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Date post: 28-Aug-2020
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ZUM SONNTAG Kantate Von Pastor Ulrich Pohl S ingen? Um Him- mels willen!?“ Genau – um Him- mels willen! Gott zum Lob und zur Eh- re, zum Dank und auch zur Klage, zum Glück und in der Not. Das Repertoire unse- res Gesangbuches hält für jedes Lebens- gefühl zwischen himmelhoch- jauchzend und buchstäblich zu Tode betrübt ein Lied bereit. Kantate! Auf Deutsch: Singt! So heißt der morgige Sonn- tag. Ganz simpel Motto und Aufruf zugleich, entnommen dem Anfang des 98. Psalms. Da steht: „Singt dem Herrn ein neues Lied! (...) Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem Herrn!“ Daher also sin- gen und spielen am Sonntag Kantate neben der Orgel so vie- le Chöre und Bläsergruppen in den Gottesdiensten. Singt! Ge- sang wird morgen groß ge- schrieben! „Ich singe Dir mit Herz und Mund“, dichtet Paul Ger- hardt. So ist es. Singen geht durch den ganzen Körper. Aus Atem wird Klang, der Puls- schlag wird zum Rhythmus, Liedtexte und Melo- dien bewegen unser Denken und Fühlen. Singt! Die Töne brin- gen uns zum Schwin- gen innerlich und ir- gendwie auch aufein- ander zu. Singen wirkt einfach ge- meinschaftsstiftend, sei es in der Schul- klasse, im Gesangverein, im Fußballstadion oder eben im Gottesdienst. Singen wirkt frie- densstiftend und die Sprache der Lieder – die alte wie die neue – will unseren Glauben stärken. Also singt! Und denkt um Himmels willen daran: Es geht gar nicht in erster Linie um Perfektion. Gott freut sich über die Stimmgebildeten und über die Alltags- und Gele- genheitssänger ebenso wie über die, die früher als Brummer identifiziert und mit Triangel in der Hand in die hinterste Reihe komplimentiert wur- den. Singt und stellt vielleicht wie Martin Luther fest: „Die Mu- sik ist die beste Gottesgabe. Sie ist das größte, ja wahrhaft ein göttliches Geschenk (...).“ [email protected] KOMMENTAR Hochschulstandort und ein neuer Stadtteil Aufbruch im Westen Von Joachim Uthmann M it der Medizinischen Fakultät erlebt die Bie- lefelder Hochschullandschaft einen neuen Schub. Investi- tionen von 470 Millionen Euro sind allein dafür im Gespräch. Daneben weitet sich die Uni aus, braucht Ausweichflächen für die jahrzehntelange große Sanierung und hofft auf Aus- gründungen und mehr Ko- operation mit der Wirtschaft. Das erfordert Platz. Mit der Freigabe der lang gehegten Langen Lage in Dornberg für den Campus Nord mit der neu- en Fachhochschule vor zwölf Jahren richtet sich der Blick nach Westen. Weil die Stadt die Idee der Wissenschafts- stadt vorantreibt, wird der Flä- chenbedarf noch steigen. Und mit neuen Hochschul- einrichtungen kommen auch mehr Menschen. Professoren, mehr aber Studenten und wei- tere Mitarbeiter. Sie im Osten der Stadt anzusiedeln, wäre we- nig sinnvoll. Die Folge: Die freie Landschaft im Westen bö- te sich an. Weil dorthin auch zwei Stadtbahnlinien (3 und 4) zu verlängern wären, ließe sich öffentlicher Nahverkehr orga- nisieren. Und im Westen lebt es sich gut. Doch der Preis ist für Dorn- berg und die Umwelt hoch. Deshalb flammt der Streit er- neut auf. Dass die Stadt Pläne für einen ganz neuen Stadtteil mit 10.000 Einwohnern nicht früh öffentlich diskutieren lässt, nährt das Misstrauen und macht die Umsetzung im End- effekt eher schwieriger. Der Rat sitzt in der Zwick- mühle. Weitere Wissenschafts- einrichtungen drängen zum Campus Nord, Gewerbe ist noch angedacht, Wohnungen fehlen. Da wird Raum für Sied- lungserweiterung benötigt. Der Griff auf die freie Land- schaft tut aber weh – gerade der Paprika-Koalition, in der Umweltparteien mit den Ton angeben. Das Thema könnte zur Zerreißprobe werden. [email protected] C i t e c F a c h h o c h s c h u l e B i e l e f e l d U n i v e r s i t ä t B i e l e f e l d H o f H a l l a u Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende; NW-Grafik: Schultheiß H o l l e n s i e k T h o m a s h o f W e l l e n s i e k B r o c k m a n n s H o f Gr oß d o r nb e r g e r S t r a ß e W i t t e b r e i t e A m P o g g e n p o h l R ö t e w e g B a b e n h a u s er B a c h G r ü n e w a l d s t r . S c h l o ß h o f s t r a ß e L e i h k a m p Q u e ll e : O r t s t e il e n t w i c k l u n g s p l a n B a b e n h a u s e n , S t a d t B i e l e f e l d , 2 0 1 7 / 2 0 1 9 J o h a n n i s b a c h B a b e n h a u s e r S t r a ß e B a v o s t r a ß e V o l t m a n n s t r a ß e Z e h l e n d o r fer D a m m D ü r e r s traß e W e r t h erstr a ß e D e p p e n d o r f e r S t r a ß e S t a d t b a h n M i t t l e r e s J o h a n n i s b a c h t a l = Potentielle Erschließungsflächen = Geplante Erschließungsflächen GANZ SCHÖN FLOTTMANN Graue Theorien Von Jürgen Rittershaus D ie Universität Bielefeld ist eine 13-chorige, neu- gotisch bis neuroti- sche Hallen-Uni, die mehrfach kreuzför- mig angelegt ist. Eine wuchtige Kathedrale bürgerlichen Intel- lekts, deren Ursprün- ge weit ins letzte Jahr- tausend zurückrei- chen. Experten vermuten, dass sich unter der dicken Patina aus Prüfungsangst, Feinstaub, Ge- dankenabrieb und Beton so- gar noch die ursprünglich ro- manischen Formen finden las- sen. Man hofft nun, diese bei der großen Sanierung bis 2064 freilegen zu können. Die Optik des Gebäudes hat von Anfang an polarisiert und führte dazu, dass viele Men- schen den Glauben an die mo- derne Architektur verloren ha- ben. Die Hauptkritikpunkte lauten immer noch Minimal- Ästhetik, Nähe zu modernen Industriebauten und nüchter- ner Funktionalismus – aber auch angetrunken betrachtet gewinnt die Universität nicht an Charme. Beson- ders erdrückend wirkt das Betongebir- ge, wenn man direkt davor steht. Doch je weiter man sich ent- fernt, desto mehr kommen Poesie und Anmut zur Geltung – ein Phänomen, dass bei zeitgenössischen Bauten häufig zu be- obachten ist. Aus der Nähe be- sehen, scheinen sie den Be- trachter zu erschlagen, erst mit zunehmender Entfernung kann sich die Ästhetik entfal- ten. Manchmal muss man so- gar erst gänzlich in eine ande- re Stadt ziehen, um festzustel- len, dass es dort noch schlim- mer ist. Nun wird die Schmiede grauer Theorien 50 Jahre alt – eine Tatsache, die irgendwie tröstlich ist. Denn wenn man schon mit 50 so hässlich sein darf und trotzdem attraktiv für so viele junge Menschen ist, muss ich mir im Alter keine Ge- danken um mein Aussehen machen. [email protected] Rückschlag für Vorzeigeprojekt von Hochschulen und Wirtschaft Wissenschaftsstadt: Stadt muss Neubaupläne für „Think Tank“ auf Campus Nord verschieben und gibt Innovationszentrum für Medizinische Fakultät frei. Millionen an Fördergeld sind zurückzuzahlen. Noch keine Lösung für Start ups Von Joachim Uthmann ¥ Bielefeld. Bielefeld sieht sich auf dem Weg zur Wissen- schaftsstadt. Die neue Medizi- nische Fakultät verspricht Fortschritte. Doch die Pläne hierfür und für neue große Pro- jekte zur Stärkung der Hoch- schulen haben ihre Tücken. Das Land fordert hohe För- dersummen zurück, Baupläne auf dem Campus Nord verzö- gern sich und für Start ups feh- len Alternativen. Unter Zugzwang sind Uni- versität, Stadt und Land, weil die neue Medizinische Fakul- tät ins Innovationszentrum (ICB) an der Morgenbreede ziehen soll, das eigentlich für Neugründungen und Start ups gebaut wird. Problem hier ist zum einen, dass ins ICB 11,8 Millionen Euro Fördergeld fließt, um Gründer zu unterstützen, das jetzt plus Strafzinsen aber zu- rückgezahlt werden muss. Stadt und ihre 75-Prozent- Tochter BGW, die das ICB er- richtet, sagen, sie seien außen vor. „Die daraus resultieren- den Kosten werden von der Universität über den Miet- preis abgedeckt“, heißt es in einer Vorlage von Stadtkäm- merer Rainer Kaschel (CDU) für den Hauptausschuss des Rates. Der BGW entstehe kein Nachteil: „Deren Gesamtren- tabilität aus der Investition ist positiv.“ Das ICB kostet über 30 Millionen Euro. Das zweite große Problem ist, dass die Stadt jetzt schnell Ersatzflächen oder -räume für Start up-Unternehmen finden muss, um Ausgründungen aus den Hochschulen zu fördern. Anfangs hoffte sie dabei auf ein „Regionale“-Projekt namens BRIC, das die Zusammen- arbeit von Uni, FH und Wirt- schaft stärken und für das auf dem Campus Nord ein Neu- bau entstehen sollte. Kosten: 20 bis 25 Millionen Euro. Dafür sollten Regionale- Mittel genutzt werden, für die aber die Frist 2022 abläuft. So viel wie erhofft wird es nicht ge- ben und so schnell lässt sich das Projekt nicht umsetzen. Deshalb müsse das Konzept „umfassend modifiziert“ wer- den, heißt es in der Vorlage. Exzellenzcluster für Roboterforschung läuft aus Da sind Stadt, Hochschu- len und Wirtschaft schon auf dem Weg: Sie machen aus „BRIC“ ein „Think Tank OWL BRIC“. Das konzentriert sich aber darauf, dass hiesige Unter- nehmen und Hochschulen ge- meinsam an Projekten arbei- ten. Für Start ups wäre da kein Platz. Außerdem muss auf an- dere Fördertöpfe gesetzt wer- den. Die Folge: Projekt und Neubau verschieben sich deut- lich über 2022 hinaus. Und für die Gründer feh- len alternative Standorte. Bei der Uni heißt es dazu: „Wir prüfen wie Stadt, FH und IHK verschiedene Möglichkeiten in Uni-Bauten und Umgebung“, so Sprecherin Sandra Sieraad. Sinnvoll wäre es, wenn Start ups möglichst „unmittelbar an der Fachforschung angesiedelt werden könnten“. Da könnte das Citec eine Rolle spielen, das sich mit Ko- gnitiver Interaktionsfor- schung beschäftigt, zuletzt aber das Exzellenzcluster für Ro- boterforschung verlor. Das läuft am Jahresende aus, ver- sprach Millionen Euro. Bei der Stadt könnte man sich das Ci- tec mit als Übergang für Start ups vorstellen. Sieraad sagt aber: „Das Citec läuft weiter.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niekamp setzt dar- auf, dass in der Zwischenzeit Räume von Uni und FH ge- nutzt werden können: „Inhalt- lich sollte es keinen großen Zeitverlust geben. Think Tank ist eine zentrale Investition.“ Den Weg frei will die Stadt für die Medizinische Fakultät machen. Dafür soll der Ge- sellschaftervertrag der ICB GmbH, die das Innovations- zentrum betreiben sollte, so ge- ändert werden, dass die Uni die für Start ups gedachten Flä- chen mieten und auf Dauer kaufen kann. Der Rat soll das am 6. Juni beschließen. Für die Medizinische Fa- kultät erwartet Uni-Rektor Gerhard Sagerer im Endaus- bau 2025 rund 2.000 Studen- ten und 96 Professoren. Ins- gesamt sollen Umbauten, Aus- stattung und Umzüge rund 470 Millionen Euro verschlingen. Wichtiges Ziel ist es, Hausärz- te für unterversorgte Gebiete auszubilden. Kritik an „Geheimplan“ für neuen Stadtteil Streitthema: Umweltverbände und Initiative vor Ort befürchten hohen Flächenverbrauch und Verkehrschaos im Westen, wenn Wohnungen für 10.000 Einwohner entstehen. Die Pläne sollten öffentlich gemacht werden Von Joachim Uthmann ¥ Bielefeld. Bisher sei alles „ge- heim“, beklagen die Bielefel- der Umweltverbände. Die Bau- verwaltung habe Pläne in der Schublade, zwischen Campus Nord und Babenhausen rund 110 Hektar mit einem neuen Stadtteil für 10.000 Einwoh- ner bebauen zu lassen. Das hin- ter verschlossenen Türen zu planen, ohne Öffentlichkeit, Bürger und Verbände einzu- beziehen, sei „ein Unding“. Obwohl selbst sie die Plä- ne, die 4.900 neue Wohnein- heiten enthalten sollen, nicht genau kennen, wandten sich die Vereine „pro grün“, BUND, Naturschutzbund, Naturwis- senschaftlicher Verein sowie die Initiative „Bielefeld natür- lich“ an die Presse, um Druck zu machen. Tilman Rhode- Jüchtern (pro grün): „Wir wol- len erst einmal informiert wer- den und die Pläne sehen.“ Denn die Kritiker einer gro- ßen Bebauung auf den Frei- flächen in Babenhausen be- fürchten erhebliche Einschnit- te in die schützenswerte Land- schaft. Zwar müsse eine Stadt wie Bielefeld, wenn die Ein- wohnerzahl wachse, Wohnun- gen bauen lassen. „Doch da- für fehlt ein Gesamtkonzept“, sagt Claudia Quirini (Natur- wissenschaftlicher Verein). „Hier wird nicht bezahlba- rer Wohnraum geschaffen“, so Wiebke Homann (NABU), „sondern werden wie mit der Gießkanne große Freiflächen vergeben, teils für Professo- ren-Häuser“. Schon am Hol- lensiek, wo aktuell ein neues Wohngebiet entsteht, koste- ten Häuser teils 450.000 Euro. Hintergrund für die angeb- lich neuen Pläne ist ein Be- schluss der Bezirksvertretung Dornberg, die sich gegen erste Überlegungen aus dem Rat- haus, deutlich größere Flä- chen zur Erschließung im Stadtbezirk zu prüfen, ge- wehrt hatte. Sie hatte sich nach langere Debatte nur auf die Ab- rundung vorhandener Sied- lungen eingelassen. Daraufhin ließ die Verwal- tung zwei Gutachter die ers- ten Überlegungen konkretisie- ren – mit dem Ergebnis, dass rund 110 Hektar näher in den Blick rücken. Eine nicht-öf- fentliche Arbeitsgruppe der BZV berät darüber. Erst dem- nächst soll in der Bezirksver- tretung darüber diskutiert wer- den. Bezirksbürgermeister Paul John (Grüne) verweist darauf, dass man Stillschwei- gen vereinbart habe. Für die Paprika-Koalition ist das Thema heiß. Einerseits pro- pagieren die Parteien, die Landschaft zu schonen, ande- rerseits treiben sie die Wis- senschaftsstadt mit dem Aus- bau der Hochschulen und dem dafür benötigten Wohnraum voran. Konflikte beim Dorn- berger Ortsentwicklungskon- zept sind da absehbar. Die Verbände fordern mehr Dialog mit den Bürgern. Be- troffene wie Berthold Griese, der dort wohnt und aktiv in der Initiative ist, wollen betei- ligt werden. Sie haben das Ge- fühl, dass deutlich größer ge- plant wird, als es ihnen vorge- stellt wird. „Wenn wir früh ein- bezogen werden, kann man korrigieren“, sagt Rhode-Jüch- tern: „Sonst gibt es hinterher wieder den Krawallmacher- Vorwurf. Wir wollen aber kei- nen Spaßbremse sein.“ Doch das Gebiet in Baben- hausen ist sensibel. Auf der einen Seite ist der schützens- werte Babenhauser Bach, die meisten Flächen sind Äcker mit fruchtbarem Lößlehm. „Biele- feld sollte das Pfund als Stadt mit Grün und viel Lebens- qualität nicht verspielen“, sagt Quirini. Die Verbände befürchten zudem, dass 20 Hektar für Ge- werbe ausgewiesen werden könnten, weitere Flächen für Wissenschaftseinrichtungen und die Stadtbahnlinie 4 durch die freie Landschaft verlängert würde. Große Zweifel hegen sie, dass der Verkehr, der durch einen so großen Stadtteil ent- steht, von den kleinen Stra- ßen im Westen zu bewältigen ist. Immerhin kämen 20.000 Fahrzeugbewegungen pro Tag hinzu. „Da ist es zu einer neuen Nordumgebungsstraße nicht mehr weit“, sagt Quirini: „Und die würde noch mehr Land- schaft zerstören und die Siek- täler durchschneiden.“ Die Verbände erinnern die Partei- en auch an ihre Plakate zur Europawahl: „Da ist viel von Klima- und Artenschutz die Rede. Hier können sie bewei- sen, dass sie es ernst meinen.“ Besorgt: Adalbert Niemeyer-Lüllwitz, Wiebke Homann, Tilman Rhode-Jüchtern, Claudia Quirini und Berthold Griese wehren sich gegen zu großen Landschaftsverbrauch. FOTO: MIKE-DENNIS MÜLLER Lokales SAMSTAG/SONNTAG 18./19. MAI 2019 BI2
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Page 1: R r8VYVZ^a]R } Wác VfV DeRUeeVZ] · lekts, deren Ursprün-ge weit ins letzte Jahr-tausend zurückrei-chen. Experten vermuten, dass sich unter der dicken Patina aus Prüfungsangst,

ZUM SONNTAGKantate

Von Pastor Ulrich Pohl

Singen? Um Him-mels willen!?“

Genau – um Him-mels willen! Gottzum Lob und zur Eh-re, zum Dank undauch zur Klage, zumGlückund in der Not.Das Repertoire unse-res Gesangbucheshält für jedes Lebens-gefühl zwischen himmelhoch-jauchzend und buchstäblich zuTode betrübt ein Lied bereit.

Kantate! Auf Deutsch: Singt!So heißt der morgige Sonn-tag. Ganz simpel Motto undAufruf zugleich, entnommendem Anfang des 98. Psalms. Dasteht: „Singt dem Herrn einneues Lied! (...) Trompetenund Posaunen jauchzet vordem Herrn!“ Daher also sin-gen und spielen am SonntagKantate neben der Orgel so vie-le Chöre und Bläsergruppen inden Gottesdiensten. Singt! Ge-sang wird morgen groß ge-schrieben!

„Ich singe Dir mit Herz undMund“, dichtet Paul Ger-hardt. So ist es. Singen gehtdurch den ganzen Körper. AusAtem wird Klang, der Puls-schlag wird zum Rhythmus,

Liedtexte und Melo-dien bewegen unserDenken und Fühlen.Singt! Die Töne brin-gen uns zum Schwin-gen innerlich und ir-gendwie auch aufein-ander zu. Singenwirkt einfach ge-meinschaftsstiftend,sei es in der Schul-

klasse, im Gesangverein, imFußballstadion oder eben imGottesdienst. Singen wirkt frie-densstiftend und die Spracheder Lieder – die alte wie dieneue – will unseren Glaubenstärken. Also singt! Und denktum Himmels willen daran: Esgeht gar nicht in erster Linieum Perfektion. Gott freut sichüber die Stimmgebildeten undüber die Alltags- und Gele-genheitssängerebensowieüberdie, die früher als Brummeridentifiziert und mit Triangelin der Hand in die hintersteReihe komplimentiert wur-den.

Singt und stellt vielleicht wieMartin Luther fest: „Die Mu-sik ist die beste Gottesgabe. Sieist das größte, ja wahrhaft eingöttliches Geschenk (...).“

[email protected]

KOMMENTARHochschulstandort und ein neuer Stadtteil

Aufbruch im WestenVon Joachim Uthmann

Mit der MedizinischenFakultät erlebt die Bie-

lefelder Hochschullandschafteinen neuen Schub. Investi-tionen von 470 Millionen Eurosind allein dafür im Gespräch.Daneben weitet sich die Uniaus, braucht Ausweichflächenfür die jahrzehntelange großeSanierung und hofft auf Aus-gründungen und mehr Ko-operation mit der Wirtschaft.

Das erfordert Platz. Mit derFreigabe der lang gehegtenLangen Lage in Dornberg fürden Campus Nord mit der neu-en Fachhochschule vor zwölfJahren richtet sich der Blicknach Westen. Weil die Stadtdie Idee der Wissenschafts-stadt vorantreibt, wird der Flä-chenbedarf noch steigen.

Und mit neuen Hochschul-einrichtungen kommen auchmehr Menschen. Professoren,mehr aber Studenten und wei-tere Mitarbeiter. Sie im Ostender Stadt anzusiedeln, wäre we-nig sinnvoll. Die Folge: Diefreie Landschaft im Westen bö-

te sich an. Weil dorthin auchzwei Stadtbahnlinien (3 und 4)zu verlängern wären, ließe sichöffentlicher Nahverkehr orga-nisieren. Und im Westen lebtes sich gut.

Doch der Preis ist für Dorn-berg und die Umwelt hoch.Deshalb flammt der Streit er-neut auf. Dass die Stadt Plänefür einen ganz neuen Stadtteilmit 10.000 Einwohnern nichtfrüh öffentlich diskutierenlässt, nährt das Misstrauen undmacht die Umsetzung im End-effekt eher schwieriger.

Der Rat sitzt in der Zwick-mühle. Weitere Wissenschafts-einrichtungen drängen zumCampus Nord, Gewerbe istnoch angedacht, Wohnungenfehlen. Da wird Raum für Sied-lungserweiterung benötigt.Der Griff auf die freie Land-schaft tut aber weh – geradeder Paprika-Koalition, in derUmweltparteien mit den Tonangeben. Das Thema könntezur Zerreißprobe werden.

[email protected]

Citec

FachhochschuleBielefeld

UniversitätBielefeld

Hof Hallau

Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende; NW-Grafik: Schultheiß

Hollensiek

Thomashof

Wellensiek

BrockmannsHof

Großdornberger Straße

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Röteweg

Babenhauser

Bach

Grünewaldstr.Schloßhofstraße

Leihkamp

Quelle: Ortsteilentwicklungsplan Babenhausen,Stadt Bielefeld, 2017/2019

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Babenhauser Straße

Bavostraße

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Wertherstraße

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Stadtbahn

MittleresJohannisbachtal

= Potentielle Erschließungsflächen

= Geplante Erschließungsflächen

GANZ SCHÖN FLOTTMANNGraue TheorienVon Jürgen Rittershaus

Die UniversitätBielefeld ist

eine 13-chorige, neu-gotisch bis neuroti-sche Hallen-Uni, diemehrfach kreuzför-mig angelegt ist. Einewuchtige Kathedralebürgerlichen Intel-lekts, deren Ursprün-ge weit ins letzte Jahr-tausend zurückrei-chen. Experten vermuten, dasssichunterderdickenPatinaausPrüfungsangst, Feinstaub, Ge-dankenabrieb und Beton so-gar noch die ursprünglich ro-manischen Formen finden las-sen. Man hofft nun, diese beider großen Sanierung bis 2064freilegen zu können.

Die Optik des Gebäudes hatvon Anfang an polarisiert undführte dazu, dass viele Men-schen den Glauben an die mo-derne Architektur verloren ha-ben. Die Hauptkritikpunktelauten immer noch Minimal-Ästhetik, Nähe zu modernenIndustriebauten und nüchter-ner Funktionalismus – aberauch angetrunken betrachtetgewinnt die Universität nicht

an Charme. Beson-ders erdrückendwirktdasBetongebir-ge, wenn man direktdavor steht. Doch jeweiter man sich ent-fernt, desto mehrkommen Poesie undAnmut zur Geltung– ein Phänomen, dassbei zeitgenössischenBauten häufig zu be-

obachten ist. Aus der Nähe be-sehen, scheinen sie den Be-trachter zu erschlagen, erst mitzunehmender Entfernungkann sich die Ästhetik entfal-ten. Manchmal muss man so-gar erst gänzlich in eine ande-re Stadt ziehen, um festzustel-len, dass es dort noch schlim-mer ist.

Nun wird die Schmiedegrauer Theorien 50 Jahre alt –eine Tatsache, die irgendwietröstlich ist. Denn wenn manschon mit 50 so hässlich seindarf und trotzdem attraktiv fürso viele junge Menschen ist,muss ich mir im Alter keine Ge-danken um mein Aussehenmachen.

[email protected]

Rückschlag für Vorzeigeprojekt von Hochschulen undWirtschaftWissenschaftsstadt: Stadt muss Neubaupläne für „Think Tank“ auf Campus Nord verschieben und gibt Innovationszentrum für

Medizinische Fakultät frei. Millionen an Fördergeld sind zurückzuzahlen. Noch keine Lösung für Start ups

Von Joachim Uthmann

¥ Bielefeld. Bielefeld sieht sichauf dem Weg zur Wissen-schaftsstadt. Die neue Medizi-nische Fakultät versprichtFortschritte. Doch die PlänehierfürundfürneuegroßePro-jekte zur Stärkung der Hoch-schulen haben ihre Tücken.Das Land fordert hohe För-dersummen zurück, Baupläneauf dem Campus Nord verzö-gern sich und für Start ups feh-len Alternativen.

Unter Zugzwang sind Uni-versität, Stadt und Land, weildie neue Medizinische Fakul-tät ins Innovationszentrum(ICB) an der Morgenbreedeziehen soll, das eigentlich fürNeugründungen und Start upsgebaut wird.

Problem hier ist zum einen,dass ins ICB 11,8 MillionenEuro Fördergeld fließt, umGründer zu unterstützen, dasjetzt plus Strafzinsen aber zu-

rückgezahlt werden muss.Stadt und ihre 75-Prozent-

Tochter BGW, die das ICB er-richtet, sagen, sie seien außenvor. „Die daraus resultieren-den Kosten werden von derUniversität über den Miet-preis abgedeckt“, heißt es ineiner Vorlage von Stadtkäm-merer Rainer Kaschel (CDU)für den Hauptausschuss desRates. Der BGW entstehe keinNachteil: „Deren Gesamtren-tabilität aus der Investition istpositiv.“ Das ICB kostet über30 Millionen Euro.

Das zweite große Problemist, dass die Stadt jetzt schnellErsatzflächen oder -räume fürStart up-Unternehmen findenmuss, um Ausgründungen ausden Hochschulen zu fördern.Anfangs hoffte sie dabei auf ein„Regionale“-Projekt namensBRIC, das die Zusammen-arbeit von Uni, FH und Wirt-schaft stärken und für das aufdem Campus Nord ein Neu-

bau entstehen sollte. Kosten:20 bis 25 Millionen Euro.

Dafür sollten Regionale-Mittel genutzt werden, für dieaber die Frist 2022 abläuft. Soviel wie erhofft wird es nicht ge-ben und so schnell lässt sichdas Projekt nicht umsetzen.Deshalb müsse das Konzept„umfassend modifiziert“ wer-den, heißt es in der Vorlage.

Exzellenzcluster fürRoboterforschungläuft aus

Da sind Stadt, Hochschu-len und Wirtschaft schon aufdem Weg: Sie machen aus„BRIC“ ein „Think Tank OWLBRIC“. Das konzentriert sichaber darauf, dass hiesige Unter-nehmen und Hochschulen ge-meinsam an Projekten arbei-ten. Für Start ups wäre da keinPlatz. Außerdem muss auf an-dere Fördertöpfe gesetzt wer-

den. Die Folge: Projekt undNeubau verschieben sich deut-lich über 2022 hinaus.

Und für die Gründer feh-len alternative Standorte. Beider Uni heißt es dazu: „Wirprüfen wie Stadt, FH und IHKverschiedene Möglichkeiten inUni-Bauten und Umgebung“,so Sprecherin Sandra Sieraad.Sinnvoll wäre es, wenn Startups möglichst „unmittelbar ander Fachforschung angesiedeltwerden könnten“.

Da könnte das Citec eineRolle spielen, das sich mit Ko-gnitiver Interaktionsfor-schung beschäftigt, zuletzt aberdas Exzellenzcluster für Ro-boterforschung verlor. Dasläuft am Jahresende aus, ver-sprach Millionen Euro. Bei derStadt könnte man sich das Ci-tec mit als Übergang für Startups vorstellen. Sieraad sagtaber: „Das Citec läuft weiter.“

IHK-HauptgeschäftsführerThomas Niekamp setzt dar-

auf, dass in der ZwischenzeitRäume von Uni und FH ge-nutzt werden können: „Inhalt-lich sollte es keinen großenZeitverlust geben. Think Tankist eine zentrale Investition.“

Den Weg frei will die Stadtfür die Medizinische Fakultätmachen. Dafür soll der Ge-sellschaftervertrag der ICBGmbH, die das Innovations-zentrum betreiben sollte, so ge-ändert werden, dass die Uni diefür Start ups gedachten Flä-chen mieten und auf Dauerkaufen kann. Der Rat soll dasam 6. Juni beschließen.

Für die Medizinische Fa-kultät erwartet Uni-RektorGerhard Sagerer im Endaus-bau 2025 rund 2.000 Studen-ten und 96 Professoren. Ins-gesamt sollen Umbauten, Aus-stattung und Umzüge rund 470Millionen Euro verschlingen.Wichtiges Ziel ist es, Hausärz-te für unterversorgte Gebieteauszubilden.

Kritik an„Geheimplan“ für neuenStadtteilStreitthema: Umweltverbände und Initiative vor Ort befürchten hohen Flächenverbrauch und Verkehrschaos im

Westen, wenn Wohnungen für 10.000 Einwohner entstehen. Die Pläne sollten öffentlich gemacht werden

Von Joachim Uthmann

¥ Bielefeld. Bisher sei alles „ge-heim“, beklagen die Bielefel-der Umweltverbände. Die Bau-verwaltung habe Pläne in derSchublade, zwischen CampusNord und Babenhausen rund110 Hektar mit einem neuenStadtteil für 10.000 Einwoh-ner bebauen zu lassen. Das hin-ter verschlossenen Türen zuplanen, ohne Öffentlichkeit,Bürger und Verbände einzu-beziehen, sei „ein Unding“.

Obwohl selbst sie die Plä-ne, die 4.900 neue Wohnein-heiten enthalten sollen, nichtgenau kennen, wandten sichdieVereine„progrün“,BUND,Naturschutzbund, Naturwis-senschaftlicher Verein sowiedie Initiative „Bielefeld natür-lich“ an die Presse, um Druckzu machen. Tilman Rhode-Jüchtern (pro grün): „Wir wol-len erst einmal informiert wer-den und die Pläne sehen.“

Denn die Kritiker einer gro-ßen Bebauung auf den Frei-flächen in Babenhausen be-fürchten erhebliche Einschnit-te in die schützenswerte Land-schaft. Zwar müsse eine Stadtwie Bielefeld, wenn die Ein-

wohnerzahl wachse, Wohnun-gen bauen lassen. „Doch da-für fehlt ein Gesamtkonzept“,sagt Claudia Quirini (Natur-wissenschaftlicher Verein).

„Hier wird nicht bezahlba-rer Wohnraum geschaffen“, soWiebke Homann (NABU),„sondern werden wie mit derGießkanne große Freiflächenvergeben, teils für Professo-ren-Häuser“. Schon am Hol-lensiek, wo aktuell ein neuesWohngebiet entsteht, koste-ten Häuser teils 450.000 Euro.

Hintergrund für die angeb-lich neuen Pläne ist ein Be-

schluss der BezirksvertretungDornberg, die sich gegen ersteÜberlegungen aus dem Rat-haus, deutlich größere Flä-chen zur Erschließung imStadtbezirk zu prüfen, ge-wehrt hatte. Sie hatte sich nachlangere Debatte nur auf die Ab-rundung vorhandener Sied-lungen eingelassen.

Daraufhin ließ die Verwal-tung zwei Gutachter die ers-ten Überlegungen konkretisie-ren – mit dem Ergebnis, dassrund 110 Hektar näher in denBlick rücken. Eine nicht-öf-fentliche Arbeitsgruppe der

BZV berät darüber. Erst dem-nächst soll in der Bezirksver-tretung darüber diskutiert wer-den. BezirksbürgermeisterPaul John (Grüne) verweistdarauf, dass man Stillschwei-gen vereinbart habe.

Für die Paprika-Koalition istdasThemaheiß.Einerseitspro-pagieren die Parteien, dieLandschaft zu schonen, ande-rerseits treiben sie die Wis-senschaftsstadt mit dem Aus-bau der Hochschulen und demdafür benötigten Wohnraumvoran. Konflikte beim Dorn-berger Ortsentwicklungskon-zept sind da absehbar.

Die Verbände fordern mehrDialog mit den Bürgern. Be-troffene wie Berthold Griese,der dort wohnt und aktiv inder Initiative ist, wollen betei-ligt werden. Sie haben das Ge-fühl, dass deutlich größer ge-plant wird, als es ihnen vorge-stellt wird. „Wenn wir früh ein-bezogen werden, kann mankorrigieren“, sagt Rhode-Jüch-tern: „Sonst gibt es hinterherwieder den Krawallmacher-Vorwurf. Wir wollen aber kei-nen Spaßbremse sein.“

Doch das Gebiet in Baben-hausen ist sensibel. Auf der

einen Seite ist der schützens-werte Babenhauser Bach, diemeisten Flächen sind Äcker mitfruchtbarem Lößlehm. „Biele-feld sollte das Pfund als Stadtmit Grün und viel Lebens-qualität nicht verspielen“, sagtQuirini.

Die Verbände befürchtenzudem, dass 20 Hektar für Ge-werbe ausgewiesen werdenkönnten, weitere Flächen fürWissenschaftseinrichtungenund die Stadtbahnlinie 4 durchdie freie Landschaft verlängertwürde. Große Zweifel hegensie, dass der Verkehr, der durcheinen so großen Stadtteil ent-steht, von den kleinen Stra-ßen im Westen zu bewältigenist. Immerhin kämen 20.000Fahrzeugbewegungen pro Taghinzu.

„Da ist es zu einer neuenNordumgebungsstraße nichtmehr weit“, sagt Quirini: „Unddie würde noch mehr Land-schaft zerstören und die Siek-täler durchschneiden.“ DieVerbände erinnern die Partei-en auch an ihre Plakate zurEuropawahl: „Da ist viel vonKlima- und Artenschutz dieRede. Hier können sie bewei-sen, dass sie es ernst meinen.“

Besorgt: Adalbert Niemeyer-Lüllwitz, Wiebke Homann, TilmanRhode-Jüchtern, Claudia Quirini und Berthold Griese wehren sichgegen zu großen Landschaftsverbrauch. FOTO: MIKE-DENNIS MÜLLER

LokalesSAMSTAG/SONNTAG18./19. MAI 2019 BI2

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