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jk07 flyer denkmal rz 02 - Stiftung Prüsse - Home...Ein wesentliches Ziel war, die Räume der...

Date post: 25-Jan-2021
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Ein wesentliches Ziel war, die Räume der Kemenate ungeteilt und ohne größere Eingriffe zu belassen. Dies gelang mit zwei Ergänzungsbauten, die mit der Kemenate zur jakob-kemenate zusammengeführt wurden. Die Lösung greift das historische Bebauungsschema auf: Kemenate und Ergänzungsbauten fügen sich in das überlieferte Raumgerüst des Doppelhauses (Abb. h) ein. Die Kemenate nimmt im Erd- und im Obergeschoss jeweils einen Raum für Veranstaltungen auf. Das Vorderhaus enthält im Erdgeschoss Nebenräume und in den beiden Obergeschossen eine von außen zugängliche Wohnung. Aus dem Foyer (Zwischenbau) werden Erd- und Oberge- schoss der Kemenate über die historischen Türöffnungen gesondert erschlossen. Unterstützt wird die gewünschte Zusammenführung aller Gebäudeteile durch gleichartiges Material. So wird der Cor-Ten-Stahl vom Vorderhaus auf das neue Dach der Kemenate übertragen (Abb. i). Die rostende Oberfläche vermittelt Vergänglichkeit. 1766 1766 vor 1926 um 1926 vor 1965 vor 1965 2004 2004 2006 Abb. a: Stadtkarte von 1766, Ausschnitt südliche Altstadt; im Kreis das Anwesen Jacobstraße 3 Abb. b: Anwesen Jacobstraße 3, Lageplan; Kemenate (K), Vorderhaus (V) Abb. c: Jacobstraße 3, Vorderhaus und Kemenate; von links: Grundrisse Obergeschoss und Keller, Schnitt durch die Kemenate; vor 1926 Abb. d: Jacobstraße 3, Vorderhaus und Kemenate (rechts) von Westen; links die ehemalige Jakobskirche; um 1926 Abb. e: Ruinen Jacobstraße 3 von Nordosten; vor 1965 Abb. f: Ruinen Jacobstraße 3 von Nordosten, Kemenate (links mit Notdach) und Vorderhaus (rechts); vor 1965 Abb. g: Jacobstraße 3, Kemenate und ehemalige Jakobskirche (rechts); 2004 Abb. h: Das Raumgerüst der jakob-kemenate, Gebäudebestand; von links: um 1250, 1965 bis 2004, Konzept 2004 Abb. i: jakob-kemenate, der zur Ausführung bestimmte Entwurf aus dem Jahr 2006; von links: Vorderhaus, Zwischenbau (Foyer) und Kemenate Kemenaten in Braunschweig Die Kemenaten sind Teil des mittelalterlichen Bebauungs- schemas Braunschweigs. Ihre Baugeschichte beginnt im letzten Viertel des 11. Jhs. Sie bilden mit dem Vorderhaus ein Doppelhaus; dabei wird die Kemenate stets rückwärtig an das straßenseitig gelegene Vorderhaus angebaut. Alle Geschosse der Kemenate sind vom Vorderhaus oder von außen gesondert zugänglich. Die Vorderhäuser sind zumeist in Fachwerk, seltener auch schon steinern nachgewiesen. Die Braunschweiger Kemenaten folgen einem festen Bau- typus: unterkellert, Erd- und Obergeschoss jeweils ungeteilt, die 0,50 – 1,00 m dicken Mauern aus heimischem Rogen- und Kalkbruchsteinen gefügt, Holzbalkendecken trennen die Geschosse. Der nahezu quadratische Grundriss besitzt eine Seitenlänge von 6 – 10 m, das steile Dach ist mit Stein- platten oder Ziegeln ,hart‘ gedeckt. Kemenaten (lateinisch‚ caminata: beheizbarer Raum) besitzen eine Feuerstelle. Die Zweckbestimmung der Kemenate leitet sich aus ihrer besonderen Lage, Bauweise und Ausstattung ab: in Zeiten häufiger Stadtbrände und Unruhen war die rückwärtig im Hof gelegene, steinerne und beheizbare Kemenate im Vergleich zum vorherrschenden Fachwerkbau vor Eindring- lingen und Feuer gut geschützt und bot sicheren Lager- und komfortablen Wohnraum. Auffällig hoch ist die für Braunschweig bis ca.1450 über- lieferte Zahl von rund 150 „größeren Steinbauten“ einschließ- lich der Kemenaten. Im Weichbild Altstadt, Sitz des Patri- ziats, lagen über 50 % der Kemenaten. Ihre Errichtung, im Vergleich zum Holzbau deutlich aufwändiger, blieb also den Mitgliedern der wohlhabenden Oberschicht vorbehalten. Die Denkmaltopographie (1993) führt noch vier Kemenaten auf. Eine vollständige Recherche zum Bestand steht aus. Das Anwesen Jacobstraße 3 Stadtkarte von 1766 (Abb. a) Die Karte zeigt die Bebauung parzellenscharf. Auf dem längsrechteckigen, auffällig großen Grundstück Jacobstraße 3 umschließt eine vierseitige Bebauung einen offenen Hof. Mit einer Längsseite grenzt die Bebauung unmittelbar an die Jacobstraße, die den Eiermarkt im Westen mit dem Kohlmarkt im Osten verband. Die westliche Schmalseite des Grundstücks liegt unmittelbar am (Fried-)Hof der Jacobs- kirche. Die Kemenate Jacobstraße 3 (Abb. b,c) folgt dem Bebau- ungsschema und Bautypus der Braunschweiger Kemenaten. Sie gehörte zu einem patrizischenAnwesen in Nachbarschaft zur St. Jacobskirche, die auf einen Saalbau des 11. Jhs. zurückgeht. Von ihm übernimmt die Straße den Namen (1350 überliefert Jacopestrate). Für das Grundstück Ass. 448 Jacobstraße 3 benennt das Häuserbuch der Stadt Braunschweig ab dem 14. Jh. verschiedene Eigentümer, u. a. für das 16. und 17. Jh. die Familie v. Vechelde und ab 1699 den Hofrat Christoph Frahndorf. Im 18. Jahrhundert wurde das Anwesen Provianthaus und 1765 ‚Herzogliche Leihhausanstalt‘, von Herzog Carl I. 1765 gegründet. Von ihr führt eine direkte Linie über die Braunschweigische Staatsbank zur Nord/LB Norddeutsche Landesbank. Bis zur Zerstörung 1944 Entlang der westlichen Grundstücksgrenze das Doppelhaus mit massivem Vorderhaus (Abb. d), giebelständig an der Jacobstraße gelegen. Rückseitig bündig anschließend die Kemenate, ursprünglich wohl auch im Dachwerk mit identi- schem Querschnitt. Aufgrund der nachweisbaren Fenster – Zwillings- und Drillingsfenster mit Dreipassbogenstürzen und eingestellten Säulen mit Kelchkapitellen (vgl.Seite 11) – wurden diese Gebäude in das 13. Jh. und damit zu den ältesten Bestandteilen der Parzellenbebauung gehörend datiert. An allen anderen Grenzen wird das Grundstück von einer ebenfalls in das 13. Jh. datierten Mauer eingefasst. Sie bildet zugleich die zweigeschossige Außenwand (vgl. Abb. e) der Bebauung, die im ausgehenden 15. und frühen 16. Jh. durch aufgesetzte Obergeschosse und Hofspeicher in Fachwerk erweitert wurde. Die östliche Schmalseite des Anwesens wurde Ende des 19. Jhs. mit dem Neubau der Brabandtstraße Teil der neuen Straßenrandbebauung. Das Denkmalinventar von 1926 hebt die Jacobstraße 3 als „in ihrer Gesamterscheinung altertümlichste massive Grundstücksbebauung“ in Braunschweig hervor. 2. Weltkrieg und Nachkriegszeit Im zweiten Weltkrieg erfuhren die Gebäude Jacobstraße 3 erhebliche Beschädigungen, brannten weitgehend aus (Abb. e, f). Vom Abriss dieser Ruinen um 1965 zugunsten einer benachbarten Neubaumaßnahme blieb nur die Kemenate verschont. Fotos von den Abbrucharbeiten und eine Untersuchung 2006 belegen, dass zumindest Teile des Kellers vom Vordergebäude erhalten sind. Aus Sicherheitsgründen wurden die frei aufragenden Giebel- dreiecke der Kemenate abgetragen. Die Kemenate wurde zusammen mit der fast vollständigen Grundfläche des Vorderhauses dem Kirchengrundstück Eiermarkt 3 zugeschrieben. Eine knapp 3,00 m hohe Natur- steinmauer mit Bauteilen, die beim Abbruch der Ruinen geborgen wurden, markiert die neue Grundstücksgrenze (Abb.g). Das Gebäude (Abb.g) erhielt ein flach geneigtes Satteldach mit Bahnendeckung. In der westlichen Hälfte des Erdge- schosses teilte man notdürftig zwei Zimmer mit halbsteini- gen Wänden ab, zog einen Schornstein ein und fügte kleine Holzfenster in die Nischen der Westwand ein. So bot die Kemenate in der unmittelbaren Nachkriegszeit dringend benötigten Wohnraum. Anschließend nutzte die Kirchen- gemeinde die Kemenate als Abstellraum. Die jakob-kemenate Im Jahr 2001 erwarb der Unternehmer Joachim Prüsse die Kemenate (Abb. g) mit dem Ziel, hier ein einzigartiges Kul- turprojekt zu realisieren und in eine Stiftung zu überführen. Den Sammler von Gemälden und Zeichnungen, die das zerstörte und im Wiederaufbau befindliche Braunschweig thematisieren, sprach gerade das Fragmentarische, dabei Authentische dieser baulichen Kostbarkeit an. Früh wurde das Ziel formuliert, diesen Bestand so weit möglich beizu- behalten. Zu Beginn des Projektes wurde die Kemenate aufgemessen und bauhistorisch untersucht. Der Ergebnisbericht fasst zu- sammen, dass die überlieferte Kubatur der Kemenate in den Umfassungswänden, in überwiegenden Teilen der Fenster- nischen und Türöffnungen sowie in der Deckenbalkenlage des Erdgeschosses noch weitgehend unverändert dem spätmittelalterlichen Gebäudebestand zuzuschreiben ist. Das Fälljahr des Holzes der Deckenbalken (EG) wurde dendrochronologisch untersucht und in das Jahr 1250 (-2/+6 Jahre) bestimmt. Da die Balken homogen in das Mauerwerk einbinden, kann diese Datierung auf das Gebäude, zumindest einschließlich Erdgeschoss, über- tragen werden. Das bauhistorische Gutachten liefert eine Fülle von Befun- den und Hinweise auf die bauliche Entwicklung der Keme- nate. Es weist nach, dass das Gebäude im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut wurde. Veränderungen um 1600, 1727, um 1765 und in der unmittelbaren Nachkriegszeit haben deutliche Spuren hinterlassen. Alle Befunde wurden in Übersichtspläne eingetragen. Diese Pläne beinhalten Hinweise auf mögliche Vorgänger- strukturen und dokumentieren jüngere Veränderungen bis in die Nachkriegszeit hinein. Ein zeichnerischer Rekonstruk- tionsversuch schließt das Gutachten ab. Folgende Ziele wurden frühzeitig formuliert und in den Entwurf eingebracht: • Beachtung von Bautypus und Bebauungsschema, Erhaltung, Sicherung und Reparatur der Gebäudehülle sowie aller Holzbauteile, Rückführung von Eingriffen nur soweit sie dem historischen Raumcharakter widersprechen, Präsentation von Befunden, ggf. Ergänzung und Inszenierung zur Ablesbarkeit und Vermittlung, • Verzicht auf Rekonstruktion und Ablesbarkeit aller neuen Bau- und Gebäudeteile durch heutige Gestaltung Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Seite 9 V K Informationen zur Geschichte Denkmalpflegerische Ziele Grundkonzeption des Entwurfs
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  • Ein wesentliches Ziel war, die Räume der Kemenate ungeteiltund ohne größere Eingriffe zu belassen. Dies gelang mit zweiErgänzungsbauten, die mit der Kemenate zur jakob-kemenatezusammengeführt wurden. Die Lösung greift das historischeBebauungsschema auf: Kemenate und Ergänzungsbautenfügen sich in das überlieferte Raumgerüst des Doppelhauses(Abb. h) ein.

    Die Kemenate nimmt im Erd- und im Obergeschoss jeweilseinen Raum für Veranstaltungen auf. Das Vorderhausenthält im Erdgeschoss Nebenräume und in den beidenObergeschossen eine von außen zugängliche Wohnung.Aus dem Foyer (Zwischenbau) werden Erd- und Oberge-schoss der Kemenate über die historischen Türöffnungengesondert erschlossen.

    Unterstützt wird die gewünschte Zusammenführung allerGebäudeteile durch gleichartiges Material. So wird derCor-Ten-Stahl vom Vorderhaus auf das neue Dach derKemenate übertragen (Abb. i). Die rostende Oberflächevermittelt Vergänglichkeit.

    1766 1766 vor 1926 um 1926 vor 1965 vor 1965 2004 2004 2006

    Abb. a: Stadtkarte von 1766, Ausschnitt südliche Altstadt;im Kreis das Anwesen Jacobstraße 3

    Abb. b: Anwesen Jacobstraße 3, Lageplan;Kemenate (K), Vorderhaus (V)

    Abb. c: Jacobstraße 3, Vorderhaus und Kemenate;von links: Grundrisse Obergeschoss und Keller, Schnittdurch die Kemenate; vor 1926

    Abb. d: Jacobstraße 3, Vorderhaus und Kemenate (rechts) vonWesten; links die ehemalige Jakobskirche; um 1926

    Abb. e: Ruinen Jacobstraße 3 von Nordosten; vor 1965 Abb. f: Ruinen Jacobstraße 3 von Nordosten, Kemenate (linksmit Notdach) und Vorderhaus (rechts); vor 1965

    Abb. g: Jacobstraße 3, Kemenate und ehemaligeJakobskirche (rechts); 2004

    Abb. h: Das Raumgerüst der jakob-kemenate, Gebäudebestand;von links: um 1250, 1965 bis 2004, Konzept 2004

    Abb. i: jakob-kemenate, der zur Ausführung bestimmte Entwurf aus demJahr 2006; von links: Vorderhaus, Zwischenbau (Foyer) und Kemenate

    Kemenaten in Braunschweig

    Die Kemenaten sind Teil des mittelalterlichen Bebauungs-schemas Braunschweigs. Ihre Baugeschichte beginnt imletzten Viertel des 11. Jhs. Sie bilden mit dem Vorderhausein Doppelhaus; dabei wird die Kemenate stets rückwärtigan das straßenseitig gelegene Vorderhaus angebaut. AlleGeschosse der Kemenate sind vom Vorderhaus oder vonaußen gesondert zugänglich. Die Vorderhäuser sind zumeistin Fachwerk, seltener auch schon steinern nachgewiesen.

    Die Braunschweiger Kemenaten folgen einem festen Bau-typus: unterkellert, Erd- und Obergeschoss jeweils ungeteilt,die 0,50 – 1,00 m dicken Mauern aus heimischem Rogen-und Kalkbruchsteinen gefügt, Holzbalkendecken trennendie Geschosse. Der nahezu quadratische Grundriss besitzteine Seitenlänge von 6 – 10 m, das steile Dach ist mit Stein-platten oder Ziegeln ,hart‘ gedeckt. Kemenaten (lateinisch‚caminata: beheizbarer Raum) besitzen eine Feuerstelle.

    Die Zweckbestimmung der Kemenate leitet sich aus ihrerbesonderen Lage, Bauweise und Ausstattung ab: in Zeitenhäufiger Stadtbrände und Unruhen war die rückwärtig imHof gelegene, steinerne und beheizbare Kemenate imVergleich zum vorherrschenden Fachwerkbau vor Eindring-lingen und Feuer gut geschützt und bot sicheren Lager-und komfortablen Wohnraum.

    Auffällig hoch ist die für Braunschweig bis ca.1450 über-lieferte Zahl von rund 150 „größeren Steinbauten“ einschließ-lich der Kemenaten. Im Weichbild Altstadt, Sitz des Patri-ziats, lagen über 50 % der Kemenaten. Ihre Errichtung, imVergleich zum Holzbau deutlich aufwändiger, blieb also denMitgliedern der wohlhabenden Oberschicht vorbehalten.Die Denkmaltopographie (1993) führt noch vier Kemenatenauf. Eine vollständige Recherche zum Bestand steht aus.

    Das Anwesen Jacobstraße 3

    Stadtkarte von 1766 (Abb. a)

    Die Karte zeigt die Bebauung parzellenscharf. Auf demlängsrechteckigen, auffällig großen Grundstück Jacobstraße3 umschließt eine vierseitige Bebauung einen offenen Hof.Mit einer Längsseite grenzt die Bebauung unmittelbar andie Jacobstraße, die den Eiermarkt im Westen mit demKohlmarkt im Osten verband. Die westliche Schmalseite desGrundstücks liegt unmittelbar am (Fried-)Hof der Jacobs-kirche.

    Die Kemenate Jacobstraße 3 (Abb. b,c) folgt dem Bebau-ungsschema und Bautypus der Braunschweiger Kemenaten.Sie gehörte zu einem patrizischenAnwesen in Nachbarschaftzur St. Jacobskirche, die auf einen Saalbau des 11. Jhs.zurückgeht. Von ihm übernimmt die Straße den Namen(1350 überliefert Jacopestrate).

    Für das Grundstück Ass. 448 Jacobstraße 3 benenntdas Häuserbuch der Stadt Braunschweig ab dem 14. Jh.verschiedene Eigentümer, u. a. für das 16. und 17. Jh.die Familie v. Vechelde und ab 1699 den Hofrat ChristophFrahndorf. Im 18. Jahrhundert wurde das AnwesenProvianthaus und 1765 ‚Herzogliche Leihhausanstalt‘,von Herzog Carl I. 1765 gegründet. Von ihr führt einedirekte Linie über die Braunschweigische Staatsbankzur Nord/LB Norddeutsche Landesbank.

    Bis zur Zerstörung 1944

    Entlang der westlichen Grundstücksgrenze das Doppelhausmit massivem Vorderhaus (Abb. d), giebelständig an derJacobstraße gelegen. Rückseitig bündig anschließend dieKemenate, ursprünglich wohl auch im Dachwerk mit identi-schem Querschnitt. Aufgrund der nachweisbaren Fenster –Zwillings- und Drillingsfenster mit Dreipassbogenstürzenund eingestellten Säulen mit Kelchkapitellen (vgl.Seite 11) –wurden diese Gebäude in das 13. Jh. und damit zu denältesten Bestandteilen der Parzellenbebauung gehörenddatiert.

    An allen anderen Grenzen wird das Grundstück von einerebenfalls in das 13. Jh. datierten Mauer eingefasst. Siebildet zugleich die zweigeschossige Außenwand (vgl.Abb. e) der Bebauung, die im ausgehenden 15. und frühen16. Jh. durch aufgesetzte Obergeschosse und Hofspeicher

    in Fachwerk erweitert wurde. Die östliche Schmalseite desAnwesens wurde Ende des 19. Jhs. mit dem Neubau derBrabandtstraße Teil der neuen Straßenrandbebauung.Das Denkmalinventar von 1926 hebt die Jacobstraße 3als „in ihrer Gesamterscheinung altertümlichste massiveGrundstücksbebauung“ in Braunschweig hervor.

    2. Weltkrieg und Nachkriegszeit

    Im zweiten Weltkrieg erfuhren die Gebäude Jacobstraße3 erhebliche Beschädigungen, brannten weitgehend aus(Abb. e, f). Vom Abriss dieser Ruinen um 1965 zugunsteneiner benachbarten Neubaumaßnahme blieb nur dieKemenate verschont. Fotos von den Abbrucharbeitenund eine Untersuchung 2006 belegen, dass zumindestTeile des Kellers vom Vordergebäude erhalten sind. AusSicherheitsgründen wurden die frei aufragenden Giebel-dreiecke der Kemenate abgetragen.

    Die Kemenate wurde zusammen mit der fast vollständigenGrundfläche des Vorderhauses dem KirchengrundstückEiermarkt 3 zugeschrieben. Eine knapp 3,00 m hohe Natur-steinmauer mit Bauteilen, die beim Abbruch der Ruinengeborgen wurden, markiert die neue Grundstücksgrenze(Abb.g).

    Das Gebäude (Abb.g) erhielt ein flach geneigtes Satteldachmit Bahnendeckung. In der westlichen Hälfte des Erdge-schosses teilte man notdürftig zwei Zimmer mit halbsteini-

    gen Wänden ab, zog einen Schornstein ein und fügte kleineHolzfenster in die Nischen der Westwand ein. So bot dieKemenate in der unmittelbaren Nachkriegszeit dringendbenötigten Wohnraum. Anschließend nutzte die Kirchen-gemeinde die Kemenate als Abstellraum.

    Die jakob-kemenate

    Im Jahr 2001 erwarb der Unternehmer Joachim Prüsse dieKemenate (Abb. g) mit dem Ziel, hier ein einzigartiges Kul-turprojekt zu realisieren und in eine Stiftung zu überführen.Den Sammler von Gemälden und Zeichnungen, die daszerstörte und im Wiederaufbau befindliche Braunschweigthematisieren, sprach gerade das Fragmentarische, dabeiAuthentische dieser baulichen Kostbarkeit an. Früh wurdedas Ziel formuliert, diesen Bestand so weit möglich beizu-behalten.

    Zu Beginn des Projektes wurde die Kemenate aufgemessenund bauhistorisch untersucht. Der Ergebnisbericht fasst zu-sammen, dass die überlieferte Kubatur der Kemenate in denUmfassungswänden, in überwiegenden Teilen der Fenster-nischen und Türöffnungen sowie in der Deckenbalkenlagedes Erdgeschosses noch weitgehend unverändert demspätmittelalterlichen Gebäudebestand zuzuschreiben ist.

    Das Fälljahr des Holzes der Deckenbalken (EG) wurdedendrochronologisch untersucht und in das Jahr 1250(-2/+6 Jahre) bestimmt. Da die Balken homogen in dasMauerwerk einbinden, kann diese Datierung auf dasGebäude, zumindest einschließlich Erdgeschoss, über-tragen werden.

    Das bauhistorische Gutachten liefert eine Fülle von Befun-den und Hinweise auf die bauliche Entwicklung der Keme-nate. Es weist nach, dass das Gebäude im Laufe der Zeitmehrfach umgebaut wurde. Veränderungen um 1600,1727, um 1765 und in der unmittelbaren Nachkriegszeithaben deutliche Spuren hinterlassen. Alle Befunde wurdenin Übersichtspläne eingetragen.

    Diese Pläne beinhalten Hinweise auf mögliche Vorgänger-strukturen und dokumentieren jüngere Veränderungen bisin die Nachkriegszeit hinein. Ein zeichnerischer Rekonstruk-tionsversuch schließt das Gutachten ab.

    Folgende Ziele wurden frühzeitig formuliert und in denEntwurf eingebracht:

    • Beachtung von Bautypus und Bebauungsschema,

    • Erhaltung, Sicherung und Reparatur der Gebäudehüllesowie aller Holzbauteile,

    • Rückführung von Eingriffen nur soweit sie demhistorischen Raumcharakter widersprechen,

    • Präsentation von Befunden, ggf. Ergänzung undInszenierung zur Ablesbarkeit und Vermittlung,

    • Verzicht auf Rekonstruktion und

    • Ablesbarkeit aller neuen Bau- und Gebäudeteiledurch heutige Gestaltung

    Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Seite 9

    V

    K

    Informationen zur Geschichte Denkmalpflegerische Ziele Grundkonzeption des Entwurfs

  • jakob-kemenate –

    Informationen zur

    Geschichte und

    Rundgang

    museum | galerie | reisen | veranstaltungen

    Der RundgangDer Rundgang gliedert sich in vier Stationen A–D.

    Er beginnt im Hof vor der Westfassade derKemenate A, führt in das Foyer B, von dort in dasErdgeschoss der Kemenate C und, wieder überdas Foyer, zum Obergeschoss der Kemenate D.

    Dieses Faltblatt enthält Hinweise 1– 30 aufbemerkenswerte Bau- und Gebäudeteile.

    BAStation A: Hof/Westfassade CDStation D: Kemenate, Obergeschoss

    Station C: Kemenate, Erdgeschoss

    Möchten Sie die jakob-kematemieten oder haben Sie Interessean Ausstellungen, Kultur-Veranstaltungen oder -Reisen?

    Informationen hierzu finden Sie unter:www.jakobkemenate.de oderTel. 0 53 06 / 95 95 26jakob-kemenate | Eiermarkt 1A | 38100 Braunschweig

    Tel. 0 53 06 /95 95 26 | Fax 0 53 06/50 [email protected] | www.jakobkemenate.de

    jakob-kemenate – ein Haus für Kunstund Kultur in BraunschweigEinweihung im Oktober 2006

    Bauherren:Karin und Joachim Prüsse, Weddel

    Architekten:OM Architekten BDA, Rainer Ottinger, Braunschweig

    Eingangsskulptur „Dialog“ und Metallfassaden:Jörg Plickat, Bildhauer, Bredenbek

    Bauhistorische Untersuchung:Dipl.-Ing. Dieter Haupt, Architekt und Bauforscher,Arbeitsgruppe Altstadt, Wolfenbüttel

    Restaurierungen:Restaurierungsfirma Anja Stadler, Osterwiek

    Ostwand (urspr. Hof-, heute Grenzwand)

    5 Wand um 1965 mit historischen Bauteilen, vermutlichaus dem Abbruch des Vorderhauses geborgen.

    Südwand (urspr. Innenwand des Vorderhauses)

    6 Wandnische; Bodenverglasung mit Blick in den ehem.Kellerabgang, ursprünglich direkt aus dem Vorderhaus.Keller derzeit nicht zugänglich.

    7 Kemenatenzugang im Erdgeschoss. Das Türgewändewurde belassen und gesichert.

    8 Nischenöffnung, ursprünglich mit Klappe verschließbar,macht einen horizontal dahinter liegenden Wandkanalzugänglich, der bis in die Türlaibung reicht.Möglicherweise Führung für einen Balken zumVerschließen der Tür.

    Innenwände mit Putzresten belassen. Auf den PutzflächenReste von Wandbemalungen. Die nicht bemalten Putzewurden gefestigt und zu den steinsichtigen Wandflächenangeböscht. Geputzte und steinsichtige Flächen erhielteneinen Auftrag mit gering pigmentierter Kalkmilch. Malflächenwurden gefestigt und retuschiert.

    Ostwand (ursprünglich Hof-, heute Grenzwand)

    9 Vermauerte, mehrfach geänderte Fensternische.

    10 Die Türöffnung wurde freigelegt.

    Südwand

    11 Großflächige Vermauerung mit Back- undBruchsteinen. Vermutlich entstanden nachKaminausbau.

    12 Wandnische mit Werksteinquadern eingefasst.

    Impressumjakob-kemenate –Informationen zur Geschichteund Rundgang

    Herausgeber:jakob-kemenate, 2007

    Idee und Text:Udo Gebauhr,Denkmalpfleger StadtBraunschweig

    Gestaltung:www.khunger.de

    Druck:Löwendruck Bertram GmbH,Braunschweig

    Abbildungen:Grundrisse: OM Architekten (s.o)Drillingsfenster und Abb. g:Dieter Haupt (s.o.)Abb. a: Stadt Braunschweig,Abb. b, c: Aufnahme Brauer(vor 1926), in: Kunstdenkmal-inventare Nds., Band 9, StadtBraunschweigAbb. d– f: Landesamt fürDenkmalpflege,Abb. h: Thomas Fritzewski,Stadt Braunschweig,Abb. i: OM Architekten (s.o.)Titelfoto: Heinz Kudella

    Westwand

    13 Fensternischen ursprünglich.

    14 Teile einer Rankenmalerei oberhalb Fenster.

    Decke

    Holzbalken datiert 1250 (-2/+6 Jahre).

    15 Teile einer Rankenmalerei am Balken.

    16 Jüngerer Ständer mit Kopfbändern, Unterzug.

    17 Zwei Stahlträger zur Entlastung der Balken.

    Fußboden, Fenster, Eingangstür

    Neubauteile in heutiger Gestaltung; Bodenbelag undTürrahmung wahren Distanz zur alten Wand.

    Station B: Foyer

    6

    5 7

    8

    Foyer Eingang

    17

    Kemenate, Erdgeschoss

    9

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    15

    1112

    13

    14

    16

    20

    Kemenate, Obergeschoss

    21

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    19

    Um den vorgefundenen Zustand zu bewahren wurdendie Wände unverputzt belassen und im Fugenbereichrepariert.

    1 Die vier großen Fensteröffnungensind nicht ursprünglich. Sieersetzen vermutlich Fenster in derForm, wie sie in der Südwanderhalten geblieben ist (Drillings-fenster mit eingestellten Teilungs-säulchen und Dreipass-Bogen-stürzen).

    2 Zwei Formsteine der Bogenstürze hat man seinerzeitwieder verwendet; sie finden sich im nördlichen(linken) Fenster des Obergeschosses, direkt unterhalbdes hölzernen Sturzes.

    3 An der Nordwestecke der Kemenate (Übergang zumZwischenbau) ist noch die Abbruchkante der Wanddes zerstörten Vorderhauses zu erkennen.

    4 Skulpturen „Dialog“ des Bildhauers Jörg Plickat

    Drillingsfenster

    Eingang jakob-kemenate

    AC

    Aufgang

    B

    Jakobs-Kirche

    Zugang vomEiermarkt

    1

    2

    3

    4

    zu D

    Hof mitWestfassade

    Hof/Westfassade

    Eingangjakob-kemenate

    Behandlung der Wände wie Erdgeschoss.

    Ostwand (ursprünglich Hof-, heute Grenzwand)

    18 Vermauerte Tür oder Nische.

    19 Aussparungen für die Auflager der Deckenbalken.

    20 Ausflickungen im Winkel von Ost- und Südwand,vermutlich entstanden nach Kaminausbau.

    Südwand

    21 Konsolstein (urspr. ‚Schornstein‘ benannt), trugden Schornsteinkopf.

    22 Rauchabzug durch verglasten Schacht im neuenDach inszeniert.

    23 Fensternische, vermutlich um 1600 zur Hälftezugemauert.

    24 Malbefund, Motiv: Beschlagwerk.

    25 Drillingsfenster (vgl. S. 11) vollständig erhalten, nurin der Nische geöffnet. Schutzverglasung außen.

    Westwand

    26 Unter den Fenstern Sitznischen.

    27 In den Wandlaibungen Öffnungen als Laufstollen fürFensterriegel.

    28 Großflächiger Wandputz mit Bemalungsresten.

    Nordwand (ursprünglich Innenwand)

    29 Durchgehende Mauerwerksfuge zur Westwand istHinweis auf nachträglichen Einbau dieser Wand(nur im Obergeschoss), möglicherweise Ersatz einerälteren Fachwerkwand.

    Raummitte

    30 Ständer mit Kopfbändern, datiert 1727.

    Am Ständer wurden die Ansätze der Abkantungen vomZimmermann mit umlaufendem Rötelstrich markiert.Bodenvitrine macht alten Dielenbelag sichtbar.

    Tür, Fenster, Fußboden, Treppe, Galerie und Dach

    Alle Neubauteile in heutiger Gestaltung ablesbar.Die neuen Fußbodendielen wahren Distanz zur alten Wand.

    Seite 11 Seite 12 Seite 13 Seite 14 Seite 15

    N

    Seite 16

    Schutzgebühr: 1 €

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