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Neueinführung - Infektio · dem lang bekannten Erythromycin-Estolat März/Apri/1996-17.jahrg....

Date post: 23-Mar-2020
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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 072215067 lriformationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infek ti onstherapie März!April1996 -17.jahrg. Übersicht Kann die Ausbreitung von multi- resistenten Bakterien in Kranken- häusern vermindert werden? Noch vor wenigen Jahren galt die anti- bakterielle Chemotherapie als ein Gebiet ohne wesentliche Entwicklungspotentiale, da die Therapieprobleme weitgehend ge- löst erschienen. Die Situation hat sich allerdings in den letzten Jahren dramatisch verändert. Weltweit sind die Ärzte in Krankenhäusern mit einer besorgniserre- genden Ausbreitung multiresistenter Er- reger konfrontiert. Die zur Zeit klinisch wichtigste Entwicklung ist das Auftreten von Staphylococcus aureus-Stärnmen, die nicht nur gegen Oxacillin (STAPENOR) bzw. Methicillin (in Deutschland nicht im Handel) sondern auch gegen eine Viel- zahl anderer Antibiotika-Klassen wie Fluor- chinolone unempfindlich sind. Als einzige therapeutische Option stehen gegen diese Erreger nur noch Glykopeptide, wie z. B. Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY) zur Verfugung. Zeitgleich mit dem zuneh- menden Einsatz von Vancomycin wurden Enterokokkken möglicherweise aufgrund des Selektionsdruckes gegenüber Glyko- peptiden resistent. Einzelne Stämme sind auch gegen Breitspektrum-Penicilline, Aminoglykoside bzw. andere Antibiotika- klassen resistent, was zu erheblichen Pro- blemen in der Behandlung von Infektionen mit diesen Erregern fuhrte . Ein weiteres Problemfeld ergibt sich mit dem Auftreten multiresistenter gramnegativer Stäbchen aufgrund einer Mutation Beta-Laktamase- kodierender Gene, was die Erreger nicht nur gegen Breitspektrum-Penicilline, son- dern auch gegen Cephalosporine und in Einzelfallen auch gegen Carbapeneme unempfindlich macht. Das Resistenzproblem ist jedoch nicht nur in Krankenhäusern sondern auch im ambulanten Bereich zu beobachten, wie das Auftreten von multiresistenten Pneu- mokokken, Gonokokken oder Salmonellen gezeigt hat. Beide Resistenztrends weisen einige gemeinsame epidemiologische Cha- rakteristika auf, wie die inkorrekte ärzt- liche Verschreibungspraxis von Antibio- tika, erhöhte Mobilität der Bevölkerung, Verbreitung multiresistenter Erreger durch direkten Mensch zu Mensch-Kontakt be- sonders in Massenunterkünften oder In- stitutionen mit hohem Publikumsverkehr wie Krankenhäusern oder Altersheimen. Entscheidende Ursache fur die Resistenz- zunahme ist der exzessive und nicht in- dizierte Einsatz von antimikrobiellen Sub- stanzen. Je resistenter die Erreger werden, desto aktivere und breiter wirksamere Präparate kommen als initiale Behandlung zum Einsatz, wodurch sich der Circulus vitiosus aus Antibiotikaverbrauch, Selek- tionsdruck und Resistenz noch schneller dreht. Auf der anderen Seite hielt die Entwick- lung und Zulassung neuer und wirksamer Substanzen durch die forschende phar- mazeutische Industrie irrfolge immenser 1m :td n Übersicht Kosten, bürokratischen Hemmnissen und immer geringer werdenden Gewinnspan- nen mit dem skizzierten weltweiten Resi- stenzproblem keinesfalls Schritt. Ärzte sind seit Jahren erstmals wieder mit der Situation konfrontiert, daß zur Behand- lung bestimmter hochresistenter Erreger keine wirksamen Präparate zur Verfugung stehen. Im Gegensatz zur Entwicklung der Resi- stenz irrfolge Antibiotikaverbrauchs ist die Verbreitung resistenter Erreger in einer Institution Ausdruck einer Mißachtung oder nicht ausreichenden Einhaltung der Grundr egeln der Hygi ene: Unbedingt notwendig ist das Händewaschen vor, zwischen und nach Patientenkontakt bzw. der Gebrauch von Einmalhand- schuhen. 2'96 Seite 9-11 -Strategien zur Ausbreitungsbekämpfung multiresistenter Bakterien Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) - Erythema multiforme N eueinfiihrung - Erythromycin - Stinoprat Epidemiologie - Infektionsjahresstatistik 199 5 -AIDS -Opportunistische Infektionen durch Candida Spezies -Keuchhusten bei Erwachsenen Mittel der Wahl -Bei Legionärspneumonie Seite 11 Seite 11-12 Seite 12-13 Seite 13:.14 - Dosierungsvergleiche von Ceftriaxon bei ambulant erworbenen Infektionen Pharmakokinetik - Cotrimoxazol bei AIDS-Patienten - Meropenem und Imipenem Resistenz -Antibiotika im Tierfutter - Mehrfachresistenz bei B. fragilis - Streptococcus pneumoniae in Deutschland und Finnland Fragen zu wichtigen Infektionen (13) -Infektionen von zentralnervösen Shunt-Systemen Interaktionen - Zidovudin und Fluconazol/Valproinsäure Seite 14 Seite 14-16 Seite 15 Seite 16 9
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Page 1: Neueinführung - Infektio · dem lang bekannten Erythromycin-Estolat März/Apri/1996-17.jahrg. Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) Erythema multiforme Kasuistik: Ein 28

ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 072215067

lriformationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie März!April1996 -17.jahrg.

Übersicht Kann die Ausbreitung von multi­resistenten Bakterien in Kranken­häusern vermindert werden? Noch vor wenigen Jahren galt die anti­bakterielle Chemotherapie als ein Gebiet ohne wesentliche Entwicklungspotentiale, da die Therapieprobleme weitgehend ge­löst erschienen. Die Situation hat sich allerdings in den letzten Jahren dramatisch verändert. Weltweit sind die Ärzte in Krankenhäusern mit einer besorgniserre­genden Ausbreitung multiresistenter Er­reger konfrontiert. Die zur Zeit klinisch wichtigste Entwicklung ist das Auftreten von Staphylococcus aureus-Stärnmen, die nicht nur gegen Oxacillin (STAPENOR) bzw. Methicillin (in Deutschland nicht im Handel) sondern auch gegen eine Viel­zahl anderer Antibiotika-Klassen wie Fluor­chinolone unempfindlich sind. Als einzige therapeutische Option stehen gegen diese Erreger nur noch Glykopeptide, wie z. B. Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY) zur Verfugung. Zeitgleich mit dem zuneh­menden Einsatz von Vancomycin wurden Enterokokkken möglicherweise aufgrund des Selektionsdruckes gegenüber Glyko­peptiden resistent. Einzelne Stämme sind auch gegen Breitspektrum-Penicilline, Aminoglykoside bzw. andere Antibiotika­klassen resistent, was zu erheblichen Pro­blemen in der Behandlung von Infektionen mit diesen Erregern fuhrte . Ein weiteres Problemfeld ergibt sich mit dem Auftreten multiresistenter gramnegativer Stäbchen aufgrund einer Mutation Beta-Laktamase­kodierender Gene, was die Erreger nicht nur gegen Breitspektrum-Penicilline, son­dern auch gegen Cephalosporine und in Einzelfallen auch gegen Carbapeneme unempfindlich macht.

Das Resistenzproblem ist jedoch nicht nur in Krankenhäusern sondern auch im ambulanten Bereich zu beobachten, wie das Auftreten von multiresistenten Pneu­mokokken, Gonokokken oder Salmonellen gezeigt hat. Beide Resistenztrends weisen einige gemeinsame epidemiologische Cha­rakteristika auf, wie die inkorrekte ärzt­liche Verschreibungspraxis von Antibio­tika, erhöhte Mobilität der Bevölkerung,

Verbreitung multiresistenter Erreger durch direkten Mensch zu Mensch-Kontakt be­sonders in Massenunterkünften oder In­stitutionen mit hohem Publikumsverkehr wie Krankenhäusern oder Altersheimen. Entscheidende Ursache fur die Resistenz­zunahme ist der exzessive und nicht in­dizierte Einsatz von antimikrobiellen Sub­stanzen. Je resistenter die Erreger werden, desto aktivere und breiter wirksamere Präparate kommen als initiale Behandlung zum Einsatz, wodurch sich der Circulus vitiosus aus Antibiotikaverbrauch, Selek­tionsdruck und Resistenz noch schneller dreht. Auf der anderen Seite hielt die Entwick­lung und Zulassung neuer und wirksamer Substanzen durch die forschende phar­mazeutische Industrie irrfolge immenser

1m :td n Übersicht

Kosten, bürokratischen Hemmnissen und immer geringer werdenden Gewinnspan­nen mit dem skizzierten weltweiten Resi­stenzproblem keinesfalls Schritt. Ärzte sind seit Jahren erstmals wieder mit der Situation konfrontiert, daß zur Behand­lung bestimmter hochresistenter Erreger keine wirksamen Präparate zur Verfugung stehen. Im Gegensatz zur Entwicklung der Resi­stenz irrfolge Antibiotikaverbrauchs ist die Verbreitung resistenter Erreger in einer Institution Ausdruck einer Mißachtung oder nicht ausreichenden Einhaltung der Grundregeln der Hygiene: Unbedingt notwendig ist das Händewaschen vor, zwischen und nach Patientenkontakt bzw. der Gebrauch von Einmalhand­schuhen.

2'96 Seite 9-11

-Strategien zur Ausbreitungsbekämpfung multiresistenter Bakterien

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) - Erythema multiforme

N eueinfiihrung - Erythromycin - Stinoprat

Epidemiologie - Infektionsjahresstatistik 199 5 -AIDS -Opportunistische Infektionen durch Candida Spezies -Keuchhusten bei Erwachsenen

Mittel der Wahl -Bei Legionärspneumonie

Seite 11

Seite 11-12

Seite 12-13

Seite 13:.14

- Dosierungsvergleiche von Ceftriaxon bei ambulant erworbenen Infektionen

Pharmakokinetik - Cotrimoxazol bei AIDS-Patienten - Meropenem und Imipenem

Resistenz -Antibiotika im Tierfutter - Mehrfachresistenz bei B. fragilis - Streptococcus pneumoniae in Deutschland und Finnland

Fragen zu wichtigen Infektionen (13) -Infektionen von zentralnervösen Shunt-Systemen

Interaktionen - Zidovudin und Fluconazol/Valproinsäure

Seite 14

Seite 14-16

Seite 15

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Zeitschrift für Chemotherapie

Trotz zahlreiche r Maßnahmen zur Verbes­serung und Standardisierung der Infektions­erfassung, Infektionskontrolle, Kranken­haushygiene und antimikrobiellen Therapie im Krankenhaus durch ärztliche Standes­organisationen bzw. staatliche Stellen ist es selbst in den USA nicht gelungen, ent­scheidende Fortschritte hinsichtlich der praktischen Umsetzung dieser Maßnah­men auf lokaler Ebene zu erzielen.

Daher wurden auf einem gemeinsamen Workshop, der von der National Foun­dation for Infectious Diseases und dem Hospital Infection Program des CDC/ Atlanta organisiert wurde, Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung des Anti­biotika-Einsatzes im Krankenhaus und der Infektionskontrolle bzw. Infektions­erfassung diskutiert und Rahmenp läne er­stellt. Diese so ll en Krankenhäusern helfen, die Verbreitung von resistenten Erregern einzudämmen. Der Kreis der Experten rekrutierte sich aus allen relevanten Berei­chen eines Krankenhauses, wie Infektions­ep idemiologie, klin ische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene, klinische Infektio­logie, Plegebereich, Krankenhausapotheke, Krankenhausverwaltung bzw. Kranken­hausinformatik. Ziel dieser Arbeitsgruppe war es nicht, neue Richtlinien zu erstell en, sondern einen Rahmenplan zu skizzieren, der als generelle Handlungsanleitung in Verbindung mit schon existierenden Richt­linien angesehen werden kann.

Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes Strategische Ziele im Hinblick auf den Einsatz und Verbrauch von Antib iotika im Krankenhaus zielen auf eine Verbesserung des prophylaktischen, empirischen und therapeutischen Einsatzes: (1) Erstellung von Standards zur Verbesserung der anti­biotischen Prophylaxe bei chirurgischen Eingriffen, (2) Optimierung der empi­rischen antibiotischen Behandlung in Ab­hängigkeit von der Risikopopulation und Optim ierung der Dauer der Behandlung, (3) Verbesserung der Verschreibungspraxis von Antibiotika durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen auf der Stations­ebene und durch verwaltungstechnische Maßnahmen (Zugriffsbeschränkung für bestimmte Antibiotika bzw. Antibiotika­klassen für bestimmte Stationen sowie Beschränkung der Verschreibung in Ab­hängigkeit von der beruflichen Hierarchie), (4) Uberwachung und Monitaring der ärzt­lichen und medizinischen Maßnahmen bei Auftreten von resistenten Erregern auf einer Station und (5) Erstellung von Richtlinien zum Einsatz von Antibiotika für übergeordnete medizinische Bereiche (zum Beispiel medizinische Intensiv­station, operative Intensivstation).

Prävention und Kontrolle der Resistenzentwicklung Ein zweiter Bereich der strategischen Ziel­setzungen betrifft die Prävention und Kontrolle der Resistenzentwicklung und Resistenzausbreitung:

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(1) Aufbau eines Systems zur Erkennung und Erfassung von Trends der Resistenz­entwicklung in spezifischen Bereichen und in bestimmten Zeiträumen mit klarer Definition der Institutionen und Personen, die regelmäßig oder aktuell hierüber informiert werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Krankenhaus leitung, Verwal­tung, ärztliche Abteilungsleiter, Pflege­leitung, Stationsleitung, Apotheke bzw. alle diejenigen, die bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen eingebunden sind. Geeignet sind Berichte des mikro­biologischen Institutes 111 bestimmten Abständen (drei bis zwölf Monate) über Verteilung der Erreger und das Resistenz­verhalten, aufgesch lüsselt nach bestimm­ten Untersuchungsmaterial ien und be­stimmten Stationen.

(2) Etablierung eines Informations- und Erfassungssystems 1m Auftreten von resistenten Keimen bei individuellen Patienten . Dazu zählt auch ein Q!alitäts­sicherungsprogramm, das die implemen­tierten Gegenmaßnahmen beurteil t und bewertet.

(3) Sicherstellung der Einhaltung der hy­gienischen Grundregeln auf den Stationen. Hierzu zählen alle Maßnahmen der Fort­bildung bzw. Erste llen von Richtlinien, Arbeitsanweisungen und Verhaltensmaßre­geln, die sich auf Hygiene am Arbeitsplatz und Iso lierungsmaßnahmen beziehen.

(4) Übernahme des Infektionskontroll- und Präventionsprogramms in die strategischen Zielsetzungen des Krankenhauses. D amit ist auch die Bereitstellung notwendiger Mittel gemeint, um diese Ziele zu reali­sieren. Insbesondere zählen hierzu Geräte für die hygienische Händedesinfektion, Einrichtungen für Isolierungsmöglich­keiten, personelle und investive Mittel zur Infektionskontro lle sowie der Daten­erfassung und Auswertung.

(5) Ausarbeitung von standardisierten Vor­gehensweisen, um Patienten mit resistenten Erregern zu erkennen und zu identifizie­ren, stationär aufzunehmen, innerhalb des Hauses zu verlegen bzw. zu entlassen.

Diese strategischen Ziele wurden von der Arbeitsgruppe bewußt allgemein gehalten, um die Akzeptanz unterschied­licher Zielinstitutionen wie Krankenhäuser der Maximalversorgung, Universitätsklini­ken bzw. Krankenhäuser mit spezifischen Aufgaben zu erhöhen.

Beispiel: perioperative Prophylaxe Am Beispiel der perioperativen Prophylaxe wurde versucht, diese Ziele auch konkret zu operationalisieren:

Als Erfolgsparameter wurden definiert: (1) H äufigkeit von postoperativen Infek­tionen (Anzahl postoperativer Infektionen bezogen auf alle operativen Eingriffe).

(2) H äufigkeit postoperativer Infektionen bei Patienten mit nicht korrekter peri­operativer antibiotischer Prophylaxe im

März/Aprl/1996 - 17}ahrg.

Vergleich zu Patienten mit korrekter peri­operativer Prophylaxe.

(3) Anzahl res istenter, postoperativ isolier­ter Erreger bei Patienten mit inadäquater perioperativer Prophylaxe im Vergleich zur adäquaten perioperativen Prophylaxe.

Al s Interventionsparameter wurden definiert:

(1) Anzahl der Patienten mit inadäquater perioperativer Prophylaxe in Bezug zu all en Patienten mit operativen Eingriffen.

(2) Anteil der Patienten mit perioperativer Prophylaxe von weniger als 24 Stunden Dauer im Vergleich zu all en Patienten mit Prophylaxe.

(3) Anteil der Patienten, der bis zu zwe i Stunden vor dem chirurgischen Ein­griff prophylaktisch ant ibiotisch behandelt wurde, bezogen auf alle Patienten mit perioperativer Prophylaxe .

Optimierung der Antibiotikatherapie Folgende Operationale Definitionen wur­den für den Bereich der Optimierung der Antibiotikaauswahl, der Dauer der Be­handlung und der empirischen Therapie getroffen:

Als Erfolgsparameter wurden angesehen:

(1) Anzahl der Infektionen mit Keimen , di e gegen die als empirische Therapie eingesetzten Antibiotika resistent waren in Bezug zu allen Patienten, die mit diesen Präparaten empirisch behandelt wurden, (2) Anzahl der unerwünschten Wirkungen in Bezug zu all en Patienten , die mit diesen Präparaten empirisch behandelt wurden und (3) Kosten einer empirischen Therapie in einer bestimmten Periode.

Für die Beurteilung der Interventionen wurden als geeignete Parameter angesehen: (1) Anzahl der inadäquaten empirischen Therapi eregime bezogen auf die Anzahl aller empirisch behandelten Patienten, (2) Anzahl der Patienten mit empirischer antibiotischer Therapie ohne vorherige Gewinnung eines Untersuchungsmateria les zur mikrobiologischen Testung in Bezug zu allen Patienten mit empirischer Be­handlung, (3) Anzahl der Patienten mit ungeeigneter empirischer antibiotischer Therapie und konsekutiver mikrobiolo­gisch dokum entierter Infektion in Bezug zu allen Patienten mit empirischer Be­handlung.

Der Umsetzung diese r Ziele stehen all er­dings Widerstände und Hindernisse im Wege, deren Kenntnis eine wichtige Vor­aussetzung ist, entsprechende Gegenmaß­nahmen zu ergreifen . Zu diesen Wider­ständen gehören ökonomische Bedenken von Se iten der Krankenhausträger, Un­kenntnis bzw. Ignoranz ärztlicherseits, Mange l an elektronischen Datenerfassungs­systemen bzw. Programmen oder der fehl ende Wille der Verantwortlichen mit unbequemen Sanktionen notwendige Maßnahmen auch gegen den anfänglichen Widerstand der Beschäftigten im Kranken­haus durchzusetzen.

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Zeitschrift für Chemotherapie

ZUSAMMENFASSUNG: Eine Arbeits­gruppe, bestehend aus lnfektionsexper­ten, die von der National Foundation for lnfectious Diseases und dem CDC/ Atlanta zusammengerufen wurden, ent­wickelte strategische Zielsetzungen zur Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes im Krankenhaus und zur Optimierung der Infektionskontrolle und -erfassung. Dieses diente dem Versuch, dem weltweit zu beobachtenden Trend der Entwick­lung und Ausbreitung von resistenten Erregern in Krankenhäusern gegenzu­steuern. Folgende Ziele wurden als u. a. wesentlich herausgestellt: (1) Verbesse­rung der antimikrobiellen perioperativen Prophylaxe, (2) Verbesserung der Aus­wahl und Dauer der empirischen anti­biotischen Behandlung, (3) Steuerung der Verschreibungspraxis und des Zu­griffs fiir bestimmte Antibiotika, (4) Auf­bau eines Datenerfassungs- und Infor­mationssystems zur Erkennung indivi­dueller und allgemeiner Resistenz­entwicklungen und (5) Etablierung eines permanenten Systems zur Sicherstellung hygienischer Grundregeln im Kranken­haus. Die strategischen Ziele wurden bewußt allgemein gehalten, um den Krankenhäusern bzw. deren Verantwort­lichen eine individuelle und den ört­lichen Besonderheiten angepaßte Aus­gestaltung zu ermöglichen. GOLDMANN, D. A. et al. JAMA 1996; 275:234- 240

Neueinführung

Erythromycin-Stinoprat -alter Wein in neuen Schläuchen Seit Jahrzehnten hat sich Erythromycin (div. Warenzeichen) als wichtiges Antibio­tikum zur Behandlung von Infektionen durch grampositive Bakterien, Chlamydien und Mykoplasmen bewährt. Ein wichtiger Nachteil des Medikamentes ist jedoch die Instabilität der Verbindung im sauren Milieu des Magensaftes. Nachdem bekannt wurde über welche Wege die Degradation der Substanz im Sauren abläuft, konnte man gezielt stabilere Verbindungen synthe­tisieren, die heute zunehmend verordnet werden. Wegen der optimierten Eigen­schaften zählen derzeit Roxithromycin (RULID), Clarithromycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX) zu den bevorzugten Präparaten bei einer oralen Therapie mit Makroliden (vgl. ZCT 1995; 16 : 41-43).

Mit Erythromycin-Stinoprat (ERYSEC, MEDISMON) wird nun eine neue Form des Erythromycin-Propionats auf den Markt gebracht, die gegenüber den klassischen Erythromycin-Präparaten keine erkenn­baren Vorteile besitzt. In Analogie zu dem lang bekannten Erythromycin-Estolat

März/Apri/1996 - 17.jahrg.

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (8) Erythema multiforme Kasuistik: Ein 28 Jahre alter Patient berichtet über Fieber, das seit einer Woche besteht, ferner über Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl und Hinfälligkeit sowie Symptomen eines oberen Atemwegsinfektes. Seit zwei Tagen ist eine erythematöse, zunächst makulös rund liche Infiltration auf dem H andrücken der rechten Hand entstanden, welche innerhalb kürzester Zeit in eine papulöse Hauteruption überging. Diese Papel hätte sich vergrößert und sei zentral mit einer Krustenbildung einhergegangen. In der Papel ist es zu konzentrischen Farbveränderungen gekommen und weitere Hautver­änderungen seien am Unterarm aufgetreten. Im Bereich der Mundschleimhaut seien zusätzlich Schmerzen, eine Rötung des Gaumens und Schluckbeschwerden bemerkt worden.

Bemerkung~ Die recht typische Manifestation dieser Hauterkrankung mit den Stadien der makulösen erythematösen Hautveränderungen mit nachfolgenden Papelbildun­gen in symmetrischer Verteilung distal auf beiden Extremitäten (insbesondere der oberen) zusammen mit den konzentrischen Farbveränderungen in diesen Läsionen ("Iris-Läsionen") und mit dem eher jungen Lebensalter des Patienten sind relativ typisch für die seltene Manifestation eines Erythema multiforme. Ein Erythema multiforme kann in der sogenannten Minor-Form wie im vorliegenden Fall auftreten; in der anderen, sogenannten Major-Form, kann es zu bullösen Hautveränderungen mit auch epidermalen nekrolytischen Hautablösungen, sowie auch ausgedehnten Mukosaerosionen im Bereich der Augen, der Genitalorgane, des Pharynx und des oberen Respirationstraktes kommen.

Ätiologie : Ätiologisch können bei dem Erythema multiforme zahlreiche infektiöse wie auch nicht-infektiöse Ursachen vermutet werden. Drei relativ gut beschriebene Ätiologien werden heute vorwiegend verantwortlich gemacht: Herpes simplex, Mykoplasma pneumoniae und Arzneimittel. In über 60 % geht einem Erythema multiforme in einem etwa ein- bis dreiwöchigen Abstand eine Herpes Simplex­Infektion voraus. Seltener ist ein Mykoplasma-assoziiertes Erythema multiforme, welches insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen auftritt. Unter den Arznei­mittelinduzierten Erythemen muß insbesondere die Assoziation mit Sulfonamiden, Phenylbutazon (BUTAZOLIDIN u. a.), Diphenylhydantoin (ZENTROPIL u. a.) und Penicillinen berücksichtigt werden. Typischerweise tritt das Erythema multiforme ein bis drei Wochen nach Behandlungsbeginn mit den genannten Substanzen auf. Pathogenetisch wird eine immunologische Reaktion in der Haut und an den Schleimhäuten bedingt durch zirkulierende Immunkomplexe vermutet. Histologisch finden sich eine Akkumulation von mononukleären Zellen um die oberflächlichen Hautgefaße zusammen mit einer Schädigung der Epidermis. Differentialdiagnostisch muß bei den Hauterscheinungen an eine bakterielle Endokarditis, eine chronische Meningokokken-Bakteriämie, eine sekundäre Syphilis, an die Kawasaki-Erkrankung, an Coxsackie B-Virus-Infektionen sowie auch an vaskulär sich manifestierende Kollagenasen gedacht werden.

Thera[>ie: Eine wirksame Therapie für das Erythema multiforme gibt es nicht. Bei infektiöser Ursache sollte die Herpes simplex-Infektion mit Aciclovir (ZOVIRAX) behandelt werden. Bei wiederhohem Auftreten eines Erythema wird die prophylak­tische Therapie mit oralem Aciclovir zur Verhinderung eines rezidivierenden post­herpetischen Erythema multiforme empfohlen. Eine Mykoplasma-Infektion wird mit Makroliden oder Tetrazyklinen behandelt. Mögliche ursächliche Pharmaka sollten sofort abgesetzt werden. Der Stellenwert einer systemischen Steroidtherapie ist um­stritten und offensichtlich nicht hilfreich.

KLINE, N. C. Inf. Dis. Pract. 1995; 19: 108 - 110

(INFECTOMYCIN u. a.) wird hier ledig­lich eine neue Salzform einer bekannten Verbindung vermarktet (Acetylcystein fun­giert hier als Anion, während beim Estolat ein Dodecylsulfat-Salz vorliegt).

Nach oraler Gabe entsteht aus dieser Verbindung im Organismus zunächst Erythromycinpropionat, dann freie Ery­thromycin-Base als Wirkform und außer­dem Acetylcystein (ACC, FLUIMUCIL u. a.). Die Bezeichnung "Multi-Prodrug" soll andeuten, daß von dem freigesetzten Acetylcystein eine sekretolytische Wirkung erwartet wird . Die Mengen an Acetyl-

cystein, die in einer Tablette mit 650 mg Wirkstoff enthalten sind, lassen keine adäquate sekretolytische Therapie erwarten (ca. 100 mg). Im übrigen ist die fixe Kombination von Antibiotika mit anderen pharmakologisch wirksamen Substanzen grundsätzlich abzulehnen, da für die Be­gleittherapie stets andere Einnahmeregeln gelten, als für das Antibiotikum.

Die vom Hersteller des Präparates her­ausgegebene Broschüre ("Wissenschaft­liche Basisinformation") läßt leider viele Wünsche offen. Die Darstellung der antibakteriellen Aktivität der Substanz

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Zeitschrift fü r Chemotherapie

ist völlig un zureichend (vergleichende mikrobiologische Untersuchungen fehlen!) und auch bei der Darstellung der phar­makakinetischen Daten ergeben sich Unstimmigkeiten. D a Veröffentlichungen über die Eigenschaften der Substanz im internationalen Schri fttum sehr spärlich sind, kann insgesam t nur ein erheblicher Mangel an wissenschaftlicher In fo rmation festgestellt werden . Von den 30 Zitaten im "Literaturverzeichnis" der Broschüre sind mehr als 20 unve röffentlicht.

SCHLUSSFOLGERUNG: Erythromy­cin-Stinoprat (ERYSEC, MEDISMON) ist ein "neues" Erythromycin-Präparat, das keine erkennbaren Vorteile gegen­über älteren Salz- oder Esterformen des Erythromycins besitzt. Da die Dokumen­tation der Eigenschaften der Substanz sehr zu wünschen übrig läßt, kann die therapeutische Verwendung gegenwärtig nicht empfohlen werden. Die neu ent­wickelten säurestabilen Erythromycin­Derivate [Roxithromycin (RULID), Clarithromycin (KLACID) und Azithro­mycin (ZITHROMAX)) stellen derzeit die rationalere Auswahl in der Gruppe der Makrolid-Antibiotika dar.

Eigenrecherche

Epidemiologie Infektionsepidemiologie 1995 Die Jahresstatistik ausgewählter Infektions­krankheiten 1995 für die Bundesrepublik Deutschland deutet auf die unverändert erhebliche Bedeutung von Infektionen hin. Salmonellosen lagen m it rund 114.000 gemeldeten Erkrankungsfä llen unverändert an der Spitze, ze igten allerdings einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 14 %. Die Inzidenzrate von 140 Erkrankungs­fäll en pro 100.000 Einwohner bleibt zwar noch über dem Wert des Jahres 1990 (130 Erkrankungen pro 100.000 Einwoh­ner), zeigte aber gegenüber dem Gipfeljahr 1992 (242 Erkrankungen pro 100.000 Ein­wohner) eine erhebliche Verbesserung der Situation. Bei den übrigen Formen der Enteritis in fectiosa hat sich ein steigender Trend von 64.451 Fällen im Jahre 1994 auf 74.580 Erkrankungen im Jahre 1995 fortgesetzt. Nach wie vor ist Salmonella enteritidis mit einem Antei l von 61 % aller Infektionen der vorherrschende Erreger beim Menschen, womit das weiterhin bestehende Risiko einer Infektion über infiziertes Geflügel oder H ühnereier doku­men tiert ist.

Die Situation bei der H epatitis A hat sich bisher nicht verbessert, es zeigt sich seit Ende 1994 sogar ein Wiederanstieg der gemeldeten Erkrankungszahlen . Mit 6.544 im Jahre 1995 erfaßten Erkrankungsfällen ergab sich eine Zunahme um 19 % gegen­über dem Vorjahr. Auch der seit Herbst

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1994 zu beobachtende leichte Ansti eg der H epatiti s B, der sich auch im Jahre 1995 fortsetzte, unterstreicht die Notwendigkeit einer intensiveren Impfjxophylaxe. Mit 6.042 gemeldeten Erkrankungsfällen ergab sich eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 17%. Die Zahl der tatsächlich jähr­lich neu Infizierten liegt all erdings um ein Mehrfaches höher und wird auf 40 .000 - 50.000 geschätzt.

Unter den weiteren zahlenmäßig bedeut­samen Infektionen sind die Malaria mit 943 gemeldeten Erkrankungen im Jahre 1995 zu erwähnen, weiterhin 179 Orni­thosen, 2.820 Meningitiden/Enzephali­tiden sowie 1.859 Shige ll osen . W ährend 1994 sechs Diphtheriee rkrankungen be­kannt wurden, wurden 1995 vier Er­krankungen gemeldet. Entgültige Zahlen zur Tbc-Epidemio logie sind in di esem Bericht für 1995 noch nicht enthalten, obwohl 1994 noch 12.982 Tbc-Erkran­kungen regi striert worden sind.

In den USA stand unter den am häufigs ten berichteten Infektionen die Gono rrhoe mit 348.137 Patienten ganz vorn; bemerkens­wert ist auch die hohe Zahl von 9.634 Lymee rkrankungen ; die Zah l der Malaria­fäll e blieb mit 1.260 recht konstant ge­genüber 1994. Interessant sind auch die Zahlen für die Syphilis mit 15.027 sowie für die Tuberkulose mit 19.73 9, die beide einen deutlichen Rückgang gegenüber 1994 aufWiesen .

Epidemio logisches Bulletin des Robert-Koch-lnsti tuts: 5196 , 32- 35 MMWR I 996; 4 5: 23- 25

AIDS Bis zum 31. 12. 1995 wurden insgesamt 14.078 AIDS-Fälle in Deutschland gemel­det, davon 10,2 % weibliche Patienten ; 9.055 (64,3 %) der Patienten waren ver­storben . Vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1995 wurden insgesamt 1.792 Neuerkrankungen dem Robert-Koch-In­stitut gemeldet. (Zum Vergleich: In den USA wurden 1995 insgesamt 68.367 AIDS­Erkrankungen gemeldet.) Hinsichtlich der Risikoverteilung haben sich in den Jahren 1994 und 1995 keine wesentlichen Ver­änderungen ergeben, Homosexualität bzw. Bisexualität steht mit 64,2 % unverändert an der Spitze, gefolgt von intravenösem Drogenabusus mit 14,7 %, Heterosexuali tät mit 7,4 bzw. 7,8 % sowie Hämophilie mit 2,5 bzw. 2,8 % . Unter den klinischen Erstmanifestationen stehen unverändert die opportunistischen Infektionen mit 72,7% an erster Stelle, gefolgt von Kaposi­Sarkomen mit 9,4 %. Letzteres hat jedoch gegenüber dem Zeitraum bis Ende 1987 mit damals 19,0 % stark an Bedeutung verloren; zugenommen haben in den letzten beiden Jahren gegenüber dem Zeit­raum bis Ende 1987 insbesondere die mali­gnen Lymphome und das "Wasting-Syn­drom". Unter den opportunistischen Infek-

März/April1996-17}ahrg.

tionen haben Pe-Pneumonien deutl ich abgenommen (38,9 %) während CMV­Erkrankungen auf 8,6% und TBC/MAI mit 13,5% im Jahre 1995 deutlich gegen­übe r dem Zeitraum bis Ende 1987 (4 %) zugenommen haben.

Die Bedeutung der Tuberkulose als initiale AIDS defini erende Erkrankung variiert in Europa ganz beträchtlich : Schweiz 6,1 %, Dänemark 6,4 %, Deutschland 6,4 %, Großbritannien 7,6 %, Frankreich 10,7 %, Belgien 16,4 %, Polen 19,5 %, Spanien 42 ,0 % und Portugal 51,4 %.

Berich t des AIDS-Zentrums im Roben -Koch-Institut : 120; IV /95, 5-13

Opportunistische Infektionen durch Candida Spezies - eine epidemiologische Untersuchung aus den USA Infektionen durch Candida spp. sind zu­meist Ausdruck einer erheblich gestörten körpereigenen Immunabwehr. Betroffe n sind vor allem Patienten mit HIV-In fe k­tion , mit Granulozytopenie, nach Orga n­transplantation bzw. Patienten unter 1mmunsuppress1ver bzw. zytostatischer Therapie.

In einer epidemiologischen Untersuchung in den USA wurden die H äufigkeit und die Risikofaktoren von opportunistischen Candida-Infektionen bei hospitalisierten Patienten erfaßt. Die notwendigen Daten aus den Jahren 1980 bis 1989 wurden aus Krankenhaus-Datenbanken gewonnen . Insgesamt fand sich eine Zunahme an Candida-Infektionen von 1980 bis 1989 um das 2,7-fache. Die Rate an oro­pharyngealer Candida-In fe ktion stieg von 0,34 pro 1.000 Aufnahmen im Jahre 1980 auf 1,6 pro 1.000 Aufnahmen (4,7 facher Anstieg), wobei besonders HIV-Patienten betroffen waren (22-facher Anstieg) . Die Anzahl an Todesfä llen unter den Patienten mit einer oropharyngealen Candidiasis stieg im gleichen Zeitraum um das Fünffache an.

Von besonderer klinischer Bedeutung war die Beobachtung, daß die Rate an disseminierten Candida-Infektionen um das 11-fa che anstieg (von 0.013 Fäll en auf 0.15 pro 100.000 Aufnahmen). Die­ser Anstieg war besonders deutlich bei Kindern und AIDS-Patienten, aber auch bei Patienten mit Tumoren und Organ­transplantationen zeigte sich eine Zu­nahme um das Doppelte. Bezogen auf absolute Zahlen verstarben 11 mal mehr Patienten 1989 an einer disseminierten Candidiasis als 1980.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer Auswertung von Krankenhaus­Datenbanken in USA fand sich zwischen den Jahren 1980 und 1989 eine 2,7-fache Zunahme von Candida-Infektionen bei hospitalisierten Patienten. Betroffen waren vor allem immunsupprimierte

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Zeitschrift fur Chemotherapie

Patienten. Von großer Bedeutung war, daß die Rate an disseminierten Candida­Infektionen ebenfalls anstieg und die ab­solute Zahl derer, die an einer dissemi­nierten Candidiasis verstarben, im glei­chen Zeitraum um das 11-fache zunahm.

FISHER-HOCH, S. P. et al. Clin. Inf. Dis. 1995 ; 21: 897-904

Keuchhusten bei Erwachsenen in Deutschland Anläßlich einer großen Pertussis-Impf­studie in Deutschland, deren Hauptziel die Wirksamkeitskontrolle einer Pertussis­Impfung war, wurde eine überraschend hohe Zahl von Pertussis-Infektionen auch bei Erwachsenen festgestellt.

Die Untersuchung sah nach erfolgter Impfung eine zweiwöchentliche telefo­nische Kontaktaufnahme mit den Er­ziehungsberechtigten der Impflinge vor. Bei Auftreten einer Hustensymptomatik in der Familie, die länger als sieben Tage anhielt, wurden die Impflinge bzw. die Familienmitglieder untersucht, Blut fur serologische Tests sowie einen Nasen­abstrich zum mikrobiologischen Nachweis von Bordetella pertussis aserviert. Keuch­husten wurde dann als gesichert angesehen, wenn folgende Kriterien vorlagen: (1) Klinisch: Auftreten einer typischen Keuch­hustensymptomatik über 14 Tage Dauer oder Keuchhusten in der Anamnese mit Lymphozyten über 10/ !ll im peripheren Blut; (2) vierfacher Titer-Anstieg im Agglutinin-Test, signifikanter Titer-Anstieg im ELISA entweder intraindividuell oder im Vergleich zu einer gesunden Vergleichs­kohorte, eine positive Kultur aus dem Nasenabstrich oder ein positives Test­resultat mittels Polymerase-Kettenreaktion.

Von 203 Erwachsenen konnte Untersuch­ungsmaterial gewonnen werden, bei 64 (32 %) fanden sich Hinweise auf eine frische Bordetella-Infektion.

Die Nachweisrate mittels PCR betrug 38%, die der Kultur 3,6 %. Im ELISA zeigte der Nachweis von lgA gegen Pertactin die höchste Sensitivität.

Bei 39% der Erwachsenen, bei denen klinisch definitiv bzw. wahrscheinlich eine Keuchhustenerkrankung vorlag, fanden sich laborchemische Ergebnisse fur eine Infektion; nur 11% wiesen Symptome auf, bei denen im Labor keine Hinweise fur eine Infektion zu finden waren (p < 0.0001). Auch gaben signifikant mehr Erwachsene mit laborchemischen Zeichen einer Infektion anamnestisch Hinweise auf anfallsartigen Husten, Giemen über dem Brustkorb und eine abgelaufene antibiotische Behandlung an.

Aus den epidemiologischen Daten wurde die Häufigkeit an B. pertussis-Infektionen in der Erwachsenenbevölkerung in Deutschland mit einer erstaunlich hohen Rate von 133 auf 100.000 Erwachsene pro Jahr berechnet.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Im Rahmen einer ImpfWirksamkeitsstudie in Deutschland wurde die Häufigkeit von Bordetella pertussis-Infektionen bei Erwachsenen erfaßt. Es fand sich eine jährliche Rate von 133 Erkrankungen auf 100.000 Erwachsenen. Die Daten zeigen, daß eine in der Jugend durchgemachte Keuchhustenerkrankung und der Nach­weis von Antikörpern im Serum vor einer Folgeinfektion nicht schützt und Keuchhusten in die Differentialdiagnose von Husten auch bei Erwachsenen mit aufgenommen werden sollte. Die Bedeu­tung von Boosterimpfungen bei Erwach­senen ist zur Zeit noch unklar.

SCHMITT-GROHE, S. et al. Clin. Inf. Dis. 1995; 21: 860 - 866

MiHel der Wahl Antibiotika-Therapie der Legionärspneumonie Seit der ersten Beschreibung der Legionärs­pneumonie im Jahre 1976 wird immer wieder über die optimale antibiotische Therapie diskutiert. Da hierüber kontrol­lierte Studien fehlen, muß auf die Ergeb­nisse von Laboruntersuchungen und den Beobachtungen aus unkontrollierten kli­nischen Studien zurückgegriffen werden. Ein sehr erfahrener Mikrobiologe und ln­fektiologe auf dem Gebiet der Legionärs­infektionen hat auf der Basis neuerer Daten zu einer optimalen Therapie von Legio­närspneumonien Stellung genommen. In einer ausfuhrliehen Analyse und Würdi­gung der Ergebnisse aus Labor- und kli­nischen Studien mit Makroliden, Tetra­zyklinen, Cotrimoxazol (BACTRIM u. a.), Chloramphenicol (PARAXIN u. a.), Amino­glykosiden, Fluorochinolonen, Betalaktam­Antibiotika und Streptograminen kommt er zu folgenden Empfehlungen:

Bei Patienten mit ambulant erworbener Legionärspneumonie, die auch ambulant behandelt werden, wird eine Therapie mit Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) bzw. neueren Makroliden oder Doxy­cyclin (VIBRAMYCIN u. a.) empfohlen. Bestehen Risiken wie schwerere Grund­erkrankungen oder höheres Lebensalter (über 60 Jahre), sollte ein Fluorochinolon wie z. B. Ofloxacin (TARIVID) oder Cipro­floxacin (CIPROBAY) eingesetzt werden. Eine Alternative bei dieser klinischen Kon­stellation ist auch die Kombination aus Erythromycin mit Rifampicin (RIFA u. a.).

Bei immungestörten Patienten bevorzugt der Autor allerdings Fluorochinolone aus unterschiedlichen Gründen. Eine Über-legung ist die Tatsache, daß die Letalität bei diesen Patienten mit einer Legionärs­erkrankung deutlich höher ist als bei immunologisch gesunden Patienten; dar­über hinaus ist die in vitro-Aktivität der

März!April1996 - 17.jahrg.

Fluorochinolone im Vergleich zu den her­kömmlichen Makroliden deutlich über­legen, so daß diese Empfehlung begrün­det erscheint. Weiterhin beeinflussen die Fluorochinolone nicht den Metabolismus von Ciclosporin (SANDIMMUN), was ins­besondere bei Transplantationspatienten von Bedeutung sein kann. Im Gegensatz hierzu interferieren Erythromycin, Clari­thromycin (KLACID u. a.), Josamycin (WILPRAFEN) und Rifampicin erheblich mit dem Ciclosporinmetabolismus. Hin­gegen sind mit Azithromycin (ZITHRO­MAX) bisher keine Interaktionen bekannt geworden. Eine Kombination von Rif­ampicin mit Fluorochinolonen wird von dem Autor nicht empfohlen, da die in vitro-Daten keine verbesserte Wirksamkeit belegen.

Einige antimikrobielle Substanzen sollten unter keinen Umständen in der Behand­lung der Legionärserkrankung eingesetzt werden. Zu diesen gehören die Betalaktam­Antibiotika, Aminoglykoside und sehr wahrscheinlich auch Chloramphenicol.

FOLGERUNG DES AUTORS: Bei ambulanten Behandlungen von Legio­närspneumonien können unverändert Makrolide mit Bevorzugung der moder­neren Substanzen wie Azithromycin (ZITHROMAX) oder Clarithromycin (KLACID u. a.) empfohlen werden. Bei schweren Verläufen und insbesondere bei immunologisch gestörten Patienten in der Klinik wird der primäre Einsatz von Fluorochinolonen wie Ciprofloxacin (CIPROBAY) oder Ofloxacin (TARIVID) empfohlen. Eine Kombination mit Rif­ampicin (RIFA u. a.) wird nur bei der gemeinsamen Gabe mit Makrotiden als sinnvoll bezeichnet, eine Kombination von Rifampicin mit Fluorochinolonen erscheint nicht sinnvoll.

EDELSTEIN, P. Clin. lnfect Dis. 1995; 21 (Suppl. 3): 265 - 276

Doppelblind-Untersuchung 1 g versus 2 g Ceftriaxon bei ambulant erworbenen Infektionen Ceftriaxon (ROCEPHIN) ist ein Cephalo­sporin mit einem breiten antimikrobiellen Spektrum, das sich durch eine lange Halbwertzeit von acht bis zehn Stunden auszeichnet. Dieses ungewöhnliche kine­tische Verhalten erlaubt eine vorteilhafte einmal-tägliche Verabreichung. In einer Doppeblind-Studie wurde die klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ceftriaxon in einer Dosis von 1 g pro Tag mit der von 2 g pro Tag verglichen. 267 Patienten mit ambulant erworbenen In­fektionen, die aufgrund der Schwere der Erkrankung stationär behandelt werden rri.ußten, konnten in die Studie aufgenom­men werden. Die Patienten erhielten das Antibiotikum intravenös im Durchschnitt über zehn Tage. Beide Patientengruppen

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waren gut miteinander ve rgleichbar. Etwa jeder zweite Patient wurde wegen Infek­tionen im Bereich der unteren Luftwege, 28% (versus 36 %) wurden wegen Infek­tionen im Urogenitalbereich antibiotisch behandelt. 45 Patienten kamen aus ver­schiedenen Gründen nich t in die Endaus­wertung.

Insgesamt fand sich eine Heilung bei 91 % der Patien ten mit 1 g Ceftriaxon und bei 86% mit 2 g der Prüfs ubstanz. Ein Therapieversagen konnte bei 3% (versus 8 %) und ein Rezidiv bei jeweil s 3% beobachtet werden (keine signifikante n Un terschiede).

Das Cephalosporin war gut verträglich. In einigen Fäll en kam es zu pathologischen Leberfu nktionswerten bzw. zu Ph lebi tiden, ohne daß sich zwischen den be iden Gruppen ein signifikanter Untersch ied fes tstellen ließ.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In dieser multizentrischen, doppelblinden Studie an 222 auswertbaren Patienten mit ambulant erworbenen Infektionen fand sich bezüglich klinischer und bakteriologischer Wirksamkeit und Ver­träglichkeit kein Unterschied zwischen einer 1-Gramm-Tagesdosis und einer 2-Gramm-Tagesdosis von Ceftriaxon (ROCEPHIN). Die Niedrigdosis ist da­her aus wirtschaftlichen Uberlegungen bei dieser Indikation der höheren Dosis vorzuziehen.

SEGEV, S. et al. Eur. J . Clin. Microb.lnf. Dis. 1995; 14:85 1- 855

ANMERKUNG DER REDAKTION: Bei der Auswertung von etwa 100 Patien­ten pro Gruppe bleibt unklar, ob nicht doch ein gewisses Maß an therapeu­tischer Sicherheit bei Verzicht auf die höhere Dosierung auf dem Altar der Pharmakaökonomie geopfert wird.

Pharmakokinetik Pharmakakinetik von Cotrimoxazol bei AIDS-Patienten Die Pneumocystis carinii-Pneumonie bei AIDS-Patienten ist nach Einfuhrung von routinemäßigen Maßnahmen zur Prophy­laxe dieser opportunistischen Infektion seltener geworden . Cotrimoxazol (BAC­TRIM u. a.) ist als Mittel der Wahl bei der Behandlung der PeP anzusehen . D etaillierte Studien zur Kinetik des Arzneimittels bei schwerkranken Patienten mit AIDS lagen bisher jedoch nicht vor -die Dosierung orientierte sich vielm ehr an den pharmakakinetischen Daten, die bei Patienten ohne AIDS ermittelt worden waren. In einer Studie an zum Teil schwers tkranken AIDS-Patienten (n = 8)

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mi t P. carinii-Pneumonie wurde nun von kanad ischen Ärzten das pharmakakine­tische Verh alten der Sulfonam id-Trime­thoprim-Kombination untersucht. Als Ver­gleichsgruppe di enten Pati enten mit der gleichen Erkrankung (n = 9), aber mit weniger schwe r ausgeprägtem Krankheits­b il d (APACH E II-Score 20 vs. 11). Das Medikamen t wu rde in der üblichen Do­sierung zunächst intravenös und später oral verabreicht (Trimethoprim : 15 mg/kg KG und Sul famethoxazol: 75 mg/kg KG täglich ; verte il t auf drei bis vier Einzel­gaben). Es ergaben sich keinerlei signi fi kan­ten Un terschiede in der Ki netik zwischen den beiden Gruppen, die Variabilität der Daten war all erdings erheblich. Die Plasmakonzentrationen nach intravenöser und oraler Verabreichung waren ebenfal ls ni cht wesentlich verschieden.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In der Pharmakakinetik von Cotrimoxazol (BACTRIM u. a.) bei schwerstkranken und weniger schwer erkrankten AIDS­Patienten mit einer Pneumocystis carinii­Pneumonie konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Bei Schwerstkranken muß die Dosis also nicht den besonderen Gegebenheiten angepaßt werden. Bei der Umstellung einer intravenösen Applikation auf die orale Gabe des Chemotherapeutikums kann ebenfalls die Dosierung unver­ändert beibehalten werden.

CH IN, T. W. F. et al. An tim icrob Agen ts C hemother 1995; 39: 28 - 33

Serumbakterizidie und Pharmakakinetik von Meropenem und lmipenem M eropenem (MERONEM) ist ein neues Carbapenem , das sich durch hohe Stabi­litä t gegen die renale Dehydropeptidase-I auszeichnet (Vgl. ZCT 1995; 16: 37- 38). Im Gegensatz zum nahe ve rwandten Imipenem (in : ZIENAM) muß es deshalb n icht in Kombination mit dem Inh ibitor C ilas tat in verabre icht werden . Bei 12 ge­sunden Freiwillige n wurde die Pharmaka­kinetik der beiden Antibiotika verglichen. Nach einer 30-m inütigen Infusion von 1 g des jeweiligen Carbapenems (Imipenem wurde zusammen m it 1 g C ilastatin ver­abreicht) lagen di e mittl eren Konzentratio­nen im Plasma der Probanden bei 61 mg/1 (Imipenem) und 52 mg/1 (Meropenem). Beide ß-Laktam antibiotika wurden mit einer H albwertzeit von etwa 65 Minuten überwiegend unverändert renal eliminiert. Die Verteilungsvolumina wurden im Mittel mit 15,3 (Imipenem) und 18,6 Litern (Meropenem) berechnet (bei 70 kg Körper­gewicht). Im Gegensatz zu den meisten anderen pharmakakinetischen Variablen war de r Unterschied zwischen d iesen Werten sta ti stisch signifikant (p < 0,05).

März!April1996 - 17. j ahrg.

Die Serumbakteri zidie-Titer wurden eine Stunde und sechs Stunden nach der In fus ion berechnet. Beide Carbapeneme wiesen hohe T iter gegenüber klinisch wichtigen Erregern auf. Meropenem zeigte höhere T iter gegen E. cloacae und P. mirabilis, während die Titer des Im ipenems bei Staphylokokken höher lagen als d ie entsprechenden Werte des Meropenems.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Mero­penem (MERONEM) und Imipenem/ Ciiastatin (ZIENAM) sind zwei Carba­peneme mit ähnlichen pharmakoki­netischen Eigenschaften. Eine Unter­suchung der Serumbakterizidie-Titer bestätigte die etwas bessere Aktivität von Meropenem gegen gramnegative und von Imipenem gegen grampositive Bakterien.

DREETZ, M. et al. Antimicrob. Agents. Chemother. 1996; 40: 105- 109

Resistenz Antibiotika im Tierfutter Das Glykopeptid-Antibiotikum Avopar­cin ist in der Europäischen Union als Leistungsfö rderer zugelassen und wird auch in Deutschland in der Tierernährung bei Geflü gel, Schwe inen, Rindern und Kälbern eingesetzt. D as Bundesmin iste­rium fu r Ern ährung, Landwirtschaft und Forsten hat di e Anwendung von Avoparcin auf Empfehlung des Bundesinstituts fur gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vorerst fu r die D auer von sechs M onaten verboten . N eue Daten hatten den Verdach t erhärtet, daß der Einsatz von Avoparcin in der Tierernäh­rung die Ausbildung von Resistenzen gegen Glykopeptid-Antibiotika fördert und damit die Therapiemöglichkeiten in der Humanmedizin einschränkt.

Resistenzen gegen Glykopeptid-Antibiotika werden in zunehmendem Maß bei den Enterokokken beobach tet. Enterokokken sind natürlicher Bestandteil der Darmflora von M ensch und Tier. Sie sind fakultativ pathogen, d. h. sie können unter bestimm­ten Umständen schwere Infektionen her­vorrufen , etwa bei immungeschwächten Patienten auf Intensivs tationen oder auch bei onkologischen Patienten . Neuere Unte rsuchungen, besonders aus dem skandinavischen Raum belegen, daß der Einsatz von Avoparcin die Selektion resisten ter Keime förd ert. Wurden um­gekehrt keine Glykopeptid-Antibiotika in der Tierhaltung verwendet, traten auch keine spezifischen Resistenzen gegen Glykopeptide auf. Experimen telle und klinische Untersuchungen deuten außer­dem darauf hin, daß sich die spezifische Glykopeptidresistenz auf weitere Keim­arten ausbreiten kann.

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FOLGERUNG: Obwohl eine Verb indung zwischen einer nunmeh r nachwe islich durch die Tierhaltung verursach ten spe­zifischen Glykopeptidres istenz und der in Krankenhäusern auftretenden Resi­stenz noch immer nicht eindeutig belegt ist, h ab en sich die Verdachtsmom ente gegen d as Avoparcin so entsch eidend erhärtet, daß die Verwendung von Gly­kopeptid-Antibiotika auf e in unbedingt erforde rli ch es Minimum b eschränkt werden muß.

BGVV-Pressedienst: I / 96

Mehrfachresistenz bei B. fragili s M ehrere antibiotisch wirksame Arzneistoffe stehen zur Behandlung von Infektionen durch anaerobe Bakterien zur Auswahl. Metronidazol (CLONT), Coamoxiclav (AUGMENTAN) und Imipenem (ZIE­NAM) sind drei Wirkstoffe, die zu unter­schiedlichen Stoffgruppen gehören und über verschiedene Mechanismen auf die Errege r e inwirken. Eine gleichzeitige Resi­stenz gegenüber allen d rei Medikamenten ist sehr selten. U m so bemerkenswerter ist der Fall einer 38 jährigen Frau, bei der nach einer elektiven Laparotomie Bacteroides fragilis aus dem Blut isoliert wurde . Bei d er Patient in entwickelte sich nach der Operation zunächst eine Peritonitis, später auch ein Pleuraempyem. Die Behandlung m it den genannten Antibiotika blieb er­fo lglos, schließlich wurde die Therapie erfo lgreich mit Clindamycin (SOBELIN) und Gentamiein (REFOBACIN) fortge­setzt. N ach einem Krankenhausaufenthalt von insgesam t neun Wochen konnte die Pat ientin schließ lich entlassen werden.

FOLGERUNG D ER AUT OREN : Bei Infektionen durch anaerobe K eime, wie zum Beispiel B. fragilis, muß auch mit Mehrfachresistenzen gegen die gebräuch­lichsten Antibiotika gerechnet werden . Metronidazol (CLONT u . a.) ist zwar bei den meisten Stämmen wirksam , doch kommen resistente Isolate vor.

TURNER, P. et al. Lancet 1995; 345: 1275 - 1277

Resistenz von Streptococcus pneumoniae-Isolaten in Deutschland

Streptococcus pneumoniae ist nach wie vor eine wichtige Ursache fur bro ncho­pulmona le Infektionen. Ein erheblicher Teil der Fälle von Pneumokokken-Pneu­monie verläu ft tödlich . Weltweit wurde von Isolaren berichtet, die eine vermin­derte Empfindlichkeit gegen Penicill in G (diverse H andelsnamen) und - in vielen Fällen - auch gegen andere Antibiotika zeigten (vgl. ZCT 1993 ; 14: 1-3). Auch in Deutschland nahm die Anzahl von S. pneumoniae-Isolaten mit verminderter Penicillinsensibilität zu.

In einer multizentrischen Studie wurden systemische Pneumokokkeninfektionen aus

März/April 1996 - 17}ahrg.

Fragen zu wichtigen Infektionen ( 13) Infektionen von zentralnervösen Shunt-Systemen Ca. 95% aller H ydrocephali werden durch die Anlage eines Shunt-Systems behandelt. Von allen chirurgischen Verfahren hat sich dieses Vorgehen am besten bewährt. Prinzipiell ste hen zwei versch iedene Shunt-Systeme zur Verfugung : entweder kann die cerebrasp inale Flü ssigkeit (CSF) in die Peritonealhöh le abgeleitet werden (ventri­culo-peritonea ler Shunt) oder die Ableitung kann in den rechten Vorhof (ventriculo­au ricularer Shun t) erfolgen . Üb licherwe ise bestehen zentra lnervöse Shunt-Systeme aus e inem proximalen Ventrikelkatheter, einem Ventil b zw. Reservoir und einem distalen Kathete r, der in das Peritoneum bzw. den rechten Vorhof eingefuhrt wird.

1. Wie h ;iufig kommen C SF-Shunt-lntektio nen vo r? Publikationen über die H äufigkeit von Shun t-Infektionen zeigen eine breite Variabi li tät (1,5 bis zu 39 %) . Im Durchschnitt liegen die Angaben bei 10- 15 % . Besonders hohe Infektionsraten finden sich bei Frühgeborenen und sehr alten Pat ienten . Weitere prädisponierende Faktoren fur Shunt-Infektionen sind schlech te Hautverhältnisse sowie anamnestische Angaben zu vorhergehenden Shunt-Infektionen. Innerhalb der letzten Jahre ist eine eher rückläufige Infektionsfreq uenz beobachtet worden, die im wesent li chen durch verbesserte chirurgische Techniken bedingt sein dürfte.

2 . Wie ist die Pathogenese der CSF-Shunt-lnte ktionen ? Unterschieden werden drei wesentliche Infektionswege: 1. die Kolonisation des Shunt­Systems während der Implantation, 2. die hämatogene Besiedlung des Shunt-Systems und 3. die retrograde Ausbreitung einer In fekt ion vom distalen Katheterende aus. Die meisten Shunt-In fektion en (70 %) treten innerhalb von zwei Monaten nach der Implantation auf. In der Regelliegt ihnen eine Kolonisation des Shunt-Systems durch die Hautflora während der Implantation zu Grunde. 30% der Infektionen treten in einem Ze itraum von m ehr als zwei Monaten nach der Implantation auf. Diese sind in der Rege l durch eine hämatogen bedingte Besiedlung bzw. durch eine retrograde Infektion aus dem Perito nealraum verursacht. Von besonderer Bedeutung fur die Patho­genese der zentra lnervösen Shunt-Systeme sind schleimbi ldende Bakterien wie Staphy­lokokken . Sowohl Staphylococcus ep iderm idi s a ls auch Staphylococcus aureus sind zu dieser Sch leimbildu ng fahig, die nicht nur eine vermehrte und verbesserte Haftung der Bakterien an dem Shunt-Materia l zur Folge hat, sondern die Organismen auch vor der loko regio nalen Abwehr schützt und die Penetration von Antibiotika erschwert.

3. Wie wird eine C SF-Shunt-lnfektion am bes ten diagnostiziert ' Die klinische Präsentatio n einer Shunt-Infektion ist variabel und in a ller Rege l nicht richtungswe isend. Schwere m eningea le Symptome finden sich nur se lten. Bei nahezu all en Pat ienten treten febri le Temperaturen auf. In der frühen postoperativen Phase zeigt sich häufig eine Inflammation im Verlauf des Katheterbettes . Bei einem Drittel der Patienten mit einem ventriculo-peritonea len Shunt findet sich gleichzeitig eine infektiöse Symptomatik im Abdomen. In seltenen Fällen wird die Infektion eines ven triculo-auriculären Shunt-Systems erst durch die chronische Bakteriämie und ihre Folgen (Immunkomplexnephritis, H ypocomplementämie, sep tisch e pu lmonale Embolie) manifest.

Für die Diagnostik einer Shunt-Infektion sind besonders Blutkulturen, Liquorkulturen hingegen schlechter gee ignet. Ebenfalls hervorragend geeignetes Material fur die bakteriologische Diagnostik ist die Nadelaspiration aus inflammatorisch verä nderten Arealen entlang des distalen Katheterweges bei VP-Shunts. Die zytologische Unter­suchung des Liquo rs ze igt in den m eisten Fällen led iglich e ine geringgrad ige Pleozytose mit wen ige r als 200 Ze llen / f.ll. In der Regel findet sich jedoch ei ne Vermehrung der Granulozyten und eine Verminderung des Liquorzuckers.

Die abdo minell e Sonographie oder die Computertomographie können bei Patien ten mit VP-Shunts diagnostisch hilfreich sein . Die kranial e Computertomographie gibt hingegen lediglich Auskunft über das Funktionieren des Shunt-Systems.

SADIGH, M., GARDNER, P., Jnf. Dis. Clin. Prac. 1995; 4:277 - 280

den Jahren 1992 bis 1994 untersucht. Die Studie brachte neue Erkenntnisse zur ge­genwärtigen Resistenzlage in D eutschland. Es wurde das Resistenzverhalten von 844 Isolaten getestet. Dabei wurden ke ine Isolate gefunden, die resistent gegenüber Penicillin oder Cefotaxim (CLAFORAN) waren. Resistenzen wurden gefunden gegen C lindamycin (SOBELIN) (1,4 %), Chloramphenicol (PARAXIN u . a.) (1,9 %), Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) (3,2 %) und Tetrazykline (11 %) .

Eine intermediäre Empfindlichkeit gegen Penicillin wurde für 15 Isolate (1,8 Ofo) beschrieben, diese Isolate zeigten auch einen erhöhten MHK-Wert fur Cefotaxim. Es wurde keine geographische Häufung dieser Isolate beobachtet; vie r der 15 Iso­late gehörten zum Serotyp 23F. Es wurde nur ein Stamm mit intermediärer Emp­findlichkeit gegen Cefotax im beschrieben . Von den 844 Isolaren wurden 115 fur eine Typisierung random isiert ausgewäh lt. Es wurden 29 von 84 bekannten Serotypen

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gefunden. Insgesamt gehörten 86% der Pneumokokkenstämme zu den Serotypen der 23-polyvalenten Polysaccharidvakzine (PNEUMOVAX).

FOLGERUNG DER AUTOREN: Peni­cillin (diverse Handelsnamen) bleibt in Deutschland das Antibiotikum der Wahl zur Behandlung von Pneumokokken­infektionen.

RE INERT, R. R. et al. , Clin. lnfect. Dis. 1995 ; 21:1398- 1401

Ausbreitung von Streptokokken mit Makrolid-Resistenz in Finnland

Mit zunehmendem Einsatz eines bestimm­ten Antibiotikums steigt das Risiko fur die Ausbreitung von Bakterien, die gegen die betreffende Substanz - und häufig auch gegen andere Antibiotika - resistent sind. Es existiert eine relativ gute Daten­basis über die entsprechenden epidemio­logischen Zusammenhänge im Kranken­haushereich - Informationen über die Beziehung zwischen Antibiotikaverschrei­bungen und Resistenzentwicklung im ambulanten Bereich liegen dagegen in geringerer Zahl vor. In Finnland wurde in den vergangenen Jahren eine Zunahme von Streptokokken-Stämmen bemerkt, die gegen Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) und andere Makrolide resistent waren. Die Inzidenzen lagen im Mittel bei 5% im Jahre 1988 und waren bereits zwei Jahre später auf 13% angestiegen. Vorausge­gangen war eine Zunahme der Verordnun­gen fur Erythromycin um etwa das Drei­fache zwischen 1979 und 1988. Bemerkens­wert waren die deutlichen regionalen Unterschiede: in Gegenden, die nicht mehr als 50 km von einander entfernt waren, wurden Häufigkeiten zwischen 2% und 44% ermittelt.

Im Verlaufe des Jahres 1992 wurden von den finnischen Ärzten mehr als 10000 Streptokokken-Stämme (Gruppe A) hin­sichtlich ihrer Resistenz gegen Erythro­mycin untersucht. Die Isolate stammten fast ausnahmslos von Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt wurden. Etwa jeder sechste Stamm (16 %) war resistent gegen Makrolide . Die Regressionsanalyse zeigte, daß die Häufigkeit der Makrolid­Resistenz eindeutig mit der Höhe des Verbrauches korrelierte (p = 0,006).

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die ein­deutigen Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit des Einsatzes von Makrolid­Antibiotika und der Resistenzquote bei Streptokokken zeigen, daß ein rationaler Einsatz der Antibiotika im ambulanten Bereich die entscheidende Voraussetz­ung dafur ist, daß die Geschwindigkeit der Resistenzentwicklung in Grenzen gehalten wird.

SEPPÄLÄ, H. et al. Clin . Infect. Dis. 1995 ; 21: 1378 - 13 85

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Interaktion Interaktionen zwischen Zidovudin und Fluconazol sowie Valproinsäure

Arzneistoffe können die Pharmakakinetik anderer, gleichzeitig eingenommener Sub­stanzen auf vielfältige Art und Weise be­einflussen. So kann die Resorption des zweiten Medikamentes verringert werden, es kann zur Hemmung des Metabolismus und damit zu deutlich ansteigenden Plas­makonzentrationen kommen oder es kann auch eine Beschleunigung des Arznei­mittelabbaus und damit ein Wirkungs­verlust eintreten. In der Folge werden zwei relevante Beispiele fur das Virostatikum Zidovudin (RETROVIR) angefuhrt.

Eine gleichzeitige Einnahme von Zidovu­din und dem Azolantimykotikum Fluco­nazol (DIFLUCAN) ist bei HN-Kranken nicht ungewöhnlich. Daher wurde bei 12 HN-infizierten Männern (CD4+-Lym­phozyten < 5001~ Blut) der Einfluß von Fluconazol auf die Zidovudinkinetik unter­sucht. Die Patienten erhielten dreimal täg­lich 200 mg Zidovudin und wurden im zweiten Teil der Studie zusätzlich mit täglich 400 mg Fluconazol über einen Zeitraum von sieben Tagen behandelt. Danach wurde wieder die Zidovudinkinetik im Plasma und die Ausscheidung des Virostatikums im Urin untersucht. Die gleichzeitige Gabe von Fluconazol fuhrte zu einer Erhöhung der Zidovudinplasma­konzentrationen, einer Verlängerung der

März!Apri/1996- 17.jahrg.

Gebühr bezahlt

Eliminationshalbwertzeit und einer ver­minderten Bildung des Glukuronides. Fluconazol wird fur die reduzierte Zido­vudinglukuronidierung verantwortlich ge­macht. Daher sollten Patienten, die gleich­zeitig Fluconazol und Zidovudin erhalten in Bezug auf unerwünschte Wirkungen von Zidovudin sorgfältig überwacht werden1

In vitro-Experimente hatten gezeigt, daß auch Valproinsäure (ERGENYL u. a.) die Glukuronidierung von Zidovudin hemmen kann. Die Übertragbarkeit dieser Befunde in den klinischen Alltag wurde an sechs HN-Patienten untersucht. Die Pharmaka­kinetik wurde nach viertägiger Behandlung mit dreimal täglich 100 mg Zidovudin untersucht und in der Folge nach gleich­zeitiger Behandlung über einen Zeitraum von vier Tagen mit dreimal täglich 250 mg Valproinsäure. Plasma- und Urinproben wurden auf Zidovudin und das Glukuronid untersucht. Die AUC (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve) fur Zidovudin verdoppelte sich und ebenso der Anteil der nicht konjugierten Substanz im Urin. Valproinsäure kann die orale Bioverfug­barkeit von Zidovudin deutlich erhöhen2•

FOLGERUNG DER AUTOREN: HIV­Patienten, die gleichzeitig mit Zidovudin (RETROVIR) und Fluconazol (DIFLU­CAN) oder Valproinsäure (ERGENYL u. a.) behandelt werden, sollten besonders sorgfältig auf Zidovudin-assoziierte uner­wünschte Wirkungen überwacht werden.

(1) SAHAI,J. et al. ). Infect. Dis. 1994; 169: 1103- 1107

(2) LERTORA,J .J. L. et al. Clin. Pharmacol. Ther. 1994; 56: 272-278


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