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EmpaNews November 2012

Date post: 22-Mar-2016
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Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer - Jahrgang 10, Nummer 38
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Asphalt, der sich selber heilt 14 Erdgas-Hybridauto CLEVER 10 Neu: Departementsleiterin Brigitte Buchmann 16 Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer Jahrgang 10 / Nummer 38 / November 2012 Empa News Solare Energieversorgung
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Page 1: EmpaNews November 2012

Asphalt, der sichselber heilt 14

Erdgas-HybridautoCLEVER 10

Neu: DepartementsleiterinBrigitte Buchmann 16

Magazin für Forschung, Innovation und TechnologietransferJahrgang 10 / Nummer 38 / November 2012

EmpaNews

Solare Energieversorgung

Page 2: EmpaNews November 2012

02 // Editorial

Anorganische SolarzellenDünne Schichten auf dem Wegzur Serienreife 04

Die SchweizerEnergiewende

Nun stellen wir also unser Energiesystem um.Das hat der Bundesrat in seiner «Energiestrate-gie 2050» beschlossen und bereits erste Mass-

nahmen vorgestellt. Im Kern geht es darum, weniger«klassische» Energie zu verbrauchen und vermehrt er-neuerbare Quellen zu nutzen.

Was auf dem Papier einfach aussieht, entpuppt sichindes bei genauerem Hinsehen als ein äusserst komple-xes Unterfangen – bei dem nicht selten einstige «Hoff-nungsträger» schnell einmal zum Buhmann werden.

Etwa biogene Treibstoffe, von denen diemeisten alles andere als «Bio» sind (s. Sei-te 20). Oder im Bereich Mobilität, wo dasPendel nach der anfänglichen Elektro-Eu-phorie allmählich in die Gegenrichtungauszuschlagen beginnt.

Was lernen wir (hoffentlich) daraus?Dass es im Energiebereich keine simplen All-heilmittel gibt. Wollen wir die Energiewendebewerkstelligen, tun wir gut daran, die un-

terschiedlichen Ansätze nicht gegeneinander auszuspielenund einseitig zu propagieren. Es gilt vielmehr, auch dieSchwachstellen künftiger Energieträger und -systeme zuanalysieren und zu berücksichtigen. Und dann ein Szenariozu entwerfen, in dem die verschiedenen Energiequellenihre Stärken voll zur Geltung bringen können.

Das heisst aber auch, dass sich etwa der Mobilitäts-sektor deutlich diversifizieren wird. Anstatt ausschliesslichErdöl-basierter Treibstoffe werden künftig verschiedeneEnergieträger Menschen und Güter transportieren helfen.Wie das konkret aussehen könnte, zeigt «CLEVER», ein ander Empa entwickeltes Fahrzeug, das einen energiesparen-den Hybridantrieb mit einem CO2-armen Erdgasmotorkombiniert (s. Seite 10).

Die verschiedenen Mobilitätstypen auf Stärken undSchwächen abzuklopfen und weiterzuentwickeln, istauch Ziel des «Mobility Demonstrator», den wir derzeitkonzipieren (s. Seite 17). Damit möchte die Empa zu ei-ner Versachlichung der häufig emotional geführtenEnergiediskussion beitragen.

Viel Vergnügen beim Lesen.

Michael HagmannLeiter Kommunikation

Titelbild

In dieser Vakuumverdampfungsanlageentsteht die Solarzelle der Zukunft:Die aktive Schicht aus Kupfer, Indium,Gallium und Selen ist 100 Mal dünnerals die einer Silizium-Solarzelle. Dasmacht die Zellen billiger – und zugleichauch biegsam.

Page 3: EmpaNews November 2012

Editorial & Inhalt // 03

Tensairity-TechnologieFederleichte Empa-Technik für die Paralympics 19

AutomobiltechnikDer Erdgas-Hybrid CLEVER auf seiner ersten Fahrt 10

Organische SolarzellenEin billiger Foto-Farbstoff als Stromproduzent 08

Fokus: Solare Energieversorgung

04 Solarzellen nach Geheimrezept Dünne CIGS-Zellen stehen kurz vor der Serienreife.

08 Farbige Energieversorgung Transparente Solarzellen aus einem altbekannten Farbstoff

Forschung und Entwicklung

10 CLEVER fahren mit Erdgas und Strom Das Erdgas-Hybridauto der Empa auf seiner ersten Fahrt

12 So funktioniert der CLEVER – Hybridtechnik im Röntgenbild

14 Aufgekocht und frischgemacht Ein neuartiger Asphalt heilt seine Risse selbst

16 «Die Empa ist immer in Bewegung» Die neue Departementsleiterin Brigitte Buchmann im Interview

Wissens- und Technologietransfer

19 Olympische Ehren für die Tensarity-Technologie Federleichte Halbmonde begeistern an den Londoner Paralympics

20 Biotreibstoffe: von wegen «grün»! Eine neue Studie der Empa zeigt beträchtliche Umweltschäden

Impressum

HerausgeberinEmpaÜberlandstrasse 1298600 DübendorfSchweizwww.empa.ch

Redaktion & GestaltungAbteilung Kommunikation

KontaktTelefon +41 58 765 47 [email protected]

AnzeigenmarketingMetroComm AGErnst NiedererZürcherstrasse 1709014 St.GallenSchweizTelefon +41 71 272 80 [email protected]

Erscheint viermal jährlich

ISSN 1661-173X

COC-100246 FSC Mix

Page 4: EmpaNews November 2012

Solarzellen nachGeheimrezeptSolarmodule aus Silizium sind für viele Anwendungenzu starr in der Form – oft sind sie auch zu teuer.Die Lösung sind Solarzellen auf flexiblen Folien.Sie könnten Strom aus Sonnenlicht deutlich billigererzeugen. An der Empa wird der Aufbau solcherZellen erforscht. Und gleich nebenan probteine Start-up-Firma bereits die Serienfertigung.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

Page 5: EmpaNews November 2012

Fokus: Solare Energieversorgung // 05

Der Empa-Solarforscher Ayodhya Tiwariist zugleich Start-Up-Unternehmer. In dengrossen Vakuum-Verdampfungsanlagenseiner Firma lassen sich flexible Dünn-schichtsolarzellen von beträchtlicherGrösse herstellen. Zugleich forscht Tiwarimit seiner Arbeitsgruppe weiter an denGrundlagen der Technologie.

>>

An der Empa gibt es Räume, an denen Staub von draussennichts zu suchen hat. Das Forschungslabor von AyodhyaTiwari und seinem Team ist ein solcher Ort. Vor seinem

Betreten hält man inne: Überschuhe aus blauem Plastik sindPflicht; an der Schwelle zum Labor zieht man sie über. Die staub-arme und krümelfreie Atmosphäre ist dem Forschungsobjekt ge-schuldet: Hier werden Solarzellen erforscht, deren aktive Schichtnur einen 500-stel Millimeter Stärke hat. Trotzdem sind diese sogenannten Dünnschichtzellen in der Lage, knapp 20 Prozent desSonnenlichts in Elektrizität umwandeln.

Schon in wenigen Jahren könnten uns diese Dünnschichtzel-len überall begegnen – auf Autodächern und Outdoorbekleidung,auf Solar-Rollos oder Dachpappe aus dem Baumarkt – vor allemaber auf riesigen Solar-Feldern. Einerseits also dort, wo Silizium-zellen zu starr und unflexibel sind. Andererseits dort, wo teure Si-lizumtechnik heute noch nicht rentiert. Der technische Grund da-für ist einfach: Kristallines Silizium muss rund ein Fünftel Milli-meter dick sein, um in einer Solarzelle eingesetzt werden zu kön-nen. Dann aber lässt es sich nicht mehr biegen – der Kristall würdezerbrechen. Die hohe Schichtdicke frisst ausserdem viel Material,und das geht ins Geld.

Vorteil für die DünnschichtzelleDünnschichtzellen – mit ihrer 100-mal dünneren Schicht – umge-hen diese Probleme. Doch ihre Herstellung ist trickreich. Vor al-lem dann, wenn die Zellen besonders effizient sein sollen. Tiwaris

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06 // Fokus: Solare Energieversorgung>>

Team beschäftigt sich mit der Erforschung von CIGS-Zellen – die Ab-kürzung steht für «Cooper-Indium-Gallium-(di-)Selenid». Ein Teildes Teams fabriziert die Zellen im nasschemischen Verfahren auseiner Lösung. Das Aufbringen von gelösten Stoffen ist technisch ein-facher, bringt jedoch nur Zellen mit geringerer Effizienz hervor.

Ein anderer Teil des Forschungsteams untersucht das Ver-dampfungsverfahren für die Herstellung von CIGS-Zellen. Mit die-ser Bauart gelang es dem Empa-Team vergangenes Jahr, den Effi-zienz-Weltrekord für flexible Solarzellen auf Plastikfolien zu kna-cken: 18,7 Prozent Energieausbeute bescheinigte das FraunhoferInstitut für Solare Energiesysteme (ISE) im deutschen Freiburg.

Mit verhüllten Schuhen stehen wir also nun vor mehrerenstählernen Vakuumverdampfungsanlagen, in denen die Rekord-Zellen präpariert wurden. Gruppenleiter Stephan Bücheler erläu-tert, wie komplex die Herstellung ist: Die Grundlage für die Zellenbildet eine Folie aus Polyimid – einem hochtemperaturfestenKunststoff, der die folgende Prozedur überstehen muss. Zunächstwird im Sputterverfahren eine Molybdänschicht aufgebracht. Dieso metallisierte Folie wandert dann durch mehrere Schleusen indie stählerne Hochvakuumverdampfungsanlage. «Hier geschiehtder entscheidende Schritt der Herstellung», sagt Bücheler. «Ausden Einzelbestandteilen Kupfer, Indium, Gallium und Selen wirddie CIGS-Schicht aufgedampft. Dabei bleibt die Zusammenset-zung nicht über die ganze Schichtdicke gleich, sondern verändertsich von unten nach oben.»

Das Rezept bleibt ein GeheimnisDanach wird die CIGS-beschichtete Folie aus dem Vakuum he-rausgenommen, erhält auf nasschemischem Weg eine Puffer-schicht, dann abermals im Sputterverfahren eine Deckelektrodeaus Zinkoxid. Das entscheidende Know-how steckt jedoch in derCIGS-Schicht: Per Hand steuern die Empa-Forscher die Tempera-tur der einzelnen «Zutaten» und damit deren Verdampfungsrate.

Auf der Folie bildet sich eine Schicht mit graduell unterschiedli-cher Zusammensetzung. Das Grundprinzip ist zwar weit herumbekannt, doch die Feinheiten des Prozesses bleiben geheim. Dieälteste Verdampfungsanlage ist bereits seit 20 Jahren in Betrieb.So lange experimentiert das Tiwari-Team schon an der perfektenCIGS-Zelle. Experimentieren heisst natürlich nicht «trial and er-ror» bis die Mischung stimmt. Die theoretischen Grundlagen hin-ter der perfekten Zelle wollen gleichzeitig erarbeitet sein, auftre-tende Effekte und Ergebnisse müssen in der wissenschaftlichenGemeinde diskutiert werden. Es ist eine ausgewogene Strategienötig zwischen Veröffentlichung eines Ergebnisses – oder dessenSicherung durch ein Patent.

Der lange, teure Weg zur SerieEiner der aufwändigsten und teuersten Schritte ist jedoch der Wegvom Labor zur Serienproduktion. Denn selbst mit den besten For-schungsergebnissen lässt sich erst dann Energie ins Stromnetzspeisen, wenn das ersonnene Produkt in grosser Menge hergestelltwird. «Dieser Schritt erfordert ein grosses Team, viele Monate,wenn nicht Jahre Arbeit und – eine Menge Geld», betont AyodhyaTiwari. Mit einigen seiner früheren Doktoranden hat er das Start-up-Unternehmen «Flisom» gegründet und einige Investoren umsich geschart. Während im Labor also Versuchszellen von fünfQuadratzentimeter Grösse entstehen, wird bei Flisom die Serien-produktion grosser Zellen geübt. Der Standort der Forschungsfir-ma ist nur wenige hundert Meter von den Labors entfernt, eben-falls auf dem Empa-Gelände.

Hinter einer unscheinbaren Stahltür muss der Besucher dieStrassenschuhe ein weiteres Mal mit Überschuhen aus Plastik ver-hüllen. Denn auch die Prototypenproduktion ist heikel. Tiwariführt uns durch die Halle, in der knapp 20 Mitarbeiter an der Se-rienfertigung von flexiblen Dünnschichtzellen tüfteln. Hier siehtalles schon deutlich nach Industrie aus: Grosse, zylinderförmige

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1µm1µm

ZnO-Frontkontakt(Sputtern)

CdS-Pufferschichtn-Typ Halbleiter(Chemisches Bad)

CIGS-Absorberp-Typ Halbleiter(Verdampfung)

Metall-Rückkontakt(Sputtern)

Substrat

CIGS

Fokus: Solare Energieversorgung // 07

Maschinen stehen herum, jede knapp vier Meter im Durchmesser.Hier soll – im Hochvakuum – der Beschichtungsvorgang stattfin-den. Die vorbereitete Polyimidfolie, auf der bereits eine Molyb-dänschicht haftet, wird auf einer grossen Spindel in die Vakuum-anlage eingespannt, dann wird die Luft aus der Anlage herausge-pumpt. Im Vakuum wird die Folie dann abgerollt, mit der CIGS-Schicht versehen und wieder aufgerollt. Die weiteren Beschich-tungsschritte finden wieder ausserhalb der Maschine statt.

«Beinharter Wettbewerb»Soweit das Prinzip. Eine der Maschinen steht zu Wartungsarbeitengerade offen und lässt einen Blick ins Innere zu. Ein kompliziertesSystem von Spindeln, Umlenkrollen und Metallkästen ist zu sehen.«Fotografieren dürfen Sie hier nicht», sagt Tiwari und hält den Kol-legen mit der Kamera zurück. Strengste Geheimhaltung gilt auchhier: «Es gibt einen beinharten internationalem Wettbewerb auf die-sem Gebiet.» Die grossen Folienbeschichtungsanlagen sind tech-nisch zwar mit Maschinen verwandt, die schon heute in der Verpa-ckungsindustrie eingesetzt werden. Ein Industrieausrüster liefert siemassgeschneidert an Flisom. «Doch auch der Lieferant kennt nichtalle Details», lächelt Tiwari geheimnisvoll. «Wir bestellen die Anla-gen mit bestimmten Leerstellen im Gehäuse. Was an diesen Stellendann eingebaut wird, wissen nur wir.»

Und wann kommen die ersten CIGS-Zellen auf den Markt,wollen wir vom Empa-Forscher wissen. «Die Serienproduktion istfast in Sicht», antwortet Tiwari. Wenn alles gut gehe, sei die Pro-duktionsmethode in weniger als fünf Jahren marktreif. Schon jetztstehen Prototypen von CIGS-Zellen auf dem Dach der Empa undwerden bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter, auf ihre Halt-barkeit und Widerstandsfähigkeit geprüft. In fünf bis zehn Jahrenkönnte es erste Solar-Parks auf Basis der preisgünstigen Dünn-schichtzellen geben. Dann ist der weite Weg von der Laborfor-schung bis zur Energieproduktion geschafft. //

Finanzmittel vonder EU

Die Empa und das Start-up-Unter-nehmen Flisom sind Partner im Eu-ropäischen Konsortium R2R-CIGS,das sich zum Ziel gesetzt hat, dieEntwicklung hocheffizienter CIGSSolarmodule auf flexiblen Substra-ten voranzutreiben. Die EuropäischeKommission unterstützt das R2R-CIGS Forschungs- und Entwick-lungsprojekt mit 7 Millionen Euro.

1Eine hitzefeste Spezialfolie ausdem Kunststoff Polyimid bildetdie flexible Grundlage fürdie CIGS-Dünnschichtzellen.

2Gruppenleiter Stephan Büchelernimmt eine der CIGS-Zellen ausder Labor-Verdampfungsanlage.Im Hochvakuum wurde eineMischung aus Kupfer, Indium,Gallium und Selen auf dieTrägerfolie aufgedampft – daherstammt das Kürzel CIGS.

3Die einzelnen Schichten einerCIGS-Zelle und ihre Herstel-lungsweise. Die aktive Schichtist 100-mal dünner als dieeiner herkömmlichen Silizium-zelle. Das spart Kosten.

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08 // Fokus: Solare Energieversorgung

Farbige EnergieversorgungMit Hilfe preisgünstiger Solarzellen aus organischen Farbstoffen möchteFrank Nüesch mit Partnern aus Forschung und Industrie dieEnergiewende unterstützen. Vorteil: Die Zellen können auch transparentsein, eignen sich also für Büroverglasungen und Autofenster.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

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Fokus: Solare Energieversorgung // 09

Wie eine Solarzelle Licht einfängt und in Stromumwandelt, ist nicht ganz einfach zu erklären.Darum wird ein Besuch bei Frank Nüesch

schnell zu einem intellektuellen Parforceritt durch dieWelt der Quantenchemie. Der Physiker leitet die Abteilung«Funktionspolymere» und forscht an Solarzellen auf derBasis von organischer Chemie – das Licht soll also mit Hil-fe von Kohlenstoffverbindungen «verstromt» werden. Eineprofunde Kenntnis von Halbleiterphysik ist hierfür ebensowichtig wie Virtuosität im chemischen Syntheselabor.

Vereinfacht erklärt, funktioniert die organische Solar-zelle so: Licht fällt auf einen Farbstoff und regt dort Elek-tronen zum Schwingen an. Die schwingenden Elektronenkönnen ihre Energie von einem Molekül zum anderenweitergeben, bis sie schliesslich von einem Akzeptormo-lekül aufgefangen und an eine Elektrode weitergeleitetwerden. Die «verlorengegangenen» Elektronen werdenvon der Gegenelektrode an den Farbstoff zurückgegeben.So fliesst ein Strom, der durch Lichteinfall ausgelöst wor-den ist.

Eine junge DisziplinOrganische Solarzellen sind eine recht neue Disziplin

in der Wissenschaft. Die erste wurde 1986 von Ching W.Tang in den Kodak Research Laboratories gebaut – immer-hin 33 Jahre nach der ersten Siliziumsolarzelle, die in denLabors der US-Telefonfirma Bell entstand. Doch die Auf-holjagd in den Labors der Welt ist seit den 1990er-Jahreneröffnet: Schon erreichen die ersten organischen Zellen ei-nen Effizienzgrad von über 10 Prozent und sind damit imBereich von amorphen Siliziumzellen vorgedrungen. «Esist nur eine Frage der Zeit, bis organische Solarzellen aufden Markt kommen», sagt Nüesch.

Dafür, dass sie sich dort gegenüber der Siliziumkon-kurrenz auch behaupten, sprechen viele Vorteile:

– Es lassen sich extrem stark absorbierendeFarbstoffe nutzen, die Sonnenlicht bereitsin ultradünnen Schichten einfangen können. Kristallines Silizium absorbiert das Lichtdagegen schlechter, es braucht also eine dickere Schicht – sprich: mehr Material – für dengleichen Effekt.

– Manche Farbstoffe können nahes Infrarot- oder UV-Licht einfangen und sichtbares Lichtdurchlassen. So werden transparente Solarzellen möglich.

– Viele der Farbstoffe sind schon seit Jahrzehnten bekannt und sehr billig herzustellen.

– Die Zellen lassen sich grosstechnisch im«Roll to roll»-Verfahren herstellen, was dieProduktion noch weiter verbilligen wird.

Ein altbekannter FarbstoffEmpa-Forscher Nüesch gehört zu den Pionieren der Zunft– er doktorierte in den 1990er-Jahren im Team von MichaelGrätzel, dem Erfinder der Farbstoffsolarzelle, einer ver-wandten Technologie. Kein Wunder, dass er neben etli-chen anderen Forschungsvorhaben auch diesem Thematreu blieb. Um Kosten für Solarstrom deutlich senken zukönnen, setzt Nüesch auf einen Billigfarbstoff: Die Gruppeder Cyaninfarbstoffe wurde bereits im 19. Jahrhundertentdeckt und von Beginn des 20. Jahrhunderts an als Sen-sibilisator für die Schwarzweissfotografie eingesetzt. DieFarbstoffe fingen energetisch schwächeres rotes Licht einund konnten damit Silbersalze in den Filmstreifen redu-zieren. So wurden hoch lichtempfindliche Filme über-haupt erst möglich. Auch heute noch wird der Farbstoffindustriell hergestellt und für die Datenspeicherung aufCD-ROMs und als Biomarker eingesetzt – als billigerGrundstoff kann er bald ebenso für organische SolarzellenDienste leisten.

Frank Nüesch träufelt etwas von der Farbstofflösungauf ein Trägergewebe, das später in seinen SolarzellenVerwendung findet, und schwärmt: «Diese Fotofarbstoffesind die stärksten Lichtabsorber, die bekannt sind. Mit nureinem Gramm Farbstoff lassen sich zehn QuadratmeterSolarzellen beschichten.» Dann muss er lächeln. «Aller-dings ist am Laborkittel der Forscher auch leicht zu erken-nen, wenn jemand unsauber gearbeitet hat.»

Absolut luftdicht – das «TREASORES»-ProjektMit dem altbekannten Farbstoff alleine ist es jedoch nichtgetan. Organische Solarzellen bestehen aus mehrerenSchichten: Auf eine Glasscheibe mit elektrisch leitfähigerZinnoxid-Beschichtung wird zunächst dotiertes Polythio-phen aufgebracht – ein elektrisch leitendes Polymer. Esfolgt der Cyaninfarbstoff, darüber eine Schicht C60-Koh-lenstoff. Eine Schicht aus Aluminum-Hydroxyquinolinstellt die Verbindung zur Gegenelektrode her, die aus auf-gedampftem Aluminium besteht. Das Problem an der Sa-che: Alles muss absolut luftdicht sein, damit der Farbstoffund die organischen Helferschichten nicht durch Oxidati-on zerstört werden.

Ein wichtiger Forschungsgegenstand auf dem Wegzur organischen Solarzelle ist also die Suche nach geeig-neten Elektrodenmaterialien, die zugleich das Systemversiegeln. Nüesch ist auch auf diesem Gebiet aktiv, alsKoordinator des europäischen «TREASORES»-Projekts(«Transparent Electrodes for Large Area, Large Scale Pro-duction of Organic Optoelectronic Devices»). Zusammenmit 13 Partnern aus europäischen Hochschulen und Un-ternehmen wird nach flexiblem Elektrodenmaterial ge-sucht, das die starren Zinnoxid-beschichteten Glasplat-ten ersetzt. Auch die Deckelektrode aus Aluminium stehtzur Disposition. Das von der EU geförderte Projekt startetim November 2012 und läuft drei Jahre. Am Ende soll einSystem von Elektroden- und Dichtschichten stehen, daseinerseits den organischen Solarzellen eine lange Le-bensdauer sichert, andererseits auf grossen Industriema-schinen rasch und günstig gefertigt werden kann. //

«Ein Gramm Farbstoff genügt für zehnQuadratmeter Solarzelle.» Frank Nüeschträufelt eine Lösung des Cyaninfarbstoffsauf ein Spezialgewebe, in das feineLeiterbahnen eingebaut sind. Aus diesenKomponenten sollen künftig preisgünstigeSolarzellen entstehen.

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10 // Forschung und Entwicklung

CLEVER fahren mitErdgas und Strom Die Empa hat bei der Entwicklung alltagstauglicherErdgasautos eine tragende Rolle gespielt. Nun folgtder nächste Streich – der Erdgas-HybridwagenCLEVER. Der Versuchsträger drehte gerade seine erstenRunden. Und EmpaNews sass am Steuer.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

1Der CLEVER bei seiner ersten Ausfahrt aufdem Gelände der Empa. Die äussereForm des VW Touran blieb unverändert.

2Im Gepäckraum ist die 4,5 kWh grosseBatterie untergebracht. Das Modulstammt von der ETH Zürich und hat sichbereits in der Studenten-Rennserie«Formula Student» bewährt. DieLeistungselektronik entwickelte die Empa.

3Das Herzstück des Hybridantriebs istder Elektromotor, der vor der Hinterachseim Unterboden sitzt.

4Ein Zusatzmonitor auf dem Armaturen-brett informiert den Fahrer und gibtSchalttipps.

Von aussen sieht der Wagen aus wieein gewöhnlicher VW Touran, Bau-jahr 2007. Doch unterm Blech

steckt eine Revolution – ein Antriebskon-zept, das es so noch nie gab und das jetztan der Empa erforscht und weiterentwi-ckelt wird. Es ist ein sonniger September-nachmittag, und im Motorenhaus derEmpa steht der CLEVER, der erste (und ein-zige) handgeschaltete Erdgas-Vollhybridder Welt, zu seiner ersten Testfahrt bereit.

Zunächst ist der Wagen noch auf demRollenprüfstand festgegurtet, auf dem dasFeintuning der Antriebssysteme stattfin-det. Projektleiter Patrik Soltic erläutert vorder Fahrt, wie es zu dem Projekt kam undwas in dem Wagen steckt: Schon seit meh-reren Jahren forscht die Empa an Erdgas-motoren. In den Hallen in Dübendorf ent-stand eines der weltweit ersten Erdgas-Tur-boautos, hier wurden Brennverfahren er-forscht, die es möglich machten, einen Mo-tor direkt mit Erdgas zu starten, ganz ohneBenzin als Starthilfe. Inzwischen ist die ander Empa entwickelte Technik längst aufder Strasse angekommen: VW, Opel undFiat offerieren sparsame, zuverlässige undkraftvolle Erdgas-Turbomotoren.

Kosten sparenDie Empa dreht das Rad nun weiter: «EinErdgas-Hybridantrieb würde ein Mittel-klassefahrzeug um etwa 20 Prozent verteu-ern – dafür aber bis zu 45 Prozent CO2 ein-sparen», erklärt Soltic. «Das ist ein Wert,der vor allem für Flottenbetreiber sehr in-teressant sein könnte.» Denn jene profes-sionellen Autokäufer interessieren sichnicht allein für den Einstandspreis des Wa-gens, sondern für die Gesamtkosten überdessen gesamte Lebensdauer, «Total Costof Ownership» (TCO) genannt.

Statt das ganze Modell nur theoretischdurchzurechnen, entschied sich die Empa,ein echtes Fahrzeug aufzubauen, das auchim Praxiseinsatz getestet werden kann. Pa-rallel dazu entwickelte Soltics Team auf denMotorenprüfständen der Empa neue Kon-zepte für eine effizientere Erdgasverbren-nung. Als Partnerin ist die ETH Zürich mit anBord: Die Forschungsgruppe von Konstanti-nos Boulouchos erforscht die Grundlagen vonVerbrennungsprozessen, indem sie das Strö-mungs- und Brandverhalten von Treibstoffenim Zylinder am Computer simuliert, die For-schungsgruppe von Lino Guzzella liefert dietheoretischen Grundlagen für die Steuerungder Hybrid-Regelsysteme und die Dimensio-nierung der Bauteile. Und die Industriepart-ner Volkswagen und Bosch sorgen mitGrossserientechnik dafür, dass das Ver-suchsauto CLEVER auf die Räder gestellt

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Forschung und Entwicklung // 11

werden konnte – obwohl, wie Empa-For-scher Soltic betont, «die Idee eines handge-schalteten Erdgas-Hybriden nicht zur Kon-zernstrategie der Industriepartner» gehöre.«Ich bin mir aber sicher, dass sie sich unsereErgebnisse ganz genau anschauen werden»,sagt er.

Ein «entkernter» VW TouranDie Anfänge des Projekts CLEVER reichenbis ins Jahr 2007 zurück. Ziel war es, ein Hy-bridsystem mit einem Erdgasantrieb zu ver-knüpfen. Doch dann verzögerte sich allesdurch die Automobilkrise 2008: Viele Zulie-ferer kamen in Schwierigkeiten, Verträgeplatzten. So konnten etwa Spezialkolben fürden Motor nicht geliefert werden. Das Pro-jekt kam kaum voran. Doch die Verzögerunghatte auch Vorteile: 2009 waren plötzlichspeziell für Hybridfahrzeuge entwickelteAntriebskomponenten verfügbar, die es vor-her nicht gab.

Endlich konnte der Touran, auf dem derCLEVER basiert, entkernt und an der Empaneu aufgebaut werden. Seine herkömmliche1,6-Liter-Maschine landete im Regal, ein 1,4-Liter-Erdgas-Turbo fand unter der HaubePlatz. Ein weiteres VW-Serienteil sorgt fürden Kraftschluss von Elektro- und Benzinmo-tor, das Allradgetriebe eines VW Tiguan. Dieaus dem Getriebe nach hinten führende Kar-danwelle, die normalerweise die Hinterachseantreibt, wird im CLEVER einfach anders he-rum genutzt: Der Elektromotor dreht dieseWelle und schickt so seine Kraft ans Getriebeund schliesslich auf die Vorderräder.

Batterietechnik von der ETHNun ging es noch um eine passende Batterie.Patrik Soltic baute auf einer Entwicklung vonETH-Studenten auf, die für die Studenten-Rennserie «Formula Hybrid» ein entspre-chend leistungsfähiges Grundsystem geschaf-fen hatten. Das bewährte Modul wurde miteiner neuen Elektronik versehen und fülltnun den Gepäckraum des CLEVER. Die Bat-teriekapazität von 4,5 kWh «ist für unsereZwecke mehr als ausreichend», sagt Soltic.Auch die Stromaufnahme des 30 kW starkenElektromotors verursacht keine Probleme –im Renneinsatz der «Formula Hybrid» wirddas Bauteil mit bis zu 100 kW fertig.

Soltic hat den CLEVER nun vom Rollen-prüfstand abgekoppelt und rollt ihn aus derMotorenhalle. Nun darf die EmpaNews ansSteuer. Auf den ersten Metern fühlt sich derWagen so vertraut an wie jeder serienmässi-ge VW: Interieur und Bedienungselementedes Touran blieben unverändert. Auch dasSechsganggetriebe funktioniert wie ge-wohnt. Zunächst fällt lediglich der Monitorins Auge, der mittig auf dem Armaturenbrettthront. Hier gibt die Elektronik des CLEVERdem Fahrer Schaltempfehlungen und zeigtan, ob die Fahrt im nächst höheren oderniedrigeren Gang energieeffizienter wäre.

So clever fährt der CLEVERBeim Ausrollen vor der ersten roten Ampelgibt Soltic erste Fahrtipps: «Leerlauf rein undmit wenig Gas auf die Ampel zurollen lassen.»Hier spielt der Hybrid seine Stärken aus: Stattden Erdgasmotor im Teillastbereich recht in-effizient laufen zu lassen, wird er von derBordelektronik abgestellt. Der Elektromotorübernimmt den Schub bis zum Ampelstopp.Dort angekommen bleibt der Verbrennungs-

motor aus, bis der Fahrer die Kupplungdrückt und wieder den ersten Gang einlegt.

Es braucht ein bisschen Gewöhnung,bis man die Philosophie des Autos verinner-licht und den eigenen Fahrstil angepasst hat.In bestimmten Situationen lohnt es sich, denCLEVER nur elektrisch zu fahren – dazuwird das Getriebe in Leerlauf geschaltet undder Schub des Elektromotors mit dem Gas-pedal geregelt. Der Elektromotor ist freilichauch aktiv, wenn ein Gang eingelegt ist. Ent-weder schiebt er zusätzlich an und spart da-durch Treibstoff oder er bezieht Kraft ausdem Getriebe und lädt damit die Batterie.Der Bordcomputer wählt die Betriebsartenso, dass der Erdgasmotor immer im energie-effizientesten Bereich läuft und die Batterieeine ausgeglichene Ladebilanz hat – dasAuto ist voll autark und muss nie an eineSteckdose.

«All dies haben wir natürlich zuerst ein-mal am Computer durchgerechnet und si-muliert, ein echtes Auto hätten wir für dieErarbeitung des Potenzials und der Betriebs-strategie nicht gebraucht», sagt Soltic. Dochmit einer Fahrt in einem echten Auto liessensich viele kleine Details wie die Fahrbarkeitund die Akustik besser evaluieren als mit ei-ner Computeranimation. Und das wäre derwahre Sinn des CLEVER: Das Versuchsautomit Erdgas-Hybridantrieb soll nicht nur dieneue Technik erforschen helfen, sondernauch zeigen, ob normale Menschen ohne In-genieurstudium damit zurechtkommen.«Die Empa hat eine Brückenfunktion zwi-schen Forschung und Anwendung in derPraxis», sagt Soltic. «Der CLEVER ist einschönes Beispiel dafür. Mit ihm wollen wireine Wissenslücke im Bereich der alternati-ven Antriebe schliessen.» //

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So funktioniert der CLEVER –

Monitor zur Überwachungder Fahrzustände.

1,4-Liter Erdgas-Turbomotorvon VW, 110 kW Leistung.

Sechsgang-Schaltgetriebe vonVW in Allrad-Ausführung.

Page 13: EmpaNews November 2012

Hybridtechnik im Röntgenbild

Kardanwelle – führt normalerweise zurangetriebenenen Hinterachse. Wirdbeim Empa-Hybriden aber «umgekehrt»genutzt: der Elektromotor speist hierseine Energie in den Antrieb.

Elektromotor,30 kW Leistung.

Elektrospeicher ausLi-Ionenbatterien,Inverter undLeistungselektronik.

Basis: VW Touran

Page 14: EmpaNews November 2012

14 // Forschung und Entwicklung

Eine Strasse hat es nicht leicht: Temperaturunterschiede undaggressive chemische Substanzen wie Luftsauerstoff oderStreusalz setzen ihr zu und machen die Fahrbahn spröde;

unter dem ständigen Druck des pulsierenden Verkehrs entstehenfrüher oder später mikroskopisch kleine Risse. Wasser dringt ein,das im Winter gefriert und den Riss dadurch weiter vergrössert,da Wasser beim Gefrieren sich um bis zu zehn Prozent ausdehnt.

«Sobald die Risse von blossem Auge zu sehen sind, ist es be-reits zu spät», erklärt Alvaro García von der Empa-Abtei-lung «Strassenbau/Abdichtungen». Zurzeit kommenin der Praxis verschiedene Reparaturtechniken zumEinsatz. Sichtbare Risse werden beispielsweiseaufgefüllt und abgedichtet, damit kein Wassermehr eindringen kann. Diese Reparaturstellensind als dünne schwarze Teerstreifen gut sicht-bar. Doch irgendwann führt kein Weg mehr umden Austausch der gesamten Deckschicht herum.

Risse schliessen, solange sie noch «jung» sindDa kam García auf eine Idee. Warum nicht die Risse

schliessen, wenn diese noch mikroskopisch klein sind?Dabei wollte er sich die Eigenschaft zu Nutze machen,

dass Bitumen im Asphalt zähflüssig ist. Bitumen, ein kom-plexes Gemisch langkettiger Kohlenwasserstoffe, das etwa bei der

Vakuumdestillation von Erdöl entsteht, ist pechschwarz und funk-tioniert wie Leim: Es verklebt Gestein und Sand zu Asphalt. DiesemKleber mischt Garcia feinste Stahlwollefasern bei. Tauchen nun imneuen Belag die ersten Mikrorisse auf, rückt der Wartungstrupp miteinem Induktionserhitzer an. Genau wie der Induktionsherd in derheimischen Küche erzeugt dieses Gerät elektromagnetisch induzier-te Wechselströme, die in den Metallfasern in Wärme umgewandelt

Nach 15 bis 20 Jahren muss der Belag einer Schweizer Strasse ersetzt werden.Die Bauarbeiten führen oft zu nervenden Staus. Empa-Forscher tüftelnan einem neuen Belag, der sich nicht nur einfacher und ohne Verkehrsstausreparieren lässt, sondern auch noch deutlich langlebiger ist.

TEXT: Marco Peter / BILDER: Empa

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Aufgekocht und frischgemacht

1Eine Schweizer Autobahn besteht auseiner Asphalttragschicht, einerBinder- und einer Deckschicht. Dankfeinster Stahlwollefasern in der Deck-schicht kann diese durch Induktionerhitzt werden, kleine Risse «schmelzen»dadurch einfach wieder zusammen.

2Die Mikroskopaufnahme zeigt einegleichmässige Verteilung der goldeneingefärbten Stahlwollefasern imBitumen, der die Schottersteine umhüllt.

3Der Strassentester wird in der letztenProjektphase der Probefläche mit demneuen Asphalt zu Leibe rücken, umdessen Reparaturfähigkeit zu testen.

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Induktionserhitzer

Magnetfeld

Asphaltbinderschicht

Asphalttragschicht

Asphaltdeckschicht miterhitzten Stahlwollefase

Forschung und Entwicklung // 15

werden. Die Stahlwolle wird heiss, erhitzt das umgebende Bitu-men, bei 80 Grad Celsius fängt der Asphalt an zu «schmelzen» undverfestigt sich beim Abkühlen im Inneren wieder zu einer ge-schlossenen Masse. Der Belag hat sich (fast) von selbst wieder re-pariert.

Bevor sich Alvaro García aber auf Schweizer Asphalt konzen-triert, testet er dieses Verfahren mit Kollegen der Technischen Univer-sität DELFT auf holländischen Strassen. In der Nähe von Vlissingen,im Südwesten des Landes, wurden 300 Meter Autobahn mit dem neu-en Asphalt versehen. Seit zwei Jahren rollt der Verkehr über den Test-abschnitt. Wenn die Deckschicht am Ende ihrer Lebensdauer ange-langt ist, wollen die Wissenschaftler mit dem Induktionserhitzer auf-fahren und den Belag «auffrischen». Dies wird bereits nach 12 bis 13Jahren der Fall sein; denn die Strassen Hollands sind anders beschaf-fen als jene hierzulande: Sie bestehen aus offenporigem Asphalt, kurzOPA. In diesem Asphalt werden die Schottersteine nur von wenig Bi-tumen zusammengehalten und der Asphalt ist von einem Netz ausPoren durchzogen, so dass Wasser in ihn hineinsickern und auf denSeiten der Fahrbahn abfliessen kann. In der Schweiz wird dagegenAsphaltbeton verwendet, in dem die Steine komplett von Bitumenumschlossen sind und in den kein Wasser eindringen kann.

Aufgrund dieser unterschiedlichen Asphalttypen können Garcíaund sein Doktorand José Norambuena die Ergebnisse aus demholländischen Projekt nicht einfach kopieren und hier anwenden,sie müssen im Labor vielmehr nach dem „trial and error“-Prinziparbeiten, um «die richtige Asphaltmischung für die Schweiz erstnoch herauszufinden», so García.

Die richtige Mischung machtsAn der Empa steht dafür ein Mixer, der wie eine Teigmischmaschineaus einer Grossbäckerei aussieht. Darin mischen die beiden Wissen-

schaftler bei 160 Grad Celsius Asphaltproben, indem sie in variieren-der Reihenfolge Gestein, Sand, Bitumen und Stahlwollefasern hinzu-geben. Zudem probieren sie unterschiedliche Grössen der Gesteins-körnung und der Stahlwollefasern aus. Bislang haben sie mit eher di-cken, kurzen Fasern bessere Erfahrungen gemacht, da diese nach demMischen besser im Bitumen verteilt waren und keine Klumpen bilde-ten. Dick heisst in diesem Fall ein Durchmesser von rund drei Mikro-meter und kurz beschreibt eine Länge von ein bis drei Millimeter.

Die verschiedenen Asphaltmischungen pressen die Forscherdann in Testblöcke, die etwa die Grösse eines A4-Blattes haben.Diese Proben wollen sie anschliessend im Labor mit einer Maschi-ne zerbrechen und den gemessenen Druck aufzeichnen. Unterdem Induktionserhitzer schmelzen sie die Laborprobe wieder zu-sammen und spannen sie erneut in die Bruchmaschine ein. An-hand der Kraft, die für den nächsten Bruch nötig ist, erkennen sie,wie gut oder schlecht sich die Bruchstelle «heilen» liess. DiesenZyklus wiederholten sie mehrere Male.

Bis nächsten Sommer will García die optimale Asphaltrezep-tur herausgefunden haben. Damit asphaltiert er dann einen Stras-senabschnitt, allerdings keinen, der tatsächlich befahren wird.Vielmehr wird er den neuen Belag mit dem Strassentester derEmpa im Zeitraffer malträtieren und so die Verkehrsbelastung von10 bis 15 Jahren simulieren. Dieses von der Empa und der süd-afrikanischen Universität Stellenbosch gemeinsam entwickelteGerät erinnert an einen übergrossen, orangenfarbenen Pferdean-hänger und trägt im Inneren mehrere «Lasträder», die in einemRundlauf über den Belag gefahren werden und so die Belastungsimulieren. Nach dem Dauertest werden die Metallfasern in derAsphaltschicht erhitzt und der Belag wieder «in Form» geschmol-zen. Dadurch sollte er der täglichen Fahrzeugflut für weitere fünfbis sechs Jahre standhalten. //

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16 // Forschung und Entwicklung

«Die Empa ist immerin Bewegung»Seit dem 1. September 2012 ist Brigitte Buchmann Direktions-mitglied der Empa und Leiterin des Departements «Energie,Mobilität und Umwelt». Wo kommt sie her? Wo will sie hin?Was sind ihre Ziele? EmpaNews fragte nach.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

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Frau Buchmann, Sie sind seit September Leiterin desDepartements «Energie, Mobilität und Umwelt» –und damit Direktionsmitglied der Empa. Seit wann habenSie diese Aufgaben auf sich zukommen sehen?

Unser Direktor, Gian Luca Bona, hat mich letztes Jahr imSommer gefragt, ob ich das Departement von meinem VorgängerPeter Hofer übernehmen möchte. Im Herbst entschied ich mich,diese neue Herausforderung anzunehmen. Anfang Dezember2011 hat mich der ETH-Rat dann als neues Direktionsmitglied be-stätigt.

Sie kennen das Departement und Ihr Arbeitsumfeld aberschon seit einigen Jahren?

Ja, ich bin schon seit Dezember 1989 im Departement. Dieersten zehn Jahre leitete ich eine Gruppe in der Abteilung «Luft-fremdstoffe/Umwelttechnik» und danach führte ich weitere zehnJahre die Abteilung selber.

Wie hat sich Ihr Aufgabenbereich in dieser Zeit gewandelt?Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass sich die Empa

in dieser Zeit stark verändert hat. Schon allein deshalb hat sichauch meine tägliche Arbeit auf allen Stufen stark gewandelt. Wirhaben unsere Aktivität in jener Zeit von nationalen Forschungs-programmen auf internationale Kooperationen ausgeweitet. AlsAbteilungsleiterin habe ich den Weg begleitet, der uns vom reinenMessen von Daten wegführte hin zur Modellierung. Dadurchkonnten wir die Qualität unserer wissenschaftlichen Aussagenwesentlich verbessern. Es ist immer etwas neu gestaltet worden,neu ausgerichtet oder neu organisiert. Die Empa – wie ich sie bis-lang erlebt habe – war immer in Bewegung.

Sie haben Ihr eigenes Fachgebiet gut im Blick. Nun kommenweitere Abteilungen hinzu. Was ist einfacher: das eigene«Gärtchen» zu pflegen oder sich in neue Aufgaben hineinzu-denken?

Beides ist interessant. Ich kenne längst viele Fachgebiete, weilich bereits seit einiger Zeit Mitglied im Lenkungsausschuss desEmpa-Forschungsschwerpunkts «Natürliche Ressourcen undSchadstoffe» war. So konnte ich viele Kolleginnen und Kollegenmit ihren Forschungsfeldern besser kennen lernen. Mit einigen

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Zur Person

Brigitte Buchmann studierte Chemie an der Universität Zürich und promo-vierte 1988 auf dem Gebiet der metallorganischen Chemie. Seit 1989 istsie an der Empa. 2002 übernahm die Forscherin die Leitung der Abteilung«Luftfremdstoffe/Umwelttechnik» und setzte erstmals flächendeckend Sa-tellitendaten zur Untersuchung der Luftqualität in der Schweiz ein. Sie istMitglied der eidgenössischen Kommission für Weltraumfragen, SchweizerESA-Delegierte und leitet seit 1995 ldas Weltkalibrierzentrum für Ozon im«Global Atmosphere Watch Programm» (GAW) der World MeteorologicalOrganisation (WMO).

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zur Neige gehende – Rohstoffe, zum Beispiel Metalle wie Indiumund Gallium, und versuchen zu ergründen, mit welchen Elemen-ten sich diese ersetzen lassen, damit nicht in ein paar Jahren eintechnologisches Nadelöhr entsteht, das die wirtschaftliche Ent-wicklung deutlich bremsen könnte.

Wir sprachen vorhin vom «Mobility Demonstrator», derimmer mal wieder an die neuesten Erkenntnisse angepasstund neu konfiguriert wird. Gilt das nicht auch für Ihr ganzesDepartement? Haben Sie eine Dauerbaustelle übernommen?

Dauerbaustelle – das klingt mir zu negativ. Aber es ist natürlichschon so, dass man sich in der Forschung immer wieder umorien-tiert. Man kann nicht stehen bleiben, sondern gewinnt neue Er-kenntnisse und baut darauf auf. Solche Prozesse sind natürlich nichtüber Jahre im Voraus zu planen – und gewisse Entwicklungen kön-nen sich auch auf die Ausrichtung einzelner Abteilungen auswirken.Wir müssen also flexibel bleiben, das liegt in der Natur unserer Tä-tigkeit, der Forschung. Was dagegen unverändert bleibt, ist unserZiel: Wir wollen dank unserer Kompetenz und unseren Erfolgen inder praktischen Umsetzung für die Industrie und die öffentlicheHand der kompetente Partner für Innovationen sein. //

Abteilungen führten wir auch schon gemeinsame Projekte durch. Ichselber bin in meinem wissenschaftlichen Leben gar nie so sehr einembestimmten Forschungsgebiet verhaftet gewesen, sondern habe michgern zwischen verschiedenen Sparten der Chemie bewegt.

Ein Beispiel?Auch bei meiner Promotion in Chemie

war das so. Ich habe mich mit der Metallorga-nik beschäftigt – das verlangt zum einen eintiefes Verständnis für organische Synthesenund zugleich eine gute Stoffkenntnis aus deranorganischen Chemie.

Wie weit sind Sie jetzt in IhremDepartement herumgekommen?

Ich war bereits in einigen Abteilungen zuBesuch und habe mit den ForschungsgruppenGespräche geführt, etwa im Motorenhaus, inder analytischen Chemie und in der Abteilung «Festkörperchemieund -katalyse». Ich schätze den persönlichen Austausch über neueProjekte – das bringt mich bei der Ideenfindung weiter, als wenn ichnur Projektberichte und Forschungsgesuche lese.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft? Wiewollen Sie das Departement ausrichten?

Wir arbeiten in unserem Departement an einer Reihe von gesell-schaftlich wichtigen Aufgaben, die in der nächsten Zeit viel Aufmerk-samkeit verlangen, aber auch Aufmerksamkeit erzeugen werden. Vie-le Themen sind mit dem Bereich Energienutzung verknüpft: Wir su-chen nach neuen Materialien und Ansätzen, mit denen sich die Ener-gieeffizienz verbessern lässt, etwa im Bereich Mobilität, die ganz er-heblich zu unserem Energieverbrauch beiträgt. Zurzeit bauen wir den«Mobility Demonstrator» auf, ein richtiges Grossprojekt. Mit ihm wol-len wir verschiedene Mobilitätstypen – mit Wasserstoff betriebeneBrennstoffzellenfahrzeuge, Gasfahrzeuge und Elektrofahrzeuge –weiterentwickeln beziehungsweise in der Praxis testen. Unser Ziel istes, die gesamte künftige Mobilität auf eine nachhaltige, aber auch all-tagstaugliche Basis zu stellen. Der «Mobility Demonstrator» ist eineForschungs- und Technologietransfer-Plattform, in die immer wiederneue Ergebnisse aus der Empa-Forschung integriert werden.

Bei gesellschaftlich und politisch so wichtigen Themen nehmeich an, dass viele Politiker aus Bund und Kantonen bei Ihnenum Rat fragen. Spüren Sie einen solchen Wissensdurst?

Das Interesse ist in der Tat sehr gross, und unsere Abteilungs-leitungen sind in der Politik auch sehr gut vernetzt, etwa ChristianBach mit dem Thema Mobilität, Andreas Züttel im Bereich Was-serstofftechnologie und Anke Weidenkaff, die unter anderem anMaterialien für Brennstoffzellen forscht.

Ihr Departement heisst «Mobilität, Energie und Umwelt».Was tut sich im Bereich Umwelt?

Mit dem Thema Umwelt beschäftig sich just die Abteilung, dieich in den letzten zehn Jahren geleitet habe. Ein Schwerpunkt istdie Untersuchung von anthropogenen – also vom Menschen ver-ursachten – Emissionen. Dazu nutzen und entwickeln wir neueModellansätze, aber auch hochspezialisierte Messgeräte. Zudemanalysieren wir in den verschiedenen Abteilungen, welche Aus-wirkung neue Materialien und Technologien auf die Umwelt ha-ben, etwa durch so genannte Lebenszyklusanalysen oder Ökobi-lanzen. Auf der Ressourcenseite untersuchen wir seltene – oder

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«In der Forschung kann mannicht stehen bleiben, sonderngewinnt Erkenntnisse undbaut darauf auf. Das ist nichtim Voraus planbar.»

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Olympische Ehren fürTensairity-TechnologieGrosse Bühne für die an der Empa entwickelte Tensairity-Technolo-gie: An der Schlusszeremonie der Paralympics am 9. September imLondoner Olympiastadion schwebten 14 Meter lange, federleichteTensairity-Elemente hoch über den Köpfen der rund 80 000 Zu-schauerinnen und Zuschauer. Die drei halbmondförmigen Flugele-mente bildeten die «Agitos» nach, das Symbol der Paralympics.

Die Organisatoren der olympischen Eröffnungs- und Schlussfei-ern hatten sich auf der Suche nach den besten Ballon- oder Drachen-experten an Rolf Luchsinger und Roland Verheul vom «Center forSynergetic Structures» gewandt – mit einer ganz speziellen«Wunschliste» im Gepäck: Sie träumten von ballonartigen Elemen-ten mit geometrisch anspruchsvoller Form, die extrem leicht sindund sich innerhalb von Minuten aufblasen lassen. Als Lösung prä-sentierten die Empa-Forscher massgeschneiderte Tensairity-Elemen-te, die ursprünglich für den Leichtbau – etwa Bedachungen oder Brü-cken – entwickelt wurden. Die Elemente, die aus einer Membran,Stangen, Kabeln und Luft bestehen, werden derzeit auch als überdi-mensionale Flugdrachen eingesetzt und sollen in bis zu 1000 MeterHöhe künftig als fliegende Windenergieanlagen fungieren.

Closing Ceremony of the London 2012Paralympic Games auf Youtube:http://youtu.be/pIRHMmM2z7c

Projekt «Swiss Kite Power»: www.swisskitepower.ch

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Biotreibstoffe:von wegen «grün»!Erst top, dann Flop. So könnte die bisherige Geschichte der Biotreibstoffezusammengefasst werden. Eine neue Studie der Empa hat dieÖkobilanz verschiedener Biotreibstoffe und deren Produktionsverfahrenanalysiert. Insgesamt sind nur wenige umweltfreundlicher als Benzin.

TEXT: Michael Hagmann / BILD: Wikimedia.org

20 // Wissens- und Technologietransfer

Holz

KlärschlammGülle

Benzinschwefelarm

Soja, BR

Soja, US

Raps, D

Raps IP, CH

Zuckerrohr, BRZucker-

hirse, CNÖlpalmen, MY

Mais, US

Roggen, RER

DieselschwefelarmErdgas

Ethanol1. Generation

2. Genration

Biodiesel

Methan

fossil

2007

700

%

600

500

400

300

200

100

0 20 40 60 80 100

Treibhausgasemissionen

ges

amte

Um

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(U

BP

06)

120 % 1400

2012

Biotreibstoffe werden weltweit aus verschiedenen Quellen gewonnen. Umweltbelastung und Treibhausgasemissionen fallen dabei unterschiedlich aus. Die Pfeile in der Grafik zeigen das Ergebnis aktueller Umweltrechnungen im Vergleich zu Berechnungen aus dem Jahr 2007. Vor allem Biotreibstoffe aus Getreide und Soja stehen schlecht da – selbst im Vergleich zu aus Erdöl erzeugtem Benzin.

Hintergrundbild: Brennendes Zuckerrohrfeld bei der Ernte in Australien.

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In den letzten Jahren stieg die Nachfrage nach vermeintlich umweltfreundlichen Biotreibstoffen weltweit deut-lich an; dies hatte einen vermehrten Anbau so genannter Energiepflanzen zur Folge. Parallel dazu haben Öko-bilanzexperten die Methoden zur Umweltbeurteilung von Biotreibstoffen verfeinert und weiterentwickelt. Da

Biotreibstoffe grösstenteils aus Agrarerzeugnissen stammen, geht es bei der teils kontroversen Diskussion überderen Umweltverträglichkeit darum, ob die Produktion von Biotreibstoffen aus ökologischer Sicht vertretbar ist,oder ob negative Auswirkungen überwiegen, etwa auf die Nahrungsmittelversorgung in Dürrezeiten oder die Eu-trophierung der nutzbaren Böden.

Um darauf Antworten geben zu können, hat die Empa im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) und inZusammenarbeit mit der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt ART und dem Paul Scherrer Institut (PSI) dieUmweltbilanz zahlreicher Biotreibstoffe inklusive ihrer Produktionsketten analysiert. Im Vergleich zur weltweitersten derartigen Ökobilanzstudie aus dem Jahr 2007, ebenfalls von der Empa, hat das Team unter der Leitungvon Rainer Zah sowohl neuartige Energiepflanzen und Verarbeitungsprozesse einbezogen als auch die Bewer-tungsmethodik auf den neuesten Stand gebracht.

Weniger Treibhause – dafür andere UmweltbelastungenTrotz erheblich grösserer Datengrundlage und «State-of-the-art»-Methodik kommt die aktuelle Studie dabei zumgleichen Schluss: Etliche Biotreibstoffe aus Agrarerzeugnissen helfen zwar, den Ausstoss an Treibhausgasen und«Ozonkillern» zu verringern, führen aber zu anderen Umweltschäden wie übersäuerte und überdüngte Bödenoder Smog. «Die meisten Biotreibstoffe verlagern also lediglich die Umweltbelastungen: weniger Treibhausgase,dafür mehr anbaubedingte Schäden», so Zah. Daher weisen nur wenige Biotreibstoffe eine insgesamt bessereÖkobilanz auf als Benzin. Am umweltfreundlichsten ist Biogas aus Rest- oder Abfallstoffen, das – je nach Aus-gangsmaterial – die Umwelt um ein Drittel weniger stark belastet als Benzin. Innerhalb der Biotreibstoffe habenEthanol-basierte Treibstoffe eine tendenziell bessere Ökobilanz als diejenigen auf Öl-Basis; die Ergebnisse hängenallerdings erheblich von der individuellen Herstellungsart und -technologie ab.

Neue Erkenntnisse zur Treibhausgasbilanz von BiotreibstoffenDie neue Berechnungsmethode erlaubte es Zah und seinen Kollegen, «Schwächen» der früheren Studie zu behe-ben. So unterschätzten die Forscher 2007 die Auswirkungen der Umwandlung natürlicher Flächen, etwa die Ro-dung von Regenwald, auf die Treibhausgasbilanz. Die aktuelle Studie zeigt, dass Biotreibstoffe aus Rodungsflä-chen in der Regel mehr Treibhausgase ausstossen als fossile Treibstoffe. Dies gilt auch für eine indirekte Land-umwandlung: Werden bestehende Agrarflächen erstmals für die Biotreibstoffproduktion verwendet, müssen da-für Waldflächen gerodet werden, um die bisherige Nahrungsmittel- oder Futterproduktion aufrechtzuerhalten.

Positive Effekte können dagegen erzielt werden, wenn der Anbau von Energiepflanzen den Kohlenstoffgehaltdes Bodens erhöht, beispielsweise durch Ölpalmen auf ungenutztem Weideland in Kolumbien oder durch Jatro-phaplantagen in Indien und Ostafrika, wodurch verödetes Land wieder urbar gemacht wurde. «Trotzdem kann mannicht generell von Jatropha als ‹Wunderpflanze› sprechen, da deren Ökobilanz in erster Linie von der landwirt-schaftlichen Praxis vor Ort und der vorherigen Nutzung des Landes abhängt», so Zah. Sein Fazit: Jeder (neue) Bio-treibstoff müsse daher genau und separat unter die Lupe genommen werden. //

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Vorhang zu –und Ruhe. Lärm ist in vielen Bereichen ein grosserStörfaktor, den es zu beheben galt. Gemein-sam mit dem Industriepartner Weisbrod-Zürrer AG und der Textildesignerin AnnetteDouglas haben Empa-Forschende im Jahr2011 ein neues Gewebe für leichte undtrotzdem Schall absorbierende Vorhängeentwickelt. Die neuen Textilien «schlucken»fünfmal mehr Schall als herkömmlichelichtdurchlässige Vorhänge. Als Gemein-samkeit zwischen «neu» und «alt» bleibteinzig und allein die Lichtdurchlässigkeitder Stoffe. Die Vorhänge eignen sich bes-tens für Büros, Sitzungszimmer und auch inRestaurants.

Ausgezeichnet mit insgesamt vierAwards wurden die Lärm schluckendenVorhänge ein echter Renner. Ab sofort sinddie Vorhänge auf dem Markt erhältlich. Denweltweiten Vertrieb der Kollektion tätigt dieFirma Vescom. Das Unternehmen Sangetsuwird die Kollektion zusätzlich in Japan ver-treiben.

Den Verkauf in der Schweiz übernimmtdie Designerin Annette Douglas selbst. Aufder Website www.douglas-textiles.ch sindweitere Informationen zu den drei verschie-denen Vorhangstoffen sowie zur Designerinselbst zu lesen.

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22 // Wissens- und Technologietransfer

Page 23: EmpaNews November 2012

Für Anpassungen ohne Werkzeug kann die HP Z1 einfach aufgeklappt werden.

©2012 Hewlett-Packard Development Company, L.P. Irrtümer sowie Satz- und Druckfehler vorbehalten. Allfällige Änderungen vorbehalten.

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Veranstaltungen

12. November 2012 MedTech Day 2012Von der Idee zum MedTech-ProduktEmpa, Dübendorf

26. November 2012 Die Schweiz und die Klimaänderung –Was, wenn es noch wärmer wird?WissenschaftsapéroEmpa, Dübendorf

27. November 2012Die Welt der StähleKurs für Ingenieure, Technikerinnen und KonstrukteureEmpa, Dübendorf

11. Dezember 2012 Die Wärmebehandlung, ein «Werkzeug» zurgezielten Einstellung von EigenschaftenKurs für Ingenieure, Technikerinnen und KonstrukteureEmpa, Dübendorf

January 21 – 25, 2013 7th International SymposiumHydrogen and EnergySeminar- und Wellnesshotel Stoos, Switzerland

Details und weitere Veranstaltungen unterwww.empa-akademie.ch

Ihr Zugang zur Empa:

[email protected] +41 58 765 44 44www.empa.ch/portal

MehrMultimediaals je zuvor!

EmpaNewsauf dem

iPadab Dezember 2012


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