiten rund 500 €. Die Lebenshilfe will den Schaden von der Hochschule oder von S ersetzt haben.Wie ist die Rechtslage ?

Fall: Lebenshilfe

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S studiert Informatik. Im Rahmen des Studiums macht er ein Praktikum bei einem Unternehmen. Dort wird er gefragt, ob er in seinem Büro ein Regal anbringen kann. S ist einverstanden. S erhält eine Bohrmaschine, um Dübellöcher in die Wand zu bohren. Der von S ausgewählte Befestigungspunkt liegt genau zwischen einer darüber liegenden Verteilerdose und einer darunter liegenden Steckdose. S nimmt genau Maß und bohrt ins Elektrokabel. Es gibt einen Kurzschluss. Der eilig herbei-gerufene Elektriker muss die Wand aufstemmen, um das Kabel zu reparieren. Der Schaden beträgt einschließlich Maler-arbeiten rund 500 €. Das Unternehmen will den Schaden von der Hochschule oder von S ersetzt haben.

Wie ist die Rechtslage ?

Fall: Elektrokabel

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A. Ansprüche der Lebenshilfe gegen die HochschuleI. Ansprüche aus VertragDie Hochschule kann nach den §§ 280, 278 BGB nur dann zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn zwischen ihr und der Praxiseinrichtung ein Vertragsverhältnis besteht und S die Verpflichtungen der Hochschule als deren Erfüllungs-gehilfe erfüllt hat.

Der Sachverhalt lässt offen, ob der Praktikumsvertrag nur zwischen S und der Lebenshilfe abgeschlossen wurde, oder ob auch die Hochschule Vertragspartner wurde.

Jedenfalls hat die Hochschule nicht die Verpflichtung über-nommen, für die Lebenshilfe Arbeitsleistungen zu erbringen und deswegen ist S auch kein Erfüllungsgehilfe der Hochschule.

Lösungsvorschlag

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II. Ansprüche aus Unerlaubter Handlung

1. § 823 BGBDie Hochschule hat nicht durch eine Handlung zur Entstehung des Schadens beigetragen. Aber ein Unterlassen steht einem Handeln gleich, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht. Die Hochschule ist verpflichtet, die Praktikanten über etwaige Gefahren am Praktikumsplatz zu informieren.

Sofern die Hochschule dies unterlassen hat, haftet sie dafür nur, wenn das Unterlassen der Sicherheitsbelehrung für die Entstehung des eingetretenen Schadens ursächlich wurde.Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine ordnungsgemäße Sicherheitsbelehrung den Schaden mit an Sicherheit grenzen-der Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Da dies nicht der Fall ist, haftet die Hochschule nicht.

Fortsetzung der Lösung I

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2. § 831 BGBDa S nicht von der Hochschule zur Verrichtung ihrer Auf-gaben bestellt wurde, haftet die Hochschule auch nicht für ihn nach § 831 BGB.

B. Ansprüche der Lebenshilfe gegen S aus § 280 BGB

I. VertragS hat mit der Lebenshilfe einen Ausbildungsvertrag geschlossen.

II. PflichtverletzungS haftet nur, wenn er seine Pflichten verletzt hat. Durch den Praktikumsvertrag hat sich S verpflichtet, zur Verbesserung seiner Ausbildung praktische Arbeitsleistungen für die Lebenshilfe zu erbringen.

Fortsetzung der Lösung II

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Durch das Bohren von Löchern verbessert sich die Ausbildung im Bereich der Sozialpädagogik nicht. Daher war S nicht verpflichtet, das Regal anzubringen (vgl. § 14 Absatz 2 BBiG).

Wenn er allerdings eine Aufgabe übernimmt, obwohl er dazu nicht verpflichtet ist, muss er sie gleichwohl gewissenhaft erfüllen und darf nicht dabei das Eigentum seines Arbeitgebers beschädigen. Diese Sorgfaltspflicht hat S verletzt.

III. VerantwortlichkeitS haftet nach § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB nur, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Zu vertreten hat S nach§ 276 Absatz 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit.Das Loch hat S vorsätzlich gebohrt, aber die Stromleitung hat er ohne Vorsatz getroffen.

Fortsetzung der Lösung III

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Den Schaden hat er nach § 276 Absatz 2 BGB fahrlässig herbeigeführt, wenn er beim Bohren die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Maßgeblich ist also, ob man von einem Sozialpädagogik-studenten erwarten darf, dass er weiss, das zwischen einer Verteilerdose und einer Steckdose mit einem unter dem putz verlaufenden Elektrokabel zu rechnen ist. Wenn man diese Kenntnis voraussetzen darf, hätte S den Schaden fahrlässig verursacht.

IV. Verantwortlichkeit von ArbeitnehmernEiner Haftung des S könnten arbeitsrechtliche Haftungs-maßstäbe und der Einwand des Mitverschuldens entgegenstehen.

Fortsetzung der Lösung IV

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1. Haftungsmaßstäbe im ArbeitsrechtDas Risiko von Schäden gehört zum Betriebsrisiko des Arbeit-gebers, wenn den Arbeitnehmer an der Entstehung des Schadens nur eine geringe Schuld trifft. Der Arbeitnehmer haftet deshalb nicht für Schäden, die er nur leicht fahrlässig verursacht. 2. Haftung von Arbeitnehmer und PraktikantenS ist kein Arbeitnehmer, weil er in einem Ausbildungs- und nicht in einem Arbeitsverhältnis ist. Denn der Praktikums-vertrag verpflichtet ihn nicht zu einer Arbeitsleistung, sondern zu Ausbildungsbemühungen. Und die Lebenshilfe wird auch nicht zu einer Lohnzahlung verpflichtet, sondern zur Unter-weisung des Praktikanten.

Praktikanten dürfen aber nicht stärker als Arbeitnehmer haften.

Fortsetzung der Lösung V

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Die Haftungseinschränkungen zugunsten von Arbeitnehmern müssen daher erst recht zugunsten von Praktikanten gelten. Somit haftet S nicht, wenn er den Schaden nur leicht fahrlässig verursacht hat. Da man darüber streiten kann, ob man von einem Sozial-pädagogikstudenten überhaupt erwarten kann, dass er erkennen kann, wo ein Elektrokabel unter dem Putz verlegt ist, liegt allenfalls ein leichtes Verschulden des S vor.

Dafür spricht auch, dass die Lebenshilfe ein erhebliches Mit-verschulden an der Schadensentstehung trifft (§ 254 BGB). Sie hätte den Praktikanten nicht zur Erfüllung einer Aufgabe drängen dürfen, die gar nicht zur Verbesserung seiner Aus-bildung beitragen kann. S trifft nur eine geringe Schuld.S haftet nicht.

Fortsetzung der Lösung VI

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Fall: Kündigung und LohnfortzahlungDer große Wohlfahrtsverband AG beschäftigt in einem seiner Betriebe 20 Arbeitnehmer. AN ist dort seit langem als Sozialarbeiter vollzeitbe-schäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist nicht befristet. Dem Betriebsrat wird mitgeteilt, dass AN betriebsbedingt gekündigt werden soll, weil die Personalkostenförderung entfallen sei. Der Betriebsrat widerspricht. AN wird trotzdem fristgerecht betriebsbedingt schriftlich zum 30. April gekündigt. Auf Anfrage von AN wird die Auswahl des AN von AG ausschließlich damit begründet, dass das Jugendamt die Personalkosten für diese Stelle nicht mehr wie bisher fördere.

AN erhebt eine Woche nach der Kündigung Kündigungsschutzklage. Nach dem Kündigungstermin erscheint AN nicht mehr zur Arbeit. In der mündlichen Verhandlung am 1. Juli beantragt AN,

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis fortbestehe,

2. AG zu verurteilen, an AN den Lohn für Mai und Juni auszuzahlen.

Wie wird das Arbeitsgericht entscheiden ?

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Die Kündigung wurde fristgerecht erklärt (§ 622 BGB). Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört (§ 102 BetrVG). Die Zustimmung des Betriebsrats ist nicht erforderlich.

Nach den §§ 1 und 23 KSchG findet das KSchG Anwendung, weil AN bei AG länger als 6 Monate beschäftigt ist und AG mehr als 5 b.z.w. 11 Arbeitnehmer hat. Nach § 1 Abs. 3 KSchG darf eine Kündigung aus betriebsbe-dingten Gründen erfolgen. Ob der Wegfall der Personalkosten-förderung als betriebsbedingter Kündigungsgrund anzusehen ist, erscheint zweifelhaft, weil sich dadurch nur die Finanzlage aber nicht der Arbeitsablauf des Betriebs geändert hat. Jedenfalls genügt die Begründung der Sozialauswahl nicht den Anforderungen des §1 Absatz 3 S. 1 2. HS KSchG. Die Kündigung ist rechtswidrig. Das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Lösung des Fallbeispiels

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Einen Anspruch auf Lohn für die Monate Mai und Juni ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Dieser ist weiterhin wirksam, weil die von AG ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

AG braucht nach § 326 Absatz 1 BGB seiner Lohnzahlungs-pflicht aus § 611 BGB nicht nachkommen, wenn AN die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt. Da AN nicht gearbeitet hat, schuldet AG auch keinen Lohn.

Ein Anspruch auf Lohn ohne Arbeit ergibt sich aus §615 BGB für AN nur dann, wenn AG mit der Annahme der Arbeits-leistung nach § 293 BGB in Annahmeverzug gekommen ist. Dazu hätte AN im Büro erscheinen (§ 294 BGB) oder zumin-dest seine Arbeitsbereitschaft erklären müssen (§ 295 BGB). Fraglich ist, ob der Arbeitgeber im Falle einer unwirksamen Kündigung nach §296 BGB in Annahmeverzug kommt.

Fortsetzung der Lösung I

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Der Schuldner muss die Erbringung seiner Leistung nach §296 BGB, wenn der Termin für die Annahme der Leistung durch den Gläubiger kalendermäßig bestimmt ist.

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer dauernd beschäftigen. Er muss also täglich von neuem den Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Das Bundesarbeitsgericht folgert daraus, das die Annahme der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber kalendermäßig bestimmt sei.Wenn der Arbeitgeber gekündigt hat und der mitgeteilte Kündigungstermin verstrichen ist, kommt der Arbeitgeber danach automatisch mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug. Und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Erbringung der Leistung nicht noch einmal tatsächlich oder wörtlich anbietet. AG muss an AN den Lohn zahlen.

Fortsetzung der Lösung II

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Fall: ÄnderungskündigungFrau Meier ist 36 Jahre alt und seit April 1998 unbefristet in der Wohneinrichtung A, einer der vielen Betriebsabteilungen der AWO als MiB (Mitarbeiter im Betreuungs- Dienst, die keine oder keine fachspezifische Ausbildung haben) angestellt. Mit 82% der tariflichen Arbeitszeit verdient sie monatl. 1835,52 Brutto. Fr. Meier ließ sich am 15. November 2008 zur Wahl des Betriebsrates aufstellen, und wurde Anfang 2009 auch in den Betriebsrat gewählt. Als beschlossen wurde, dass die Wohneinrichtung A ge- schlossen wird, ermöglichte die Beklagte (AWO) allen von der Schließung betroffenen Mitarbeitern, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen, eine Weiter-beschäftigung zu unveränderten Bedingungen in anderen Einrichtungen. Auch den MiB Mitarbeitern Frau An (43 Jahre, 3 minderjährige Kinder, 80 % -Stelle, Eintritt 2000), Frau Ha (45 Jahre, schwerbehindert, 65 % -Stelle, Eintritt 2000) und Frau N (60 Jahre90% -Stelle, Eintritt 2001). Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die AWO Frau Meier mit einem Schreiben am 22.12. 2008 zum 30.06.2009 und bot ihr gleichzeitig an, ab 01.07.2009 mit einem Anteil von 46 % der vollen Arbeitszeit und 1080.- Brutto ihr Arbeitsverhältnis in einer anderen Einrichtung fortzusetzten. Frau Meier nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und hat beantragt festzustellen, ob die Änderungskündigung vom 22.12.2008 unwirksam ist.

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Eine Änderungskündigung kann hier ausgesprochen werden, da eine Weiterbeschäftigung unter bisherigen Bedingungen auf Grund der Schließung der Einrichtung A nicht möglich ist und die AWO die Änderung nicht durch ihr Weisungsrecht (§ 106 GewO) aufgrund von Betriebsvereinbarungen erreichen konnte.Nach §2 KSchG muss die Änderungskündigung explizit als Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses erklärt werden und Zeitgleich ein Angebot vorliegen, das Arbeitsverhältnis zu veränderten Bedingungen fortzusetzen, was hier gegeben ist.

Lösungsvorschlag: Änderungskündigung

Die entsprechenden Bestimmungen wie Kündigungsfrist, Anhörung des Betriebsrats und Prüfung der Sozialen Rechtfertigung finden volle Anwendung. Der Arbeitgeber muss auch die jeweils einschlägigen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen, wie z.B. §9 MuSchG, §85 SGB IX, §§15, 17 KSchG beachten.

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Die Änderungskündigung ist eine "echte" Kündigung und bedarf daher zur Wirksamkeit der Schriftform gemäß §623 BGB, was hier gegeben ist.

Bei einer ordentlichen Änderungskündigung, von der §2 KSchG ausgeht, hat der Arbeitgeber außerdem die einschlägige Kündigungsfrist einzuhalten. Nach § 622 Abs. 2 Satz 5 BGB ist bei einer bis zu 12-jährigen Betriebszugehörigkeit eine Kündigungsfrist von 5 Monaten einzuhalten, was die Arbeiterwohlfahrt mit 6 Monaten eingehalten hat.

Nach § 102 Abs. 1-3 BetrVG muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden. Da dieser keine Bedenken äußerte und nicht widersprochen hat, gilt seine Zustimmung als erteilt und die Änderungskündigung ist insoweit formgerecht.

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Zu klären ist auch, ob die Kündigung nach §1 KSchG sozial ungerechtfertigt ist. Da das Arbeitsverhältnis von Fr. Meier schon länger als 6 Monate andauerte, wäre die Kündigung nach § 1 Abs. 1 KSchG nicht rechtswirksam, wenn diese nicht sozial gerechtfertigt wäre.

Geschützte Personen nach § 15 Abs. 1 – 3 KSchG, deren ordentliche Kündigung gesetzlich ausgeschlossen ist, wie etwa Betriebsrats- Personalratsmitglieder oder deren Wahlbewerber, werden nicht in die soziale Auswahl mit einbezogen, da ihnen nicht gekündigt werden darf.

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Der §15 Abs. 3 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) sagt, dass die Kündigung eines Wahlbewerbers, vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig ist, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, berechtigen.

Wichtige Gründe sind schwerwiegende Verstöße gegen den Arbeitsvertrag, wie z.B. Unterlassung der Aufsichtspflicht, Diebstahl od. überzogene Systemkritik u. Ehrverletzung usw. Da es keine schwerwiegenden Verstöße, also keine wichtigen Gründe gab, Fr. Meier fristlos zu kündigen, ist sie auf Grund ihres Status als Wahlbewerberin für den Betriebsrat nach § 15 Abs. 3 KSchG gegen eine ordentliche Kündigung, von der der § 2 KSchG ausgeht, geschützt.

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§15 Abs. 5 KSchG sagt ferner, wenn ein Wahlbewerber in einer Betriebsabteilung beschäftigt ist, die stillgelegt wird, so ist er in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Nur wenn dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, ist eine Kündigung zulässig.

Der Gesetzgeber sieht den Arbeitgeber sogar verpflichtet, bei Stilllegung einer Betriebsabteilung, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, notfalls durch freikündigen eines geeigneten Arbeitsplatzes mit gleichwertigen Arbeitsbedingungen, für die Weiterbeschäftigung eines Mitglieds der Betriebsvertretung zu sorgen. Das gilt auch für Wahlbewerber wie Frau Meier.

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Im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen dem besonderen Schutz des Betriebsratsmitglieds und dem Weiterbeschäftigungsinteresse der anderen Arbeitnehmer, ist der Mitarbeiter zu ermitteln, den die Kündigung relativ am wenigsten hart treffen würde. Da der Schutz von Betriebsratsmitgliedern sehr hoch gestellt ist, müsste die AWO, wenn es ihr nicht gelingt einen gleichwertigen Arbeitsplatz für Fr. Meier frei zu schaffen, eine MiB-Stelle mit etwa 80 % der tariflichen Arbeitszeit freikündigen. Frau N oder Frau An, mit einer ähnlichen Stundenzahl, würden dafür in Frage kommen können.

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Die Kündigung vom 22.12.08 ist also nach § 15 KSchG unzulässig, weil Frau Meier vor dem Erhalt der Kündigung Wahlbewerber für den Betriebsrat war und es keinen wichtigen Grund für die AWO gab, sie ohne Kündigungsfrist zu kündigen. Ferner wäre eine Weiterbeschäftigung von Frau Meier, auch auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz, aus betrieblichen Gründen in wirtschaftlich vertretbarer Weise möglich gewesen.

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Fall: rausgekickt ?AN ist 30 Jahre alt, schwerbehindert, hat 3 Kinder und ist seit mehr als 6 Jahren beim Jugendamt als Sozialarbeiter angestellt. Und zwar als Leiterin des dem Landkreis gehörenden offenen Jugendtreffs. Um der Forderung nach dem Vorrang freier Träger zu entsprechen, plant der Landkreis die Privatisierung des Jugendtreffs. Zudem möchte der Landkreis seine Personalkosten durch dieses Outsourcing reduzieren. Der offene Jugendtreff soll an einen kleinen Verein verkauft werden. Da der eingetragene Verein angesichts der Streichung von Fördermitteln wirklich kein Geld hat, wird ihm der Jugendtreff einschließlich Immobilie zum symbolischen Preis von einem Euro übereignet. Das Jugendamt teilt AN mit, dass der Verein nunmehr ihr neuer Arbeitgeber sei, informiert sie über alle Folgen des Betriebsübergangs und wünscht ihm für sein weiteres Berufsleben viel Erfolg. AN widerspricht. Der Landkreis antwortet, dass trotz des Widerspruchs der Verein neuer Arbeitgeber von AN sei. Vorsorglich erklärt der Landkreis die betriebsbedingte Kündigung. Als AN nach der Begründung für seine Auswahl fragt, teilt ihr der Landrat schriftlich mit, dass infolge der Privatisierung des Jugendtreffs der Arbeitsplatz für AN weggefallen sei. Wie ist die Rechtslage ?

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Gegen den Verein hat AN nur Ansprüche, wenn mit ihm ein Arbeitsverhältnis besteht. Dazu könnte es nach § 613a Absatz 1 Satz 1 BGB gekommen sein.

Da AN dem Betriebsübergang nach § 613a Absatz 6 wider-sprochen hat, wird gegen seinen Willen kein Arbeitsverhältnis zum Erwerber des Betriebs begründet.

Fraglich ist, ob weiterhin ein Arbeitsverhältnis zwischen AN und dem Landkreis besteht. Dies ist der Fall, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis weder durch Betriebsübergang noch durch betriebsbedingte Kündigung beendet wurde.

Lösungsvorschlag

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Grundsätzlich beendigt der Betriebsübergang nach § 613a Ab-satz 1 Satz 1 BGB das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber. Und der bisherige Arbeitgeber haftet nach § 613a Absatz 2 nur 1 Jahr lang für die Erfüllung des Arbeitsvertrags. § 613a Absatz 6 regelt nicht, ob der Widerspruch des Arbeitnehmers ihm gegenüber den Betriebsübergang unwirksam macht.Aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ergibt sich jedoch, dass ein Arbeitnehmer nicht gegen seinen Willen „verkauft“ werden darf. Der Widerspruch verhindert also die in § 613a Absatz 1 Satz 1 BGB vorgesehene Vertragsüber-nahme. AN ist deshalb weiter beim Landkreis und nicht bei dem Verein beschäftigt.

Fortsetzung der Lösung I

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Das Arbeitsverhältnis könnte durch betriebsbedingte Kündigung erloschen sein. Form und Frist des § 622 BGB wird der Landkreis eingehalten haben. Die Kündigung ist auch nicht nach tariflichen Rege-lungen unwirksam. Denn „unkündbar“ wird ein Angestellter des öffentlichen Dienstes in Westdeutschland erst nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit. Allerdings ist für die Kündigung eines Schwerbehinderten die Zustimmung der Behörde notwendig (§§ 85, 89 Absatz 1 Satz 3 SGB 9).Aber die Kündigung könnte gegen § 1 Absatz 3 KSchG ver-stoßen. Der Betriebsübergang berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich zu einer betriebsbedingten Kündigung. Aber er hat eine Sozialauswahl zu treffen. Und zwar zwischen allen Arbeitnehmern des Jugendamtes mit einer entsprechenden Qualifikation. Danach dürfte die Auswahl von AN sozial nicht gerechtfertigt sein. Jedenfalls hat AG trotz Nachfrage von AN dessen Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß begründet.Die Kündigung ist unwirksam.

Fortsetzung der Lösung II

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69

Nach der Rechtsprechung des BAG ist allerdings bei der Überprüfung der Sozialauswahl zu Lasten des gekündigten Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wenn er einem Betriebsübergang ohne sachlichen Grund widersprochen hat.

AN kann für seinen Widerspruch sachliche Gründe anführen. Bisher hatte AN mit dem Landkreis einen solventen Arbeit-geber. Ob der Verein dagegen die Lohnzahlungen an AN dauerhaft sicherstellen kann, ist sehr ungewiss. Für den Widerspruch des AN gibt es also nachvollziehbare Gründe.Also ist die Kündigung des AN sozial nicht gerechtfertigt.Er muss weiter vom Landkreis beschäftigt werden.

Fortsetzung der Lösung III

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AN bewirbt sich bei dem Großbetrieb des AG um eine Arbeitsstelle.AG bietet AN zunächst nur ein befristetes Arbeitsverhältnis zum Zwecke seiner Erprobung an. AN und AG schließen einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Darin wird das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Erprobung auf drei Jahre befristet. Und innerhalb der Probezeit soll AG den AN jederzeit ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen können.

1. AG will AN nach einem Jahr ohne Angabe von Gründen binnen einer Frist von 2 Wochen kündigen. AN meint, die Kündigung sei unwirksam.

2. Nach 3 Jahren lehnt AG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab. AN verlangt Weiterbeschäftigung und Lohnzahlung.

Wer hat Recht?

Fallbeispiel: Dauer der Probezeit

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AN bewirbt sich bei dem Großbetrieb des AG um eine Stelle als Systemadministrator.

AG bietet AN zunächst nur ein befristetes Arbeitsverhältnis zum Zwecke seiner Erprobung an. AN und AG schließen einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Darin wird das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Erprobung auf drei Jahre befristet. Und innerhalb der Probezeit soll AG den AN jederzeit ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von zwei Wochen kündigen können.

1. AG will AN nach einem Jahr ohne Angabe von Gründen binnen einer Frist von 2 Wochen kündigen. AN meint, die Kündigung sei unwirksam. Wer hat Recht?

2. Nach 3 Jahren lehnt AG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab. AN verlangt Weiterbeschäftigung und Lohnzahlung. Wer hat Recht?

Fallbeispiel: Dauer der Probezeit

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Zu 1.) Die Kündigung ist aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit § 15 Absatz 3 TzBfG vereinbar. Sie verstößt aber gegen die in § 622 Absatz 1 Satz 1 BGB garantierte Kün-digungsfrist von mindestens 4 Wochen und auch gegen § 1 KSchG, da sie weder personen-, noch verhaltensbedingt oder betriebsbedingt begründet wird, sofern sie nicht nach § 622 Absatz 3 BGB wegen der vereinbarten Probezeit erlaubt ist. Nach § 622 Absatz 3 BGB kann die in der Probezeit erklärte Kündigung aber nur in den ersten 6 Monaten erfolgen. Die vertragliche Vereinbarung einer längeren Probezeit oder einer kürzeren Kündigungsfrist ist nach § 622 Absatz 5 BGB unzulässig, weil keine der dort genannten Ausnahmen zutrifft. AN ist weder zu Aushilfe eingestellt noch handelt es sich bei AG um einen Kleinbetrieb. Und tariflich (§ 622 Absatz 4 BGB) scheint laut Sachverhalt keine abweichende Regelung vereinbart zu sein. Die Kündigung durch AG ist unwirksam.

Lösung des Fallbeispiels

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Zu 2.) Das Arbeitsverhältnis ist nach den §§ 620 Absatz 3 BGB, 15 Absatz 1 TzBfG durch Fristablauf beendet, wenn die Befristung wirksam vereinbart wurde. Andernfalls gilt das Arbeitsverhältnis nach § 16 Absatz 1 TzBfG als unbefristet. Die nach § 14 Absatz 4 TzBfG einzuhaltende Schriftform ist eingehalten. Befristungsgrund ist nach § 14 Absatz 1 Nr. 5 TzBfG die Erprobung. Nicht geregelt ist dort die Höchstdauer für die zur Erprobung vereinbarte Befristung. Diese kann aber nicht beliebig lang sein. Zur Schließung der Gesetzeslücke ist § 622 Absatz 3 BGB entsprechend anzuwenden. Ein Arbeitgeber benötigt zur Erprobung eines Mitarbeiters durch ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht mehr Zeit als im Rahmen einer vereinbarten Probezeit. Probearbeitsverhältnisse können also nur für einen Zeitraum von höchstens 6 Monaten begründet werden. Danach ist die Befristung ohne sachlichen Grund erfolgt und das geht nach § 14 Absatz 2 TzBfG nicht für mehr als zwei Jahre. Nach § 16 TzBfG ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustandegekommen.AN hat nach § 611 BGB einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Lohnzahlung

Lösung des Fallbeispiels

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AN hat Sozialpädagogik studiert. Er bewirbt sich um eine Vollzeitstelle bei dem großen deutschen Wohlfahrtsverband AG. Dieser will AN in einer Schuldnerberatungsstelle einsetzen. AG schließt mit AN einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag als Probearbeitsverhältnis. Weil AG mit AN sehr zufrieden ist, wird mit AN ein weiter Arbeitsvertrag für ein Jahr geschlossen. Kurz vor Ablauf dieses Vertrages bietet AG dem AN einen weiteren Jahresvertrag an. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses wird in diesem Vertrag mit der Finanzierung der Personalstelle begründet. Die Schuldnerberatungsstelle bekam bisher jährlich eine Projektfinanzierung bewilligt. Diese beinhaltete auch die Übernahme von Personalkosten. AN schließt mangels Alternativen den angebotenen befristeten Arbeitsvertrag ab. Nach Ablauf der einjährigen Vertragsdauer weigert sich AG, das Arbeitsverhältnis mit AN fortzusetzen. AN will die Gründe dafür erfahren. AG erteilt AN ein ordnungsgemäßes Zeugnis. Dieses weist AN als ausgezeichneten Mitarbeiter aus. Zugleich äußert AG jedoch die Auffassung, er brauche nicht zu begründen, warum er eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ablehne. Kann AN verlangen, weiter beschäftigt zu werden ?

Fallbeispiel: Drei Befristungen

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AN hat Informatik studiert. Er bewirbt sich um eine Vollzeitstelle bei AG als Softwareentwickler. AG schließt mit AN einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag als Probearbeitsverhältnis. Weil AG mit AN sehr zufrieden ist, wird mit AN ein weiter Arbeitsvertrag für ein Jahr geschlossen.

Kurz vor Ablauf dieses Vertrages bietet AG dem AN einen weiteren Jahresvertrag an. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses wird in diesem Vertrag damit begründet, dass AN für ein Projekt eingesetzt wird, dass nach einem Jahr abgeschlossen sein wird. AN schließt mangels Alternativen den angebotenen befristeten Arbeitsvertrag ab.

Nach Ablauf der einjährigen Vertragsdauer weigert sich AG, das Arbeitsverhältnis mit AN fortzusetzen. AN will die Gründe dafür erfahren. AG erteilt AN ein ordnungsgemäßes Zeugnis. Dieses weist AN als ausgezeichneten Mitarbeiter aus. Zugleich äußert AG jedoch die Auffassung, er brauche nicht zu begründen, warum er eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ablehne.

Kann AN verlangen, weiter beschäftigt zu werden ?

Fallbeispiel: Drei Befristungen für drei Jahre

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AN hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, wenn zwischen ihm und AG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Nach den §§ 620 Absatz 3 BGB, 16 TzBfG ist das Arbeitsverhältnis unbefristet, wenn die letzte Befristung unwirksam war.

Allerdings wird die zeitliche Befristung eines Arbeits-verhältnisses durch die, 14 TzBfG eingeschränkt. Danach kann ein Arbeitsverhältnis nur 2 Jahre lang ohne sachlichen Grund befristet werden.

Auch wenn die Befristung des Arbeitsvertrages im ersten Jahr nach § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 wegen § 622 Absatz 3 BGB unwirksam sein sollte, ist diese Befristung nach § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG auch ohne sachlichen Grund wirksam.

Lösung des Fallbeispiels § 14 TzBfG

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Die grundlose Befristung des Arbeitsvertrages für das zweite Beschäftigungsjahr ist durch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Danach kann ein Arbeitsvertrag ohne Grund 2 Jahre befristet werden. Und ein befristetes Arbeitsverhältnis kann während der ersten 2 Jahre befristet verlängert werden. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses im dritten Beschäfti-gungsjahr ist jedoch gemäß §14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG nach zwei Jahren nicht mehr ohne sachlichen Grund gerechtfertigt. Sachlicher Grund für die Befristung könnte § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sein. Danach ist die Befristung rechtmäßig, wenn, der AN aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Die Befristung ist wirksam. AN hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung

Fortsetzung der Lösung § 14 TzBfG

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Selbst wenn in den ersten beiden Beschäftigungsjahren wegen Unwirksamkeit der Befristung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen wäre, würde dies nichts ändern.

Durch den Abschluss des dritten Vertrages wurde ein eventuell zuvor begründetes unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben. Denn im Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages ist ein konkludent geschlossener Aufhebungsvertrag zu erblicken, der das zuvor unbefristet bestehende Arbeitsverhältnisses aufhebt.

Fortsetzung der Lösung § 14 TzBfG

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79

AN studiert Sozialarbeit. Er arbeitete vor gut einem Jahr während des Studiums in den Semesterferien auf Grund eines schriftlich befristeten Arbeitsvertrags drei Monate bei AG als Sozialarbeiter. AG beschäftigt noch etwa 20 andere Sozialarbeiter. Vor vier Monaten vereinbarten AG und AN ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis für vier Monate als "kurzzeitig befristeter Mitarbeiter/Ferienbeschäftigter". Nach Ablauf der vereinbarten Beschäftigungsdauer Ende September verlangt AN Weiterbeschäftigung. AG lehnt dies ab, weil die Befristung wirksam vereinbart worden sei. Vorsorglich kündigt AG dem AN am 01. Oktober nach vorheriger Anhörung des Betriebsrates zum 31. Oktober. AG begründet dies wie folgt: „Unsere Erwartungen hinsichtlich Ihrer Teamentwicklungsfähigkeit haben sich nicht erfüllt. Soziale Konflikte innerhalb Ihrer Arbeitsgruppe sind absehbar.“ AN meint, diese Begründung reiche für eine Kündigung nicht aus und klagt auf Weiterbeschäftigung. Stellen Sie fest, “ob” und gegebenenfalls auch “wann” das Arbeitsverhältnis beendet wurde.

Fall: Befristung und Kündigungsschutz

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AN studiert Wirtschaftsinformatik. Er arbeitete vor gut einem Jahr während des Studiums in den Semesterferien auf Grund eines schriftlich befristeten Arbeitsvertrags drei Monate bei AG als Softwareentwickler. AG beschäftigt noch etwa 20 andere Informatiker. Vor vier Monaten vereinbarten AG und AN ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis für vier Monate als "kurzzeitig befristeter Mitarbeiter/Ferienbeschäftigter". Nach Ablauf der vereinbarten Beschäftigungsdauer Ende September verlangt AN Weiterbeschäftigung. AG lehnt dies ab, weil die Befristung wirksam vereinbart worden sei. Vorsorglich kündigt AG dem AN am 01. Oktober nach vorheriger Anhörung des Betriebsrates zum 31. Oktober. AG begründet dies wie folgt: „Unsere Erwartungen hinsichtlich Ihrer Teamentwicklungsfähigkeit haben sich nicht erfüllt. Soziale Konflikte innerhalb Ihrer Arbeitsgruppe sind absehbar.“AN meint, diese Begründung reiche für eine Kündigung nicht aus und klagt auf Weiterbeschäftigung. Stellen Sie fest, “ob” und gegebenenfalls auch “wann” das Arbeitsverhältnis beendet wurde.

Fall: Befristung und Kündigungsschutz

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Das Arbeitsverhältnis hat gemäß § 15 Absatz 1 TzBfG zum 30. September geendet, wenn AG und AN die Befristung wirksam vereinbart haben. Dies beurteilt sich nach § 14 TzBfG.

Die Befristung wurde schriftlich vereinbart. Die Form des § 14 Absatz 4 TzBfG ist damit eingehalten. Fraglich ist allerdings, ob auch der sachliche Grund für die Befristung schriftlich beurkundet ist, oder ob sie als sachgrundlose Befristung gilt. Es kommen verschiedene Befristungsgründe aus § 14 Absatz 1 TzBfG in Betracht, insbesondere die Nr. 1 (vorübergehender Bedarf) oder die Nr. 6 (in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe), möglicherweise auch Nr. 5 (Erprobung). Da nicht eindeutig ist, welcher Befristungsgrund vereinbart werden soll, ist die Schriftform nach §14 Absatz 4 in Bezug auf die vereinbarung des befristungsgrundes nicht gewahrt. Die Befristung des zweiten Arbeitsverhältnisses gilt deshalb als sachgrundlose Befristung.

Lösungsvorschlag

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Nach § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung für die ersten zwei Jahre eines Arbeitsverhältnisses allerdings auch ohne sachlichen Grund möglich. Allerdings ist eine solche Befristung nach § 14 Absatz 2 S. 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber schon einmal ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (Anschlussverbot).

Zwar ist nach § 14 Absatz 2 Satz 1 HS. 2 TzBfG innerhalb der ersten zwei Jahre die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnis möglich. Wenn eine Beschäftigungslücke zwischen zwei Arbeitsverhältnissen liegt, handelt es sich nicht um eine Verlängerung des alten Arbeitsver-hältnisses, sondern um die Begründung eines neuen Arbeitsverhält-nisses.Das frühere Arbeitsverhältnis von AN wurde also nicht verlängert, sondern er wurde nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses neu eingestellt. Die sachgrundlose Befristung ist deshalb unwirksam. Nach § 16 Satz 1 TzBfG ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande-gekommen.

Lösungsvorschlag

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83

Wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch Ablauf der Frist Ende September geendet hat, ist es durch die Kündigung zu Ende Oktober beendet worden, sofern die Kündigung wirksam ist.

Die nach § 102 BetrVG erforderliche Anhörung ist erfolgt. Die Kündigungsfrist beträgt nach §622 Absatz 1 BGB vier Wochen zum Ende des Kalendermonats. Diese Frist ist eingehalten. Die Schriftform des § 623 ist auch eingehalten. Die Kündigung verstößt auch nicht gegen § 242 BGB, da die Gründe weder diskriminierend, sachfremd oder willkürlich sind.Das Kündigungsschutzgesetz könnte der Kündigung entgegenstehen, weil die von AG vorgetragen Gründe wohl weder eine verhaltens-bedingte noch eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG rechtfertigen. Allerdings ist das Kündigungsschutz-gesetz nur anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestand und dies ohne Unterbrechung. AN ist zwar bei AG schon insge-samt 7 Monate beschäftigt, aber mit einer Unterbrechung. Und deshalb findet das KSchG zugunsten von AN keine Anwendung. Die Kündi-gung ist wirksam. Das Arbeitsverhältnis mit AN endete am 31. Oktober.

Fortsetzung der Lösung

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AG hat seinen Betrieb gerade erst gegründet und er gehört keinem Arbeitgeberverband an. Er schließt mit AN schriftlich einen befristeten Arbeitsvertrages für die Dauer von einem Jahr. Nach dem Vertrag hat AN eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden und einen Urlaubs-anspruch von 24 Werktagen. AN arbeitet bei AG fast ein Jahr als Mon-tagearbeiter. 2 Tage vor dem Ablauf der Beendigungsfrist schließen AN und AG schriftlich einen neuen Arbeitsvertrag. Dieser Arbeitsvertrag entspricht in allen Punkten dem ein Jahr zuvor geschlossenen Vertrag. Allerdings werden die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden und der Urlaubsanspruch auf 26 Werktage hochgesetzt, obwohl der für AG geltende Tarifvertrag sich nicht geändert hatte. Kurz vor Ablauf des zweiten Beschäftigungsjahres will AG mit AN einen dritten befristeten Arbeitsvertrag schließen. Inhaltlich soll die Vereinbarung exakt der im Vorjahr geschlossenen Vereinbarung gleichen. AN lehnt den Abschluss eines weiteren befristeten Vertrages ab. Daraufhin verbietet AG dem AN, den Betrieb nach Fristablauf weiter zu betreten. Kann AN auf Weiterbeschäftigung klagen?

Fall: Anschlussverbot

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AG hat seinen Betrieb gerade erst gegründet und er gehört keinem Arbeitgeberverband an. Er schließt mit dem Informatiker AN schriftlich einen befristeten Arbeitsvertrages für die Dauer von einem Jahr. Nach dem Vertrag hat AN eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden und einen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen. AN arbeitet bei AG fast ein Jahr als Softwareentwickler. 2 Tage vor dem Ablauf der vereinbarten Frist schließen AN und AG schriftlich einen neuen Arbeitsvertrag. Dieser Arbeitsvertrag entspricht in allen Punkten dem ein Jahr zuvor geschlossenen Vertrag. Allerdings werden die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden und der Urlaubsanspruch auf 26 Werktage hochgesetzt, obwohl der für AG geltende Tarifvertrag sich nicht geändert hatte. Kurz vor Ablauf des zweiten Beschäftigungsjahres will AG mit AN einen dritten befristeten Arbeitsvertrag schließen. Inhaltlich soll die Vereinbarung exakt der im Vorjahr geschlossenen Vereinbarung gleichen. AN lehnt den Abschluss eines weiteren befristeten Vertrages ab. Daraufhin verbietet AG dem AN, den Betrieb nach Fristablauf weiter zu betreten. Kann AN auf Weiterbeschäftigung klagen?

Fall: Anschlussverbot

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An kann vor dem Arbeitsgericht mit Erfolg auf die Feststellung klagen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch Fristablauf endete, soweit die Klage zulässig und begründet ist. Sie ist zulässig. Die Klage ist begrün-det, wenn AN einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung hat. Dieser steht ihm aus dem Arbeitsverhältnis zu, wenn nach § 16 TzBfG ein unbe-fristetes Arbeitsverhältnis zustande kam, weil die Befristung für das zweite Beschäftigungsjahr unwirksam war. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist zwar die Befristung eines Arbeits-verhältnisses grundsätzlich für die ersten zwei Jahre auch ohne sach-lichen Grund möglich. Allerdings ist eine solche Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ausnahmsweise nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber schon einmal ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (sogenanntes Anschlussverbot). Zwar ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 HS. 2 TzBfG innerhalb der ersten zwei Jahre die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnis möglich, nicht aber eine erneute befristete „Einstellung“. Gleiches gilt nach § 14 Absatz 2a BGB für die befristete Einstellung durch Existenzgründer.

Lösung des Fallbeispiels

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Die erneute Befristung für das zweite Beschäftigungsjahr ist wirksam, wenn der Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages eine „Verlängerung“ des ersten darstellt. Und die erneute Befristung für das zweite Beschäftigungsjahr ist unwirksam, wenn der Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages den „Abschluss“ eines neuen Arbeitsvertrages darstellt.Die Verlängerung eines bestehenden Arbeitsvertrages unterscheidet sich vom Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages dadurch, dass sich bei der Verlängerung eines Arbeitsvertrages nicht die Konditionen des Arbeits-verhältnisses ändern (sogenanntes Veränderungsverbot).Ausnahmen zu diesem Veränderungsverbot lässt die Rechtsprechung nur zu, wenn eine tarifliche oder gesetzliche Änderung zur Anpassung des Arbeitsvertrages zwingt.

Durch die geänderte Arbeitszeit- und Urlaubsregelung werden im neuen Arbeitsvertrag wichtige Konditionen des Arbeitsverhältnisses geändert (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 7 und 8 NachweisG) und damit ein neuer veränderter Arbeitsvertrag geschlossen. Deswegen steht das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dem erneuten Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages entgegen. Weil die Befristung für das zweite Beschäftigungsjahr unwirksam war, ist zwischen AG und AN nach § 16 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

Fortsetzung der Lösung

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Die private Fachhochschule AG stellt AN als Wissenschaftlichen Mit-arbeiter für Planung und Organisation ein. Dieser hatte gerade sein Studium an einer Verwaltungsfachhochschule abgeschlossen. AN bekommt bei AG eine Teilzeitstelle (0,5 Stelle). Er studiert während seiner Tätigkeit bei AG zugleich Jura. Nach vier Jahren beendet er sein Studium erfolgreich. Er kündigt bei AG und wird für 18 Monate Referendar beim Oberlandesgericht. Nachdem AN die schriftliche Prüfung für das zweite Staatsexamen erfolgreich besteht, bekommt er ein Angebot von AG, die überraschend frei gewordene Professorenstelle von Professor X ab dem 01.10.2005 zu vertreten. AN soll zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter (BAT II) für ein halbes Jahr beschäftigt werden. Da AN die mündliche Prüfung seines zweiten Staatsexamens erst Anfang November 2005 hat, kommen AG und AN überein, dass AN ab Anfang Oktober mit der Arbeit beginnt und Anfang November 2005 der Vertrag nachträglich schriftlich fixiert wird.1. Hat AN einen wirksamen Arbeitsvertrag ? 2. Ist dieser befristet ?3. Ändert sich die Rechtslage, wenn AN im November den Vertrag unterschreibt ? 4. Sollte AN dies tun ?

Fallbeispiel: wirksame Befristung ?

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Ein Arbeitsvertrag muss zu seiner Wirksamkeit nicht schriftlich geschlossen werden, sondern es genügt ein mündlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dass AN während seiner Referendarzeit mit der Vollzeittätigkeit für AG eine ungenehmigte Nebentätigkeit ausübt, macht den Arbeitsvertrag nicht unwirksam.

Ob die mündliche Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam ist, richtet sich gem § 620 Abs. 3 BGB nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Nach § 14 Absatz 4 TzBfG bedarf die Befristung zu ihrer Wirksamkeit einer schriftlichen Vereinbarung.Das Arbeitsverhältnis zwischen AG und AN ist also zunächst unbefristet zustandegekommen.

Lösung des Fallbeispiels

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Wenn AN im November einen befristeten Arbeitsvertrag unterschreibt, stellt sich die Frage, ob eine Befristung nachträglich vereinbart werden kann.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG kann eine Befristung grundsätzlich in den ersten 2 Jahren auch dann vereinbart werden, wenn es keinen Grund für die Befristung gibt.Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist dies ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und diesem Arbeitgeber schon früher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. AN war bei AG vier Jahre in der Planung und Organisation beschäftigt gewesen.Wegen der früheren Beschäftigung bei AG kann das Arbeits-verhältnis von AN nicht ohne Grund befristet werden.

Fortsetzung der Lösung

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Möglich ist allerdings eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG, wenn es dafür einen der in § 14 Absatz 1 Satz 2 in den Nummern 1-8 aufgezählten Gründe gibt. AN kann befristet eingestellt werden, wenn er eine andere Person vertritt. Da Professor X sein Arbeitsverhältnis bei AG endgültig aufgelöst hat, besteht ein Bedarf an einer Vertretung auf Zeit nur, wenn die Professur später wieder mit einem anderen Stellenbewerber besetzt werden soll, der die Berufungsvoraussetzungen erfüllt. Ein Arbeitsverhältnis kann nach § 14 Absatz 1 Nummer 2 TzBfG im Anschluss an eine Ausbildung befristet werden. Und es kann nach § 14 Absatz 1 Nummer 5 zur Erprobung befristet werden.

Fortsetzung der Lösung

Formwirksam ist eine Befristung mit sachlichem Grund aber nach § 14 Absatz 4 TzBfG nur, wenn der Sachgrund in der schriftlich getroffenen Befristungsvereinbarung bezeichnet wird. Würde AN eine Befristungs-regelung unterschreiben, die mit einer der oben aufgezählten sachlichen Gründe begründet wurde, wäre die nachträgliche Befristung seines Arbeitsverhältnisses wirksam. Dies sollte AN nicht tun.

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AN studierte Sozialpädagogik. Sofort nach ihrer Diplomprüfung bekam sie ein Stellenangebot von dem freien Träger AG, als Erzieherin in einer Kindertagesstätte zu arbeiten. AN hatte dort schon vor zwei Jahren als Praktikantin Kinder betreut und hatte dafür monatlich 250 € erhalten. AG beschäftigt in der Kindertagesstätte 12 Mitarbeiterinnen. AN schloss mit der Leiterin der Kindertagesstätte (L) am 02. Januar des vorherigen Jahres einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Darin hatte L das Arbeitsverhältnis bis zum 30. Juni des vorherigen Jahres befristet. Mündlich hatte L der AN mitgeteilt, die Befristung diene ihrer Erprobung. Am 29. Juni des vorherigen Jahres hatten beide diesen Arbeitsvertrag verlängert und zwar durch einen schriftlichen Vertrag, in dem das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen bis zum 31. Dezember diesen Jahres befristet wurde.Im Juli diesen Jahres war AN schwanger geworden und am 14. Oktober diesen Jahres legte AN der Leiterin der Kindertagesstätte ein ärztliches Gutachten darüber vor. Noch am selben Tag kündigt die wütende L ohne Anhörung des Betriebsrats die AN schriftlich zum 30. November diesen Jahres. Kann AN gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vorgehen kann und was würde ihr das nützen?

Fall: Mutterschutz

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AN könnte eine Klage auf die Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis weder durch Kündigung zum 30. November noch durch Fristablauf zum 31. Dezember erloschen ist. Die Klage hat Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist.Zuständig sind nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 ArbGG die Arbeitsgerichte.Die Einwendungen aus dem KSchG und dem TzBfG können noch geltend gemacht werden, da die Drei-Wochen-Frist noch nicht verstrichen ist (§ 4 KSchG, § 17 TzBfG). Die Klage ist zulässig Sie ist begründet, soweit die Kündigung unwirksam ist (A.) und das Arbeitsverhältnis auch nicht durch Fristablauf beendet worden ist (B.). A. Wirksamkeit der Kündigung

I. Unwirksamkeit wegen MutterschutzesWegen des Kündigungsverbotes nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ist die Kündigung der schwangeren AN unwirksam, da die dazu erforderliche behördliche Genehmigung nicht erteilt worden war. Für das Kündigungs-verbot ist unerheblich, ob AN ihrer Mitteilungspflicht gem. § 5 MuSchG rechtzeitig nachkam.

Lösung des Fallbeispiels

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II. Fehlende Anhörung des BetriebsratesNach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

III. Unkündbarkeit befristeter Arbeitsverhältnisse

L hat eine fristgemäße und keine fristlose Kündigung erklärt. Nach den §§ 620 Absätze 2 und 3 BGB, 15 Absatz 3 TzBfG kann ein befristetes Arbeitsverhältnis aber grundsätzlich nicht gekündigt werden. Es kann vom Arbeitgeber nur gekündigt werden, wenn er sich das Kündigungsrecht im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag vorbehalten hat. Der Sachverhalt gibt dafür keinen Anhaltspunkt. Die Umdeutung in eine fristlose Kündigungserklärung ist nicht möglich. Außerdem stellt die Schwangerschaft keinen wichtigen Grund iSv § 626 BGB dar.

IV. Kündigungsschutz

Außerdem könnte die Kündigung gegen das KSchG verstoßen.Das KSchG ist nach § 23 KSchG anwendbar, weil der Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter hat.

Fortsetzung der Lösung

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Und das KSchG ist nach § 1 Absatz 1 KSchG anwendbar, weil AN dort länger als 6 Monate ununterbrochen beschäftigt war und eine längere Frist für das Eingreifen des Kündigungsschutzes auch nicht arbeitsvertraglich vereinbart wurde. Eine Schwangerschaft rechtfertigt keine personenbedingte Kündigung nach § 1 Absatz 2 KSchG. Betriebsbedingte Gründe hat der AG in der Kündigung nicht angegeben. Die Kündigung verstößt daher gegen das KSchG.

Das Arbeitsverhältnis wurde nicht durch Kündigung zum 30. November beendet.

B. Beendigung durch Fristablauf

Ob das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember gemäß den §§ 620 Absätz 1 und 3 BGB, 15 Absatz 1 TzBfG durch Fristablauf endet, hängt davon ab, ob die Befristung wirksam vereinbart wurde (I.) und ob der Mutterschutz dem Fristablauf entgegensteht (II.).

Fortsetzung der Lösung

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I. Wirksamkeit der BefristungenDas Arbeitsverhältnis endet nur durch Fristablauf, wenn die Frist wirk-sam vereinbart wurde (§ 15 TzBfG). Andernfalls kommt es auf unbe-stimmte Zeit zustande (§ 16 TzBfG). 1. SchriftformDie Vereinbarung genügt den formellen Wirksamkeitsanforderungen, weil die in § 14 Abs. 4 TzBfG vorgeschriebene Schriftform (§ 126 BGB) eingehalten wurde. Ob die Befristung in der Sache zulässig ist, beurteilt sich nach den Absätzen 1 und 2 des § 14 TzBfG. 2. Sachlicher GrundOb es für die Befristung objektiv einen sachlichen Grund im Sinne von § 14 Absatz 1 TzBfG gegeben hat, ist unerheblich, weil ein sachlicher Grund in der Vereinbarung vom 29. Juni nicht beurkundet wurde.Von der Einhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG hängt nicht nur die Wirksamkeit der Befristung ab, sondern auch die Rechtfertigung der Befristung durch einen sachlichen Grund. Die Befristung kann nur aus Gründen gerechtfertigt sein, soweit diese schrift-lich vereinbart sind. Da der Befristungsgrund nicht schriftlich vereinbart wurde, handelt es sich um eine Befristung ohne sachlichen Grund.

Fortsetzung der Lösung

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3. Befristung ohne sachlichen GrundSomit kommt es darauf an, ob die Verlängerung der Befristung auch ohne sachlichen Grund nach § 14 Abs. 2 TzBfG möglich war.Nach Satz 2 ist es nicht möglich eine Befristung zu vereinbaren, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein Arbeitsverhältnis bestand. Nach Satz 1 ist es dagegen möglich, ein bestehendes befristetes Arbeits-verhältnis bis zu einer Gesamtdauer von 2 Jahren zu verlängern.

a) VerlängerungDa AN im Betrieb des AG bereits beschäftigt ist, wird das nach § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG bestehende befristete Arbeitsverhältnis lediglich verlängert. Da die Gesamtdauer von 2 Jahren nicht überschritten wird, ist die Verlängerung der Befristung wirksam.

b) Anschlussverbot

Die Verlängerung der Befristung wäre nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nur unwirksam, wenn AN bereits früher einmal bei AG gearbeitet hätte.

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Dies wäre nur der Fall, wenn durch den Abschluss der Praktikums-vereinbarung ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, also ein Dienst-vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

c) Arbeitsverhältnis während des Praktikums?

Beim Dienstvertrag schuldet der Arbeitgeber nach § 611 BGB Lohn und der Arbeitnehmer die Dienstleistung. Beim Praktikumvertrag schuldet der Arbeitgeber keinen Lohn, sondern Unterweisung des Praktikanten. Und dieser muss in erster Linie nicht arbeiten sondern sich um den Erwerb der zu erlernenden Fähigkeiten und Fertigkeiten bemühen. Praktikanten sind deshalb in einem Ausbildungs- und nicht in einem Arbeitsverhältnis.

Selbst wenn sie eine geringfügige Aufwandsentschädigung für ihren ausbildungsbedingten Mehraufwand erhalten, ist dies kein Lohn für eine zu erbringende Arbeitsleistung und es wird dadurch kein Arbeitsverhält-nis begründet. Die zwischen AN und AG vereinbarte Befristung verstößt nicht gegen § 14 TzBfG.

Fortsetzung der Lösung

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II. Fristablauf trotz Mutterschutzes

Das Arbeitsverhältnis endete durch Fristablauf, sofern dem nicht die Vorschriften über den Mutterschutz entgegenstehen.

1. Unanwendbarkeit des Wortlauts von § 9 MuSchG§ 9 MuSchG verbietet die Kündigung von schwangeren Arbeitnehmerinnen. AN ist zwar zum Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses schwanger. Aber ihr Arbeitsverhältnis erlischt unabhängig von der ausgesprochenen Kündigung durch Fristablauf. Seinem Wortlaut nach steht das Kündigungsverbot des § 9 MuSchG deshalb der Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf nicht entgegen.2. Keine analoge Anwendung von § 9 MuSchG auf den Fristablaufa) Voraussetzungen für die analoge Anwendung von NormenEine entsprechende Anwendung des § 9 MuSchG im Falle der Be-endigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf kommt nur in Betracht, wenn der Ablauf der Frist im Falle einer befristeten Einstellung der Kündigung eines unbefristeten Vertrages vergleichbar ist.

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b) Zielrichtung des MutterschutzgesetzesDas Mutterschutzgesetz soll Schwangere vor einer Benachteiligung durch den Arbeitgeber schützen. Es soll nicht Schwangere gegenüber anderen Arbeitnehmern bevorzugen. Wäre AN nicht schwanger geworden, hätte sie auch nur ein befristetes Arbeitsverhältnis. Ihre Schwangerschaft kann die vertraglich vereinbarte Befristung nicht unwirksam machen.

Das Arbeitsverhältnis endet trotz Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung am 31. Dezember diesen Jahres durch Fristablauf.

Eine Klage von AN wäre nur begründet, soweit AN die Feststellung beantragt, dass die zum 30. November ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

AN kann dagegen nicht verhindern, dass ihr Arbeitsverhältnis am 31. Dezember diesen Jahres durch Fristablauf endet. Eine dagegen gerichtete Klage wäre unbegründet.

Fortsetzung der Lösung

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Sozialarbeiterin AN bewirbt sich um eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Forschungsprojekt der Universität. Ihr Arbeits-vertrag wird für 5 Jahre befristet, weil das Projekt auf 5 Jahre angelegt ist. So wird es in dem geschlossenen Arbeitsvertrag schriftlich vereinbart. Über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gibt es weder in diesem Arbeitsvertrag noch in dem einschlägigen Tarifvertrag eine Regelung. Nach einem Jahr kommt es zunehmend zu Spannungen zwischen AN und dem Projektleiter AG. AN will deshalb das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum nächst zulässigen Termin kündigen. Als sie AG ihre schriftliche Kündigungserklärung überreicht, erhebt die Universität Klage vor dem Arbeitsgericht. Im Auftrag von AG beantragt sie festzustellen, dass die Kündigung unwirksam sei, weil das Projekt noch nicht abgeschlossen sei. AG droht AN ferner mit einer Schadensersatzklage, wenn sie nicht zur Arbeit erscheine oder das Projekt nicht zu Ende führe und ihm durch die Einarbeitung eines weiteren Mitarbeiters Mehrkosten entstünden. Wer hat Recht ? Hinweis: Tarifliche Regelungen nach dem TVL bleiben außer Betracht.

Fall: Moderne Sklaverei ?

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Informatikerin AN bewirbt sich um eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Forschungsprojekt der Universität. Ihr Arbeits-vertrag wird für 5 Jahre befristet, weil das Projekt auf 5 Jahre angelegt ist. So wird es in dem geschlossenen Arbeitsvertrag schriftlich vereinbart. Über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gibt es weder in diesem Arbeitsvertrag noch in dem einschlägigen Tarifvertrag eine Regelung. Nach einem Jahr kommt es zunehmend zu Spannungen zwischen AN und dem Projektleiter AG. AN will deshalb das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum nächst zulässigen Termin kündigen. Als sie AG ihre schriftliche Kündigungserklärung überreicht, erhebt die Universität Klage vor dem Arbeitsgericht. Im Auftrag der Uni beantragt AG festzustellen, dass die Kündigung unwirksam sei, weil das Projekt noch nicht abgeschlossen sei. AG droht AN ferner mit einer Schadensersatzklage, wenn sie nicht zur Arbeit erscheine oder das Projekt nicht zu Ende führe und ihm durch die Einarbeitung eines weiteren Mitarbeiters Mehrkosten entstünden. Wer hat Recht ? Hinweis: Tarifliche Regelungen bleiben außer Betracht.

Fall: Moderne Sklaverei ?

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Nach § 15 Absatz 3 TzBfG unterliegt das nach § 14 Absatz 1 Nummer 1 wirksam befristete Arbeitsverhältnis nicht der ordentlichen Kündigung, falls tariflich oder vertraglich nichts gegenteiliges vereinbart ist. Aus § 15 Absatz 4 TzBfG ergibt sich, dass dieser Ausschluss der Kündigung auch für das Kündigungsrecht der Arbeitnehmers gilt.

Nicht ausgeschlossen ist das Recht des Arbeitnehmers zur fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB. Dazu müßte AN jedoch Tatsachen anführen können, die es ihr unzumutbar machen, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten. Für ein solches Fehlverhalten des AG gibt es aber keinerlei Hinweis. Nach § 280 Abs. 1 BGB haftet der Schuldner für Pflichtver-letzungen. Der geschlossene Arbeitsvertrag verpflichtet AN gemäß § 611 BGB zur Erbringung der vereinbarten Arbeits-leistung. Nichtarbeit verpflichtet also zum Schadensersatz.

Lösung des Fallbeispiels

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Fall: SklavenhändlerAN hat Sozialarbeit studiert. Sie ist nach dem Studium arbeitslos. Sie bekommt kein Arbeitslosengeld. Sie wendet sich an eine Zeitarbeitsfirma. Sie erhält dort einen befristen Arbeitsvertrag für ein halbes Jahr. Sie soll bei der Diakonie arbeiten.

Ihr Monatsgehalt bemisst sich laut dem Arbeitsvertrag nach dem von der „Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit“ mit dem zuständigen Arbeitgeberverband geschlossenen wirksamen Tarifvertrag.

Danach beträgt ihr Bruttogehalt 1.500 € im Monat. Als sie bei der Diakonie arbeitet, stellt sie fest, dass ihre dort angestellten Kollegen ein Bruttogehalt von 2.000 € beziehen. AN gehört keiner Gewerkschaft an.

Sie kommt zu Ihnen und will wissen, von wem sie wie viel Lohn verlangen kann ?

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Grundsätzlich kommt nach den §§ 611 ff., 145 ff. BGB der Arbeitsvertrag im Falle der Arbeitnehmerüberlassung zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer zustande. Zwar schuldet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach § 328 BGB dem Entleiher, den Arbeitslohn schuldet jedoch der Verleiher. Wenn der geschlossene Arbeitsvertrag nach § 9 Nr. 2 AÜG wegen Verstoßes gg. das Gleichstellungsgebotes unwirksam wäre, könnte AN vom Verleiher nach § 10 Absatz 4 AÜG das Arbeitsentgelt in Höhe der beim Entleiher gezahlten Vergütung verlangen . Allerdings gilt das Gleichstellungsgebot nicht, wenn im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe ein geringeres Entgelt tariflich vereinbart ist.

Lösung des Fallbeispiels

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Zur Wirksamkeit des Tarifabschlusses ist erforderlich, dass die Gewerkschaft als Arbeitnehmervertretung tariffähig ist. Tarifverträge, setzen ein Verhandlungsgleichgewicht der Tarifpartner voraus. Dies ist nicht gegeben, wenn die Arbeitnehmerkoalition angesichts ihrer Mitgliederzahl nicht in der Lage ist, hinreichenden Druck auf die Arbeigeberseite auszuüben Ob die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit tariffähig ist, ist in der Praxis umstritten. Laut Sachverhalt soll der Zeitarbeitstarifvertrag jedoch wirksam sein.

Somit kann sich AN nicht auf das Gleichstellungsgebot berufen. Somit ist der geschlossene Arbeitsvertrag wirksam. AN kann von der Zeitarbeitsfirma nur ein monatliches Gehalt von 1.500 € verlangen.

Fortsetzung der Lösung

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Fall: TariffähigkeitAN hat Sozialarbeit studiert. Sie ist nach dem Studium arbeitslos. Sie bekommt kein Arbeitslosengeld. Sie wendet sich an eine Zeitarbeitsfirma. Sie erhält dort einen befristen Arbeitsvertrag für ein halbes Jahr. Sie soll bei der Diakonie arbeiten.

Ihr Monatsgehalt bemisst sich laut dem Arbeitsvertrag nach dem von der „Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit“ mit dem zuständigen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifvertrag.Danach beträgt ihr Bruttogehalt 1.500 € im Monat. Als sie bei der Diakonie arbeitet, stellt sie fest, dass ihre dort angestellten Kollegen ein Bruttogehalt von 2.000 € beziehen. AN gehört keiner Gewerkschaft an.

Sie kommt zu Ihnen und will wissen, von wem sie wie viel Lohn verlangen kann. Sie finden im Internet eine Gerichtsentscheidung nach der die „Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit“ mangels zu geringer Mitgliederzahl nicht tariffähig ist.Wie ist die Rechtslage, wenn dies zutrifft?

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Grundsätzlich kommt nach den §§ 611 ff., 145 ff. BGB der Arbeitsvertrag im Falle der Arbeitnehmerüberlassung zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer zustande. Zwar schuldet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach § 328 BGB dem Entleiher, den Arbeitslohn schuldet jedoch der Verleiher. Wenn der geschlossene Arbeitsvertrag nach § 9 Nr. 2 AÜG wegen Verstoßes gg. das Gleichstellungsgebotes unwirksam wäre, könnte AN vom Verleiher nach § 10 Absatz 4 AÜG das Arbeitsentgelt in Höhe der beim Entleiher gezahlten Vergütung verlangen . Allerdings gilt das Gleichstellungsgebot nicht, wenn im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe ein geringeres Entgelt tariflich vereinbart ist.

Lösung des Fallbeispiels

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Zur Wirksamkeit des Tarifabschlusses ist erforderlich, dass die Gewerk-schaft als Arbeitnehmervertretung tariffähig ist. Tarifverträge, setzen ein Verhandlungsgleichgewicht der Tarifpartner voraus. Dies ist nicht gege-ben, wenn die Arbeitnehmerkoalition angesichts ihrer Mitgliederzahl nicht in der Lage ist, hinreichenden Druck auf die Arbeigeberseite auszuüben Laut Sachverhalt soll der Gewerkschaft die Tariffähigkeit fehlen und der geschlossene Zeitarbeitstarifvertrag unwirksam sein. Im Falle der Neueinstellung zuvor Arbeitsloser haben diese allerdings 6 Wochen lang keinen Anspruch auf Gleichstellung. Auch wenn der Zeit-arbeitstarifvertrag unwirksam ist, haben AN und die Zeitarbeitsfirma für diese Zeit nur den darin vorgesehenen Tariflohn von 1.500 € vereinbart.

Für den Zeitraum danach kann sich AN auf das Gleichstellungsgebot berufen. Somit ist für diesen Zeitraum der geschlossene Arbeitsvertrag nach § 9 Nr. 2 AÜG unwirksam. AN kann für diesen Zeitraum nach§ 10 Absatz 4 AÜG von der Zeitarbeitsfirma das im Entleiherbetrieb übliche monatliche Gehalt von 2.000 € verlangen.

Fortsetzung der Lösung

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Fall: Illegaler SklavenhandelAN hat Sozialarbeit studiert. Sie ist nach dem Studium arbeitslos. Sie bekommt kein Arbeitslosengeld. Sie wendet sich an eine Zeitarbeitsfirma. Sie erhält dort einen befristen Arbeitsvertrag für ein halbes Jahr. Sie soll bei der Diakonie arbeiten.

Ihr Monatsgehalt bemisst sich laut dem geschlossenen Arbeitsvertrag nach dem mit der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit vom zuständigen Arbeitgeberverband ausgehandelten Tarifvertrag. Danach beträgt ihr Bruttogehalt 1.500 € im Monat. Als sie bei der Diakonie arbeitet, stellt sie fest, dass ihre dort angestellten Kollegen Bruttogehalt von 2.000 € beziehen.

AN erfährt, dass der Zeitarbeitsfirma eine behördliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nicht erteilt wurde.

Sie kommt zu Ihnen und will wissen, von wem sie wie viel Lohn verlangen kann ?

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Grundsätzlich kommt nach den §§ 611 ff., 145 ff. BGB der Arbeitsvertrag im Falle der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Verleiher und Arbeitnehmer zustande. Zwar schul-det der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach § 328 BGB dem Entleiher, den Arbeitslohn schuldet jedoch der Verleiher. Obwohl der geschlossene Arbeitsvertrag wegen fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 AÜG) nach§ 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, kann AN vom Entleiher nach§ 10 Absatz 1 AÜG oder vom Verleiher nach § 10 Absatz 3 Satz 2 das Arbeitsentgelt in Höhe der beim Entleiher gezahlten Vergütung verlangen. Im Falle der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitsvertrag Ausnahmen vom Gleichstellungsgrundsatz hätte vorsehen können. AN hat Anspruch auf monatlich 2.000 €.

Lösung des Fallbeispiels

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Fall: Betriebsrat in der Lidl-Filiale ?In einer Lidl-Filiale arbeiten zwei 20jährige vollzeitbeschäftig-te und eine 21jährige halbtags beschäftigte Kassiererin sowie eine 17jährige Auszubildende. Im Lager arbeitet ein über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigter 25jähriger Leiharbeiter. Ferner hilft eine 55jährige geringfügig Beschäftigte stundenweise auf Abruf in der Filliale aus und erhält dafür 400 € im Monat. Die vollzeitbeschäftigten Kassiererinnen wurden vom Geschäfts-führer vor 2 Jahren eingestellt. Die Halbtagskraft arbeitet erst 8 Monate bei Lidl. Die Auszubildende ist im zweiten Aus-bildungsjahr. Der Leiharbeiter arbeitet erst seit 5 Monaten in der Filiale. Und die geringfügig Beschäftigte ist seit einem Monat dabei. Und außer dem Geschäftsführer wollen alle einen Betriebsrat. Dieser verbietet die Wahl, weil es erstens nicht genügend Arbeitnehmer in der Filiale gäbe, weil es zweitens nicht genug Wahlberechtigte gäbe und weil drittens auch nicht genug Kandidaten als Betriebsrat wählbar seien. Wer hat Recht ?

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Vorüberlegungen zu „Betriebsrat in der Lidl-Filiale“Mitarbeiterim Sinne von § 1?

Alter Betriebs-zugehörig-keit

Arbeit-nehmer§ 5

Wahl-recht§ 7

Wähl-barkeit§ 8

Geschäftsführer

? ?

Kassiererin(volle Stelle)

20 2 Jahre

Kassiererin(volle Stelle)

20 2 Jahre

Kassiererin(halbe Stelle)

21 8 Monate

400 €-Kraft 55 1 Monat

Azubi(ne) 17 2. Lehrjahr

Leih-AN 25 8 Monate

Summe

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Lösungsskizze zu „Betriebsrat in der Lidl-Filiale“Mitarbeiter im Sinne von § 1?

Alter Betriebs-zugehörig-keit

Arbeit-nehmer§ 5

Wahl-recht§ 7

Wähl-barkeit§ 8

Wahl-berechtigteArbeit-nehmer § 1

Geschäftsführer

? ? nein;leitenderAngestellter§ 5 Abs. 3

nein nein nein

Kassiererin(volle Stelle)

20 2 Jahre ja ja ja ja

Kassiererin(volle Stelle)

20 2 Jahre ja ja ja ja

Kassiererin(halbe Stelle)

21 8 Monate ja ja, voll§4 TzBfG

ja ja

400 €-Kraft 55 1 Monat ja ja nein ja

Azubi(ne) 17 2. Lehrjahr ja§ 5 Abs.1

neinzu jung

nein nein

Leih-AN 25 8 Monate neinKein AN von Lidl

ja§ 7 S. 2

? nein

Summe 5 5 3 oder 4 4

Ergebnis: Der Chef hat recht. Die Belegschaft darf keinen Betriebsrat wählen.

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Die Lidl-Filiale gilt nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 als eigener Betrieb. Die dortige Belegschaft darf nur nach § 1 Absatz 1 BetrVG aber nur dann einen Betriebsrat in der Filiale wählen, wenn diese mindestens fünf Arbeitnehmer hat, die auch wahlberechtigt sind und mindestens drei von ihnen auch zum Betriebsrat wählbar sind.

Da der Geschäftsführer die Kassiererin eingestellt hat, gilt er gem. §5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG als leitender Angestellter. Diese gelten nach § 5 Absatz 3 Satz 1 nicht als Arbeitnehmer. Die Auszubildende steht zwar im Sinne des Vertragsrechts nicht in einem Arbeits- sondern in einem Ausbildungsverhält-nis, gilt aber gleichwohl im Sinne des Betriebsverfassungs-gesetzes nach § 5 Absatz 1 Satz 1 als Arbeitnehmerin.

Lösungsvorschlag:

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Der Leiharbeitnehmer ist Arbeitnehmer des Verleihers und nicht Arbeitnehmer des Entleihers (§§ 9 und 10 AÜG). Auch wenn er nach § 7 BetrVG im Betrieb des Entleihers wahl-berechtigt ist, bleibt er Arbeitnehmer des Verleiherbetriebs.

Die vollzeitbeschäftigten Kassiererinnen sind Arbeitnehmer der Filiale (§ 5 Absatz 1 BetrVG). Da die Vorschrift nicht zwischen teil- und vollzeitbeschäftigten Angestellten unter-scheidet, gilt dies auch für die teilzeitbeschäftigte Kassiererin.

Da die geringfügig Beschäftigte nach § 5 Absatz 1 Satz 1 ebenfalls als Arbeitnehmerin zählt, gibt es zusammen mit den drei Kassiererinnen und der Auszubildenden die für die Wahl eines Betriebsrates erforderlichen 5 Arbeitnehmer.

Fortsetzung der Lösung

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Die Arbeitnehmer dürfen nur einen Betriebsrat wählen, wenn auch fünf Arbeitnehmer wahlberechtigt sind. Die drei Kassierinnen und die geringfügig Beschäftigte sind nach § 7 BetrVG wahlberechtigt, weil sie volljährig sind. Die Auszubildende gilt zwar nach § 5 Absatz 1 Satz 1 BetrVG als Arbeitnehmerin, ist aber wegen ihrer Minderjährigkeit nach § 7 BetrVG nicht wahlberechtigt. Der Leiharbeitnehmer ist kein Arbeitnehmer des Entleihers, ist aber nach § 7 BetrVG im Entleiherbetrieb wahlberechtigt, weil er dort länger als 3 Monate eingesetzt sind. Also gibt es fünf Wahlberechtigte.

Von den ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern müssen mindestens drei zum Betriebsrat wählbar sein. Wählbar sind nicht der Leiharbeitnehmer, die geringfügig Beschäftigte und die Auszubildende, sondern nach § 8 Absatz 1 Satz 1 nur die 3 Kassiererinnen, da sie schon länger als 6 Monate im Betrieb sind.

Fortsetzung der Lösung

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Die Arbeitnehmer dürfen nach § 1 Absatz 1 BetrVG nur einen Betriebsrat wählen, wenn es mindestens fünf ständig wahlberechtigte Arbeitnehmer gibt.

Der Leiharbeitnehmer zählt nicht dazu, weil er kein ständiger Arbeitnehmer des Entleihers ist. Die Auszubildende zählt nicht dazu, weil sie als Minderjährige nicht wahlberechtigt ist.

Daher gibt es mit den drei Kassiererinnen und der geringfügig Beschäftigten nur vier ständig wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer haben nicht das Recht, für dieLidl-Filiale einen Betriebsrat zu wählen.In Betracht kommt aber nach § 4 Absatz 2 BetrVG eine Teil-nahme an der Wahl des Betriebsrates für den Hauptbetrieb von Lidl.

Fortsetzung der Lösung

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Fall: Kündigung eines SchwerbehindertenAN ist bei AG seit mehreren Jahren als Krankenpfleger auf der Intensivstation beschäftigt. AN hat einen Grad der Behinderung von 50%. AN missachtet wiederholt ärztliche Anweisungen und bringt dadurch das Leben der ihm anvertrauten Patienten in Gefahr. AG erfährt von diesen Vorfällen am Montag, den 01. Februar. Noch am selben Tag teilt AG dem Betriebsrat mit, dass er AN fristlos kündigen will und er bittet das Integrationsamt, der Kündigung zuzustimmen. Und am selben Tag stimmt das Integrationsamt schriftlich der Kündigung zu. Gegen die Zustimmung des Integrationsamtes erhebt AN sofort Widerspruch.

AG übergibt AN das Kündigungsschreiben erst am Montag, den 15. Februar. AN erhebt noch am selben Tag Kündigungsschutzklage.Er macht geltend, die Kündigung sei schon deswegen unwirksam, weil AG sie entgegen den § 91 Absatz 5 SGB 9 nicht unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (121 BGB) erklärt habe.Wer hat Recht ?

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Nach § 626 Absatz 1 BGB kann ein Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden, wenn wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar geworden ist. Missachtet ein Krankenpfleger wiederholt ärztliche Anweisungen, so ist dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis unzumutbar, wenn die Pflichtverletzungen des Pflegers die Patienten in Lebensgefahr bringen.

Die Kündigung wurde gemäß den §§ 626 Absatz 2, 188 Absatz 2 BGB fristgemäß erklärt, weil die Erklärungsfrist erst am Montag, den 15. Februar um 24.00 Uhr ablief.

Die nach § 102 BetrVG vorgeschriebene Anhörung des Betriebsrates hat stattgefunden.

Lösung des Fallbeispiels

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121

Da AN gemäß §2 Absatz 2 SGB 9 schwerbehindert ist und die Ausnahmen des § 90 SGB 9 nicht eingreifen, findet auf AN der besondere Kündigungsschutz nach den §§ 85 ff. SGB 9 Anwendung. Die nach den §§ 85, 91 Absatz 1 SGB 9 zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung notwendige Zustimmung des Integrationsamtes wurde wirksam erteilt, weil der dagegen von AN eingelegte Widerspruch nach § 88 Absatz 4 SGB 9 keine aufschiebende Wirkung entfaltet.

Gemäß § 91 Absatz 5 SGB 9 ist die Kündigung nur dann unverzüglich nach der Zustimmung des Integrationsamtes zu erklären, wenn sie nach Ablauf der Frist des § 626 Absatz 2 Satz 1 BGB erklärt wird. AG hat die Kündigung jedoch vor Ablauf dieser Frist erklärt. Er mußte sie daher nicht unverzüglich erklären

Fortsetzung der Lösung

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AN studiert Sozialpädagogik. In den Semesterferien macht sie bei dem Bildungsträger AG ein Praktikum für 300 € im Monat. Nach Abschluss ihres Studiums bewirbt sich AN bei vielen verschiedenen Arbeitgebern. AG bietet ihr einen schriftlichen Arbeitsvertrag für eine Vollzeitstelle für die Dauer eines Jahres an. In dem Vertragstext ist kein Grund für die Befristung angegeben. Und auf eine Probezeit wird darin sogar aus-drücklich verzichtet. Die Arbeitsbedingungen sollen sich laut Arbeits-vertrag aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ergeben.AG teilt AN mündlich mit, die Befristung solle ihrer Erprobung dienen. AN unterschreibt den Arbeitsvertrag. Nach einem Monat merkt sie, dass ihr das Unterrichten nicht liegt. Gleichzeitig erhält sie von einer Schwangerschaftskonfliktberatungs-stelle ein Angebot. Sie soll in zwei Monaten anfangen. Das war schon immer der Traumberuf von AN. Sie bittet AG um die Auflösung ihres Arbeitsvertrages. Ihr Chef lehnt das ab. Er kriege so schnell keine Ver-tretung. Vertrag sei Vertrag. Und den müsse AN erfüllen. AN meint, sie dürfe den Arbeitgeber wechseln. Sie sei schließlich keine Sklavin.Kann AN ihr Arbeitsverhältnis mit AG vorzeitig beenden? Darf sie das Stellenangebot der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle annehmen?

Fall: Vertrag ist Vertrag

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§ 2 TVöD Arbeitsvertrag, Nebenabreden, Probezeit(1) Der Arbeitsvertrag wird schriftlich abgeschlossen.(2) ....(3) Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Sie können gesondert gekündigt werden, soweit dies einzelvertraglich vereinbart ist.(4) Die ersten sechs Monate der Beschäftigung gelten als Probezeit, soweit nicht eine kürzere Zeit vereinbart ist. Bei Übernahme von Auszubildenden im unmittel-baren Anschluss an das Ausbildungsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis entfällt die Probezeit.

§ 2 TVöD

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Abschnitt V Befristung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses§ 30 Befristete Arbeitsverträge(1) 1Befristete Arbeitsverträge sind nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sowie anderer gesetzlicher Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen zulässig. 2...(2) 1Kalendermäßig befristete Arbeitsverträge mit sachlichem Grund sind nur zulässig, wenn die Dauer des einzelnen Vertrages fünf Jahre nicht übersteigt; weitergehende Regelungen im Sinne von § 23 TzBfG bleiben unberührt. 2...(3) 1Ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund soll in der Regel zwölf Monate nicht unterschreiten; die Vertragsdauer muss mindestens sechs Monate betragen. 2...(4) 1Bei befristeten Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund gelten die ersten sechs Wochen und bei befristeten Arbeitsverträgen mit sachlichem Grund die ersten sechs Monate als Probezeit. 2Innerhalb der Probezeit kann der Arbeitsvertrag mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden.(5) 1Eine ordentliche Kündigung nach Ablauf der Probezeit ist nur zulässig, wenn die Vertragsdauer mindestens zwölf Monate beträgt. 2Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist in einem oder mehreren aneinandergereihten Arbeitsverhältnissenbei demselben Arbeitgebervon insgesamt mehr als sechs Monaten vier Wochen, von insgesamt mehr als einem Jahr sechs Wochenzum Schluss eines Kalendermonats,von insgesamt mehr als zwei Jahren drei Monate,von insgesamt mehr als drei Jahren vier Monatezum Schluss eines Kalendervierteljahres.3...(6) ...

§ 30 TVöD

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§ 33 Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung(1) Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf,a) mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet hat,b) jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen (Auflösungsvertrag).

§ 34 Kündigung des Arbeitsverhältnisses(1) 1Bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zum Monatsschluss. 2Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2) bis zu einem Jahr ein Monat zum Monatsschluss,von mehr als einem Jahr 6 Wochen,von mindestens 5 Jahren 3 Monate,von mindestens 8 Jahren 4 Monate,von mindestens 10 Jahren 5 Monate,von mindestens 12 Jahren 6 Monatezum Schluss eines Kalendervierteljahres..

§§ 33, 34 TVöD

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A. Beendigung durch AufhebungsvertragDas Arbeitsverhältnis könnte entweder durch Aufhebungs-vertrag (A.) oder durch Kündigung (B.) beendet werden.

Nach § 33 Absatz 1 Buchstabe b TVöD endet das Arbeitsverhältnis durchAbschluss eines Aufhebungsvertrag.

Ein Aufhebungsvertrag kommt wie jeder Vertrag nach den§§ 145 ff. BGB durch Angebot und Annahme zustande. Wenn AG das Angebot von AN zur Aufhebung des Arbeits-vertrages nicht annimmt, kommt ein Aufhebungsvertrag nicht zustande.

AG ist nicht verpflichtet, das Angebot von AN zur Aufhebung des Arbeitsvertrages anzunehmen. Im Privatrecht gilt Vertragsfreiheit. Es besteht grundsätzlich kein Zwang zum Abschluss von Verträgen (sog. Kontrahierungszwang).Dies gilt auch für das Arbeitsrecht.

Lösungsvorschlag I

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B. Fristlose KündigungDas Arbeitsverhältnis könnte durch fristlose Kündigung (B.) oder fristgemäße Kündigung (C.) enden. Nach § 626 BGB ist AN nur zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt. Dazu müßte das Stellenangebot der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen.Wenn einem Arbeitnehmer durch einen anderen Arbeitgeber eine Arbeitsstelle angeboten wird, ist er deswegen nicht zur fristlosen Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses berechtigt. Es gilt im Privatrecht der Grundsatz, das über-nommene vertragliche Verpflichtungen auch erfüllt werden müssen (pacta sund servanda). Anders ist es nur für Seeleute, die neu anheuern (§68 SeemannsG). Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer durch ein Fehlverhalten des Arbeitgebers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. AG ist aber kein Fehlverhalten vorwerfbar. AN darf nicht fristlos kündigen.

Fortsetzung der Lösung II

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C. Fristgemäße Kündigung in der ProbezeitI. Verhältnis zwischen § 622 Absatz 3 und § 622 Absatz 1AN kann ihr Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden, wenn sie nach § 622 Absatz 3 BGB in der Probezeit kündigen kann (C.) oder wenn sie ihr Arbeitsverhältnis nach den §§ 620 Absatz 2, 622 Absatz 1 BGB ordentlich kündigen kann (D.). Während der Probezeit hat das Sonderkündigungsrecht nach der Spezialregelung des § 622 Absatz 3 BGB Vorrang. II. Verhältnis zwischen BGB und tariflichen RegelungenWährend der Probezeit kann der Arbeitnehmer sowohl nach § 622 Absatz 3 BGB wie nach § 30 Absatz 4 TVöD kündigen. Auch wenn AN kein Gewerkschaftsmitglied ist, findet der TVöD auf sie wegen der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahme Anwendung. Und diese Regelung geht der gesetzlichen nach § 622 Absatz 4 BGB vor.III. Wirksamkeit der Probezeitvereinbarung AN ist in der Probezeit, wenn sich dies aus der mündlichen Vereinbarung (1.) oder dem Tarifvertrag (2.) ergibt.

Fortsetzung der Lösung III

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1. Wirksamkeit der mündlichen ProbezeitvereinbarungEin besonderes Kündigungsrecht während der Probezeit hat AN nur, wenn eine Probezeit wirksam vereinbart wurde.

Sie wurde nur mündlich vereinbart. Nach § 2 Absatz 3 TVöD sind jedoch mündliche Nebenabreden unwirksam.

2. Probezeit nach tariflichen RegelungenWegen der Bezugnahme auf den Tarifvertrag, könnte AN gemäß § 2 Absatz 4 TVöD oder im Falle der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses nach § 30 Absatz 4 TVöD in der Probezeit sein.a) Widerspruch zwischen Tarifvertrag und ArbeitsvertragNach dem schriftlich vereinbarten Arbeitsvertrag wurde auf eine Probezeit aber gerade verzichtet. Somit kommt es darauf an, ob der Arbeitsvertrag oder der Tarifvertrag Vorrang hat.

Fortsetzung der Lösung IV

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b) Geltung des TV durch Verweisung im AVDer Arbeitsvertrag verweist für die Arbeitsbedingungen auf den Tarifvertrag.

Nach dem Sinn dieser Verweisung gelten die im Tarifvertrag ausgehandelten Arbeitsbedingungen aber nur, soweit der Arbeitsvertrag die Arbeitsbediongungen nicht abweichend regelt.

Da im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf eine Probezeit verzichtet wird, besteht keine Regelungslücke. Die arbeitsvertragliche Regelung eines Probezeitverzichts geht der Verweisung auf den Tarifvertrag vor. AN befindet sich nicht in der Probezeit, wenn der Arbeitsvertrag vom Tarifvertrag abweichen darf.

Fortsetzung der Lösung V

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c) GünstigkeitsprinzipNach § 4 Absatz 3 TVG darf der Arbeitsvertrag vom Tarifvertrag abweichende Regelungen enthalten, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind.

Konkret für AN wäre es günstiger, eine Probezeit zu haben und deswegen ein Kündigungsrecht zu besitzen. Abstrakt ist es dagegen in der Regel für Arbeitnehmer günstiger, wenn der Arbeitgeber auf eine Probezeit verzichtet.

Da der Arbeitsvertrag nach dieser Betrachtung für die Arbeitnehmerseite günstig vom Tarifvertrag abweicht, gilt der arbeitsvertraglich vereinbarte Verzicht auf die Probezeit.AN befindet sich nicht in der Probezeit. Sie kann infolge-dessen weder nach § 30 Absatz 4 TVöD noch nach § 622 Absatz 3 BGB kündigen.

Fortsetzung der Lösung V

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D. Ordentliche KündigungEin Recht zur ordentlichen Kündigung könnte sich entweder aus § 620 BGB ergeben (I.) oder aus dem Tarifvertrag (II.).I. Gesetzliches Kündigungsrecht nach § 620 BGB1. Befristetes oder unbefristetes ArbeitsverhältnisUnbefristete Arbeitsverträge können nach § 620 Absatz 2 BGB fristgerecht gekündigt werden. Bei befristeten Arbeitsverträgen ist dieses Recht nach § 620 Absatz 3 BGB in Verbindung mit § 15 Absatz 3 TzBfG eingeschränkt.2. Wirksamkeit der BefristungOb das Arbeitsverhältnis von AN befristet ist, oder ob es als unbefristet gilt, hängt nach § 16 Satz 1 TzBfG davon ab, ob die Befristung wirksam ist. Die Befristung ist nach §14 TzBfG wirksam, wenn sie formell und materiell rechtmäßig ist. a) formelle RechtmäßigkeitFormell ist die Befristung nach § 14 Absatz 4 TzBfG recht-mäßig, weil die vorgeschriebene Schriftform eingehalten ist.

Fortsetzung der Lösung VI

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b) Materielle Rechtmäßigkeitaa) Befristung mit Sachgrund nach § 14 Absatz 1 TzBfGOb es für die Befristung einen Sachgrund gibt, ist unerheblich, weil er entgegen § 14 Absatz 4 TzBfG nicht schriftlich im Arbeitsvertrag beurkundet worden ist. Obwohl AG der AN mitteilte, die Befristung diene ihrer Erprobung, gilt die Befristung deshalb als sachgrundlose Befristung. bb) Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Absatz 2 TzBfG Nach § 14 Absatz 2 TzBfG kann das Arbeitsverhältnis auch ohne Sachgrund befristet werden, weil es nicht für länger als 2 Jahre befristet wird und zwischen AN und AG nicht bereits früher ein Arbeitsverhältnis bestand (sog. Anschlussverbot). Das vorangegangene Praktikum war kein Arbeitsverhältnis. cc) Vereinbarkeit der Befristung mit § 30 TVöDDa laut Arbeitsvertrag der TVöD gilt, ist die Befristung nur wirksam, wenn sie nicht gegen § 30 Absatz 3 TVöD verstößt. Danach soll die Befristung 12 Monate nicht unterschreiten und sie muss mindestens 6 Monate betragen. Dies ist der Fall.

Fortsetzung der Lösung VII

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3. Keine ordentliche Kündigung befristeter VerträgeDa die Befristung wirksam ist, findet § 15 Absatz 3 TzBfG Anwendung. Aus § 15 Absatz 4 TzBfG ergibt sich, dass das Kündigungsverbot auch für die Kündigung durch den Arbeit-nehmer gilt.

Die darin liegende Einschränkung der Berufsfreiheit ist nach Art. 12 Absatz 1 Satz 2 GG rechtmäßig. Der Gesetzgeber darf die Berufsfreiheit von Arbeitnehmern durch Gesetz einschrän-ken. Und die getroffene Regelung ist verhältnismäßig.

Der AN hat nach § 15 Absatz 3 TzBfG nur ein Kündigungsrecht, soweit es vertraglich oder tariflich vorgesehen ist. Da AN und AG keine vertragliche Regelung über die Kündbarkeit getroffen haben, kommt es darauf an, ob sich ein Kündigungsrecht für AN aus dem TVöD ergibt.

Fortsetzung der Lösung VIII

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II. Tarifliches Kündigungsrecht nach § 30 Absatz 5 TVöD

1. Keine Anwendbarkeit des Wortlauts§ 30 Absatz 5 Satz 1 TVöD regelt das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers nach Ablauf der Probezeit. Dem Wortlaut nach ist die Vorschrift nicht anwendbar, da für AN keine Probezeit vereinbart wurde (siehe oben).

2. Analoge Anwendung des § 30 Absatz 5 TVöDEine Vorschrift kann analog angewendet werden, wenn eine Regelungslücke besteht und der zu entscheidende Sachverhalt dem geregelten Sachverhalt vergleichbar ist.

a) RegelungslückeDer Tarifvertrag regelt nicht, ob befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst kündbar sind, wenn keine Probezeit vereinbart wurde.

Fortsetzung der Lösung IX

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b) Vergleichbarkeit der SachverhalteGeregelt ist, dass befristete Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst kündbar sind, wenn die Probezeit abgelaufen ist. Analog angewendet werden kann diese Vorschrift dann, wenn in Bezug auf die Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses der Ablauf einer Probezeit vergleichbar ist mit dem Verzicht auf eine Probezeit.Für das Kündigungsrecht haben die Tarifvertragsparteien nur die Zeiträume vor und nach der Probezeit unterscheiden wollen. Sie haben insoweit angenommen, dass nach § 2 Absatz 4 bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses immer eine Probezeit besteht.

Deswegen ist die Regelung im Falle des Verzichts auf eine Probezeit in gleicher Weise wie nach dem Ablauf der Probe-zeit anzuwenden. AN darf deshalb ausnahmsweise gemäߧ 30 Absatz 5 Satz 1 TVöD kündigen. Und zwar nach Satz 2 innerhalb einer Frist von vier Wochen zum Monatsende.

Fortsetzung der Lösung X

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D. Zusatzaufgabe:

Ist AN dem AG gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie nach dem Gespräch mit ihrem Chef nicht mehr zur Arbeit erscheint und AG deshalb die Bildungsmaßnahme an einen anderen Bildungsträger abgeben muss und ihm so Einnahmen verloren gehen?

Lösung:

Nach § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt.

I. SchuldverhältnisNach den §§ 145 ff. BGB ist zwischen AN und AG durch Angebot und Annahme ein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Im Zeitpunkt der Arbeitsverweigerung bestand diese Vertragsverhältnis noch.

Fortsetzung der Lösung XI

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Denn es wurde kein Auflösungsvertrag geschlossen. Und AN hat eine Kündigung auch bisher nicht in der dafür nach § 623 BGB vorgeschrieben Schriftform erklärt. Und außerdem wäre die Kündigung nach § 30 Absatz 5 Satz 2 TVöD erst nach Ablauf der Frist von vier Wochen zum Monatsende wirksam.II. PflichtverletzungNach § 611 BGB ist der Dienstverpflichtete (Arbeitnehmer) dem Dienstberechtigten (Arbeitgeber) zur Erbringung der versprochenen Dienste verpflichtet (Arbeitspflicht). Diese Verpflichtung erfüllt AN nicht, wenn sie nicht mehr zur Arbeit erscheint.III. VerschuldenNach § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 276 BGB haftet der Schädiger nicht, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, weil er seine Pflichten weder vorsätz-lich noch fahrlässig verletzt hat. AN erscheint vorsätzlich nicht mehr zur Arbeit.

Fortsetzung der Lösung XII

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IV. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden 1. UrsachenzusammenhangAN ist nur zum Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstehen-den Schadens verpflichtet. Weil AN die Arbeit rechtswidrig verweigert, kann AG den übernommenen Auftrag nicht ausführen und bekommt ihn deshalb vom Auftraggeber auch nicht vergütet.2. Schadensverlauf bei rechtmäßigen Alternativverhalten Weil AN das Arbeitsverhältnis hätte fristgerecht kündigen können, darf ihr der Schaden nicht zugerechnet werden, soweit für AG der Schaden auch ohne die pflichtwidrige Arbeitsver-weigerung eingetreten wäre.Allerdings müsste AN beweisen, dass AG den Schaden auch gehabt hätte, wenn sie unter Wahrung der Kündigungsfrist den Vertrag wirksam gekündigt hätte. Solange nicht klar ist, ob AG auch im Falle einer fristgemäßen Kündigung des Arbeits-verhältnisses die Bildungsmaßnahme hätte durchführen können, schuldet AN ihm Schadensersatz.

Fortsetzung der Lösung XIII

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V. Schadensumfang1. Entgangener GewinnAN muss AG nach § 249 BGB so stellen, wie er bei ordnungs-gemäßer Erfüllung ihrer Arbeitsvertraglichen Pflichten stehen würde. Nach § 252 BGB muss sie ihm auch den entgangenen Gewinn ersetzen. AG entgeht ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen den durch den Abbruch der Bildungsmaß-nahme entgangenen Einnahmen und den durch den Abbruch der Bildungsmaßnahme eingesparten Aufwendungen.

2. Schadensverlauf bei rechtmäßigen Alternativverhalten Zugunsten von AN könnte zu berücksichtigen sein, dass möglicherweise ein Teil des Schadens auch entstanden wäre, wenn sie statt der rechtswidrigen Arbeitsverweigerung eine rechtmäßige fristgemäße Kündigung erklärt hätte.Solange AN aber nicht beweist, dass AG auch im Falle einer fristgemäßen Kündigung des Arbeitsverhältnisses den übernommenen Auftrag nicht oder nicht vollständig hätte erfüllen können, schuldet sie den vollen entgangenen Gewinn.

Fortsetzung der Lösung XIV

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Sozialarbeiterin X findet folgenden Stellenaushang:

„Das Jugendamt X, Abteilung Kindernotdienst, sucht zur Verstärkung seines Teams (2w, 1m) für einen ausgeschieden Kollegen noch einen männlichen Sozialarbeiter.“

Frau X bewirbt sich und wird erwartungsgemäß nicht berücksichtigt. Sie fordert vom Jugendamt Schadensersatz in Höhe des entgangenen Verdienstes für die Zeit von 3 Monaten (§§ 280, 252, 311 Absatz 2 BGB sowie §§ 2, 7 und 15 AGG).

Wie ist die Rechtslage ?

Fallbeispiel: Gleichberechtigung

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Der X steht nach § 15 Absatz 1 eine angemessene Entschädigung zu, wenn die Auswahl der Stellenbewerber gegen die §§ 2 und 7 AGG verstieß. Dies ist der Fall, wenn die Arbeitsplatzauschreibung gegen § 2 Nummer 1 AGG verstieß.

Nach den §§ 2 Nummer 1, 7 AGG müssen Stellen grund-sätzlich geschlechtsneutral ausgeschrieben werden, sofern nicht nach § 8 AGG ausnahmsweise die unterschiedliche Be-handlung wegen der auszuzübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Die Stellenbeschreibung lässt vermuten, dass nach dem Konzept der Einrichtung geschlechtsspezifische Sozialarbeit beabsichtigt ist und deshalb das Team beide Geschlechter ausgewogen repräsentieren soll.

Lösung zum Fallbeispiel

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Die Beweislast für die Zulässigkeit der Benachteiligung trägt nach § 22 AGG der Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber müsste also beweisen, dass ein männlicher Kollege die Aufgaben im Jugendnotdienst wesentlich besser erfüllen kann als eine weibliche Kollegin.

Diesen Beweis wird das Jugendamt nicht führen können, weil es einerseits bereits einen Mann im Team gibt und andererseits der Einsatz männlicher Sozialarbeiter zwar nach dem Konzept wünschenswert sein mag, aber zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht „entscheidend und wesentlich“ ist.

Fortsetzung der Lösung

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§ 7 UrheberUrheber ist der Schöpfer des Werkes.

§ 15 Allgemeines(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16),2. das Verbreitungsrecht (§ 17),3. das Ausstellungsrecht (§ 18).(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). …

Auszüge aus dem UrhG

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Abschnitt 5: Rechtsverkehr im Urheberrecht§ 29 Rechtsgeschäfte über das Urheberrecht(1) Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen.(2) Zulässig sind die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31), schuldrechtliche Einwilligungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie die in § 39 geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.

Unterabschnitt 2: Nutzungsrechte§ 31 Einräumung von Nutzungsrechten(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden. ...

Auszüge aus dem UrhG

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§ 43 Urheber in Arbeits- oder DienstverhältnissenDie Vorschriften dieses Unterabschnitts (§§ 31 ff.) sind auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt.

Abschnitt 8: Besondere Bestimmungen für Computerprogramme

§ 69b Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen(1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.(2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.

Auszüge aus dem UrhG

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Lehrerin L gehört dem Islam an. Sie hat in Deutschland eine Lehramtsausbildung zur Hauptschullehrerin absolviert mit den Fächern Deutsch und Gemeinschaftskunde. L ist nicht bereit, ohne Kopftuch zu unterrichten. Als sie ihre Ernennung zur Beamtin beantragt, lehnt das zuständige Oberschulamt ihre Ernennung mit folgender Begründung ab:

Weil sich L weigere, im Unterricht auf das Kopftuch zu verzichten, sei sie ungeeignet. Das islamische Kopftuch sei Ausdruck kultureller Abgrenzung und damit nicht nur religiöses sondern auch politisches Symbol. Es sei deswegen mit der Neutralitätspflicht nicht zu verein-baren, die dem Staat und seinen Beamten obliege. Die mit dem Kopftuch symbolisierte Rolle der Frau in der islamischen Gesellschaft sei mit der vom Grundgesetz geforderten Gleichberechtigung von Männern und Frauen nicht zu vereinbaren.

Ist der Ablehnungsbescheid rechtmäßig, wenn es in dem Bundesland keine gesetzliche Regelung über das Tragen religiöser Symbole an Schulen gibt ?

Fallbeispiel: Islamisches Kopftuch

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Art. 59 Lehrkräfte

...(2) 1 Die Lehrkräfte haben den in Art. 1 und 2 niedergelegten Bildungs- und Erziehungsauftrag sowie die Lehrpläne und Richtlinien für den Unterricht und die Erziehung zu beachten. 2 Sie müssen die verfassungsrechtlichen Grundwerte glaubhaft vermitteln. 3 Äußere Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung ausdrücken, dürfen von Lehrkräften im Unterricht nicht getragen werden, sofern die Symbole oder Kleidungsstücke bei den Schülerinnen und Schülern oder den Eltern auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungs-rechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist. 4 ....

Landesrecht in Bayern

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GG Art 3

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche

Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

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GG Art 4

• (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

• (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.• (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der

Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

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GG Art 6• (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.• (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die

zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

• (3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

• (4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.• (5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für

ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

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GG Art 7(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu

bestimmen.(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen

ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

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GG Art 33(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen

staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und

fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die

Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.

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BGB § 611a(1) Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme,insbesondere bei der

Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.

(2) Verstößt der Arbeitgeber gegen das in Absatz 1 geregelte Benachteiligungsverbot bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, so kann der hierdurch benachteiligte Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen; ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht nicht.

(3) Wäre der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden, so hat der Arbeitgeber eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten zu leisten. Als Monatsverdienst gilt, was dem Bewerber bei regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis hätte begründet werden sollen, an Geld- und Sachbezügen zugestanden hätte. ...


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