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Fehlzeiten-Report 2008 || Der Nutzen des betrieblichen Gesundheitsmanagements aus der Sicht von...

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8 Elementorganyleder Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14) Verbindungen, in denen der Kohlenstoff an eines seiner homologen Elemente Sili- cium, Germanium, Zinn oder Blei gebunden ist, definieren den Bereich der Haupt- gruppenelementorganik, der bislang im hSchsten Grade technische Anwendungen gefunden hat: 9 Silicone stellen Werkstoffe mit einzigartigen Eigenschaften dar. 9 Die Anwendung von Organozinnverbindungen als Kunststoffstabilisatoren sowie als Fungi- zide im Pflanzenschutz ist noch weit verbreitet. 9 Der~allerdings stark rtickl~tufige, Einsatz von Bleialkylen Ms Benzinadditive setzte diese lan- ge Zeit an die Spitze aller industriell produzierten MetMlorganika. Entsprechend umfassend ist der Kenntnisstand von Struktur und Reaktivitat dieser Verbindungen. Stellt man einen Vergleich mit den Organylen der Borgruppe an, so sind ffir die Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe die geringere Polarit~it der Bindung E~IC sowie, in Molektilen ER4, die Abwesenheit einer Oktettliicke am Zentralatom zu nennen. Dies hat zur Folge, dab ftir ER 4 keine Neigung zur Assoziation via (2e3c) Alkyl- bzw. Arylbrficken besteht. Die Reaktivitat gegenfiber Nucleophilen ist gedampft und im Gegensatz zu den entsprechenden Verbindungen A1Me 3 und PMe 3 werden meist wasserstabile, h~iufig auch luftstabile Substanzen wie SiMe 4 oder SnPh 4 erhalten (,,sanfte Metallorganyle"). Es ist lohnend, einige Gruppentrends fill" die Bindung E-C zu betrachten: E Thermische Bindungs- Bindungs- Bindungs- Elektro- Bindungs- Stabilitat energie energie lange negativitat polaritat D(E E) D(E C) d(E C) ENAR E 5+ ~ C ~> kJ/mol kJ/mol pm C 348 348 154 2.50 Si 226 301 188 1.74 Ge 163 255 195 2.02 Sn 146 (grau) 225 217 1.72 Pb 100 130 224 1.55 Bindungsenergien nach J. Emsley, The Elements, 2. Ed., Clarendon Press, Oxford (1991) Dieser Gang bewirkt unterschiedliche Reaktivit~ten sowohl in homolytischen tteak- tionen: C12 Et3C-C2ClnH5_ n etc. Et4C Et4Si abet Et3Si-C2ClnHs_ n C12 Et4Ge ~ Et3GeC1 + EtC1 Et4Sn ~ EtnSnC14_ n + 4-n EtC1 Et4Pb ~ PbC14 -F 4 EtC1 Chlorierung im organischen Rest, C-C- bzw. C-Si-Bindungen bleiben erhalten Chlorierende Spaltung der Ge-C-, Sn-C-, Pb-C-Bindungen
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Page 1: Fehlzeiten-Report 2008 || Der Nutzen des betrieblichen Gesundheitsmanagements aus der Sicht von Unternehmen

8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Verbindungen, in denen der Kohlenstoff an eines seiner homologen Elemente Sili- cium, Germanium, Zinn oder Blei gebunden ist, definieren den Bereich der Haupt- gruppenelementorganik, der bislang im hSchsten Grade technische Anwendungen gefunden hat: �9 Silicone stellen Werkstoffe mit einzigartigen Eigenschaften dar.

�9 Die Anwendung von Organozinnverbindungen als Kunststoffstabilisatoren sowie als Fungi- zide im Pflanzenschutz ist noch weit verbreitet.

�9 Der~ allerdings stark rtickl~tufige, Einsatz von Bleialkylen Ms Benzinadditive setzte diese lan- ge Zeit an die Spitze aller industriell produzierten MetMlorganika.

Entsprechend umfassend ist der Kenntnisstand von Struktur und Reaktivi tat dieser Verbindungen. Stellt man einen Vergleich mit den Organylen der Borgruppe an, so sind ffir die Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe die geringere Polarit~it der Bindung E ~ I C sowie, in Molektilen ER4, die Abwesenheit einer Oktettliicke am Zentralatom zu nennen. Dies hat zur Folge, dab ftir ER 4 keine Neigung zur Assoziation via (2e3c) Alkyl- bzw. Arylbrficken besteht. Die Reakt ivi ta t gegenfiber Nucleophilen ist gedampft und im Gegensatz zu den entsprechenden Verbindungen A1Me 3 und PMe 3 werden meist wasserstabile, h~iufig auch luftstabile Substanzen wie SiMe 4 oder SnPh 4 erhalten (,,sanfte Metallorganyle"). Es ist lohnend, einige Gruppentrends fill" die Bindung E-C zu betrachten:

E Thermische Bindungs- Bindungs- Bindungs- Elektro- Bindungs- Stabilitat energie energie lange negativitat polaritat

D(E E) D(E C) d(E C) ENAR E 5+ ~ C ~> kJ/mol kJ/mol pm

C 348 348 154 2.50 Si 226 301 188 1.74 Ge 163 255 195 2.02 Sn 146 (grau) 225 217 1.72 Pb 100 130 224 1.55

Bindungsenergien nach J. Emsley, The Elements, 2. Ed., Clarendon Press, Oxford (1991) Dieser Gang bewirkt unterschiedliche Reaktivit~ten sowohl in homolytischen t teak- tionen:

C12 Et3C-C2ClnH5_ n etc. Et4C

Et4Si

abet

Et3Si-C2ClnHs_ n

C12 Et4Ge ~ Et3GeC1 + EtC1 Et4Sn ~ EtnSnC14_ n + 4-n EtC1 Et4Pb ~ PbC14 -F 4 EtC1

Chlorierung im organischen Rest, C-C- bzw. C-Si-Bindungen bleiben erhalten

Chlorierende Spaltung der Ge-C-, Sn-C-, Pb-C-Bindungen

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136 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

als a u c h in h e t e r o l y t i s c h e n R e a k t i o n e n :

E :s,.Ge.Sn. 0

nucleophiler elektrophiler Angrifl Anqrill

Die Existenz energetisch tief liegender, E-zentrier- ter LUMOs bewirkt, dab assoziative Mechanismen (A oder IA) der Substitution via Koordinationszahl 5 beginstigt sind. Beispiel: Hydrolyse von R3SiC1.

I ] - -C u C

] ]

Geeignete LUMOs niedriger Energie fehlen. Assoziative Mecha- nismen der Substitution am ge- sattigten C-Atom sind ungtinstig. Inertheit von R3CC1

Welcher Art sind nun die durch die Elemente Si(Ge, Sn, Pb) in ihren Verbindungen bereitgestellten Akzeptororbitale? Diese Frage zielt nicht nur auf die chemische Reaktivitat ab, sondern auch auf die Natur der Mehrfachbindung

{-~Si-_X / ~-* ~Si =X/} sowie der Hypervalenz in Ionen des Wyps SIX62-.

Traditionell wurde hierfiir die Beteiligung von 3d-Orbitalen des Siliciums angefihrt , etwa in den Hybridisierungsmodellen sp3d und sp3d 2. In zunehmendem Mat3e wer- den aber die 3d(Si)-Orbitale als energetisch zu hoch liegend angesehen, und man gibt dem Konzept der n e g a t i v e n t t y p e r k o n j u g a t i o n den Vorzug (Reed, 1990). Dieser Begriff sei anhand der Gegeniberstellung der Molekile Cyclopentadien und Tri- fluoraminoxid erl~iutert:

(MO)~* -~-- c(C--H) (F--N)c* ~ =(AO)

~ H 2 :

Hyperkonjugation

9 F3N----__OI :

negative Hyperkonjugation

Im Falle eines Si,O-Mehrfachbindungsanteils in Silanolen und Siloxanen kann als Akzeptorfunktion ein unbesetztes o*(Si-C)-Orbital des Organosilylrestes dienen. F i r das Beispiel eines Silanols stellen sich die beiden Betrachtungsweisen wie folgt dar:

A r

R3Si--C~ "H

t | ' |

R3Si----O.. �9 J

& 0

d.(Si) ~ p.(O) bzw. (C--Si) a ' ~ Px(O)

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8.1 Siliciumorganyle 137

Diese Si,O-~-Bindungsbeziehung deutet u.a. die verglichen mit Carbinolen hShere Broenstedt-Aciditat der Silanole.

Neben der Bereitstellung geeigneter Akzeptororbitale sind fOr die hShere Reaktivi- tat der Si, Ge, Sn, Pb-Organyle auch Gr6flenverhaltnisse und zunehmende Bin- dungspolaritat E 5+'q C 5-- verantwortlich. Sukzessiver Ersatz von R durch elektrone- gative Gruppen X in RnEX4_ n erh6ht die Angreifbarkeit von E durch Nucleophile. So ist SnMe 4 hydrolyseinert und SnMe62- unbekannt, SnC14 hingegen hydrolysela- bil und SnC162- darstellbar.

Charakteristische Unterschiede bestehen auch in der Art der Kettenbildung (Cate- nierung):

C.Si.(Ge) (Ge).Sn,Pb

(--El_~_)n (--IE--X--)n I I ]k

I I -).

I E bewahrt die Koordinations- zahl 4

z.B. (Me3SnCN)n

z.B. (Me2PbC12) n

E erhSht die Koordinations- zahl auf 5 oder 6

Auch die ttypervalenz, definiert als lJberschreitung der Koordinationszahl 4 fOr ein Hauptgruppenelement oder, allgemeiner, die tJberschreitung der Oktettkonfigura- tion, erfordert nicht unbedingt die Beteiligung von nd-Orbitalen des Zentralatoms. Letztere laflt sich vermeiden, indem Mehrzentrenbindungen formuliert werden. So kann eine oktaedrische Spezies EX 6 durch drei orthogonale 4e3c-Bindungen X(~ ,z)E(Px, ,z)X(~ ,z) beschrieben werden (Rundle, 1963). In quantenchemi- y y y schen Rechnungen fiir hypervalente als auch fOr ,,normale" Molekiile ist die Verwendung von d-Orbitalen als ,,Polarisationsfunktionen" allerdings unverzichtbar ( Gilheany, 1999).

8.1 Siliciumorganyle

8.1.1 Siliciumorganyle der Koordinationszahl 4

Darstellung Aufgrund ihrer groflen technischen Bedeutung sind viele einfache Organosilane kom- merziell erhaltlich, so dab deren Darstellung im Laboratorium selten erforderlich sein wird.

Das Direktverfahren (Rochow-Miiller) der Technik zur Herstellung von Methylchlor- silanen geht yon Si/Cu-Legierungen aus:

A 2 RC1 + Si/Cu > R2SiC12 + ... (vergl. S. 144) (R = Alkyl, Aryl)

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138 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Spezielle Organosilane gewinnt man durch Metathesereakt ionen:

SiC14 + 4 RLi ~ R4Si + 4 LiC1

R3SiC1 + R'MgX ~ R3R'Si + MgXC1

2 R2SiC12 + LiA1H 4 ~ 2 R2SiH 2 + LiC1 + A1C13

oder durch Hydrosilierung (Speier-Verfahren): ~ ]

HSiC13 + R-CH=CH 2 ~ RCH2CH2SiC13

Die Hydrosilierung, die auch durch UV-Bestrahlung eingeleitet und durch Radikalbildner, 0bergangsmetallkomplexe wie H2PtC16 oder Lewis-Basen katalysiert wird, erfolgt in anti- Markownikow-Richtung (Kap. 18.3.4). Mechanistisch dtirfte sie der Hydrierung von Alkenen t~hneln. Polyene werden regio- und stereo-spezifisch hydrosiliert. Bei Verwendung von chiral substituierten Metallkomplexen als Katalysatoren sind sogar enantioselektive Hydrosilierungen prochiraler Alkene m6glich.

Arylsilane k6nnen auch durch Vollhardt-Cyclisierung (S. 399) unter Verwendung von Silylalkinen dargestellt werden.

Eigenschaften und Reaktionen �9 Sperrige S i ly lgruppen

Die Synthese neuartiger Molekiile niedriger Koordinationszahl, ungewShnlicher Geo- metrie und/oder energetisch ungiinstigen Mehrfachbindungscharakters erfordert htiufig den Einbau sterisch anspruchsvoller Gruppen, welche unerwtinschte Folge- reaktionen der Zielmolektile blockieren. Hierzu haben sich Si-haltige Einheiten be- sonders bewtihrt, die daher an dieser Stelle ftir spt~teren Bezug kurz vorgestellt seien ( Wiberg, 1997):

Me3Si\ Me3Si-- Me3Si--CH2-- /CH--

Me3Si

Trimethylsilyl Monosyl Disyl (TMS) ( Lappert-Gruppe)

Me3C k MesSi\ _ ~ i H(SiMe3)2 Me3C---~Si~ Me3Si--Si-- (MeSi)2CH

Me3C Me3Si / " H(SiMe3)2

Supersilyl Hypersilyl Tbt (TMS*) (Okazaki-Gruppe)

Me3Si I Me3Si--C-- I Me3Si

Trisyl

Ein Vorteil des Supersilylrestes ist die besondere chemische Inertheit, die auf der Abwesenheit wanderungsfahiger Me3Si-Gruppen beruht. Dies gilt naturgemt~t] auch ftir den Megasylrest (Supersilyl)2MeSi.

�9 Reakt ionen unter Spal tung der S i - C - B i n d u n g

C-C- und Si-C-Bindungen sind sich energetisch sehr ~hnlich [D(C-C) = 334, D(Si-C) = 318 k J/moll. Ftir Organosilane ist somit hohe thermische Stabilitt~t zu

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8.1 Si l ic iumorganyle 139

erwarten. So setzt die homolytische Spaltung fiir Tetramethylsilan erst oberhalb 700 -~ ein und Tetraphenylsilan kann bei 430 ~ an Luft unzersetzt destilliert werden! Aufgrund der geringen Polaritiit der Si~C-Bindung erfolgen auch heterolytische Spaltungen nicht bereitwillig, sie erfordern scharfe, oder zumindest der jeweiligen Situation wohlangepaflte Reaktionsbedingungen. Da der Organosilylrest formal als R3Si+ austritt, korreliert die Neigung zur Si-C-Spaltung in R3SiR I mit der CH-Aci- dit~it der Stammverbindung RIH (Beispiel: Silylalkine R3Si-C=CR werden leicht desilyliert).

Die heterolytische Spaltung kann prinzipiell auf vier unterschiedliche Arten einge- leitet werden, die sich in der Natur des angreifenden Agens (Elektrophil E1 oder Nucleophil Nu) und im Ort des Angriffs (Si oder C) unterscheiden. Die Angabe einer allgemeingtiltigen Reaktivit~itsabstufung wird aber dadurch erschwert, dat3 Substi- tuenten an den Bindungspartnern Si bzw. C betr~ichtlichen Einfluf~ ausfiben.

Wagt man dennoch eine Klassifizierung, so entspricht folgende Abstufung der BereitwlUigkeit zur Si-C-Bindungsspaltung am besten der Erfahrung:

I > I I > I I I > IV Si-C(Aryl) Si-C(Aryl) Si-C(Alkyl) Si-C(Alkyl)

T T T T Angriff: El Nu El Nu

I Am leichtesten gelingt im allgemeinen die Si-C-Spaltung an Arylsilauen und verwandten Verbindungen, eingeleitet durch elektrophilen Angrlff am C-Atom. Beispiele:

R3Si + R3Si "I H

o HX langsam + R3SiOH;

HX = CF3COOH, RFSO3H

Diese ProtodesilyUertmg ~ihnelt mechanistisch der elektrophilen aromatischen Substitu- tion (Eaborn, 1975), sie erfolgt 104 mal schneller als der H-Austausch an entsprechenden Si-freien Arenen. Weitere elektrophil eingeleitete Spaltungen:

SiMe 3 �9 , ~ , , , , v j - S i M e'3

IC1

I

+ Me3SiCI

RCOCl AICI 3

12 RT

COR

[ ~ + Me3SiCl

. ~ ' - , v 7 1 + Me3SiI

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140 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

II

III

Weniger bereitwillig erfolgen Si-C-Spaltungen an Arylsilanen, ausgelSst durch nucleo- philen Angriff am Si-Atom. Dennoch hat dieser Typ gewisse praktische Bedeutung erlangt, denn er stellt einen Zugangsweg zu Carbenen und zu Carbanionen dar, der stark basische oder reduzierende Bedingungen meidet. Als Nucleophil hat sich hierbei das Fluoridion bewahrt, welches besonders hohe Affinitat zu Si besitzt [D(Si-F) = 565 kJ/mol, starkste aller formalen Einfa~hbindungen]. Es wird meist in Form des Salzes (n-Bu)4N+l ~ (Kttwajima, 1976) bzw. (n-Bu)4N+HF2 (DiMagno, 2005) angeboten. Beispiel (Hoffmann, 1978):

S i M e 3

" 1 6 1 " ( > O Hepta lu lva len

Neben diesem stSchiometrischen Einsatz kann (n-Bu)4N+F- auch, in katalytischen Mengen angewandt, Reaktionen f6rdern, die tiber eine primare Si-C-Spaltung verlaufen. Im folgenden Beispiel wird die intermediare Erzeugung eines Allylcarbanions zur Synthese von HomoallylMkoholen genutzt (Sakurai, 1978):

R R

-I- THF I MeOH I

R IR~I::~ O OSiMe3 OH

DaB hierbei nur katal~ische Mengen an (n-Bu)4N+F- benStigt werden, ist wohl dem Umsilylierungsschritt ~ zu verdanken:

- O S i M e 3 ~ _ _ .

Si-C-Spaltungen in Alkylsilanen, eingeleitet durch elektrophilen Angriff am C-Atom, erfordern die Gegenwart stark Lewis-saurer Katalysatoren:

A1C13 Me4Si + HC1 .~ Me3SiC1 + CH 4

C6H6

Eine langsame Spaltung wird allerdings auch durch konzentrierte Schwefelsaure bewirkt:

H2SO 4 2 Me4Si ~ (Me3Si)20 -t- 2 CH 4

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IV

8.1 S i l i c iumorgany le 141

Si-C-Spaltungen in Alkylsilanen, eingeleitet durch nucleophilen Angriff am Si-Atom, sind im allgemeinen langsam und werden nur durch starke Nucleophile in polaren, apro- tischen L6sungsmitteln ausgel6st:

langsam raseh Me3SiCR 3 q- OR- ~ Me3SiOR -I- CR 3- ~-- HCR 3

HMPA H + aus Medium HMPA = Hexamethylphosphorstturetrisamid

In Konkurrenz zur nucleophilen Substitution kann das Organosilan auch eine Depro- tonierung erfahren, denn Silylgruppen stabilisieren cr Carbanionzentren gemtifl:

{R3Si_~R 2 R3Si=CR 2 }

Dies ist eine Si(d~),C(p~)-Weehselwirkung, die nieht der Doppelbindungsregel unterliegt. In neueren Betraehtungen wird anstelle der Si(3d)-Orbitalen den unbesetzten a*- Orbitalen der Si-R-Bindungen Bedeutung als Partner in der Si ~-C-Bindung beigemes- sen (S. 136). Die merkliehe C-H-Aeidit~t in e~-Stellung zu einer Silylgruppe ist die Grundlage der Olefiniertmg naeh Petersen (1968), einer Alternative zur Wittig-Reaktion:

R 3 l.i 1. X/C--- 0 Me3Sj .R 3

1 BUM I 1 R 4 1 I I 4 Me3Si--C--R - Me3Si---C--R . R - - C - - C - - R

RI 2 / 2 2. H20 / 2 I OH

- MesSiOH

R 1 R 3 X C - - C /

- x R '

Stereoselektive Synthesen von Alkenen nach dieser Methode scheitern im allgemeinen an der diastereoselektiven Gewinnung der entsprechenden B-Hydroxysilane. Desilylierungen verlaufen rascher, wenn sie vom Abbau von Ringspannung begleitet sind:

KOH, EtOH ~ ~ S i M e 2 0 H iMe2 25 ~

oder wenn ~st/indige gute Abgangsgruppen vorliegen:

R3SiCH2CH2X - ~ R3SiCH2CH~ X - ~ OH~

t J R3SiOH + C2H4 + X -

Letzterer Reakt ions typ ist a l tbekannt (Ushakov, 1937) und in der Organosil icium- chemie weitverbreitet , was zum Begriff ,[~-Effekt" geftihrt hat . Es handelt sich um eine Eliminierung nach dem E1-Mechanismus, der ~-Effekt besteht hierbei in der stabilisierenden Wechselwirkung der polarisierbaren C-Si -Bindung mit einem ~- st/indigen unbesetz ten p-Orbi ta l des Carbeniumions:

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142 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

C 2 /t~"~H CH2--CH2 L . J a b

Die beiden Varianten der Zwischenstufe a (Hyperkonjugation) und b (Bildung eines CCSi-Dreirings mit 2e3c-Bindung) unterscheiden sich energetisch nur wenig. Ver- glichen mit einer ~-C-H-Bindung bewirkt eine ~-C-Si-Bindung aber eine Stabilisie- rung, die je nach Natur der Gruppen R in der Gr6i3enordnung von 100 k J/tool liegt (Lambert, 1999). Hieraus resultieren Beschleunigungen der Solvolyse um den Faktor _< 1012. ~-Effekte iiben auch die homologen Gruppen R3E aus, wobei die Stiirke gem~tB E = Si < Ge < Sn < Pb zunimmt. Gleichgerichtet, aber wesentlich schwa- cher als der ~-Effekt, ist der ~-Effekt. Eine c~-stiindige Silylgruppe wirkt hingegen Solvolyse-verlangsamend, da hier die konjugative Wechselwirkung zu energetisch ungtinstigem Si(p~),C(p~)-Mehrfachbindungscharakter fahrt (vergl. S. 151f.):

Me2Si 2 = : Me2Si'--CH2 o~

Als praktische Anwendung des ~-Effektes sei der Pflanzenwuchsstoff Alsol| (PhCH20)2MeSiCH2CH2C1, genannt, bei dessen Hydrolyse das Pflanzenhormon Ethylen (Schaller, 1999) freigesetzt wird, welches die Reifung der Banane f6rdert.

Eine Sequenz von Si-C-Bindungsspaltungen ist auch far das dynamische Verhalten von Trimethylsilylcyclopentadien verantwortlich, welches sich im 1HoNMR-Spek- trum manifestiert ( H. P. Fritz, 1965):

Me3SiC1 + NaCsH 5 > Me3Si(TI1-C5H5) + NaC1

5(1H) Si-CH 3 H I H2,5 H3,4

-30 ~ 0.2 3.31 6.44 6.55 I I

I

+120 ~ 0.2 5.75

Zur Deutung wird eine Serie metallotroper 1,2-Verschiebungen angenommen (k30oc = 103 s -1, E a -- 55 kJ/mol), das Molektil besitzt fluktuierende S t r u k t u r :

H S i M e 3 1

H 4 ~ 2 H 5 ~ H ~ ~ S i M e 3 " e t c .

Zus~tzlich l~iuft noch (wesentlich langsamer, relative Rate 10 -6) eine prototrope 1,2- Verschiebung ab, die zu einem Gleichgewichtsgemisch fahrt, dessen Zusammenset- zung durch Analyse der Diels-Alder-Addukte ermittelt werden kann (Ashe, 1970):

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8.1 Siliciumorganyle 143

SiMe 3 S iMe 3 H SiMe3 K1=0.1% K2= 0.35

�9 - - - ' go ~ do -c H H

I ~ RC_~C R

H ~S iMe3 _ ~ _ ~

+ R + R R SiMe3

SiMe 3

etc .

�9 Reaktionen unter Erhaltung der Si-C-Bindung

Der relativ inerte Charakter der Si-C-Bindung bewirkt, dab die Gruppierungen R3Si- und R2Si ( in vielen Reaktionen unangegriffen bleiben, also mehr eine Zu- schauerrolle spielen. Organometallaspekte im engeren Sinne treten somit in der Che- mie der Organosilylhalogenide, -hydroxide, -alkoxide, -amide etc. in den Hinter- grund. Mit Ausnahme der technisch bedeutenden Organoehlorsilan-Hydrolyse sollen daher Reaktionen von Organosilylderivaten mit Silicium-Heteroatom-Bindung der anorganischen Chemie der Hauptgruppenelemente zugewiesen und hier nur kurz gestreift werden. Auch ein anderer Aspekt der Organosiliciumchemie, die Verwen- dung von Resten R3Si als Schutzgruppen in der organischen Synthese, sei hier nicht weiter ausgeffihrt.

Organosilanole und Silicone

Organochlorsilane RnSiC14_ n unterliegen bereitwilliger Hydrolyse zu den entspre- chenden Silanolen RnSi(OH)4_n, die aber, wie auch die Kieselsaure Si(OH)4 selbst, leicht Kondensationen eingehen. Im einfachsten Fall entsteht aus Trimethylchlor- silan das Hexamethyldisiloxan:

H20 2 Me3SiC1 ~ 2 Me3SiOH ~ Me3Si-O-SiMe 3

- HCI - H20

Zur Triebkraft der Hydrolyse tragt die hohe Si-O-Bindungsenergie bei [vergl.: ]5(Si-C1) = 381 kJ/mol, f)(Si-O) = 452 kJ/mol].

Die Kondensationsneigung wird durch die sterischen Verh~tltnisse am Silicium gepragt. Zierlich substituierte Silanole wie Me3SiOH kondensieren so bereitwillig, dab in ihrer Synthese durch Hydrolyse von Me3SiC1 Basen wir Pyridin zugesetzt werden mfissen, um gebildetes HC1, welches die Kondensation katalysiert, abzufan- gen. Bei der Hydrolyse sperriger Organochlorsilane wie Ph3SiC1 kann auf diese Ma~ nahme verzichtet werden.

Die Hydrolyse bifunktioneller Silane Me2SiC12 ffihrt zu hShermolekularen Konden- sationsprodukten:

H20 n Me2SiC12 ~ n Me2Si(OH)2 .~ (Me2SiO)n

- H20 Ketten und Ringe

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144 8 Elementorganyle der Kohlenstof fgruppe (Gruppe 14)

Die Bildung yon Polysiloxanen, ,,PolysUicoketonen" (R2SiO)n , die im Gegensatz zur monomeren Natur der Ketone R2CO steht, spiegelt die Schw~tche der ) Si=O pn-pn- Bindung wider.

Erste SiliconSle erhielt bereits Ladenburg (1872), Pionier der eigentlichen Silicon- chemie war Kipping (ab 1901). Voraussetzungen f'ttr die grofltechnische Produktion von Siliconen waren die Nachfrage nach neuen Werkstoffen mit speziellen Eigen- schaften, die Klgrung der Prinzipien der Polymerisation (Staudinger) und die Aus- arbeitung einer rationellen Synthese des Monomeren (Rochow und Miiller).

Industrielle Herstellung der Monomeren

300 ~ MeCl + Si/Cu ~ MenSiCl4_ n

ca 9:1 ,,Direktverfahren" (Rochow, Miiller, 1945)

Hierbei entsteht ein Gemisch verschiedener Methylchlorsilane, was aber nicht uner- wfinscht ist, da diese Zwischenprodukte nach destillativer Trennung in der weiteren Verarbeitung zu Siliconen unterschiedliche Aufgaben erfiillen. Aui3er 5-10% Cu (in Form von Cu20 ) werden dem Si noch 0.1-1% eines elektropositiven Metalls wie Ca, Mg, Zn oder A1 beigemischt. Hierdurch kann die Produkteverteilung der Spezies MenSiC14_ n beeinllu6t werden. Zus~ttze von 0.001-0.005% As, Sb oder Bi als ,,Pro- motor" steigern die Reaktionsgeschwindigkeit. Ein Nachteil des Direktverfahrens ist die energieaufw~indige Reduktion von SiO 2 zu Si, die der oxidativen Addition von RC1 vorgelagert ist.

In einem groben Bild vom Mechanismus des Direktverfahrens nimmt man eine negative Polarisierung des Siliciums in Richtung auf ein Kupfersilicid an (p-CuaSi, Falconer, 1985). Si w~e dann leichter elektrophil angreifuar:

6- 6 + 6 + 6- CI - -Me Me--CI

/ Me Me 6- 6+~6-/ 6 + 6- - C l - - ~ / . ~ C l -

- - S i - - C u - S i - - O u - S i ~ S i - -Cu + + C u - - S i - - A A A A A A

Neuere Untersuchungen haben Hinweise auf Silylen(R2Si)-Zwischenstufen im Verlauf des Direktverfahrens erbracht (Ono, 1997). Eine andere Vorstellung geht davon aus, dab die Si-Oberflgche durch CuC1 oxidiert wird, wel- ches seinerseits aus Cu und CH3C1 entsteht. Mit diesem Redoxaspekt steht in Einklang, daft ftir die Katalyse Cu trod Cu20 erforderlich sind (Falconer, 1994). Schlie61ich ist auch angenommen worden, dab sich intermedigr Methylkupfer CH3Cu bildet, welches an der Oberflgche zu Cu und Methylradikalen zerfgllt, die dann mit Silicium reagieren. Die heterogene Natur der Reaktion und die grof~e Zahl beteiligter Komponenten erschweren das mechanistische Studium des MiiUer-Rochow-Verfahrens aui3erordentlich.

Die gezielte Herstellung von Silicon-Halbfertigprodukten erfolgt durch Organochlor- silan-Hydrolyse und thermische Nachbehandlung in Gegenwart katalytischer Men- gen von H2SO4, gegebenenfalls unter Zusatz bestimmter Vernetzungsreagenzien.

Das Direktverfahren liefert ein Rohsilangemisch, in dem Me2SiC12 (1.4 MJato) bei weitem iiberwiegt. Aber auch die Nebenprodukte spielen in der Polykondensation eine niitzliche Rolle:

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8.1 Siliciumorganyle 145

Me2SiC12 MeHSiC12 MeSiC13 SiC14 Me3SiC1 Disilane ca. 80% 3% 8% 1% 3% 5% I Me Me O Me

I I I I - - O - - S i - - O - - - - O - - S i - - O - - - - O - - S i - - O - - - - O - - S i - - M e

I I I I Me O O Me

I I

Kelten Verzweigung Vernetzung Keltenabbruch

Die Nachbehandlung dient der Einstellung gewtinschter Kettenliingen:

Hydrolyse Me2sicI2 Kondensation

Hydrolyse Me3SiCI Kondensation

i, ( M e 2 S i O ) m + HO_SiMe2_(OSiMe2)nOHt

Ringe Ketlen

H2SO t AT

/OH HO-SiMe2-(OSiMe2)m ~ n

Me3si/O'~siMe3 ~

M e 3 S i O - S i M e 2 - ( O S i M e 2 ) ~ ? : i M e 3

Nachtriigliche Vernetzung liit~t sich auf verschiedene Arten erzielen: CH3 ?H3 CH3 I DBPO AT ~/O _SI i_O.~VV% ~/O--Si--O/VV~, ~ ,V',O--Si --O/VV~, I R O - I I CH 3 "CH2 CH 2

I CH 2 I DBPO = Dibenzoylperoxid ~VO--Si--O~/V% I

H3 ?H 3 CH3 % ~ : ) - - S i ~ O

I ~ ' O - - S i - 0 ~ / V ~ H Kat. i,, /

Hydrosilierung

~'~ ,VO--Si--O~AA, ~/O--$i----O ~/V~, I

1 CH3 CH 3

Je nach Aufbau des Siloxangerfistes entstehen auf diese Weise Siliconiile, -elastome- re trod -harze. Aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften sind Silicone aus kaum einem Bereich der modernen Technik mehr wegzudenken. Zu ihren Vorzfigen z~hlen ausgezeichnete thermische Bestiindigkeit und Korrosionsfestigkeit, geringe Tempera- turabhiingigkeit der Viskositi~t, gute dielektrische Eigenschaften, schaumdampfende und wasserabweisende Wirkung sowie physiologische Unbedenklichkeit (Anwendun-

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146 8 E l e m e n t o r g a n y l e der K o h l e n s t o f f g r u p p e (Gruppe 14)

gen in der kosmet i schen Chirurg ie) . Le t z t e r e r A s p e k t wird abe r neuerd ings in Frage gestel l t .

Die besonderen Materialeigenschaften der Silicone lassen sich auf die Eigenart der Si-O-Si-- (Siloxan)-Bindung zurtickftihren. Die hohe FlexibUit~it von (-Me2SiO-)n-Ketten deutet auf ge- ringe Barrieren der konformativen Umwandlungen hin. Dies laflt sich an den Rotationsbarrie- ren um die E-C-Achse in Verbindungen (CH3)4E demonstrieren:

~ b H3 E: C Si Ge Sn Pb

H ~ , jE~ , ,CH 3 Rot.Bar.: 18 7 1.5 0 0 kJ/mol

3~" "CH 3 d(E-C): 154 188 194 216 230 pm

Zur Flexibilitiit tr~tgt auch die geringe Energie der Si-O-Si-Biegeschwingtmg bei:

/ / 1 6 3 pm M e 3 S i ~ o f S i M e 3 Me3SiJ~O~siMe3 ~ M e 3 S i - - O - - S i M e 3 .~

a = 148 ~ a = 180 ~

Die Potentialkurve der Biegeschwingung zeigt im Bereich 140~ a < 220 ~ einen flachen Ver- lauf, der lineaxe Obergangszustand der Inversion (o~ -- 180 ~ liegt nur etwa 1 kJ/mol fiber dem gewinkelten Grundzustand. In diesem Zusammenhang ist erwiihnenswert, dat3 Hexaphenyldisiloxan Ph3Si-O-SiPh 3 bereits im Grundzustand eine lineare Anordnung Si-O-Si aufweist. Ftir die leichte Erreichbarkeit der linearen Anordnung Si-O-Si k6nnte die Maximierung des O(p~)--*Si(d~)- bzw. O(p~) --* Si-C(a*)Bindungsanteils verantwortlich sein (Jorgensen, 1990). Ftir den klehaen Temperaturkoel~ienten der Viskosit~it, der Silicon61e zu Schmierstoffen ftir extreme Temperaturintervalle macht, sind offenbar zwei gegenl~iufige Effekte verantwortlich: Siloxanketten neigen zur Bildung von Helices mit intramolekularer Wechselwirkung der pola- ren Si-O-Einheiten. Bei Temperaturerh6hung 6ffnen sich die Helices, und der normalen Tem- peraturabhangigkeit der Viskositiit (~] sinkt mit steigendem T) wird durch zunehmende inter- molekulare Wechselwirkung der ungeordneten Ketten entgegengewirkt. Anwendungstechnisch wichtige Grenzfliicheneffekte, die von Siliconen ausgehen, beruhen auf der Polaritiit des Si-O-Si-Segmentes und dem hydrophoben Charakter der an Si fixierten A1- kylreste. Die Impr~gnierung von Textilfasern durch Silicone sowie ihr Einsatz als Formen- trennmittel in der Reifenproduktion m6gen als Beispiele dienen.

AndereVerbindungen mit Baugruppen -R2Si-E- (E = S, N) Neben den Si loxanen exis t ie ren in gro6er Zahl ke t ten- und r ingf6rmige Verb indun- gen, die neben Organos i ly le inhe i t en ( -S IR2- ) andere H a u p t g r u p p e n e l e m e n t e entha l - ten, deren Eigenschaf ten abe r nicht d o m i n a n t durch die e lementorgan i schen Bau- s te ine gepr~igt werden. Es seien daher nur einige r ep ra sen t a t i ve Beispiele angef i ihr t .

Me3SiC I LiSH x 2 Hexamethyl- ~- Me3SiSH ~- M e 3 S i - - S - - S i M e 3 - LiCI H2S disilathian

/

Trimethyl- x 2 | 350 ~ silanthiol

3 Me4Si + SiS 2

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8.1 S i l i c i u m o r g a n y l e 147

3Me2SiCI 2 + 3 H2S + 6 C5H5N ~ M e 2 S - i ~ s " ~ S i M e 2 - pyHCI S J . ~ , S i ~ s /

Me 2

200 ~ J Hexamethylcyclo-

S - -S iMe2 J tnsilathian planar I J

M e 2 S i - - S

Die Si-S-Bindung in diesen Molektilen ist thermisch recht stabil, wird jedoch, im Gegensatz zur Si-O-Bindung, hydrolytisch leicht gespalten. Besonders umfangreich ist das Gebiet der Organosilicium-Stickstoff-Chemie. Charakteristisch ftir -R2Si-NR- , verglichen mit -R2Si-O-Einheiten , ist die Bevorzugung cyclischer gegentiber linea- rer Oligomerstrukturen und die bereitwillige hydrolytische Spaltung der Si-N-Bin-

dung. NH 3 100 ~ x 2 Me3SiNH 2

- NH4CI - NH 3

NaNH2, C6H6, A

- NH3,- NH4CI,- NaCI

Me3SiCl - -

Me3Si--NH--SiMe 3

Hexamethyldisilazan

- H21NaH

(Me3Si)2NNa

I MX

[(Mo3Si)2N]2M

Das sperrige Bis(trimethylsilyl)amid-Anion (Me3Si)2N wird eingesetzt, wenn es gilt, niedrige Koordinationszahlen zu stabilisieren. So besitzt z.B. das Cobaltatom in [Me3Si)2N]2Co die Koordinationszahl 2, der niedrige Schmelzpunkt (Fp.: 73 ~ weist auf ein Molektilgitter hin. Lineare Organopolysilazane (-R2Si-NR-)n sind nur schwierig darstellbar, da die Tendenz zur Bildung von Cyclosilazanen dominiert, wo- bei Sechsringe besonders begtinstigt sind:

3 Me2SiCI 2 + 9 RNH 2 ~,- - 6 RNH3CI

R = H, Alkyl, Aryl

M e2S. i~r ,P.-- - - ,S iM e 2 Rff.~lSi-.-...~N l

Me2 R

ein Cyclotrisilazan

Organosilylderivate des Hydrazins weisen unerwartete Isomerisierungen auf. Obwohl im Falle des Bis(trimethylsilyl)hydrazins aus sterischen Grtinden das 1,2-Isomere bevorzugt sein sollte, setzt sich dieses fiber eine basenkatalysierte dyotrope Umlagertmg mit dem 1,1-Isomeren ins Gleichgewicht (West, 1969):

- 2 N2H5CI 2 Me3SiCI + 3 N2H 4

+ H + (Me3Si)2N--NH2

_ H +

Me3SiNH--NHSiMe 3

t a

v Mo3SiN~'-~','N | "Si" Me 3

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148 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Diese Wanderungstendenz ist eine typische Eigenschaft der R3Si-Gruppe. Allgemei- ner spricht man von $ilatropie als dem Bestreben von Silylgruppen, in einem Mole- kfil an das Atom mit der h6chsten negativen Partialladung zu wandern.

8.1.2 Si-Organyle der Koordinationszahlen 3, 2 und 1 und deren Folge- produkte

Unter diesen Titel fallen folgende Klassen:

R2Si R2C=SiR 2 tL2Si=SiR 2 Silylen Silen Disilen RSi RC-SiR RSi-SiR Silylidin Silin Disilin

R3Si- Silylanion R3Si" Silylradikal R3Si+ Silyliumion

Folgeprodukte hSherer Koordinationszahl am Si-Atom, die in engem Zusammen- hang mit diesen Teilchen stehen, sind die Polysilylene (Organopolysilane), die Car- bosilane sowie die Basenaddukte der Silyleniumionen.

Die Teilchen R2E (E = Si, Ge, Sn, Pb) sind als substituierte Homologe des Methy- lens zu betrachten. Sie enthalten die Elemente der Gruppe 14 in der Oxidationsstufe EII, deren Stabilit/it mit steigender Ordnungszahl zunimmt.

Bei den Organoderivaten handelt es sich durchweg um kurzlebige Zwischenstufen, die monomer nut unterspeziellen Bedingungen studiert werden kSnnen (R = Alkyl, Aryl):

R2C R2Si R2Ge R2Sn R2Pb Methylen Silylen Germylen Stannylen Plumbylen

Der Nachweis ffir ihr intermedi/ires Auftreten ist fiber eine Analyse der Oligomerisie- rungs- bzw. Abfangprodukte sowie mittels Spektroskopie in Matrixisolation zu ffihren.

Silylene und Polysilylene (Organopolysilane) Die Enthalogenierung von Organochlorsilanen fiihrt zu Organopolysilanen, bei de- ren Bildung Silylen-Zwischenstufen anzunehmen sind.

Polymerisationsgrad und Verh/iltnis linear/cyclisch sind abh/~ngig von den jeweiligen Reaktionsbedingungen.Beispiele:

Na/K Me2SiC12 > (Me2Si)n + Me(Me2Si)mMe

Ringe, n = 5,6,7 Li, C10H s Ketten, m ~< 100

3 Ar2SiC12 ~ (Ar2Si)3 Na/K

n Me2SiC12 + 2 Me3SiC1 > Me3Si(SiMe2)nSiMe 3

Ketten, 1 < n < 24 GrSflere Reste R erhShen die L/~slichkeit der Polymeren in organischen Solvenzien. Aus den Organocyclosilanen lassen sich SUylene freisetzen und durch Folgereaktio- nen nachweisen (Kumada, 1981):

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8.1 Siliciumorganyle 149

(Me2Si) 6

Me Me "Si I

z~T oder h'V

- C6H 6

Silanorbornadien

h'W 254 nm

77 K ~ _ Me \

Me 2 i :

J Silylen

Me2C--CMe 2

Addition

Polymeri- sation -

Siliran M e 2 % - - C M e 2

Si Me 2

1In (Me2Si)n

R3SiOR Insertion

R3SiSiMe2OR

In verfeinerten Betrachtungen der Spezies ER 2 sind auch die elektronischen und sterischen Eigenschaften der Reste R zu berticksichtigen.

MO-Rechnungen (Schleyer, 1986) liefern fiir die HOMO/LUMO-Energ ied i f fe renz die Werte 113 (CH2) und 216 (Sill2) kJ/mo1-1. Somit bevorzugt Methylen die high- spin-Form (Triplet), Silylen hingegen die low-spin-Form (Singulett) , weil ffir Sill 2 die H O M O / L U M O - A u f s p a l t u n g grSfler ist als die Spinpaarungsenergie.

Ein Silylen besonderer Ar t ist die Verbindung (C5Me5)2Si (Jutzi, 1989):

_ _ 3 - . _ .

(Me5Cs)2SiBr 2 K,Anthracen ~ S ~ - - ~ - ~ -2 KBr

3s

Dieses thermisch stabile aber sehr luftempfindliche Molekiil zeigt den Aufbau eines axial-symmetrischen Metallocens (, Deeamethylsilicoeen"). Die Elementarzelle enthalt neben dem axiMsymmetrische noch ein ge- winkeltes Strukturisomeres.

2Pz 3Pz 2sp 2 ( '~ 3Px H,,.., ~

H.... 92 ~

2sp 2 ~ J 31~ ~.-J

Vereinfachte Darstellung der Struk- tur- und Grenzorbital (HOMO, LUMO)-Verhaltnisse ftir Methylen und Silylen

In Zusammenhang mit der Reaktivitat der Carbene und ihrer Homologen interessieren deren Molekiil- und Elektronenstrukturen sowie die zugehSrigen Spinzustande. Experimentell wird flir Me2C ein Triplett-Grundzustand (2 ungepa~rte Elektronen), ftir Me2Si , Me2Ge , Me2Sn hin- gegen ein Singulett-Grundzustand (0 ungepmurte Elektronen) gefunden. Wahrend der Bin- dungswinkel in CH 2 bei etwa 140 ~ liegt (EPR), betragt er ftir Sill 2 nur 92 ~ (IR, Raman; UV). Die unterschiedlichen magnetischen und strukturellen Eigenschaften von CH 2 und Sill 2 lassen sich mittels unterschiedlicher Hybridisierungsverh~iltnisse deuten. In Sill 2 werden Si(3px )- und (3py)-Orbitale (90 ~ ftir die Si-H-Bindungen bentitzt, die beiden nichtbindenden Elektronen be- setzen spingepaart das Si(3s)-Orbital und Si(3pz) bleibt unbesetzt. Im CH2-Molektil hingegen dienen offenbar zwei C(2s,2p)-Hybridorbitale der Bildung der C-H-Bindungen, denn der Win- kel H-C-H (140 ~ liegt zwischen 120 ~ (erwartet filr sp 2) und 180 ~ (erwartet fiir sp). Die beiden anderen C(2s,2p)-Hybridorbitale nehmen dann zwei Elektronen mit parallelem Spin auf. Der tiefere Grund ffir diesen Unterschied liegt in der zunehmenden energetischen Separierung und Unterschieden in der Radialverteilung von ns- und np-Orbitalen beim Obergang auf schwerere Elemente einer Gruppe, welche die Beteiligung von s-Elektronen an a-Bindungen zunehmend ungfinstig werden lat~t (Grenzfall: ,,inertes s-Elektronenpaar").

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150 8 -Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Die cyclischen Organopolysilane (R2Si)n besitzen einfach gefaltete (n = 4, 5) bzw. doppelt gefaltete (n = 6) Strukturen. Unerwartet sind die elektronischen Eigen- schaften:

�9 In UV-Spektren von Alkanen treten Absorptionsbanden nur far ), < 160 nm auf. Polysilane hingegen absorbieren stark bathochrom verschoben in Bereichen bis ), < 350 nm( Gilman, 1964).

�9 Cyclosilane (R2Si)n , n = 3-6, k~nnen, ira Gegensatz zu Cyeloalkaz~en (R2C)n , zu Radikal- anionen reduziert und zu Radikalkationen oxidiert EPR-spektroskopisch studiert werden (Boek, 1979).

�9 Organopolysilane weisen nach Dotierung mit AsF 5 Halbleitereigenschaften auf ( West, 1986).

W~hrend die C-Atome in Alkanen wegen der energetischen .~hnlichkeit und Ausdehnung der C(2s)- und C(2p)-AO perfekt sp3-hybridisiert sind und in der Kette lokalisierte 2e2c-Bindungen ausbilden, ftihrt die geringere Neigung der Si(3s)-Orbitale, mit Si(3p)-Orbitalen Hybride zu bil- den, in Polysilanen zu Mehrzentrenbindungen h6heren Si(3p)-Anteils, die sich tiber die ganze Kette erstrecken. Orob vereinfacht kann man der (R2Si)n-Kette einen gewissen eindimensiona- len metallischen Charakter zusprechen, was die oben aufgeftihrten Befunde qualitativ erkl~iren wtirde (SchoeUer, 1987).

Ffir Organopolysilane zeichnen sich interessante Perspektiven der technischen An- wendung ab (West, 1986). Hierzu zahlen ihr Einsatz als Photoinit iatoren ftir die Vinylpolymerisation und als photoempfindlicher, O2-resistenter Lack in der Litho- graphie. Auflerdem erweisen sie sich als geeignet zur Herstellung ker~mlscher Fasern aus ~-Siliciumcarbld. Intermediar gebildete pr~ikeramische Polycarbosilane (MW ~-. 8000) lassen sich aus der Schmelze zu Fasern verspinnen, die anschlieflend in zwei Stufen thermisch in ~-SiC, ein Material h6chster Zugfestigkeit, umgewandelt werden ( Yajima, 1975):

(Me2Si)n

(Me2Si)s

450 ~

Argon

400 ~ "•i 2~- 1. Luft, 300 ~

i~CH 2. N 2, 1300 ~

\ M e / n - H2, - CH4

Carbosilan

p-SiC

(Zinkblende- struktur)

Neben der Addition, der Polymerisation und der Insertion ist als weitere carbenan- aloge Reaktion fiir R2Si die Bindung an ein i.)bergangsmetall in Betracht zu ziehen. W~ihrend aber das Gebiet der ~Ybergangsmetall-Carben-Komplexe (Kap. 14.2) bereits hoch entwickelt ist und man Germylen-, Stannylen- und Plumbylen-MetM1- komplexe vergleichsweise leicht erhalten kann, sind Silylen-Met~llkomplexe mit der Koordinationszahl 3 am Si-Atom bislang ~iut3erst rat . Meist addieren sie ein Donor- molektil unter Erweiterung auf KZ 4. Die Synthese des ersten Komplexes der Form LnM=SiR 2 gelang Tilley (1998).

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8.1 Si l ic iumorganyle 151

Pt(PR3)2 + (Me3Si)2SiMes 2 hv, Hexan R3P ~ /Mes

.Pt'-Si "Me3SiSiMe3 R3 P/ 221 \Mes

R = i-Pr, Cy

Die bislang kfirzeste Pt-Si-Bindungsl~inge in diesem planaren Silylenkomplex unter- schreitet die der Pt-Si-Einfachbindung nur um 6%. Alkoholyse liefert Pt(PR3) 2 und das Siloxan Mes2Si(OR)H.

Ein Komplex mit zwei Silylen-Brfickenliganden entsteht in unerwarteter Reaktion ( Weiss, 1973):

H2 /%

2 (q5-C5Hs)2TiCI 2 H3SiK'DME (rlS"CsHs)2Ti\si/Ti(T15-CsH5)2

H2

Der t~-Silylen-Briickenligand ist allerdings als zweifach metallsubstituiertes Silan, also ein Molekfil mit Si IV, aufzufassen. Dies mag der Grund ffir die, verglichen mit terminalem Silylen, leichtere Zuganglichkeit von t~-R2Si-Komplexen sein.

Molekiile mit Si=E-(P~r-p~r)-Bindung Zahlreiche Ausnahmen vonder klassischen Doppelbindtmgsregel (,,Elemente ab der dritten Periode bilden keine unter Normalbedingungen stabilen Verbindungen mit p -p -Bindung") haben Versuche provoziert, das Element Si in Wechselwirkungen des ~yps ) S i = C ( ( S i l e n ) bzw. )S i=Si ( (Dis i len) einzubringen. ~Si=C(-(pfp~)-

�9 /

Bindungen wurden zunachst ffir reaktlve Zwischenstufen formuhert. So konnte ein Silenderivat in einer Argon-Matrix bei 10 K spektroskopisch charakterisiert werden ( Guselnikow, 1966):

H2C--Si(CH3)2 . { " } I I +

H2C--CH 2 600 "C CH 2 CH 2 Pyrolyse

Silacyclobutan Silen

Bei der Pyrolyse von Tetramethylsilan entsteht fiber intermediare Silene ein kom- pliziertes Gemisch von Carbosilanen (G.[bitz, 1987):

(CH3)4Si 1 rain I~- CH 4 + 700 =C

CH3 \ CH3/n

Der Anteil cyclischer Carbosilane betragt etwa 15%.

H 2 ~ ~iMe2

Me2Si ~ CH 2 Me2Si CH2 \ (

H2c~S,M e2

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152 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Auch durch Salzeliminierung bilden sich Silene, die zu Cyclo-Carbosilanen weiterre- agieren (Wiberg, 1977):

- LiOTs Me2S i (~ (SiMe3)2 - 50 ~ "~ Me2Si~C(SiMe3)2

OTs Li / x 2

Ts = Tosylat

Me2S (~(SiMe3)2

(Me3Si)2C SiMe 2 Eine bequeme Methode zur Erzeugung niedrig- bzw. unsubstituierten Silens bedient sich der Retrodienspaltung eines Silabicyclo[2.2.2]octadiens (Barton, 1972; Maier,

(• F3 H2Si 4 + III ~ //~ ~ OF3

H2 CF3

1981):

1. 650 ~ 2. Matrix- 10 -5 mbar isolation 10 K

- 06H4(CF3)2~

"" hv 254 nm T> 35K H27- -~ i H 2 - - /Si.~ ~ ~ H2Si~CH 2

H CH3 hv > 320 nm x 2 H2 Si/ /CH2

Die Isomeren Methylsilylen und Silen besitzen offenbar ~hnliche Energie, ganz im Gegensatz zu den Kohlenstoffanaloga, fttr die die Carbenform energetisch betracht- lich hSher liegt als die Ethylenform.

Die ,,Stabilisierung" eines Silens durch Koordination an ein 0bergangsmetall gelang Tilley (1988). In Einklang mit gangigen Bindungsvorstellungen (S. 370f.) ist die

Cy3 PIRu " S i P h 2 Si=C-Bindung hier, verglichen mit nachfolgendem Bei- H C~"~; 79 pm spiel, geringfiigig aufgeweitet.

Das erste bei Raumtemperatur handhabbare Silen stellte Brook (1981) dar:

~ : h v Me3Si\ OSiMe3 (Me3Si)3Si-- ~ Si~C(

Me3Si / \R R = Adamantyl 176 pm

Sperrige Trimethylsilyl- und Adamantylreste blockieren die Dimerisierung bzw. die Polymerisation dieses Silens zu Carbosilanen.

Q_ { , /os i , 0 @/osi ,~0. //osi ,@ o/O-Si }

/s_i-% | @ @ @

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8.1 Siliciumorganyle 153

Die Grenzstruktur a scheint grofles Gewicht zu besitzen, denn nach 1H-NMR-Befunden besteht keine freie Drehbarkeit um die zentrale Si-C-Bindung. Aus den 13C-NMR-Spektren kann auf einen gewissen Beitrag von b und c geschlossen werden (~.hnlichkeit mit 13C-Verschiebungen in Carbenkomplexen). Die starke Entschirmung des C-Atoms spricht gegen die Beteiligung der Silyl-Ylid Grenzstruktur d. Keinesfalls wird durch die Isolierung spezieller Molektile mit Hauptgruppenelement-Mehrfach- bindungen E=X bzw. E - X (E -- Element der dritten oder einer h6heren Reihe) die ,,Doppel- bindungsregel" aufler Kraft gesetzt! Vielmehr zeigen die sterischen Erfordernisse, derer es hier- zu bedarf, gerade, daft die Regel nach wie vor Giltigkeit besitzt, wenn auch in leicht modifizier- ter Form: ,,Hauptgruppenelemente der dritten und h6herer Reihen bevorzugen die Ausbildung einer maximalen Anzahl von Einfachbindungen gegentiber einer begrenzten Zahl von p~-p~- Mehrfachbindungen". In den an dieser Stelle und nachfolgend beschriebenen Mehrfachbin- dungssystemen wird durch Einbau sterischer Hinderung lediglich Metastabilitiit erzeugt, d.h. das natirliche Bestreben des Abbaus von p~-p~-Mehrfachbindungen zugunsten von Einfachbin- dungen blockiert (,,kinetische Stabilisierung").

Eng verwandt mit dem Silenproblem ist der Einbau von Si in aromatische Hetero- cyclen. F i r das fiktive Hexasilabenzol Si6H 6 sagen quantenchemische Rechnungen eine aromatische Stabilisierungsenergie vom halben Betrag der Benzolstabilisierung voraus. Anders als fiir Benzol C6H 6 bildet fiir Si6H 6 allerdings die ges~ittigte Hexa- si laprismanstruktur das globale Energieminium (Nagase, 1985).

H ~.Si.~ HSE-~-~=SiH HSi~'" I II Sill ~ ! ~ i iT ! HSi%i'SiH H HS �9 , H X s I (

H

A H bet. = - 40 kJ mo1-1

Ein Hexasilaprismanderivat ist ibr igens pr~iparativ zug~inglich: entchlorierende Kupplung von RSiC12SiC12R mit Mg/MgBr 2 in T H F liefert das luftstabile Produkt R6Si6, R = 2,4-Diisopropylphenyl (Sakurai, 1993).

Bei Variation der Reagenzien f ih r t die Kupplung zu einem Derivat des tetrahedro- Tetrasilans ( Wiberg, 1993):

R

~~SI ~.~S + R3SiBr 2 RSiBr2SiBr2R + 4 t-Bu3SiNa = RSi iR + 4 NaBr

R = t-Bu3Si R

Auch ein hexahedro-Octasilan R8Si 8 kubischer Struktur konnte dargestellt werden (Matsumoto, 1988). All diese (RSi)n-Cluster sind als Oligomere von Silylidineinhei- ten RSii, Analoga der Carbine RCi, aufzufassen. Wiihrend aber in der Kohlenstoff- chemie die Oligomerisierung zu Alkinen, Oligoolefinen und Arenen f ihr t , wird in der Chemie der hSheren Homologen Si, Ge, Sn die Ausbildung von homonuklearen Mehrfachbindungen umgangen, und es entstehen Kit ige und Cluster mit Element- Element-Einfachbindungen. Der Aufbau betr~ichtlicher Ringspannung wird hierbei in Kauf genommen.

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154 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Bereits der einfache Einbau einer Silylidineinheit in den Benzolring bereitet Schwie- rigkeiten. $ilabenzol C5SiH 6 lat3t sich durch Blitzthermolyse erzeugen und in der Gasphase (Bock, 1980) sowie in Matrixisolation studieren (G. Maier, 1982):

1. 800 ~ Silabenzol 10 -4 mbar

2. Matrix- T>80K isolation

H2 Ar, 10 K H J~

hi, 240 nmlLhv 320 nm

/ f

~ Dewarsdabenzol

oligomere Folgeprodukle

.SiMe3 t t ~ s i / t - B u Si -~'':cl ~". ' C ; (i-Pr)2NU

t . B u ~ S i M e 3 20 ~

( Miirkl, 1988) ( Okazaki, 2000)

~Me3 A ~M~ Me3Si'~ ~ ' ]~ ~ ' f --SiMe3

CsHsSi mTbt

Die Si'--"C- und C =~C-Bindungslangen, die Tieffeldverschiebung im 1H-NMR-Spek- trum und das UV-Spektrum lassen auf ein delokalisiertes 6"K-Elektronensystem im Silabenzol schlieflen. In Analogie zur bereitwilligen Bildung des aromatischen Ani- ons C5H 5- aus C5H 6 erscheint auch die Deprotonierung von $ilacyclopentadien (Silol) C4SiH 6 zum Anion C4SiH 5- gfinstig. Die hohe Reaktivitat des GrundkSrpers Silacyclopentadien stellte sich der Umsetzung dieser Vorstellung jedoch entgegen. Wahrend hochsubstituierte Silole einfach zuganglich und gut charakterisierbar sind,

2 Ph--C~C--Ph R2SiCl 2 Li ~ ~ _

Li Li

2 Ph--C-----~C--H + Me~SiSiMe~ - H H - -

---o mph b Me

Katalyaator (Et3P)2PdCI 2

Cyclohydrosilierung

(Curtis, 1969)

e ~ SilOI

( Kumada, 1975)

Das UV-Spektrum weist Silabenzol als schwach donorgestSrten Aromaten aus. Thermisch robustere Silabenzolderivate erfordern eine aufwendige, sterisch schfit- zende Verpackung. Nur bis -100 ~ stabil ist 1,4-Di-t-butyl-2,6-bis(trimethylslyl) silabenzol, hn bei Raumtemperatur haltbaren Silabenzolderivat CsHsSi-Tbt ist die Schutzgruppe viermal so schwer wie der zu sch~itzende Heterocyclus:

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8.1 Siliciumorganyle 155

neigen niedrig substituierte Silole, die noch Si-H-Bindungen enthalten, zu Folge- reaktionen wie der Bildung von Diels-Alder-Dimeren (Barton, 1979):

4 3 M e ~ / H

H 10-4mbar~ 5 2 x 2 B-

-C3H 6 Si Si 1 M I / \

Me H Me

Blitzpyrolyse Me / \H

In den Fallen, in denen monomere Silole strukturanalytisch charakterisiert werden konnten, sprechen die Daten fOx geringfiigige Konjugation im Fiinfring: Die C-C- Bindungsl~tngen von 147 und 134 pm in 1,1-Dimethyl-2,5-diphenylsilol ~thneln denen isolierter Einfach- bzw. Doppelbindungen. 1H-NMR-Spektren lassen keine Ring- stromeffekte erkennen, da Silol(4~e) - im Gegensatz zu den Heterolen Pyrrol und Thiophen(6~e) - als nichtaromatisch zu betrachten ist (Dubac, 1990).

Silolylanionen C4SiH 5- sind bislang nur in hochsubstituierter Form zug~tnglich:

+2Li - UCl

(Gilman, 1958)

M•H KH ~- ~ K ~ - H 2 "% )~)))

( Boudjouk, 1984)

Dies ist bedauerlich, da man sich yon ergiebigen Synthesen niedrig substituierter Silolylanionen einen Einstieg in die Sila-Metallocenchemie erhoffte. Ubergangsme- tallkomplexe mit ~1_ und qa-gebundenen Silolringen sind schon l~tnger bekannt:

(Abel, 1976)

%,si, '2

Go

( Sakurai, 1973)

Neueren Datums ist hingegen die erste Charakterisierung eines Sandwichkomplex mit qS-gebundenem Silolylring:

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156 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

~ ' R LiCH2Ph ~ ( ~ - RLi

~

R = SiMe3

Opt HfCI3 - 78 ~ THF

16 VE In Einklang mit seiner 16 VE-Konfiguration addiert dieser Komplex reversibel PMe 3 (Tilley, 1998).

Neben diesen mehr grunds/itzlichen Fragestellungen 1/iI]t der Silolring aufgrund sei- ner besonderen elektronischen Eigenschaften aber auch praktische Anwendungs- m6glichkeiten erahnen. Diese beruhen insbesondere auf der, verglichen mit anderen Heterocyclopentadienen, geringen HOMO-LUMO-Aufspaltung. Sie verleitete dazu, Oligomere sowohl mit 2,5- als auch mit 1,1-Verkntipfung zu synthetisieren, die vor- erst als Modelle fiir Polymere dienen (Tamao, 1998):

2,5- 1,1 1,1

W/ihrend man im Poly(2,5-Silol) das Polyacetylengeriist wiedererkennt, durch Si- 0berbrfickung in die Coplanarit/it gezwungen, bietet das Poly(1,1-Silol) alle Vor- aussetzungen fiir effekte o,~-Konjugation. Als interessante photophysikalische Ei- genschaften werden eine besonders langwellige Absorption im UV/VIS-Spektrum sowie organische Elektrolumineszenzeffekte genannt (Tamao, 1998).

Disilene, Molekiile mit )Si=Si(-(p~-p_)-Bindungen, sollten aufgrund des, vergli- chen mit Si-C, gr6gerenSi-Si-ASstande"s und der ungtinstigen ~-Oberlappungsver- h/iltnisse geringere Stabilitiit besitzen als Silene, /~Si=C( . Das erste bei Raum- temperatur handhabbare Disilen synthetisierte West (1981):

Mes2Si(SiMe3) 2 • ~ (West, 1983)

hu, 254 nm, -60 ~ 90% Si=Si gelbe Kristalle,

- Me6Si2 ~ ~ Fp 198 ~ d(Si=Si) = 215 pm vergl. d(Si-Si) = 235 pm

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8.1 S i l i c i umorgany le 157

Wiederum ermSglicht erst die sterische Abschi rmung des labilen Si=Si-Bindungs- bereiches die Isolierung des Produktes . Zierlicher subst i tuier te Vorstufen wie Me2Si(SiMe3) 2 fiihren nu t zu Organopolysi lanen.

Disilene (und Digermene) wurden auf anderem Wege auch yon Masamune (1982) dargestellt:

Ar 2

/si X LiCIoH 8 hu

3 Ar2SiCI 2 ~" A r 2 S i ~ S i A r 2 ~ Ar2Si- 'SiAr2

Ar = 2,6-Me2C6H 3

Die Verktirzung des Bindungsabstandes beim Obergang von Si-Si auf Si=Si entspricht betrags- maflig dem Wert ftir das Paar C-C und C=C, ist aber, prozentual gesehen, geringer. Ein interessanter Effekt ist die geringftigige Pyramidalisierung um die Si-Atome in Disilenen, d.h. die Winkelsumme unterschreitet 360 ~ Dieses Phanomen verstarkt sich beim tJbergang auf die homologen Molektile P~2E=ER2 (E = Ge, Sn, Pb) und lat3t sich, ausgehend vonder Elek- tronenstruktur der Bausteine R2E (S. 149), deuten:

R~~ ,~ . ; c=cQ p,ana,

R sP 2 sP 2 R

--//--

.,....y

trans Faltung

E 8

C 0 ~

Si 100

Ge 12- 320

Sn 41 ~

Wahrend die Annaherung zweier Triplett-CR2-Einheiten zu einem planaren Ethylenderivat mit klassischer o- und ~-Bindung ffihrt, erzeugt die Wechselwirkung zweier Singulett-ER2-Bau- steine nur in der gezeigten Orientierung die Ausbildung zweier Bindungen. Eine Folge dieser ,,niehtldassisehen Doppelbindung" (Ziegler, 1994) ist die nichtplanare Struktur der Disilene, Digermene, Distannene und Diplumbene. Die Bevorzugung gewinkelter (diamagnetischer) Einheiten ER 2 der Homologen des Kohlenstoffs wurde bereits modellhaft am Pa~r CH2/SiH 2 diskutiert (S. 149), sie findet sich in den gefalteten Strukturen ihrer Dimeren P~2E=EI~2 (E = Si, Ge, Sn, Pb) wieder. Eine ahnliche Argumentation wurde urspriinglich von Lappert (1976) vorgestellt, um den Faltungswinkel in seinem Distannen [(Me3Si)2CH]2Sn=Sn[CH(SiMe3)2] 2 zu deuten. Sie bleibt auch giiltig, wenn dem doppelt besetzten nichtbindenden Orbital der ER 2- Einheit etwas p-Charakter beigemischt wird.

Thermische Dissoziation der Disilene in monomere Silyleneinheiten erfolgt nur, wenn ext rem sperrige Subst i tuenten vorliegen. Trotz der sterischen Abschi rmung ist die Si--Si-Bindung in Mes2Si=SiMes 2 in Addi t ionsreakt ionen wesentlich reaktiver als eine typische C=C-Doppe lb indung :

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158 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

H20, 50 ~ I=

Mes2Si-'SiMes 2 R2CO

R-C--~-CH

Wie Alkene (Kap. 15.1) sind auch Disilene zur koordina- tiven Bindung an l~bergangsmetalle bef/ihigt. Hierbei erf/ihrt das Disilen eine Pyramidalisierung an den Si- Atomen unter cis-Faltung sowie eine Aufweitung der Si-Si-Bindungsl/inge, mit d(Si-Si) = 226 pm liegt sie im Komplex (C5H5)2W(Si2Me4) zwischen einer Einfach- und einer Doppelbindung (Berry, 1990).

Me s2Sli--?iMes2

H OH

Mes2Si--SiMes 2 I I

R 2 C -- O

Mes2Sli--~iMe s2

RC=CH

~ Si,,~

R = Si(t-Bu)2Me

In der Tat sind Disilene ,bessere" Liganden als Alkene, indem sie fiber eine gerin- gere HOMO/LUMO-Aufspaltung verffigen (Disilene sind orangegelb, Alkene hinge- gen farblos). Disilene sind, verglichen mit Alkenen, bessere ~-Akzeptoren (Ziegler, 1994), der Donor/Akzeptor-Synergismus (S. 255) ffihrt somit ffir Disilene zu einer st/irkeren UM-Ligand-Bindung.

Der Einbau einer ) S i = S i ( - D o p p e l b i n d u n g in einen Dreiring interessiert wegen des Bezuges zum Kohlenstoffanalogen Cyclopropen. Die Synthese und Kristallstruktur- analyse eines Cyclotrisilen-Derivates gelang Sekiguchi (1999):

R_ ,R

R2SiBr 2 + 2 RSiBr3 20 ~ 3 h S i Fp. 207 ~ R / 214 pm R

Die elektropositiven Silylsubstituenten wirken sterisch abschirmend, verringern aber auch elektronisch die Spannung im dreigliedrigen Ring (Nagase, 1993).

Ebenfalls hochaktuell ist die Charakterisierung des ersten Molekfils mit konjugier- ten Si=Si-Doppelbindtmgen ( Weidenbruch, 1997):

R2Si---SiR2 + 2Li - LiR ~ R2Si~SiRLi

R= ~ -MesLi I MesBr 232 R (235) R

R2Si~SiRLi S i ~ S i 217 R2Si.~-SiRBr > # ,~215)

Gemessen an den entsprechenden (isolier- R2S JR2 ten) Bindungsparametern liegt im Tetra- Fp. 237 ~ silabutadien eine merkliche Verringerung des Kurz-lang-kurz-Musters vor.

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8-.1 Siliciumorganyle 159

Noch schwieriger gestaltet sich naturgemaf~ das Vorhaben einer Synthese von Molekiilen mit Dreifachbindungen des Typs R - C = S i - R (Silin) und R - S i = S i - R (Disilin). In derartigen Fallen bedient man sich gew6hnlich der Erzeugung und des Studiums der fraglichen Spezies in Matrixisolation oder Untersuchungen in der Gasphase. Als einziger Befund zur Existenz einer Si=E-Dreifachbindung war bislang die Beobachtung der Silablausaure HSi=N in Matrixisolation zu nennen (G. Maier, 1994). Problematisch an Molektilen mit -Si=C-Dreifachbindung ist die - quanten- chemisch vorausgesagte - Existenz topochemischer Isomerer und der geringen Akti- vierungsenergie ihrer Umwandlung:

/ H H \ H /C~S i Ea = 25 kJ/mo/ H~C=Si I

$ilin Silyliden

AHber. = - 138 kJ/mol

X=F, Cl

Substituenten wie F, C1 oder OR mit starker Bindung an Si begfinstigen aber das Silinisomere. Die nichtlineare Form des Silins folgt aus quantenchemischen Rech- nungen, die dieser Struktur ein flaches Minimum auf der Energiehyperflache zu- schreiben. Offenbar deutet sich beim Si-Atom bereits die Tendenz an, das s-Valenz- orbital nicht vollstandig in eine sp-Hybridisierung einzubringen. Diese Tendenz kul- miniert beim Pb-Atom im Effekt des ,,inerten s-Elektronenpaars".

Der erste experimentelle Nachweis von Molektilen mit formaler -S i=C-Bindung ge- lang Schwarz (1999) mittels massenspektrometrischer Methoden in der Gasphase:

. ~ S i X 2 - C2H 4 / C ".-t-Si / El = - HX H

Massenauftrennung, Xe-Stoss Neutralisation

X

H / C ~ s i /

Reionisation

Die Verknfipfungssequenz HCSiX folgt aus dem Fragmentierungsmuster, die Technik der Neutralisations-Reionisations-Massenspektrometrie (NR-MS) gestattet die Herleitung einer Lebensdauer im ps-Bereich ftir die Molektlle HC=SiX. Das erste auch im praparativen Maf~stab gewonnene Molektil mit einer -C~-Si-Dreifachbindung k6nnte demnach die Zusammensetzung R-C~Si-OR besitzen, wobei die Gruppen R extrem sperrig sein mtiflten (Apeloig, 1997).

(Me3Si)2HC " 137~..CH(SiMe3) 2 \ Si f "/ i-Pr-- .Si I t~r / 206 ~' \

(Me3Si)2HC pm CH(SiMe3)2

Die Synthese eines sterisch hochabgeschirmten ,Disilins" (Sekiguchi, 2004) vervollstandigt die Reihe der ,Dimetalline" REER (E = C, Si, Ge, Sn, Pb). Die trans-Biegung und die Natur der Si,Si-Mehrfachbindung werden spater verglei- chend diskutiert (S. 200).

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160 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Silylanionen, Silylradikale und Si lyl iumkationen

Silylanionen R3Si- liegen in L6sungen von R3SiLi in ionisierenden Solvenzien vor. Temperaturabh~ingige 1H-NMR-Messungen zeigen, dat3 die Inversionsbarriere fiir die pyramidal gebauten, chiralen Silylanionen RRIR'Si - hoch ist:

Ph3SiSiPh 3 Li, THF _ Li, THF

.~ Li+SiPh3 ~ Ph3SiCI - LiCI

Inversionsbarriere >100kJ/mol

Daher diirfte das aus koordinat ionschemischer Sicht hochinteressante, bislang hypothetische, freie Silolylanion C4SiH 5- im Grundzustand eine nichtaromatische DioleIinstruktur (Cs) ausbilden. In der Tat ist die planare Form (C2v) gem~i6 quan- tenchemischer Rechnungen als Anregungszustand zu betrachten:

147 ]- 140 ]* ~ 1 3 4 ~ ~F'~140

Cs C2v

hwersionsbarriere (berechnet) 68 kJ/mol (Damewood, 1986) bzw. 16 kJ/mol (Schleyer, 1995) Die verglichen mit R3Si geringere hwersionsbarriere l~isst auf eine gewisse aromatische Stabilisierung schlief~en.

Als qS-Ligand liegt der Silolylring allerdings in planarer Form vor (S. 156).

Silylanionen R3Si- sind isoelektronisch zu Phosphanen R3P und besitzen wie diese Ligandeigenschaften:

Ph3SiLi + Ni(CO)4 ~ Li+[Ph3SiNi(CO)3 ]- + CO

t-Bu3SiNa dient zur Synthese von Supersilylderivaten der Hauptgruppenelemente:

EX m + n t-Bu3SiNa ~ (t-Bu3Si)nEXm_ n + n NaC1

EX m = MgBr2, A1Br 3, SiF 4, SiC14, PC13, SC12

Die Schwierigkeit, Tris(supersilyl)elementverbindungen zu synthetisieren, l~if~t dar- auf schliet3en, daft der Kegelwinkel (Tolman, 1977) der Supersilylgruppe grSf~er als 120 ~ ist.

Milde Oxidationsmittel fiberffihren Silanionen in Umkehrung obiger Bildungsglei- chung in die entsprechenden Disilane. Im Falle des Supersilylanions (t-Bu)3Si- ent- steht so ein Disilan mit - verglichen mit der Norm d(Si-Si) --- 234 pm - extrem lan- ger Bindung Si-Si (Wiberg, 1986):

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NO+ BF~. 2 (t-Bu)3SiK Heptan =~ 2 {(t-Bu)3Si ~

8.1 Si l ic iumorganyle

270 (t-Bu)3Si ~'~Si(t-Bu)3

Superdisilan

161

Das leichtere Homologe Hexa(t-butyl)ethan ist tibrigens unbekannt.

Silylradikale R3Si" sind, wie die Silylanionen R3Si- und im Gegensatz zu Kohlen- stoffradikalen R3C" , pyramidal gebaut. In der pyramidalen Struktur yon R3Si" liegt ein Hybridisierungsgrad Si(sp 2+x) vor, d.h. der s-Anteil ist kleiner als 33% (sp2). Hierin spiegelt sich die zunehmende s/p-Separierung und radiale Inkompatibilit~it beim 0bergang auf h6here Homologe einer Gruppe wider, gem~t3 deter der Anteil der ns-Orbitale in den Hybridorbitalen abnimmt. Ferner fiele die Resonanzstabili- sierung eines planaren Tris(aryl)silylradikals

- Q : I e o

aufgrund der ungfinstigen Si(pu),C(pu)-0berlappungsverh~iltnisse gering aus. Schliet3- lich ist die Abstofiung der Substituenten, die ffir Methylradikale R3C" eine planare Struktur fordert (Bickelhaupt, 1996), ftir RaSi'-Radikale wegen der griit3eren Si-C- Bindungslange nur eingeschrankt wirksam. Diese Argumente deuten auch die, ver- glichen mit den R3C'-Analoga , hohe Reaktivitiit der Silylradikale RaSi" bzw. die ge- ringe Neigung yon Hexaaryldisilanen zu homolytischer Spaltung:

Ph3Si-SiPh3 ,7 ~ 2 Ph3Si"

Die Bindungsenergie E(Si-Si) ist zwar geringer als der Wert E(C-C) (vergl. S. 135), jedoch wird die Abstot]ung der Substituenten, die eine Dissoziation fSrdern wiirde, durch die grSt3ere Bindungsliinge d(Si-Si) vermindert. Dissoziation in Silylradikale wurde lediglich ffir das sterisch iiberfrachtete Disilan Mes3Si-SiMes 3 beobachtet ( Neumann, 1984).

Quellen ftir Silylradikale sind u.a die Reaktionen

Me3SiH

Na / Hg b 2 Me3SiX - 2 NaX (Me3Si)2Hg

(t-BuO)2, hv

- (t-BuOH)

hv

HMPA C1 oH8 Me6Si 2 + NaOMe Me3SiNa

- Me3SiOMe - NaCloH 8

Si.

�9 Me ~ M e j 1 1 2 o , ~ ' "Me

Das linear gebaute Bis(trimethylsilyl)quecksilber als Mes3Si'-Ubertr~iger ist vorzfig- lich zur Darstellung anderer Verbindungen mit Silicium-Metall-Bindung geeignet:

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162 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Me3SI--Hg--SiMe 3

2 Li, THF - Hg

DME, Mg

- Hg

~, 2 Me3SiLi

I 0

Me3Si'. ~ "'1

M e3Si*f Mg"~.... 0 /

I Fe(CO)5 ' h v

J," (Me3SI)2Fe(CO)4 - Hg, - C O

Das Bestreben, Silyli,,mlonen R3Si+ als Analoga yon Carbeniumionen R3C+ zu erzeugen, hat zu einer Flut experimenteller und theoretischer Arbeiten nebst beglei- tender kontroverser Diskussion gefiihrt (Lambert, 1995; Reed, 1999). Die bereitwilli- ge Bildung von Silyliumionen in der Gasphase, ihr Studium mittels Massenspektro- metrie sowie die in computero-Reaktion (Cremer, 1995)

RSiH2-H + RCH2+ <__ > RSiH2+ + RCH2-H AH = -240 kJ/mo1-1

sprechen ffir eine relativ hohe thermodynamische Stabilit~it yon Silyliumionen. Die verglichen mit Kohlenstoff geringere Elektronegativitat des Siliciums laBt dies auch plausibel erscheinen. Als weitere Unterscheidungsmerkmale des Paares C/Si sind je- doch der grSt3ere Atomradius und die prinzipielle Verffigbarkeit unbesetzter d-Orbi- tale zu berficksichtigen, die dreifach koordinierten Silyliumionen R3Si+ eine aut3er- ordentlich hohe Lewis-Aciditat sowie, darfiber hinaus, Tendenz zur Ausbildung ftinf- und sechsfach koordinierter Species verleihen. Intramolekularer Stabilisierung des R3Si+-Zentrums dutch c~-standige Gruppen, sei es konjugativ (p~-p~-Wechselwir- kung) oder hyperkonjugativ (a-p~-Wechselwirkung), wird durch die vergleichsweise grofie Bindungsl~nge Si-R entgegengewirkt. Somit kreisen alle Bemtihungen um die Frage:

Wie ,,frei" ist eigentlich ein bestimmtes Silyliumion? (Belzner, 1997).

Ein Standard-Zugangsweg zu Silyliumionen ist die Reaktion:

R3SiH + PhaC+X- ~- R3SiS+X 5- + Ph3CH.

Sowohl LSsungsmittel mit Donoreigenschaften als auch vermeintlich inerte Gegen- ionen ffihren hierbei abet zu Addukten der Koordinationszahl 4 und hSher mit kova- lent gebundenen N- bzw. O-Fhnktionen:

7 + Ph Me

,,so(L. ,yE'-\ z ( Hensen, 1983)

I- 185 \ 174

p. ~..Si--O\ ,,0 n ' C I J o cr"

113.5o p h 105 OI %

( Olah, 1987)

Eine Strategie zur Erzeugung freier Silyiumionen R3Si+ mut3 daher auf der Ver- wendung von L6sungsmitteln und Gegenionen bar jeglicher Nucleophilie sowie auf der Wahl sterisch abschirmender Substituenten R beruhen. Als Kriterien ffir die

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8.1 Sil iciumorganyle 163

Verwirklichung eines ungest6rten Silyliumions werden die Ann/iherung der Bin- dungswinkel am R~Si+-Zentrum, an den Wert C-Si-C = 120 ~ sowie die chemische Verschiebung im 29Si-NMR-Spektrum herangezogen. Quantenchemische Rechnun- gen weisen Silyliumionen in nicht oder/iu6ert schwach koordinierenden L6sungsmit- teln Werte im Bereich 400 > 829Si > 200 ppm zu, w/ihrend Wechselwirkungen mit dem Medium zu drastischen Hochfeldverschiebungen ffihren, 190 > 829Si > -50 ppm (Cremer, 1995). An diesen Mat]st/iben gemessen ist Silyliumionencharakter derzeit in folgenden Verbindungen besonders stark ausgepr/igt:

/ C l CI

/-PraSi+ CBllH6C16- g31Si = 115 ppm <CSiC = 117.2 ~ (Reed, 1996)

/ k

Mes3Si+ B(C6F5) 4- 831Si = 225 ppm (Lambert, 1997)

Die Struktur des Kations im Salz [/-Pr3Si]+[CBllH6C16]- kommt der eines freien Silyliumions schon recht nahe, die 29Si-NMR-Signallage attestiert allerdings selbst hier noch eine vom Carborananion ausgehende Si"" C1-Wechselwirkung.

In jangster Zeit gelangen Synthese und Strukturbestimmung eines Salzes, in wel- chem ein sterisch hoch abgeschirmtes Silyliumkation und ein Carborananion extrem niedriger Nucleophilie vereint sind (Reed, Lambert, 2002).

-Et3Si M e s 3 S i ~ + Et3Si(CBllHMe5Br6) -~ [Mes3Si]+[CBllHMe5Br6]-

Das Trimesitylsilyliumion ist hier trigonal planar gebaut (E < CSiC = 360~ Die chemische Verschiebung 529Si = 226.7 ppm, ermittelt durch Festk6rper-NMR (MAS, S. 440), gleicht dem Wert ffir [Mes3Si][B(C6F5)4] in L6sung. Folglich ist in beiden Aggregatzust/inden vom Vorliegen weitestgehend ungest6rter, ,,freier" Sily- liumionen R3Si+ auszugehen. W/ihrend das Silyliumion-Problem somit gel6st zu sein scheint, ist auf dem Gebiet der entsprechenden Cermylium- und Stannylium- ionen, R3Ge+ bzw. R3Sn+ , noch Arbeit erforderlich.

Die Diskussion des Silyliumproblems ware unvollst/indig ohne Erw/ihnung des Halbsandwichkations [(~5-C5M5)Si]+ (Jutzi, 2004). Wiederum macht der magische Ligand Cp* das Unm6gliche mSglich.

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164 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Nucleophile Substitutionsreaktionen am Silicium verlaufen nach dem Vorstehenden wohl kaum dissoziativ (D, SN1 ) fiber intermediare Silyliumionen. Stattdessen ist ein assoziativer (A, SN2)-Mechanismus anzunehmen:

I s . 2 - s + I .... R- . ! "" ~ .... , R " + X Si ....... R" + Y > R - Si ~ Si

R' y y

R j

(X = gute Abgangsgruppe, d.h. die konjugate Base einer starken S~iure)

Hierffir spricht u.a. die Abhangigkeit der Substitutionsrate von der Natur des an- greifenden Nucleophils Y, die Verlangsamung im Falle elektronenliefernder Gruppen R und die hiiufig beobachtete Inversion.

Eine direkte Ubertragung diagnostiseher Kriterien aus dem Studium von Substitutionsmecha- nismen am C-Atom auf Reaktionen an Si-Zentren ist jedoch unzulassig, denn die bereitwillige Erh6hung der Koordinationszahl am Si-Atom und die Umlagerung trigonal bipyramidaler Zwi- schenstufen durch Pseudorotation entwerten Argumente, die sich etwa auf die Beobachtung von Inversion bzw. Retention der Konfiguration grfinden. So erfolgt rasche Substitution auch an einem Brfickenkopf-Si-Atom, obwohl rtickseitiger nucle- ophiler Angriff verbaut ist (Sommer, 1973):

Cl ,y ~ L - ,,,y ,.,.

+ Y - - - -~ ~ ~ + Cl -

Dieser frontseitige Angriff des Nucleophils wird durch freie d-Orbitale am Si oder antibindende a*-Orbitale der Si-C-Bindungen ermSglicht, die eine Zwischenstufe der KZ 5 stabilisieren, er ist von Retention der Konfiguration begleitet.

Die haufig beobachtete Racemisierung im Verlauf nucleophiler Substitution an Si kann einen dis- soziativen Mechanismus vortauschen. Aus der Racemisierung darf aber nicht auf das intermedi- areVorliegen freier Silyliumionen geschlossen werden, denn ein ftinffach koordiniertes Zwischen- produkt kann durch Umlagerung (Pseudorotation, PR) ebenfalls zu Racemisierung ftihren:

R \ ~ S i ....... X

/ "'R- R'

Inversion Ft X

Y.,, / " ~ y - - Si"" PR > 4,Si y - - $ i , r ....

I \ " ' ." \ + y R' R" R'

R Y R \

R ' . ....... Y I.......x P, \ ~ * - - x _-- s+ y - - S i

i ,~m. R . / l -x m' / \ , " R' R" Retenlion

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8.2 G e r m a n i u m o r g a n y l e 165

8.2 Germaniumorganyle

Als mittleres Element der Gruppe 14, im Zentrum des Periodensystems angesiedelt, weist Germanium die typischen Eigenschaften eines Halbmetalles auf. Lange Zeit blieb das yon Winkler im Jahre 1886 dargestellte Tetraethylgermanium die einzige germaniumorganische Verbindung. Germaniumorganyle haben kaum technische Anwendungen gefunden und so ist das erarbeitete Material bislang vorwiegend von akademischem Interesse. Von den Elementen Si, Ge, Sn und Pb steht Ge in seiner Elektronegativit~it den Elementen H und C am n~tchsten. Die Polaritaten der Bin- dungen Ge-H und Ge-C und damit deren Reaktivit~tten werden daher stark durch Substituenten beeinfluflt.

8.2.1 Ge-Organyle der Koordinationszahl 4

Darstellung Die Direktsynthese ist wie ffir Si auch ftir Ge durchfiihrbar. Die gebildeten Organo- germaniumhalogenide sind Synthone fiir weitere Ge-Organyle:

MeC1 4- Ge/Cu > MenGeC14_ n

Me2GeC12 4- 2 RMgX ~ Me2GeR 2 4- 2 MgXC1

GeC14 4- 4 LiR > R4Ge 4- 4 LiC1

Bereitwilliger als in der Organosiliciumchemie erfolgen ftir Germaniumverbindungen Umverteilungsreaktionen vom Typ:

A1C13 GeC14 4- 3 Bu4Ge ~ 4 Bu3GeC1

120 ~ 4-6 h

sowie Ge-C-Bindungsspaltungen durch X 2 und HX:

Ph4Ge + Br 2

A1C13 R4Ge 4- HC1

SbC15 Me4Ge

- SbC13

Schliefllich sind auch Wurtz-Kupplungsreaktionen geeignet:

GeC14 4- 4 PhBr 4- 8 Na ~ Ph4Ge 4- 4 NaC1 4- 4 NaBr

Ausgehend von GeII-Verbindungen lassen sich Germacyclen erhalten:

12

2---% Gel 2 },,

R R 12 12

Ph3GeBr 4- PhBr

R3GeC1 4- RH

> Me3GeC1 4- Me2GeC12

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166 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Eigenschaften und Reaktionen

Tetraorganogermane R4Ge sind chemisch weitgehend inert, sie werden durch starke Oxidationsmittel, oft nur in Gegenwart von Friedel-Crafts-Katalysatoren, gespalten, was zur Darstellung ternarer und quaternarer Germane dienen kann:

Br 2 RMgX Ar4Ge ~ Ar3GeBr ~ Ar3GeR

Br 2 I~MgX Ar3GeR w Ar2GeRBr w Ar2GeRR ~

Man beachte die selektive Spaltung der Ge-Aren-Bindung (vergl. S. 139). Cyclopen- tadienyl(trimethyl)german zeigt, wie das Si-Analogon (S. 142) in LSsung Bindungs- fluktuation in Form metallotroper 1,2-Verschiebungen:

H

Die Wanderung der Me3Ge-Gruppe entlang der C5-Peripherie erfolgt raseher als die der Me3Si-Gruppe. Da die Bindung C-Ge sehw~eher ist als die Bindung C-Si, weist dieser Befund auf einen ,,frtihen" Ubergangszustand der Germatropie, d.h. einen solchen nahe der Eduktkonfiguration, hin.

Org~opolygermane bilden sich dureh Halogenabspaltung mittels Alkalimetall oder Magnesium:

Li, THF 2 Ph3GeBr ~ Ph3Ge-GePh 3

Li, THF n Me2GeC12 -~ (Me2Ge)n

Elektroreduktion von Bu2GeC12 liefert Polygermane der Molmassen M < 15000 ( Satg~, 1993).

Gut charakterisiert sind die Ringe mit n -- 4,5,6. Unter bestimmten Bedingungen entstehen auch K~ifigverbindungen:

258 GeR y !\G,. I/ e l Germaprisman

RGeCI3 Li, THF. 2 (Sakurai, 1989)

R = (Me3Si)2CH RGe "ueH

Organohalogengermane RnGeX4_ n neigen, wie die entsprechenden Silane, zu Hydro- lyse und Kondensation, allerdings mit abgeschwachter Reaktivitat. Die Bereitschaft von Ph3GeX zur Hydrolyse nimmt zu gem~iB X = F < C1 < Br < I. Sperrig substi- tuierte Germanole sind monomer haltbar: (/-Pr)3GeOH kondensiert erst oberhalb 200 ~ zu dem Germoxan [(/-Pr)3Ge]20. Die verminderte Reaktivitat von R3GeX , verglichen mit R3SiX,. ist u.a. auf einen geringeren Beitrag der Ge(4d)-Orbitale zur Stabilisierung eines Ubergangszustandes der Koordinationszahl 5 zurtickzufiihren (vergl. S. 136). Diese schwache Neigung zu Ge(4d)-Beteiligung ist auch einem Ver- gleich der Bindungswinkel E-O-E in Siloxanen und Germoxanen zu entnehmen:

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8.2 Germaniumorganyle 167

Ph3Si--%~O-SiPh3

180 ~

- - S i : O = S i - / | \

Ph3Ge<~O"GePh3 140 ~

\ _ e ~ O . J ', . ~ _ o / - - G e : - u e . . . . G e ~ e - -

/ \ / \

Si 0 Si ( ~ l Si 0 Si

p~(O) ~ d~(Si) bzw. p~(O) ~ a* ( S i - C)

Organogermane RnGeH4_ n erh~ilt man am bequemsten durch Substitution:

LiA1H 4 RnGeCI4_ n ~ RnGeH4_ n

Aufgrund sehr iihnlicher Elektronegativitaten (Ge 2.0, H 2.1) ist die Polaritiit der Bindung Ge-H gering, entsprechend niedrig ist ihre Reaktivitiit. So ksnnen Organo- germane sogar in wassrigem Medium dargestellt werden:

NaBH4, H20 MeGeBr 3 ~ MeGeH 3

Das Reaktionsverhalten gegenfiber Lithiumorganylen spricht im Falle von Ph3SiH fiir hydridischen (HS-), im Falle von Ph3GeH fiir protischen (H 5+) Wasserstoff:

Ph3Si-H + RLi ~ Ph3Si-R + LiH Metathese

Ph3Ge-H + RLi ~ Ph3Ge-Li + RH Metallierung

Die Bindung Ge-H kann aber durch entsprechende Substituenten an Ge umgepolt werden, was zu unterschiedlichem Reaktionsverhalten ftihrt:

6+ 5- \ I E t3Ge~H + ? C = O H- -C- -OGeEt 3

I ~- 5+ \ I

C13Ge~H + ? C = O C13Ge--C--OH I

Germylether

Germylcarbinol

Die wichtigste Reaktion der Germane RnGeH4_ n bzw. XnGeH4_ n ist die Hydroger- mlerung. Sie wird durch Ubergangsmetallkomplexe oder Radikalstarter katalysiert und verliiuft unter milderen Bedingungen als Hydrosilierungen:

120 ~ Ph3GeH + CH2=CHPh v Ph3GeCH2CH2P h

H2PtC16~ (n-Bu)3GeH + H C - C R v Bu3GeCH=CHR

Besonders additionsfreudig sind Halogengermane: 25 ~ C13GeH

C13GeH + HC-CH ~ CI3GeCH=CH 2 .~ C13GeCH2-CH2GeC13

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168 8 Elementorganyle der Kohlenstof fgruppe (Gruppe 14)

Organogermane eignen sich auch zur Darstellung von Molekiilen mit Germanium- Metall-Bindung:

2 Et3GeH + Et2Hg ~- Et3Ge-Hg-GeEt 3 + 2 EtH

Als weitere Bildungsweisen far Ge-M-Bindungen seien genannt:

Li, THF Ph3Ge-GePh 3 ~ 2 Ph3GeLi

Me3GeBr + NaMn(CO)5 ~ Me3Ge-Mn(CO)5 + NaBr

8.2.2 Ge-Organyle der Koordinationszahlen 3, 2 und 1 und deren Folgeprodukte

Die Chemie der Organogermaniumverbindungen mit niedrigen Koordinationszahlen folgt weitgehend den Verh~tltnissen beim Silicium. Die zunehmende Bevorzugung der Oxidationsstufe EII far die schwereren Elemente der Gruppe 14 ~tufiert sich in der Bildung von G e r m y l e n e n durch cr von MeOH (Satg~, 1973):

A RGeH2(OMe ) ~-- {RGeH} r-- (ROeH)n

- MeOH

Weitere Quellen far Cermylene sind die Reaktionen

Et3Ge--GeEt2CI > {Et2Ge } - Et3GeCI

.V (Et)2

Li, THF Me2GeCI 2 > {Me2Ge }

- LiCI (Me2Ge)6 + (Me2Ge)n

polymer

Ookond. Ge (g) + Me3SiH (g) ~- {Me3SiGeH }

- 196 ~

W~hrend diese einfachen, hochreaktiven Germylene nut fiber Folgereaktionen wie Polymerisation oder Adduktbildung identifizierbar sind, kSnnen sperrig substitu- ierte Germylene bei Raumtemperatur monomer erhalten werden (Lappert, 1976):

2 (Me3Si)2NLi Et20 4- Gasphase

[(Me3Si)2N]2Ge + 2 (Me3Si)2CHLi ~ [(Me3Si)2CH]2Ge LSsung

Jr [(Me3Si)2CH]2Ge=Ce[CH(SiMe3)2] 2 Kristall

Einfache Germylene lassen sich - allerdings nur als thermolabile Solvate - auch an Ubergangsmetalle fixieren (Marks, 1971):

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8.2 Germaniumorganyle 169

THF

Na2[Cr2(CO)10] -6 Me2GeOl 2 ~ Me2Ge-Cr(CO)5 -6 NaC1 - 78 ~

THF -6 NaCr(CO)5C1

Stabilere Komplexe dieser Art werden von Stannylenen R2Sn gebildet.

Unsolvatisierte Germylenkomplexe erhalt man durch Einffihrung sperriger Gruppen am Ge, z.B. [(Me3Si)2CH]2Ge--Cr(CO)5 (Lappert, 1977). Als Brtickenligand bedarf auch das einfache Germylen Me2Ge keiner Basenstabilisierung (Graham, 1968):

65 ~

- H 2 -CO

3 Me2GeH 2 + Fe3(CO)12

Me2 Me 2 pe Ge

/.,,"") 7s (CO)3Fe' Fe(CO) 3

G e ~ 2

Besondere Verh~iltnisse liegen wieder im Falle der Cyclopentadienyl-Germylene vor, die aus GeII-Halogeniden darstellbar sind (Curtis, 1973):

THF, 20 ~ GeBr 2 -6 2 C5H5T1 > (C5H5)2Ge -6 2 T1Br

THF GeC12.Dioxan -6 2 CsMe5Li ~ (CsMe5)2Ge -6 2 LiC1 -6 Dioxan

Monomeres Germanocen (C5H5)2Ge besitzt wie Stannocen und Plumbocen eine ge- winkelte Sandwichstruktur, es bildet wesentlich rascher als seine Sn- und Pb- Analoga Polymere mit verbrfickenden C5H5-Einheiten. Decamethylgermanocen (C5Me5)2Ge spaltet wie auch Decamethylstannocen (S. 188) bei Einwirkung von Tetrafluoroborsaure einen Liganden als Pentamethylcyclopentadien ab und erzeugt das interessante Kation [(CsMes)Ge]+ (Jutzi, 1980):

(Me5C5)2Ge + HBF 4 -Me5C5H

G e +

B ~

(Me5C5)Ge+ist isoelektronisch und isostrukturell mit (C5H5)In (S. 127) und ver- wandten Verbindungen, das Zentralatom E(ns 2) erzielt mit den 6~-Elektronen des Liganden jeweils eine Oktettkonfiguration.

Die Art der Experimente, die zu Germenen, Spezies mit Ge--E(p~-p~)-Bindungen fiihren sollen, gleicht weitgehend entsprechenden Untersuchungen an Silicium (Barton, 1973):

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170 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Et2Ge~,Me C I ~ , , ~ ~CF3

Me ~ "~CF 3 450 ~

i GeEt 2

Et2Ge J

x2 / / M e

l ,2oe oH2}. C c,3 e

X ~ M e , ~ G e Et2

IJberaus reaktiv ist die/~Ge=C/~-Doppelbindung selbst dann, wenn sie Teil eines cyclischen 6~-ElektroneIisystems ist (Miirkl, 1980):

R

t-BuLi, Pentan,RT -t-BuH,-LiBr

..." \ R Br

R

I R

R= t-Bu Germabenzol

R

H / -Ge

R

Wie im Falle des Siliciums gelingt auch ffir Germanium die Stabilisierung von Spe- zies mit /~E=E(cDoppelbindung durch sterische Abschirmung:

. G e A r 2 15 ~ .aj. LiC10H 8 / ~ h~

Ar2GeCI2 DME Ar2Ge/ ,~GeAr2 3 - Methyl " At,.; '~Gt~''~-~-'G~'~Ar ~ 2 Ar2Ge pentan "Ai 221 pm

_• Digermen

Ar = (Masamune, 1984) Kristall L0sung

32~ R

GeCi2(Dioxan ) RMgCI(OEt2) :.~L .~R - R "'~G~--Ge - 2R2Ge "~:~ 235 pm

R = CH(SiMe3) 2 (Lappert, 1984)

Die trans-Faltung der Dimetallene, gemessen durch den Winkel 6, wurde bereits anhand der Disilene (S. 157) diskutiert und auf eine nichtklassische Doppelbindung zurfickgeffihrt.

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8.2 Germaniumorganyle 171

Der trans-Faltung der ,,Dimetallene" entspricht die als trans-Biegung der,,Dimetal- line". In der Tat beschrieb Power (2002) ein Germanium-Analogon der Alkine, welches stark von der Linearit/~t abweicht:

Dipp

2 ~ G e C I

Dipp

K, C6H6 - KCI

Dipp

d(Ge-Ge) = 228 pm

Dipp. Ge~G/e' \Dipp ~ GeGeC = 129 ~ Dipp = 2,6-(/-Pr)2-C6H 3

Dipp

Die Bindungsordnung in den ,,Dimetallinen" der Gruppe 14 wird nach Vorstellung der entsprechenden Bleiverbindung RPbPbR vergleichend erl/iutert (S. 199).

Den Carbinkomplexen (S. 324) entspricht der Germylldin(RGe)-Komplex (TIs-C5H5)(CO)2Mo-GeC6H3-2,6-Mes2 (Power, 1996). Mo,Ge-Dreifachbindungs- charakter wird durch die Abstandsverkiirzung von 262 pm (Mo-Ge, Referenz) auf 227 pm (Mo-Ge, hier) angezeigt.

Germylanionen R3Ge- bilden sich aus Organogermyl-Alkalimetallverbindungen in ionisierenden LSsungsmitteln wie Hexamethylphosphors/iuretrisamid (HMPA) oder NH3(g), sie k6nnen zur Kniipfung von Ge-Metall-Bindungen dienen:

Et3Ge--GeEt 3 K HMPA K +

' ; 2 + 2 , , , , G e ~ Et'" ~ Et

Et

Na, NH 3 (I) Me3SnBr Ph4Ge ~ Na + + Ph3Ge- ~ Ph3GemSnMe 3

- 40 ~

Die Erzeugung von Organogermylradikalen P,.3Ge" erfolgt, da nur sterisch iiberla- dene Digermane Ar3GeGeAr 3 homolytischer Spaltung unterliegt, allgemeiner ge-

t _ B u 2 0 2 h=, m 2 t - B u O -

(R3Ge)2Hg

m~t3 R3GeH, - 70 ~

_t_BuOH I ( ~

hi, R -Hg

Diese Ge-zentrierten Radikale k6nnen fiber die Hyperfeinaufspaltung durch den Kern 73Ge (7.6%, I = 9/2) EPR-spektroskopisch identifiziert werden. Der Betrag der Hyperfeinkopplungs- konstanten a(73Ge) deutet auf pyramidale Struktur der Radikale R3Ge" hin. Diese SchluBfolge- rung beruht darauf, daft isotrope EPR-Kopplungskonstanten zum s-Charakter des einfach besetzten Orbitals proportional sind. Somit liefert das EPR-Spektrum einen Hinweis auf den Hybridisierungszustand am Radikalzentrum.

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172 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Ein unabhiingiger Befund, aus dem die Nichtplanarit~tt der Radikale R3Ge" folgt, ist die Erhal- tung der Konfiguration bei der radikalischen Chlorierung chiraler Germane (Sakurai, 1971):

Naph Naph

I I t -Bu202 G -It

Ph ....... G ' ~ H + CCI 4 I~ Ph ....... e ~ c i + CHCI3 80 ~ 11 h 1

Me Me

In die gleiche Richtung deuten Experimente mit chiralen Silanen.

Die Problematik der Erzeugung freier Germylinmlonen Re3Ge+ in kondensierter Phase gleicht dem Fall der Silyliumionen. Eine Besonderheit unter den MetMlylium- ionen R3M+ der Gruppe 14 ist abet die Synthese eines Cyclotrigermyliumions R3Ge3 +, in welchem Germyliumcharakter sozusagen in verdfinnter Form vorliegt ( Sekiguchi, 1997):

R~, ...R R :Ge . _

THF / ~ Ph3C BPh4 GG/(~Ge--~e BPh4" 2 RNa + GeCI2-Dioxan _ 70 ~ . G e ~ ' G e " R = t-Bu3Si (TMS ~ R" XR R 232 R

Das Cyclotrigermyliumion R3Ge3 +, ein 2~-Elektronensystem, ist isoelektronisch zum aromatischen Cyclopropeniumion sowie zum Cyclotrigallandianion (S. 132):

R R R

R G ( ~ k G a R R C / G ~ C R RG(GkGeR

Resonanzenergie: 247 134 kJ mo1-1 (berechnet, QC)

Im Kristall zeigt das R3Ge3+-Kation keinerlei Wechselwirkung mit dem Gegenion, sicher auch eine Folge der DelokMisation der positiven Ladung fiber drei Zentren.

8.3 Zinnorganyle

Vielfiiltige AnwendungsmSgliehkeiten ftir Organozinnverbindungen in der Teehnik sowie in der Synthese haben eine intensive Erforschung dieses Gebietes der Metall- organik bewirkt. Charakteristisch ffir Organozinnderivate ist vor allem die, ver- glichen mit den leichteren Gruppenhomologen Ge und Si, reichere Strukturchemie. Dies ist auf die im Falle des Zinns grSfiere Vielfalt der realisierbaren Koordinations- zahlen zurfickzuffihren. So basieren zwei Merkmale der Organozinnchemie, die Asso- ziation von Verbindungen RnSnX4_ n fiber Sn/X\Sn-Brf icken und die Ionisierung in Donorsolvenzien unter Bildung solvatisierter Stannoniumionen [RnSn(solv)](4-n)+ , auf der bereitwilligen Uberschreitung der Koordinationszahl 4. Ein weiterer typi- scher Aspekt ist die Reaktionsf~ihigkeit von Sn-C-Bindungen, in denen C a Teil eines ungesiittigten Systems ist (z.B. Sn-Vinyl, Sn-Phenyl).

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EXKURS 6: 119Sn_M66bauer und 119Sn_NMR,Spektroskopi e 173

EXKURS 6: 119Sn-M66bauer- und 119Sn-NMR-Spektroskopie Neben den Standardmethoden der Instrumentalanalyse und der R6ntgenbeugung sind auch diese spezielleren Techniken zur L6sung von Strukturproblemen in der Organozinnchemie ge- eignet. W/ihrend llgSn-NMR bevorzugt auf Spezies in L6sung angewandt wird, bew/ihrt sich die llgsn-M6i]bauer-Spektroskopie besonders dann, wenn kristallines Material ffir R6ntgen- strukturbestimmungen nicht zur Verfiigung steht.

Der M6fibauer-Effekt beruht auf der rtickstoflfreien Emission und Resonanzabsorption von ~- Strahlen. Ein M66bauer-Spektrum liefert die Parameter Isomerieverschiebung IS und Quadru- polaufspalttmg QS. Atomkerne besitzen in ihren Grund- und Anregungszust/inden des Kern- spins unterschiedliche Radien und daher unterschiedliche elektrostatische Wechselwirkung mit den umgebenden s-Elektronen. Die Energiedifferenz zwischen Grund- und Anregungszustand wird daher durch die s-Elektronendichte am Kernort beeinfluflt. Daher liefert ein Vergleich dieser Energiedifferenzen ftir Nuklide - z.B. ll9Sn - die sich in unterschiedlichen chemischen Umgebungen befinden, Auskfinfte fiber die jeweilige s-Elektronendichte. Unterschiede in den Anregungsenergien zwischen Probe und Standard (SnO2) werden als Isomerieverschiebung IS bezeichnet und aus met]technischen Griinden in mm s -I angegeben, wobei eine positive IS er- h6hte s-Elektronendichte bedeutet. Ist der Kernspin des betreffenden Nuklides im Grund- und/oder im Anregungszustand gr6fier als 1/2, so ffihren Abweichungen der elektronischen Umgebung des Kerns von kubischer, okta- edrischer oder tetraedrischer Symmetrie zu einer Aufspaltung des M66bauer-Signals. Diese Quadrupolaufspaltung QS birgt weitere Strukturinformationen. Aus der Sicht der Organoelementchemie sind neben ll9Sn als weitere, fiir die M6fibauerspektro- skopie geeignete Kerne 57Fe, 99Ru, 121Sb, 125Te, 129I, 193Ir und 197Au zu nennen.

Die Isomerieversehiebungen IS der llgSn-M6flbauer-Svektren fiberstreichen einen Bereich von 4- 5 mm s -1 [typische Werte: Sn TM -0.5 bis 1.8 mm s t, SnII 2.5 bis 4.3 mm s-l]. An folgenden Beispielen sei das Ansprechen der Isomerieverschiebung auf _~nderung in der Sn-Umgebung aufgezeigt:

IS mm s 1 Variation

[n-BuSnFs]2- 0.27 [n-BuSnC15]2- 1.03 eines Liganden [n-BuSnBr5] 2- 1.38

Ph4Sn 1.15 n-Bu4Sn 1.35 der Oxidationsstufe Ph3Sn- 2.00 Cp2Sn 3.74

cis-Me2Sn(ox)2 0.88 der Geometrie trans-Me2Sn(acac)2 1.18

Die Quadrupolaufspaltung QS spiegelt die Stereochemie um das Sn-Atom wider. So l/it]t sich mittels QS zwischen isomeren Formen unterscheiden (Bancroft, 1972):

QS (mm s -1)

X R R X I,,.R I,,,R X,,, I,,,X X,,, I,,,R

X--Sd~R R--~r~,~ R x ' I n ' x x ' ~ n ' R X X R X

trans cis trans cis 3.0-4.0 1.7-2.4 3.8-4.2 1.7-2.1

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174 8 Elementorgany le der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)-

Da solche Umgebungen auch in assoziierten Organozinnderivaten R3SnX und R2SnX 2 vorkom- men, kann die Struktur dieser Verbindungen im festen Zustand bequem mittels ll9Sn- M5flbauer-Spektroskopie studiert werden (vergl. S. 179, 185). Trotz des Vordringens von Festk6rper-NMR- und Beugungsmethoden beh/ilt die M6t]bauer- Spektroskopie ihre Bedeutung in der Gewinnung von Strukturinformationen an amorphen Pro- ben sowie in der Ermittlung der Oxidationszahl. In llgSn-NMR-Spektren von OrganozinnIV-Verbindungen werden, relativ zum Standard (CH3)4Sn , ehemlsehe Versehlebtmgen 5 zwischen +800 ppm (niedriges Feld bzw. hohe Fre- quenz) und -600 ppm (hohes Feld bzw. niedrige Frequenz) beobachtet. Wesentlich gr6fler ist der Verschiebungsbereich ftir SnII-Verbindungen. In der Tat finden sich dort die Extrema der bislang beobachteten 5119Sn-Werte. Die folgende Aufstellung illustriert einige Trends:

8119Sn/ppm

Me3SnCH2C1 +4 (~I-C5H5)4SnIV -26 Me3SnCHC12 +33 (~]5-C5Hs)2SnII -2200 Me3SnCC13 +85 [(~IS-CsMe5)SnII]+BF4 - -2247

[(Me3Si)2CH]2SnII +2328

Me4Sn 0 Me3SnH -104 Ph2SnMe 2 -60 Me2SnH 2 -224 Ph3SnLi -110 MeSnH 3 -346 Ph4Sn -137 (H2C=CH)4Sn -157 [Me3Sn(bipy)]BPh 4 -18 Me2Sn(acac)2 -366 Me3SnCl.py +25

Mes3Sn+B(C6F5) 4- +806

MeSnC13 +21 MeSnBr 3 -165 MeSnI 3 -600

Die starke Verschiebung nach tiefem Feld im ll9Sn-NMR-Spektrum der Verbindung [Mes3Sn]+[B(C6Fs)4]- ist der bislang tiberzeugendste Befund zur Existenz eines freien, unsol- vatisierten Stannyliumions R3Sn+ (Lambert~ 1999). Eine wichtige Anwendung der 119Sn-NMR-Spektroskopie besteht im Studium yon Assoziations- vorgi~ngen in LSsung, bei denen die Koordinationszahl am Sn zunimmt. Der ~Ibergang von KZ 4 auf KZ 5 bzw. KZ 6 ist yon einer starken Hochfeldverschiebung begleitet, die sich diagnostisch einsetzen l/il3t.

Als Beispiel diene das Monomer/Polymer-Gleichgewicht ftir Trimethylzinnformiat:

Konz.in CDC13: 8119Sn: Struktur:

J Me"

H I

0/C%0

I Sn

.... " ,Me \

Me

0.05 M + 152 ppm monomer

Me Me

I . I / 0 ~ Sn O"/"C"~'O - Sn ~ 0 /

/ \ / \ M e M e M e M e

2.5 M + 2.5 ppm polymer

In inerten Komplexen mit hoher Koordinationszahl wie Me2Sn(acac)2 (KZ 6) ist die chemische Verschiebung hingegen nicht konzentrationsabh/i~gig. Die skalare Kopplung 1j(llgSn~13C) wird durch die Ferm/-Kontaktwechselwirkung vermittelt, sie korreliert demgem~iB mit dem s-Charakter der Sn-C-Bindung. Die Abstufung

Page 41: Fehlzeiten-Report 2008 || Der Nutzen des betrieblichen Gesundheitsmanagements aus der Sicht von Unternehmen

8.3 Zinnorganyle 175

Me4Sn Me3SnC1 Me2SnC12 MeSnC13 j(119Sn,13C) -338 -380 -468 -472 Hz

illustriert die in der Hauptgruppenelementchemie universell anwendbare Bentsche Regel: Mit zunehmender Polarit~it einer Bindung E~+-X (f- steigt der p-Charakter der Bindungsorbitale von E und sinkt deren s-Charakter. Demgemag zeigen Molektile EX2Y 2 eine Abstufung der Bindungswinkel XEX < YEY wenn X elektronegativer als Y ist. In der Reihe MenSnC14_ n nimmt die Kopplungskonstante 1j(llgsn,13C) mit abnehmendem n zu, weil in den Bindungen zum elektronegativeren C1-Atom Sn(p)-Charakter dominiert, in den Bindungen zum elektropositiveren C-Atom hingegen Sn(s)-Charakter. Eine qualitative Deu- tung der Bentschen Regel gab Pauling (1969), Problem�9 bei deren Anwendung auf Uber- gangsmetallverbindungen erlt~utert Kaupp (1999); vergl, auch Kap. 13.2.1.

8.3.1 Sn-Organyle der Koordinationszahlen 6, 5 und 4

Darstellung, Strukturen und Eigenschaften pF,

4 R3A1 + 4 NaC1 + 3 SnC14 > 3 R4Sn + 4 NaAIC14 [ ~

THF 4 CH2=CH-MgBr + SnC14 .~ (CH2=CH)4Sn + 4 MgBrC1 [-~

Verbindungen, die fiber ein gewisses Marl an CH-Aciditt~t verffigen, lassen sich mit- tels Organozinnamiden metallieren:

Me3SnNMe 2 + HC-CPh .~ Me3SnC-CPh + Me2NH [ ]

Die Einffihrung von R3Sn-Gruppen gelingt auch nucleophil in Form von Organo- stannylanionen:

RC6H4Br Me3SnC1 + 2 Na ~ Me3SnNa ~ RC6H4SnMe 3

-NaC1 0 ~ R -- CN, Acyl, OAc

ktinnen Pd-katalysiert oder radikalisch geffihrt werden: [~] Hydrostannierungen

Pd(PPh3) 4 RtCH=CH2 + R3SnH THF ~ R~CH2CH2SnR3

H H H COOR

HC---~C--COOR + R'3SnH AIBN- i~:~C + n ~ H R'aSr OOR R'3S

In letzterem Falle entstehen allerdings hiiufig E/Z-Isomerengemische. Gemischt-sub- stituierte Zinnorganylefinden breite Anwendung inder Stille-Kupplung (Kap. 18.2.4).

R3Sn-Cyclopentadienyle besitzen, wie auch die entsprechenden Si- und Ge-Verbin- dungen, in L6sung fluktuierende Struktur. Derartige re�9149 1,2-Verschiebun- gen wurden auch ffir gr6rere Ringe nachgewiesen:

H ,=SnR3 H~;_~R3 / ~ "~ R = Alkyl, Aryl

Cyclopentadienyl

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176 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Die Fahigkeit des Zinns zur Ausbildung hypervalenter Spezies wie SnC162- mani- festiert sich auch in seiner Organometallchemie. So sprechen 13C- und ll9Sn-NMR- Befunde ftir die Bildung von ,,at"-Komplexen (Reich, 1986):

(CH3)4Sn + LiCH 3 ~ Li+[Sn(CH3)5]-

Dabei unterliegt das zu Pentamethylstiboran Me5Sb isoelektronische, trigonal bi- pyramidale Pentamethylstannation [Sn(CH3)5]- raschem Austausch der axialen und equatorialen Methylgruppen (Pseudorotation).

Die Organostannane R4Sn sind gegentiber dem Angriff yon 0 2 und H20 inert sowie meist auch thermisch belastbar. Me4Sn zerf~illt erst oberhalb 400 ~ labiler sind Zinnorganyle mit ungesittigten Resten, was sich pr~iparativ ausnfitzen l~if~t:

(CH2=CH)4Sn + 4 LiPh ~ 4 CH2=CHLi + Ph4Sn ~ ]

Die Thiophilie des Zinns iiu~ert sich in der Reaktion von Ph4Sn mit Schwefel, bei der gewellte Sechsringe (Ph2SnS)3 gebildet werden:

Ph2

3Ph4Sn + 6S ~ ~ i + 3Ph2S 200 ~

Organoz|nnhalogenide RnSnX4_ n entstehen durch Spaltung von Sn-O-Bindungen mittels Halogenwasserstoff oder Dihalogen.

Me4Sn 4- HX ~ Me3SnX + MeH

X2 X2 Me4Sn m Me3SnX ~ Me2SnX 2

-MeX -MeX

Diese Reaktion wird vermutlich durch einen Elektronentransferschritt (ET) eingelei- tet, sie stellt ein Modell ftir andere M-C-Spaltungen der Organometallchemie dar ( Koehi, 1980):

ET R4Sn + X 2 ~ [R4Sn+. X2 :] ~ [R" R3Sn + X2- ] .~ R3SnX + RX

Weitere Darstellungsmethoden ftir Organozinnhalogenide:

200-300 ~ Sn/Cu 4- 2 MeC1 ~ M e 2 S n C 1 2 (Direktverfahren)

Kat. SbCl3 SnC12 4- RC1 v RSnC13 (Oxidative Addition)

0-20 ~ 180 ~ R4Sn 4- SnC14 rasch~-- R3SnC1 4- RSnC13 langs ~-am 2 R2SnC12 ~ ' ]

Et20 R2C=CHCOOR' SnC12 4- HC1 ~ HSnC13.Et20 -~ C13SnCR2CH2COOR'[8 ]

(Hydrostannierung)

Organozinnhalogenide ermSglichen die Darstellung gemischt-substituierter Organo- stannane R2SnR~, R3SnR' etc. Strukturell neigen Organozinnhalogenide, -pseudo- halogenide und -carboxylate zur Assoziation unter Ausbildung von ~-Donorbrticken:

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8.3 Z inno rgany le 177

F \ / M e

Me ,,,,,,, Sn

Me / \2 ~0 F

Me / 2 4 0 ~ Sn ' " " " Me

141~ F~ ~ M e

Me ,,, ,~n / Me

/ \ Me F

/ Me38nF (Zers. 360 ~ vor Errei- chung des Fp.) bildet Ketten aus trans-eckenverknfip ften trigonalen Bipyramiden mit unsymmetrischen Brficken Sn-F-Sn (Trotter, 1964). Wesentlich schw~cher sind die Brficken Sn-C1-Sn in festem M%SnCI (Pp.: 37 ~ Kp.: 152 ~ dessen Struktur mittels M6fibauer- Spektroskopie untersucht wurde.

T F T ,~ T ,,~ F-- s. ' '" F - - s."" F - - S."" ~

T ,,,,,s T ....... T ...... F ~-.S n" F ----~Sn'" F -~Sn-- F

d ( S n - F ) = 2 1 2 pm ~ - -CH3

Me2SnF 2 (Zers. 400 ~ vor Fp.) kristallisiert wie SnF 4 in einer Netzstruktur, wobei jeweils zwei axiale Methylgruppen und vier equatoriale, ver- brtickende Fluoridionen am Sn-Atom die KZ 6 erzeugen (Schlemper, 1966).

C. P ~ , c l , , ~ .c, ~ . c t " - . / . - ' " ':.Sd':]. " ' - . / . - "

......... -'..'.Sn?': ............... ".:.:" I "" . .............. .:. .'.. S n ": .': ........... c,~O~, "c, " ~ ""c,~" ; , 'c ,

cI (Sn-C)= 221 pm

Me2SnCI 2 (Fp. 106 ~ Kp. 190 ~ hingegen bildet im Kristall Zickzackketten aus stark ver- zerrten, kantenverkntipften Oktaedern mit schwachen Chloridbrticken (Davis, 1970).

Ein Vergleich der Strukturdaten far Me3GeCN(s ) und Me3SnCN(s ) demonstriert die grSt3ere Bereitschaft des Zinns zur Erweiterung der Koordinationssphare (Schlem- per, 1966):

Me Me Me Me 115~162 198 357 \ - "1 1 2 0 o f ] 2 4 9 _ .2491 ~ - - N

�9 .~-.Ge-- C ~ N I ............... Ge--G~--N . . . . . . . / '-'S n - c -~=N- b n - ~'-~" 2" / Me] Met ~ : \ ' \ Me Me Me Me Me Me

Me3GeCN KZ(Ge) = 4 Me3SnCN KZ(Sn) = 5 gestauchte Tetraeder trigonale Bipyramiden

Eine noch gr6t3ere Neigung zu h6heren Koordinationszahlen hat das Blei, indem bereits Ph2PbC12 - im Gegensatz zu Me2SnC12 - im Kristall die Koordinationszahl 6 aufweist (Ketten aus kantenverknfipften Oktaedern, symmetrische Bracken Pb-C1-Pb). Somit wird die Realisierung einer h6heren Koordinationszahl mit zu- nehmender Ordnungszahl des Zentralatoms und mit zunehmender Elektronegati- vitat der Liganden bevorzugt. Die Assoziationstendenz ist daffir verantwortlich, dab chirale Tris(organo)zinnhalogenide in LSsung, im Gegensatz zu entsprechenden Verbindungen von C, Si und Ce, rasch racemisieren:

H R R R CI

\ / ~ . J I . \ s / ....... R" R ....... " * CI S ~ ....... R" R .~f ~ ~ C I ~ S '" " ~ C I

R' R" R' R'

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178 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Folgereaktionen der Organozinnhalogenide erschliet]en viele neue Substanzklassen:

R3SnC5H5 _ ~ R3SnR' / R 3 S n H

NaCsH5 ~ R'Li /

NaMn(CO) 5 ", ,. R'OH,R3N R3SnMn(CO) 5 q R3SnCI ~ R3SnOR'

2R3SnNa ~Na R3SnSnR 3,~ ~ k R3SnOH R3SnNR ~ R3SnOSnR 3

\ Die Hydrolyse der 7 Sn-Cl-Bindung in saurer L6sung fiihrt unter Erhaltung der Sn-C-Bindungen zun/ichst zu hydratisierten Stnnnyli.mlonen, die mit groflen Anionen gef/illt werden kSnnen:

H30+aq Me3SnCl ~ [Me3Sn(OH2)2]+BPh4 -

NaBPh 4 trigonal bipyramidal, H20 auf axialen Positionen

In wassrig alkalischem Medium entstehen aus Organozinnhalogeniden die entspre- chenden Organozlnnhydroxide, deren Kondensationsneigung mit abnehmendem A1- kylierungsgrad zunimmt:

OH-/H20 Na,C6H6 /O \ H20 R3SnC1 vR3SnOH v R3Sn/ \ S n R 3 v 2 R3SnOH

2x Stannoxan, Stannanol,

L6sung: dimer Organozinn- Organozinn- Feststoff: polymer oxid hydroxid

R2SnCI 2 O H'-/H20

R2Sn(OH)2 ~ (R2SnO)n'11" "-!

isolierbar Polyslannoxane furR=t-Bu 4J,

R R R R R R ~E ~E ~ 2 - - S n - - O - - S n - - O - - S n - -

- - O--Sn~O--Sn~O-- 4% 4%

R R R R

O H - [R2s.(o.)412- H2SO4

R2SnSO 4

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8.3 Zinnorganyle 179

OH-/H20 RSnCl 3 ~ { RSn(OH)3} - (RSnOOH) n

Stannons/iure vernetzt, polymer

Der amphotere Charakter der Stannoxane steht in deutlichem Gegensatz zur inerten Natur der Siloxane, die sich in den Materialeigenschaften der Silicone/iuflert. Die Doppelkettenstruktur der Polystannoxane folgt aus ll9Sn-M&flbauer-Spektren.

Organozinnalkoxide k6nnen unter Verwendung einer Hilfsbase dargestellt werden:

R3SnX -4- R'OH -t- Et3N ~ R3SnOR' -4- [Et3NH]+X-

oder via Umalkoxylierung:

(R3Sn)20 + 2 R'OH ~ R3SnOR ~ + H20 - H20

.~hnlich erfolgt auch die Synthese eines Bis(acetylacetonates) der Koordinationszahl 6 am Zinn:

R2Sn(OMe)2 + 2 acacH -~ trans-R2Sn(acac)2 -4- 2 MeOH

Organozinvnmlde sind nicht durch Ammonolyse von R3SnC1 , sondern nur durch nucleophile Substitution mittels Amid zu gewinnen:

R3SnC1 + LiNR~2 w R3SnNR~2 -t- LiC1

NH3(g) Bu3SnPh + KNH 2 ~ Bu3SnNH 2 + PhK

Organozinnamide haben Anwendung in der organischen Synthese gefunden:

(Bu3Sn)2NEt

Bu3SnNEt 2

~ :O

cI ~ (Bu3Sn)20 + ~ ~ N / E t

NEt2 o

== 8u3SnCI + 0

Organozinnhydride sind neben den Halogeniden die vielseitigsten Reagenzien. Sie sind aus letzteren bequem zug/inglich:

LiA1H 4, Et20 RnSnX4_ n ~, RnSnH4_ n

Organozinnoxide oder -alkoxide und NaBH 4 oder Natriumamalgam als Reduktions- mittel sind ebenfalls geeignet. Die Alkylstannane RnSnH4_ n werden mit zunehmen- dem Alkylierungsgrad stabiler: W/~hrend SnH 4 bei Raumtemperatur langsam zer- f/ilk, ist Me3SnH unter Luftausschlufl unbegrenzt haltbar.

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180 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Als wichtigste Reaktionen der Organozinnhydride sind zu nennen:

\ \ Hydrostannierung - -Sn--H + A-~B -~ -- Sn - -A - -B~H / /

\ \ Hydrostannolyse --Sn--H + X--Y ~ -- Sn--Y + / /

\ Kat ~Sn_Sn/__ + dehydrierende Kupplung ~Sn--H + H--Sn~- ~ / \

HX

H 2

Die Hydrostnnnlerung (van der Kerk, 1956) dient der Knfipfung neuer Sn-C-Bin- dungen, sie kann als 1,2 oder als 1,4-Addition erfolgen:

H2C---CHPh I

D Ph3SnCH2CH2Ph I 80 - 100 ~

Ph3SnH I

I HC~CPh Ph3Sn\ /Ph H\ /Ph �9 C ~ C A. / C - - C \

'))) "8~ H / \ H Ph3Sn H Z E

80Heptan~ (n-Bu)2SnH2 + ~ / / / , ~ = Stannepin

Bu2

Unter diesen milden Bedingungen und in Abwesenheit von Katalysatoren (Lewis- Sauren und Radikalbildnern) werden polare Doppelbindungen wie C=O und C=N nicht angegriffen. Daher eignen sich Hydrostannierungen zur chemoselektiven Hy- drierung aktivierter C--C-Doppelbindungen (Keinan, 1982):

1 Kat (Ph3P)4Pd, O THF, 20 ~ Ph--CH2"--CH2--C\//O ,,-/

P h ~ C H ' - - C H - - C \ 4- ( n - B u ) 3 S n H ~. H 2. H20 99% H

Man vergleiche das komp]ement~re Ergebnis der Hydrobor ierung des Zimta|dehyds (S. 89).

1,4-Addition an konjugierte Diene erfolgt in Gegenwart des Initiators Azoisobutyro- nitril (AIBN):

AIBN Et3SnH + CH2=CH-CH=CH 2 ~ Et3SnCH2-CH=CH-CH 3

Durch Wahl der Reaktionsbedingungen l~it3t sich Regioselektivitat erzielen:

AIBN R3SnCH2-CH2-C--N

R3SnH + CH2=CH-C-N- - unkatalysiert

CH3CH(SnR3)-C-N

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8.3 Zinnorganyle 181

Gegenfiber der Hydroborierung und der Hydrosilierung zeichnet sich die Hydro- stannierung durch ihre mechanistische Vielfalt aus (Neumann, 1965). Die relative Schwache und die geringe Polaritat der Sn-H-Bindung erSffnet sowohl

�9 radlkalische Reaktionswege: AIBN Ms Initiator und/oder UV-Bestrahlung, eingeleitet durch die Homolyse der Bindung R3Sn-H , als auch

�9 ttydridfibertragtmgsprozesse" Reaktionsmedium hoher Polaritat, Lewis-Siiure-Katalyse durch ZnC12, SiO2, Reaktionspartner hoher Elektrophilie, gefSrdert durch Polarisierung der entsprechenden Mehrfachbindung.

Auch die Hydrostannolyse kann nach homolytischem oder nach heterolytischem Me- chanismus ablaufen. Die geringe Polaritat der Sn-H-Bindung bewirkt, daft Organo- zinnhydride, je nach der Natur des angreifenden Agens, als Spender fiir H-, H + oder H" fungieren kSnnen:

R3Sn-H + MeCOOH

4 R3Sn-H + Ti(NR'2) 4

2 R3Sn-H + R'2Hg

R3SnOOCMe + H 2

(R3Sn)4Ti + 4 HNR' 2

(R3Sn)2Hg + 2 R'H

-Hg / R--Me,-10~ /

R = Ph, +100 ~ R6Sn 2

R3SnH als H- -Spender

H+ -Spender

H" -Spender

, 5 �9 S r ~ Bu3SnH ~ + ~ +

UV oder AIBN RT AT

7% 78% Spur exo- endo-

( Walling, 1966)

Ein Anwendungsbeispiel ist die selektive Reduktion geminater Dihalogenide in Gegenwart anderer empfindlicher Gruppen (Kuivila, 1966):

Me 2 Br 2 h,, Me2 H h,, Me 2 H 2

Befinden sich das Halogenatom und die C=C-Doppelbindung in geeignetem r~um- lichem Abstand, so laufen radikalische Cyelislerungen ab, wobei die Bildung vom Ffinfringen dominiert:

Die homolytische Variante der Hydrostannolyse stellt eine der bequemsten Metho- den fiir die Uberfiihrung R-X ~ R-H dar; sie erfolgt als Radikalkettenreaktion:

hv oder AIBN RI3Sn-H ~. RI3Sn �9 + H" (Start)

R'3Sn" + RX ~ R'3SnX + R"

R" + R'3SnH ~ RH + R'3Sn"

Reaktivit~t: RI > RBr > RCI >> RF

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182 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Substituenten an C5 begfinstigen endo- zu Lasten der exo-Cyclisierung. Daneben sind aber auch grSflere Ringe sowie Heterocyclen fiber diese Organozinnroute zu- giinglich. Vielseitigkeit und die MSglichkeit stereochemischer Steuerung (Beckwith, 1980) haben Organozinnreagentien zu breiter Anwendung in der organischen Syn- these verholfen.

Organopolystannane interessieren u.a. bezfiglich der Neigung der Hauptgruppenele- mente, homonukleare Ketten zu bilden. Diese Catenierungstendenz nimmt in der Gruppe 14 mit zunehmender Ordnungszahl zwar ab, jedoch sind im Falle des Zinns noch zahlreiche Spezies linearer, verzweigter und cyclischer Struktur bekannt. Es ist hierzuallerdings erforderlich, die schwache Sn-Sn-Bindung [D(Sn-Sn) = 151 kJ/mol, vergl. D(Si-Si) -- 340 kJ/mol)] durch Alkylierung oder Arylierung abzuschirmen. Im Falle der unsubstituierten Stannane liegen fiber Sn2H 6 hinaus keine sicheren Be- funde vor. Die Darstellung von Orgauooligostannanen hingegen gelingt durch Wurtz-Kupplung:

Na Na Me3SnBr ~ Me3Sn-SnMe 3

iH3(t)

Na Me2SnC12 ~- (Me2Sn)6 +

NH3(g) Dodecamethyl- cyclohexastannan

NaC 1 0H8

THF Ph2SnCI 2

2 Na + + 2 Me3Sn-

I SnC14

Sn(SnMe3) 4

C1Me2Sn(SnMe2)nSnMe2C1

Kettenlgnge vaxiiert, je nach Reaktionsbedingungen, n ~ 12.

Ph 2 Ph2/Sn Ph2 Sn--Sn / d(Sn-Sn) = 277 pm

/4,/Sn--Sn vergl, graues Zinn: d(Sn-Sn) = 281 pm

Sn Ph2 Ph2 (Drdger, 1983) Ph 2

In derartigen Cyclooligomerisierungen begtinstigen tiefe Reaktionstemperaturen und sperrige Arylgruppen die Bildung kleiner Ringe:

LiC10Hs Ar2SnCI2 78 ~ "

Af 2 Sn

AJ\ . 200 ~

337 .Sn_285

A r 2 S n ~ I /~/S_ nAt2

Stanna-Propellan

Ar S n ~ S n A r

At^ / I _ /

,,s'. / Ar

Stanna-Cuban

( Masamune, 1983)

( Sita, 1989)

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8.3 Zinnorganyle 183

Ferner eignet sich die Thermolyse yon Organozlnnhydriden:

Kat. DMF oder Pyridin Ar2SnH 2 ~. (Ar2Sn)5 + (Ar2Sn) 6

- H 2 A, Pd(PPh3) 4

2 R3Sn-SnR2H ~ R3Sn(R2Sn)2SnR 3 Kat. Amine

sowie die Hydrostannolyse: 20 ~ / SnMe3

RSnH 3 + 3 Me3SnNEt 2 ~ R--Sn'--SnMe 3 + 3 Et2NH \ SnMe 3

Organooligostannane sind thermisch recht stabil (Beispiel: Ph3Sn-SnPh3, Fp. 237 ~ jedoch wesentlich luftempfindlicher als die Grundkbrper R4Sn. Hexamethyldi- stannan bildet an Luft bei Raumtemperatur langsam das Stannoxan (Me3Sn)20 , am Siedepunkt (182 ~ i.st Me6Sn 2 pyrophor. Hexaorganodistannane eignen sich gut zur Knfipfung yon Sn-Ubergangsmetall-Bindungen:

(Ph3P)4Pt 0 �9 . trans-(Ph3P)2PtII(SnMe3) 2

t -2 Ph3P Me6Sn2 Co2(CO)8

2 Me3Sn-Co(CO)4

Diese Komplexe illustrieren die isovalenzelektronische Natur von R3Sn- und R3P.

8.3.2 Sn-Organyle der Koordinationszahlen 3, 2 und 1 und deren Folgeprodukte

Organostannylanionen R3Sn- sind auf verschiedene Weise erh~iltlich:

Na, THF R3Sn--SnR 3

Na, NH3(, ) ~ 1 - R3SnBr R4Sn Na, NH3(I) R3SnNa j .Sn

R I ~ R Nail, Et20 R

R3SnH

+ Na +

Die Lage des Dissoziationsgleichgewichtes h~ngt vonder Natur von R und der Solva- tationskraft des LSsungsmittels ab. Ftir Ph3SnNa in NH3(g ) wird weitgehende Disso- ziation in Ionen angenommen, Me3SnLi in EtNH 2 zeigt hingegen nur geringe Elek- trolytleitfahigkeit. Alkalimetallorganostannite R3SnM dienen auch zur Bindung des Zinns an Ubergangsmetalle:

THF Ph3SnLi + Ni(CO) 4 ~ [Li(WHF)n]+[Ni(CO)3(SnPh3) ]-

- CO W~ihrend die Angabe einer Koordinationszahl 3 ftir Stannylanionen R3Sn- ebenso wie ftir Stannyliumionen R3Sn+ (S. 178) wegen der Ionensolvatation eigentlich nicht gerechtfertigt ist, sind die Organostannylradikale R3Sn" uneingeschriinkt als Spezies

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184 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

mit dreifach koordiniertem Zinn zu betrachten. Ihre spontane Bildung durch homo- lytische Spaltung von Distannanen erfolgt nur, wenn durch Einbau sperriger Reste nachgeholfen wird (Neumann, 1982):

A Ar3SnSnAr 3 ~ 2 Ar3Sn"

Weitere Quellen fiir Organostannylradikale:

R3SnH (t-BuO) 2. hu

77K

-Strahlen R4Sn

77K

h~ R3SnSnR 3

Ar;

"~ R ....... i n ~ R |

R

Stannylradikale R3Sn', formal SnIII-Verbindungen, sind wie R3Ge" und R3Si" (aber im Gegen- satz zu R3C" ) pyramidal gebaut. Dies laflt sich aus der grofen Hyperfeinkopplungskonstanten a(llgsn) im EPR-Spektrum folgern [Beispiel: Ph3Sn' , a(ll9Sn) = 155 mT], aufgrund derer das einfach besetzte Orbital betriichtlichen Sn(5s) Charakter besitzt (Howard, 1972). Die pyrami- dale Struktur der Stannylradikale ist somit in Einklang mit der Bentschen Regel (S. 175). Im Falle planarer Struktur und einfacher Besetzung eines Sn(5p) OrbitMs ware hingegen eine sehr kleine Kopplungskonstante zu erwarten, die dann auf Spinpolarisation doppelt besetzter Sn(s)- Orbitale bzw. von sp2-Hybridorbitalen zurtickzufiihren ware. Eine Konsequenz der pyramidalen Struktur von R3Sn" ist die MSglichkeit, daft radikalische Reaktionen chiraler Organostannane RRrR'SnH unter Konfigurationserhaltung verlaufen. Dies wurde in Einzelfallen bestatigt.

Die Lebensdauer von Organozinnradikalen R3Sn" ist s tark vom Raumbedar f der Gruppen R abhiingig: Die Spanne reicht von diffusionskontrollierter Dimerisierung im Falle von Me3Sn" bis zu einer Halbwertszeit von einem Jahr fiir [(Me3Si)2CH]3Sn" (Hudson, 1976). Das Studium der Organozinnradikale wird u.a. durch die Rolle gerechtfertigt, die sie als Zwischenprodukte in wichtigen Verfahren der organischen Synthese spielen.

Organozinnmolektile der Koordinationszahl 2 liegen in den Stannylenen R2Sn vor. Im Falle einfacher Alkyl- oder Arylsubsti tuenten R treten diese Stannylene, wie auch die entsprechenden Germylene, Silylene und Carbene, nur als reaktive Zwi- schenstufen mit typischen Folgereaktionen auf:

R2SnCI 2

(R2Sn) n

Na C 10H8

hv

R \

R/Sn:

Stannylen

Me2SnH 2 HR2SnSnMe2H

R'X ~, R2R'SnX

X �9 -

~ C H 3 R2

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8.3 Zinnorganyle 185

Der sperrige Substituent Ar = 1,3,5-Tris(isopropyl)phenyl ermSglicht die Isolierung eines Distannylens, welches mit der tr imeren Form Hexaarylcyclotr istannan im ther- mischen Gleichgewicht steht (Masamune, 1985):

AH>O Ar 2 Sn "~"

N a C 1 0 H 8 / \ hu Ar2SnCI 2 ~ A r 2 S n ~ S n A r 2 ~ A r 2 S n = S n A r 2

- 78 ~ 1. - 78 ~ 2. 60 ~

Ar = 2 ,4 ,6 - (iso -C3H7)3C6H 2

Die Dimerisierung zu Ar2Sn=SnAr 2 in L6sung wird durch die Beobachtung von ll7Sn-Satelliten (I = 1/2) im l l9Sn-NMR-Spektrum angezeigt.

Ein bei Raumtempera tu r in L6sung monomer vorliegendes Stannylen konnte durch Substituenten Bis(trimethylsilyl)methyl dargestellt werden Einftihrung des

( Lappert, 1976):

2 SnCI 2 + 4 l'iR

R = CH(SiMe3)2

Et20, -10 ~

- 4 LiCI

41o.," R- 112 ~

LOsung Kristall

Auf diesem Wege ist auch das entsprechende Germylen R2Ge sowie das Plumbylen R2Pb erhaltlich. Die gewinkelte Struktur des Stannylens kann aus der Beobemhtung von zwei Streckschwingun- gen, v(Sn-C)antisy m und v(Sn-C)s, m, im IR-Spektrum gefolgert werden. Eine Diskussion der

�9 . 3 '

Bmdungsverhaltnisse der ,,mchtklassischen" Doppelbindung im trans-gefalteten Distannen be- dient sich der ftir Disilene (S. 157) erw~.hnten Argumente. Entscheidend ist letztlich die gr6i]ere s/p-Separierung ffir Atome h6herer Reihen und die daraus folgende Abneigung, s-Charakter in Hybridorbitale einzubringen (S. 175). Eine weitere Konsequenz dieser Situation ist die gewinkelte Achse/~Sn--Sn=Sn~(156 ~ im ktirzlich dargestellten Tetrasupersilyltristanna~llen R2Sn3R 2 (Wiberg, 1999).

Eine Erweiterung auf die Koordinationszahl 3 am Zinn erfahrt [(Me3Si)2CH]2Sn in Ubergangsmet all- St annylenkomplexen:

hv a2Sn + Cr(CO)6 .~ R2SnCr(CO)5 (R = CH(SiMe3)2)

- C O

Weniger sperrige Stannylene bilden 0bergangsmetal lkomplexe, in denen durch Lewis-Basenaddition am Zinn die Koordinationszahl 4 erzeugt wird (Marks, 1973):

G 119 o Sn-M"t3bauer-Spektren weisen far derarti~e Basen- I addukte allerdings auf die Oxidationsstufe Sn Iv hin mit

der Folge, dat3 die an Sn gebundenen Gruppen als R- j Sn ....... Fe (CO) 4 und [Fe(CO)4]2- zu betrachten sind (Zuckerman, 1973).

t - B u

t - B u

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186 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Stannylenbri icken ~-SnR 2 kSnnen metal lder ivate gebildet werden (Curtis, 1976):

2 Me2SnCI 2

+ 4 NaCo(CO)4 -NaCI 2 Me2Sn[Co(CO)4]2

Das nocen (Fischer, 1956):

durch Photo lyse bes t immter Zinn-0bergangs-

Me2 hu . S %

- 50 ~ /

- 2 c o "

Me2

ist das Di(cyclopentadienyl)zinn, Start- am l~ngsten bekannte SnII-Organyl

THF SnC12 -b 2 NaC5H 5 w (~5-C5H5)2Sn

- 2 NaC1 Fp.: 105 ~ oxidations- und hydrolyseempfindlich

S tannocen selbst besitzt eine gewinkelte Sandwichst ruktur , die sich mit zunehmen- dem R a u m b e d a r f der Subst i tuenten in der Ringperipherie der gestreckten Form n/ihert:

d(Sn-C}=271pro ~ = CH 3 --o= C6H 5

Fflr die Diskussion der gewinkelten Stannocenstruktur im Geiste des VSEPR-Modells ist die Existenz eines nichtbindenden Elektronenpaares am Zinnatom wesentlich. Wie aber der Ab- stufung der Kippwinkel als Funktion des Substitutionsgrades zu entnehmen ist, spielen neben elektronischen auch sterische Faktoren eine strukturbestimmende Rolle Der jeweils realisierte Kippwinkel ist somit Ms Kompromii] sterischer Ligandabstot3ung und effizienter Nutzung der Sn-Valenzorbitale ffir die Metall-Ligand-Bindungen zu verstehen. Dies sei anhand einer ein- fachen Valence-bond-Betrachtung erl/iutert:

x b,w.

y / / : Z sp2 S S(Px)

Px (S)Px

Hybnde

Im gewinkelten Stannocen bildet das zentrale Sn2+-Ion sPxPz-Hybridorbitale zur a-Wechsel- wirkung mit al-Orbitalen der C5Hs--Liganden (vergl. S. 128) und zur Unterbringung des nicht- bindenden Elektronenpaares aus, das leere Sn(py)-Orbital kann mit den besetzten el-Orbitalen der C5H5--Liganden eine zus/itzliche ~-Bindung eingehen. Die geringe Interligand-Abstoi]ung der C5H5--Ringe wird hierbei toleriert. Im Decaphenylstannocen hingegen erzwingt die sterisch anspruchsvolle periphere Substitution eine axialsymmetrische Struktur, zur Metalle--Ligand-o-

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8.3 Zinnorganyle 187

Bindung steht jetzt aus Symmetriegrtinden nur noch ein Sn(px)-Orbital zur Verf(igung. Sn(py,pz)-Orbitale dienen der schw/icheren Metall~-Ligand-~-Bindung. Das nichtbindende Elektronenpaar besetzt in der linearen Form das Sn(5s)-Orbital. Diese Beschreibung behalt ihre Gtiltigkeit, wenn man eine geringe S,px-Mischung zul/iflt. Gtinstig ist jedenfalls der, verglichen mit der gewinkelten Struktur, h6here Sn(5s)-Charakter des nichtbindenden Elektronenpaares, welcher mit der mit steigender Ordnungszahl in einer Gruppe abnehmenden Bereitschaft, s-Elek- tronen in Hybride einzubringen, harmoniert. Der m/~flig sperrige Ligand C5Me 5- bewirkt im Kontinuum gewinkelt-linear einen Mittelwert des Kippwinkels. Die aus diesem Hybridisie- rungsmodell folgende hohe s-Elektronendichte am Kernort spiegelt sich im llgSn-NMR Spektrum in besonders starker Abschirmung, d.h. Absorption bei hohem Feld, wider (S. 174). Die Beobachtung einer Kopplung 3j(llgsn,IH) ftir (C5Me5)2Sn ist als Hinweis auf partiell kovalente Natur der Metall-Ligand-Bindung zu werten. Verfeinerte MO-Betrachtungen zur Molekiil- und Elektronenstruktur der Hauptgruppenmetallocene stellt Jutzi (1999) an.

Durch Metathese bildet sich ein Halbsandwichkomplex des Zinns mit - aus /ihn- lichen Grfinden wie ffir S tannocen - gewinkelter S t ruk tur (Noltes, 1975):

x \ ~ )

(TI5-C5H5)2$n + SnX 2 ~ 2 Sn

X :C I , Br

Die vielf/iltigen Folgeraktionen der Stannocene sind gepr/igt durch die Bindungs- al ternat iven TI1-C5H5 und ~5-C5H5, die Tendenz zum Obergang SnII---~Sn IV und die Abspa l tung eines C5H5-Liganden bei Angriff von Lewis-Siiuren:

(n5--C5Hs)2SnI I

MeI, hL, t I V / M e (TI'-C5Hs)2Sn ~ I

Fe2(CO) 9

-CO

BF 3, THF -CsHsBF2

/ S n ~ (CO)4F% IV Fe(CO)4

SnV.,. ."

(THF)Sn . . . . . . . . . . . . BF4"-

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188 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe-14)

Die Reaktion von Stannocen mit BF 3 fiihrt nicht, wie urspriinglich vermutet , zu dem einfachen Addukt (C5Hs)2Sn'BF3, sondern unter Verlust eines C5Hs-Liganden zu einem lockeren Assoziat der Bausteine [(THF)Sn(C5H5)] +, [Sn(C5H5)2] und [BF4]- (Zuckerman, 1985).

Die Umsetzung von (~]5-C5Mes)2Sn mit Tetrafluorobors/iure bewirkt Protonierung und Abspaltung eines Liganden (Jutzi, 1979):

7 +

Sn -I+ v Sn

_CsMe5H- ~ bzw.

-BF4 Halbsandwich Cluster

Das hochsymmetrische Kat ion [(TI5-C5Me5)Sn] + 1/if~t sich am einfachsten als Spezies beschreiben, in der das einsame Elektronenpaar an Sn 2+ und die sechs ~-Elektronen des Liganden C5Me 5- am Zentralatom eine Oktettkonfiguration schaffen. [(~]5- C5Me5)Sn]+ kann aber auch als Cluster aufgefaf~t und seine Struktur mit Hilfe der Wadeschen Regeln (S. 98) diskutiert werden.

Hierbei ist fOx den Baustein Sn § nur ein einzelnes zum Clusterzentrum gerichtetes Elektron als geriistbindend zu betrachten. Es resultieren dann 1 (Sn+)+15(5 x i C-CH3) = 16 Skelettbindungselektronen bzw. 8 SEP. bTir den Cluster mit n -- 6 Ecken sind somit (n+2) SEP verftigbar, was eine nido-Struktur zur Folge hat. Die Struktur von [(TI5-C5Me5)Sn] +, eine pentagonale Bipyramide mit fehlender Ecke, bestatigt dies.

Wie im Falle von Ga, In, T1 (C5H5M versus C6H6M+ , S. 128) ist auch fiir die Ele- mente der Gruppe 14 die Frage nach der Existenz von Aren-MetaUkomplexen zu stellen, in denen anstelle von C5H5M+ als Strukturelemente C6H6M2+-Einheiten vorliegen. In der Tat wurden aus Aromaten, SnC12 und A1C13 Spezies der Zusam- mensetzung (ArH)Sn(A1C14)2"ArH bzw. (ArH)SnCI(A1C14) erhMten (Amma, 1979). W/ihrend ersterer Typ in seiner Struktur der analogen Pb-Verbindung entspricht (S. 199), weist letzterer dimere Einheiten Sn2C122+ auf.

Ausschnitt aus der Kettenstruktur / von C6H6SnCI(AICI4) im Kristall.

, /AI -..._ Das Rtickgrat besteht aus einer Folge ~ , CI ~- von Vierringen (Sn2C122+) und Acht-

@

......... .." I.:'......".CI ringen(gebildet aus je einem Sn-Atom e......r...]'"'~:~Cl'~_ :" I ~ " benachbarter Sn2C122+-Einhelten und i ~ $n/" " "- ~ $n ~ "-..\ zwei verbrilckenden A1C14--Ionen ).

~ ~ " ~ ) . , ~ . . ! . - - . . ~ Durch die lockere Bindung eines i~ ! ........... :. ....... :::..:': ......... r ........ i ........ j~-.I.~--'~ C6H6-Molekiils wird an Sn eine verz-

..... CI '" ~ errt oktaedrische Umgebung geschaf- r -"'AI 7 fen. Man beachte auch hier wieder die

weitgehende Bewahrung energetisch gtinstiger Koordination von C1--Ionen

/ CI an Snii '

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8.3 Zinnorganyle 189

Koordinationszahl 1 besat3e Zinn im Stannylidin RSn, welches aber, wie alle anderen Homologen RE der Gruppe 14, nur in dimerer Form oder an ein Uber- gangsmetall gebunden auftritt. Erstere Variante wurde von Power (2002) auf analoge Weise wie ffir E -- Ge (S. 171) reMisiert. Die trans-Biegung im Molekfil 2,6-Dipp2-H3C6SnSnC6H3-2,6-Dipp2, Dipp = C6H3-2,6-(/-Pr)2 ist mit einem Winkel SnSnC von 125 ~ gegenfiber dem Germaniumhomologen geringffigig erhSht.

Der Stannylidinkomplex CI(PMe3)4W-=Sn-C6H3-2,6-Mes2 geht auf Filippou (2003) zurfick; die Achse WSnC ist linear und der W, Sn-Abstand extrem kurz, so dai3 von einer W, Sn-Dreifachbindung auszugehen ist.

PMea 0.5[RSnCI]2, PMe3 I., -'N2 -2N 2 I ..-Pie3

Me3P--W--N 2 =- C I - -W~Sn R R = C6H3-2,6-Mes 2 Me3P/ l PhCH3, 110~ Me3P/-I-

PMe 3 PMe 3

Technische Anwendungen von Organozinnverbindungen Zinnorganyle zeichnen sich neben ihrem Einsatz im Laboratorium durch eine beson- ders grot3e Vielfalt der praktischen Anwendungsbereiche aus. Von der Produktion, die seit 1950 um mehr als das 50fache zugenommen hat, werden etwa 60% als PVC- Stabillsatoren verbraucht, 30% als Biozide und der Rest ffir spezielle Zwecke wie etwa der Entwicklung zinnorganischer Antitumormittel (Gielen, 1996).

PVC-Stabilisatoren geh6ren dem Bautyp R2SnX 2 an (Beispiel: n-Bu2Sn(SCH2COO -i-C8H17)2 , ein Organozinn-thioglycolat). Ihre Wirkung beruht darauf, dat3 sie die progressive HC1-Abspaltung aus Polyvinylchlorid wahrend der thermischen Ver- arbeitung (180-200 ~ unterdrficken, indem sie Chloridionen an reaktiven allylis- chen Zentren des Kunststoffes durch langkettige Thioglycolat-Reste ersetzen. Nach der Verarbeitung wirken die Organozinnverbindungen auch als UV-Stabilisatoren, radikalische Kettenreaktionen werden durch sie abgebrochen.

..... ~ ..... + R2Sn(SR')2

CI

�9 + R2Sn(SR')CI

R'S

h I-HCI -R'SH ~ h

"'.. ~ ~176176

Ein weiterer Anwendungsbereich ffir Me2SnC12 liegt in der Aufbringung dfinner SnO2-Schichten auf Glasoberflachen durch Behandlung bei 400-500 ~

Verbindungen des Typs R3SnX dienen als Biozide in der Schadlingsbekampfung, als Fungizide, in der Anstrichkonservierung, generell als Desinfektionsmittel gegen Gram-positive Bakterien [Beispiele: CY3SnOH , (n-Bu3Sn)20 , n-Bu3SnOOC- (CH2)10CH3, Ph3SnOOCCH3]. Ein gfinstiger Aspekt ist der endgfiltige Abbau der Zinnorganyle zu harmlosem SnO2"aq, ein bedenklicher Faktor hingegen die Abgabe toxischer R3Sn+(aq)-Ionen an die Vmgebung.

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190 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Die Toxizit~it zinnorganischer Verbindungen w~ichst mit dem Alkylierungsgrad und sinkt mit der Kettenl~inge der Substituenten. Maximale Toxizit~it weisen demnach Substanzen auf, die Me3Sn+ freisetzen kSnnen. Der Einsatz der bislang weitverbrei- teten TBT(tributyltin)-Wirkstoffe (Beispiel: Bu3SnX ) unterliegt daher derzeit strik- ter Kontrollen (Rouhi, 1998).

Zunehmend skeptisch wird auch, trotz ihrer gro6artigen Erfolge, die Verwendung zinnorganischer Reagentien in der organischen Synthese betrachtet. Dies gilt ins- besondere auf dem Bereich der Arznei- und Nahrungsmittel. Es ist sogar von einer ,,Flucht vor der Tyrannei des Zinns" die Rede, womit die Suche nach metallfreien Radikalquellen gemeint ist (Walton, 1998).

8.4 Bleiorganyle

Die Verbannung des Antiklopfmittels Bleitetraethyl aus Otto-Kraftstoffen hat einer Industrie, die zeitweise etwa 20~ der Jahresproduktion des Bleis verbrauchte, weit- gehend den Boden entzogen. Die Organobleichemie wurde damit auf Fragestellun- gen mehr akademischer Natur zuriickgeworfen. Verglichen mit den leichteren Homologen C, Si, Ge und Sn fSrdert der gro6e Atomradius des Bleis die Realisierung der hSheren Koordinationszahlen 5-8. In Einklang mit dem metallischen Charakter des Bleis treten in ionisierenden Medien solvatisierte Organobleikationen auf. Die Neigung zur Ausbildung homonuklearer Metall-Metall-Bindungen (,,Catenierung") ist im Falle des Bleis fast ganzlich geschwunden [D(Pb-Pb) ~ 100 k J/moll. Ange- sichts der Tatsache, dab fiir rein anorganische Verbindungen Pb II die bevorzugte Oxidationsstufe darstellt, ist die bereitwillige Disproportionierung von Organoblei- verbindungen mittlerer Oxidationsstufe zu Pb 0 und Pb IV bemerkenswert. Vom energetischen Standpunkt aus betrachtet, wird die Organobleichemie durch die Schw~che und Polarisierbarkeit der Pb-C-Bindung [D(Pb-C) ~ 130 k J/moll ge- pr~igt, die sowohl radikalische als auch ionische Reaktionswege zul~i6t.

Die NMR-Spektroskopie profitiert in ihrer Anwendung auf Organobleiverbindungen von der Existenz des Isotops 207pb (23%, I = 1/2). Die chemischen Verschiebungen in 207pb-NMR- Spektren umfassen einen Bereich von 1300 ppm; die Faktoren, die zu Abschirmungsunter- schieden ffihren, ~ihneln den Verhiiltnissen in Zinnorganylen. Kopplungskonstanten 2j(2~ kSnnen sowohl den 207pb-NMR als auch den 1H-NMR Spektren (207pb-Satel- liten) entnommen werden. Sie liegen zwischen 62 Hz [Me4Pb ] und 155 Hz [Me2Pb(acac)2 ] und liefern Hinweise auf den Pb-6s-Charakter in der Pb-CH3-Bindung.

8.4.1 pblV-Organyle

Darstellung und Eigenschaften Et20

PbC12 + 2 MeMgI .~ {PbMe2} + 2 MgClI

Ix6 3 Me4Pb + 3 Pb

M

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8.4 Bleiorganyle 191

THF, 5 ~ Pb(OAc)4 -{- 4 RMgC1 ~ R4Pb -{- 4 MgCI(OAc)

Ein vollstiindiger Verbrauch des eingesetzten Bleis gelingt auch durch Zusatz von MeI:

Et20 4 MeLi -{- 2 PbC12 ~ Me4Pb + 4 LiC1 + Pb

2 MeI -{- Pb ~. Me2PbI 2 (oxidative Addition)

2 MeLi + Me2PbI 2 .~ PbMe 4 + 2 LiI

Unsymmetrisch substituierte pbIV-Organyle lassen sich wie folgt gewinnen:

R3PbC1 + LiR t ~" R3PbR I -F LiC1 [-~

R3PbH + H2C=CHR I ~ R3PbCH2CH2 Rt (Hydroplumbierung)

Ffihrt man die Alkylierung bei tiefer Temperatur durch, so werden Hexaorgano- diplumbane erhalten:

6 RMgX + 3 PbC12 Et20

- 2 0 ~ R3PbTPbRo3 + Pb + 3 MgX 2 + 3 MgC12

x2 ~25 C

3 R4Pb + Pb

Die einfachen Organoplumbane Me4Pb und Et4Pb sind farblose, stark lichtbre- chende, giftige Fltissigkeiten, Ph4Pb ist ein weit3er kristalliner Feststoff. Diese Ver- bindungen werden unter Normalbedingungen von Luft, Wasser und Licht nicht an- gegriffen, erfahren aber bei hSheren Temperaturen Spaltung in Pb, Alkan, Alken und H 2. Die thermische Stabilitiit von R4Pb sinkt gemiit3 R -- Ph > Me > Et > iso- Prop. Die Thermolyse von Me4Pb in Pb und Methylradikale sowie der Transport ab- geschiedenen Bleis durch die gebildeten Radikale sind Inhalte des klassischen Ex- perimentes von Paneth (1929).

Tetraethylblei Et4Pb wurde Otto-Kraftstoffen in der Konzentration 0.1% als Antiklopflnittel zugesetzt. Die Wirkungsweise besteht in einer Desaktivierung von Hydroperoxiden durch ge- bildetes PbO sowie in einem Abbruch radikalischer Kettenreaktionen des Verbrennungsvorgan- ges durch Produkte der Et4Pb-Homolyse:

EtaPb ~. Et3Pb" + Et" (rasch bei T > 250 ~

Et4Pb + Et" .~ C2H 6 ~- Et3PbCH2CH 2" usw.

BrCH2CH2Br als weiteres Additiv tiberftihrt PbO in fltichtige Pb-Verbindungen, die den Ver- brennungsraum verlassen kSnnen. Um die Belastung der Umwelt dutch toxische Bleiverbin- dungen einzuschr~nken, wurde als Ersatz u.a. Methylcyclopentadienyl(tricarbonyl)mangan (S. 472) vorgeschlagen. Langerfristig ist weltweit mit vollstandiger Eliminierung der Bleialkyle aus Otto-Kraftstoffen zu rechnen.

Die Chemie der Substitutionsprodukte der binaren Bleialkyle, RnPbX4_ n (X -- Hal, OH, OR, NR2, SR, H etc.), zeigt nur graduelle Unterschiede zur entsprechenden

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192 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Organozinnchemie. Analoge Reaktionen verlaufen im Falle des Bleis im allgemeinen unter milderen Bedingungen.

Organobleihalogenide RnPbX4_ n sind mittels Dihalogen, besser abet unter Verwen- dung von Halogenwasserstoff oder von Thionylchlorid darstellbar:

HX R4Pb ~ R3PbX, R2PbX 2

- RH

Die Reaktion mit HC1 ist fiir Ph4Pb 60mal schneller als ftir Ph4Sn.

Verbindungen RPbX 3 nahern sich in ihrer Instabilitat bereits dem PbC14 an. Eine DarstellungsmSglichkeit ist in der oxidativen Addition von RI an PbI 2 gegeben:

PbI 2 + MeI ~ MePbI 3

R3PbX und R2PbX 2 sind in LSsung solvatisiert monomer, im Feststoff werden Poly- merketten mit Halogenbrticken, vergleichbar mit den Organozinnhalogeniden, gebildet. Die Assoziationstendenz ist fiir die Bleiverbindungen aber starker aus- gepragt. •hnliche Polymerketten liegen auch in Organobleicarboxylaten vor.

Organobleis,flfinate entstehen durch SO2-Einschiebung in die Pb-C-Bindung:

R4Pb + SO 2 ~ R3Pb-~R b R 3 P b - - O - - S ~ R II o

~ ~

Die Bereitschaft zur ErhShung der Koordinationszahl ~uflert sich in der Existenz zahlreicher Komplexionen:

X Ph Ph Ph

O O = CH3COO- N N = Me2N(CH2)2NMe 2 (TMEDA)

Organobleihydroxide RnPb(OH)4_ n entstehen durch Hydrolyse der entsprechenden Chloride:

R3PbC1 + 1/2 Ag20(aq) ~ R3PbOH + AgC1

R2PbC12 + 2 OH- ~-R2Pb(OH)2 + 2 C1-

R2Pb(OH)2 , im Bereich 8 < pH < 10 die dominante Spezies, ist amphoter. Bei pH 2+ und be1 H 5 > 10 liegt [R2Pb(OH)3 ]- vor, bei 5 < pn < 8 [R2Pb(OH)2 ] " p <

[R2Pb(aq)]2+. Dikationen R2PbCsolv) 2+ bilden sich aus R2PbC12 auch in anderen �9 " 2 + . . . . . . . . . Medmn, dm Gruppen R2Pb 1st, wm dm ]soelektromschen Emhe]ten R2TI+ und

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8.4 Bleiorganyle 193

R2Hg , linear gebaut. Die Kondensation von Organobleihydroxiden zu Plumboxanen erfolgt wenig bereitwillig, sie erfordert Abzug des Wassers am Vakuum oder Umset- zung mit Natrium:

Na, C6H 6 2 R3PbOH ~ (R3Pb)20 + NaOH + 1/2 H 2

Umgekehrt werden Plumboxane leicht solvolytisch gespalten, mit Alkoholen erhalt man Organoblelalkoxide, die im Feststoff zu Ketten assoziieren.

RIOH NaOR l (R3PD)20 ~ 1/n (R3PbORr)n < R3PDC1

- H20 - NaC1

Me Me Me Me - Me k

\ ~ 0 - ,,~ Pb ~ P b " Pb

~ 0 ~ = " ~ Me / ~- " ~ M e / Me Me Me Me

Kettenstruktur von [(CH3)3PbOMe]n

Organobleialkoxide addieren sich an polare C--C-Doppelbindungen (Oxyplumbie- rung, Davies, 1967). Bei der Methanolyse des Adduktes entsteht wieder Et3PbOMe , so dab dieses in der Addition von MeOH an Alkene als Katalysator wirkt:

MeOH CH2--CH--CN ~ C H2~CH2--CN

CH2"-CH--CN +Et3PbOMe I ] - Et3PbOMe I f OMe PbEt 3 I OMe

Wie Zinn besitzt auch Blei hohe Affinitat zu Schwefel, Pb-S-Bindungen sind wasser- stabil:

0 ~ H20 2 R3PbX + Nar is ~ (R3Pb)2S + NaX + HX

Ph2~b PbPh 2 3 Ph2Pb(OAc) 2 + 3 H2S ~ I + 6 HOAc

S ~ p b ~ S

Ph 2

R3PbCI + R'SH + Py ~- R3PbSR' + [PyH+]Cl -

Organobleihydride RnPbH4_ n demonstrieren besonders deutlich die Abstufung in den Eigenschaften entsprechender Sn- und Pb-Verbindungen. Wahrend Me3SnH in inerter Umgebung bei Raumtemperatur unbegrenzt haltbar ist, zerfallt Me3PbH bereits ab -40 ~ beschleunigt durch Licht, zu Pb, H2, CH 4 und Me3Pb-PbMe3:

hv 2 Me3PbH ~ 2 Me3Pb" + H 2

2 Me3Pb" ~ Me3Pb-PbMe 3 (unter anderem)

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194 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Thermisch etwas stabiler sind Verbindungen mit grSt3eren Alkylresten wie Bu3PbH , allen gemeinsam ist jedoch die hohe Licht- und Luftempfindlichkeit. Als Darstel- lungsmethoden eignen sich die Reaktionen:

LiA1H 4, Et20 R3PbBr ~. R3PbH

(Bu3Pb)20 + Et2SnH 2 ~ 2 Bu3PbH + (Et2SnO)n

Nicht zu Organobleihydriden ffihrt die Umsetzung yon Organoplumbylanionen RaPb- mit Protonenspendern:

ia , NH3(~ ) in4er , NH3(g ) Ph3PbC1 ~ NaPbPh 3 ) . NHa+[PbPha]-

- NaC1 - NaBr

Aus dieser und ahnlichen Reaktionen kann auf die folgende Abstufung der Proto- nen~ffinit~iten geschlossen werden:

Ph3Si- > Ph3Ge- > Ph3Sn- > Ph3Pb- (vergl. NH 3 > PH 3 > ASH3)

Die hohe Reaktivitiit der Pb-H-Bindung iiuBert sich in den milden Bedingungen, unter denen Reduktionen organischer Halogen- und Carbonylverbindungen ablaufen:

PhBr Phi l q[ 60% 0 ~ 5d

PhCOCH2Br PhCOCH 3

0 ~ lh

- Bu3PbH t

PhCHO PhCH2OH

20 ~ sofort 100%

PhCOCH 3

20 ~ 2d �9 . PhCHOHCH 3

Ffir die Reaktionen mit Halogeniden werden radikalische Mechanismen angenom- men, im Falle der Reduktion von Carbonylverbindungen sind polare Mechanismen nicht ausgeschlossen. Auch die Hydroplumbierung konjugierter Alkene und von Alkinen erfolgt bereits unter schonenden Bedingungen:

R3PbH + HC---~CR' - 50 ~

H \ / H --- C = C

/ \ R 3 P b R '

Bu3PbH + H2CmCH--CN /CN

~-- CH2--CH2CN + CH3--CH I \ PbBu 3

Bu3Pb

Medium Mechanismus Et20 , O ~ radikalisch 92 : 8 BuCN, 20 ~ polar 24 : 76

Dieser Vergleich zeigt, dab der Wechsel des Mediums einen Ubergang von radikalis- chem zu polarem Mechanismus bewirken kann. Die radikalische Hydroplumbierung erfordert keinen Radikalstarter, da diese Rolle v o n d e r bereits bei 0 ~ merklichen Homolyse der Pb-H-Bindung fibernommen wird. Bu3SnH hingegen bewirkt in

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8.4 Bleiorganyle 195

Abwesenheit eines Katalysators (5h, 0 ~ an H2C=CHCN keine Hydrostannierung. Dies demonstriert einmal mehr die, verglichen mit Organobleihydriden, h6here Stabilitat der Organozinnhydride. Trotz gewisser Reaktivit/itsvorteile hat die hohe Toxizit~it der Organobleiverbindungen deren breiten Einsatz in der organischen Synthese weitgehend verhindert.

8.4.2 Pb II1-, Pb II- und pb I -Organy le

Organobleiverbindungen in Oxidationsstufen < IV liegen in Organoplumbylradi- kalen R3Pb', Organoplumbanen R(R2Pb)n R, Plumbylenen R2Pb und Plumbylidi- nen RPb vor. Aufgrund der niedrigen Pb-Pb-Bindungsenergie sind Verbindungen mit Pbn-Ket ten nur in wenigen Fallen charakterisiert worden.

Neben den bereits genannten Diplumbanen R3Pb-PbR 3 verdienen die Propan- und Neopentananaloga (cyclo-Hex)sPb 3 (Dr~iger, 1986) und (Ph3Pb)4Pb Erwahnung. Letzteres entsteht in unfibersichtlicher Reaktion:

Li, THF H20, 02_ Ph3PbC1 ~ Ph3PbLi v (Ph3Pb)4Pb [rot, thermolabil]

- LiC1 0 ~

Die aus Grignard-Reagenzien und PbC12 leicht zug/inglichen Hexa(aryl)diplumbane (van der Kerk, 1970) zeigen vielf/iltige Folgereaktionen, die in bereits erwahnte Substanzklassen ffihren:

2 PbCI 2

6 PhMgBr

2 Ph3PbMgBr

trans" (Ph3P)2Pt (Pb Ph3)2 Ph3PbO H - C2H4

p)4Pl~, . ,~ ~ - MgBr2 C2H4Br2 (Ph 3 / KMnO4, Aceton

/ -2 PPh 3 ~ Ph3Pb--PbPh3

AT '

Ph3PbX Ph4Pb + Pb Ph3PbM (M=Li. Na)

Trotz der Schw/iche der Pb-Pb-Bindung ist die Einstellung des Dissoziationsgleichgewichtes R3Pb-PbR 3 ~ 2 R3Pb" nicht beobachtbar; eine L6sung von Hexa(mesityl)diplumban in Biphenyl bleibt sogar bis zum Zersetzungspunkt (ca. 300 ~ diamagnetisch. Geringe Sub- stituentenabstoi3ung im Dimeren und unwesentliche Resonanzstabilisierung des Monomeren dtirften diesen Befund erkl/iren.

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196 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Organoplumbylradikale lassen sich jedoch bei tiefer Tempera tur auf anderen Wegen erzeugen und ESR-spektroskopisch studieren:

Na,77K ~) ~, 77K Me3PbCI ~ / Pb ....... Me ~ Me4Pb

Me"

Me

Wie die entsprechenden Radikale Me3E. (E = Si, Ge, Sn), aber im Gegensatz zum Methylradikal, ist Me3Pb. pyramidal gebaut (vergl. S. 161).

Plumbylene R2Pb treten im allgemeinen nur als reaktive Zwischenstufen auf, so etwa im Zerfall von Organo-Oligoplumbanen:

Me3Pb--PbMe 3

Raumtemp. Tageslicht

-Me4Pb ~ I M e 2 P b /

~ Me3PbPbMe 3 Me

I Me3Pb~Pb--PbMe 3 ~ Pb + 2 Me4Pb

I Me

Diese spontane Disproportionierung des zierlichen Plumbylens PbMe 2 in Pb + PbMe 4 ist Ausdruck der Dominanz der Oxidationsstufe Pb TM in der Organometallchemie des Bleis, anders als in der Anorganischen Chemie dieses Elementes, die durch Pb II beherrscht wird. Dieser Gegensatz beruht auf der hSheren Elektronegativitat der anorganischen Bindungspartner N, O, Halogen, verglichen mit organischen Alkyl- und Arylresten. Die hShere Partialladung Pb 5+ in anorganischen Bleiverbindungen bewirkt eine starkere Kontraktion der 6s-, verglichen mit den 6p-Orbitalen. Die ,,Inertheit des 6s-Elektronenpaares" ist somit in anorganischen Bleiverbin- dungen besonders stark ausgepr~gt, und die Oxidationsstufe Pb II wird bevorzugt. Organo- bleiverbindungen hingegen maximieren die gesamte Bindungsenergie durch Vierbindigkeit, wo- bei die vergleichsweise geringere 6s/6p-Separierung in Einklang mit relativ geringer positiver Partialladung auf dem Bleiatom, eine sp3-Hybridisierung zuliit~t (Schleyer, 1993).

Besondere Mai3nahmen fiihren jedoch zu handhabbaren diamagnetischen Pb II- Organylen. So lassen sich Plumbylene nach bew~ihrtem Muster durch sterischen Schutz in kinetisch inerter Form erzeugen:

2 LiR, Et2 O R\ PbCl 2 R/Pb: R = CH(SiMe3) 2 (Lappert, 1976)

<~ CPbC 94 o

F3C.

R = - ~ C F 3

F3C

( Edelmann, 1991)

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8.4 Ble iorganyle 197

Wie die entsprechende Sn-Spezies binden Plumbylene an Ubergangsmetalle, Bei- spiel: [(Me3Si)2CH]2Pb=Mo(CO)5. Einfachere Plumbylene koordinieren als einzah- nige Liganden dutch Donorliganden B stabilisiert (Marks, 1973) oder verbrfickend ohne selbige:

2 R2PbCI 2 + 2 N a 2 F e ( C O ) 4

R = Et, n-Bu, Ph B = THF, Py etc.

R 2 THF / P b ~

( C O ) 4 F e F e ( C O ) 4 ~ . p b f

R 2

2 ( C O ) 4 F e ~ P b R 2

B

Hier ware allerdings wieder die Wahl plausibler Oxidationszahlen zu diskutieren: Die hohe Stabilit~t des Tetracarbonylferrates [Fe(CO)4]2- (S. 348) und die Bevorzugung hoher formaler Oxidationszahlen in der Organometallchemie des Bleis lassen die Zuordnung Fe --II, Pb TM in obi- gen ,,Plumbylen"-Komplexen realistischer erscheinen. Ubergangsmetallkomplexe mit verbrfick- enden PbR2-Einheiten wurden bereits von Hein (1947) beschrieben.

Wie ffir Silylene, Cermylene und Stannylene interessiert auch ffir Plumbylene die Lage des Monomer-Dimer-Gleichgewichtes, gleichbedeutend mit der Frage nach der Existenz von Pb(p~)-Pb(pz)-Doppelbindungen. Plumbylene PbR 2 mit R = 2,4,6- (CF3)3C6H 2 und R = CH(SiMe3) 2 sind auch im Kristall monomer. Dimerisierung wird hingegen far R = 2,4,6-(/-Pr)3C6H 2 beobachtet (Weidenbruch, 1999):

44/, R 2 PbCI2 4 RMgBr - 1 1 0 ~ 2 0 ~ " " ) f ~ R + - 2 R2Pb: R ,.j;Pb--PIS""-

',~ ~/ 305pm R = 2,4,6-(/-Pr)3C6H 2 L~sung Kristall

Damit ist die E=E-Doppelbindung fiir alle Elemente der Gruppe 14 (C, Si, Ge, Sn, Pb) experimentell verwirklicht. Als wichtigster Trend ist die Abnahme der Element- Element-Bindungsenergie zu nennen, die mit zunehmender Ordnungszahl von E hShere Anforderungen an die Natur der sterischen Schutzgruppe stellt. Die geringe Dimerisierungstendenz des Plumbylens ist auf die besonders hohe energetische Se- parierung und radiale Inkompatibilit~it der Pb(6s,p)-Orbitale zuriickzufiihren. Zu dieser tr~igt neben den Abschirmungseigenschaften auch relativistisch bedingte Pb(6s)-Orbitalkontraktion bei (Pyyk&, 1988).

Ferner illustriert die Reihe das bereits angesprochene Problem einer Bindungsl~in- gen/Bindungsordnung-Korrelation (S. 132), denn der Abstand d (Pb=Pb) = 305 pm ffir die ,,nichtklassische Doppelbindung" im Weidenbruch-Diplumben iiberschreitet den Wert d (Pb-Pb) = 285-290 pm in einfach gebundenen Diplumbanen (Driiger, 1986)!

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198 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Auch das Plumbocen (Fischer~ 1956) ist eine Organo-pbII-Verbindung:

DMF, THF PbX 2 + 2 NaC5H 5 > (~5-C5H5)2Pb + 2 NaX

(X = C1, OAc) gelb, sublimierbar, Fp. 138 ~ luft- und wasserempfindlich, Dipolmoment ~ = 1.2 Debye (D) (1D =3.33 x 10 30Cm)

Im Einklang mit dem Dipolmoment wird ffir Plumbocen, wie ffir Stannocen, in der Gasphase eine gewinkelte Sandwichstruktur gefunden; im FestkSrper liegt dagegen eine polymere Kettenstruktur vor (Hanusa, 1998):

I s 247

~.~o +

C ~ ~ - 135-15 ~ I ",274

(g) ~ (S)

.Na (PMDTA)+

PMDTA= (Me2NCH2CH2)2NMe

Ausschnitte aus der Polymerstruktur des Plumbocens lassen sich auch in Form von Plumbat-Kompexanionen realisieren, entstanden durch Addition von C5H 5- ( Wright, 1997):

PMDTA PD(C5H5)2 + NaC5H 5 .~ [Na(PMDTA)]+[Pb(C5H5)3]-

Auch hShere Aggregate wie [Pb2(C5H5)5]- und [Pb(C5Hs)2] 6 (cyclisch) sind bekan- nt. Eine solche ,,at"-Komplexbildung kSnnte auch die elektrische Leitfahigkeit erkl~i- ren, die an LSsungen von Plumbocen in Ethern beobachtet wurde (Strohmeier, 1962):

THF (C5H5)2Pb - " [(C5H5)PD(THF)]+ -I- [(C5H5)3PD ]-

Das Kation in diesem Gleichgewicht entspricht dabei den, mit anderen Gegenionen isolierten Halbsandwichkationen (C5Me5)M+ (M = Ge, Sn).

In seinen Reaktionen ahnelt Plumbocen dem Stannocen:

(~I5-C5H5)2Pb

ROH Pb(OR)2 + 2 C5H 6

HX �9 . (~5-C5H5)PbX (gewinkelt)

BF 3 (n5-C5H5)2Pb'BF3

Der hohe Schmelzpunkt (Fp. 330 ~ von (C5H5)PbC1 deutet, wie auch im Falle von (C5H5)2Pb'BF3, auf polymere Strukturen hin (Puddephatt, 1979):

Cp Cp Cp �9 / / / CP 2 CP 2 CP 2

Pb Pb Pb Pb Pb Pb / \ / \ / \ / / \ / \ / \ /

CI Cl CI B~F B ~ F B--F 4' "~, 4% F u F F F F ""F

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8.4 Bleiorganyle 199

Die Bevorzugung der niedrigeren Oxida t ionss tufe P b II manifes t ie r t sich im unter- schiedlichen Verhal ten von S tannocen und P l u m b o c e n gegeni iber Methyliodid:

(~]5-C5H5)2Sn ~, (TI1-C5H5)2(CH3)SnI

CH3I 4 Oxidative Addition

/ (~5-CsH5)2Pb ~. (~5-CsH5)PbI + C5H5CH 3

Substitution

Far die bei H a u p t g r u p p e n e l e m e n t e n schwache ~16-Koordination von Arenen liefert auch P b II ein Beispiel (Amma, 1974):

1. C6H6, 80 ~ PbC12 + 2 A1C13 ~ [(TI6-C6H6)Pb(A1C14)2]'C6H6

2. Krist.

C] Es liegt eine Kette aus pbII-Ionen -=_

CJ~. - u n d A1C14--Tetraedern vor, die Koordinationssph/ire um Pb II wird [ A I ..... e l durch ein weiteres zweiz/ihnig I / bindendes A1C14--Ion sowie einen . . .~ - [ -C I \ ~6-C6H6-Liganden erg/inzt. Der . . C I [ .~ \ verglichen mit Plumbocen gr6flere ,~ -CI I % , , | " \ Io,o, Pb-C-Abstand signalisiert eine A I I I ~ b - - C I sehw/ichere Bindung. Das zweite ....... Cl 4" "'.....lld'i[\///xu:l. Benzolmolektil der empirischen ~ ~ f ~ C I ...... A ....... Formel befindet sich aut]erhalb der : [ Koordinationssph/ire des Bleis. 3 1 1 ---~[ I'*'-- 2 7 7

P lumbyl ld in R P b , formal eine pbI-Spezies , exisit iert bis lang nur als Ligand in Komplexen des Typs L n M - P b - A r (Filippou, 2004) und als sterisch geschtitztes , ,Diplumbin" A r P b P b A r (Power, 2000):

Ar LiA1H4 [

2 P b ( B r ) A r ~ " ' P b - - P b . - 2 B r - [ - H 2 Ar

Ar = 2,6-(2,4,6-/-Pr3C6H2)2C6H 3 d ( P b - P b ) -- 319 p m <~ P b P b C = 94 ~

Wie m a n den S t r u k t u r d a t e n en tn immt , ist in A r P b P b A r der Metal l ,Metal l -Drei- fachbindungscharak te r g/inzlich verschwunden, denn der P b , P b - A b s t a n d tiberschrei- te t sogar die Bindungsl/ inge einer Pb ,Pb -E in fachb indung (308 pm) und die Vektoren CAr-Pb s tehen senkrecht auf die P b - P b - A c h s e .

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200 8 Elementorganyle der Kohlenstoffgruppe (Gruppe 14)

Nachdem nun die Reihe ArEEAr (E = C, Si, Ge, Sn, Pb) experimentell vollst~indi- belegt ist, kSnnen Struktur- und Bindungsverhaltnisse vergleichend diskutiert wer- den (Power, 2004).

Ar-EE-Ar C Si Ge Sn Pb

< CArE E o 180 137 129 125 94 d(E,E) pm 120 206 228 267 319 vergl, d(E-E) 154 232 244 277 290 Einfachbindung

E _

Hybridisierung:

Bindungswinkel und

sp ~sp 2 keine

Bindungsl~ingen (relativ zu den Werten ftir E-E-Einfach- bindungen) zeigen, daf~ im Alkin ArCCAr sicher eine -C=C--Dreifachbindung, im ,Diplumbin" ArPbPbAr hingegen eine Pb-Pb-Einfachbindung vorliegt. Die Spezies ArEEAr (E = Si, Ge, Sn) liegen zwischen den Extremwerten der Bindungsordnung. Dieser Gang l~if~t sich bereits mittels der Bentrschen Regel (S. 175) deuten, gem~ifl derer mit zunehmend elektropositivem Charakter eines Zentralatoms Bindungen zunehmenden p-Charakters gebildet werden. Im Grenzfall Alkin liegt C(sp)- Hybridisierung vor. Im Crenzfall ,,Diplumbin" hingegen haben sowohl die Pb-Pb- als auch die Pb-C-Bindungen reinen p-Charakter und das nichtbindende ,,inerte" Elektronenpaar am Blei besetzt jeweils ein 6s-Orbital. F'tir ,,Disilin", ,,Digermin" und ,Distannin" kann in grober Naherung von E(sp2)-Hybridisierung ausgegangen werden. Somit nimmt die E,E-Bindungsordnung mit zunehmender Ordnungszahl stetig ab, und die Bezeichnung ,,Dimetallin" ist eigentlich nur fiir Alkine gerechtfer- tigt. Dies steht fibrigens im Einklang mit der Doppelbindungsregel (S. 153).

Organobleiverbindungen in vivo Bleiorganische Verbindungen haben im Prinzip viele potentielle Anwendungsbe- reiche mit Zinnorganylen gemeinsam. Die Toxizit~it des Bleis hat jedoch den Einsatz von Bleiorganylen als Biozide oder als Kunststoffadditive weitgehend verhindert. Dies gilt nicht im Bereich der Benzinadditive, wo erst in j~ingster Zeit einschrank- ende Maflnahmen ergriffen wurden.

Wie auch im Falle von Hg und Sn besitzen ffir Pb die hochalkylierten Organometall- kationen R3Pb+ und R2Pb2+ die grSBte Toxizit~it. Derartige Ionen entstehen sowohl durch Biomethyliertmg anorganischer Bleiverbindungen als auch als Metabolite von Bleitetraorganylen im Organismus. R3Pb+ hemmt die oxidative Phosphorylierung

pb2+ sowie u.a. die Funktion der Clutathiontransferasen. R 2 blockiert Enzyme, die aufweisen. Anorganiscnes 1- hingegen wird in der benachbarte Thiolgruppen " rib2+

Knochensubstanz angereichert, woes Ca 2+ ersetzt. Die Chelattherapie ist zur Aus- scheidung von Organobleiverbindungen wenig geeignet, da Komplexbildner wie Diethylentriaminpentaacetat oder Penicillamin nur skelettgebundenes Pb 2§ mobili- sieren.


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