ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 072215067
lriformationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie März!April1996 -17.jahrg.
Übersicht Kann die Ausbreitung von multiresistenten Bakterien in Krankenhäusern vermindert werden? Noch vor wenigen Jahren galt die antibakterielle Chemotherapie als ein Gebiet ohne wesentliche Entwicklungspotentiale, da die Therapieprobleme weitgehend gelöst erschienen. Die Situation hat sich allerdings in den letzten Jahren dramatisch verändert. Weltweit sind die Ärzte in Krankenhäusern mit einer besorgniserregenden Ausbreitung multiresistenter Erreger konfrontiert. Die zur Zeit klinisch wichtigste Entwicklung ist das Auftreten von Staphylococcus aureus-Stärnmen, die nicht nur gegen Oxacillin (STAPENOR) bzw. Methicillin (in Deutschland nicht im Handel) sondern auch gegen eine Vielzahl anderer Antibiotika-Klassen wie Fluorchinolone unempfindlich sind. Als einzige therapeutische Option stehen gegen diese Erreger nur noch Glykopeptide, wie z. B. Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY) zur Verfugung. Zeitgleich mit dem zunehmenden Einsatz von Vancomycin wurden Enterokokkken möglicherweise aufgrund des Selektionsdruckes gegenüber Glykopeptiden resistent. Einzelne Stämme sind auch gegen Breitspektrum-Penicilline, Aminoglykoside bzw. andere Antibiotikaklassen resistent, was zu erheblichen Problemen in der Behandlung von Infektionen mit diesen Erregern fuhrte . Ein weiteres Problemfeld ergibt sich mit dem Auftreten multiresistenter gramnegativer Stäbchen aufgrund einer Mutation Beta-Laktamasekodierender Gene, was die Erreger nicht nur gegen Breitspektrum-Penicilline, sondern auch gegen Cephalosporine und in Einzelfallen auch gegen Carbapeneme unempfindlich macht.
Das Resistenzproblem ist jedoch nicht nur in Krankenhäusern sondern auch im ambulanten Bereich zu beobachten, wie das Auftreten von multiresistenten Pneumokokken, Gonokokken oder Salmonellen gezeigt hat. Beide Resistenztrends weisen einige gemeinsame epidemiologische Charakteristika auf, wie die inkorrekte ärztliche Verschreibungspraxis von Antibiotika, erhöhte Mobilität der Bevölkerung,
Verbreitung multiresistenter Erreger durch direkten Mensch zu Mensch-Kontakt besonders in Massenunterkünften oder Institutionen mit hohem Publikumsverkehr wie Krankenhäusern oder Altersheimen. Entscheidende Ursache fur die Resistenzzunahme ist der exzessive und nicht indizierte Einsatz von antimikrobiellen Substanzen. Je resistenter die Erreger werden, desto aktivere und breiter wirksamere Präparate kommen als initiale Behandlung zum Einsatz, wodurch sich der Circulus vitiosus aus Antibiotikaverbrauch, Selektionsdruck und Resistenz noch schneller dreht. Auf der anderen Seite hielt die Entwicklung und Zulassung neuer und wirksamer Substanzen durch die forschende pharmazeutische Industrie irrfolge immenser
1m :td n Übersicht
Kosten, bürokratischen Hemmnissen und immer geringer werdenden Gewinnspannen mit dem skizzierten weltweiten Resistenzproblem keinesfalls Schritt. Ärzte sind seit Jahren erstmals wieder mit der Situation konfrontiert, daß zur Behandlung bestimmter hochresistenter Erreger keine wirksamen Präparate zur Verfugung stehen. Im Gegensatz zur Entwicklung der Resistenz irrfolge Antibiotikaverbrauchs ist die Verbreitung resistenter Erreger in einer Institution Ausdruck einer Mißachtung oder nicht ausreichenden Einhaltung der Grundregeln der Hygiene: Unbedingt notwendig ist das Händewaschen vor, zwischen und nach Patientenkontakt bzw. der Gebrauch von Einmalhandschuhen.
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-Strategien zur Ausbreitungsbekämpfung multiresistenter Bakterien
Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) - Erythema multiforme
N eueinfiihrung - Erythromycin - Stinoprat
Epidemiologie - Infektionsjahresstatistik 199 5 -AIDS -Opportunistische Infektionen durch Candida Spezies -Keuchhusten bei Erwachsenen
Mittel der Wahl -Bei Legionärspneumonie
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- Dosierungsvergleiche von Ceftriaxon bei ambulant erworbenen Infektionen
Pharmakokinetik - Cotrimoxazol bei AIDS-Patienten - Meropenem und Imipenem
Resistenz -Antibiotika im Tierfutter - Mehrfachresistenz bei B. fragilis - Streptococcus pneumoniae in Deutschland und Finnland
Fragen zu wichtigen Infektionen (13) -Infektionen von zentralnervösen Shunt-Systemen
Interaktionen - Zidovudin und Fluconazol/Valproinsäure
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Zeitschrift für Chemotherapie
Trotz zahlreiche r Maßnahmen zur Verbesserung und Standardisierung der Infektionserfassung, Infektionskontrolle, Krankenhaushygiene und antimikrobiellen Therapie im Krankenhaus durch ärztliche Standesorganisationen bzw. staatliche Stellen ist es selbst in den USA nicht gelungen, entscheidende Fortschritte hinsichtlich der praktischen Umsetzung dieser Maßnahmen auf lokaler Ebene zu erzielen.
Daher wurden auf einem gemeinsamen Workshop, der von der National Foundation for Infectious Diseases und dem Hospital Infection Program des CDC/ Atlanta organisiert wurde, Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes im Krankenhaus und der Infektionskontrolle bzw. Infektionserfassung diskutiert und Rahmenp läne erstellt. Diese so ll en Krankenhäusern helfen, die Verbreitung von resistenten Erregern einzudämmen. Der Kreis der Experten rekrutierte sich aus allen relevanten Bereichen eines Krankenhauses, wie Infektionsep idemiologie, klin ische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene, klinische Infektiologie, Plegebereich, Krankenhausapotheke, Krankenhausverwaltung bzw. Krankenhausinformatik. Ziel dieser Arbeitsgruppe war es nicht, neue Richtlinien zu erstell en, sondern einen Rahmenplan zu skizzieren, der als generelle Handlungsanleitung in Verbindung mit schon existierenden Richtlinien angesehen werden kann.
Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes Strategische Ziele im Hinblick auf den Einsatz und Verbrauch von Antib iotika im Krankenhaus zielen auf eine Verbesserung des prophylaktischen, empirischen und therapeutischen Einsatzes: (1) Erstellung von Standards zur Verbesserung der antibiotischen Prophylaxe bei chirurgischen Eingriffen, (2) Optimierung der empirischen antibiotischen Behandlung in Abhängigkeit von der Risikopopulation und Optim ierung der Dauer der Behandlung, (3) Verbesserung der Verschreibungspraxis von Antibiotika durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen auf der Stationsebene und durch verwaltungstechnische Maßnahmen (Zugriffsbeschränkung für bestimmte Antibiotika bzw. Antibiotikaklassen für bestimmte Stationen sowie Beschränkung der Verschreibung in Abhängigkeit von der beruflichen Hierarchie), (4) Uberwachung und Monitaring der ärztlichen und medizinischen Maßnahmen bei Auftreten von resistenten Erregern auf einer Station und (5) Erstellung von Richtlinien zum Einsatz von Antibiotika für übergeordnete medizinische Bereiche (zum Beispiel medizinische Intensivstation, operative Intensivstation).
Prävention und Kontrolle der Resistenzentwicklung Ein zweiter Bereich der strategischen Zielsetzungen betrifft die Prävention und Kontrolle der Resistenzentwicklung und Resistenzausbreitung:
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(1) Aufbau eines Systems zur Erkennung und Erfassung von Trends der Resistenzentwicklung in spezifischen Bereichen und in bestimmten Zeiträumen mit klarer Definition der Institutionen und Personen, die regelmäßig oder aktuell hierüber informiert werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Krankenhaus leitung, Verwaltung, ärztliche Abteilungsleiter, Pflegeleitung, Stationsleitung, Apotheke bzw. alle diejenigen, die bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen eingebunden sind. Geeignet sind Berichte des mikrobiologischen Institutes 111 bestimmten Abständen (drei bis zwölf Monate) über Verteilung der Erreger und das Resistenzverhalten, aufgesch lüsselt nach bestimmten Untersuchungsmaterial ien und bestimmten Stationen.
(2) Etablierung eines Informations- und Erfassungssystems 1m Auftreten von resistenten Keimen bei individuellen Patienten . Dazu zählt auch ein Q!alitätssicherungsprogramm, das die implementierten Gegenmaßnahmen beurteil t und bewertet.
(3) Sicherstellung der Einhaltung der hygienischen Grundregeln auf den Stationen. Hierzu zählen alle Maßnahmen der Fortbildung bzw. Erste llen von Richtlinien, Arbeitsanweisungen und Verhaltensmaßregeln, die sich auf Hygiene am Arbeitsplatz und Iso lierungsmaßnahmen beziehen.
(4) Übernahme des Infektionskontroll- und Präventionsprogramms in die strategischen Zielsetzungen des Krankenhauses. D amit ist auch die Bereitstellung notwendiger Mittel gemeint, um diese Ziele zu realisieren. Insbesondere zählen hierzu Geräte für die hygienische Händedesinfektion, Einrichtungen für Isolierungsmöglichkeiten, personelle und investive Mittel zur Infektionskontro lle sowie der Datenerfassung und Auswertung.
(5) Ausarbeitung von standardisierten Vorgehensweisen, um Patienten mit resistenten Erregern zu erkennen und zu identifizieren, stationär aufzunehmen, innerhalb des Hauses zu verlegen bzw. zu entlassen.
Diese strategischen Ziele wurden von der Arbeitsgruppe bewußt allgemein gehalten, um die Akzeptanz unterschiedlicher Zielinstitutionen wie Krankenhäuser der Maximalversorgung, Universitätskliniken bzw. Krankenhäuser mit spezifischen Aufgaben zu erhöhen.
Beispiel: perioperative Prophylaxe Am Beispiel der perioperativen Prophylaxe wurde versucht, diese Ziele auch konkret zu operationalisieren:
Als Erfolgsparameter wurden definiert: (1) H äufigkeit von postoperativen Infektionen (Anzahl postoperativer Infektionen bezogen auf alle operativen Eingriffe).
(2) H äufigkeit postoperativer Infektionen bei Patienten mit nicht korrekter perioperativer antibiotischer Prophylaxe im
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Vergleich zu Patienten mit korrekter perioperativer Prophylaxe.
(3) Anzahl res istenter, postoperativ isolierter Erreger bei Patienten mit inadäquater perioperativer Prophylaxe im Vergleich zur adäquaten perioperativen Prophylaxe.
Al s Interventionsparameter wurden definiert:
(1) Anzahl der Patienten mit inadäquater perioperativer Prophylaxe in Bezug zu all en Patienten mit operativen Eingriffen.
(2) Anteil der Patienten mit perioperativer Prophylaxe von weniger als 24 Stunden Dauer im Vergleich zu all en Patienten mit Prophylaxe.
(3) Anteil der Patienten, der bis zu zwe i Stunden vor dem chirurgischen Eingriff prophylaktisch ant ibiotisch behandelt wurde, bezogen auf alle Patienten mit perioperativer Prophylaxe .
Optimierung der Antibiotikatherapie Folgende Operationale Definitionen wurden für den Bereich der Optimierung der Antibiotikaauswahl, der Dauer der Behandlung und der empirischen Therapie getroffen:
Als Erfolgsparameter wurden angesehen:
(1) Anzahl der Infektionen mit Keimen , di e gegen die als empirische Therapie eingesetzten Antibiotika resistent waren in Bezug zu allen Patienten, die mit diesen Präparaten empirisch behandelt wurden, (2) Anzahl der unerwünschten Wirkungen in Bezug zu all en Patienten , die mit diesen Präparaten empirisch behandelt wurden und (3) Kosten einer empirischen Therapie in einer bestimmten Periode.
Für die Beurteilung der Interventionen wurden als geeignete Parameter angesehen: (1) Anzahl der inadäquaten empirischen Therapi eregime bezogen auf die Anzahl aller empirisch behandelten Patienten, (2) Anzahl der Patienten mit empirischer antibiotischer Therapie ohne vorherige Gewinnung eines Untersuchungsmateria les zur mikrobiologischen Testung in Bezug zu allen Patienten mit empirischer Behandlung, (3) Anzahl der Patienten mit ungeeigneter empirischer antibiotischer Therapie und konsekutiver mikrobiologisch dokum entierter Infektion in Bezug zu allen Patienten mit empirischer Behandlung.
Der Umsetzung diese r Ziele stehen all erdings Widerstände und Hindernisse im Wege, deren Kenntnis eine wichtige Voraussetzung ist, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen . Zu diesen Widerständen gehören ökonomische Bedenken von Se iten der Krankenhausträger, Unkenntnis bzw. Ignoranz ärztlicherseits, Mange l an elektronischen Datenerfassungssystemen bzw. Programmen oder der fehl ende Wille der Verantwortlichen mit unbequemen Sanktionen notwendige Maßnahmen auch gegen den anfänglichen Widerstand der Beschäftigten im Krankenhaus durchzusetzen.
Zeitschrift für Chemotherapie
ZUSAMMENFASSUNG: Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus lnfektionsexperten, die von der National Foundation for lnfectious Diseases und dem CDC/ Atlanta zusammengerufen wurden, entwickelte strategische Zielsetzungen zur Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes im Krankenhaus und zur Optimierung der Infektionskontrolle und -erfassung. Dieses diente dem Versuch, dem weltweit zu beobachtenden Trend der Entwicklung und Ausbreitung von resistenten Erregern in Krankenhäusern gegenzusteuern. Folgende Ziele wurden als u. a. wesentlich herausgestellt: (1) Verbesserung der antimikrobiellen perioperativen Prophylaxe, (2) Verbesserung der Auswahl und Dauer der empirischen antibiotischen Behandlung, (3) Steuerung der Verschreibungspraxis und des Zugriffs fiir bestimmte Antibiotika, (4) Aufbau eines Datenerfassungs- und Informationssystems zur Erkennung individueller und allgemeiner Resistenzentwicklungen und (5) Etablierung eines permanenten Systems zur Sicherstellung hygienischer Grundregeln im Krankenhaus. Die strategischen Ziele wurden bewußt allgemein gehalten, um den Krankenhäusern bzw. deren Verantwortlichen eine individuelle und den örtlichen Besonderheiten angepaßte Ausgestaltung zu ermöglichen. GOLDMANN, D. A. et al. JAMA 1996; 275:234- 240
Neueinführung
Erythromycin-Stinoprat -alter Wein in neuen Schläuchen Seit Jahrzehnten hat sich Erythromycin (div. Warenzeichen) als wichtiges Antibiotikum zur Behandlung von Infektionen durch grampositive Bakterien, Chlamydien und Mykoplasmen bewährt. Ein wichtiger Nachteil des Medikamentes ist jedoch die Instabilität der Verbindung im sauren Milieu des Magensaftes. Nachdem bekannt wurde über welche Wege die Degradation der Substanz im Sauren abläuft, konnte man gezielt stabilere Verbindungen synthetisieren, die heute zunehmend verordnet werden. Wegen der optimierten Eigenschaften zählen derzeit Roxithromycin (RULID), Clarithromycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) zu den bevorzugten Präparaten bei einer oralen Therapie mit Makroliden (vgl. ZCT 1995; 16 : 41-43).
Mit Erythromycin-Stinoprat (ERYSEC, MEDISMON) wird nun eine neue Form des Erythromycin-Propionats auf den Markt gebracht, die gegenüber den klassischen Erythromycin-Präparaten keine erkennbaren Vorteile besitzt. In Analogie zu dem lang bekannten Erythromycin-Estolat
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Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) Erythema multiforme Kasuistik: Ein 28 Jahre alter Patient berichtet über Fieber, das seit einer Woche besteht, ferner über Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl und Hinfälligkeit sowie Symptomen eines oberen Atemwegsinfektes. Seit zwei Tagen ist eine erythematöse, zunächst makulös rund liche Infiltration auf dem H andrücken der rechten Hand entstanden, welche innerhalb kürzester Zeit in eine papulöse Hauteruption überging. Diese Papel hätte sich vergrößert und sei zentral mit einer Krustenbildung einhergegangen. In der Papel ist es zu konzentrischen Farbveränderungen gekommen und weitere Hautveränderungen seien am Unterarm aufgetreten. Im Bereich der Mundschleimhaut seien zusätzlich Schmerzen, eine Rötung des Gaumens und Schluckbeschwerden bemerkt worden.
Bemerkung~ Die recht typische Manifestation dieser Hauterkrankung mit den Stadien der makulösen erythematösen Hautveränderungen mit nachfolgenden Papelbildungen in symmetrischer Verteilung distal auf beiden Extremitäten (insbesondere der oberen) zusammen mit den konzentrischen Farbveränderungen in diesen Läsionen ("Iris-Läsionen") und mit dem eher jungen Lebensalter des Patienten sind relativ typisch für die seltene Manifestation eines Erythema multiforme. Ein Erythema multiforme kann in der sogenannten Minor-Form wie im vorliegenden Fall auftreten; in der anderen, sogenannten Major-Form, kann es zu bullösen Hautveränderungen mit auch epidermalen nekrolytischen Hautablösungen, sowie auch ausgedehnten Mukosaerosionen im Bereich der Augen, der Genitalorgane, des Pharynx und des oberen Respirationstraktes kommen.
Ätiologie : Ätiologisch können bei dem Erythema multiforme zahlreiche infektiöse wie auch nicht-infektiöse Ursachen vermutet werden. Drei relativ gut beschriebene Ätiologien werden heute vorwiegend verantwortlich gemacht: Herpes simplex, Mykoplasma pneumoniae und Arzneimittel. In über 60 % geht einem Erythema multiforme in einem etwa ein- bis dreiwöchigen Abstand eine Herpes SimplexInfektion voraus. Seltener ist ein Mykoplasma-assoziiertes Erythema multiforme, welches insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen auftritt. Unter den Arzneimittelinduzierten Erythemen muß insbesondere die Assoziation mit Sulfonamiden, Phenylbutazon (BUTAZOLIDIN u. a.), Diphenylhydantoin (ZENTROPIL u. a.) und Penicillinen berücksichtigt werden. Typischerweise tritt das Erythema multiforme ein bis drei Wochen nach Behandlungsbeginn mit den genannten Substanzen auf. Pathogenetisch wird eine immunologische Reaktion in der Haut und an den Schleimhäuten bedingt durch zirkulierende Immunkomplexe vermutet. Histologisch finden sich eine Akkumulation von mononukleären Zellen um die oberflächlichen Hautgefaße zusammen mit einer Schädigung der Epidermis. Differentialdiagnostisch muß bei den Hauterscheinungen an eine bakterielle Endokarditis, eine chronische Meningokokken-Bakteriämie, eine sekundäre Syphilis, an die Kawasaki-Erkrankung, an Coxsackie B-Virus-Infektionen sowie auch an vaskulär sich manifestierende Kollagenasen gedacht werden.
Thera[>ie: Eine wirksame Therapie für das Erythema multiforme gibt es nicht. Bei infektiöser Ursache sollte die Herpes simplex-Infektion mit Aciclovir (ZOVIRAX) behandelt werden. Bei wiederhohem Auftreten eines Erythema wird die prophylaktische Therapie mit oralem Aciclovir zur Verhinderung eines rezidivierenden postherpetischen Erythema multiforme empfohlen. Eine Mykoplasma-Infektion wird mit Makroliden oder Tetrazyklinen behandelt. Mögliche ursächliche Pharmaka sollten sofort abgesetzt werden. Der Stellenwert einer systemischen Steroidtherapie ist umstritten und offensichtlich nicht hilfreich.
KLINE, N. C. Inf. Dis. Pract. 1995; 19: 108 - 110
(INFECTOMYCIN u. a.) wird hier lediglich eine neue Salzform einer bekannten Verbindung vermarktet (Acetylcystein fungiert hier als Anion, während beim Estolat ein Dodecylsulfat-Salz vorliegt).
Nach oraler Gabe entsteht aus dieser Verbindung im Organismus zunächst Erythromycinpropionat, dann freie Erythromycin-Base als Wirkform und außerdem Acetylcystein (ACC, FLUIMUCIL u. a.). Die Bezeichnung "Multi-Prodrug" soll andeuten, daß von dem freigesetzten Acetylcystein eine sekretolytische Wirkung erwartet wird . Die Mengen an Acetyl-
cystein, die in einer Tablette mit 650 mg Wirkstoff enthalten sind, lassen keine adäquate sekretolytische Therapie erwarten (ca. 100 mg). Im übrigen ist die fixe Kombination von Antibiotika mit anderen pharmakologisch wirksamen Substanzen grundsätzlich abzulehnen, da für die Begleittherapie stets andere Einnahmeregeln gelten, als für das Antibiotikum.
Die vom Hersteller des Präparates herausgegebene Broschüre ("Wissenschaftliche Basisinformation") läßt leider viele Wünsche offen. Die Darstellung der antibakteriellen Aktivität der Substanz
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Zeitschrift fü r Chemotherapie
ist völlig un zureichend (vergleichende mikrobiologische Untersuchungen fehlen!) und auch bei der Darstellung der pharmakakinetischen Daten ergeben sich Unstimmigkeiten. D a Veröffentlichungen über die Eigenschaften der Substanz im internationalen Schri fttum sehr spärlich sind, kann insgesam t nur ein erheblicher Mangel an wissenschaftlicher In fo rmation festgestellt werden . Von den 30 Zitaten im "Literaturverzeichnis" der Broschüre sind mehr als 20 unve röffentlicht.
SCHLUSSFOLGERUNG: Erythromycin-Stinoprat (ERYSEC, MEDISMON) ist ein "neues" Erythromycin-Präparat, das keine erkennbaren Vorteile gegenüber älteren Salz- oder Esterformen des Erythromycins besitzt. Da die Dokumentation der Eigenschaften der Substanz sehr zu wünschen übrig läßt, kann die therapeutische Verwendung gegenwärtig nicht empfohlen werden. Die neu entwickelten säurestabilen ErythromycinDerivate [Roxithromycin (RULID), Clarithromycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX)) stellen derzeit die rationalere Auswahl in der Gruppe der Makrolid-Antibiotika dar.
Eigenrecherche
Epidemiologie Infektionsepidemiologie 1995 Die Jahresstatistik ausgewählter Infektionskrankheiten 1995 für die Bundesrepublik Deutschland deutet auf die unverändert erhebliche Bedeutung von Infektionen hin. Salmonellosen lagen m it rund 114.000 gemeldeten Erkrankungsfä llen unverändert an der Spitze, ze igten allerdings einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 14 %. Die Inzidenzrate von 140 Erkrankungsfäll en pro 100.000 Einwohner bleibt zwar noch über dem Wert des Jahres 1990 (130 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), zeigte aber gegenüber dem Gipfeljahr 1992 (242 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) eine erhebliche Verbesserung der Situation. Bei den übrigen Formen der Enteritis in fectiosa hat sich ein steigender Trend von 64.451 Fällen im Jahre 1994 auf 74.580 Erkrankungen im Jahre 1995 fortgesetzt. Nach wie vor ist Salmonella enteritidis mit einem Antei l von 61 % aller Infektionen der vorherrschende Erreger beim Menschen, womit das weiterhin bestehende Risiko einer Infektion über infiziertes Geflügel oder H ühnereier dokumen tiert ist.
Die Situation bei der H epatitis A hat sich bisher nicht verbessert, es zeigt sich seit Ende 1994 sogar ein Wiederanstieg der gemeldeten Erkrankungszahlen . Mit 6.544 im Jahre 1995 erfaßten Erkrankungsfällen ergab sich eine Zunahme um 19 % gegenüber dem Vorjahr. Auch der seit Herbst
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1994 zu beobachtende leichte Ansti eg der H epatiti s B, der sich auch im Jahre 1995 fortsetzte, unterstreicht die Notwendigkeit einer intensiveren Impfjxophylaxe. Mit 6.042 gemeldeten Erkrankungsfällen ergab sich eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 17%. Die Zahl der tatsächlich jährlich neu Infizierten liegt all erdings um ein Mehrfaches höher und wird auf 40 .000 - 50.000 geschätzt.
Unter den weiteren zahlenmäßig bedeutsamen Infektionen sind die Malaria mit 943 gemeldeten Erkrankungen im Jahre 1995 zu erwähnen, weiterhin 179 Ornithosen, 2.820 Meningitiden/Enzephalitiden sowie 1.859 Shige ll osen . W ährend 1994 sechs Diphtheriee rkrankungen bekannt wurden, wurden 1995 vier Erkrankungen gemeldet. Entgültige Zahlen zur Tbc-Epidemio logie sind in di esem Bericht für 1995 noch nicht enthalten, obwohl 1994 noch 12.982 Tbc-Erkrankungen regi striert worden sind.
In den USA stand unter den am häufigs ten berichteten Infektionen die Gono rrhoe mit 348.137 Patienten ganz vorn; bemerkenswert ist auch die hohe Zahl von 9.634 Lymee rkrankungen ; die Zah l der Malariafäll e blieb mit 1.260 recht konstant gegenüber 1994. Interessant sind auch die Zahlen für die Syphilis mit 15.027 sowie für die Tuberkulose mit 19.73 9, die beide einen deutlichen Rückgang gegenüber 1994 aufWiesen .
Epidemio logisches Bulletin des Robert-Koch-lnsti tuts: 5196 , 32- 35 MMWR I 996; 4 5: 23- 25
AIDS Bis zum 31. 12. 1995 wurden insgesamt 14.078 AIDS-Fälle in Deutschland gemeldet, davon 10,2 % weibliche Patienten ; 9.055 (64,3 %) der Patienten waren verstorben . Vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1995 wurden insgesamt 1.792 Neuerkrankungen dem Robert-Koch-Institut gemeldet. (Zum Vergleich: In den USA wurden 1995 insgesamt 68.367 AIDSErkrankungen gemeldet.) Hinsichtlich der Risikoverteilung haben sich in den Jahren 1994 und 1995 keine wesentlichen Veränderungen ergeben, Homosexualität bzw. Bisexualität steht mit 64,2 % unverändert an der Spitze, gefolgt von intravenösem Drogenabusus mit 14,7 %, Heterosexuali tät mit 7,4 bzw. 7,8 % sowie Hämophilie mit 2,5 bzw. 2,8 % . Unter den klinischen Erstmanifestationen stehen unverändert die opportunistischen Infektionen mit 72,7% an erster Stelle, gefolgt von KaposiSarkomen mit 9,4 %. Letzteres hat jedoch gegenüber dem Zeitraum bis Ende 1987 mit damals 19,0 % stark an Bedeutung verloren; zugenommen haben in den letzten beiden Jahren gegenüber dem Zeitraum bis Ende 1987 insbesondere die malignen Lymphome und das "Wasting-Syndrom". Unter den opportunistischen Infek-
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tionen haben Pe-Pneumonien deutl ich abgenommen (38,9 %) während CMVErkrankungen auf 8,6% und TBC/MAI mit 13,5% im Jahre 1995 deutlich gegenübe r dem Zeitraum bis Ende 1987 (4 %) zugenommen haben.
Die Bedeutung der Tuberkulose als initiale AIDS defini erende Erkrankung variiert in Europa ganz beträchtlich : Schweiz 6,1 %, Dänemark 6,4 %, Deutschland 6,4 %, Großbritannien 7,6 %, Frankreich 10,7 %, Belgien 16,4 %, Polen 19,5 %, Spanien 42 ,0 % und Portugal 51,4 %.
Berich t des AIDS-Zentrums im Roben -Koch-Institut : 120; IV /95, 5-13
Opportunistische Infektionen durch Candida Spezies - eine epidemiologische Untersuchung aus den USA Infektionen durch Candida spp. sind zumeist Ausdruck einer erheblich gestörten körpereigenen Immunabwehr. Betroffe n sind vor allem Patienten mit HIV-In fe ktion , mit Granulozytopenie, nach Orga ntransplantation bzw. Patienten unter 1mmunsuppress1ver bzw. zytostatischer Therapie.
In einer epidemiologischen Untersuchung in den USA wurden die H äufigkeit und die Risikofaktoren von opportunistischen Candida-Infektionen bei hospitalisierten Patienten erfaßt. Die notwendigen Daten aus den Jahren 1980 bis 1989 wurden aus Krankenhaus-Datenbanken gewonnen . Insgesamt fand sich eine Zunahme an Candida-Infektionen von 1980 bis 1989 um das 2,7-fache. Die Rate an oropharyngealer Candida-In fe ktion stieg von 0,34 pro 1.000 Aufnahmen im Jahre 1980 auf 1,6 pro 1.000 Aufnahmen (4,7 facher Anstieg), wobei besonders HIV-Patienten betroffen waren (22-facher Anstieg) . Die Anzahl an Todesfä llen unter den Patienten mit einer oropharyngealen Candidiasis stieg im gleichen Zeitraum um das Fünffache an.
Von besonderer klinischer Bedeutung war die Beobachtung, daß die Rate an disseminierten Candida-Infektionen um das 11-fa che anstieg (von 0.013 Fäll en auf 0.15 pro 100.000 Aufnahmen). Dieser Anstieg war besonders deutlich bei Kindern und AIDS-Patienten, aber auch bei Patienten mit Tumoren und Organtransplantationen zeigte sich eine Zunahme um das Doppelte. Bezogen auf absolute Zahlen verstarben 11 mal mehr Patienten 1989 an einer disseminierten Candidiasis als 1980.
FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer Auswertung von KrankenhausDatenbanken in USA fand sich zwischen den Jahren 1980 und 1989 eine 2,7-fache Zunahme von Candida-Infektionen bei hospitalisierten Patienten. Betroffen waren vor allem immunsupprimierte
Zeitschrift fur Chemotherapie
Patienten. Von großer Bedeutung war, daß die Rate an disseminierten CandidaInfektionen ebenfalls anstieg und die absolute Zahl derer, die an einer disseminierten Candidiasis verstarben, im gleichen Zeitraum um das 11-fache zunahm.
FISHER-HOCH, S. P. et al. Clin. Inf. Dis. 1995 ; 21: 897-904
Keuchhusten bei Erwachsenen in Deutschland Anläßlich einer großen Pertussis-Impfstudie in Deutschland, deren Hauptziel die Wirksamkeitskontrolle einer PertussisImpfung war, wurde eine überraschend hohe Zahl von Pertussis-Infektionen auch bei Erwachsenen festgestellt.
Die Untersuchung sah nach erfolgter Impfung eine zweiwöchentliche telefonische Kontaktaufnahme mit den Erziehungsberechtigten der Impflinge vor. Bei Auftreten einer Hustensymptomatik in der Familie, die länger als sieben Tage anhielt, wurden die Impflinge bzw. die Familienmitglieder untersucht, Blut fur serologische Tests sowie einen Nasenabstrich zum mikrobiologischen Nachweis von Bordetella pertussis aserviert. Keuchhusten wurde dann als gesichert angesehen, wenn folgende Kriterien vorlagen: (1) Klinisch: Auftreten einer typischen Keuchhustensymptomatik über 14 Tage Dauer oder Keuchhusten in der Anamnese mit Lymphozyten über 10/ !ll im peripheren Blut; (2) vierfacher Titer-Anstieg im Agglutinin-Test, signifikanter Titer-Anstieg im ELISA entweder intraindividuell oder im Vergleich zu einer gesunden Vergleichskohorte, eine positive Kultur aus dem Nasenabstrich oder ein positives Testresultat mittels Polymerase-Kettenreaktion.
Von 203 Erwachsenen konnte Untersuchungsmaterial gewonnen werden, bei 64 (32 %) fanden sich Hinweise auf eine frische Bordetella-Infektion.
Die Nachweisrate mittels PCR betrug 38%, die der Kultur 3,6 %. Im ELISA zeigte der Nachweis von lgA gegen Pertactin die höchste Sensitivität.
Bei 39% der Erwachsenen, bei denen klinisch definitiv bzw. wahrscheinlich eine Keuchhustenerkrankung vorlag, fanden sich laborchemische Ergebnisse fur eine Infektion; nur 11% wiesen Symptome auf, bei denen im Labor keine Hinweise fur eine Infektion zu finden waren (p < 0.0001). Auch gaben signifikant mehr Erwachsene mit laborchemischen Zeichen einer Infektion anamnestisch Hinweise auf anfallsartigen Husten, Giemen über dem Brustkorb und eine abgelaufene antibiotische Behandlung an.
Aus den epidemiologischen Daten wurde die Häufigkeit an B. pertussis-Infektionen in der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland mit einer erstaunlich hohen Rate von 133 auf 100.000 Erwachsene pro Jahr berechnet.
FOLGERUNG DER AUTOREN: Im Rahmen einer ImpfWirksamkeitsstudie in Deutschland wurde die Häufigkeit von Bordetella pertussis-Infektionen bei Erwachsenen erfaßt. Es fand sich eine jährliche Rate von 133 Erkrankungen auf 100.000 Erwachsenen. Die Daten zeigen, daß eine in der Jugend durchgemachte Keuchhustenerkrankung und der Nachweis von Antikörpern im Serum vor einer Folgeinfektion nicht schützt und Keuchhusten in die Differentialdiagnose von Husten auch bei Erwachsenen mit aufgenommen werden sollte. Die Bedeutung von Boosterimpfungen bei Erwachsenen ist zur Zeit noch unklar.
SCHMITT-GROHE, S. et al. Clin. Inf. Dis. 1995; 21: 860 - 866
MiHel der Wahl Antibiotika-Therapie der Legionärspneumonie Seit der ersten Beschreibung der Legionärspneumonie im Jahre 1976 wird immer wieder über die optimale antibiotische Therapie diskutiert. Da hierüber kontrollierte Studien fehlen, muß auf die Ergebnisse von Laboruntersuchungen und den Beobachtungen aus unkontrollierten klinischen Studien zurückgegriffen werden. Ein sehr erfahrener Mikrobiologe und lnfektiologe auf dem Gebiet der Legionärsinfektionen hat auf der Basis neuerer Daten zu einer optimalen Therapie von Legionärspneumonien Stellung genommen. In einer ausfuhrliehen Analyse und Würdigung der Ergebnisse aus Labor- und klinischen Studien mit Makroliden, Tetrazyklinen, Cotrimoxazol (BACTRIM u. a.), Chloramphenicol (PARAXIN u. a.), Aminoglykosiden, Fluorochinolonen, BetalaktamAntibiotika und Streptograminen kommt er zu folgenden Empfehlungen:
Bei Patienten mit ambulant erworbener Legionärspneumonie, die auch ambulant behandelt werden, wird eine Therapie mit Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) bzw. neueren Makroliden oder Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) empfohlen. Bestehen Risiken wie schwerere Grunderkrankungen oder höheres Lebensalter (über 60 Jahre), sollte ein Fluorochinolon wie z. B. Ofloxacin (TARIVID) oder Ciprofloxacin (CIPROBAY) eingesetzt werden. Eine Alternative bei dieser klinischen Konstellation ist auch die Kombination aus Erythromycin mit Rifampicin (RIFA u. a.).
Bei immungestörten Patienten bevorzugt der Autor allerdings Fluorochinolone aus unterschiedlichen Gründen. Eine Über-legung ist die Tatsache, daß die Letalität bei diesen Patienten mit einer Legionärserkrankung deutlich höher ist als bei immunologisch gesunden Patienten; darüber hinaus ist die in vitro-Aktivität der
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Fluorochinolone im Vergleich zu den herkömmlichen Makroliden deutlich überlegen, so daß diese Empfehlung begründet erscheint. Weiterhin beeinflussen die Fluorochinolone nicht den Metabolismus von Ciclosporin (SANDIMMUN), was insbesondere bei Transplantationspatienten von Bedeutung sein kann. Im Gegensatz hierzu interferieren Erythromycin, Clarithromycin (KLACID u. a.), Josamycin (WILPRAFEN) und Rifampicin erheblich mit dem Ciclosporinmetabolismus. Hingegen sind mit Azithromycin (ZITHROMAX) bisher keine Interaktionen bekannt geworden. Eine Kombination von Rifampicin mit Fluorochinolonen wird von dem Autor nicht empfohlen, da die in vitro-Daten keine verbesserte Wirksamkeit belegen.
Einige antimikrobielle Substanzen sollten unter keinen Umständen in der Behandlung der Legionärserkrankung eingesetzt werden. Zu diesen gehören die BetalaktamAntibiotika, Aminoglykoside und sehr wahrscheinlich auch Chloramphenicol.
FOLGERUNG DES AUTORS: Bei ambulanten Behandlungen von Legionärspneumonien können unverändert Makrolide mit Bevorzugung der moderneren Substanzen wie Azithromycin (ZITHROMAX) oder Clarithromycin (KLACID u. a.) empfohlen werden. Bei schweren Verläufen und insbesondere bei immunologisch gestörten Patienten in der Klinik wird der primäre Einsatz von Fluorochinolonen wie Ciprofloxacin (CIPROBAY) oder Ofloxacin (TARIVID) empfohlen. Eine Kombination mit Rifampicin (RIFA u. a.) wird nur bei der gemeinsamen Gabe mit Makrotiden als sinnvoll bezeichnet, eine Kombination von Rifampicin mit Fluorochinolonen erscheint nicht sinnvoll.
EDELSTEIN, P. Clin. lnfect Dis. 1995; 21 (Suppl. 3): 265 - 276
Doppelblind-Untersuchung 1 g versus 2 g Ceftriaxon bei ambulant erworbenen Infektionen Ceftriaxon (ROCEPHIN) ist ein Cephalosporin mit einem breiten antimikrobiellen Spektrum, das sich durch eine lange Halbwertzeit von acht bis zehn Stunden auszeichnet. Dieses ungewöhnliche kinetische Verhalten erlaubt eine vorteilhafte einmal-tägliche Verabreichung. In einer Doppeblind-Studie wurde die klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ceftriaxon in einer Dosis von 1 g pro Tag mit der von 2 g pro Tag verglichen. 267 Patienten mit ambulant erworbenen Infektionen, die aufgrund der Schwere der Erkrankung stationär behandelt werden rri.ußten, konnten in die Studie aufgenommen werden. Die Patienten erhielten das Antibiotikum intravenös im Durchschnitt über zehn Tage. Beide Patientengruppen
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Zeitschrift fur Chemotherapie
waren gut miteinander ve rgleichbar. Etwa jeder zweite Patient wurde wegen Infektionen im Bereich der unteren Luftwege, 28% (versus 36 %) wurden wegen Infektionen im Urogenitalbereich antibiotisch behandelt. 45 Patienten kamen aus verschiedenen Gründen nich t in die Endauswertung.
Insgesamt fand sich eine Heilung bei 91 % der Patien ten mit 1 g Ceftriaxon und bei 86% mit 2 g der Prüfs ubstanz. Ein Therapieversagen konnte bei 3% (versus 8 %) und ein Rezidiv bei jeweil s 3% beobachtet werden (keine signifikante n Un terschiede).
Das Cephalosporin war gut verträglich. In einigen Fäll en kam es zu pathologischen Leberfu nktionswerten bzw. zu Ph lebi tiden, ohne daß sich zwischen den be iden Gruppen ein signifikanter Untersch ied fes tstellen ließ.
FOLGERUNG DER AUTOREN: In dieser multizentrischen, doppelblinden Studie an 222 auswertbaren Patienten mit ambulant erworbenen Infektionen fand sich bezüglich klinischer und bakteriologischer Wirksamkeit und Verträglichkeit kein Unterschied zwischen einer 1-Gramm-Tagesdosis und einer 2-Gramm-Tagesdosis von Ceftriaxon (ROCEPHIN). Die Niedrigdosis ist daher aus wirtschaftlichen Uberlegungen bei dieser Indikation der höheren Dosis vorzuziehen.
SEGEV, S. et al. Eur. J . Clin. Microb.lnf. Dis. 1995; 14:85 1- 855
ANMERKUNG DER REDAKTION: Bei der Auswertung von etwa 100 Patienten pro Gruppe bleibt unklar, ob nicht doch ein gewisses Maß an therapeutischer Sicherheit bei Verzicht auf die höhere Dosierung auf dem Altar der Pharmakaökonomie geopfert wird.
Pharmakokinetik Pharmakakinetik von Cotrimoxazol bei AIDS-Patienten Die Pneumocystis carinii-Pneumonie bei AIDS-Patienten ist nach Einfuhrung von routinemäßigen Maßnahmen zur Prophylaxe dieser opportunistischen Infektion seltener geworden . Cotrimoxazol (BACTRIM u. a.) ist als Mittel der Wahl bei der Behandlung der PeP anzusehen . D etaillierte Studien zur Kinetik des Arzneimittels bei schwerkranken Patienten mit AIDS lagen bisher jedoch nicht vor -die Dosierung orientierte sich vielm ehr an den pharmakakinetischen Daten, die bei Patienten ohne AIDS ermittelt worden waren. In einer Studie an zum Teil schwers tkranken AIDS-Patienten (n = 8)
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mi t P. carinii-Pneumonie wurde nun von kanad ischen Ärzten das pharmakakinetische Verh alten der Sulfonam id-Trimethoprim-Kombination untersucht. Als Vergleichsgruppe di enten Pati enten mit der gleichen Erkrankung (n = 9), aber mit weniger schwe r ausgeprägtem Krankheitsb il d (APACH E II-Score 20 vs. 11). Das Medikamen t wu rde in der üblichen Dosierung zunächst intravenös und später oral verabreicht (Trimethoprim : 15 mg/kg KG und Sul famethoxazol: 75 mg/kg KG täglich ; verte il t auf drei bis vier Einzelgaben). Es ergaben sich keinerlei signi fi kanten Un terschiede in der Ki netik zwischen den beiden Gruppen, die Variabilität der Daten war all erdings erheblich. Die Plasmakonzentrationen nach intravenöser und oraler Verabreichung waren ebenfal ls ni cht wesentlich verschieden.
FOLGERUNG DER AUTOREN: In der Pharmakakinetik von Cotrimoxazol (BACTRIM u. a.) bei schwerstkranken und weniger schwer erkrankten AIDSPatienten mit einer Pneumocystis cariniiPneumonie konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Bei Schwerstkranken muß die Dosis also nicht den besonderen Gegebenheiten angepaßt werden. Bei der Umstellung einer intravenösen Applikation auf die orale Gabe des Chemotherapeutikums kann ebenfalls die Dosierung unverändert beibehalten werden.
CH IN, T. W. F. et al. An tim icrob Agen ts C hemother 1995; 39: 28 - 33
Serumbakterizidie und Pharmakakinetik von Meropenem und lmipenem M eropenem (MERONEM) ist ein neues Carbapenem , das sich durch hohe Stabilitä t gegen die renale Dehydropeptidase-I auszeichnet (Vgl. ZCT 1995; 16: 37- 38). Im Gegensatz zum nahe ve rwandten Imipenem (in : ZIENAM) muß es deshalb n icht in Kombination mit dem Inh ibitor C ilas tat in verabre icht werden . Bei 12 gesunden Freiwillige n wurde die Pharmakakinetik der beiden Antibiotika verglichen. Nach einer 30-m inütigen Infusion von 1 g des jeweiligen Carbapenems (Imipenem wurde zusammen m it 1 g C ilastatin verabreicht) lagen di e mittl eren Konzentrationen im Plasma der Probanden bei 61 mg/1 (Imipenem) und 52 mg/1 (Meropenem). Beide ß-Laktam antibiotika wurden mit einer H albwertzeit von etwa 65 Minuten überwiegend unverändert renal eliminiert. Die Verteilungsvolumina wurden im Mittel mit 15,3 (Imipenem) und 18,6 Litern (Meropenem) berechnet (bei 70 kg Körpergewicht). Im Gegensatz zu den meisten anderen pharmakakinetischen Variablen war de r Unterschied zwischen d iesen Werten sta ti stisch signifikant (p < 0,05).
März!April1996 - 17. j ahrg.
Die Serumbakteri zidie-Titer wurden eine Stunde und sechs Stunden nach der In fus ion berechnet. Beide Carbapeneme wiesen hohe T iter gegenüber klinisch wichtigen Erregern auf. Meropenem zeigte höhere T iter gegen E. cloacae und P. mirabilis, während die Titer des Im ipenems bei Staphylokokken höher lagen als d ie entsprechenden Werte des Meropenems.
FOLGERUNG DER AUTOREN: Meropenem (MERONEM) und Imipenem/ Ciiastatin (ZIENAM) sind zwei Carbapeneme mit ähnlichen pharmakokinetischen Eigenschaften. Eine Untersuchung der Serumbakterizidie-Titer bestätigte die etwas bessere Aktivität von Meropenem gegen gramnegative und von Imipenem gegen grampositive Bakterien.
DREETZ, M. et al. Antimicrob. Agents. Chemother. 1996; 40: 105- 109
Resistenz Antibiotika im Tierfutter Das Glykopeptid-Antibiotikum Avoparcin ist in der Europäischen Union als Leistungsfö rderer zugelassen und wird auch in Deutschland in der Tierernährung bei Geflü gel, Schwe inen, Rindern und Kälbern eingesetzt. D as Bundesmin isterium fu r Ern ährung, Landwirtschaft und Forsten hat di e Anwendung von Avoparcin auf Empfehlung des Bundesinstituts fur gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vorerst fu r die D auer von sechs M onaten verboten . N eue Daten hatten den Verdach t erhärtet, daß der Einsatz von Avoparcin in der Tierernährung die Ausbildung von Resistenzen gegen Glykopeptid-Antibiotika fördert und damit die Therapiemöglichkeiten in der Humanmedizin einschränkt.
Resistenzen gegen Glykopeptid-Antibiotika werden in zunehmendem Maß bei den Enterokokken beobach tet. Enterokokken sind natürlicher Bestandteil der Darmflora von M ensch und Tier. Sie sind fakultativ pathogen, d. h. sie können unter bestimmten Umständen schwere Infektionen hervorrufen , etwa bei immungeschwächten Patienten auf Intensivs tationen oder auch bei onkologischen Patienten . Neuere Unte rsuchungen, besonders aus dem skandinavischen Raum belegen, daß der Einsatz von Avoparcin die Selektion resisten ter Keime förd ert. Wurden umgekehrt keine Glykopeptid-Antibiotika in der Tierhaltung verwendet, traten auch keine spezifischen Resistenzen gegen Glykopeptide auf. Experimen telle und klinische Untersuchungen deuten außerdem darauf hin, daß sich die spezifische Glykopeptidresistenz auf weitere Keimarten ausbreiten kann.
Zeitschrift fur Chemotherapie
FOLGERUNG: Obwohl eine Verb indung zwischen einer nunmeh r nachwe islich durch die Tierhaltung verursach ten spezifischen Glykopeptidres istenz und der in Krankenhäusern auftretenden Resistenz noch immer nicht eindeutig belegt ist, h ab en sich die Verdachtsmom ente gegen d as Avoparcin so entsch eidend erhärtet, daß die Verwendung von Glykopeptid-Antibiotika auf e in unbedingt erforde rli ch es Minimum b eschränkt werden muß.
BGVV-Pressedienst: I / 96
Mehrfachresistenz bei B. fragili s M ehrere antibiotisch wirksame Arzneistoffe stehen zur Behandlung von Infektionen durch anaerobe Bakterien zur Auswahl. Metronidazol (CLONT), Coamoxiclav (AUGMENTAN) und Imipenem (ZIENAM) sind drei Wirkstoffe, die zu unterschiedlichen Stoffgruppen gehören und über verschiedene Mechanismen auf die Errege r e inwirken. Eine gleichzeitige Resistenz gegenüber allen d rei Medikamenten ist sehr selten. U m so bemerkenswerter ist der Fall einer 38 jährigen Frau, bei der nach einer elektiven Laparotomie Bacteroides fragilis aus dem Blut isoliert wurde . Bei d er Patient in entwickelte sich nach der Operation zunächst eine Peritonitis, später auch ein Pleuraempyem. Die Behandlung m it den genannten Antibiotika blieb erfo lglos, schließlich wurde die Therapie erfo lgreich mit Clindamycin (SOBELIN) und Gentamiein (REFOBACIN) fortgesetzt. N ach einem Krankenhausaufenthalt von insgesam t neun Wochen konnte die Pat ientin schließ lich entlassen werden.
FOLGERUNG D ER AUT OREN : Bei Infektionen durch anaerobe K eime, wie zum Beispiel B. fragilis, muß auch mit Mehrfachresistenzen gegen die gebräuchlichsten Antibiotika gerechnet werden . Metronidazol (CLONT u . a.) ist zwar bei den meisten Stämmen wirksam , doch kommen resistente Isolate vor.
TURNER, P. et al. Lancet 1995; 345: 1275 - 1277
Resistenz von Streptococcus pneumoniae-Isolaten in Deutschland
Streptococcus pneumoniae ist nach wie vor eine wichtige Ursache fur bro nchopulmona le Infektionen. Ein erheblicher Teil der Fälle von Pneumokokken-Pneumonie verläu ft tödlich . Weltweit wurde von Isolaren berichtet, die eine verminderte Empfindlichkeit gegen Penicill in G (diverse H andelsnamen) und - in vielen Fällen - auch gegen andere Antibiotika zeigten (vgl. ZCT 1993 ; 14: 1-3). Auch in Deutschland nahm die Anzahl von S. pneumoniae-Isolaten mit verminderter Penicillinsensibilität zu.
In einer multizentrischen Studie wurden systemische Pneumokokkeninfektionen aus
März/April 1996 - 17}ahrg.
Fragen zu wichtigen Infektionen ( 13) Infektionen von zentralnervösen Shunt-Systemen Ca. 95% aller H ydrocephali werden durch die Anlage eines Shunt-Systems behandelt. Von allen chirurgischen Verfahren hat sich dieses Vorgehen am besten bewährt. Prinzipiell ste hen zwei versch iedene Shunt-Systeme zur Verfugung : entweder kann die cerebrasp inale Flü ssigkeit (CSF) in die Peritonealhöh le abgeleitet werden (ventriculo-peritonea ler Shunt) oder die Ableitung kann in den rechten Vorhof (ventriculoau ricularer Shun t) erfolgen . Üb licherwe ise bestehen zentra lnervöse Shunt-Systeme aus e inem proximalen Ventrikelkatheter, einem Ventil b zw. Reservoir und einem distalen Kathete r, der in das Peritoneum bzw. den rechten Vorhof eingefuhrt wird.
1. Wie h ;iufig kommen C SF-Shunt-lntektio nen vo r? Publikationen über die H äufigkeit von Shun t-Infektionen zeigen eine breite Variabi li tät (1,5 bis zu 39 %) . Im Durchschnitt liegen die Angaben bei 10- 15 % . Besonders hohe Infektionsraten finden sich bei Frühgeborenen und sehr alten Pat ienten . Weitere prädisponierende Faktoren fur Shunt-Infektionen sind schlech te Hautverhältnisse sowie anamnestische Angaben zu vorhergehenden Shunt-Infektionen. Innerhalb der letzten Jahre ist eine eher rückläufige Infektionsfreq uenz beobachtet worden, die im wesent li chen durch verbesserte chirurgische Techniken bedingt sein dürfte.
2 . Wie ist die Pathogenese der CSF-Shunt-lnte ktionen ? Unterschieden werden drei wesentliche Infektionswege: 1. die Kolonisation des ShuntSystems während der Implantation, 2. die hämatogene Besiedlung des Shunt-Systems und 3. die retrograde Ausbreitung einer In fekt ion vom distalen Katheterende aus. Die meisten Shunt-In fektion en (70 %) treten innerhalb von zwei Monaten nach der Implantation auf. In der Regelliegt ihnen eine Kolonisation des Shunt-Systems durch die Hautflora während der Implantation zu Grunde. 30% der Infektionen treten in einem Ze itraum von m ehr als zwei Monaten nach der Implantation auf. Diese sind in der Rege l durch eine hämatogen bedingte Besiedlung bzw. durch eine retrograde Infektion aus dem Perito nealraum verursacht. Von besonderer Bedeutung fur die Pathogenese der zentra lnervösen Shunt-Systeme sind schleimbi ldende Bakterien wie Staphylokokken . Sowohl Staphylococcus ep iderm idi s a ls auch Staphylococcus aureus sind zu dieser Sch leimbildu ng fahig, die nicht nur eine vermehrte und verbesserte Haftung der Bakterien an dem Shunt-Materia l zur Folge hat, sondern die Organismen auch vor der loko regio nalen Abwehr schützt und die Penetration von Antibiotika erschwert.
3. Wie wird eine C SF-Shunt-lnfektion am bes ten diagnostiziert ' Die klinische Präsentatio n einer Shunt-Infektion ist variabel und in a ller Rege l nicht richtungswe isend. Schwere m eningea le Symptome finden sich nur se lten. Bei nahezu all en Pat ienten treten febri le Temperaturen auf. In der frühen postoperativen Phase zeigt sich häufig eine Inflammation im Verlauf des Katheterbettes . Bei einem Drittel der Patienten mit einem ventriculo-peritonea len Shunt findet sich gleichzeitig eine infektiöse Symptomatik im Abdomen. In seltenen Fällen wird die Infektion eines ven triculo-auriculären Shunt-Systems erst durch die chronische Bakteriämie und ihre Folgen (Immunkomplexnephritis, H ypocomplementämie, sep tisch e pu lmonale Embolie) manifest.
Für die Diagnostik einer Shunt-Infektion sind besonders Blutkulturen, Liquorkulturen hingegen schlechter gee ignet. Ebenfalls hervorragend geeignetes Material fur die bakteriologische Diagnostik ist die Nadelaspiration aus inflammatorisch verä nderten Arealen entlang des distalen Katheterweges bei VP-Shunts. Die zytologische Untersuchung des Liquo rs ze igt in den m eisten Fällen led iglich e ine geringgrad ige Pleozytose mit wen ige r als 200 Ze llen / f.ll. In der Regel findet sich jedoch ei ne Vermehrung der Granulozyten und eine Verminderung des Liquorzuckers.
Die abdo minell e Sonographie oder die Computertomographie können bei Patien ten mit VP-Shunts diagnostisch hilfreich sein . Die kranial e Computertomographie gibt hingegen lediglich Auskunft über das Funktionieren des Shunt-Systems.
SADIGH, M., GARDNER, P., Jnf. Dis. Clin. Prac. 1995; 4:277 - 280
den Jahren 1992 bis 1994 untersucht. Die Studie brachte neue Erkenntnisse zur gegenwärtigen Resistenzlage in D eutschland. Es wurde das Resistenzverhalten von 844 Isolaten getestet. Dabei wurden ke ine Isolate gefunden, die resistent gegenüber Penicillin oder Cefotaxim (CLAFORAN) waren. Resistenzen wurden gefunden gegen C lindamycin (SOBELIN) (1,4 %), Chloramphenicol (PARAXIN u . a.) (1,9 %), Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) (3,2 %) und Tetrazykline (11 %) .
Eine intermediäre Empfindlichkeit gegen Penicillin wurde für 15 Isolate (1,8 Ofo) beschrieben, diese Isolate zeigten auch einen erhöhten MHK-Wert fur Cefotaxim. Es wurde keine geographische Häufung dieser Isolate beobachtet; vie r der 15 Isolate gehörten zum Serotyp 23F. Es wurde nur ein Stamm mit intermediärer Empfindlichkeit gegen Cefotax im beschrieben . Von den 844 Isolaren wurden 115 fur eine Typisierung random isiert ausgewäh lt. Es wurden 29 von 84 bekannten Serotypen
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Zeitschrift fur Chemotherapie
gefunden. Insgesamt gehörten 86% der Pneumokokkenstämme zu den Serotypen der 23-polyvalenten Polysaccharidvakzine (PNEUMOVAX).
FOLGERUNG DER AUTOREN: Penicillin (diverse Handelsnamen) bleibt in Deutschland das Antibiotikum der Wahl zur Behandlung von Pneumokokkeninfektionen.
RE INERT, R. R. et al. , Clin. lnfect. Dis. 1995 ; 21:1398- 1401
Ausbreitung von Streptokokken mit Makrolid-Resistenz in Finnland
Mit zunehmendem Einsatz eines bestimmten Antibiotikums steigt das Risiko fur die Ausbreitung von Bakterien, die gegen die betreffende Substanz - und häufig auch gegen andere Antibiotika - resistent sind. Es existiert eine relativ gute Datenbasis über die entsprechenden epidemiologischen Zusammenhänge im Krankenhaushereich - Informationen über die Beziehung zwischen Antibiotikaverschreibungen und Resistenzentwicklung im ambulanten Bereich liegen dagegen in geringerer Zahl vor. In Finnland wurde in den vergangenen Jahren eine Zunahme von Streptokokken-Stämmen bemerkt, die gegen Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) und andere Makrolide resistent waren. Die Inzidenzen lagen im Mittel bei 5% im Jahre 1988 und waren bereits zwei Jahre später auf 13% angestiegen. Vorausgegangen war eine Zunahme der Verordnungen fur Erythromycin um etwa das Dreifache zwischen 1979 und 1988. Bemerkenswert waren die deutlichen regionalen Unterschiede: in Gegenden, die nicht mehr als 50 km von einander entfernt waren, wurden Häufigkeiten zwischen 2% und 44% ermittelt.
Im Verlaufe des Jahres 1992 wurden von den finnischen Ärzten mehr als 10000 Streptokokken-Stämme (Gruppe A) hinsichtlich ihrer Resistenz gegen Erythromycin untersucht. Die Isolate stammten fast ausnahmslos von Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt wurden. Etwa jeder sechste Stamm (16 %) war resistent gegen Makrolide . Die Regressionsanalyse zeigte, daß die Häufigkeit der MakrolidResistenz eindeutig mit der Höhe des Verbrauches korrelierte (p = 0,006).
FOLGERUNG DER AUTOREN: Die eindeutigen Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit des Einsatzes von MakrolidAntibiotika und der Resistenzquote bei Streptokokken zeigen, daß ein rationaler Einsatz der Antibiotika im ambulanten Bereich die entscheidende Voraussetzung dafur ist, daß die Geschwindigkeit der Resistenzentwicklung in Grenzen gehalten wird.
SEPPÄLÄ, H. et al. Clin . Infect. Dis. 1995 ; 21: 1378 - 13 85
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Zeitschrift fur Chemotherapie Eichenallee 36 a, 14050 Berlin
Interaktion Interaktionen zwischen Zidovudin und Fluconazol sowie Valproinsäure
Arzneistoffe können die Pharmakakinetik anderer, gleichzeitig eingenommener Substanzen auf vielfältige Art und Weise beeinflussen. So kann die Resorption des zweiten Medikamentes verringert werden, es kann zur Hemmung des Metabolismus und damit zu deutlich ansteigenden Plasmakonzentrationen kommen oder es kann auch eine Beschleunigung des Arzneimittelabbaus und damit ein Wirkungsverlust eintreten. In der Folge werden zwei relevante Beispiele fur das Virostatikum Zidovudin (RETROVIR) angefuhrt.
Eine gleichzeitige Einnahme von Zidovudin und dem Azolantimykotikum Fluconazol (DIFLUCAN) ist bei HN-Kranken nicht ungewöhnlich. Daher wurde bei 12 HN-infizierten Männern (CD4+-Lymphozyten < 5001~ Blut) der Einfluß von Fluconazol auf die Zidovudinkinetik untersucht. Die Patienten erhielten dreimal täglich 200 mg Zidovudin und wurden im zweiten Teil der Studie zusätzlich mit täglich 400 mg Fluconazol über einen Zeitraum von sieben Tagen behandelt. Danach wurde wieder die Zidovudinkinetik im Plasma und die Ausscheidung des Virostatikums im Urin untersucht. Die gleichzeitige Gabe von Fluconazol fuhrte zu einer Erhöhung der Zidovudinplasmakonzentrationen, einer Verlängerung der
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Gebühr bezahlt
Eliminationshalbwertzeit und einer verminderten Bildung des Glukuronides. Fluconazol wird fur die reduzierte Zidovudinglukuronidierung verantwortlich gemacht. Daher sollten Patienten, die gleichzeitig Fluconazol und Zidovudin erhalten in Bezug auf unerwünschte Wirkungen von Zidovudin sorgfältig überwacht werden1
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In vitro-Experimente hatten gezeigt, daß auch Valproinsäure (ERGENYL u. a.) die Glukuronidierung von Zidovudin hemmen kann. Die Übertragbarkeit dieser Befunde in den klinischen Alltag wurde an sechs HN-Patienten untersucht. Die Pharmakakinetik wurde nach viertägiger Behandlung mit dreimal täglich 100 mg Zidovudin untersucht und in der Folge nach gleichzeitiger Behandlung über einen Zeitraum von vier Tagen mit dreimal täglich 250 mg Valproinsäure. Plasma- und Urinproben wurden auf Zidovudin und das Glukuronid untersucht. Die AUC (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve) fur Zidovudin verdoppelte sich und ebenso der Anteil der nicht konjugierten Substanz im Urin. Valproinsäure kann die orale Bioverfugbarkeit von Zidovudin deutlich erhöhen2•
FOLGERUNG DER AUTOREN: HIVPatienten, die gleichzeitig mit Zidovudin (RETROVIR) und Fluconazol (DIFLUCAN) oder Valproinsäure (ERGENYL u. a.) behandelt werden, sollten besonders sorgfältig auf Zidovudin-assoziierte unerwünschte Wirkungen überwacht werden.
(1) SAHAI,J. et al. ). Infect. Dis. 1994; 169: 1103- 1107
(2) LERTORA,J .J. L. et al. Clin. Pharmacol. Ther. 1994; 56: 272-278