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Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 2. Dezember 1975 in Sachen Deutsche Bank Frankfurt/Main...

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Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 2. Dezember 1975 in Sachen Deutsche Bank Frankfurt/Main gegen Central Bank of Nigeria Source: Archiv des Völkerrechts, 17. Bd., 3./4. H. (1978), pp. 448-454 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40797744 . Accessed: 17/06/2014 19:26 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.229.212 on Tue, 17 Jun 2014 19:26:47 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 2. Dezember 1975 in Sachen Deutsche Bank Frankfurt/Main gegen Central Bank of Nigeria

Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 2. Dezember 1975 in Sachen Deutsche BankFrankfurt/Main gegen Central Bank of NigeriaSource: Archiv des Völkerrechts, 17. Bd., 3./4. H. (1978), pp. 448-454Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40797744 .

Accessed: 17/06/2014 19:26

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ENTSCHEIDUNGEN

Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 2. Dezember 1975

in Sachen Deutsche Bank Frankfurt/Main gegen Central Bank of Nigeria *)

Ausländische Staaten sind von der inländischen Gerichtsbarkeit gemäß § 20 Ge- richtsverfassungsgesetz nicht ausgenommen, sofern sie wegen einer nicht-hoheit- lichen Betätigung in Anspruch genommen werden. Die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit kann nicht danach vorgenommen werden, ob diese Betätigung in Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben steht, insbesondere eine juristische Person im Staatseigentum als Behörde des Staates in Erfüllung öffentlichrechtlicher Aufgaben handelt. Die Qualifikation der Staats- tätigkeit richtet sich nach dem nationalen Recht der Entscheidungsinstanz. Der von einem Staat wegen seiner Betätigung aus dem Kernbereich der Staatsgewalt be- gehrten Immunitätsgewährung für Folgen aus dem Abschluß eines Kaufvertrages kann auch dann nicht entsprochen werden, wenn dies nach der fremdländischen

Rechtsauffassung anders zu beurteilen wäre.

Aus dem Tatbestand:

Nach Verhandlungen mit Beauftragten der Antragstellerin schloß das Verteidi- gungsministerium der Republik Nigeria am 12. 2. 1975 einen schriftlichen Vertrag über die Lieferung von 240 000 t Zement nach Nigeria zum Preis von 59,95 US-$ pro Tonne, d. h. zu einem Gesamtpreis von 14 388 000 US-$ zuzüglich Überliege- gelder (demurrage costs). Der Vertrag sah vor, daß zugunsten des Verkäufers ein unwiderrufliches, übertragbares, teilbares und bestätigtes Akkreditiv eröffnet wurde. Die erforderliche Devisengenehmigung wurde von dem Federal Ministry of Finance, Exchange Control Division, Lagos, erteilt.

Am 11. 3. 1975 eröffnete die Antragsgegnerin zugunsten des Verkäufers ein un- widerrufliches Dokumentenakkreditiv, das in Österreich beziehungsweise bei der Bank der Antragstellerin, Creditanstalt-Bankverein, Wien, zahlbar sein sollte. Das Akkreditiv verweist am Ende auf die einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive in der Fassung von 1962 (Broschüre 222 der Internatio-

* Auszugsweiser Abdruck nach: Ausfertigung der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Main, Geschäfts-Nr. 3/8 ο 186/75. - Das Urteil ist nur insoweit wiedergegeben, wie es die Zulässigkeit des Rechtsweges betrifft. - Gleich- artige Urteile sind ergangen vom United Kingdom Court of Appeal in Sachen Trendtex Trading Corporation v. Central Bank of Nigeria sowie vom United States District Court New York in Sachen National American Corporation v. Federal Republic of Nigeria and Central Bank of Nigeria vom 13. Oktober 1976 und 8. Februar 1977 vgl. International Legal Materials Vol. XVI, No. 3 (May 1977) S. 471 ff. und S. 505 ff.

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Entscheidungen 449

nalen Handelskammer). In einer Anlage zu diesem Akkreditiv heißt es, daß zu- sätzlich zu dem bezifferten Kaufpreis Liegegeld »without any limit« bei Vorlage der aufgeführten Dokumente zu zahlen sei. Danach heißt es gleichlautend wie in dem Kaufvertrag vom 12. 2. 1975 in englischer Sprache und in der von der An- tragsgegnerin dem Gericht vorgelegten Übersetzung: »Die Abladung jeder Zement- lieferung soll innerhalb von 10 Tagen erfolgen, wenn die entsprechende Lieferung 10 000 metrische Tonnen ausmacht oder einen anteilmäßig entsprechenden Zeit- raum bei größerer oder geringerer Lieferung. Nach Ablauf dieses Zeitraums (der mit Anfang des nächsten Arbeitstages beginnt, nachdem der Kapitän dem obersten Hafenmeister die Abladebereitschaft gemeldet hat, gleichgültig, ob das Schiff an- gelegt hat oder nicht) geht Liegegeld, das 4100 US-$ pro Tag nicht übersteigt (»not exceeding US-$ 4100 per diem«), zu Lasten des Käufers, vorausgesetzt, daß der Verkäufer den Käufer ordnungsgemäß von der Ankunft einer jeden Schiffs- ladung in Lagos/ Apapa informiert hat«.

In dem Begleitschreiben der Antragsgegnerin an die Deutsche Bank AG in Frankfurt am Main vom 11. 3. 1975 heißt es: »In consideration of your opening the credit, please debit our account and advise accordingly with the amounts of payments effected thereunder with your commission and charges on receipt of relevant documents«.

Die Deutsche Bank teilte danach der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25. 3. 1975 mit, daß sie den Gegenwert des jeweiligen Akkreditivbetrages dem bei ihr geführten DM-Konto der Antragsgegnerin belasten werde. Mit Schreiben der An- tragsgegnerin vom 14. 4. 1975 an die Deutsche Bank wurden die Akkreditivbe- dingungen u. a. dahin geändert, daß auch Teilzahlungen von Überliegegeldern gegen Vorlage der aufgestellten Zeitabrechnungen erlaubt sein sollten. Mit Schreiben vom 25. 4. 1975 teilte die Deutsche Bank mit, daß das Akkreditiv in Frankfurt/M. zahlbar sei bis zum 26. 10. 1976. Schließlich teilte die Deutsche Bank mit Schreiben vom 6. 6. 1975 »Nada« mit, daß sie ermächtigt sei, bei Vor- lage akkreditivgemäßer Dokumente zu zahlen. In den angeführten Schreiben der Antragsgegnerin und der Deutschen Bank wurde jeweils die in dem Kaufvertrag und in dem Akkreditiv vom 11. 3. 1975 für den Verkäufer beziehungsweise Begün- stigten angegebene Adresse verwendet. In der Folgezeit wurde das Akkreditiv in der Weise abgewickelt, daß die Antragstellerin die Dokumente der Creditanstalt einreichte, diese sie an die Deutsche Bank in Frankfurt am Main sandte und die Deutsche Bank die Dokumente prüfte und anschließend den jeweiligen Betrag von der European-American Bank, Bank and Trust Company New York an die Cre- ditanstalt überweisen ließ. Die Antragstellerin lieferte mit 17 Schiffen, die in der Zeit vom 27. 4. bis 1. 9. 1975 in Lagos eintrafen, fast 140000 t Zement. Der Kaufpreis für diese Teilmenge wurde gegen Vorlage der Dokumente gezahlt. Au- ßerdem wurden die von der Antragstellerin für die Zeit bis zum 10. 9. 1975 er- rechneten Überliegegelder in Höhe von 4100 US-$ pro Tag und pro Schiff gegen Vorlage ihrer Überliegezeitenaufstellungen gezahlt.

Wegen einer inzwischen eingetretenen stärkeren Verstopfung des Hafens von Lagos erließ nach der Regierungsübernahme durch die neue Militärverwaltung am 29. 7. 1975 das nigerianische Transportministerium am 9. 8. 1975 Vorschriften, wonach die Lieferanten bzw. Verfrachter die nigerianischen Hafenbehörden min- destens 2 Monate vor der Abfahrt von Schiffen nach Nigeria unter Angabe zahl- reicher Einzelheiten unterrichten und die Hafenbehörden die Verschiffung geneh- migen oder andere Daten festlegen sollten. In der Bekanntmachung heißt es, daß die Schiffe derjenigen Schiffahrtsgesellschaften und -agenten, die sich nicht an diese Vorschriften hielten, nicht abgefertigt würden. Die Antragstellerin wurde hiervon durch Fernschreiben des nigerianischen Verteidigungsministeriums vom 26. 8. 1975

29 ArchVR 17, 3/4

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450 Entscheidungen

unterrichtet. Sie protestierte mit Schreiben vom 30. 8. 1975 und bat, mindestens für 3 ihrer Schiffe, die gerade beladen würden, die Genehmigung zum Auslaufen zu erteilen. Außerdem bat sie das Verteidigungsministerium mit Schreiben vom 1. 9. 1975, die Antragsgegnerin aufzufordern, die Akkreditivfrist bis zum 30. 6. 1977 zu verlängern. Das Verteidigungsministerium lehnte mit Schreiben vom 2. 9. 1975 und Telegramm vom 8. 9. 1975 die erbetene Genehmigung ab und teilte mit, daß die Angelegenheiten geprüft würden, sobald der gegenwärtige Vertrag in Kürze neu verhandelt werde. Auf die Bitte der Antragstellerin mit Schreiben an das Transportministerium vom 4. 9. 1975 um Zustimmung zur Befrachtung weiterer 9 Schiffe unter Einhaltung der gewünschten Zweimonatsfrist teilte ihr der Vorsit- zende des Ausschusses für den Betrieb des Hafens von Lagos mit, daß bis auf wei- teres keine Verschiffungen vorgenommen werden dürften. Am 17. 9. 1975 erhielt die Antragstellerin ein Fernschreiben des nigerianischen Verteidigungsministeriums, in dem es heißt, daß nach dem 8. 9. 1975 mit Zement beladenen Schiffen das An- liegen und Löschen verweigert werde und daß Schiffen, die nach diesem Datum einträfen, der Zugang zu den nigerianischen Hoheitsgewässern notfalls mit Gewalt verwehrt werden werde.

Mit Fernschreiben vom 23. 9. 1975 unterrichtete die Deutsche Bank die Credit- anstalt, daß die Antragsgegnerin Überliegegeldzahlungen gegen die Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente eingestellt habe und solche Zahlungen nur noch leiste, wenn die Dokumente zuvor zur Zahlung von der Antragsgegnerin freigegeben worden seien. Mit Schreiben vom 24. 9. 1975 teilte die Deutsche Bank mit, die An- tragsgegnerin habe die Bedingungen des Akkreditives dahin geändert, daß die vor- geschriebenen Dokumente für Liegegeldzahlungen durch die Antragsgegnerin mit- tels schriftlichen Vermerkes freigegeben werden müßten. Die Antragstellerin pro- testierte hiergegen mit Schreiben vom 25. 9. 1975 und bat, die Deutsche Bank bis spätestens 30. 9. 1975 anzuweisen, Zahlungen entsprechend dem Dokumentenak- kreditiv vorzunehmen. Am 2. 10. 1975 reichte die Deutsche Bank die von der Cre- ditanstalt eingereichten Dokumente für Liegegeldzahlungen im Betrage von 52 445,83 US-$, von 689 227 US-$ und von 266 500 US-$ an die Creditanstalt zu- rück. Bei einer Besprechung zwischen dem Vertreter der Antragstellerin und Ver- tretern der Antragsgegnerin und des Verteidigungsministeriums in Lagos am 8. 10. 1975 lehnte es die Antragsgegnerin ab, die mitgebrachten Dokumente zu bestätigen.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, ihr stehe gegen die Antragsgegnerin auf- grund des Akkreditives eine Forderung von 2 157 578,79 US-$ wegen des für die Zeit bis zum 17. 10. 1975 fällig gewordenen Liegegeldes und für künftig noch ent- stehendes Liegegeld für die 10 noch nicht entladenen Schiffe bei einer zu erwarten- den Gesamtliegezeit von mindestens durchschnittlich 350 Tagen ein weiterer An- spruch in Höhe von 10 362 700 US-$ zu. Ferner stehe ihr gegen die Antragsgeg- nerin ein Ersatzanspruch in Höhe von 920 000 US-$ und von 1 500 000 US-$ sowie ein Anspruch auf Freigabe einer Lieferungsgarantie von noch 179 800 US-$ zu, weil sie für 4 Schiffe, die sie nicht mehr habe umdisponieren können, voraus- sichtlich die erstgenannte Summe für Fehlfracht zahlen müsse und ihr durch den nur mit einem erheblichen Verlust von voraussichtlich 15 US-$ je Tonne mögli- chen Weiterverkauf des noch nicht gelieferten Zementes ein Verlust von 1,5 Millio- nen US-$ entstehen werde.

Die Antragsgegnerin . . . trägt vor: Die deutsche Gerichtsbarkeit sei für den vor- liegenden Rechtsstreit nicht gegeben, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichtes in Übereinstimmung mit den meisten obersten Gerichtshöfen ande- rer Staaten dem ausländischen Staat unbeschränkte Immunität zustehe und die Exemtion hinsichtlich der hoheitlichen Betätigung auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 30. 4. 1973 anerkannt worden sei. Die in dieser

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Entscheidungen 4jï

Entscheidung bejahte eingeschränkte Staatsimmunität betreffe nur eine Auseinan- dersetzung mit einem inländischen Bezug, so daß im vorliegenden Fall mangels jeglichen Anknüpfungspunktes zu Deutschland die unbeschränkte Immunität auch für eine nicht - hoheitliche Betätigung anzuerkennen sei. Sie - die Antragsgegnerin - sei zwar eine durch Gesetz errichtete juristische Person des öffentlichen Rechts, aber in Anbetracht der deutschen Gerichtsbarkeit dem Staate Nigeria gleichzuset- zen, denn sie habe in der vorliegenden Angelegenheit nicht in ihrer Eigenschaft als eigenständige juristische Person, sondern als Behörde (agency) des Staates gehan- delt und hoheitliche Staatsfunktionen wahrgenommen. Für die Qualifikation ihrer Tätigkeit als hoheitlich oder nicht-hoheitlich sei ausschließlich nigerianisches Recht maßgeblich, das auf den Prinzipien des englischen common law basiere. Es gebe daher im nigerianischen Recht keine genaue Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Tätigkeit, sondern es gelte die klassische englische Doktrin der Einheitlichkeit des Staatshandelns. Selbst bei strikter Unterscheidung wäre die Beschaffung von Baumaterialien für die Errichtung von Militäranlagen und ihre Mitwirkung an der Durchführung des Vertrages dem hoheitlichen Handeln zuzu- rechnen. Die Immunität erstrecke sich sachlich auch auf die Staatsmittel, die hoheit- lichen Zwecken, u. a. zur Bezahlung der für militärische Zwecke bestimmten Ze- mentlieferungen vorgesehen seien und daher dem Zugriff der Antragstellerin ent- zogen seien.

Die deutschen Gerichte seien international auch nicht zuständig. Die Vorschrift für den Gerichtsstand des Vermöges finde sich in fast keinem anderen Land der Welt, so daß auch üblicherweise deutsche Urteile aufgrund dieses Gerichtsstandes von der internationalen Anerkennung ausgenommen seien. Diese Vorschrift sei daher besonders eng auszulegen und könne nur dem Schutz von Inländern dienen, nicht aber die ausländische Antragstellerin ohne Inlandsbezug begünstigen, insbe- sondere nicht ihr gegenüber als Behörde eines ausländischen Staates.

Die Antragstellerin . . . trägt vor: Die Antragsgegnerin genieße in der Bundes- republik Deutschland schon deshalb keine Immunität, weil sie nicht Teil des Staates Nigeria, sondern nach dem Zentralbankgesetz von 1958 eine selbständige juristi- sche Person in diesem Staate sei, auf die sich nach allgemeinem Völkerrecht die Staatsimmunität auch dann nicht erstrecke, wenn sie hoheitliche Funktionen wahr- nehme. Selbst wenn der Antragsgegnerin die Immunität eines ausländischen Staa- tes gebühre, stünde dies der Durchsetzung des Arrestbegehrens nicht entgegen. Die von ihr geltend gemachten Ansprüche beruhten nicht auf einer hoheitlichen Betäti- gung der Antragsgegnerin, sondern auf deren privatrechtlichem Handeln in Erfül- lung der von dem Verteidigungsministerium in dem Kaufvertrag vom 12. 2. 1975 übernommenen Verpflichtung zur Eröffnung eines Akkreditives zu ihren Gunsten. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes sei es geltendes deutsches Recht, daß einem ausländischen Staat in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betäti- gung keine Freiheit von deutscher Gerichtsgewalt zukomme. Für die Unterschei- dung zwischen hoheitliche und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit sei die Natur der staatlichen Handlung und nicht deren Zweck maßgebend, wobei die Qualifikation grundsätzlich nach nationalen, d. h. hier deutschem Recht vorzunehmen sei. Die Lehre von der beschränkten Immunität ausländischer Staaten gelte auch in den Fällen, in denen es an Bezugspunkten zu Deutschland fehle. Hier seien zudem aus- reichende Bezugspunkte durch das in der Bundesrepublik zahlbare und deutschem Recht unterliegende Akkreditiv sowie durch das hiesige Vermögen der Antrags- gegnern gegeben. Ebenso sei die örtliche und damit auch die internationale Zustän- digkeit des angerufenen Gerichtes aufgrund des normierten Gerichtsstandes des Vermögens gegeben.

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452 Entscheidungen

Aus den Ε η t s ehe i d un gs gr ü η de η :

Die deutsche Gerichtsbarkeit ... ist gegeben. Die Antragstellerin ist entgegen ihrer Rechtsauffassung von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht befreit.

Nach § 20 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erstreckt sich die deutsche Gerichts- barkeit nicht auf Personen, die nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechtes oder aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Diese Voraussetzungen für eine Exemtion sind im vorliegen- den Fall nicht gegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin auf- grund der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben hoheitliche Funktionen wahr- nimmt und als juristische Person im Staatseigentum nach nigerianischer Rechtsauf- fassung zugleich oder gar ausschließlich als Behörde des Staates in Erfüllung öffent- lich-rechtlicher Aufgaben handelt. Die Antragstellerin hat zutreffend darauf hin- gewiesen, daß nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung, in der prozeß- rechtlichen Literatur und im völkerrechtlichen Schrifttum rechtlich selbständige Organisationen eines ausländischen Staates keine Immunität genießen (RGZ no, 315 [317]; RGZ 157, 389 [395]; BGH 18,1 [9]; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 33. Auflage 1975, Anm. I Aa zu § 20 GVG; Stein- Jonas-Pohle, 19. Auflage 1964, Anm. V Β 3 vor § 1; Wieczorek, ZPO und Nebengesetze 1957, Anm. Β II zu § 19 GVG; Rosenberg- Schwab, ZPO, 11. Auflage 1974, S. 84; Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht 1949, S. 404; Dahm, Völkerrecht, Band 1, 1958, S. 228; vgl. wei- ter die Nachweise bei Habscheid, Die Immunität ausländischer Staaten nach Völ- kerrecht und deutschem Zivilprozeßrecht, Heft 8 der Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht in Fn. 18, S. 171, insbesondere zur Rechtssprechung der ausländischen Gerichte). Es bedarf hier keiner Beurteilung, ob die Antragsgeg- nerin, die nach Artikel 3, Abs. 2 des Zentralbankgesetzes von 1958 als eine juristi- sche Person errichtet wurde und nach der schriftlichen Erklärung des Leiters ihrer Bankenabteilung vom 10. 11. 1975 im eigenen Namen klagen und verklagt werden und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zum Zweck ihrer Aufgaben beweg- liches und unbewegliches Vermögen erwerben, besitzen und veräußern kann, gleich- wohl wegen ihrer Bindung an Weisungen der Regierung und der Wahrnehmung finanzpolitischer Staatsaufgaben nach nigerianischer Rechtsauffassung zumindest insoweit nur als eine »juristisch unselbständige Abteilung« ihres Staates anzusehen ist und deshalb an seiner Immunität teilhaben könnte (vgl. Dahm aaO und Hab- scheid aaO Seite 169 ff.). Für ihr rechtsgeschäftliches Handeln im vorliegenden Fall könnte die Antragsgegnerin auch als unselbständige Behörde des Staates Ni- geria die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht mit Erfolg beanspru- chen.

Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes von 1962 und 1963 (BVerfGE 15,25 ff. und 16,27 ff.) kommt einem ausländischen Staat Freiheit von deutscher Gerichtsgewalt nur zu in bezug auf seine hoheitliche Betätigung (acta iure imperii), nicht jedoch in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betätigung (acta gestiones), weil keine allgemeine Regel des Völkerrechtes besteht, nach der die in- ländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat in bezug auf seine nicht-hoheitliche Betätigung ausgeschlossen ist.

Dieses seit den genannten Entscheidungen in der Bundesrepublik gültige Rechts-

prinzip der allein auf die hoheitliche Betätigung beschränkten Immunität der aus- ländischen Staaten gilt nicht etwa nur in solchen Fällen, in denen sich aus dem Sachverhalt ein besonderer Anknüpfungspunkt nach Deutschland, wie bei der Ent-

scheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 30. 4. 1963 ergibt. Eine derartige Einschränkung hat das Bundesverfassungsgericht bei seiner Feststellung des Fehlens einer völkerrechtlichen Regel für eine unbeschränkte Exemtion der ausländischen Staaten nicht gemacht. Die frühere Rechtsauffassung des Reichsgerichtes, daß einem

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Entscheidungen 453

ausländischen Staat nur bei Unterwerfung oder im Falle einer dinglichen Klage be- züglich eines im Inland gelegenen Grundstückes die Anerkennung einer unbe- schränkten Immunität zu versagen sei (vgl. RG2 62, 165 [167]), ist nach den Ent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht mehr maßgebend. Mangels gegen- teiliger völkerrechtlicher Regel sind daher ausländische Staaten von der inländi- schen Gerichtsbarkeit nicht gem. § 20 GVG ausgenommen, soweit sie wegen einer nicht-hoheitlichen Betätigung in Anspruch genommen werden. Im übrigen bestehen im vorliegenden Fall auch inländische Anknüpfungspunkte aufgrund des Verspre- chens der Antragsgegnerin, in Frankfurt am Main Zahlung aus dem Akkreditiv zu Lasten ihrer hiesigen Vermögensgegenstände zu leisten.

Die von der Antragstellerin geltendgemachten Ansprüche sind ihr nicht aus einer hoheitlichen Betätigung der Antragsgegnerin, sondern aus deren privatrechtlichem Handeln, der bankgeschäftlichen Eröffnung eines Dokumentenakkreditives erwach- sen. Daß die Antragsgegnerin dies auf eine dahingehende Weisung des Verteidi- gungsministeriums von Nigeria zur Erfüllung des Kaufvertrages vom 12. 2. 1975 getan hat, ist für die Beurteilung der Handlung als nicht-hoheitliche Staatstätigkeit nicht maßgebend, denn die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheit- licher Staatstätigkeit kann nicht nach dem Zweck der staatlichen Betätigung und danach vorgenommen werden, ob diese Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben steht. Da letztlich die Tätigkeit des Staates und auch der Antragsgegnerin nach ihrem Vortrag zum größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht, kann maßgebend für die Unterscheidung zwischen iure imperii und iure gestiones nicht der Zweck, sondern »nur die Natur der staatlichen Handlung oder des ent- standenen Rechtsverhältnisses sein«, so daß es darauf ankommt, »ob der ausländi- sche Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich-recht- lich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist« (so BVerfGE 16, 27 unter Hinweis auf die gleiche oder ähnliche Rechtssprechung der Gerichte Italiens, Belgiens, der Schweiz, Österreichs und Ägyptens). Die Qualifi- kation der Staatstätigkeit als hoheitlich oder nicht-hoheitlich ist grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen, soweit es nicht ausnahmsweise völkerrechtlich ge- boten sein kann, die Betätigung eines ausländischen Staates, weil sie dem Kernbe- reich der Staatsgewalt zuzurechnen ist, als acta iure imperii zu werten (BVerfG aaO).

Aus dieser Einschränkung der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des nationalen Rechtes schließt die Kammer, daß das Bundesverfassungsgericht damit das deut- sche Recht gemeint hat, denn andernfalls bedürfte es nicht der Berücksichtigung eines völkerrechtlichen Gebotes, wenn für die Qualifikation ohnehin das nationale Recht des handelnden fremden Staates maßgebend wäre. Die gegenteilige Auffas- sung von Canaris in seinem, von der Antragsgegnerin vorgelegten Gutachten hält die Kammer nach Sachlage nicht für gerechtfertigt. Da das deutsche Recht für die Beurteilung der Reichweite der inländischen Gerichtsbarkeit maßgebend ist, kann die nach der angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes mangels völkerrechtlicher Abgrenzungskriterien nach nationalem Recht vorzunehmende Qualifikation der Betätigung des ausländischen Staates sonach grundsätzlich nur nach deutschem Recht erfolgen (so im Ergebnis BGH 40, 197 [203] und OLG Mün- chen NJW 1975, 2144). Selbst wenn aber das nigerianische Recht für die Qualifi- kation der Tätigkeit der Antragsgegnerin maßgebend und danach die Eröffnung des Akkreditivs zum Bereich der Staatsgewalt gehören sollte, könnte einer derarti- gen Erweiterung der Immunitätsinanspruchnahme für eine solche privatrechtliche Tätigkeit in Deutschland mit dem auch im Völkerrecht anerkannten Rechtsgrund-

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satz von Treu und Glauben begegnet werden (so ausdrücklich BVerfG aaO). Das Gegenseitigkeitsprinzip und mangelndes deutsches Eigeninteresse können demge- genüber entgegen der Auffassung von Canaris (aaO) keine selbständigen Gründe für eine Immunitätsgewährung sein, zumal im vorliegenden Fall ein Inlandsbezug wegen des in Frankfurt zahlbar gestellten Akkreditives und des deshalb hierauf anwendbaren deutschen Rechtes vorliegt . . . Nach der somit nach deutschem Recht vorzunehmenden Qualifikation gehören der Abschluß eines Kaufvertrages und die Erfüllung der Zahlungspflicht des nigerianischen Verteidigungsministeriums als Käufer bzw. die Eröffnung eines Dokumentenakkreditivs ihrer rechtsgeschäftlichen Natur nach nicht zum Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinne, so daß es auch nicht ausnahmsweise - im Hinblick auf die von der Antragsgegne- rin geltendgemachte nigerianische Rechtsauffassung - völkerrechtlich geboten sein kann, die privatrechtliche Mitwirkung der Antragsgegnerin bei der Beschaffung von Baumaterial für die Errichtung der Militäranlagen durch die Übernahme der Zahlungsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin als acta iure imperii zu qua- lifizieren. Die Antragsgegnerin ist daher insoweit nach dem maßgebenden deutschen Recht von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht befreit.

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