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PAPER HISTORY, Volume 17, Year 2013, Issue 2 Elgar ...8 PAPER HISTORY, Volume 17, Year 2013, Issue 2...

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7 PAPER HISTORY, Volume 17, Year 2013, Issue 2 Elgar Drewsen (1926-2013) Papieringenieur, Papierfabrikant, Papierhistoriker Über sieben Generationen trugen Papiermacher den Namen Drewsen, seitdem Abkömmlinge des Kaufmanns Johann Drewsen, dessen Heirat 1660 im südlich von Hamburg gelegenen Buxtehude verzeichnet ist, diesen Beruf in Dänemark und in Deutschland ausübten. Mit dem Tod von Elgar Johann-Christian Drewsen, der am 15. Juni 2013 gestorben ist, hat diese über mehr als drei Jahrhunderte andauernde professionelle Beständigkeit ein Ende gefunden, wenngleich der Name der Familie durch die Firma Drewsen Spezialpapiere GmbH & Co. KG, Lachendorf, mit dem Papiermachen verbunden bleibt. Elgar Johann-Christian Drewsen war am 13. April 1926 als Sohn des Lachendorfer Papierfabrikanten Walther Drewsen (1882—1966) zur Welt gekommen, seine Mutter Hedwig-Maria (Hedela) Drewsen, geb. von Bernuth (1895—1987) war die zweite Ehefrau des Papierfabrikanten. Aus dessen erster Ehe mit Paula Josepha Drewsen, geb. von Elpons, stammten drei Kinder. Ältester Sohn war Horst- Winfried Drewsen (1908—1956), ein promovierter Volkswirt. Auf Wunsch des Vaters übernahm dieser nach dem Zweiten Weltkrieg die Aufgabe der Wiederinbetriebnahme der Lachendorfer Papierfabrik. Die Alliierten gewährten hierzu die Erlaubnis, so dass die Fabrik am 22. August 1946 wieder Papier produzieren konnte. Doch die weitere Aufbauarbeit war so aufreibend, dass Horst- Winfried Drewsen einen schweren Herzanfall erlitt und drei Wochen später am 10. November 1956 starb. Sein Halbbruder Elgar Drewsen hatte zu diesem Zeitpunkt Papieringenieurwesen studiert und arbeitete zwei Jahre in einem Werk der West Virginia Pulp & Paper Co. in Pennsylvania. 1958 heiratete er Marie-Luise, geb. Freiin von Lützow. Das Paar bekam zwei Töchter und zwei Söhne, doch keines der Kinder wurde Papieringenieur oder heiratete branchenbezogen. Als Elgar Drewsen 1959 aus den USA zurückkehrte, hatte das väterliche Unternehmen zwischenzeitlich in dem Papier- und Zellstoffgroßhändler Gustav Schürfeld (1904—1977) in kritischer Finanzlage einen Retter gefunden, der zunächst 50 Prozent der Unternehmensanteile übernahm. Seit 1. Oktober 1959 firmierte das Unternehmen als Georg Drewsen Feinpapierfabrik GmbH & Co. KG. Schürfeld baute im Lauf der Jahre infolge von Kapitalerhöhungen seine Anteile noch weiter aus. Gesellschafterverträge sahen vor, dass es eine familienunabhängige Geschäftsführung geben sollte, weshalb sich Gustav Schürfeld und Elgar Drewsen 1974 aus der Geschäftsführung zurückzogen und das Unternehmen über einen neu gebildeten Beirat begleiteten. Diese Situation bot Elgar Drewsen Möglichkeiten, sich immer wieder verschiedenen Aspekten der Unternehmensgeschichte, der Geschichte der eigenen Familien und auch der Papiergeschichte im Allgemeinen zu widmen. Als Zwölfjähriger hatte er 1938 miterlebt, wie in Lachendorf das 400-jährige Bestehen des Unternehmens gefeiert wurde. Man lud die gesamte Belegschaft in das Celler Schlosstheater ein, denn im dortigen Welfenschloss hatte 1538 die Siegelung der Gründungsurkunde der Papiermühle an der Lachte stattgefunden. Über Elgar Drewsen beim IPH-Kongress in Polen 2004 (Museumsbesuch in Wrocław). Foto: Frieder Schmidt
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    PAPER HISTORY, Volume 17, Year 2013, Issue 2

    Elgar Drewsen (1926-2013) Papieringenieur, Papierfabrikant, PapierhistorikerÜber sieben Generationen trugen Papiermacher den Namen Drewsen, seitdem Abkömmlinge des Kaufmanns Johann Drewsen, dessen Heirat 1660 im südlich von Hamburg gelegenen Buxtehude verzeichnet ist, diesen Beruf in Dänemark und in Deutschland ausübten. Mit dem Tod von Elgar Johann-Christian Drewsen, der am 15. Juni 2013 gestorben ist, hat diese über mehr als drei Jahrhunderte andauernde professionelle Beständigkeit ein Ende gefunden, wenngleich der Name der Familie durch die Firma Drewsen Spezialpapiere GmbH & Co. KG, Lachendorf, mit dem Papiermachen verbunden bleibt.

    Elgar Johann-Christian Drewsen war am 13. April 1926 als Sohn des Lachendorfer Papierfabrikanten Walther Drewsen (1882—1966) zur Welt gekommen, seine Mutter Hedwig-Maria (Hedela) Drewsen, geb. von Bernuth (1895—1987) war die zweite Ehefrau des Papierfabrikanten. Aus dessen erster Ehe mit Paula Josepha Drewsen, geb. von Elpons, stammten drei Kinder. Ältester Sohn war Horst-Winfried Drewsen (1908—1956), ein promovierter Volkswirt. Auf Wunsch des Vaters übernahm dieser nach dem Zweiten Weltkrieg die Aufgabe der Wiederinbetriebnahme der Lachendorfer Papierfabrik. Die Alliierten gewährten hierzu die Erlaubnis, so dass die Fabrik am 22. August 1946 wieder Papier produzieren konnte. Doch die weitere Aufbauarbeit war so aufreibend, dass Horst-Winfried Drewsen einen schweren Herzanfall erlitt und drei Wochen später am 10. November 1956 starb. Sein Halbbruder Elgar Drewsen hatte zu diesem Zeitpunkt Papieringenieurwesen studiert und arbeitete zwei Jahre in einem Werk der West Virginia Pulp & Paper Co. in Pennsylvania. 1958 heiratete er Marie-Luise, geb. Freiin von Lützow. Das Paar bekam zwei Töchter und zwei Söhne, doch keines der Kinder wurde Papieringenieur oder heiratete branchenbezogen.

    Als Elgar Drewsen 1959 aus den USA zurückkehrte, hatte das väterliche Unternehmen zwischenzeitlich in dem Papier- und Zellstoffgroßhändler Gustav Schürfeld (1904—1977) in kritischer Finanzlage

    einen Retter gefunden, der zunächst 50 Prozent der Unternehmensanteile übernahm. Seit 1. Oktober 1959 firmierte das Unternehmen als Georg Drewsen Feinpapierfabrik GmbH & Co. KG. Schürfeld baute im Lauf der Jahre infolge von Kapitalerhöhungen seine Anteile noch weiter aus. Gesellschafterverträge sahen vor, dass es eine familienunabhängige Geschäftsführung geben sollte, weshalb sich Gustav Schürfeld und Elgar Drewsen 1974 aus der Geschäftsführung zurückzogen und das Unternehmen über einen neu gebildeten Beirat begleiteten.

    Diese Situation bot Elgar Drewsen Möglichkeiten, sich immer wieder verschiedenen Aspekten der Unternehmensgeschichte, der Geschichte der eigenen Familien und auch der Papiergeschichte im Allgemeinen zu widmen. Als Zwölfjähriger hatte er 1938 miterlebt, wie in Lachendorf das 400-jährige Bestehen des Unternehmens gefeiert wurde. Man lud die gesamte Belegschaft in das Celler Schlosstheater ein, denn im dortigen Welfenschloss hatte 1538 die Siegelung der Gründungsurkunde der Papiermühle an der Lachte stattgefunden. Über

    Elgar Drewsen beim IPH-Kongress in Polen 2004 (Museumsbesuch in Wrocław). Foto: Frieder Schmidt

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    diese Festivitäten wissen wir heute genau Bescheid, weil Elgar Drewsen sie 2007 zusammen mit Florian Friedrich in dem Buch „Papier aus Lachendorf seit 1538. Geschichte eines Familienunternehmens“ festgehalten hat, das auch die Fotos der damaligen geschmückten Festwagen zeigt.

    Seit 1714 lässt sich der Name Drewsen in Verbindung mit dieser Papiermühle nachweisen, denn damals hatte der Papiermacher Marcus Drewsen (1678—1724) die Tochter des Lachendorfer Papiermachermeisters, Elisabeth Magdalene Pfuhl, geheiratet und trat in den Pachtvertrag für die Lachendorfer Papiermühle ein. Der Bruder dieses Papiermachers, Johann Drewsen (1667—1734) war 1693 von der dänischen Königin Charlotte Amalie (1650—1714) für die Leitung der nördlich von Kopenhagen gelegenen Papiermühle Strandmöllen berufen worden, sein gleichnamiger Neffe aus Lachendorf, Johann Drewsen (1715-1776), wurde sein Nachfolger und begründete den dänischen Zweig der Familie. Zu den bedeutendsten Vertretern dieses Zweigs gehörte Johann-Christian Drewsen (1777-1851), der 1828 die erste, aus England stammende Papiermaschine Dänemarks erwarb. Dieses Ereignis wurde 100 Jahre später mit einem schönen Wasserzeichenblatt gefeiert, das nicht nur diesen Papiermacher, sondern auch einen Riss dieser Papiermaschine zeigt. Elgar Drewsen trug mit seinem weiteren Vornamen Johann-Christian einen Teil dieses dänischen Erbes weiter, und es kann nicht verwundern, dass von Lachendorf aus in den 1990er Jahren Versuche unternommen wurden, die 1854 in Silkeborg/Jütland gegründete Papierfabrik als eine Tochtergesellschaft (Drewsen Silkeborg Papirfabrik A/S) zu erhalten, der jedoch im Jahr 2000 mit der Stilllegung der Fabrik endete. All diese Details kann man in den einschlägigen Veröffentlichungen des Verstorbenen nachlesen.

    Leicht übersehen wird jedoch, dass der stets leise und zurückhaltend auftretende Papierexperte sich lange Jahre auch für die Papiergeschichte im Allgemeinen engagierte. Mehr als zwei Jahrzehnte lang war er als Obmann des Fachausschusses für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde im Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und –Ingenieure (Verein Zellcheming) tätig. Dieser Fachausschuss war 1937 als ein Unterausschuss auf Betreiben des Vereinsvorsitzenden Hellmuth Müller-Clemm gegründet worden. Als Obmann

    fungierte in den folgenden Jahrzehnten Armin Renker (1891—1961). Das Hauptinteresse galt der in Mainz geschaffenen Forschungsstelle Papiergeschichte. Diesem folgte als Obmann Guido Dessauer, in dessen Ägide vor allem die Verlegung der Forschungsstellen von Mainz an das Deutsche Museum und die dort intensiv zu betreuenden Neugestaltung der Papierabteilung fallen. In den späten 1970er Jahren tagte das Gremium kaum noch, doch zahlreiche seiner Mitglieder nahmen an den IPH-Kongressen in Manchester (1978) und Basel (1980) teil. Bei einer Sitzung des Fachausschusses im Deutschen Museum in München am 9. Dezember 1982 verabschiedete sich Guido Dessauer von seiner bisherigen Funktion, und Elgar Drewsen wurde zum Obmann gewählt. Die Liste der Mitglieder und vor allem auch der Korrespondierenden Mitglieder war international und in fachlicher sowie persönlicher Hinsicht beeindruckend. Zusammen mit Gottfried Schweizer, der als Stellvertreter und Schriftführer fungierte, dann mit Alfred Hoesch, der diese Funktion bis zu seinem Tod im Jahr 2003 übernahm, kam es wieder zu kontinuierlicher Fachausschussarbeit. Als der Fachausschuss am 3. Mai 1985 in Düren tagte, berichtete Theo Gerardy über die Wasserzeichenerschließung mittels Personal Computer. Hier und im Bereich der Analyse von Papierschäden und möglichen Restaurierungsmaßnahmen zeichneten sich interessante Betätigungsfelder für eine technisch-wissenschaftliche Vereinigung ab. Sicherlich hätte sich Elgar Drewsen zur Unterstützung seines Fachausschusses noch die Mitarbeit einiger hochkarätiger Spezialisten aus der Papierwirtschaft gewünscht. Nachdem in Deutschland die Jahre 1989/90 große politische und wirtschaftliche Veränderungen gebracht hatten, entstand im Herbst 1990 bei einer papiergeschichtlichen Tagung am Deutschen Technikmuseum in Berlin der Deutsche Arbeitskreis für Papiergeschichte (DAP). Elgar Drewsen sah, dass sich hier ein lebendiger Arbeitszusammenhang entwickelte und suchte in vielfacher Weise die Zusammenarbeit.

    Zudem nahm er maßgeblichen Einfluss darauf, dass die Wasserzeichensammlung der Forschungsstelle Papiergeschichte vom Deutschen Museum an das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in Leipzig abgegeben wurde. Die Einverständniserklärung hierzu trug nicht nur die Unterschrift von Dr. Otto Mayr (Deutsche Museum), Prof. Klaus-Dieter

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    Lehmann (Deutsche Bibliothek) und Dipl.-Ing. Wolfgang Furler (Zellcheming), sondern auch die von Dipl.-Ing. Elgar Drewsen als zuständigem Fachausschussobmann. In den folgenden Jahren begleitete er die Erschließungsarbeit und Auskunftstätigkeit in Leipzig stets mit wohlwollendem Interesse.

    Als der DAP 1995 auf Einladung von Georg Mandl in Netstal (Schweiz) tagte, regte Elgar Drewsen an, den Fachausschuss für Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde zugunsten der Mitarbeit bei DAP und IPH aufzugeben. Wir baten ihn inständig, dies nicht zu tun, weil wir für viele Themen auf die Unterstützung einer technisch-wissenschaftlichen Fachvereinigung hofften. Guido Dessauer bewirkte, dass der Jahrzehnte alte „Fachausschuss Papiergeschichte und Wasserzeichenkunde“ in „Fachausschuss Archäometrie des Papiers“ umbenannt wurde. Unter dieser Bezeichnung legte Elgar Drewsen Rechenschaft über dessen Tätigkeit in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Vereins Zellcheming ab.

    Mit Freude und großem Interesse waren Elgar Drewsen und seine Gattin 2004 beim IPH-Kongress in Polen, um in Duszniki -Zdrój das Papiermuseum zu besuchen und auf Exkursionen Neues zu entdecken. Unvergesslich bleibt einem großen Kreis papiergeschichtlich Interessierter die Tagung des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte (DAP), die uns 2009 auf Einladung von Elgar Drewsen nach Celle und nach Lachendorf führte. Der rüstige Herr war mit dem Fahrrad unterwegs

    und ließ uns an seiner Freude teilhaben über das „Haus der Papiergeschichte“, das dank seiner Initiative im ehemaligen Häuslingshaus des Olen Drallen Hoff in Lachendorf entstanden ist. Für alle diese Impulse sei ihm herzlich gedankt.

    Verwendete Literatur:

    Drewsen, Elgar: 300 Jahre Papiermacher — die Drewsens in Deutschland und Dänemark. Mit Stammtafel der Familie Drewsen. Papiergeschichte(n). Papierhistorische Beiträge, Wolfgang Schlieder zum 70. Geburtstag. Wiesbaden 1996, S. 17-28.

    Drewsen, Elgar: Fachausschuss Archäometrie des Papiers. In: Hundert Jahre Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und –Ingenieure. Hrsg. Zum 100jährigen Bestehen des Vereins. Darmstadt 2005, S. 186—191.

    Friedrich, Florian u. Elgar Drewsen: Papier aus Lachendorf seit 1538. Geschichte eines Familienunternehmens. Hrsg.: Drewsen Spezialpapiere GmbH & Co. KG, Lachendorf 2007.

    Pothmann, Dieter: 18. Jahrestagung des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte : 24. bis 27. September 2009 in Celle und Lachendorf. In: Wochenblatt für Papierfabrikation, Bd. 138, 2010, Nr. 2, S. 131-138.

    Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und –Ingenieure. Vereinsberichte für die Jahre 1978ff.

    Frieder Schmidt (Leipzig)


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