Post on 06-Apr-2015
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Spezielle Pflege in der Palliativmedizin
- Dyspnoe -
Ringvorlesung OWL 2008 – 2009
Pädiatrische Palliativversorgung
15. Oktober 2008
Bielefeld
Dörte Garske und Andrea Menke
Vodafone Stiftungsinstitut für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin
Vestische Kinder und Jugendklinik, Datteln
Bedeutung des Atems
Der Atem kann uns nicht nur als Spiegel unserer Emotionen dienen, sondern uns helfen, angestaute Emotionen frei zu setzten und Blockaden zu lösen.
Bei Zorn und Wut atmen wir eher flach ein, atmen heftig und stoßweise aus, verbunden mit Verspannungen des gesamten Körpers, besonders Brust, Hände, Nacken und Kiefer.
Haben wir Angst oder sind von Furcht ergriffen, wird unser Atem eher flach, rasch und unregelmäßig.
Bedeutung des Atems
Bei Sorgen empfinden wir ein Gefühl der Leere im Bauch und die Atmung wird oberflächlich.
Ungeduld kann sich, begleitet von Spannungsgefühl im Brustkorb, in kurzen, stoßartigen und unkoordinierter Atmung äußern.
Bei Schuld und Scham kämpfen wir eher mit schwerem Atmen und die Kehle fühlt sich wie zugeschnürt.
Schmerz empfindende Menschen haben eher eine schnelle und oberflächliche Atmung, teils auch eine unregelmäßige.
Definition der Dyspnoe (Atemnot)
Dyspnoe ist das subjektive Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen
Dyspnoe ist ein komplexes, multidimensionales Symptom
Kofaktoren sind oft- Angst
- Schwäche
- Müdigkeit
- Depression
- Appetitlosigkeit
- Schmerz
Klinische Zeichen
Sichtbare Zeichen- Einziehungen- Nasenflügeln- Stridor- Tachypnoe/ Bradypnoe- Etc
Subjektiv empfundene Atemnot- Korreliert häufig nicht mit sichtbaren Zeichen- Geht oft mit Wesensveränderung des Kindes einher
- Ängstlichkeit- Weinerlichkeit- Schlafstörung- Spielstörung- Essstörung
Therapie
Ursachenforschung und kausale Therapie
Kofaktoren beachten und angehen
Psychosoziale Aspekte
Atemnot ist beängstigend – Angst kann Atemnot auslösen
Übertragung – Atemnot überträgt sich auf die Angehörigen, die unbewusst schneller atmen
Todesangst – Angst zu ersticken (Physiologie, Symptomkontrolle erklären)
Verstärkend wirkt: Unruhe
Ursachenforschung und kausale Therapie
Infektion Trachealobstruktion Pleuraerguss Bronchiale Obstruktion Bronchiale oder pulmonale Metastasen Lungenödem Verlust der Schutzreflexe und Sekretstau oder zäher Schleim Anämie Lungenembolie Zentral bedingte erniedrigte Atemfrequenz Perikarderguss Aszites
Medikamentöse Therapie
Opioide- Als Monotherapie am besten geeignet
- Vermindern das Gefühl der Atemnot, - Verringern den Atemantrieb, erhöhen die Akzeptanz der
Hyperkapnie- Reduzieren den Sauerstoffverbrauch
Benzodiazepine- Zur Anxiolyse
- Midazolam (z.B. Dormicum®)- Lorazepam (z.B. Tavor)
Steroide- Abschwellend und antiobstruktiv
Ggf Inhalation mit NaCl,Sultanol und Atrovent Ggf Sauerstoff
Nichtmedikamentöse Therapie
Vermittlung von Ruhe und Sicherheit Bekämpfung der Angst Verbesserung der Luftzirkulation Ventilator Erhöhung der Luftfeuchtigkeit Absenkung der Zimmertemperatur Krankengymnastik Hypnose Atemübungen, Relaxations- und Bewältigungsstrategien Inhalationen CPAP Beatmung Musiktherapie ASE (Atemstimulierende Einreibung) Lagerung
Lagerungen
Oberkörperhochlagerung Seitenlagerung
Halbmondlagerung Dehnlagerung
Lagerungen
V- Lagerung T-Lagerung
Ursachenforschung und kausale Therapie
Infektion Trachealobstruktion Pleuraerguss Bronchiale Obstruktion Bronchiale oder pulmonale Metastasen Lungenödem Verlust der Schutzreflexe und Sekretstau oder zäher Schleim Anämie Lungenembolie Zentral bedingte erniedrigte Atemfrequenz Perikarderguss Aszites
Cough Assist (Hustenassistent)
In- und Exsufflator für Klinik und Heimbetrieb Firma Heinen-Löwenstein
Bestandteile des Cough Assist
Gehäuse Vorderseite mit Einstellknöpfen und Manometer,
Patientenanschluss und Ein/Ausschalter Rückseite mit Netzkabelsteckbuchse mit Kabelwicklung und
Atemschlauchhalterung Kein AKKU Einmalschlauchsystem mit integriertem Filter, Adapter und
verschieden großen Masken Für die Pädiatrie gibt es individuelle Systemmodule Abnehmbarer fünfarmiger Rollenständer Bedienungsanleitung
Prinzip des Cough Assist
Imitation des Hustenvorgangs
Durch einen invasiven Inspirationsdruck wird die Lunge leicht gebläht
Durch einen Unterdruck wird die Luft und das Sekret aus der Lunge gesaugt
Therapie kann per Maske oder über eine Kanüle bei
Tracheostoma erfolgen
Parametereinstellung
Erfolgt immer von einem in Beatmung erfahrenen Arzt Individuelle Anpassung der Frequenz, der
Zeiteinstellungen der Inspiration / Expiration und der Pause
Druck und Sog nach cm H2O werden vorgegeben
In der Pädiatrie wird ausschließlich der Niedrig-Flow genutzt
Manueller oder automatischer Betriebsmodus richtet sich nach dem Handling in der Praxis
Alle Parameter werden dokumentiert und nach zwei Tagen Symptomkontrolle ggf. noch mal angepasst
Beispiel Parametereinstellung
10jähriger Junge mit rezidivierenden Pneumonien bei schwerer globaler Entwicklungsverzögerung mit spastischer Tetraparese und muskulärer Rumphhypotonie
- Betriebsmodus: Automatisch
- Inhale: 0,8 l/sec
- Exhale: 1,0 l/sec
- Pause: 1,0 sec
- Flow: Klein
- Inspirationsdruck: 20 cm H2O
- Expirationssog: 22 cm H2O
Indikationen zur Therapie
Alle Erkrankungen, bei denen durch Schwäche bedingt nur unzureichend abgehustet werden kann
z. B. Muskeldysthropie
Stoffwechselerkrankungen
z. B. Mucoviszidose
Rezidivierende Pneumonien bedingt durch zähen Schleim
Vorbereitung zur Therapie
Das Kind entsprechend auf die Therapie vorbereiten Gewöhnung an die Maske Die letzte Mahlzeit sollte drei Stunden zurückliegen Vor der Therapie sollten verordnete Inhalationen
erfolgen Eine anschließende Atemtherapie begünstigt eine
erfolgreiche Hustentherapie Angesammeltes Sekret im Nasen-/Rachenraum muss
vorher abgesaugt werden, damit durch den invasiven Druck in der Inspiration keine Aspiration erfolgt
Sinnvolle Anwendung: Morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem zu Bett gehen
Optimal ist eine dreimalige Anwendung am Tag und zusätzlich nach Bedarf
Durchführung
Vor jeder Anwendung Überprüfung der Parameter Wenn möglich sollte die Inspiration des Gerätes mit der
Inspiration des Kindes synchronisiert werden Eingeleitet wird jedes Intervall in der Nullposition, also nicht
während einer Inspiration oder Expiration Nach fünfmaligem Intervall des Gerätes pausieren und evtl.
absaugen Nach Stabilisierung des Kindes den Vorgang bis zu dreimal
insgesamt wiederholen Sollte vor Beendigung der drei Hustenvorgänge kein Sekret
mehr hörbar oder fühlbar sein, kann das Husten vorzeitig beendet werden
Beurteilung der Sekretolyse (Beschaffenheit und Beimengungen)
Dokumentation
Dokumentation
Kontrolle der Parametereinstellung Datum/Uhrzeit Beurteilung der Lunge vor dem Husten Beurteilung der Lunge nach dem Husten Beurteilung des Sekrets (Beschaffenheit und
Beimengungen) Inspektion der Mundhöhle
Risiken beim Husten mit dem Cough-Assist
Durch den invasiven Druck könnte es zum Pneumothorax oder einer Überblähung der Lunge kommen
Durch den Sog könnten Atelektasen gesetzt werden
Durch den Sog könnte es zu Blutungen der Schleimhaut kommen
Vermeidung der Risiken
Anwendung nur von geschultem Fachpersonal
Kontrolle der Einstellungsparameter vor jedem Hustenvorgang unabdingbar
Parameter dürfen nicht selbstständig verstellt werden, nur von einem Arzt
Bei Auffälligkeiten Rücksprache mit einem erfahrenen Arzt halten
Hygienevorschriften
Gehäuse regelmäßig mit Seifenlauge reinigen
Schlauchsystem mit integriertem Filter (Einmalmaterial) pro Woche erneuern
Gänsegurgel und Maske (Mehrwegmaterial) sind täglich mit Lauge zu reinigen und dann gut trocknen zu lassen, am Besten über Nacht
In der Klinik müssen die Maske und die Gurgel desinfiziert werden
Fallbeispiel
10jähriger Junge mit rezidivierenden Pneumonien bei schwerer globaler Entwicklungsverzögerung mit spastischer Tetraparese und muskulärer Rumphhypotonie
Wiederholte stationäre Aufnahmen notwendig (ca alle 2 Monate) zur Therapie der rezidivierenden Pneumonien
Einführung der Therapie mit dem Cough Assist im stationären setting
Einsatz regelmäßig 2 x tgl zuhause, bei Bedarf auch öfter Durchführung ausschließlich durch geschultes
Pflegepersonal Seit ½ Jahr keine Pneumonie mehr
Therapie der Kofaktoren
Angst Schwäche Schmerz
Müdigkeit Depression Appetitlosigkeit
Atemstimulierende Einreibung (ASE)
Ist eine rhythmische, mit unterschiedlichem Händedruck arbeitende Einreibung zur Atemtherapie des hinteren oder vorderen Brustkorbs
Sie vermittelt- Nähe
- Orientierung über den eigenen Atem
- Informationen über den eigenen Körper
- Zeit zum Luftholen
- Möglichkeit tief durchzuatmen
- Kommunikation auf nonverbaler Ebene
Atemstimulierende Einreibung (ASE)
Indikation- Durch Schmerzen hervorgerufene Schonatmung- Beschleunigte oder verlangsamte Atmung- Psychomotorische Unruhe- und Erregungszustände
Kontraindikation- Entzündliche Hautveränderungen
- Wunden - Kontrakturen
Ziel- Bewusstes Atmen- Verdeutlichung des Atemrhythmus und Beeinflussung der
Atemfrequenz und –tiefe- Vorbeugend gegen Atelektasen und Pneumonien- Körperliche und psychische Entspannung
Vorbereitung der ASE
Zimmertemperatur anpassen Einreibungsöl bereitstellen Kind in sitzende Position bringen, mit Stützmöglichkeit
vor der Brust Alternativ Rückenlage oder 135° Seitenlage Sonst in Seitenlage, für jede Lungenhälfte extra
Durchführung der ASE (1)
Einreibungsöl auf den gesamten Rücken, vom Nacken bis zum Steiß unter Einbeziehung der Thoraxseiten auftragen
Während des gesamten Vorgangs bleibt eine Hand stets am Rücken des Kindes (versetzter Handwechsel)
Beide Hände ganzflächig geschlossen am Nacken direkt rechts und links neben der Wirbelsäule auflegen
Atmung des Kindes wahrnehmen Bei der Ausatmung führt die Bewegung der Hände ein paar
Zentimeter entlang der Wirbelsäule mit leichtem Druck nach unten, dann seitwärts in Richtung Brustkorb
Während der Einatmung die Hände mit deutlich geringerem Druck in kreisender Bewegung zur Wirbelsäule zurückführen
Durch Druckveränderungen werden Impulse an den Nervenaustrittsstellen rechts und links der Wirbelsäule gegeben
Durchführung der ASE (2)
Vorgang leicht nach unten versetzt bis zum unteren Rippenbogen wiederholen (überlappende Kreisbewegungen)
Der Halbkreis während der Ausatmungsphase dauert länger als der in der Einatmungsphase (ca 2x so lang)
Gesamte Einreibung ca 5 x wiederholen Zunächst Atemrhythmus des Kindes übernehmen, im Verlauf
dann schneller bzw. langsamer einreiben, das Kind übernimmt den Rhythmus für seine Atmung
Zum Abschluss den gesamten Rücken von oben nach unten ausstreichen
Patienten ankleiden und in bequeme Position bringen Anschließend Zimmertemperatur wieder anpassen, evtl. lüften
Rasselatmung - Antisekretorische Therapie
Substanz Applikation Dosierung / Tag
Glycopyrronium(Robinul®)
s.c., i.v. 3-4 x 0,004 – 0,008mg/kg KG0,01-0,04 mg/kg KG/d als s.c.
DauerinfusionGlycopyrronium*Tabletten
p.o. 3-4 x 0,04-0,1 mg/kg KG
Scopolamin-Pflaster 1,5 mg(Scopoderm TTS
Membranpflaster®)
Transdermal 2-3 Jahre ¼ Pflaster – 72h3-9 Jahre ½ Pflaster – 72h> 10 Jahre 1 Pflaster – 72h(Pflaster kann zerschnitten
werden)Scopolamin* (Scopolamine Hydrobromide ®)
s.c., i.v. 3 x 0,01mg/kg KG0,04 – 0,06mg/kg KG/d als s.c.
DauerinfusionButylscopolamin(Buscopan® )
s.c., i.v. 0,3 – 0,6 mg/kg KG/EDTagesdosis: 1,5 mg/kg KG
* nur über internationale Apotheke
Morphin s.c./i.v. (0,05-0,1mg/kg KG) (rektal, buccal)
Midazolam s.c./i.v. (0,05-0,2 (0,4)mg/kg KG Max. ED 2,5mg (nasal)
Fentanyl buccal Lorazepam s.l.
Atemnot, Notsituation in der Finalphase( Medikamentöse Behandlung ohne Sonde oder Katheter)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit