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Netzanschlussbedingungen für PV-Anlagen
in DeutschlandDr.-Ing. Bernd Engel
Senior Vice President, SMA Solar Technology AG
PV
P QP Q P
MS-Netz 20 kV
Trafo
0,4 kV Leitung HAS 1
HAS 2
Last 1Last 2
PV
P
3~
=
Netzstation
22.09.2010PV LEGAL – Konferenz des BSW, Berlin
2
Übersicht Vortrag
1. Ausbau der Erneuerbaren Energien im deutschen Elektrizitätsversorgungsnetz
2. Systemdienstleistungen für das Netz
3. BDEW-Richtlinie für das Mittelspannungsnetz
4. FNN-Richtlinie für das Niederspannungsnetz
5. Technische Anschlussbedingungen der Verteilnetzbetreiber
6. Zusammenfassung
1 Ausbau Erneuerbare Energien| 2 Systemdienstleistungen | 3 BDEW MS-RL | 4 FNN NS-RL | 5 TAB der Verteilnetzbetreiber | 6 Zusammenfassung
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Energiepolitische Rahmenbedingungen
> „Historische 20-20-20-20“-Beschlüsse des Europäischen
Rates vom 8./9. März 2007 unter deutschem Vorsitz, um den
Anstieg der globalen Ø-Temperatur auf 2°C zu begrenzen:
Bis 2020…
– Treibhausgase um mind. 20 % gegenüber 1990 reduzieren
– Energieeffizienz um 20 % steigern
– Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamt-
Primärenergieverbrauch von 20 %
> Kabinettsklausur Schloss Meseberg, 23./24. August 2007:
Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm
Ziel: -40% CO2 bis 2020 im Vergleich zu 1990
Darunter: Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) Novelle 2009
„Das Ziel der Bundesregierung ist es, den Anteil der
erneuerbaren Energien im Strombereich von derzeit über 13 %
auf 25-30 % im Jahre 2020 zu erhöhen
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Erneuerbare Energien (EE) in Deutschland 2020: Leitszenario BMU
2 Datenquelle: BMU/Nitsch. Leitstudie 2009
> EE werden einen relevanten Anteil der konventionelle Kraftwerke ersetzen
Jahr 2010 (1.1):
18 % Anteil EE
9 GWp PV
Jahr 2020:
35 % Anteil EE
23 GWp PV
Quelle: Nitsch, Leitszenario 2009, www.bmu.de
Beschluss des
Bundeskabinetts
vom 04.08.2010:
Nationaler Aktions-
plan für 2020 mit
39 % Anteil EE
52 GWp PV
41 TWh = 7 % BSE
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Das leistet Photovoltaik in Deutschland
(http://www.sma.de/de/news-infos/pv-leistung-in-deutschland.html)
1 Ausbau Erneuerbare Energien | 2 Systemdienstleistungen | 3 BDEW MS-RL | 4 FNN NS-RL | 5 TAB der Verteilnetzbetreiber | 6 Zusammenfassung
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Integration der EE in die Struktur der Netze
> Typische Einspeisung PV:
> ca. 85 % NS-Ebene (230 V/400 V)
> ca. 15 % MS-Ebene (10 - 30 kV)
> wenige Anlagen in HS-Ebene (110 kV)
> Zitat Dr. Staschus (GL BDEW) 26.06.2008 in
Erfurt: „Da wird der Stromfluss auf den Kopf
gestellt.“
> Paradigmenwechsel notwendig in elektrischer
Energieversorgung:
> Von Top-Down-Struktur zu fluktuierenden
bidirektionalen Leistungsflüssen
> Verteilnetze müssen zu „Einsammelnetze“
werden.
> Erneuerbare Energien müssen
Systemdienstleistungen erbringen
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Erzeugungsmanagement / Einspeisemanagement
> Rechtliche Basis:
> §6 Abs. 1 EEG 2009 ab 100 kW
> §13/14 EnWG: Gewährleistung
der Netzsicherheit durch den
ÜNB/VNB
> Erzeugungsmanagement als
Überbrückung bis zum
Netzausbau
> Bewährte Abstufung: Begrenzung auf 100%, 60%, 30%, 0% PNENN
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Frequenzabhängige Wirkleistungs-Reduktion
> Reduzierung der Wirkleistungseinspei-
sung in Abhängigkeit von der Frequenz
> im Störungsfall
> bei einem Leistungsüberangebot
> zur Vermeidung von Instabilität
> Anwendungsbeispiel: UCTE-Störung
im November 2006
Quelle: Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz. BDEW, Entwurf Dezember 2007
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Spannungshaltung: Leistungsflussumkehr – ein technisches Problem?
> Ziel: Einhaltung des Spannungskriteriums nach EN 50160 (UN ± 10 %)
> Beispiel: Zur Kompensation des Spannungsfalls entlang der Leitung:
stationäre Verstellung des Übersetzungsverhältnisses am Transformator der Netzstation
PP
20 kV
Trafo
0,4 kV Leitung HAS 1
HAS 2
Last 1Last 2
UL1
Länge
P
1,1 p.u. = 253 V
1,0 p.u. = 230 V
Max. Last (Ohne Spannungsverstellung )
0,9 p.u. = 207 V
Netzstation
Max. Last (Mit Spannungsverstellung)
MS-Netz
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Spannungshaltung: Leistungsflussumkehr – ein technisches Problem?
> Beispiel: Installation PV-Anlage: In den lastarmen Vormittagsstunden kommt es zur
Leistungsflussumkehr. Verletzung Spannungskriterium nach EN 50160
PV
PP P
MS-Netz 20 kV
Trafo
0,4 kV Leitung HAS 1
HAS 2
Last 1Last 2
PV
UL1
Länge
P
3~
~
1,1 p.u. = 253 V
1,0 p.u. = 230 V
Hohe Einspeisung durch
PV bei schwacher Last
Max. Last (mit Spannungstellung)0,9 p.u. = 207 V
Netzstation
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Diagramm der Spannungsanhebung am Netzanschlusspunkt in Abhängigkeit des
Verschiebungsfaktors cos φ.
(Sk“ = 2,5 MVA, Netzimpedanzwinkel Ψk = 30°...60°, PWR = 27 kW = konstant)
Spannungshaltung durch Blindleistungseinspeisung
Ψk
Bei cos φ = 0,95 (ind.)
über 20 % Reduktion der
Spannungsanhebung
cos φ 0,95 untererregtübererregt
Spannungsanhebung am Netzanschlußpunkt ΔU/Un in %
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Spannungshaltung durch Blindleistungseinspeisung
PV
PP P
20 kV
Trafo
0,4 kV Leitung HAS 1
HAS 2
Last 1Last 2
PV
UL1
Länge
P
3~
~
1,1 p.u. = 253 V
1,0 p.u. = 230 V
Hohe Einspeisung durch
PV bei schwacher Last
Max. Last (mit Spannungstellung)0,9 p.u. = 207 V
Netzstation
Q
Q
wie oben, aber mit Bezug
von Blindleistung
MS-Netz
> Beispiel: Durch induktiven/untererregten Betrieb des PV-Wechselrichters
(Aufnahme von Blindleistung) Reduzierung der Spannungsanhebung
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Quelle: Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz. BDEW, Entwurf April 2008
> Neue Netzanschluss-Richtlinien:
Erzeugungsanlagen müssen im Normal-
betrieb Blindleistung bereitstellen
> Netzbetreiber gibt QSoll, cosSoll oder
Kennlinien cos(P),Q(U) vor
> MS-Richtlinie:
Bei Wirkleistungsabgabe Betrieb mit
Verschiebungsfaktor im Bereich
cos = 0,95induktiv bis 0,95kapazitiv
> Entwurf NS-Richtlinie:
Bei Wirkleistungsabgabe Betrieb mit
Verschiebungsfaktor im Bereich
cos = 0,90induktiv bis 0,90kapazitiv
Spannungshaltung durch Blindleistungseinspeisung
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>> Durch Spannungshaltung im Wechselrichter kann die Aufnahmefähigkeit des
NS-Netzes bis zu verdreifacht werden (Quelle: BMU-Projekt PV-EMS)
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Dynamische Netzstützung: Fault Ride Through (FRT)
> Erzeugungsanlagen sollen sich
im Fehlerfall grundsätzlich
nicht vom Netz trennen!
> Gefordertes Verhalten:
> oberhalb Grenzlinie 1:
Stabiler Betrieb
> zwischen Grenzlinie 1 und 2:
Instabilität zulässig
> unterhalb Grenzlinie 2/30 %
UNenn:
Sofortige Trennung zulässig
> Im NS-Netz keine Einspeisung
eines kapazitiven Blindstroms
erwünscht: eingeschränkte
dynamische Netzstützung durch
zeitweises Speeren der Halbleiter
Quelle: Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz. BDEW, Entwurf Dezember 2007
0 150 1.500
100%
70%
Zeit in ms
Zeitpunkt eines Störungseintritts
700
unterer Wert des
Spannungsbandes
3.000
15%
45%
Grenzlinie 1Grenzlinie 2
Unterhalb der blauen
Kennlinie bestehen keine
Anforderungen hinsichtlich
des Verbleibens am Netz.
30%
Grenzkurven Spannungsverlauf
U/Uc
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BDEW-Richtlinie „Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“ (1)
> Bearbeitet von Netzbetreibern im BDEW
(Bundesverband d. Energie- und Wasserwirtschaft)
> Bei Konsultationen mit Windindustrie war PV-
Industrie nur Juniorpartner
> Gültig ab 1.1.2009
> Übergangsregelungen in zwei Ergänzungen
> Zertifizierungspflicht für Einheiten (z.B. PV-
Wechselrichter) und Anlagen (> 1 MVA oder > 2
km vom Verknüpfungspunkt)
> Prüfung, Modellierung und Zertifizierung nach
Technischen Richtlinien (TR 3, TR 4, TR 8) der
Fördergemeinschaft Windenergie und andere EE
> Netz-Systemdienstleistungen werden bei
Windenergie mit Bonus von 0,7ct/kWh vergütet
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BDEW-Richtlinie „Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“ (2)
> Fordert erstmals Kraftwerkeigenschaften im
Verteilnetz
• Einspeisemanagement und frequenz-
abhängige Wirkleistungsreduzierung
• Statische Spannungshaltung (Blindleistung)
• Dynamische Netzstützung
> Kaum Zertifizierungskapazitäten für PV-Industrie
wg. SDL-Bonus für Windenergie, so dass auch 2.
Verlängerung mit Termin 1.4.2011 (Inbetriebnahme)
dramatischen Flaschenhals bilden (für ca. 15 %
des deutschen Marktes)
> Bitten nach Verlängerung werden nicht konstruktiv
beantwortet:
„Was können die VNB dafür, dass die Industrie und
die Zertifizierer die Sache verschlafen haben?“
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FNN-Richtlinie „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ (1)
> Der BDEW sollte als Lobbyverband keine
technische Regelsetzung mehr betreiben, deshalb
Gründung des Forums Netztechnik Netzbetrieb
(FNN) unter dem Dach des VDE
> Erste Netzanschlussbedingung des FNN
> Zum Teil heftiger Umstellungsprozess bei einigen
Netzbetreibern bezüglich der Arbeitsweise bei der
technischen Regelsetzung im VDE
> Erst nach Eskalation bei VDE-Leitung und zwei
Workshops unter Leitung externen Moderatoren
konstruktive Findung von sinnvollen Kompromissen
> Entwurf veröffentlicht Juli 2010
> Nach Beratung der Einsprüche Inkrafttreten
voraussichtlich zum 1.1.2011 mit Übergangsfristen
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FNN-Richtlinie „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ (2)
> Paradigmenwechsel jetzt auch im NS-Netz:
• Einspeisemanagement und frequenz-
abhängige Wirkleistungsreduzierung
• Spannungshaltung (Blindleistung)
• Ab 13,8 kVA ab 1.7.2011
• Ab 3,68 kVA ab 1.1.2012
> Einphasige PV-Anlagen nur noch bis 4,6 kVA
(vorher 5 kVA, 10 min-Mittelwert)
> Netz- und Anlagenschutz ersetzt jederzeit
zugängliche Freischaltstellen ab 30 kVA
> Prüfrichtlinie und Einheitenzertifizierung noch nicht
abschließend geklärt
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Technische Anschlussbedingungen der Verteilnetzbetreiber
> BDEW- und FNN-Richtlinie nur
„Mindestanforderungen“
> Es gibt in Deutschland ca. 900 Verteilnetzbetreiber
(VNB), die noch eigene Technische Anschluss-
bedingungen (TAB) haben
> Zum Teil kommt es dort zu abenteuerlichen
Richtlinien-Interpretationen
> Es gibt keine Clearing-Stelle, die für eine schnelle
Klärung von strittigen technischen Fragen sorgt
> Kaum ein Installateur oder Endkunde wird sich wg.
einer 8 kWp-Anlage mit dem VNB anlegen
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Zusammenfassung
> Die PV-Industrie bekennt sich zu ihrer Verantwortung für den
sicheren Betrieb der Netze
> Die neuen Richtlinien für Mittel- und Niederspannung stellen
einen Paradigmenwechsel dar: „von einer möglichst wenig
störenden, primitiven Quelle zum dezentralen Erzeuger, der
über Systemdienstleistungen konventionelle Kraftwerke
teilweise ersetzen kann.“
> Die Übergangsfristen müssen ehrgeizig, aber erfüllbar sein.
> Einen Flaschenhals bei der Einheiten- und
Anlagenzertifizierung darf es nicht geben!
> Mit den neuen Richtlinien wird es möglich sein,
deutlich mehr Photovoltaik ins Netz zu integrieren –
ohne teuren Netzausbau!
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> Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
> Ich freue mich auf Ihre Fragen
Dr. Bernd Engel
Senior Vice President Technology
SMA Solar Technology AG
Sonnenallee 1, D-34266 Niestetal
Tel.: 0561/9522-4128
Bernd.Engel@SMA.de
www.SMA.de
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