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EmpaNews September 2011

Date post: 13-Mar-2016
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Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer - Jahrgang 9, Nummer 34
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Wie fahren wir in 20 Jahren? 13 Zweite Chance für Jatropha 04 Flugshow der Pixel 22 Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer Jahrgang 9 / Nummer 34 / September 2011 Empa News Ressourcen effizient nutzen
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Wie fahren wirin 20 Jahren? 13

Zweite Chancefür Jatropha 04

Flugshowder Pixel 22

Magazin für Forschung, Innovation und TechnologietransferJahrgang 9 / Nummer 34 / September 2011

EmpaNews

Ressourcen effizient nutzen

02 // Editorial

Einsatz für AfrikaWas sich beim Jatropha-Anbaubesser machen lässt 04

Kreislauf statt Einweg

Wie funktioniert unsere konsumorientierte Ge-sellschaft? Wir kaufen ein Produkt – natür-lich möglichst billig –, nutzen es und «entsor-

gen» es, sobald wir es nicht mehr brauchen. Dabei er-staunt mitunter schon, was heutzutage alles als Weg-

werfware gilt, zumindest in den Industrie-nationen.

Dieser lineare Warenstrom mit einemAnfang und einem Ende hat einen Schön-heitsfehler: Etliche der zur Herstellungvon Waren und Gütern benötigten Roh-stoffe inklusive unsere fossilen Energie-träger gehen allmählich zur Neige. Dahersind Ressourcen schonende und energie-effiziente Technologien gefragter denn je.

Das Nonplusultra wären freilich ge-schlossene Stoffkreisläufe. Etwa für Kohlenstoff, indemman das «Abfallprodukt» CO2 aus der Atmosphäre mitsolar gewonnenem Wasserstoff zu Methan oder gar flüs-sigen Kohlenwasserstoffen umwandelt, die dann wie-derum als Brenn- und Treibstoffe verwendet werdenkönnen. An diesem Thema und an anderen Ressourcenschonenden Technologien arbeitet die Empa mit ihrenPartnern, wie verschiedene Beiträge in der aktuellenAusgabe der «EmpaNews» illustrieren.

Um Ideen und Konzepte wie Nachhaltigkeit bereitsin jungen Köpfen zu verankern, engagiert sich die Empain der Nachwuchsausbildung und -förderung. Das Som-mercamp war – wie jedes Jahr – ein grosser Erfolg, undauch das erstmalige «Gastspiel» des Kinderlabors an derEmpa war schnell ausgebucht. Dass dieser Wissens-transfer keineswegs eine Einbahnstrasse ist, zeigt derArtikel über die Gewinnerinnen des Sonderpreises«Schweizer Jugend forscht» 2011, die an der Empa einenLED-Sonnensimulator entwickelt haben (der von denForschern auch rege genutzt wird).

Viel Vergnügen beim Lesen.

Michael HagmannLeiter Kommunikation

Titelbild

Sorgsamer Umgang mit Energie undRohstoffen ist ein zentralesForschungsthema an der Empa. Hierschmiegt sich eine hocheffizienteCdTe-Solarzelle um zwei Finger. DasVictory-Zeichen ist kein Zufall:Die flexible Zelle wandelt 13,8 Prozentdes Sonnenlichts in Strom um. Damithält die Empa derzeit den Weltrekord.(Siehe Seite 27)BILD: Beat Geyer (Empa).

Inhalt // 03

Erfinderischer NachwuchsDer Sonnensimulator ausder Maturarbeit 18

Emissionsfrei fahren?Die Antriebstechnologien der nächsten 20 Jahre 14

Energie-ZukunftTreibstoff aus Treibhausgas –Professor Züttels kühne Vision 08

Fokus: Ressourcen effizient nutzen

04 Zweite Chance für Jatropha

08 Die Oktan-Vision Der Treibstoff aus dem Treibhausgas

12 «Grüner» wirtschaften Das World Resources Forum 2011 und seine Ziele

13 Der Funken im Wasserstoff Neues Projekt im Motorenlabor

14 Wie fahren wir in 20 Jahren? Ein Antriebsexperte gibt Auskunft

16 «Die Schweiz ist mitverantwortlich!» Drohende Rohstoffknappheit bei Seltenen Erden

17 Bildschirm a.D 1,4 Mio. Flachbildschirme jährlich – ein Entsorgungsproblem?

Forschung und Entwicklung18 Sonne, en miniature Kantonsschülerinnen konstruieren einen Sonnensimulator

Wissens- und Technologietransfer

20 Empa-Technologie im Reich der Mitte Die Geschichte der Start-Up-Firma Weihua Solar

22 Flugshow der Pixel Virtuoses Hantieren mit polymeren Sprengstoffen

Wissenschaft im Dialog

26 Schaufenster der Schweizer Nano-Szene SwissNanoConvention 2011 – ein Rückblick

Impressum

HerausgeberinEmpaÜberlandstrasse 129CH-8600 Dübendorfwww.empa.ch

Redaktion & GestaltungAbteilung Kommunikation

KontaktTelefon +41 58 765 47 [email protected]

Erscheint viermal jährlich

ISSN 1661-173X

SC2011082901

Klimaneutral gedruckt

Zweite Chance für JatrophaJatropha galt als grosse Hoffnung Afrikas: Die Pflanze liefert brennbares Öl,wächst ohne Dünger auch an unwirtlichen Orten – und ihre Früchte sindungeniessbar. Das klingt wie ein Volltreffer in Sachen Bioenergie, doch bislanghat sich die «Wundernuss» noch nicht durchgesetzt. Die Empa untersucht, warum.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

Auf den ersten Blick passt alles: Die Jatropha-Pflanze, einWolfsmilchgewächs aus Zentralamerika, scheint wie ge-macht, um den Energiebedarf im ländlichen Afrika zu decken.

Der anspruchslose Busch wächst selbst auf kargen Böden, ist trocken-heitsresistent – und bringt Nüsse hervor, dessen Öl sich als Brennstoffin Dieselmotoren nutzen lässt. Ein weiterer Vorteil: Die Nüsse sindgiftig; sie werden nicht von Wildtieren gefressen, sondern können so-lange reifen, bis der Mensch Interesse an der Frucht zeigt.

Trotz der guten Ausgangslage muss Simon Gmünder, For-scher in der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft», nuneinen Fehlschlag analysieren und herausfinden, ob es eine alltags-tauglichere Energielösung für Entwicklungsländer gibt. Denn beider Einführung der Nutzpflanze ging vieles schief: «Man hat vie-len Kleinbauern Jatropha als ‹grünes Gold› verkauft», erzähltGmünder. Auch Grossinvestoren stürzten sich auf die Idee, legtenPlantagen an und versprachen den Dorfbewohnern schnellenReichtum. Sogar Hilfsorganisationen waren begeistert; sie emp-fahlen, Jatropha als Blockplantage anzubauen – also auf einemFeld in einem Mix aus Jatropha und einheimischen Nutzpflanzen.

Getrübte NachhaltigkeitDer anfänglichen Euphorie folgte jedoch schon bald Ernüchte-rung. Denn vielerorts blieben die Ernteerträge unter den Erwar-tungen. Genauso wie die Nachfrage nach den Jatropha-Nüssen.Der Markt spielte nicht, die Preise blieben tief – und mindertenzusätzlich die Chance einer kostendeckenden Produktion. Um ei-nen höheren Ertrag zu erzielen, wichen viele Anbauer auf frucht-bares Land aus oder intensivierten die Bewirtschaftung. Damitaber trat Jatropha in direkte oder indirekte Konkurrenz mit derNahrungsmittelproduktion – was sowohl die Ökobilanz als auchdie gesellschaftliche Akzeptanz trübte.

Daher geriet der Jatropha-Anbau in Ostafrika über die letztenJahre immer mehr in Verruf. Einige Kleinbauern, aber auch Gross-investoren stiegen aus. Der Fehlstart wäre laut Gmünder vermeidbargewesen, man hätte vorher geeignete Anbaupraktiken erforschen

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 05

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Jatropha-Pflanze in Ostafrika

06 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

und die lokalen ökologischen und sozio-öko-nomischen Auswirkungen untersuchen müs-sen. «Der Schritt von der Vision zum effekti-ven Anbau erfolgte schlicht zu schnell. Vor al-lem die Kleinbauern, die den unrealistischenVersprechungen Glauben schenkten, muss-ten dafür einen hohen Preis bezahlen.» Nunist der Ruf der Pflanze gewissermassen rui-niert – und auch seriöse Jatropha-Projektewerden dadurch in Mitleidenschaft gezogen.

Systematische ErforschungDie erste Einführung von Jatropha ist alsogescheitert. Doch die Wissenschaft siehttrotzdem Chancen: Ein Zusammenschlussvon Forschenden aus aller Welt will die Ja-tropha-Nuss und ihre Nutzung nun systema-tisch erforschen und Empfehlungen abge-ben, wo (und wie) der Anbau der Pflanzesinnvoll ist. Sechs Institute in Europa(darunter die EPFL, die UniversitätBern und die Empa), fünf Univer-sitäten in Afrika und drei Instituteaus Zentralamerika arbeiten ge-meinsam an dem dreijährigenProjekt, das seit Juni 2009 läuft.

Es geht um die optimale Kultivierung derPflanze, um eine passende Technik zurWeiterverarbeitung der Nüsse und nicht zu-letzt um Umweltaspekte: Wie ist die Ökobi-lanz von Jatropha-Öl? Tritt die Pflanze inKonkurrenz zu Nahrungspflanzen? Schütztihr Anbau vor Bodenerosion – oder ver-stärkt er diese?

Mittendrin steckt SimonGmünder. Er ist einer der welt-weit führenden Experten fürJatropha, schon in seinemZivildienst beschäftigteer sich mit einem Ja-tropha-Projekt inIndien – das,nebenbei

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Die Jatropha-Nuss ist inOstafrika schon jetztTeil der Alltagskulturgeworden. Jatropha wirdzur Eindämmung derBodenerosion in Erosions-rinnen angepflanzt(Bild oben). Aus dem Ölstellen lokale HandwerkerSeife her (Bild ganz links).Doch die wirtschaftlicheNutzung der Ölfrüchteist noch mangelhaft. Hiersoll das Forschungsprojektansetzen.

Link

Direkter Link zur Forschungsabteilung,zu Originalliteratur und Podcasts: www.empa.ch/empanews

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 07

erwähnt, noch immer erfolgreich läuft. Zwarist das Projekt noch nicht abgeschlossen,doch erste Resultate liegen bereits vor: Diein der Vergangenheit angelegten Jatropha-Grossplantagen hält Gmünder für sinnlos.Denn gerade als Grossplantage konkurriertJatropha besonders stark mit dem Anbau

von Nahrungsmitteln – eineangesichts der aktuellen Hun-

gerkatastrophe in Ostafri-ka mehr als zweifel-

hafte Strategie.

Neue Strategie solls richtenEine weit bessere Idee sei es, Windschutz-hecken aus Jatropha-Büschen am Randvon Feldern anzulegen. Dies vermindertdie Erosion der Böden und schützt die An-bauflächen vor Wildtieren. Würde stattder bisher üblichen Dornenbüsche Jatro-pha gepflanzt, dann hätten Windschutzhe-cken einen weiteren Nutzen: Sie würdenzur Erntezeit als «Abfallprodukt» energie-reiches Öl liefern. Das lässt sich nicht nurin Treibstoff verwandeln – etwa für Strom-generatoren oder motorgetriebene Was-serpumpen –, sondern auch zu Seife ver-arbeiten oder in handgefertigten Öllam-pen zur Beleuchtung nutzen.

Gmünders Fazit: Der Traum vomgrünen Gold ist in Bezug auf Jatro-pha noch nicht geplatzt. Es giltaber, die letzte Chance zu nut-zen. Dazu müssen die Fehlerder Vergangenheit sowie dieBedürfnisse und Ziele allerBeteiligten genau analysiertwerden. Wenn sich darauseine gemeinsame Strategie

formulieren lässt und diese zügig in Pilot-projekten umgesetzt wird, könnte der Ja-tropha-Anbau doch noch zu einem Erfolgwerden und Teile Afrikas mit selbst er-zeugter Bioenergie versorgen. Da das Ölauch als Treibstoff für Fahrzeuge undFlugzeuge verwendet werden kann, könn-ten sich am Ende gar Exportchancen fürmanche Anbauländer ergeben, was wie-derum die Preise für das Produkt stabilisie-ren würde.

«Unsere Aufgabe ist es, eine solideWissensbasis zu schaffen und das zusam-mengetragene Wissen zu verbreiten», sagtGmünder. «Im Endeffekt möchten wir dennicht-nachhaltigen Anbau von Jatropha – der meist auf Kosten der ländlichen Be-völkerung geht – zurückbinden und statt-dessen nachhaltige Anbauarten und Nut-zungsformen fördern.» Nutzniesser könn-ten Entwicklungshilfeorganisationen sein,die Landwirtschaft generell – und lokalePolitiker in Afrika, die mit Hilfe der Wis-senschaft bessere Entscheide treffen kön-nen. //

Kenia

Presskuchender

ÖlmühlenÄste / Laub

Kult

ivie

rung

Ver

arb

eitu

ng

Nutz

ung

Tansania

Anbau und Nutzung der Jatropha-Pflanze

Bondokleine Felder

Öl ausHandpressen

Kompostierung

Öllampen Dünger

Veresterung zu Biodiesel

DüngerHeizen/Kochen

Seife örtlicheStromerzeugung

Nutzung desAbfall-

Glycerins?

lokaleVerwendung?

Export?

Öl ausmechanischen

Pressen

Holzkohle

mittelgrossePressenvor Ort

grossePressen,

zentralisiert

Kibwezikleine Felder

KibweziKleinanbau,eingezäunt

Kwalekleine Felder

Mpandakleine Felder

EngarukaKleinanbau,eingezäunt

BatiKleinanbau,eingezäunt

MiesoMischkultur,

Grossmassstab

MiesoKleinanbau,eingezäunt

Äthiopien

Anbau- und Nutzungsmöglichkeiten der Jatropha-Pflanze, des Öls, des Presskuchens aus der Ölgewinnung und des Holzes: In den Projektgebietender einzelnen Länder werden verschiedene Methoden ausprobiert, vom Kleinmassstab bis zu industriellen Prozessen.

08 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

Die Oktan-Vision Warum etwas entsorgen, wenn es sich nutzen lässt? Empa-ForscherAndreas Züttel will zusammen mit der ETH Lausanne und demPaul Scherrer Institut eine ehrgeizige Vision in die Realität umsetzen:Aus Wasserstoff und dem ungeliebten Treibhausgas Kohlendioxidsoll ein flüssiger Kohlenwasserstoff entstehen, der ganz normalgetankt wird. Im Labor funktioniert es bereits.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 09

Die Reise in die Energiezukunft beginnt mit einem Blick auf dieVergangenheit: «Seit dem Zeitalter der Dampfmaschine gehtdie Menschheit mit der Energie gleich um», konstatiert

Andreas Züttel, «wir graben Energieträger aus der Erde, verbrennensie – und blasen CO2 in die Atmosphäre». Das müsse sich ändern,meint der Leiter der Abteilung «Wasserstoff und Energie». «Wenn un-sere Gesellschaft zu einer nachhaltigen Energieversorgung finden will,dann brauchen wir einen geschlossenen Kreislauf von Energieträgern.Das könnte etwa ein CO2-neutraler Kohlenstoffkreislauf sein, mit demsich einerseits die Abhängigkeit vom Erdöl reduzieren lässt und an-dererseits die CO2-Emissionen eines Landes stabilisieren würden.»

Wasserstoffspeicherung als KernfrageZüttel beschäftigt sich bereits seit 15 Jahren mit dem EnergieträgerWasserstoff und seinen Speichermöglichkeiten, speziell der Speiche-rung in Metallhydriden. Er ist Präsident der Schweizer Wasserstoff-vereinigung «Hydropole» und leitet seit 2006 die «Wasserstoff»-Abtei-lung der Empa. Doch trotz langjähriger Erfahrung musste Züttel er-kennen, dass Metallhydride sich als Wasserstoffspeicher im Alltag nurmühsam behaupten: Hydride sind oft luftempfindlich und müssen da-her zum Schutz mit Metallcontainern umhüllt werden – was sie nochschwerer und damit weniger konkurrenzfähig macht. Die Speiche-rung von teuer erzeugtem Solar- und Windstrom ist also noch immerschwierig, ein Schlüsselproblem zur nachhaltigen Energieversorgungweiterhin ungelöst.

Um das Problem zu lösen, tüfteln viele Energieforscher an einerIdee, auf die auch schon die alten Alchemisten stolz gewesen wären:Man nehme ein billiges, ungeliebtes Gas und «verwandle» damit den

flüchtigen Wasserstoff in eine «brauchbare» Flüssigkeit. Mit dem «Ab-fallstoff» CO2wäre solch ein Verfahren denkbar, davon ist Züttel über-zeugt. Am Ende könnte aus dem ungeliebten Treibhausgas ein wert-voller, synthetischer Treibstoff entstehen – Synfuel genannt. Der alteAlchemistentraum – aus Blei Gold zu machen – wäre damit ins 21.Jahrhundert übersetzt.

Chemische Idee mit Friedensmission Die Idee hat es auch politisch in sich. «Heute finden die meisten glo-balen Konflikte dort statt, wo es Erdöl gibt», sagt Züttel. «Wenn jederauf der Welt in der Lage wäre, Treibstoff nicht aus Erdöl, sondernbuchstäblich aus Energie und Luft zu machen, dann fielen diese Be-gehrlichkeiten weg. Das CO2, das wir benötigen, macht ja nicht anLändergrenzen halt. Es ist überall in der Atmosphäre verfügbar. Jederkann es extrahieren.»

Hinter der politischen Vision steckt natürlich auch eine chemi-sche Idee: Ein an der Empa entwickelter Katalysator soll H2 und CO2zu kurzkettigen Olefinen verbinden – etwa zu Oktan. Dieser beiRaumtemperatur flüssige Kohlenwasserstoff ist als Bestandteil vonBenzin den meisten Autofahrenden bekannt: Die «Oktanzahl» gilt alsQualitätsmerkmal für klopffestes Benzin. Synthetisch erzeugtes Oktanliesse sich wie gewohnt tanken und in herkömmlichen Motoren ver-wenden. Damit wäre der solar oder per Windkraft erzeugte Wasser-stoff endlich in eine handhabbare Form gebracht; zugleich würde dieMethode CO2 binden. Ein Spin-off der ETH Zürich hat in Zusammen-arbeit mit der Empa sogar schon die passende Apparatur für die CO2-Gewinnung entwickelt: eine solar betriebene Abscheideanlage holtdas Gas effizient aus der Luft (siehe Kasten).

Empa-Forscher Andreas Züttel«produziert» hier CO2. Hinter ihmist die Vakuum-Analyseapparaturzu sehen, in dem der Physikererforscht, wie sich auf Metall-hydrid-Oberflächen CO2 und H2zu Olefinen zusammenlagernkann. Seine Vision: Aus demTreibhausgas CO2 soll Treibstoffentstehen.

So «fangen» Profis CO2

Während an der effizienten Herstellung von Wasserstoff nochgeforscht wird, hat die Schweizer Firma «Climeworks» sich eine«Maschine» zur Gewinnung von CO2 aus der Luft bereits paten-tieren lassen. Die Firma ist als «Spin-off» aus einem Forschungs-projekt der ETH Zürich entstanden und wurde beratend von derEmpa unterstützt. Nun soll die Technologie weltweit vermarktetwerden.Das Verfahren basiert auf einem Zyklus von Absorption und De-sorption: Das CO2 lagert sich an einem speziellen Filtermaterial anund wird dort in regelmässigen Abständen wieder herausgelöstund als Reinstoff in Gasflaschen gespeichert. Vorteil des Verfah-rens: Es werden nur moderate Temperaturen benötigt. Die not-wendige Wärme lässt sich entweder solar erzeugen oder es wirdbillige Abwärme aus Kraftwerken und Industrieanlagen genutzt.Somit hat das Climeworks-Verfahren nicht nur ökologisch undökonomisch die Nase vorn, es ist auch überall einsetzbar. Das Ver-fahren könnte einst als Basis für Andreas Züttels visionäres Projektdienen – und Treibstoff aus der Luft herstellen helfen.

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10 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

Natürlich ist Züttels Idee nicht einfach aus der Luft gegriffen: SeitJahren schon forscht seine Abteilung an Metallhydriden und komple-xen Hydriden, die ursprünglich als Wasserstoffspeicher dienen soll-ten. Der Vorteil: Wasserstoff ist in diesen Hydriden in atomarer Formgebunden – also in einer deutlich reaktiveren Form als im Wasser-stoffgas H2. Das, so Züttel, müsste sich für die anvisierte Methodenutzbar machen lassen.

Energiekreislauf der ZukunftDas entsprechende Gerät steht bereits in seinem Labor an derEmpa. Ein unscheinbarer, beheizbarer Metallzylinder von derGrösse eines Bierfässchens. Hier soll das, was einst die Welt ver-ändern könnte – der Energiekreislauf der Zukunft –, in Gang kom-men. Geführt von einem Trägergas, fliessen CO2 und H2 in den Zy-linder; die Gasmischung trifft dort auf ein Metallhydrid – derzeitist es Mg2NiH4. Um zu bemerken, was im Reaktor passiert, sindam Abluftschlauch ein Massenspektrometer und ein Infrarotspek-trometer angeschlossen. Die Analysegeräte zeigen an, sobald dieersehnte Reaktion stattgefunden hat – nämlich dann, wenn sichdas bislang «nutzlose» Treibhausgas CO2 in den brennbaren Treib-stoff Methan (CH4) verwandelt hat.

Im Nachbarlabor läuft ein ähnlicher Versuch unter stark ver-mindertem Druck. Dort möchte man auf atomarer Ebene verste-hen, welche Reaktionen auf der Oberfläche der Hydride ablaufen.Dazu wird sie spektroskopisch untersucht.

Erfolg im LaborZwar läuft der kleine Reaktor erst seit Anfang des Jahres, doch dieersten Ergebnisse liegen bereits vor: Bei Temperaturen zwischen150 und 350 Grad Celsius gelang es dem Empa-Team, Methan ausCO2 und H2 zu erzeugen. Auch ein Mechanismus ist bereits postu-liert: Das zunächst vorliegende Metallhydrid Mg2NiH4 zerfällt wäh-rend der zyklischen Aufnahme und Abgabe von Wasserstoff all-mählich zu Magnesiumoxid MgO und fein verteiltem Nickel. Anden Nickelpartikeln lagern sich dann CO2-Moleküle an und werden– wie gewünscht – zu CH4 hydriert. Die Ergebnisse sollen dem-nächst im Magazin «Energy & Environmental Science» erscheinen.

Doch das Erzeugen von (gasförmigem) Methan ist nur der ersteSchritt auf dem Weg zu flüssigem Treibstoff. «Wir müssen die Me-chanismen auf der Oberfläche der Hydride besser verstehen. Dannkönnen wir nach Strukturen suchen, auf denen sich acht CO2-Mole-küle nebeneinander gruppieren können, die dann gleichzeitig hy-driert werden», sagt Andreas Züttel. «Und schon hätten wir Oktan.»

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1

1Oben: Andreas Züttel prüft dieGasanalyse an seinem Reaktor.Wenn die Geräte «Benzingeruch»melden, hat er gewonnen.Unten: In diesem beheizbaren Metall-zylinder in Züttels Labor soll dieersehnte Reaktion stattfinden. Einmalhat es schon geklappt: Aus CO2und H2 ist Methan entstanden. DerAnfang ist geschafft.

2Die Vision einer Energieversorgung derZukunft: Aus Öko-Strom und CO2werden künstliche Treibstoffe synthetisiert –«Synfuels», mit denen man genau wieheute Autos, Lastwagen und Flugzeugebetanken kann. Das Treibhausgas aus denAuspuffrohren wird wieder «eingesammelt»und erneut verwendet – der Kreislauf istgeschlossen.

Atmosphäre

Luft ohne CO2 CO2

IndustriellerCO2-Einfang

Strom auserneuerbaren Energien

FabrikSynthetischer Treibstoff«Synfuel»

Wasser

Luft ohne CO2

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 11

Schweizer Forschungsverbund – mit internationaler «Unterstützung»

Die Hydrierung von CO2 an Metallhydriden ist Teil eines schweizweiten Forschungsvorhabens, das von Andreas Züttel koordiniert wirdund an dem unter anderem Thomas J. Schmidt mit seinem Team vom PSI, Gabor Laurenczy von der EPFL und Jens Norskov, ein Expertefür Oberflächenkatalyse an der Stanford University, USA, beteiligt sind. Das Forscherteam will nach neuen – effizienteren – Methodensuchen, um aus erneuerbaren Energien und CO2 einen synthetischen Treibstoff herzustellen, der sich in herkömmlichen Motoren undFlugzeugtriebwerken verwenden lässt. Die Forscher untersuchen die Produktion von synthetischem Treibstoff (Synfuel) in zwei Stufen:

In Stufe 1 geht es um die effiziente Erzeugung von Wasserstoff. Drei verschiedene Verfahren werden näher untersucht: a) Hydrolyseanlagen, die auf Polymer-Elektrolytmembranen (PEM) basieren (PSI, Empa, EPFL)b) Elektrokatalysatoren für die Reduktion von CO2 und H2O in wässriger Lösung (PSI, EPFL, Stanford)c) die Reduktion von CO2 und H2O bei hoher Temperatur; dabei wird nach neuen, keramischen Materialien gesucht, die SauerstoffionenO2- gut leiten können (Empa).

In Stufe 2 wird der Wasserstoff weiterverarbeitet. Hier werden zwei Methoden untersucht:a) die Reduktion von CO2 an Metallhydriden, um längerkettige Kohlenwasserstoffe wie etwa Oktan zu erzeugen (Empa – siehe Haupttext)b) die Reduktion von CO2 und H2 in homogener Katalyse (Fischer-Tropsch-Verfahren); (EPFL, Stanford).

Am Ende könnte ein Weg gefunden sein, um den teuer erzeugten, aber schwer speicherbaren Solarstrom effizient in flüssigen Treibstoffzu verwandeln. Ein grosser Schritt für die industrialisierte Welt und für Schwellenländer gleichermassen – es brächte die Welt ein Stück-chen weiter weg von ihrer Erdöl-Abhängigkeit.

Moderne Alchimisten im WettrennenEmpa-Forscher Züttel steht mit seinem Vorhaben durchaus unterKonkurrenzdruck – denn es gibt auch andere Projekte zum Thema«CO2-Alchemie». So hat etwa Aldo Steinfeld, Professor für erneu-erbare Energieträger an der ETH Zürich Anfang des Jahres seineVision einer solaren Treibstofferzeugung im Wissenschaftsmaga-zin Science vorgestellt. Steinfelds Team wählte ein Hochtempera-turverfahren: In einem Solar-Reaktor wird Ceriumoxid auf 1500Grad Celsius erhitzt, Sauerstoff spaltet sich ab. Das Material ist nunin der Lage, Wasser und CO2 bei 900 Grad aufzuspalten; es entstehtein Gemisch aus H2 und CO – so genanntes Synthesegas, aus demsich Benzin synthetisieren lässt.

Doch Steinfelds Reaktor setzt nur 0,8 Prozent der Sonnenener-gie in Treibstoff um. Diesen Wirkungsgrad möchte Züttel mit sei-ner Methode übertreffen. Das Rennen der Solar-Alchemisten istalso eröffnet. //

Link

Direkter Link zur Forschungsabteilung,zu Originalliteratur und Podcasts: www.empa.ch/empanews

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12 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

«Grüner» wirtschaftenDas «World Resources Forum» WRF 2011, das vom 19. bis 21. September im Kongresszentrum Da-vos stattfindet, rückt ein ernstes Problem ins Zentrum: Unser heutiges Wirtschaftssystem(ver)braucht zu viel Ressourcen.

Wie sind Ressourcenverbrauch und Wirtschaftswachstum miteinander verknüpft? Können wirnachhaltig mit Ressourcen umgehen? Wie können wir die Ausbeutung reduzieren und gleichzeitigdie Produktivität steigern? Wie können wir Ressourcen global und zwischen den Generationen fairverteilen? Welchen Lebensstil, welche Produktions- und Konsummuster können wir uns noch leis-ten? Wie können wir gleichzeitig das Ökosystem erhalten, das lebenserhaltende Leistungen für unserbringt? Wie würde ein «grünes Wirtschaftssystem» aussehen? Ziel der Initianten des WRF ist es,die Veranstaltung als Plattform zu etablieren, auf der Antworten auf diese Fragen gefunden undvermittelt werden.

«Shaping the Future of Natural Resources – Towards a Green Economy»Unter den Rednerinnen und Rednern des WRF sind unter anderem Bundesrätin Doris Leuthard, Um-weltministerin der Schweiz; Achim Steiner, Generalsekretär des Umweltprogramms der VereintenNationen (UNEP); Janez Potocnik, EU-Kommissar für Umwelt; Jacqueline McGlade, Direktorin derEuropäischen Umweltagentur (EEA) sowie Ashok Koshla, Co-Präsident des «Club of Rome».

Das WRF ist eine Initiative der Empa zusammen mit dem Faktor-10-Institut; zu den Partnernzählen das «Resource Panel» des UNEP, das Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Deut-sche Umweltbundesamt (UBA), die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit(DEZA), das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die Schweizerische Akademieder Technischen Wissenschaften (SATW).

Die Vorläuferveranstaltung des WRF fand unter dem Namen R’93 bis R’07 allezwei Jahre statt, seit 2007 in Davos. Seit 2009 heisst die Veranstaltung «World Re-sources Forum». «Es bestehen Pläne, das WRF nächstes Jahr in China abzuhalten»,verrät sein Präsident und Empa-Direktionsmitglied Xaver Edelmann.

Link

Information und Anmeldung unter www.worldresourcesforum.org. Unter jenem Link finden sich nachAbschluss des WRF auch Ergebnisse,Analysen und das Schlusscommuniqué.

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 13

Der schallgedämmte Versuchsraum im Motorenhaus derEmpa ist eine Art Folterbank für Verbrennungsmotoren: Aufeinem gelben Stahlgestell ist ein Motor festgeschraubt; da-

ran hängen hunderte von Elektrokabeln in allen Farben, dazu Mess-geräte, Abgasschläuche, kleine Boxen voller Elektronik. Hier werdenneue Motorenkonzepte erdacht und ausprobiert.

Der Empa-ETH-ErdgasmotorDas Plagen der Maschinen hat Methode und ist Teil eines aktuellenForschungsprojekts: Die Empa will das Zusammenspiel von Erdgasund Wasserstoff im Motor genauer untersuchen. Forschung an Erd-gasmotoren hat Tradition in Dübendorf. Bereits von 1999 bis 2004stellte die Abteilung «Verbrennungsmotoren» in Zusammenarbeitmit der ETH Zürich der Autoindustrie im Rahmen des Projekts«Clean Engine Vehicle» (CEV) einen VW Polo auf Erdgasbetrieb umund kompensierte den Leistungsverlust mit einem Turbolader. Siekonnten zeigen, dass sich Erdgas bzw. Biogas hervorragend alsKraftstoff für moderne Motoren eignet und extrem tiefe Schadstoff-emissionen zu erreichen sind; das Projektteam wurde 2006 mit demInnovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft ausgezeichnet. In-zwischen gibt es solche Erdgasmotoren zu kaufen: etwa den VWPassat Ecofuel mit einem aufgeladenen, 110 Kilowatt (150 PS) star-ken 1,4-Liter-Erdgasmotor. 2009 errang das Modell als erstes Autodie sehr strenge 5-Sterne-Bewertung beim ADAC EcoTest.

Wie viel Wasserstoff darf es sein?Nun kommt der nächste Schritt: derWasserstoff-Erdgas-Mix. Erste Vorver-suche liefen bereits 2005 an, zunächstam CEV-Motor, danach an einem grös-seren Serienmotor. Bisheriges Fazit:Beimischen von Wasserstoff verbessertdas Zündverhalten erheblich. Das be-deutet, eigentlich schlecht zündfähigeGemische lassen sich durch eine kleineMenge beigemischten Wasserstoffschnell und verlässlich entzünden, wo-durch sich ein Effizienzgewinn undeine Reduktion der Schadstoffe erge-ben. Zudem ist es möglich, mehr Abgasin den Motor zurückzuführen und sodie Motorleistung zu regeln. Die Dros-selklappe kann in dem Fall weiter geöff-net werden, der Motor läuft mit wenigerDrosselung, also sparsamer.

Nun gehen die Versuche weiter.Zwei Serienfahrzeuge mit neuester Erd-gasantriebstechnik stehen auf den

Empa-Rollenprüfständen und werden mit verschiedenen AnteilenWasserstoff im Erdgas betankt. In einem ersten Schritt wird unter-sucht, welchen Einfluss die Gemische haben, wenn keine Anpassun-gen gemacht werden. Im zweiten Schritt werden die Steuer- und Re-gelsysteme des Fahrzeuges so angepasst, dass das Optimum aus be-stehenden Systemen herausgeholt wird.

Gleichzeitig wird auch an den Grundlagen weiter geforscht.Wie wirkt sich direktes Einblasen von Erdgas in die Zylinder undvon Wasserstoff ins Saugrohr aus? Was passiert im umgekehrtenFall? Was ändert sich an den Abgaswerten und dem Verbrauch?

Zusammenarbeit im «Competence Center Energy and Mobility»Diese Grundsatzfragen eines Erdgas-Wasserstoffmotors werden je-doch nicht in seriennahen Automotoren geklärt, sondern in einem250-ccm-Einzylinder der Schweizer Firma Swissauto-Wenko, der ineinem weiteren Motorenprüfstand steht. Zwei dieser Motoren ste-hen an der ETH Zürich, wo der Einsatz von Alkoholen studiert bzw.eine Regelung für den Einsatz in Hybridfahrzeugen erforscht wird.Diese koordinierte Forschung findet im Rahmen des «CompetenceCenter Energy and Mobility» statt, eine Projektform, in der verschie-dene Institutionen des ETH-Bereichs zusammenarbeiten. «Wir pla-nen, den Motor später mit optischen Zugängen auszurüsten, um an-hand optischer Diagnostik studieren zu können, wie die Gemisch-bildung und Verbrennung durch Zugabe von Wasserstoff beeinflusst

wird», erläutert Patrik Soltic, Leiter derGruppe «Antriebstechnologien».

Neben einer stabileren, harmoni-scheren Verbrennung bietet das Beimi-schen von Wasserstoff einen zweitenVorteil: die Chance, regenerative Ener-gie in einem Verbrennungsmotor zuverwerten. «Überschüssiger» Stromaus Solar- und Windkraftanlagenkönnte per Elektrolyse in Wasserstoffverwandelt und dem Erdgas bzw. Bio-gas beimischt werden, erklärt Projekt-leiter Soltic. «So hätten wir wirklich‹die Sonne im Tank›». //

Der Funken im WasserstoffDie Empa-Motorenexperten hatten bereits mitgeholfen, den Erdgas-Turbomotorsalonfähig zu machen. Nun folgt der nächste Streich: Beigemischter, solar erzeugterWasserstoff spart Energie und verbessert den Motorlauf.

TEXT: Rainer Klose / BILD: EmpaTEXT: Rainer Klose

Link

Direkter Link zur Forschungsabteilung,zu Originalliteratur und Podcasts: www.empa.ch/empanews

Projektleiter Patrik Soltic inspiziert einen Zylinderkopf, der für dieWasserstoff-Erdgasversuche eingesetzt werden soll.Im Hintergrundist der Empa-Prüfstand für Vierzylindermotoren zu sehen.

14 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

Wie fahren wir in 20 Jahren?Patrik Soltic, Gruppenleiter «Antriebstechnologien» in derAbteilung «Verbrennungsmotoren», gibt Antwort.

Diesel

Derzeit gibt es bei den Abgasvorschriften ungleich lange Spiesse: Ottomotoren müssen schärfere Grenzwerte erfüllen als Diesel. DieserUnterschied soll mit der Euro-6-Abgasnorm verschwinden. Also brauchen Euro-6-Dieselmotoren eine aufwändigere «Chemiefabrik» imAbgasstrang, was sie im Vergleich zu Ottomotoren noch teurer macht. Prognosen gehen daher von einem sinkenden Dieselanteil aus –auch, weil moderne Ottomotoren nur unwesentlich mehr verbrauchen werden als Dieselmotoren. Es ist unwahrscheinlich, dass in Zukunftgrössere Anteile Bio-Diesel den mineralischen Diesel ersetzen können, denn Bio-Diesel unterscheidet sich chemisch und physikalisch starkvom mineralischen Diesel und verursacht in modernen Einspritz- und Abgasnachbehandlungssystemen erhebliche Probleme.

Ottomotor

Auch in Zukunft werden die meisten Autos mit Ottomotoren ausgerüstet sein.Denn viele suchen ein Mehrzweckauto mit grossem Ladevolumen und urlaubs-tauglicher Reichweite. Dabei wird der Anteil kleiner, turbogeladener Motoren,so genannte Downsizing-Motoren, zunehmen, denn diese verbrauchen deutlichweniger im «Teillastbereich» (in dem PKW hauptsächlich bewegt werden). Nebendem konventionellen Kraftstoff Benzin werden aus geopolitischen Überlegungenund abhängig von den Rohölpreisen Kraftstoffe aus alternativen oder biogenenQuellen (Erdgas, Biogas, Bio-Ethanol etc.) an Bedeutung gewinnen. Das verbes-sert die CO2-Bilanz.

Hybrid

Hybride sind Autos mit Verbrennungsmotoren, die beim Anfahren durch einen Elek-tromotor unterstützt werden; beim Bremsen speist er dann Energie zurück in dieBatterie. Rein elektrisch können normale Hybride nur einige hundert Meter weitfahren. Auch ohne dass die Autos an die Steckdose müssen, lässt sich dadurch spe-ziell im Stadtverkehr der Kraftstoffverbrauch deutlich senken. Aufgrund der be-schlossenen gesetzlichen Vorgaben für CO2-Reduktion von Fahrzeugen wird dieseTechnologie an Bedeutung gewinnen.

Erdgas? Elektromobil?

Stau?

ÖV?

Wasserstoff?

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 15

Brennstoffzelle

Antriebe von Brennstoffzellen sind auch Hybridantriebe, denn ne-ben dem Energiewandler «Brennstoffzelle» wird eine Batterie alsZwischenspeicher benötigt. Der Brennstoffzellenantrieb ist gegen-wärtig nur bei Kommunalfahrzeugen und regionalen Lieferdienstenmöglich, weil ein öffentliches Wasserstoff-Tankstellennetz nochnicht existiert. Auch gibt es noch keinen umweltfreundlich (aus So-larstrom und Windkraft) erzeugten Wasserstoff. Fast der gesamteweltweit erzeugte Wasserstoff wird chemisch gewonnen – vor allemaus Erdgas, Schweröl oder Kohle. Dies bringt mit Blick auf die CO2-Emissionen nur dann Vorteile, wenn der Antrieb der Brennstoffzelleeinen sehr ineffizienten konventionellen Antrieb ersetzt.

Plug-in-Hybrid

Plug-in-Hybride können an der Steckdose Energie beziehen und haben typischerweise eine rein elektrischeReichweite von einigen zehn Kilometern. Sie werden zurzeit bei der CO2-Berechnung der Emissionen aller-dings durch eine Gesetzeslücke begünstigt: Strom aus der Steckdose gilt als CO2-frei, so werden unrealistischtiefe CO2-Emissionen angegeben. Sobald die realen CO2-Emissionen der Stromerzeugung berücksichtigt wer-den, verlieren Plug-in-Hybride ihre CO2-Vorteile, ausser sie werden rein im städtischen Umfeld betrieben.

Elektroauto

Diese sind in bestimmten Einsatzgebieten sinnvoll, etwa bei Kommunalfahrzeugen, bei regionalen Liefer-diensten (etwa Paketdienste) sowie bei Stadtautos, die nach kurzen Strecken regelmässig zur Basisstationzurückkehren. Elektroautos sind nicht in jedem Fall umweltfreundlicher: In der EU werden pro KilowattstundeStrom durchschnittlich rund 570 Gramm CO2 erzeugt, und die Prognosen gehen weltweit eher von einemAnstieg als von einer Absenkung der CO2 Emissionen bei der Stromproduktion aus. Somit würde eine Mas-senmotorisierung mit Elektrofahrzeugen in absehbarer Zukunft nicht zu einer CO2-Reduktion im Vergleich zumodernen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren führen.

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In einem Mobiltelefon enthaltene Elemente

16 // Fokus: Ressourcen effizient nutzen

«Die Schweiz istmitverantwortlich!»Mit der wachsenden Industrialisierung von Schwellenländern, dem steigendenBedarf an Computern, Handys und Flachbildschirmen verschärfen sich die Problemeschwindender Rohstoffe zusehends. Die EmpaNews hat den Ressourcen-FachmannPatrick Wäger gefragt, wie er die Lage einschätzt – und welche Lösungen er sieht.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

Sie beschäftigen sich seit einigen Jahren mit Fragen um dieVersorgung mit seltenen Metallen. Was hat sich in dieserZeit geändert?

Das Bewusstsein für die mögliche Knappheit seltener Metallehat sowohl in der Wissenschaft als auch in den Medien deutlich zu-genommen. Dies nicht zuletzt wegen der markanten Preisanstiege,etwa bei den «Seltenen Erden» Cer, Lanthan und Neodym, die durchverschärfte Exportrestriktionen seitens China verursacht wurden.Nun ist das Thema im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm aufge-nommen worden und manifestiert sich auch in politischen Initiati-ven, etwa in der neuen Rohstoffstrategie der EU.

Welche dieser Rohstoffe sind heute besonders problematisch?Gemäss einer ad-hoc-Arbeitsgruppe der Europäischen Kommis-

sion sind von 41 untersuchten nicht energetischen mineralischenRohstoffen 14 besonders «kritisch». Dazu zählen unter anderem diebereits erwähnten Seltenen Erden, die Platingruppenmetalle undAntimon, Gallium, Germanium, Indium, Kobalt sowie Tantal.

Wird sich diese Situation in Zukunft eher noch verschärfen?Das hängt vor allem auch von der Nachfrage nach diesen Roh-

stoffen ab. Da sie eine wichtige Rolle in den Zukunftstechnologienwie elektrische Antriebssysteme, Mikro-elektronik, Photovoltaik und Spezialle-gierungen spielen, dürfte sich in dennächsten Jahren die Nachfrage ehernoch erhöhen. Das wachsende Bewusst-sein könnte allerdings auch dazu führen,dass vermehrt nach weniger kritischenErsatzstoffen gesucht wird und dieseauch gefunden werden.

Was kann die Schweiz zur Lösungdes Problems beitragen?

Die Versorgung mit Rohstoffen ist eine globale Herausforde-rung. Indem die Schweiz High-Tech-Produkte herstellt und kon-sumiert, die wesentlich von diesen Rohstoffen abhängen, ist siemitverantwortlich für die ökologischen und sozialen Auswirkun-gen, die mit deren Gewinnung einhergehen – auch wenn sich die-se in völlig anderen Gegenden der Welt abspielen. Eine Möglich-keit ist etwa die Unterstützung von Initiativen wie die «ExtractiveIndustries Transparency Initiative» (EITI). Wir sollten alles daran-

setzen, diese wertvollen Rohstoffeso effizient wie nur möglich zunutzen sowie aus Abfällen zu-rückzugewinnen.

Welche Rolle spielt dabeidie Empa?

Als Institution für Materialfor-schung und Technologieentwick-lung kann die Empa wertvolle Bei-

träge zur Substitution, Effizienzsteigerung und Rückgewinnungleisten. Ein Team untersucht etwa, wie Edelmetalle in Autokata-lysatoren und tellurhaltige Verbindungen in thermoelektrischenGeneratoren durch Perowskite ersetzt werden können. Mit Hilfevon Stoffflussanalysen ermitteln die Empa-Forschenden auch dasPotenzial zur Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus neuartigenProdukten und kümmern sich um die Zertifizierung von Metallen,die aus Elektronikschrott zurückgewonnen werden. //

«Wir sollten alles daran-setzen, diese wertvollenRohstoffe so effizient wienur möglich zu nutzen.»

Patrick Wäger zeigt einComputer-Mainboard.Komplexe Elektronik istlängst Massenware Aberist sie auch recyclingfähig? Bild oben: fast das halbePeriodensystem derElemente steckt in einemMobiltelefon. Darunterauch seltene Metalle wieCer, Lanthan und Neodym.

Fokus: Ressourcen effizient nutzen // 17

Pro Jahr werden in der Schweiz 1,4 Mio. Flachbildschirme verkauft.In den LCD-Panels steckt wertvolles Indium, in der Hintergrund-beleuchtung giftiges Quecksilber. Eine Empa-Studie legt dar, wiesich der anfallende Geräteschrott am besten recyceln lässt.

TEXT: Rainer Klose / ZEICHNUNG: André Niederer

Wohin mit dem alten Flachbild-schirm? Für die Endkundschaftist die Sache klar: beim Händler

oder Importeur abgeben. Der zerbricht sichauch nicht weiter den Kopf und gibt dasGerät weiter an die Swico, die Recyclingor-ganisation des Schweizer Elektro- und IT-Fachhandels.

2009 haben Herr und Frau Schweizerrund 300 000 Flachbildschirme, 60 000Flachbildfernseher und 240 000 Laptopsentsorgt. 2010 dürfte die Zahl noch höhergelegen haben und dieses Jahr weiter stei-gen. Auf der Suche nach ökologisch sinn-vollen Recyclingmethoden wandte sich dieSwico an die Empa.

Die Empa-Experten Heinz Böni undRolf Widmer von der Abteilung «Technolo-gie und Gesellschaft» kamen in ihrer Studie«Entsorgung von Flachbildschirmen in derSchweiz» zu folgenden Schlüssen:– Problematisch ist die Hintergrundbeleuch-tung von LCD-Bildschirmen, denn dieseenthält Quecksilber. Allerdings sind in denneuesten Modellen die Leuchtröhren durchLED-Beleuchtungen ersetzt – das Problemwird also allmählich verschwinden. Diegrösste Menge an quecksilberhaltigenFlachbildschirmen dürfte 2014 ins Recyc-ling gelangen und schweizweit 36 Kilo-gramm Quecksilber in die Entsorgung brin-gen. Bezogen auf die Gesamtmenge von1380 Kilogramm Quecksilber, das jährlich

in Schweizer Kehrichtverbrennungsanla-gen (KVA) abgetrennt wird, ist die Mengejedoch gering.

– In den Bildschirmen steckt auch das wert-volle (da seltene) Metall Indium, mit demelektrisch leitfähige Glasplatten hergestelltwerden können. Im Jahr 2017 werden viaRecycling 115 Kilogramm Indium in derSchweiz anfallen – im Wert von 66000 US-Dollar. Dennoch lohnt es sich aus wirt-schaftlichen Gründen nicht, das Indium zu-rückzugewinnen.

– In der Vergangenheit wurden Flachbild-schirme in KVA entsorgt. Böni und Widmerraten hiervon ab, weil der Brennwert derBildschirme gering ist und die Wertstoffeverloren gehen.

– Beim mechanischen Verarbeiten (Schred-dern) würde das in LCDs enthaltene Queck-silber gasförmig emittiert. Flachbildschirmesollten daher nur in geschlossenen Anlagengeschreddert werden.

– Mit manuellem Zerlegen lassen sich dieWertstoffe am besten zurückgewinnen.Beim Zerbrechen der quecksilberhaltigenLCD-Lampen besteht keine Gesundheitsge-fahr für die Arbeitskräfte: Messungen zeig-ten Emissionen unterhalb der MaximalenArbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert).Die Empa schlägt aufgrund ihrer Stu-

die vor, die technischen Vorschriften fürSwico-Recycling in den genannten Punktenzu verbessern. //

Bildschirm a.D.

Link

Direkter Link zur Forschungsabteilung,zu Originalliteratur und Podcasts: www.empa.ch/empanews

Analysemethodefür Quecksilber

Anfang 2011 wurde an der Empa die welt-weit erste Analysemethode für Quecksilberin Flachbildschirm-Leuchten entwickelt. Insolchen Lampen erzeugt ein Lichtbogen UV-Strahlung. Eine Leuchtstoffschicht auf demGlas wandelt diese Strahlung in sichtbares,weisses Licht um. Mit der Zeit verbindet sichder Quecksilberdampf mit dem Leuchtstoff;die Leuchte erlischt. Beim Recycling hat manalso sowohl mit dampfförmigem als auchchemisch gebundenem Quecksilber zukämpfen. Leuchten, die insgesamt mehr als5 Milligramm Quecksilber enthalten, dürfennach Chemikalien-Risikoreduktionsverord-nung (ChemRRV) und EU-Richtlinie2002/95EG nicht in den Handel gelangen.Information: [email protected].

18 // Forschung und Entwicklung

Am Anfang stand eine Maturarbeit zum Thema Solarenergie.Herausgekommen ist ein Sonnensimulator, den AargauerMaturandinnen gemeinsam mit Empa-Forschern entwickeltund gebaut haben – und der heute im Labor für die Messungder Quanteneffizienz an Solarzellen verwendet wird.

TEXT: Martina Peter / BILDER: Kevin Schmid; Empa

Sonne, en miniature

21

1Der Sonnensimulator gibt dasFarbspektrum der Sonnewieder. Damit lässt sichherausfinden, wie gut einePhotovoltaikzelle Sonnenlichtin Strom umwandeln kann.

2Fabian Pianezzi, Kathrin Ernst,Debora Bachmann und MiriamMarti (von links) habenzusammen einen tragbarenSonnensimulator gebaut.

Forschung und Entwicklung // 19

Wie Sonnenenergie genutzt werden kann, interessiertKathrin Ernst schon lange. Schon als 15-Jährige enga-gierte sie sich bei der Greenpeace-Kampagne «Jugend-

solar» und half als Freiwillige, Anlagen aufzubauen, mit denensich Sonnenenergie in andere Energieformen umwandeln liess.Deshalb schlug die Gymnasiastin im Sommer 2009 zwei Kollegin-nen an der Kantonsschule Zofingen vor, sich für die Maturarbeitmit Solarzellen zu beschäftigen. Miriam Marti, die aufgrund ihresSchwerpunktfachs «Physik und Anwendungen der Mathematik»eine technische Arbeit schreiben wollte, war sofort dabei. Undauch Debora Bachmann liess sich nicht lange bitten.

Doch wie anpacken? Schnell war klar: Um weiterzukommen,brauchten sie eine Patenschaft mit dem universitären Umfeld. Überdie Internetplattform der Schweizer Akademie der Naturwissen-schaften stiessen sie auf die Empa und Fabian Pianezzi, seit 2009Doktorand in der Abteilung «Dünnfilme und Photovoltaik». DessenEnthusiasmus hielt sich zunächst in Grenzen. «Zu kompliziert»,meinte Pianezzi, als ihm die Maturandinnen während eines erstenBesuchs vorschlugen, eine organische Solarzelle zu entwickeln.

Im Gespräch stiessen die vier dann aber auf eine andere Idee:Bei der Entwicklung von Solarzellen ist es wichtig herauszufinden,wie hoch der Wirkungsgrad einer Solarzelle ist, das heisst, wie ef-fizient sie Sonnenenergie in Strom umwandelt. Die Empa verwen-dete für ihre Tests im Labor einen Sonnensimulator; Pianezzi hatteaber Interesse an einem neuen System, das schnell einsatzbereit,mobil und günstig sein sollte. Denn kommerzielle Systeme sindnicht nur teuer, sondern brauchen bis zu einer halben Stunde zumWarmlaufen. «Die Vorstellung, ein Produkt für die Empa zu entwi-ckeln, das die Forschenden dann auch wirklich einsetzen, hat unsnoch mehr motiviert», erinnert sich Kathrin Ernst.

Preiswertes Material war gefragtDamit sich das Sonnenlicht kostengünstig simulieren liess, setztendie Maturandinnen auf ein preiswertes Ausgangsmaterial: Leucht-dioden (LED). Um das gesamte Sonnenspektrum im Wellenlän-genbereich zwischen 350 und 1100 Nanometer abzudecken, be-nötigten sie eine grosse Anzahl verschiedenfarbiger Lämpchen.Doch welche waren die richtigen? Durch Berechnungen allein hät-ten sie die optimale Zusammensetzung der LED nie herausgefun-den, so Miriam Marti, die Mathematikspezialistin im Team. «Des-halb probierten wir verschiedene Varianten aus, indem wir dieAnzahl und die Sorten der LED variierten». So lange, bis sie eineAuswahl von LED festmachen konnten, die in puncto Farbspek-

trum und Helligkeit dem Sonnen-licht entsprach.

Bei den technischen Zeichnun-gen und der Herstellung der Kuppelaus Aluminium, wo die LED-Lämp-chen untergebracht werden, half derPhysikmechaniker der Kantonsschu-le. «Den Einbau in die Kuppel sowiedas Löten und Anschliessen an dieSteuerung haben wir vorwiegendselbst gemacht», erzählt MiriamMarti. Die Programmierung derSteuerung, um die Leuchtdiodenmit der nötigen Spannung zu ver-sorgen und einzeln an- und ab-schalten zu können, nahm KathrinErnst an die Hand und lernte so ne-benbei gleich noch eine neue Pro-grammiersprache.

Ziel nicht (ganz) erreicht – und trotzdem nützlich«Im Gegensatz zu manchen KollegInnen an der Kanti wurde es unsnie langweilig», beschreibt Kathrin Ernst. «Wir waren über Monatehinweg ständig im Kontakt mit den Fachleuten und durften imEmpa-Labor sogar selbst Tests durchführen.» Sie hätten laufendneue Tipps erhalten, wie sie den selbst konstruierten Simulator wei-ter verbessern konnten. Denn der erste Simulator funktioniertezwar, hatte allerdings eine zu geringe Leistung. Um diese zu erhö-hen, bauten Ernst und Co. zusätzlich weisse Power-LED und eineLinse ein, die das Licht bündelt, sozusagen konzentriert. Die besteLösung wäre gewesen, leuchtstärkere LED zu suchen. Diese seien,so die Maturandinnen, leider im Moment noch nicht auf dem Markterhältlich oder sehr teuer. Sie zeigten sich aber überzeugt, dass ineinigen Jahren ein Sonnensimulator der gewünschten Leistung mithandelsüblichen LED günstig hergestellt werden könne.

«Obwohl der Sonnensimulator mit den Standard-LED am Endedoch nicht die gewünschte Leistung brachte, können wir ihn an derEmpa trotzdem gebrauchen», so Empa-Betreuer Fabian Pianezzi. «Wirverwenden ihn nun für die Messung der Quanteneffizienz an Solar-zellen». Weil die 64 LED-Lämpchen sich einzeln ein- und ausschaltenlassen, kann nach der Messung mit dem neuen Sonnensimulator be-rechnet werden, wie viel Prozent des Lichts einer bestimmten Wel-lenlänge eine Solarzelle in elektrischen Strom umwandelt.

Erfolg bei «Schweizer Jugend forscht»Hier könnte die Geschichte eigentlich enden – tut sie aber nicht: Schonbevor sie ihre Maturarbeit an der Schule abgaben, hatten die jungenFrauen eine Vorversion beim Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht»eingereicht. «Zu unserer Überraschung wurden wir von der Jury sofortin die Endrunde durchgewinkt – ohne die geringsten Änderungen an-bringen zu müssen», erzählt Kathrin Ernst stolz. Trotzdem hätten siesich die fakultativen Empfehlungen der Jury zu Herzen genommenund in die endgültige Fassung eingearbeitet.

Am 30. April wurde ihre Arbeit an der ETH Zürich von der Stif-tung «Schweizer Jugend forscht» mit dem Prädikat «sehr gut» undeinem Barpreis von 800 Franken ausgezeichnet. Und obendrauf er-hielten die drei erst noch einen Sonderpreis: Sie wurden eingeladen,am «International Summer Science Camp» im dänischen Aalborgteilzunehmen. Ausserdem bekamen sie Gelegenheit, ihren Sonnen-simulator an der Jahrestagung des Industrieverbandes «Swissmem»in einem Kurzfilm vorzustellen. Und schliesslich überzeugte ihreMaturarbeit auch die Kantonsschule – sie wurde als eine der 24 bes-ten im Kanton Aargau lobend erwähnt.

Und das Fazit der jungen Frauen? «Wir haben einen guten Ein-druck davon erhalten, wie Forschung im Labor abläuft», sagt DeboraBachmann. «Am Mittagstisch sassen wir manchmal mit Wissen-schaftlerInnen aus der ganzen Welt zusammen und erfuhren mehrüber deren Arbeit.» Schon vor dem Studium hätten sie so erlebt, wiesich der Forschungsalltag gestaltet. Nach den Sommerferien wollenalle drei ein Studium in Angriff nehmen: Kathrin Ernst würde gerneMikrotechnik studieren, Miriam Marti fängt mit Physik an und De-bora Bachmann beginnt, Pädagogik zu studieren, um vielleicht der-einst einmal Naturwissenschaften zu unterrichten. //

Link

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26 // Im Dialog20 // Wissens- und Technologietransfer

Empa-Technologieim Reich der MitteFlexible Dünnschichtsolarzellen haben gute Aussichten, die derzeitgebräuchlichen starren Solarzellen aus Silizium zu ersetzen, unteranderem weil ihre Herstellung weniger Rohstoffe benötigt. Die Empahat vor kurzem ein neuartiges Funktionsprinzip für organischeSolarzellen zum Patent angemeldet. Und der ehemalige Empa-ForscherBin Fan will die neuen Zellen auch gleich in einem eigensdafür gegründeten Start-up in China produzieren und vermarkten.

TEXT: Rémy Nideröst / BILDER: Bin Fan; Empa

1Jungunternehmer Bin Fan verfasstean der Empa seine Doktorarbeit, nahmseine Erfindung mit und gründetein China die Firma «Weihua Solar».

2Freut sich über die gelungene Umsetzungseines Empa-Forschungsprojekts:Frank Nüesch, Leiter der Abteilung«Funktionspolymere» und Doktorvatervon Bin Fan.

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Im Dialog // 27Wissens- und Technologietransfer // 21

Im Empa-Patent geht es um eine neuartige Dünn-schichtsolarzelle in «Sandwich»-Bauweise. Das Aund O dabei: Die so genannte aktive Schicht besteht

nicht aus seltenen und daher teuren Elementen, son-dern aus synthetischen organischen Farbstoffen, wie siebereits seit langem in der analogen Fotografie in denEmulsionen von Farbfilm zum Einsatz kommen. Dieseabsorbieren das Licht ausserordentlich gut – und wan-deln es zudem effizient in Strom um. Und zwar dank ei-ner Empa-Entwicklung, nämlich ultradünne Salzschich-ten, die zwischen den beiden aktiven Schichten eine ArtGrenzfläche bilden. Dadurch erhöht sich der durch Son-neneinstrahlung erzeugte Ladungsfluss – der Strom –zwischen den beiden Schichten drastisch. Und somitauch die Effizienz der organischen Solarzelle, wie La-borversuche eindrücklich gezeigt haben.

Vom Labor- zum Industriemassstab –ein gigantischer SchrittDoch was im Labor einwandfrei funktioniert, lässt sichnicht automatisch in die Praxis – also in die industrielleFertigung – umsetzen. Denn das «Hochskalieren» vomLabor- auf Industriemassstab erweist sich häufig alskompliziert und aufwändig. Was auch Investoren undEntscheidungsträger in den Unternehmen wissen, derenUnterstützung für diesen Technologietransfer unver-zichtbar ist.

Dies musste auch Bin Fan erfahren, ein chinesischerNachwuchsforscher, der an der Entwicklung der neuenEmpa-Solarzelle im Rahmen seiner Doktorarbeit betei-ligt war. Nach seinem erfolgreichen PhD-Abschlusswollte er nämlich die Entwicklung in einer eigenen Fir-ma vorantreiben. Beim Zusammenstellen seines Busi-nessplans fand er zwar im «glaTec» die nötige Unterstüt-zung; der Business Inkubator der Empa in Dübendorf

fördert Unternehmensgründungen und Innovationspro-zesse im Bereich der Material- und Umweltwissenschaf-ten. Doch selbst der beste Businessplan ist ohne Geld-geber nichts wert. Und gerade die waren in der Schweizfür eine Start-up-Gründung nicht zu finden.

Lizenz schon vor Patentabschluss vergebenMehr Erfolg mit seiner Idee hatte der junge Chinese inseiner Heimat. Dort werden nachhaltige Energietechno-logien im Rahmen der seit 2008 bestehenden «ChinaGreentech Initiative» staatlich gefördert (siehe Kasten).In einem Businesswettbewerb setzte sich Bin Fan durchund erhielt einen Förderbeitrag von 12 Mio. Yuan (um-gerechnet 1,4 Mio. CHF), mit dem er in seiner Heimat-stadt Xiamen die eigene Firma «Weihua Solar» gründe-te. Neben dem Know-how des Firmengründers ist daswichtigste «Asset» des Jungunternehmens eine Lizenzzur Weiterentwicklung der Solarzelle, die Bin Fan be-reits erworben hatte – noch bevor der Empa das hängigePatent überhaupt erteilt worden war.

Inzwischen beschäftigt er bereits zehn Mitarbeiten-de und vertreibt nebenbei diverse Verbrauchsmateria-lien, die für Solarzellenforschung notwendig sind.Frank Nüesch, Leiter der Empa-Abteilung «Funktions-polymere» und Bin Fans Doktorvater, freut sich, dassdie an der Empa gestartete Entwicklung jetzt ihren Wegin die Praxis findet: «Das ist für einen Forscher die Be-stätigung seiner Arbeit». Nüesch schätzt, dass noch fünfbis zehn Jahre Entwicklungsarbeit nötig sind, bis erste,nach dem neuartigen Prinzip aufgebaute Solarmoduleverkauft werden können. Den Schritt seines einstigenStudenten bewundert er jedenfalls. «Das braucht unteranderem auch einiges an Risikobereitschaft. Wir hättendie weiteren Schritte in unserem Labor nicht machenkönnen.» //

Fördergeld der China-Greentech-Initiative

Die China Greentech Initiative (www.china-greentech.com) wurde 2008 aufgelegt, um mit staatlicher Unterstützung China zu einemTechnologieführer auf dem Gebiet der Umwelttechnik zu machen. Derzeit sind unter dem Dach der Initiative mehr als hundert Organi-sationen verbunden, die mit mehr als 300 Industriepartnern vernetzt sind – darunter internationale Firmen wie PricewaterhouseCoopers(PWC), Alstom, General Electric, IBM, Panasonic, BP, Bayer und die Bank HSBC.Die Aktivitäten der Initiative sind in sechs Sparten unterteilt: Saubere konventionelle Energie, Erneuerbare Energie, Elektrische Infra-struktur, Effizienz im Gebäudebau, Saubere Transportmittel und Sauberes Wasser. Sie gewährt auf Antrag Fördermittel für Umwelttech-nologien – wie etwa für organische Solarzellen.

2

22 // Wissens- und Technologietransfer

In einem Chemielabor der Empa beugen sich zweiMänner in weissen Kitteln über einen fest ver-schraubten Metallzylinder mit Sichtfenster im De-

ckel. «Sieht brauchbar aus», konstatiert der eine. «Malschauen, ob es funktioniert hat», murmelt der andere et-was skeptischer. Kurz darauf ist der Metallzylindersamt Inhalt in einer Halterung eingespannt. Der jüngereder beiden – der Doktorand James Shaw-Stewart – be-trachtet durch ein Spektralmessgerät das Ergebnis. EinLächeln fliegt über sein Gesicht. Und Projektleiter Matthias Nagel ist der Stolz auf das Erreichte deutlichanzusehen.

Triazenpolymer – ein explosiver KunststoffWas die Empa-Forscher so erfreut, sind drei kleinePunkte, die im Innern des Zylinders rot, grün und blauleuchten. Das sind nicht etwa gewöhnliche Leuchtdio-den (LED), sondern die ersten Proben eines leuchten-den Kunststoffs – eines LEP, «light emitting polymer».Die Besonderheit: Die drei farbigen Pixel wurden mit ei-ner speziellen, an der Empa in Zusammenarbeit mitdem Paul Scherrer Institut (PSI) erforschten Methodeauf den Trägerchip «geschossen». Ein explosiver Kunst-stoff – ein Triazenpolymer – machts möglich. Dieserwird mit einem Laserblitz belichtet, zerfällt daraufhininnerhalb von Sekundenbruchteilen und erzeugt dabeigrosse Mengen Stickstoff. So wird alles, was darüberliegt, lokal «weggesprengt» und fliegt mit hoher Ge-

Flugshow der PixelZehn Jahre Forschung an polymeren «Sprengstoffen»führten zu einem hell leuchtenden Ergebnis undeinem Etappensieg auf dem Weg zum Farbbildschirmper Laserverfahren.

TEXT: Rainer Klose / BILDER: Empa

Doktorand James Shaw-Stewart (links) und Projektlei-ter Matthias Nagel betrachten den fertigen Chip:Auf der Platine, die in Schutzgasatmosphäreeingeschlossen ist, sollen Pixel in drei Farben leuchten.Damit wäre das Experiment erfolgreich.

Wissens- und Technologietransfer // 23

schwindigkeit ins Ziel. Der Clou: Wenn alles richtig ein-gestellt ist, bleiben die weggesprengten Schichten unbe-schädigt und funktionieren weiter.

Die Art der «Treibladung» aus Triazenpolymeren,aber auch alle anderen ballistischen Parameter (etwadie optimale Entfernung zum Ziel, die Menge des Treib-stoffs, die Stärke des Laserblitzes, der Luftdruck in derUmgebung) sind an der Empa und am PSI akribisch un-tersucht und optimiert worden. Nur wenn alles harmo-niert, kommen die Leuchtpixel unzerstört am Bestim-mungsort an. Die Technologie trägt das Kürzel LIFT –Laser-induced forward transfer (zu Deutsch etwa: La-ser-ausgelöste Materialübertragung).

Worin aber liegt der Sinn, leuchtenden Farbpixelndas Fliegen beizubringen? Zum Beispiel um mit den dreiGrundfarben – Rot, Grün, Blau – einen Farbbildschirmzu konstruieren. Die einzelnen Bildpunkte liessen sichnach der Empa-PSI-Methode elegant mit einem Laser-verfahren aufbringen. Punktgenau, lösungsmittelfrei,preiswert. «Damit haben wir gezeigt, dass das Systemfunktioniert», sagt Nagel. «Nun muss die Industrie sichder Sache annehmen und das Verfahren zur Marktreifeweiterentwickeln.»

Was Nagel beschreibt, ist der vorläufige Endpunkteines bald zehnjährigen Forschungsprojekts – und zu-gleich ein typischer Fall für die industrienahe Grundla-genforschung, wie sie an der Empa betrieben wird. Kurznach der Jahrtausendwende stiess Matthias Nagel auf

die Triazenpolymere, die bereits in den 1990er-Jahrenentwickelt und seit dem vorwiegend in der Lithographieverwendet worden waren. Dabei schoss man mit demLaser auf die Triazenschicht, sprengte die belichtetenStellen lokal weg und erhielt so ein hochpräzises Relief– eine Art Druckplatte.

Puffern und Titrieren für einen glasklaren FilmDie Projektpartner Empa und PSI wollten einen Schrittweiter gehen: Was passiert, wenn die Triazenschichtvon hinten beleuchtet wird? Lassen sich so nützliche«Mikro-Explosionen» erzeugen? Doch vor den Erfolghatten die Götter die Arbeit gesetzt – in diesem Fall dieMühsal einer sorgfältigen chemischen Synthese. Zwargab es ein «Rezept» für Triazenpolymere, das ein Dok-torand an der Technischen Universität München entwi-ckelt hatte, doch das Ergebnis war wenig befriedigend.«Als wir das nachkochten, erhielten wir eine bräunlicheKnödelsuppe», sagt Nagel. «Das taugte zwar für die Li-thographie, doch wir mussten für unsere Versuche de-finierte, dünne Schichten herstellen. Und dazu war dasMaterial unbrauchbar.»

Nagel analysierte die Syntheseprozedur Schritt fürSchritt und fand schliesslich die Schwachstelle: ImMünchner Rezept wurde an einem bestimmten Punktdie Säure zu schnell neutralisiert. Alles kippte ins Alka-lische, wodurch eine unerwünschte Nebenreaktionstattfand – was zu den «Knödeln» führte. Die Lösung

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24 // Wissens- und Technologietransfer

musste heissen: puffern und titrieren – was jeder Student,jede Studentin der Chemie im ersten Semester lernt undausgiebig übt. Wird der pH-Wert kontrolliert abgesenkt,entsteht sauberes Triazenpolymer. Einem glasklaren,hauchdünnen Film stand nun nichts mehr im Weg.

Mit dem so hergestellten Material liess sich prächtigexperimentieren. Schon 2006 konnten Biologinnen undPhysiker mit Nagels Filmproben erstmals Nervenzellenauf einen Objektträger katapultieren. Im Ziel angekom-men, lebten die Zellen weiter und teilten sich sogar. Da-mit war eine sehr schonende Methode für Materialtrans-fer in kleinsten Mengen gefunden.

Der gepixelte Osterhase als BeweisDoch Wissenschaft ist mehr als Ingenieurskunst: Siewill nicht nur, dass es funktioniert, sie will auch eineErklärung warum. 2007 kamen daher Silberschichtenan die Reihe. «Wir schossen Löcher mit geringer Energievon nur 65 Millijoule pro Quadratzentimer in eine Tria-zenpolymerschicht, auf die wir eine Schicht Silber auf-gebracht hatten. Solch schwaches Laserlicht hätte niegereicht, um die Silberschicht zu verdampfen», erläutertNagel. Und doch war das Silber an den belichteten Stel-len verschwunden. Damit war der Beweis erbracht,dass die Triazenschicht das darüber liegende Silber prä-zise weggesprengt hatte. Den damaligen Probenträgerhütet Nagel noch heute in seinem Schreibtisch: das Bildeines lächelnden Osterhasen aus einzelnen winzigen Pi-xeln, herausgelöst aus der spiegelnden Silberschicht.

Fehlschüsse erwiesen sich als nützlichNach dem Fortsprengen kam als nächster Schritt der «Ziel-schuss». Die Doktoranden Romain Fardel und James Shaw-Stewart untersuchten mit Nagels Unterstützung die Flugei-genschaften des verschossenen Materials. Immer wieder fa-brizierten sie Probenträger an der Empa, pendelten zumPSI, wo sie die Laserblitze drauf abfeuerten, dann ging eszurück zur Empa, um die Ergebnisse zu charakterisieren.

Gerade die Fehlschüsse halfen den Forschern weiter:Warum flog dieses Pixel unvollständig ins Ziel? Warumbringt eine dickere Triazenschicht keine besseren Ergeb-nisse? Wieso schadet zu starkes Laserlicht dem Ergebnis?Unter anderem fanden die Forscher heraus, dass beimSchuss eine Schockwelle entsteht. Das verursacht Proble-me: Ein zu heftiger Laserblitz beschleunigt das verschos-

Donor

Receiver

>>

1

2

1Pixel im Vorbeiflug: Von der«Abschussrampe» links im Bildbis zum «Ziel» rechts ist es nurein Millimeter Flugstrecke.Man beachte die Druckwelle aufden Bildern 2, 3 und 4, die mitSchallgeschwindigkeit demPixelfarbstoff vorauseilt. Wird zuviel der Triazen-Treibladung ge-nommen, dann würde der Pixelschneller als der Schall fliegenund beim «Überholen» derDruckwelle zerstört. Auch diesenFall haben die Forscherfotografisch dokumentiert.

2Schematische Darstellung des sogenannten «LIFT»-Verfahrens:Per UV-Laserblitz wird dieTriazenschicht (orangefarbenim Bild) zur Explosiongebracht. Dabei entsteht gas-förmiger Stickstoff, der diedarüber liegenden Schichtenins Ziel schiebt. Die Methodeist so schonend, dass auchempfindliche Farbstoffe undsogar lebende Zellen befördertwerden können.

300 µm

Wissens- und Technologietransfer // 25

3James Shaw-Stewart bereitet unterSchutzgasatmosphäre die Probe vor.

4Erfolg! Die Pixel leuchten und sindunversehrt im Ziel angekommen.Der Empa-Forscher sieht das Ergebnisim Spektralanalysegerät.

sene Material auf Überschallgeschwindigkeit. Sobald esdurch die vorauseilende Schockwelle fliegt, wird es pul-verisiert – nichts kommt mehr am Ziel an.

Nun ist die Industrie am ZugeDutzende wissenschaftliche Veröffentlichun-gen entstanden über die Zeit, publiziert inFachzeitschriften wie «Applied SurfaceScience», «Journal of Physical Chemis-try» oder sogar als Titelstory in «Macro-molecular Chemistry and Physics».Nun dürften die Kollegen und Kolle-ginnen an Universitäten und in der In-dustrie wissen, wie sie es machen müs-sen, etwa: Den Spalt zwischen Ab-schuss und Ziel richtig festlegen, damitdas Material nicht an beiden Seiten klebenbleibt. Bei vermindertem Luftdruck schies-sen, um der zerstörerischen Schockwelle zu be-gegnen. Das Laserlicht richtig bemessen, damit dieempfindlichen Farbstoffe auch im Ziel noch schönleuchten.

Doch der Moment voller Stolz über ein gelungenesExperiment ist zugleich ein Moment des Abschieds: Diedrei farbig leuchtenden Punkte waren eines der vorläufigletzten Experimente auf dem Gebiet der fliegenden Pixelan der Empa. Denn das System ist nun charakterisiert unddurchschaut; den weiten Weg zu einer kommerziellenAnwendung muss ab jetzt die Industrie bestreiten. Daskann – und soll – eine nationale Forschungsinstitutionnicht leisten. James Shaw-Stewart wird aus den Ergebnis-sen seine Doktorarbeit verfassen, die im Frühjahr fertigsein soll. Dann wird er weiterziehen.

Mit dem Ende des Projekts LIFT wird sich auch Pro-jektleiter Matthias Nagel einem neuen Thema zuwen-den. Ideen für nächste Projekt hat er bereits, um fehlen-de Knacknüsse muss er sich keine Sorgen machen:«Grundsatzprobleme aus dem Gebiet der Funktionspo-lymere gibt es genügend», sagt Nagel und schmunzelt.Photovoltaik mit organischen Materialien wird an derEmpa intensiv untersucht. «Hier gibt es Fragen zuGrenzflächen und Morphologien, die noch nicht geklärtsind.» Nagel wird sich etwas suchen, das nicht – odernoch nicht – funktioniert. Und damit fängt seine For-scherarbeit wieder ganz von vorne an. //

Link

Direkter Link zur Forschungsabteilung,zu Originalliteratur und Podcasts: www.empa.ch/empanews

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26 // Wissenschaft im Dialog

Schaufenster derSchweizer Nano-SzeneNanotechnologie eröffnet neue Märkte und ermöglicht Lösungen für unzählige Herausforderungenin den unterschiedlichsten Branchen – so der Tenor der 1. Swiss NanoConvention, die am 18. und19. Mai in Baden über die Bühne ging. Die von der Empa, dem PSI und der ETH Zürich organisierteKonferenz bot den knapp 300 anwesenden EntscheidungsträgerInnen eine Plattform, sich über ef-fiziente, für die Gesellschaft nützliche Entwicklungen im Nanobereich, aber auch über potenzielleRisiken zu informieren und auszutauschen.

25 Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland führten vor, warum «Nano» baldschon nicht mehr wegzudenken sein wird: Smarte Fenster, die dank Nanobeschichtung ihre Licht-durchlässigkeit der Sonneneinstrahlung anpassen und so helfen, Energie zu sparen; neuartige Di-agnosemethoden und massgeschneiderte Medikamente gegen HIV und Arteriosklerose; Nanofa-sern, die einerseits wirksamere Staubfilter ermöglichen, andererseits Weinberge dank dosierter Phe-romonabgabe vor Schädlingsbefall schützen; neue, nanostrukturierte Materialien für effizientereBatterien; innovative Speichermedien für schier unvorstellbare Datenmengen. Und das sind nur ei-nige der Entwicklungen, an denen NanoforscherInnen derzeit arbeiten und über die in Baden leb-haft diskutiert wurde.

In der Schweiz herrsche derzeit eine positiv-kritische Einstellung gegenüber der Nanotechnolo-gie, wurde festgehalten. Selbst Kritiker bestreiten nicht, dass Nanotechnologie Probleme in Medizinund Umweltschutz einst lösen könne. Doch – so die einhellige Meinung – auch Befürchtungen seienernst zu nehmen. So laufen in der Schweiz und in Europa zurzeit verschiedene Initiativen, in denenVertreterInnen aus Wissenschaft und Industrie zusammen mit Konsumenten- und Umweltschutz-verbänden Sicherheitsraster für Anwendungen verschiedener synthetischer Nanomaterialien erstel-len. Das schafft Entscheidungsgrundlagen für allfällige risikoreduzierende Massnahmen seitens In-dustrie und Behörden.

Nächstes Jahr wird die Swiss NanoConvention von der EPF Lausanne organisiert. Sie findet am23./24. Mai 2012 am Rolex Learning Centre in Lausanne statt.

Video-Podcast– Podcast auf EmpaTV zur Swiss NanoConvention 2011:Impressions – Encounters – Conversations und– Vorträge von Thomas Borer, John E. Kelly, Aymeric Sallinund v.a.m. auf www.swiss-nanoconvention.ch sowie auf www.empa.ch/empatv

Szenen von der Swiss NanoConvention im Mai 2011. Empa-Direktor Gian-Luca Bona im Gespräch mit einem Teilnehmern (Mitte).Als Redner war unter anderem Nobelpreisträger Heinrich Rohrer mit dabei (rechts).

Wissenschaft im Dialog // 27

Schönheit der Nanowelten

Mit einer Ionenfeinstrahlanlage (FIB für Focused Ion Beam) baute Siddharta Pathak (Abt.«Werkstoff- und Nanomechanik» sowie «Advanced Materials Processing») aus einemhochdichten Teppich aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen kleine Türmchen mit 500 Nanome-tern Durchmesser. In Belastungsexperimenten mit Mikrowerkzeugen wollte er herauszu-finden, bei welchem Druck diese Türmchen einknicken. Sein Ergebnis: Die Türmchen wi-derstehen sehr hohen Lasten und eignen sich somit als Kandidaten für Energie-absorbie-rende Anwendungen in mikromechanischen Systemen.

Doch damit nicht genug: In der Dokumentation dieser Versuche gelang es ihm mit demRasterelektronenmikroskop immer wieder faszinierende Bilder zu erschaffen. Diese gelangtennicht nur bis auf die Titelseiten von renommierten Fachzeitschriften; Pathak gewann zusam-men mit seinen Kollegen auch Preise, die den künstlerischen Aspekt auszeichneten – etwa iminternationalen Online-Wettbewerb von NanoArt21 (www.nanoart21.org), bei dem Pathak mitdem gezeigten Bild den ersten Platz belegte.

Effizienzrekord bei Solarzellen

Das Empa-Labor «Dünnfilme und Photo-voltaik» ist spezialisiert auf die Entwick-lung hocheffizienter (und dabei erst nochkostengünstiger) Dünnschicht-Solarzellen.Den Forschenden um Ayodhya N. Tiwarigelang es, Prozesse bei niedrigen Depositi-onstemperaturen (also unter 450 Grad Cel-sius) für hocheffiziente CdTe-Solarzellenzu entwickeln und zu optimieren. AufGlas als Trägersubstrat erreichte TiwarisTeam eine Effizienz von 15,6 Prozent, aufflexiblen Polymerfolien einen Rekordwertvon 13,8 Prozent. Erst vor kurzem hatteTiwaris Team den Effizienzrekord auchbei flexiblen Solarzellen aus Kupfer-Indi-um-Gallium-Diselenid (kurz CIGS) auf18,7 Prozent verbessert.

Brücken bauen im Sommercamp

21 Kinder von Empa-Angestellten forschten begeistert im einwöchigen Som-mercamp Mitte Juli in den verschiedenen Labors. Dabei entdeckten sie frem-de Welten, vom Kosmos der Nanotechnologie bis zur Umwelttechnik – undkombinierten ihre Alltagserfahrungen mit neuem Wissen. Die Königsdisziplindes Nachwuchses war der Bau einer tragfähigen Hängebrücke über den Dübendorfer Chriesbach. Der Brückenspezialist und ehemalige Empa-DirektorUrs Meier arbeitete mit den Jungkonstrukteuren verschiedene Konzepte aus,die die Kinder selbst entwickelt hatten. So meint Cecilia (12) zu den Vorbe-reitungsarbeiten: «Am Schluss wussten wir genau, worauf es ankommt». DieUmsetzung war noch anspruchsvoller. Gemeinsam stellten sie die Pylone – Brückenpfeiler – auf und verknüpften sorgfältig Seile mit Sprossen zu einemGehsteig. Nach konzentriertem Einsatz stand die Brücke – aber wird sie auchhalten? Die kleinen Brückenbauer waren überzeugt. «Wir haben selber mit-gebaut» so die einleuchtende Begründung.

Am Ende war das Sommercamp für die Nachwuchsforscher und –forsche-rinnen ein voller Erfolg: «Es war sehr cool und ich würde gerne nochmal kom-men», fasst Jessica (9) ihre Eindrücke zusammen.

Flurina (9) testet die Hängebrücke – und ihren Mut.

Veranstaltungen26. September 2011Catalytic methane oxidationEmpa, Dübendorf

27. September 2011Bioplastik: Verpackung der Zukunft?Empa, St. Gallen

28. September 2011Polymerwerkstoffe für technische Anwendungen:Bewertung und AuswahlEmpa, Dübendorf

30. September 2011Smart textiles – Applications and potentialin optical and electrical measurementEmpa, Dübendorf

6. Oktober 2011Metallische Gläser: Eigenschaften, Technologien,AnwendungenEmpa, Dübendorf

18. Oktober 2011Flexible FahrbahnübergängeEmpa, Dübendorf

8. November 2011Schadensprävention hochbeanspruchter Bauteileund KomponentenEmpa, Dübendorf

9./10. November 2011Titan-Anwenderseminar 2011Empa, Dübendorf

15. November 2011Zukunftsperspektive BrennstoffzelleEmpa, Dübendorf

17. November 2011Der Blick ins Innere: 20 Jahre industrielleComputertomographie an der EmpaEmpa, Dübendorf

Details und weitere Veranstaltungen unterwww.empa-akademie.ch

Ihr Zugang zur Empa:

Die Empa hat keine Mühe

gescheut und uns ihre

industrienahe Forschung

eindrücklich nahe

gebracht. Ich war über-

rascht, wie modern

und wettbewerbsorientiert

hier geforscht und

entwickelt wird.

Heinrich Steinmannehem. Präsident der Hasler Stiftung

Meinung

Heinrich Steinmann

[email protected] +41 58 765 44 44www.empa.ch/portal”


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