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Hauszuverkaufen - Harald Czycholl

Date post: 16-Apr-2022
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VON MÜNCHEN BIS MAGDEBURG Der Markt für gebrauchte frei stehen- de Einfamilienhäuser ist in Deutsch- land zweigeteilt, zeigt die LBS-Analyse „Markt für Wohnimmobilien 2013“: An der Spitze der Großstädte steht dabei München, wo es mit 850.000 Euro mehr als zehnmal so teuer ist wie in einzelnen ostdeutschen Mittelstädten. Hinter München folgen bei den Groß- städten Wiesbaden (750.000 Euro), Regensburg (650.000 Euro), Stuttgart (610.000 Euro) sowie Heidelberg (580.000 Euro). Mitunter noch teurer sind Immobilien im attraktiven Umland der Metropolen: Im Münchener Nobel- vorort Grünwald etwa kosten Häuser durchschnittlich 1,1 Millionen Euro. Spitzenpreise gibt es laut LBS auch in touristisch geprägten Gegenden wie Starnberg (900.000 Euro) oder den Bodensee-Städten Konstanz und Lind- au (690.000 bzw. 605.000 Euro). Auf der anderen Seite verzeichnet die Analyse auch Halbmillionen-Städte, in denen gebrauchte Einfamilienhäuser relativ günstig zu haben sind. In Leipzig, Hannover, Bremen, Dortmund, Essen und Dresden etwa reicht die Band- breite von 210.000 bis 280.000 Euro. In manchen Großstädten liegt das Preisniveau noch einmal deutlich niedriger, nicht nur in den neuen Ländern mit Halle und Magdeburg (jeweils rund 150.000 Euro), sondern vereinzelt auch im Norden und Wes- ten. So ist ein durchschnittliches Ei- genheim in Bremerhaven bereits für 115.000 Euro zu haben, in Gelsenkir- chen für 170.000 Euro. czy E in schmuckes Haus, gut in Schuss, in einem gepflegten Wohnge- biet. Ein großer Garten mit akkurat gemähtem Rasen. Offener Kamin, Sauna und eine kosten- sparende Erdwärme-Heizungsanlage. 160 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf zwei Ebenen. Dazu eine kleine Ein- liegerwohnung im Dachgeschoss, die die verwitwete Mutter bewohnte. „Es war schon unser Traumhaus“, sagt Claudia Schulte (Foto rechte Seite). Ru- hig gelegen im Grünen, in Voerde-Spel- len am Niederrhein. Die Ruhrgebiets- städte Duisburg und Oberhausen liegen je etwa 20 Autominuten entfernt, Düs- seldorf ist in 40 Minuten zu erreichen. Die Schultes kauften das im Jahr 1985 gebaute Haus vor vier Jahren gebraucht und sanierten es anschließend umfas- send. Unter anderem wurden zwei Ba- dezimmer erneuert und das gesamte Haus mit neuen Fußböden ausgestattet. „Wir haben es auch als Altersvorsorge gesehen und wollten mit den Mietein- nahmen der zweiten Wohnung unsere Rente aufbessern“, sagt Claudia Schul- te. Doch dann kam alles anders. Im Jahr 2011 trennten sich die Schultes, seither probieren sie, das Haus wieder zu ver- kaufen. Mehrere Makler versuchten ihr Glück, anschließend inserierten die Schultes privat, um den potenziellen Käufern die Maklergebühren zu erspa- ren – bislang ohne Erfolg. Dabei haben die Schultes alles andere als überzogene Preisvorstellungen. Ihre ursprüngliche Forderung von 269.000 Euro haben sie mittlerweile um 39.000 Euro auf 230.000 Euro reduziert, die hochwertige Nolte-Küche gibt es gratis obendrauf. 2009 bezahlten sie noch 255.000 Euro für das Haus, investierten 30.000 Euro in die Sanierung und bau- ten die schicke Küche für rund 5000 Euro ein. Macht unterm Strich einen Verlust von 50.000 Euro – wenn sich denn ein Käufer findet. „Mir war schon klar, dass sich das Haus nicht mal so eben verkauft“, so Claudia Schulte. Nur dass es so schwierig werden würde, da- mit hatte sie nicht gerechnet. Die Schultes stehen mit ihrem Pro- blem keineswegs allein da. In Zeiten, da allerorten von Betongold und Immobi- lienboom die Rede ist, rechnen viele Ei- genheimbesitzer mit einem wahren Geldregen. Doch wer dann den Verkauf seines eher ländlich gelegenen Altbaus in Angriff nimmt, sieht sich mit der bit- teren Realität konfrontiert: Manchmal findet sich gar kein Käufer, viele sind froh, nach langer Zeit zumindest je- manden zu finden, der einen Bruchteil des ursprünglich geforderten Preises zahlt. „Der Preis entspricht leider oft nicht den Vorstellungen, die der Ver- käufer hat“, sagt Ronny Albert, Ver- kaufsleiter der Wüstenrot Immobilien Niederlassung im sächsischen Oppach. „Bei uns melden sich neben poten- ziellen Käufern mittlerweile immer mehr Eigenheimbesitzer, um ihre Im- mobilie für den Verkauf bewerten zu lassen“, sagt Renate Koppenhöfer, Sach- verständige beim Verband Privater Bau- herren (VPB). „Meistens sind die Preisvorstellun- gen völlig überhöht. Die Leute wollen oft das Geld haben, als ob es ein Neu- bau wäre.“ Dabei müssten die Käufer bei vielen Ge- bäuden aus den 60er- und 70er-Jahren erhebliche Investitionen tätigen, um die Gebäude annähernd den heutigen Energie- und Qualitätsstandards anzupassen. Diese Inves- titionskosten müsse der Verkäufer bei der Festle- gung des Preises berück- sichtigen. „Oft bleibt dann bei der Gebäude- bewertung nicht einmal der Rohbauwert“, so die Expertin. Der Zustand der Immo- bilie und deren Lage – das sind nach VPB-Angaben die wesentlichen Krite- rien für den Preis. Bei der Lage geht es aber zunehmend um sehr lokale Unterschiede: So stehen auch in den Speckgürteln größerer Städte zu- nehmend Häuser leer, weil die Nachfra- ge fehlt – und dieses Phänomen wird sich ob des demografischen Wandels noch verstärken. Wer dort heute zu teu- er kauft, sitzt morgen möglicherweise auf einer unverkäuflichen oder nicht mehr vermietbaren Immobilie. Und nichts ist teurer als eine leer stehende Immobilie, die unterhalten und finan- ziert werden muss. Davon kann Egon Säger ein Lied sin- gen: Seit rund drei Jahren versucht er, sein 1982 gebautes und seitdem mehr- fach saniertes Haus im Westerwald zu verkaufen. Ein Zweifamilienhaus in idyllischer Lage, im Dörfchen Hanrodt im Norden von Rheinland-Pfalz. „Ei- gentlich sollte es unsere Altersversiche- rung sein“, sagt Säger. „Wir wollten es vermieten und mit den Einnahmen un- sere Rente aufbessern.“ Doch die Sägers, die selbst im Rhein- land wohnen, gerieten an Mietnoma- den, die keine Miete zahlten, dafür das Haus aber in einem erbärmlichen Zu- stand zurückließen. „Jetzt können wir es uns finanziell einfach nicht mehr leisten“, klagt Säger. „Die Renovie- rungskosten treiben uns in den Ruin.“ Seither wollen die Sägers verkaufen, mittlerweile bieten sie das Haus für 129.000 Euro an – die Bank schätzte den Wert zuvor auf 200.000 Euro. Trotzdem hat sich noch kein Käufer ge- funden. Säger: „Ich kann mir auch nicht erklären, woran es liegt.“ Michael Voigtländer hat eine Erklä- rung: Der demografische Wandel in Kombination mit den innerdeutschen Wanderungsbewegungen sei schuld an den Problemen, mit denen die Besitzer von Eigenheimen in der Provinz zu kämpfen haben, sagt der Immobilien- ökonom, der am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln forscht. „Während die Bevölkerung im bundesdeutschen Durchschnitt schrumpft, zieht es im- mer mehr junge und gut ausgebildete Menschen in die Ballungszentren“, so Voigtländer. So hat allein in Berlin und München die Einwohnerzahl innerhalb der vergangenen fünf Jahre um jeweils 100.000 Einwohner zugenommen. Dafür drohe anderenorts die Entlee- rung ganzer Landstriche, warnt Diet- mar Wellisch, Finanzprofessor an der Universität Hamburg und Experte für demografische Entwicklung. Diesen Trend spiegelt auch eine aktuelle Um- frage im Auftrag von Im- mobilienscout24 und In- terhyp wider: Demnach sind neun von zehn Kauf- interessenten (88 Pro- zent) auf der Suche nach einem Objekt in der Stadt – eine Immobilie auf dem Land ist hingegen nur für elf Prozent der Befragten interessant. Diese unterschiedliche Verteilung der Nachfrage wiederum hat gravierende Auswirkungen auf die Im- mobilienpreise: In den ge- fragten Metropolen stei- gen sie – dafür fallen sie in der Provinz. „Man muss seinen Blick nur auf das Bundesland Sachsen-An- halt richten“, sagt Demo- grafieexperte Wellisch. „Da ist heute schon zu se- hen, was in weiten Teilen der Bundesrepublik in 20 bis 30 Jahren eintreten wird.“ Aber nicht nur die Dörfer und Provinzstädte im Osten der Republik sind davon betroffen, sondern bei- spielsweise auch der Ruhrgebietsrand oder abgelegene Regionen in Nieder- sachsen wie etwa der Westharz oder die Nordseeküste. Im Nordseeheilbad Cuxhaven bei- spielsweise kostet ein Einfamilienhaus heute rund zehn Prozent weniger als noch vor fünf Jahren. In den properen Einfamilienhaussiedlungen sind die Zeichen des Wandels in manchen Stra- ßenzügen schon deutlich zu sehen: lee- re Fenster und heruntergelassene Roll- läden, verwilderte Gärten und verödete Carports, an der Einfahrt oder in einem Fenster ein „Zu verkaufen“-Schild, das dort offensichtlich schon länger hängt. In anderen Straßenzügen lässt sich auch ein weiteres, von Experten als „in- nerer Leerstand“ bezeichnetes Phäno- men beobachten: Die Gärten verwildern langsam, die Farbe blättert, auf dem Dach wächst Moos – weil dort nur noch eine einzelne, ältere Person wohnt, die es allein nicht mehr schafft, das Haus in Schuss zu halten. In ein paar Jahren, wenn diese Bewohner nicht mehr leben, werden auch ihre Häuser leer stehen. Denn die Stadt schrumpft unaufhörlich: Wohnten Ende der 60er-Jahre noch fast 62.000 Menschen in Cuxhaven, sind es heute gerade noch knapp 49.000. Wer in solch problematischen Lagen sein Haus zu einem akzeptablen Preis verkaufen möchte, muss vielfach erst Egon Säger (rechts) und seine Familie suchen verzwei- felt nach ernst- haften Interes- senten für ihr Einfamilienhaus Haus zu verkaufen Alle reden vom Immobilienboom, doch Einfamilienhäuser in der Provinz verlieren zum Teil drastisch an Wert. Landflucht und demografischer Wandel ziehen mancherorts bereits Leerstand und Verfall nach sich VON HARALD CZYCHOLL DOMINIK ASBACH Wohneigentum ja oder nein? Nicht nur beim Verkauf kann es Probleme geben, dafür gibt es aber auch einige Vorteile. Kaufen oder mieten? Ein Streitgespräch ONLINE welt.de/immobilie WELT AM SONNTAG NR. 33 18. AUGUST 2013 38 FINANZEN M arkus Zschaber ist zufrieden mit dem Sommer. Der Gründer und Chef der Vermögensver- waltung V.M.Z., der exklusiv für die „Welt am Sonntag“ in monatlichen Ab- ständen den „Welt-Index“ erstellt, sieht die Entwicklung an den Aktienmärkten im Plan. Drei Gründe sind es vor allem, die ihn auch für den weiteren Verlauf an den Börsen zuversichtlich stimmen. „Die Konjunkturdaten sind in Ordnung, die Unternehmen liefern, und die Noten- banken sorgen weiter für reichlich Liqui- dität“, fasst Zschaber zusammen. „Es hat sich erwiesen, dass die Debatte über ein Ende der lockeren Geldpolitik der US- Notenbank überflüssig war. Wer das rechtzeitig erkannte, konnte von der jüngsten Schwächephase an den Aktien- märkten ordentlich profitieren.“ Zschaber sieht deshalb auch keinen Anlass, an der grundsätzlichen Ausrich- tung des Musterdepots etwas zu ändern. So bleibt der Aktienanteil insgesamt wei- ter bei 72 Prozent. Allerdings nimmt der Vermögensverwalter mit Blick auf die jüngste Konsolidierung nun auch noch japanische Aktien ins Portfolio. „Aus der dortigen Währungsstory kann nach der jüngsten Konsolidierung eine echte Wachstumsstory werden“, glaubt der Geldexperte. Allerdings rät Zschaber den Anlegern, in den kommenden Monaten möglichst flexibel zu disponieren und gegebenenfalls mit Stoppkursen zu agie- ren. „Mit Rückschlägen von fünf bis zehn Prozent von den gegenwärtigen Ni- veaus muss man rechnen – die Grund- richtung bleibt aber aufwärts gerichtet.“ „Welt-Index“: Freie Fahrt für Aktien
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Page 1: Hauszuverkaufen - Harald Czycholl

VON MÜNCHEN

BIS MAGDEBURG

Der Markt für gebrauchte frei stehen-de Einfamilienhäuser ist in Deutsch-land zweigeteilt, zeigt die LBS-Analyse„Markt für Wohnimmobilien 2013“: Ander Spitze der Großstädte steht dabeiMünchen, wo es mit 850.000 Euromehr als zehnmal so teuer ist wie ineinzelnen ostdeutschen Mittelstädten.Hinter München folgen bei den Groß-städten Wiesbaden (750.000 Euro),Regensburg (650.000 Euro), Stuttgart(610.000 Euro) sowie Heidelberg(580.000 Euro). Mitunter noch teurersind Immobilien im attraktiven Umlandder Metropolen: Im Münchener Nobel-vorort Grünwald etwa kosten Häuserdurchschnittlich 1,1 Millionen Euro.Spitzenpreise gibt es laut LBS auch intouristisch geprägten Gegenden wieStarnberg (900.000 Euro) oder denBodensee-Städten Konstanz und Lind-au (690.000 bzw. 605.000 Euro).

Auf der anderen Seite verzeichnet dieAnalyse auch Halbmillionen-Städte,in denen gebrauchte Einfamilienhäuserrelativ günstig zu haben sind. In Leipzig,Hannover, Bremen, Dortmund, Essenund Dresden etwa reicht die Band-breite von 210.000 bis 280.000 Euro.In manchen Großstädten liegt dasPreisniveau noch einmal deutlichniedriger, nicht nur in den neuenLändern mit Halle und Magdeburg(jeweils rund 150.000 Euro), sondernvereinzelt auch im Norden und Wes-ten. So ist ein durchschnittliches Ei-genheim in Bremerhaven bereits für115.000 Euro zu haben, in Gelsenkir-chen für 170.000 Euro. czy

Ein schmuckes Haus,gut in Schuss, in einemgepflegten Wohnge-biet. Ein großer Gartenmit akkurat gemähtemRasen. Offener Kamin,Sauna und eine kosten-

sparende Erdwärme-Heizungsanlage.160 Quadratmeter Wohnfläche, verteiltauf zwei Ebenen. Dazu eine kleine Ein-liegerwohnung im Dachgeschoss, diedie verwitwete Mutter bewohnte. „Eswar schon unser Traumhaus“, sagtClaudia Schulte (Foto rechte Seite). Ru-hig gelegen im Grünen, in Voerde-Spel-len am Niederrhein. Die Ruhrgebiets-städte Duisburg und Oberhausen liegenje etwa 20 Autominuten entfernt, Düs-seldorf ist in 40 Minuten zu erreichen.

Die Schultes kauften das im Jahr 1985gebaute Haus vor vier Jahren gebrauchtund sanierten es anschließend umfas-send. Unter anderem wurden zwei Ba-dezimmer erneuert und das gesamteHaus mit neuen Fußböden ausgestattet.„Wir haben es auch als Altersvorsorgegesehen und wollten mit den Mietein-nahmen der zweiten Wohnung unsereRente aufbessern“, sagt Claudia Schul-te. Doch dann kam alles anders. Im Jahr2011 trennten sich die Schultes, seitherprobieren sie, das Haus wieder zu ver-kaufen. Mehrere Makler versuchten ihrGlück, anschließend inserierten dieSchultes privat, um den potenziellenKäufern die Maklergebühren zu erspa-ren – bislang ohne Erfolg.Dabei haben die Schultes alles andere

als überzogene Preisvorstellungen. Ihreursprüngliche Forderung von 269.000Euro haben sie mittlerweile um 39.000Euro auf 230.000 Euro reduziert, diehochwertige Nolte-Küche gibt es gratisobendrauf. 2009 bezahlten sie noch255.000 Euro für das Haus, investierten30.000 Euro in die Sanierung und bau-ten die schicke Küche für rund 5000Euro ein. Macht unterm Strich einenVerlust von 50.000 Euro – wenn sichdenn ein Käufer findet. „Mir war schonklar, dass sich das Haus nicht mal soeben verkauft“, so Claudia Schulte. Nurdass es so schwierig werden würde, da-mit hatte sie nicht gerechnet.Die Schultes stehen mit ihrem Pro-

blem keineswegs allein da. In Zeiten, daallerorten von Betongold und Immobi-lienboom die Rede ist, rechnen viele Ei-genheimbesitzer mit einem wahrenGeldregen. Doch wer dann den Verkaufseines eher ländlich gelegenen Altbaus

in Angriff nimmt, sieht sich mit der bit-teren Realität konfrontiert: Manchmalfindet sich gar kein Käufer, viele sindfroh, nach langer Zeit zumindest je-manden zu finden, der einen Bruchteildes ursprünglich geforderten Preiseszahlt. „Der Preis entspricht leider oftnicht den Vorstellungen, die der Ver-käufer hat“, sagt Ronny Albert, Ver-kaufsleiter der Wüstenrot ImmobilienNiederlassung im sächsischen Oppach.„Bei uns melden sich neben poten-

ziellen Käufern mittlerweile immermehr Eigenheimbesitzer, um ihre Im-mobilie für den Verkauf bewerten zulassen“, sagt Renate Koppenhöfer, Sach-verständige beim Verband Privater Bau-

herren (VPB). „Meistenssind die Preisvorstellun-gen völlig überhöht. DieLeute wollen oft das Geldhaben, als ob es ein Neu-bau wäre.“ Dabei müsstendie Käufer bei vielen Ge-bäuden aus den 60er- und70er-Jahren erheblicheInvestitionen tätigen, umdie Gebäude annäherndden heutigen Energie-und Qualitätsstandardsanzupassen. Diese Inves-titionskosten müsse derVerkäufer bei der Festle-gung des Preises berück-sichtigen. „Oft bleibtdann bei der Gebäude-bewertung nicht einmalder Rohbauwert“, so dieExpertin.Der Zustand der Immo-

bilie und deren Lage – dassind nach VPB-Angabendie wesentlichen Krite-rien für den Preis. Bei derLage geht es aber zunehmend um sehrlokale Unterschiede: So stehen auch inden Speckgürteln größerer Städte zu-nehmend Häuser leer, weil die Nachfra-ge fehlt – und dieses Phänomen wirdsich ob des demografischen Wandelsnoch verstärken. Wer dort heute zu teu-er kauft, sitzt morgen möglicherweiseauf einer unverkäuflichen oder nichtmehr vermietbaren Immobilie. Undnichts ist teurer als eine leer stehendeImmobilie, die unterhalten und finan-ziert werden muss.Davon kann Egon Säger ein Lied sin-

gen: Seit rund drei Jahren versucht er,sein 1982 gebautes und seitdem mehr-fach saniertes Haus im Westerwald zuverkaufen. Ein Zweifamilienhaus inidyllischer Lage, im Dörfchen Hanrodtim Norden von Rheinland-Pfalz. „Ei-gentlich sollte es unsere Altersversiche-rung sein“, sagt Säger. „Wir wollten esvermieten und mit den Einnahmen un-sere Rente aufbessern.“Doch die Sägers, die selbst im Rhein-

land wohnen, gerieten an Mietnoma-den, die keine Miete zahlten, dafür dasHaus aber in einem erbärmlichen Zu-stand zurückließen. „Jetzt können wires uns finanziell einfach nicht mehrleisten“, klagt Säger. „Die Renovie-rungskosten treiben uns in den Ruin.“Seither wollen die Sägers verkaufen,mittlerweile bieten sie das Haus für129.000 Euro an – die Bank schätzteden Wert zuvor auf 200.000 Euro.Trotzdem hat sich noch kein Käufer ge-

funden. Säger: „Ich kann mir auch nichterklären, woran es liegt.“Michael Voigtländer hat eine Erklä-

rung: Der demografische Wandel inKombination mit den innerdeutschenWanderungsbewegungen sei schuld anden Problemen, mit denen die Besitzervon Eigenheimen in der Provinz zukämpfen haben, sagt der Immobilien-ökonom, der am Institut der deutschenWirtschaft in Köln forscht. „Währenddie Bevölkerung im bundesdeutschenDurchschnitt schrumpft, zieht es im-mer mehr junge und gut ausgebildeteMenschen in die Ballungszentren“, soVoigtländer. So hat allein in Berlin undMünchen die Einwohnerzahl innerhalbder vergangenen fünf Jahre um jeweils100.000 Einwohner zugenommen.

Dafür drohe anderenorts die Entlee-rung ganzer Landstriche, warnt Diet-mar Wellisch, Finanzprofessor an derUniversität Hamburg und Experte fürdemografische Entwicklung. DiesenTrend spiegelt auch eine aktuelle Um-

frage im Auftrag von Im-mobilienscout24 und In-terhyp wider: Demnachsind neun von zehn Kauf-interessenten (88 Pro-zent) auf der Suche nacheinem Objekt in der Stadt– eine Immobilie auf demLand ist hingegen nur fürelf Prozent der Befragteninteressant.Diese unterschiedliche

Verteilung der Nachfragewiederum hat gravierendeAuswirkungen auf die Im-mobilienpreise: In den ge-fragten Metropolen stei-gen sie – dafür fallen sie inder Provinz. „Man mussseinen Blick nur auf dasBundesland Sachsen-An-halt richten“, sagt Demo-grafieexperte Wellisch.„Da ist heute schon zu se-hen, was in weiten Teilender Bundesrepublik in 20bis 30 Jahren eintreten

wird.“ Aber nicht nur die Dörfer undProvinzstädte im Osten der Republiksind davon betroffen, sondern bei-spielsweise auch der Ruhrgebietsrandoder abgelegene Regionen in Nieder-sachsen wie etwa der Westharz oder dieNordseeküste.Im Nordseeheilbad Cuxhaven bei-

spielsweise kostet ein Einfamilienhausheute rund zehn Prozent weniger alsnoch vor fünf Jahren. In den properenEinfamilienhaussiedlungen sind dieZeichen des Wandels in manchen Stra-ßenzügen schon deutlich zu sehen: lee-re Fenster und heruntergelassene Roll-läden, verwilderte Gärten und verödeteCarports, an der Einfahrt oder in einemFenster ein „Zu verkaufen“-Schild, dasdort offensichtlich schon länger hängt.In anderen Straßenzügen lässt sich

auch ein weiteres, von Experten als „in-nerer Leerstand“ bezeichnetes Phäno-men beobachten: Die Gärten verwildernlangsam, die Farbe blättert, auf demDach wächst Moos – weil dort nur nocheine einzelne, ältere Person wohnt, diees allein nicht mehr schafft, das Haus inSchuss zu halten. In ein paar Jahren,wenn diese Bewohner nicht mehr leben,werden auch ihre Häuser leer stehen.Denn die Stadt schrumpft unaufhörlich:Wohnten Ende der 60er-Jahre noch fast62.000 Menschen in Cuxhaven, sind esheute gerade noch knapp 49.000.Wer in solch problematischen Lagen

sein Haus zu einem akzeptablen Preisverkaufen möchte, muss vielfach erst

Egon Säger

(rechts) und

seine Familie

suchen verzwei-

felt nach ernst-

haften Interes-

senten für ihr

Einfamilienhaus

Haus zu verkaufenAlle reden vom Immobilienboom, doch Einfamilienhäuser in der Provinz verlieren zum Teil drastisch anWert. Landflucht und demografischer Wandel ziehen mancherorts bereits Leerstand und Verfall nach sich

VON HARALD CZYCHOLL

DOMIN

IKASBACH

Wohneigentum ja oder nein?Nicht nur beim Verkauf kann es

Probleme geben, dafür gibt es aberauch einige Vorteile. Kaufen oder

mieten? Ein Streitgespräch

ONLINE

welt.de/immobilie

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18.08.13/1/Fin2 CCI 5% 25% 50% 75% 95%

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Markus Zschaber ist zufriedenmit dem Sommer. Der Gründerund Chef der Vermögensver-

waltung V.M.Z., der exklusiv für die„Welt am Sonntag“ in monatlichen Ab-ständen den „Welt-Index“ erstellt, siehtdie Entwicklung an den Aktienmärktenim Plan. Drei Gründe sind es vor allem,die ihn auch für den weiteren Verlauf anden Börsen zuversichtlich stimmen. „DieKonjunkturdaten sind in Ordnung, dieUnternehmen liefern, und die Noten-banken sorgen weiter für reichlich Liqui-dität“, fasst Zschaber zusammen. „Es hatsich erwiesen, dass die Debatte über einEnde der lockeren Geldpolitik der US-Notenbank überflüssig war. Wer dasrechtzeitig erkannte, konnte von derjüngsten Schwächephase an den Aktien-märkten ordentlich profitieren.“Zschaber sieht deshalb auch keinen

Anlass, an der grundsätzlichen Ausrich-tung des Musterdepots etwas zu ändern.So bleibt der Aktienanteil insgesamt wei-ter bei 72 Prozent. Allerdings nimmt derVermögensverwalter mit Blick auf diejüngste Konsolidierung nun auch nochjapanische Aktien ins Portfolio. „Aus derdortigen Währungsstory kann nach derjüngsten Konsolidierung eine echteWachstumsstory werden“, glaubt derGeldexperte. Allerdings rät Zschaber denAnlegern, in den kommenden Monatenmöglichst flexibel zu disponieren undgegebenenfalls mit Stoppkursen zu agie-ren. „Mit Rückschlägen von fünf biszehn Prozent von den gegenwärtigen Ni-veaus muss man rechnen – die Grund-richtung bleibt aber aufwärts gerichtet.“

„Welt-Index“:Freie Fahrtfür Aktien

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Preis zum Erfolg gekommen, so derImmobilienexperte. „Deshalb sollteeine fundierte Bewertung des Hausesgrundsätzlich die Basis für jeden Ver-kauf sein.“Diese Erfahrung machen oftmals

auch Besitzer von Häusern in Top-Lagen – auf Sylt beispielsweise, woDeutschlands teuerste Immobilienstehen, deren Preise sich zuletzt etwaalle zehn Jahre verdoppelt haben.Wer hier verkaufen möchte, solltetrotzdem nicht zu gierig sein. Zwarist die Nachfrage konstant hoch.„Doch die zum Teil überzogenenPreisvorstellungen für renovierungs-bedürftige Immobilien führen dazu,dass solche Häuser selbst in guter La-

ge nicht inner-halb einer Saisonverkauft werdenkönnen“, sagtTom Kirst vomGroßmaklerun-ternehmen Dah-ler & Company.„Ein überhöhterStartpreis führtam Ende nicht

automatisch zu einem höheren Ge-winn. Ganz im Gegenteil: Die Immo-bilie bleibt länger unverkauft amMarkt, bis der Preis schließlich nachunten korrigiert werden muss“, er-klärt der Makler. „Kunden, die längerauf der Suche nach der passendenImmobilie sind, nehmen davon Notizund werden stutzig.“

mal selbst Geld in die Hand nehmen,um potenzielle Käufer anzulocken.Ein verwilderter Garten etwa sollte voneinem Gärtner hergerichtet, herunter-gekommene Räume frisch tapeziertund gestrichen werden. „Der erste Ein-druck muss stimmen. Die ersten 90 Se-kunden sind entscheidend“, sagt Cor-nelia Reichel, die sich als Home Stage-rin darauf spezialisiert hat, Immobilienfür den Verkauf herzurichten (siehe In-terview). „Kinderspielzeug im Ein-gangsbereich oder ein ungepflegterGarten wirken abschreckend, genau wieSchuhstapel in der Diele oder eineüberquellende Garderobe. Der poten-zielle Käufer muss sich wohlfühlen.“Mit Leihmöbeln und neutralen Dekoob-jekten verwandeln Home Stager ver-wohnte Immobilien in schmucke Mus-terhäuser – eine Investition, die sichlohnen kann: Die Verkaufszeit wirddeutlich reduziert – und auch ein höhe-rer Preis ist möglich.Manchmal hilft allerdings auch Ho-

me Staging nicht weiter – dann ist dieeigene Kreativität gefragt. „Manbraucht einen speziellen Marketing-plan“, meint Roland Jonda, der als Chefseiner gleichnamigen Immobilienmar-keting-Agentur Makler beim Verkaufschwer vermittelbarer Immobilien un-terstützt. Oftmals sind die Lösungenunkonventionell: „Wir hatten vor Kur-zem ein zweistöckiges Haus, für dassich so kein Käufer gefunden hat“, be-richtet Jonda. „Wir haben das Hausdann umgebaut, unten ein Ladenge-schäft eingerichtet und oben zwei Ei-gentumswohnungen. Einzeln ließ sichdann alles sehr schnell abverkaufen.“Ein solches Vorgehen ist natürlich

nicht überall möglich. Immobilienmak-ler Albert hat aber für alle Eigenheim-besitzer in der deutschen Provinz einenkleinen Trost parat: „Unverkäufliche

Immobilien gibt es nicht“, sagt er. „Esist alles eine Frage des Preises.“ Aller-dings gehen viele Eigentümer zu blau-äugig an einen Verkauf heran. Sie star-ten mit einer viel zu hohen Preisforde-rung – und geraten auf diese Weise ineinen Teufelskreis: „Je länger es dauert,

desto schwieriger wird es“, weiß Albert.„Wenn man mit dem Preis runtergeht,versuchen potenzielle Käufer, den Preisnoch weiter nach unten zu drücken.“Hätte der Verkäufer gleich zu einemrealistischen Marktpreis angeboten,wäre er schneller und zum besseren

DOMIN

IKASBACH(2)

Unser Reporter Harald Czy-choll ist in den vergangenenfünf Jahren vier Mal umge-zogen. Probleme, dabei jeweilsseine alte Bleibe loszuwerden,hatte er allerdings nicht:Er wohnte stets zur Miete.

Haus-Aufgabe:

Claudia Schul-

te möchte ihre

Bleibe ver-

kaufen. Bisher

hat kein Käu-

fer angebissen

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Beim Hauskauf entscheidet derBauch mit – deshalb muss der ers-te Eindruck stimmen. Durch Ho-

me Staging werden alte, verwohnte Häu-ser aufgemöbelt. Cornelia Reichel, HomeStagerin aus Augsburg, hilft Eigentü-mern, ihre Immobilien verkaufsgerechtherzurichten.

WELT AM SONNTAG: Ist ein Immo-bilienkauf eher eine Vernunft- odereine Bauchentscheidung?CORNELIA REICHEL: Kommt draufan: Ein professioneller Investor ent-scheidet anhand von Zahlen, Daten undFakten. Privatkäufern dagegen muss dieImmobilie vom Bauch her gefallen. Hierspielt die Verkaufspsychologie eine gro-ße Rolle. Übrigens trifft beim Hauskaufmeistens die Frau die Entscheidung.

Was sind denn die häufigsten Fehler,die Verkäufer machen?Bei bewohnten Immobilien steht oftmalsdie Präsenz des Eigentümers zu sehr imVordergrund. Die Räume sind zu voll ge-stellt, an den Wänden hängen Familien-bilder und in den Regalen stehen Figu-rensammlungen. Das macht es dem In-teressenten schwer, sich mit der Immo-bilie zu identifizieren. Die Eigentümermüssen sich vergegenwärtigen, dass ihreImmobilie ab Verkaufsstart nicht längernur ihr Zuhause, sondern auch ein Pro-dukt ist, das mit dem Angebot des örtli-chen Immobilienmarktes konkurrierenmuss. Ein potenzieller Käufer sieht sichheute etwa 15 bis 20 Immobilien an, dieer miteinander vergleicht, bevor er sich

für die eine entscheidet, die am bestenzu ihm und seinen Ansprüchen passt.

Was kann man konkret machen, umein Haus herzurichten?Bestimmte Dinge kann jeder selbst tun:Dazu gehören putzen, aufräumen unddie Gartenpflege. Beim ersten Terminschaue ich mir die Immobilie an undentwerfe ein Gesamtkonzept. Bei be-wohnten Immobilien betrifft das insbe-sondere die Grundstrukturierung, diesogenannte Entpersonalisierung und dieSchaffung einer gemütlichen, anspre-chenden Atmosphäre. Bei leer stehendenHäusern platziere ich für die gesamteVerkaufszeit ausgewählte Leihmöbel undDeko, um es den Interessenten leichterzu machen, Größenverhältnisse undRaumnutzung einzuschätzen. So ent-steht ein inspirierendes Musterhaus, indas die Interessenten gern einziehen.

Was verlangen Sie für Ihre Dienste?Bei leer stehenden Objekten im durch-schnittlichen Preissegment von 300.000bis 400.000 Euro sollte man etwa zweiProzent des anvisierten Kaufpreises ein-planen. Ein sogenanntes Tages-Stagingin bewohnten Immobilien kostet je nachAufwand etwa 600 bis 800 Euro zuzüg-lich der benötigten Deko.

Was haben die Eigentümer davon?Vor allem eine kürzere Vermarktungs-dauer. Häufig sind Immobilien, die einbis zwei Jahre erfolglos am Markt waren,nach einem Home Staging innerhalb vonwenigen Wochen verkauft. H. Czycholl

„Der potenzielle Käufermuss sich wohlfühlen“


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