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EmpaNews Mai 2011

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Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer - Jahrgang 9, Nummer 33
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Enzyme für den industriellen Einsatz 08 Transparente Elektroden, biegsam und stabil 07 Langlebigen Schadstoffen auf der Spur 12 Magazin für Forschung, Innovation und Technologietransfer Jahrgang 9 / Nummer 33 / Mai 2011 Empa News Chemie allenthalben 15
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Page 1: EmpaNews Mai 2011

Enzyme für denindustriellen Einsatz 08

Transparente Elektroden,biegsam und stabil 07

Langlebigen Schadstoffenauf der Spur 12

Magazin für Forschung, Innovation und TechnologietransferJahrgang 9 / Nummer 33 / Mai 2011

EmpaNews

Chemie allenthalben 15

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02 // Editorial

Gewebe entwickeltTransparente Elektroden,biegsam und stabil 07

In Materialforschungsteckt viel Chemie

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hatdas Jahr 2011 unter dem Motto «Chemie – unserLeben, unsere Zukunft» zum Internationalen

Jahr der Chemie (IYC2011) erklärt. Ein gutes Thema, istdoch die ganze Welt um uns – irgendwie – Chemie. Die

Lehre, das Wissen von Aufbau, Verhaltenund Umwandlung von Stoffen ist sowohlaus unserem Alltag – denken wir nur anProdukte wie Brot oder Wein und so pro-fane Vorgänge wie Kochen oder das Star-ten eines Motors – als auch aus unsererWirtschaft nicht mehr wegzudenken.

Auch bei der Entwicklung neuer Mate-rialien spielen chemische Reaktionen einezentrale Rolle. Empa-Forschende versu-chen etwa – unter anderem durch die Kom-

bination von Experiment und Simulation – komplexe Re-aktionsmechanismen Schritt für Schritt aufzuklären, umdiese beispielsweise mit neuartigen Katalysatoren steuernund so letztlich bessere Materialien synthetisieren zu kön-nen (siehe Seite 20). Oder sie spüren dank hochempfind-lichen Analysemethoden umweltbelastende Stoffe selbstin Kleinstmengen in verschiedenen Ökosystemen auf (sie-he Seite 12) – und entwickeln, wenn immer möglich, un-bedenkliche(re) Ersatzstoffe. Der aktuelle Fokus zeigt ei-nige spannende Beispiele.

Gleichzeitig erinnert das IYC2011 an den 100. Jahres-tag der Verleihung des Chemie-Nobelpreises an Marie Curiefür die Entdeckung der chemischen Elemente Radium undPolonium. Die erste mit dem Nobelpreis gekürte Frauprägte auch den Begriff «radioaktiv» für die von ihr unter-suchten Substanzen. Ein Begriff, der in letzter Zeit auf tra-gische Weise wieder an Aktualität gewonnen hat. Doch ge-rade auch im Energiebereich versprechen neuartige Mate-rialien – etwa für hocheffiziente Batterien (siehe Seite 15)– einiges für eine nachhaltige, sichere Energieversorgung;ein Thema, über das wir bereits verschiedentlich in denEmpaNews berichtet haben und das uns auch in Zukunftweiter beschäftigen wird.

Viel Vergnügen beim Lesen.

Michael HagmannLeiter Kommunikation

Titelbild

Materialien bestehen – wie alle Stoffe –aus chemischen Elementen. Kein Wunderalso, dass in vielen Empa-LaborsChemikerinnen und Chemiker arbeiten.Etwa in der Abteilung «Festkörperchemieund -katalyse», wo die Anwendungperowskitartiger Metalloxide in Batterien,Katalysatoren und thermoelektrischenWandlern erforscht wird.

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Inhalt // 03

Windkanal aufgebautNanopartikel, freigelassenund beobachtet 22

Quellen gefundenLanglebigen Schadstoffenauf der Spur 12

Biokatalysator hergestelltEnzyme für denindustriellen Einsatz 08

Forschung und Entwicklung

04 Atomar aufgelöst

06 Medtech-Partner verstärken Kooperation

07 Plastikgewebe für Solarzellen & Co.

08 Aufs Enzym gekommen

Fokus: Internationales Jahr der Chemie

10 Chemie allenthalben

12 Kurz nützlich, lang lästig

15 Designatelier für neue Materialien

20 Robuster Beschleuniger

22 Im Bann der Schwebeteilchen

Wissens- und Technologietransfer

24 In die chemische Tiefe

Wissenschaft im Dialog

27 World Resources Forum 2011

28 Veranstaltungen

Impressum

HerausgeberinEmpaÜberlandstrasse 129CH-8600 Dübendorfwww.empa.ch

Redaktion & GestaltungAbteilung Kommunikation

KontaktTelefon +41 58 765 45 [email protected]

Erscheint viermal jährlich

ISSN 1661-173X

COC-100246 FSC Mix

Page 4: EmpaNews Mai 2011

04 // Forschung und Entwicklung

Erstmals ist es Forschenden gelungen, die Anordnung dereinzelnen Atome und deren Anzahl in einem Nanopartikelzu bestimmen. Das Silberpartikel hat einen Durchmesser vonrund zwei Nanometer. (Bild Empa/ETH Zürich)

Page 5: EmpaNews Mai 2011

Forschung und Entwicklung // 05

Nanoteilchen besitzen andere chemische und physikalische Ei-genschaften als ihre «grossen Geschwister»: Sie haben im Ver-hältnis zur Masse eine sehr grosse Oberfläche und gleichzeitig

eine geringe Anzahl von Atomen. Dadurch kann es etwa zu Quanten-effekten kommen, die zu veränderten Materialeigenschaften führen.Beispielsweise lässt sich aus Nanomaterialien hergestellte Keramik ver-biegen und eine Goldmünze ist goldfarben, während ein Nanoteilchenaus demselben Material rötlich ist.

Neue Methode entwickeltDie Eigenschaften von Nanopartikeln werden bestimmt durch ihreexakte dreidimensionale Struktur, die atomare Anordnung und im Be-sonderen auch durch die Oberflächenbeschaffenheit. In einer neuenStudie, die Rolf Erni, Leiter des Zentrums für Elektronenmikroskopieder Empa, zusammen mit der ETH-Wissenschaftlerin Marta Rossell ini-tiiert hatte, gelang es nun erstmals, die dreidimensionale Struktur voneinzelnen Nanoteilchen auf atomarer Basis zu bestimmen. Das neueVerfahren könnte in Zukunft dazu beitragen, die Beschaffenheit vonNanoteilchen, inklusive deren Reaktivität und Toxizität, besser zu ver-stehen.

Schonendes Verfahren zur BildgebungFür ihre elektronenmikroskopischen Untersuchungen, die in der re-nommierten Fachzeitschrift «Nature» publiziert wurden, präpariertenErni und Rossell Silber-Nanoteilchen in einer Aluminium-Matrix. DieMatrix vereinfacht es, die Nanopartikel unter dem Elektronenstrahl inverschiedene kristallographische Orientierungen zu kippen undschützt gleichzeitig die Partikel vor Schäden durch die Elektronen-strahlen. Voraussetzung für die Studie war ein spezielles Elektronen-mikroskop, das eine maximale Auflösung von weniger als 50 Pikome-ter erreicht. Zum Vergleich: Der Durchmesser eines Atoms beträgtetwa ein Ångström, das sind 100 Pikometer.

Zur zusätzlichen Schonung der Probe wurde das Elektronenmi-kroskop so eingestellt, dass es auch bei niedriger Beschleunigungs-spannung, bei 80 Kilovolt, Bilder in atomarer Auflösung lieferte.Normalerweise arbeiten derartige Elektronenmikroskope, von de-nen es weltweit nur einige wenige gibt, bei 200 oder 300 Kilovolt.

Das Duo nutzte für ihre Experimente ein Mikroskop am kaliforni-schen Lawrence Berkeley National Laboratory. Vervollständigtwurden die experimentellen Daten durch zusätzliche elektronen-mikroskopische Messungen an der Empa.

Geschärfte BilderAnhand der mikroskopischen Aufnahmen erstellte dann Sandra VanAert von der Universität Antwerpen Modelle, die die Aufnahmen«schärften» und deren Quantifizierung erlaubten. Dadurch konnten dieForschenden die einzelnen Silberatome im Kristallgitter des Nanoteil-chens entlang der unterschiedlichen kristallographischen Orientierun-gen zählen.

Um die exakte dreidimensionale Atomanordnung im Nanoteil-chen zu bestimmen, zogen Erni und Rossell schliesslich den Tomogra-phie-Spezialisten Joost Batenburg aus Amsterdam hinzu, der mit Hilfespezieller mathematischer Algorithmen die Anordnung der Atome imNanopartikel tomographisch rekonstruierte. Lediglich zwei Aufnah-men genügten, um das Nanoteilchen mit seinen 784 Atomen nachzu-bilden. «Bis anhin liessen sich einzig die groben Umrisse von Nanoteil-chen anhand vieler Aufnahmen aus unterschiedlichen Perspektivendargestellen», so Marta Rossell. Atomstrukturen hingegen konntenohne experimentelle Grundlagen nur am Computer simuliert werden.

«Anwendungen des Verfahrens, etwa zur Charakterisierung vondotierten Nanoteilchen, sind nun geplant», sagt Rolf Erni. So könne mitder Methode in Zukunft etwa festgestellt werden, welche Atom-Kon-figurationen an der Oberfläche der Nanopartikel aktiv werden, wenndiese beispielsweise toxisch oder katalytisch wirken. Rossell betont,dass sich die Studie im Prinzip auf alle Nanopartikel anwenden lässt.Voraussetzung seien jedoch experimentelle Daten, wie sie in der Studiegewonnen wurden.

Forschende der Empa und der ETH Zürich ist es gemeinsam mitniederländischen Kollegen erstmals gelungen, die dreidimensionaleStruktur einzelner Nanopartikel in atomarer Auflösung zu bestimmen.Das Verfahren, das in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichtwurde, könnte es in Zukunft ermöglichen, die Eigenschaften vonNanoteilchen besser zu verstehen.

TEXT: Simone Ulmer*

Atomar aufgelöst

Literaturhinweis«Three-dimensional atomic imaging of crystalline nanoparticles»,S. Van Aert, K.J. Batenburg, M.D. Rossell, R. Erni & G. Van Tendeloo,Nature (2011), doi:10.1038/nature09741

* Simone Ulmer ist Redaktorin von ETH Life.

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06 // Forschung und Entwicklung

Medtech-Partnerverstärken Kooperation Die Empa und das Kantonsspital St. Gallen arbeiten verstärktzusammen. Zur bisherigen Kooperation im Bereich derhumanen Stammzellen kommen aktuelle Forschungsthemenhinzu wie Nanosicherheit, Immunologie und Implantat-entwicklung. Anfang 2011 sind neue Projekte angelaufen.

TEXT: Nadja Kröner

Im Rahmen der intensivierten Zusammenarbeit läuft unter anderem ein Pro-jekt, in dem Empa-Forschende der Empa-Abteilung «Materials-Biology Interactions» zusammen mit der Frauenklinik und dem Institut für Patho-

logie des St. Galler Kantonsspital den genauen Transportmechanismus von Na-nopartikeln durch die Plazenta sowie deren Einfluss auf das Plazentagewebeuntersuchen. Eine neue Perfusionsanlage, die den mütterlichen und fötalenKreislauf der Plazenta für einige Stunden durchblutet und somit aufrechterhält,ist derzeit an der Empa im Aufbau.

Nanosicherheit als zentrale FrageWie bei allen neuen Technologien können Risiken auch bei der Nanotechnologienicht ganz ausgeschlossen werden. Die Empa beschäftigt sich deshalb seit Jahrenmit möglichen negativen Auswirkungen, beispielsweise auf das Ungeborene. Sokonnten Forschende letztes Jahr zeigen, dass Nanopartikel mit einem Durchmes-ser von weniger als 200 bis 300 Nanometer via Plazenta vom mütterlichen in denfötalen Blutkreislauf gelangen können.

Genau wie bei der Plazenta ist auch beim Immunsystem nicht bekannt, in-wiefern es durch ungewollt eingedrungene Nanopartikel beeinflusst wird. Undauch hier wäre es denkbar, Nanomaterialien für diagnostische und therapeutischeZwecken am Menschen einzusetzen. Diese Möglichkeit untersuchen Empa-Wis-senschaftlerinnen und -Wissenschaftler zusammen mit dem Institut für Immun-biologie am Kantonsspital St. Gallen.

Implantatentwicklung: etablierte KooperationAuch mit der dortigen Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie be-steht bereits seit längerem eine Kooperation: Die Klinik stellt der Empa wöchent-lich Knochenmarkproben bereit. So können Materialoberflächen optimiert undneue Materialien, etwa für Implantate, getestet werden. Die Frage dabei ist, wieOberflächen für Implantate beschaffen sein müssen, damit sich die Stammzellendarauf «richtig» entwickeln – also in den gewünschten Zelltyp, zum Beispiel ineine Knochenzelle, differenzieren. Denn nur so kann das Implantat mit dem Kno-chen stabil verwachsen und seine Funktion übernehmen.

«Dank der Zusammenarbeit mit dem Spital sind wir in der Lage, unsere Akti-vitäten in der Bio- und Medizinaltechnologie deutlich auszubauen. Dadurch ma-chen wir einen grossen Schritt Richtung klinische Anwendung der von uns entwi-ckelten Materialien und Methoden», so Peter Wick, Co-Leiter der Empa-Abteilung«Materials-Biology Interactions». Weitere Projekte sind bereits in Vorbereitung. //

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Forschung und Entwicklung // 07

Aktive Schicht Transparente Faser Metallfaden

Plastikschicht

Transparente Elektrode

Licht

Rückseitige Elektrode

Plastikgewebe fürSolarzellen & Co.Bei formbaren Dünnschicht-Solarzellen sammelt eine transparente,flexible und leitfähige Elektrode das Licht und leitet den Strom ab.Empa-Forschende haben eine Polymer-Gewebeelektrode entwickelt,die nun erste viel versprechende Resultate erzielt und sichals Alternative zu Beschichtungen mit Indium-Zinnoxid anbietet.

TEXT: Rémy Nideröst

Rohstoffknappheit und steigender Verbrauch vonseltenen Metallen verteuern zunehmend elektro-nische Bauteile und Geräte. Eingesetzt werden

diese Metalle zum Beispiel für transparente Elektrodenin Touchscreens von Mobiltelefonen, in Flüssigkristall-bildschirmen, organischen Leuchtdioden und Dünn-schicht-Solarzellen. Das Material der Wahl dafür ist In-dium-Zinnoxid (ITO, engl. indium tin oxide), ein leiten-des, weitgehend transparentes Mischoxid. Da ITO je-doch relativ teuer ist, eignet es sich nicht für grossflä-chige Anwendungen wie in Solarzellen.

Suche nach AlternativenZwar gibt es Indium-freie transparente Oxide, doch mitzunehmender Nachfrage zeichnen sich auch hier Ver-sorgungsengpässe ab. Zudem bleiben prinzipielle Nach-teile wie Brüchigkeit bei Verformung bestehen. Daherwerden alternative transparente und leitfähige Be-schichtungen intensiv erforscht, wie etwa leitende Po-lymere, Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder Graphen. Koh-lenstoff-basierte Elektroden haben jedoch meist einenzu hohen Oberflächenwiderstand und sind somit zu we-nig leitfähig. Wird ein metallisches Gitter in die organi-sche Schicht integriert, vermindert sich der Widerstand,aber ebenso die mechanische Stabilität: Wird die Solar-zelle gebogen, brechen die Schichten und sind nichtmehr leitend. Die Herausforderung besteht also darin,biegsame und trotzdem stabile leitende Substrate her-zustellen, idealerweise in einem kostengünstigen indus-triellen Rollenverfahren.

Eine Lösung: Gewobene Elektroden Als eine viel versprechende Möglichkeit stellte sich eintransparentes, flexibles Polymer-Gewebe heraus, dasEmpa-Forschende aus der Abteilung «Funktionspolyme-re» in einem von der Kommission für Technologie undInnovation KTI finanziell unterstützten Projekt zusam-men mit der Sefar AG entwickelten. Die auf Präzisions-gewebe spezialisierte Schweizer Firma kann das Gewe-be günstig und in grossen Mengen über ein Roll-to-roll-Verfahren ähnlich wie beim Zeitungsdruck produzie-ren. Für die nötige elektrische Leitfähigkeit sorgen ein-gewobene Metallfäden. In einem zweiten Prozessschrittwird dann das Gewebe in eine inerte Plastikschicht ein-gebettet, ohne dass dabei die Metallfäden ganz abge-deckt und elektrisch isoliert werden. Die so erhalteneElektrode ist transparent, stabil und doch flexibel. Da-rauf brachten die Empa-Forschenden dann organischeSolarzellen als Schichtsystem auf. Deren Effizienz istvergleichbar mit herkömmlichen ITO-basierten Zellen;zudem ist die Gewebeelektrode bei Verformung deut-lich stabiler als kommerziell erhältliche, flexible Plastik-substrate, auf die ITO als dünne leitfähige Schicht auf-getragen ist. //

Literaturhinweis«Flexible Mesh Electrodes: Woven Electrodes for Flexible OrganicPhotovoltaic Cells», W. Kylberg, F. Araujo de Castro, P. Chabrecek,U. Sonderegger, B. Tsu-Te Chu, F. Nüesch and R. Hany, Adv. Mater. 8/2011,page 920, doi: 10.1002/adma.201190019

1Flexibles Präzisionsgewebe,das in Zusammenarbeitmit der Schweizer FirmaSefar AG zu einer Elektrodefür Dünnschicht-Solarzellenentwickelt wurde.(Bild: Sefar AG)

2Querschnitt durch eineDünnschicht-Solarzelle mitgewobener Elektrode.(Grafik: André Niederer)

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08 // Forschung und Entwicklung

Holz ist ein Biomaterial. Deshalb bietetsich eine Zusammenarbeit der Empa-Abteilungen «Holz» und «Biomateri-

als» an. Das gemeinsame Forschungsobjektist die Laccase, ein Enzym, das in Bakterien,Pilzen und höheren Pflanzen vorkommt undals Katalysator sowohl für die Synthese alsauch für den Abbau von Lignin wirkt, demHauptbestandteil von verholzten Zellen. Dadas Enzym unter milden Bedingungen, alsoin wässriger Lösung, bei Raumtemperaturund Normaldruck arbeitet und keine giftigenNebenprodukte bildet, ist es auch für die in-dustrielle Anwendung von Nutzen.

Beispielsweise für die Vorbehandlungdes in der Papierindustrie verwendeten Zell-stoffs: Das Enzym baut Lignin ab, das das Pa-pier braun färbt, und wirkt dadurch wie ein«Biobleaching». Bisher wird chemisch ge-bleicht, was jedoch die Umwelt belastet. Lac-casen aber sind bioabbaubar, etwa in Kläran-lagen. Bereits genutzt wird Laccase, um Jeanszu bleichen, da sie den für Jeans typischenFarbstoff Indigo abbauen kann. Eine weiteremögliche Anwendung wäre daher auch dieenzymatische Abwasserbehandlung in derTextilindustrie.

In der Industrie ist das Interesse an neu-en effizienten und umweltfreundlichen Pro-zessen enorm gestiegen. Doch obwohl Lacca-sen viele chemisch-technische Verfahren er-setzen könnten, ist ein breiter Einsatz derzeitnoch nicht möglich. Das Enzym kann nochnicht zu Preisen produziert werden, die einenEinsatz im grossen Massstab erlauben wür-den. Zudem sind die heute verfügbaren Lac-casen teilweise nicht aktiv und stabil genug,um mit chemischen Prozessen konkurrierenzu können Es ist also noch einiges an Ent-wicklungsarbeit nötig.

Holz- und Biomaterialforschungtreffen sichDie Abteilung «Holz» erforscht schon seitlängerem die Holz zersetzende Wirkung vonganz bestimmten Pilzen, sogenanntenBraun- und Weissfäuleerregern. Dabei gehtes einerseits darum, herauszufinden, wasfür Schäden die Pilze verursachen und wiedie verschiedenen Holzbestandteile abge-baut werden. Andererseits wird aber auchuntersucht, wie sich diese Eigenschaften derPilze nutzen lassen, um die Materialeigen-schaften des Holzes gezielt zu verändern.

1Die Laccase ist ein Enzym, das in derNatur als Katalysator sowohl für dieSynthese als auch für den Abbauvon Lignin wirkt, dem Hauptbestandteilvon verholzten Zellen. In der Industriekönnte es auch gute Dienste leisten,beispielsweise als «Biobleaching» des inder Papierindustrie verwendeten Zellstoffs.

2Reaktion des Enzyms Laccase miteiner farbbildenden Substanz aufeiner Agarplatte (blaugrüne Färbung).

3Die filamentösen Pilze scheiden das EnzymLaccase in die Kulturflüssigkeit aus.

Enzyme sind umweltfreundlich und arbeiten unter milden Bedingungen.Kein Wunder, interessiert sich die Industrie für diese «Biokatalysatoren».Empa-Forschende untersuchen die Laccase, ein Enzym, das besondersfür die Papier-, aber auch die Textil- und Holzindustrie beachtenswert ist.Dabei ist interdisziplinäre Arbeit gefragt.

TEXT: Nadja Kröner / BILDER: iStock, Empa

Aufs Enzym gekommen

Page 9: EmpaNews Mai 2011

Forschung und Entwicklung // 09

Schön länger ist bekannt, dass Laccase ins-besondere beim Ligninabbau eine entschei-dende Rolle spielt. An dieser Stelle kamendie Enzymspezialisten der Abteilung «Bio-materials» ins Spiel: In einem gemeinsamenProjekt wiesen sie nach, dass die Laccasebil-dung bei Weissfäulepilzen sehr stark vari-iert, und zwar zwischen verschiedenenStämmen wie auch zwischen unterschiedli-chen Wachstumsbedingungen. «Mit fila-mentösen Pilzen zu arbeiten ist für uns eherexotisch, daher ist die Zusammenarbeit mitden Holz-Fachleuten für uns sehr interes-sant », so Julian Ihssen von der Abteilung«Biomaterials». Zusätzlich zu Laccasen ausPilzen werden an der Empa auch ähnlicheEnzyme erforscht, die in Bakterien vorkom-men. Obwohl sich bakterielle Laccasengrundsätzlich einfacher biotechnologischherstellen lassen als solche aus Pilzen, liegtnoch wenig Wissen über diese Enzyme vor.

Für technische Anwendungen ist eswichtig, dass die Eigenschaften eines Enzymsmöglichst im Detail bekannt sind. Denn jenach Laccasen, die aus verschiedenen Pilzenoder Bakterien stammen, variiert das Spek-trum der Moleküle, die umgesetzt werden.

Aber auch die optimalen Bedingungen für dieReaktion, wie etwa Temperatur, pH-Wertoder Lösungsmitteln, sind unterschiedlich.Entsprechende Untersuchungen führt dieEmpa mit Hilfe von miniaturisierten, aufFarbänderungen basierenden Enzymtestsdurch. Sollten die Eigenschaften natürlichvorkommender Laccasen den industriellenAnforderungen nicht genügen, besteht imWeiteren die Möglichkeit, das Enzym im La-bor durch «gerichtete Evolution» gezielt zuverbessern. Diese in der Biotechnologie im-mer wichtiger werdende molekularbiologi-sche Technik hat sich in den letzten zwei Jah-ren in der Abteilung «Biomaterials» etabliert.

Jede Laccase hat ihrenoptimalen MediatorUm bestimmte Reaktionen bei Laccasen zubeschleunigen oder überhaupt erst zu er-möglichen, werden so genannte Mediatoreneingesetzt. Dies sind Moleküle, die zwi-schen Laccase und abzubauender Substanz«vermitteln». Die Laccase reagiert also mitdem Mediator, während dieser daraufhinbeispielsweise mit Lignin oder einem Farb-stoff reagiert und dadurch in den Ursprungs-

zustand zurückversetzt wird, das heisstwieder bereit ist für die Laccase. So könnenauch schwer zugängliche oder grosse Sub-stanzen effizient abgebaut werden. «DieSuche nach dem richtigen Mediator für dierichtige Laccase und für die richtige An-wendung ist komplex. Das ist manchmalwie ein Glücksspiel», so der Empa-Holz-fachmann Mark Schubert.

Die Empa verzeichnet schon erste Er-folge: Ein sehr ergiebiger Laccaseprodu-zent, der Weissfäuleerreger Heterobasidionannosum, liess sich mit Hilfe eines neu ent-wickelten Screeningverfahrens identifizie-ren und für die Laccaseherstellung einset-zen. Ausserdem ist es gelungen, eine bis-lang unbekannte thermostabile bakterielleLaccase gentechnisch in E. coli herzustel-len, aufzureinigen und zu charakterisieren.

Interessierte Industriepartner aus demFeinchemikalien- und Holzbereich sind ge-funden und in zwei von der Kommissionfür Technologie und Innovation KTI finan-zierten Projekten wird nun seit Ende 2010weiter geforscht. Ein industrieller Einsatzder Laccasen dürfte also nicht mehr allzulange auf sich warten lassen. //

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Chemie allenthalbenMaterialien bestehen – wie alle Stoffe – aus chemischen Elementen.Kein Wunder also, dass an der Empa auch viele Chemikerinnen undChemiker tätig sind. Anlässlich des «Internationalen Jahrs der Chemie»wirft EmpaNews einen Blick in deren Labors.

TEXT: Beatrice Huber / BILD: iStock

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Die UNESCO hat zusammen mit der IUPAC (InternationalUnion of Pure and Applied Chemistry) 2011 zum Jahr derChemie erkoren. Unter dem Motto «Chemie – unser Le-

ben, unsere Zukunft» sollen die Errungenschaften der Chemie so-wie ihre Beiträge zum Wohle der Menschen hervorgehoben wer-den. Auch die Materialwissenschaft ist eng mit der Chemie ver-woben, bestehen doch alle Materialien letztlich aus den Elemen-ten des Periodensystems. Und moderne Technologien verwendenimmer mehr davon, wie das Beispiel Mobiltelefon zeigt: Im Ge-häuse steckt meist Kohlenstoff (in Form eines Kunststoffs) oderAluminium, im Chip Silizium, in der Leiterplatte Gold, im Touch-screen Indium und in der Batterie Lithium. Doch das ist nur derAnfang der Liste; insgesamt sind es im Schnitt rund 40 Elemente.

Chemikerinnen und Chemiker an der Empa befassen sich un-ter anderem mit neuen Materialien, die leistungsfähiger, günstigerund umweltfreundlicher sein sollen als die heute eingesetzten(siehe Artikel auf Seite 16). Dazu synthetisieren sie zahlreiche bis-lang unbekannte Materialien und untersuchen deren Eigenschaf-ten. Ein weiteres wichtiges Gebiet der Chemie ist die Analytik.Empa-Forschende können beispielsweise nachverfolgen, wielanglebige Schadstoffe, die zum Teil bereits vor Jahrzehnten ver-boten wurden, sich in verschiedenen Ökosystemen anreichern(siehe Artikel auf nachfolgender Seite).

Würdigung für Marie CurieMit dem Jahr der Chemie wird auch das Schaffen von Maria Sklo-dowska Curie gewürdigt. Die aus Polen stammende Wissenschaft-lerin erforschte in Paris das Phänomen der Radioaktivität. Genauvor 100 Jahren erhielt Marie Curie den Chemie-Nobelpreis für dieEntdeckung der chemischen Elemente Radium und Polonium, diebeide radioaktiv sind. Sie war nicht nur die erste Frau, die mit demNobelpreis ausgezeichnet wurde, sondern auch eine von nur vierPersonen, die den Nobelpreis zweimal erhielten; ihr wurde bereits1903 zusammen mit Henri Becquerel und ihrem Ehemann PierreCurie der Nobelpreis für Physik verliehen. //

Im Periodensystem sind die chemischenElemente entsprechend ihrerOrdnungszahl aufgeführt. Diese Zahlentspricht der Anzahl Protonen imAtomkern. Moderne Technologien, diezum Beispiel in der Telekommunikationoder für die Mobilität eingesetztwerden, nutzen eine Vielzahl auch eherseltener Elemente wie Gold (Au),Platin (Pt), Indium (In) oder Gallium (Ga).(Bild: iStock)

Fokus: Internationales Jahr der Chemie // 11

Page 12: EmpaNews Mai 2011

12 // Fokus: Internationales Jahr der Chemie

Kurz nützlich, lang lästigManche Industriechemikalien lagern sich in der Umwelt ab und gefährdennoch Jahrzehnte später die Gesundheit von Mensch und Tier. Um zu zeigen,wo und in welchen Mengen poly- und perfluorierte Verbindungen (PFC)sowie polychlorierte Biphenyle (PCB) vorliegen, entwickeln ChemikerInnen derEmpa massgeschneiderte, hochempfindliche Analysenmethoden.

TEXT: Martina Peter / BILDER: Empa

Manche «Veredler» entpuppensich im Nachhinein als Bume-rang. Um Materialien die ge-

wünschten Eigenschaften zu verleihen,verwenden viele Industriezweige chemi-sche Verbindungen, die sich in der Umweltnur schlecht oder gar nicht zersetzen. Ofttauchen diese dann noch Jahrzehnte nachihrem Produktionsstopp in Gewässern,Luft und Sedimenten auf, reichern sich inunerwartetem Ausmass in der Natur anund offenbaren ernst zu nehmende Gefah-ren für Mensch und Tier.

Hartnäckig oberflächenaktiv –perfluorierte VerbindungenEtwa perfluorierte Verbindungen (engl.«perfluorinated compounds», PFC), organi-sche Kohlenwasserstoffverbindungen, beidenen sämtliche Wasserstoffatome durchFluoratome ersetzt sind. PFC sind ausseror-dentlich temperaturresistent und chemischfast unverwüstlich. Normale Kläranlagenscheitern an ihnen, da sie nicht abgebautoder «rausgefiltert» werden können.

Der Vorteil von PFC: Sie sind gleichzei-tig Fett und Wasser abweisend. Die Textil-und auch Papierindustrie benutzen länger-kettige PFC, um Schmutz, Fett und Wasserabweisende Stoffe und Verpackungen zuproduzieren, beispielsweise Regenjackenund Einwickelpapier für Hamburger. PFCkönnen aber auch in Schmier-, Imprägnier-und Skiwachsmitteln enthalten sein.

PFC mit einer hydrophilen, wasserlie-benden Endgruppe, so genannte perfluorier-te Tenside (PFT), verringern zudem dieOberflächenspannung von Löschschäumen.Indem sie sich nahezu vollständig über ei-

nen Kerosinbrand verteilen und zwischenBrandgut und Schaum einen gasdichtenFlüssigkeitsfilm bilden, unterbinden sie dieZufuhr von Sauerstoff. Auch in der galvani-schen Industrie sind einige dieser PFT be-liebt; sie verhindern während der Hartver-chromung in offenen Metallbädern das Ent-stehen von toxischen Nebeln.

Bislang sind PFC ohne Einschränkun-gen «im Einsatz»; nur eines der wichtigstenPFT, das Perfluoroctansulfonat (PFOS), darfseit 2010 bloss noch eingeschränkt indus-triell verwendet werden: Es steht im Ver-dacht, Krebs erregend zu sein. Im Körperbinden PFC an Proteine, sie sind im Blutund vor allem in der Leber nachweisbar,wo sie, wie Studien an Tieren gezeigt ha-ben, Krebs verursachen können.

Nachgewiesen in Bergseen und Eisbären«PFC findet man wirklich überall in der Um-welt, sogar in der Leber von Eisbären», sagtClaudia Müller, Doktorandin in der Empa-Abteilung «Analytische Chemie», die ihreDissertation bei Konrad Hungerbühler, Pro-fessor für Sicherheits- und Umweltschutz-technologie an der ETH, über die problema-tischen Verbindungen schreibt. «Das war inden 1950er-Jahren, als die industrielle Nut-zung dieses Stoffes einsetzte, nicht vorher-zusehen.» Erst vor rund zehn Jahren sei dasProblem erkannt worden. 2006 waren dannin Nordrhein-Westfalen erstmals Grund-und Trinkwasser mit PFT verseucht. Land-wirtschaftliche Betriebe hatten falsch de-klarierten «Biodünger» – in Wahrheit PFT-haltiger Industriemüll – benutzt, der nachRegenfällen von den Feldern in die FlüsseMöhne und Ruhr gespült wurde. Die Sanie-

Wie lassen sich schlechtwasserlösliche Stoffe, wie PCB,nachweisen? Passivsammler auseinem speziellen Silikongummiwurden an einer Stangebefestigt ins Wasser gesetzt,wo sie vier Wochen verblieben.

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Fokus: Internationales Jahr der Chemie // 13

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rungskosten beliefen sich auf mehrere Mil-lionen Euro, die BürgerInnen werden seit-dem regelmässig auf Giftrückstände unter-sucht; auch Jahre nach dem Skandal sindnoch Belastungen festzustellen.

«Doch wie sieht es in der Schweizaus?», fragte sich das Bundesamt für Um-welt (BAFU). Im Allgemeinen sind diePFC-Konzentrationen hier zu Lande zwarniedrig. Doch noch liegt zu wenig Wissenüber die Quellen vor und darüber, wie sichdie Substanzen in der Umwelt ausbreiten.Denn die Verbindungen sind äusserst be-weglich und nur sehr aufwändig zu analy-sieren. Eine Herausforderung, die ClaudiaMüller reizte: «Mich interessierten in ers-ter Linie die Zusammenhänge: Kommenperfluorierte Verbindungen eher aus Pri-vathaushalten oder aus industriellen Pro-zessen? Gibt es grosse Punktquellen, wiebeispielsweise Flughäfen? Wie weit ver-breitet sind PFC-Produkte?» An 44 Stellenin der ganzen Schweiz, aus verschiedenenFlüssen und Seen sowie einem abgelege-nen Bergsee und mehreren möglichen«Hot-Spots» – Stellen in der Nähe vonFlughäfen und Metallveredelungsbetrie-ben –, entnahm sie Proben, um deren Be-lastung mit 14 perfluorierten Stoffen zu be-stimmen.

Verbreitung von PFC in der SchweizDie Analyse gestaltete sich alles andere alseinfach. Zuerst einmal sind PFC sehr ober-flächenaktiv und haften gerne an den Pro-benbehältern. Ausserdem musste Müllerpenibel darauf achten, dass die Probennicht «kontaminiert» wurden. Denn gerin-ge Spuren von PFC finden sich – wie über-all – auch in den Labors der Empa. Ge-meinsam mit ihren Kollegen im Team vonEmpa-Forscher Andreas Gerecke entwi-ckelte sie ein Verfahren, um PFC aus denWasserproben zu extrahieren und mit ei-nem Massenspektrometer zu analysieren.Ergebnis: Die Konzentrationen der ver-schiedenen Substanzen waren generelltief, zwischen 0,02 und 10 Nanogrammpro Liter. Zudem konnte sie nachweisen,dass die Belastung gut mit der Bevölke-rungszahl korrelierte. Das weist daraufhin, dass die Emissionen aus Konsumgü-tern stammen, zum Beispiel aus Putzmit-teln, imprägnierten Textilien und Möbeln,und nicht aus Industrieprozessen.

Ist deshalb Entwarnung angesagt?Nicht unbedingt. «Einerseits», so ClaudiaMüller, «zeigen die Proben nur eine Mo-mentaufnahme». Das BAFU werde deshalbneue Studien in Auftrag geben, in denenmit der neuen Analysenmethode Klär-schlamm auf PFC untersucht werden soll.

«Andererseits können sich die Stoffe in derNatur anreichern. Das ist möglicherweisean gewissen Schweizer Flüssen ein Nach-teil für Fisch fressende Vögel», sagt sie.

CityPOP – Emissionen aus BaumaterialienAls nächstes gehen die ForscherInnen derAbteilung «Analytische Chemie» der Fragenach, wie und von wo PFC in einen abge-legenen Bergsee gelangen können – ver-mutlich via Verfrachtung über die Luft.Erste Proben wurden kürzlich im Rahmendes neu gestarteten Projekts «CityPOP» ge-sammelt. An 30 Standorten in der Stadt Zü-rich wurden einen Monat lang eigens prä-parierte Schaumstofffilter der Luft ausge-setzt. Dieses von Stadt und Kanton Zürichsowie vom BAFU unterstützte Projekt sollklären, welche chemischen Substanzenvon Baumaterialien in Gebäuden der StadtZürich an die Luft abgegeben werden.

Gerecke und der ETH-Forscher ChristianBogdal konzentrieren sich dabei vor allemauf langlebige organische Schadstoffe(engl. «persistent organic pollutants», POP)wie etwa das Flammschutzmittel HBCD(Hexabromcyclododecan). HBCD wird inPolystyrol-Bauelementen eingesetzt, denhellblauen oder rosaroten Platten, die derGebäudeisolation dienen. Diese und weite-re Substanzen, wie etwa Weichmacher,treten auch Jahrzehnte nach dem Einbaunoch aus den Baumaterialien aus, ein typi-sches Beispiel für «Altlasten» im Baube-reich. Aus den Messdaten wollen Gereckeund Bogdal bis im nächsten Jahr eine Karteerstellen, die zeigt, welche Quartiere wiestark von POP-Emissionen aus Baumateria-lien belastet sind. Diese Erkenntnisse wer-den auch dazu beitragen, emissionsfreieBaumaterialien zu entwickeln.

Langlebig und giftig – polychlorierteBiphenyle (PCB)Als unerfreuliches «Erbe» erwiesen sich auchdie bis in die 1980er-Jahre eingesetzten poly-chlorierten Biphenyle (PCB). Verwendetwurden sie beispielsweise als Kühl- und Iso-lierflüssigkeiten in Transformatoren undKondensatoren, als Hydrauliköle sowie alsWeichmacher und Brandverzögerer in An-strichmitteln, Dichtungsmassen und Kunst-stoffen. Seit 1986 gilt in der Schweiz ein To-talverbot dieser giftigen und Krebs auslösen-den Stoffe. Trotzdem sind in der Schweizauch heute noch grosse Mengen PCB aus frü-heren Anwendungen vorhanden, etwa rund100 Tonnen in Fugendichtungsmassen in Ge-bäuden. Weitere mögliche PCB-Quellen sindMülldeponien, Industriebrachen und dasMetallrecycling (zum Beispiel in Metall-shredder).

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LC-MS/MS Analyse

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Probe

Aus diesen «Reservoirs» können PCBin die Umwelt freigesetzt werden und sichwie PFC in der Nahrungskette anreichern.So wurden 2007 Fische aus der Saane imKanton Fribourg und aus der Birs im Kan-ton Jura mit einer hohen PCB-Belastungentdeckt: Die in Lebensmitteln erlaubteHöchstkonzentration von acht PicogrammToxizitätsäquivalenten pro Gramm Frisch-gewicht wurde zum Teil um das Zehnfacheüberschritten. Freizeitfischern wurde emp-fohlen, den Verzehr der in diesen Gewäs-sern gefangenen Fische einzuschränken;für besonders belastete Flussabschnittewurde ein Fischfangverbot erlassen.

Neuartige PCB-Sammler aus SilikonGleichzeitig machten sich die betroffenenKantone daran, die PCB-Quellen im Ein-zugsgebiet der Flüsse zu identifizieren, ummit den Geländebesitzern allfällige Sanie-rungsmassnahmen einleiten zu können.Der Fall Saane war schnell gelöst: DieEmissionsquelle ist die ehemalige Deponievon La Pila, rund sieben Kilometer von Fri-bourg flussaufwärts.

Die Situation an der Birs unterhalb vonChoindez musste von der Empa im Auftragdes Kantons Jura jedoch genauer unter dieLupe genommen werden. «Denn der Fischist für uns nur ein Bioindikator», erklärt Pro-jektleiter Markus Zennegg, Chemiker an derEmpa. Da Fische ständig unterwegs seien,befinde sich der Fangort der hoch belastetenFische nicht unbedingt in unmittelbarerNähe der Emissionsquelle. Zusammen mitForschenden der Eawag entwickelte Zen-negg deshalb ein Analysenverfahren, mitdem sich nun erstmals auch «homöopathi-sche» Mengen des dioxinähnlichen PCB inGewässern nachweisen lassen.

Der dafür verwendete «Passivsamm-ler» besteht aus einem speziellen Silikon-gummi in A5-Grösse, der ähnlich einerFahne an einer Stange befestigt und imFluss platziert wird. Zennegg und seineKollegInnen setzten zu zwei verschiedenen

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1Die Analyse der verschiedenen poly- undperfluorierten Substanzen gestaltetesich schwierig, weil die Verbindungen auchsehr oberflächenaktiv sind.

2Aus der Aare am Grimsel wurden Wasserprobenentnommen und auf PFC untersucht.

3Wie die Auswertung des Materials aus demPassivsammler zeigte, wurden die grösstenMengen an PCB in der Birs flussabwärts zwischenChoindez und Courrendlin gefunden.

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Zeitpunkten je 13 dieser Fahnen an unter-schiedlichen Stellen in die Birs. Nach je-weils vier Wochen hatten sich dort Stoffeangereichert, die schlecht wasserlöslichsind und sich deshalb gerne auf Öl-ähnli-chen Oberflächen wie Silikon niederlas-sen. «Wie ein Fisch die Schadstoffe überKiemen und Haut aufnimmt, so diffundie-ren PCB aus dem Wasser in den Kunst-stoff», erläutert Zennegg.

Durch die Auswertung des angesam-melten Materials wurde klar, dass ein Fa-brikstandort flussabwärts von Choindez dieQuelle sein musste, auf dem seit Mitte des19. Jahrhunderts Stahl produziert wurde,und wo noch heute Stahl verarbeitet undauch rezykliert wird. Flussaufwärts wurdenkeine erhöhten PCB-Werte gemessen. DerKanton Jura klärt zurzeit mit den Betreibernder Produktionsanlage die Herkunft der indie Birs gelangenden PCB ab und arbeitetMassnahmen aus, um in Zukunft Einträgeins Gewässer zu unterbinden. //

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Die Vielfalt der Materialien, die in der modernen Technikeingesetzt werden, ist schier unbegrenzt. Die Werkstoffeenthalten sehr häufig vorkommende chemische Elemente,

zum Beispiel Titan, Eisen oder Aluminium, aber auch sehr seltenewie Tellur (für Solarzellen) oder Rhodium (für Katalysatoren).

Doch die Suche nach neuen, besseren Materialien macht stän-dig Fortschritte. Dabei geht es einerseits darum, Materialeigen-schaften zu optimieren, anderseits um den Ersatz von Materialbe-standteilen, die hinsichtlich Verfügbarkeit (Tellur), Preis (Edelme-talle) oder Umwelteinfluss (Cadmium) Nachteile aufweisen.

Multitalent PerowskiteEmpa-Forscherin Anke Weidenkaff arbeitet mit ihrer Abteilung«Festkörperchemie und -katalyse» bereits seit längerem mit pe-rowskitartigen Metalloxiden. Dabei handelt es sich um eine Sub-stanzklasse mit der chemischen Summenformel ABO3 – A und B ste-hen für Übergangsmetalle, O ist Sauerstoff. Aufgrund ihrer hohenTemperatur-, Druck- und Oxidationsstabilität sind sie vielseitig einsetz-bar und ökologisch unbedenklich. Im natürlich vorkommenden Pe-rowskit ist A Calcium und B Titan. «Dank ihrer flexiblen und dennoch

Designatelier für MaterialienSelbst alltägliche Technologien wie Abgaskatalysatoren oder wiederaufladbareBatterien für Mobiltelefone und Elektrofahrzeuge nutzen «exotische», das heisstseltene Elemente. Diese sind teuer und oft auch noch giftig. An der Empaforschen Chemikerinnen und Chemiker an neuen Materialien aus gut verfügbaren,preiswerten und umweltfreundlichen Elementen.

TEXT: Beatrice Huber / BILDER: Empa

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An der Empa arbeiten Chemikerinnen und Chemikermit perowskitartigen Metalloxiden. Da dieseSubstanzklasse eine flexible und dennoch stabileKristallstruktur besitzt, lässt sich die chemischeZusammensetzung stark variieren, wodurch physika-lische Eigenschaften der Materialien – beispielsweisedie Farbe – verändert werden können.

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stabilen Kristallstruktur kann die chemische Zusammensetzung derPerowskite stark variieren», beschreibt Weidenkaff die Vorzüge.«Durch gezielten Austausch der Metallionen, aber auch des Sauer-stoffs können wir die physikalischen Eigenschaften der Materialienoptimieren, also magnetisches Verhalten, elektrische und thermi-sche Leitfähigkeit, Farbe und vieles mehr.» Die Idee ist dabei immer,einfach verfügbare, preiswerte und umweltfreundliche Elemente zunehmen und so neue Materialien für unterschiedliche Anwendun-gen zu synthetisieren. Zum Beispiel für wiederaufladbare Batterienin Elektrofahrzeugen, für Abgaskatalysatoren und als so genannteThermoelektrika, das heisst Materialien, die Wärme direkt in Stromumwandeln.

Stromspeicherung als SchlüsseltechnologieErneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind haben den Nach-teil, dass sie nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen und somitnicht «bedarfsgerecht» genutzt werden können. Deshalb kommtTechnologien zur Energieumwandlung und -speicherung eineSchüsselposition zu, um das Angebot auf die Nachfrage abzustim-men und erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen. Ander Empa findet das zum Beispiel auch Ausdruck in Forschungspro-jekten zu Polymersolarzellen oder solarer Wasserspaltung.

Besonders für den mobilen Einsatz sind Batterien das Speicher-medium der Wahl. Diese wandeln Strom in chemische Energie umund machen ihn so «speicherbar». Wird der Prozess umgekehrt, ent-steht aus der chemischen Energie wieder Strom, beispielsweise fürden Antrieb von Elektrofahrzeugen oder Plug-in-Hybridfahrzeugen.Batterien müssen drei Grundanforderungen erfüllen, nämlich sicher,zuverlässig und bezahlbar sein. Dass diese Anforderungen hochsind, zeigt eine kleine Rechnung. Künftig soll die Lebensdauer derBatterien denjenigen der Fahrzeuge entsprechen, also im Schnittrund 15 Jahre. Geht man davon aus, dass die Batterie täglich aufge-laden wird, ergibt das insgesamt rund 5500 Lade- und Entladezyklen.Heutzutage erreichen nur hochwertige Batterien, die für den Einsatzin Elektrofahrzeugen viel zu teuer sind, diese Zyklenzahl.

Ersatz für das «Schwergewicht» CobaltoxidLithium-Ionen-Batterien gelten derzeit als Stand der Technik. Per-fekt sind sie aber noch lange nicht. So ist das in Lithiumcobaltdi-oxid (LiCoO2), das häufig als Kathodenmaterial eingesetzt wird,enthaltene Cobalt schwer, was auch die Batterien schwer macht,und aufgrund seiner Seltenheit teurer als andere Übergangsmetal-le. Materialien, die wenig oder gar kein Cobalt enthalten, dafür bei-spielsweise Mangan, sind zurzeit ein gefragtes Forschungsthema.Die Empa geht noch einen Schritt weiter. «Wir wollen nicht einfachnur das Cobalt ersetzen», sagt Angelika Veziridis aus dem Teamvon Anke Weidenkaff. «Wir suchen nach ganz neuen Materialien,denn auch die Leistung der Batterien, das heisst, Energiedichte undZuverlässigkeit, muss deutlich besser werden.»

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1In den Laborversuchen geht es nichteinfach nach «Trial and Error»;die Empa-Forschenden befassen sichintensiv mit der Frage, welcheBeziehungen zwischen Kristallstruktur,Zusammensetzung, Mikrostruktur undEigenschaften des Materials bestehen.

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Perowskitartige Metalloxide zeigen bei Raumtemperatur einesehr hohe Leitfähigkeit für Lithium-Ionen, was sie als alternativeElektrolytmaterialien, aber auch als Anode oder Kathode in Lithium-Ionen-Batterien interessant macht. Die Empa-Forschenden versu-chen durch Substitutionen diese Leitfähigkeit noch weiter zu erhö-hen. Dazu tauschen sie nicht nur die Metallionen aus, sondern auchden Sauerstoff durch Stickstoff. Diese Oxidnitride weisen eine höhe-re Lithiumkapazität und eine bessere Leitfähigkeit auf. Zudem sindsie chemisch und thermisch stabiler als reine Oxide oder Nitride.

Beziehung zwischen Zusammensetzung,Struktur und WirkungDie Chemikerinnen und Chemiker setzen in ihren Versuchen aller-dings nicht einfach auf «Trial and Error», sondern befassen sichauch intensiv mit der Frage, wie die Zusammensetzung und damitauch die Mikrostruktur die Eigenschaften des Materials beeinflus-sen. «Nur wenn wir die Kristallstruktur oder die Orte, an denenmobile Ionen in die Kristallstruktur eingelagert werden, oder denOxidationszustand des Übergangsmetalls genau kennen, könnenwir ermitteln, wie die Struktur der Materialien deren Eigenschaftenbeeinflusst», sagt Weidenkaff. In enger Zusammenarbeit mit For-schenden anderer Empa-Abteilungen und der ETH Zürich synthe-tisiert Weidenkaffs Team verschiedene komplexe Oxide und Oxid-nitride und untersucht unter anderem, wie diese sich in Batterieneinsetzen lassen.

Weniger Edelmetall in KatalysatorenKurzfristig lässt sich effiziente Mobilität jedoch ohne fossile Ener-gieträger noch nicht realisieren. Dabei kommt dem Erdgas alsTreibstoff eine immer grössere Bedeutung zu, da beim Verbrennenim Vergleich zu Benzin und Diesel weniger Stickoxide und CO2entstehen. Die Abgase von Erdgasfahrzeugen müssen jedoch spe-ziell behandelt werden, um Spuren von nicht verbranntem Methanzu entfernen. Denn Methan ist ein starkes Treibhausgas, mehr als20-mal klimaschädlicher als CO2.

Bislang wurden Katalysatoren aus benzinbetriebenen Fahr-zeugen lediglich an das Emissionsprofil von Erdgasfahrzeugen an-gepasst. Damit aber auch geringe Methanmengen katalytisch ent-fernt werden können, enthalten diese mindestens dreimal mehrEdelmetalle. Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms«Intelligente Materialien» entwickeln Forschende der Abteilung«Festkörperchemie und -katalyse» zusammen mit Ingenieuren derAbteilung «Verbrennungsmotoren» neuartige Katalysatoren spe-ziell für Erdgasfahrzeuge. Diese sollen langlebig sein und mit we-nig Edelmetall auskommen. Auf Rhodium, Bestandteil der gängi-gen Katalysatoren, aber eines der seltensten und deshalb auch teu-ersten Metalle überhaupt, will das Empa-Team ganz verzichten.Stattdessen nutzen die Forschenden die von perowskitartigen Me-

talloxiden bekannte Eigenschaft, Edelmetallatome in oxidierenderAtmosphäre in ihr Kristallgitter einzubauen und in reduzierenderAtmosphäre an ihrer Oberfläche auszuscheiden. Dadurch werdenunerwünschte Sinterungsprozesse minimiert und die katalytischeAktivität bleibt dauerhaft erhalten.

Das Forschungsteam untersucht momentan die katalytischeEffizienz verschiedener perowskitartiger Metalloxide, indem siesowohl Struktur und chemische Zusammensetzung als auch dieReaktivität in Oxidations-Reduktions-Zyklen, wie sie für Autoab-gaskatalysatoren typisch sind, analysieren. Erste ermutigende Re-sultate mit LaFe0.95Pd0.05O3 sind erreicht. In einem weiterenSchritt sollen dann Materialien, die im Labor viel versprechendeErgebnisse gezeigt haben, in einem realen, mit Erdgas betriebenenMotor getestet werden.

Ersatz für den «Problemfall» TellurFür eine nachhaltige Energieversorgung ist letztlich aber unabding-bar, Primärenergieträger einzusparen und effizienter zu nutzen.Technische Geräte und Anlagen produzieren zum Teil sehr viel Ab-wärme, die meist ungenutzt verpufft – oder sogar noch aufwändigabgeführt werden muss. Thermoelektrische Generatoren könnendiese Abwärme direkt, ohne mechanisch bewegte Teile, in Stromumwandeln. Allerdings wurden solche Generatoren bislang nur inNischenanwendungen wie Raumsonden oder Bojen eingesetzt, dakeine günstigen und effizienten thermoelektrischen Materialienverfügbar waren. So ist Tellur, Bestandteil der zurzeit gängigstenThermoelektrika, selten, teuer und dazu noch giftig. Zudem ist derWirkungsgrad dieser Materialien bescheiden und sie sind nur bisTemperaturen von 300 Grad Celsius stabil.

Das Team von Anke Weidenkaff versucht, auch für Thermo-elektrika perowskitartige Metalloxide zu entwerfen. Da diese Oxi-de an der Luft thermisch äusserst stabil sind, eignen sie sich fürAnwendungen bei Temperaturen bis 1000 Grad Celsius. Die For-schenden suchen nach neuen Thermoelektrika, optimieren die Ma-terialien aber auch, indem sie sie zum Beispiel nanostrukturieren.So wird die unerwünschte Wärmeleitfähigkeit reduziert, gleichzei-tig aber die gewünschte elektrische Leitfähigkeit erhöht.

Ein nanostrukturiertes Metalloxid (bestehend aus Sauerstoff, Cal-cium, Mangan und Niob) konnten die Forschenden bereits herstellen.Es zeigt im Vergleich zum mit herkömmlichen Festkörperreaktionensynthetisierten Oxid eine Verdoppelung der Kennzahl ZT und stelltsomit das beste bisher bekannte n-leitende perowskitartige Thermo-elektrikum dar. ZT ist das Mass für die Güte eines thermoelektrischenMaterials. Die derzeit besten Thermoelektrika haben ZT-Werte zwi-schen 0,8 und 1,1. Die Erhöhung der Güte auf ZT-Werte zwischen 1,2und 1,5 bei guter thermischer Stabilität würde ausreichen, damit der-einst thermoelektrische Generatoren aus der Wärme der Autoabgaseden gesamten Strom erzeugen, den das Auto benötigt. //

2Nicht nur die chemische Zusammen-setzung beeinflusst die physikalischenEigenschaften eines Materials,sondern auch die Strukturierung. ImBild Elektronenmikroskopaufnahmenvon perowskitartigen Metalloxiden.

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18 // Fokus: Internationales Jahr der Chemie

Erwünschte Korrosion für Implantate

Korrosion ist normalerweise unerwünscht, doch sie kann auch ge-nutzt werden, etwa für bioresorbierbare Implantate. Dabei ist dasrichtige Timing entscheidend: Das Implantat muss seine Funktionerfüllen und soll sich deshalb gleichmässig und in einem bestimm-baren Tempo auflösen. Die Empa-Abteilung «Analytische Chemie»hat ein Analysengerät entwickelt, um lokale Auflösungsprozessewährend der Korrosion zu messen. So kann festgestellt werden,welche Metalle sich aus einer Legierung schneller herauslö-sen und welche nicht. Der automatisierte Betrieb erlaubt da-bei nicht nur Momentaufnahmen, sondern auch das Mes-sen zeitlicher Verläufe. In Zusammenarbeit mit der Ab-teilung «Korrosion und Werkstoffintegrität» werden der-zeit mit diesem Aufbau Magnesium-Legierungen unter-sucht, die wegen der hohen Biokompatibilität für selbst-auflösende Implantate besonders interessant sind. DasKorrosionsverhalten hängt stark davon ab, welche Legie-rungsmetalle vorhanden und wie sie verteilt sind. So sindEinschlüsse häufige Angriffspunkte für lokale Korrosion. Zu-dem untersuchen die Empa-Forschenden, in Zusammenarbeitmit der ETH Zürich und Industriepartnern, wie beispielsweise Me-talle aus der Gruppe der Seltenen Erden die kontrollierte zeitlicheAuflösung der Magnesiumlegierungen verzögern können.

Das Resultat einer Masterarbeit: Einkristalle mitthermoelektrischen Eigenschaften. (Bild: Empa)

Zum Chemiepraktikum an die Empa

Direkter geht Wissenstransfer nicht: Jeweils imHerbstsemester absolvieren Chemiestudierendeder Universität Bern einen Teil ihres Anorga-nisch-Chemischen Praktikums in der Empa-Ab-teilung «Festkörperchemie und -katalyse». Da essich nicht lohnt, nur für einzelne Stunden vonBern nach Dübendorf zu reisen, sind die Praktikaals zweitägige Blöcke organisiert. Das wiederumermöglicht es, umfassendere Versuche im Labordurchzuführen. Studienobjekte sind perowskit-artige Verbindungen (keramische Oxide) für Ab-gaskatalysatoren und thermoelektrische Konver-ter zur Wärmeverstromung. Die jungen Leutesynthetisieren die Materialien und untersuchendiese auch eingehend. So werden sie in diverseMethoden eingeführt, beispielsweise zur Ele-ment- und Kristallstrukturanalyse oder wie dieMorphologie von Materialien mit dem Elektro-nenmikroskop untersucht werden kann. Diese Praktika haben Studierende auch schonmotiviert, ihre Masterarbeit an der Empa zu ma-chen. So aktuell David Moser: Im Rahmen desNationalen Forschungsschwerpunkts MANeP(Materialien mit neuartigen elektronischen Ei-genschaften) befasst er sich in seiner Masterar-beit mit der Herstellung thermoelektrischer Ein-kristalle (für Untersuchungen per Angle Resol-ved Photoemission Spectroscopy ARPES). «Derdirekte Zugang zu allen benötigten Analysenge-räten, das interdisziplinäre Arbeiten und dasgrosse Team sind aus meiner Sicht die Vorteilegegenüber einer klassischen Uni», sagt Moser.«Ich erhalte genügend Zeit zum Lernen undkann so an den Aufgaben wachsen.» Wie lassen sich Nanopartikel in einem so flüchtigen Medium wie dem Aerosol

einer Spraydose messen? Empa-Forschende haben dazu einen Versuchsaufbauentworfen. Untersucht werden verschiedene Sprayprodukte und das Verhalten vonSpraydosen mit standardisierten Sprühköpfen. (Bild: iStock)

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Ventil Pumpe

Kapillare

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Massen-spektro-meter

ElektrochemischeKontrolleinheit

Fokus: Internationales Jahr der Chemie // 19

Tage der offenen Tür

Das Jahr der Chemie nehmen verschie-dene Schweizer Universitäten zum An-lass, ihre Labors zu öffnen und so der Be-völkerung Einblick in die chemische For-schung zu geben. Die meisten Veranstal-tungen finden am Samstag, 18. Juni,statt. Details dazu gibt es unter den an-gegebenen Internetadressen oderwww.chemistry2011.ch. Weitere Infor-mationen zum Jahr der Chemie findensich unter www.chemistry2011.org (inEnglisch).

– Universität BaselFest der MoleküleDepartement Chemiewww.fest-der-molekuele.ch

– Universität BernTag der offenen TürDepartement für Chemie undBiochemieEine der Referentinnen ist Anke Weidenkaff, Empa-Abteilungsleiterin und Professorin an der Universität Bern.www.dcb.unibe.ch

– Universität FribourgFest der ChemieDepartement Chemie

– Universität Zürich / ETH ZürichKulturleistung ChemieUniversität Zürich Campus Irchel(«Farbstoffe, Duftstoffe, Kunststoffe»)ETH Zürich Campus Hönggerberg(«Werkstoffe, Wirkstoffe, Naturstoffe»)www.kulturleistungchemie.ch

Nanopartikel aus der Spraydose

Weltweit sind schon mehr als 1000 Alltagsprodukte mit synthetischen Nano-partikeln auf dem Markt. Darunter befinden sich auch Sprays, die beispiels-weise Nanopartikel aus Silber für antibakterielle Anwendungen enthalten. Daeinerseits beim Sprayen erzeugte Aerosole leicht eingeatmet und anderseitsNanopartikel vor allem über die Lunge leicht aufgenommen werden können,ist es für eine Risikobeurteilung wichtig zu wissen, ob beim Sprayen die syn-thetischen Nanopartikel freigesetzt werden und wie sie sich dabei verhalten.Um zuverlässig und reproduzierbar Nanopartikel in Lösung und in Aerosolenzu untersuchen, hat die Empa-Abteilung «Analytische Chemie» einen Versuchs-aufbau entworfen. Damit kann das Team, an dem auch Forschende der Empa-Abteilung «Luftfremdstoffe/Umwelttechnik» und die Gruppe von Konrad Hungerbühler an der ETH Zürich beteiligt sind, Grösse, Grössenverteilung, Che-mie sowie Morphologie der Nanopartikel bestimmen.Die Resultate zeigen, dass besonders bei Treibgasspray-Anwendungen die Ae-rosole durchaus Partikel enthalten können, die kleiner sind als die für Zellenkritische Grösse von rund 200 Nanometer. Auch konnten diese Nanopartikelnoch einige Minuten nach dem Sprayen nachgewiesen werden. Ob vor allemeinzelne freie Nanopartikel vorliegen oder diese schnell zu grösseren Teilchen«verklumpen», hängt von der Art des Nanopartikels, der Zusammensetzungdes Sprayprodukts und dem Sprühgefäss ab. Diese Resultate schaffen die Da-tengrundlage, um das Verhalten synthetischer Nanopartikel über eine längereZeit zu modellieren und die Exposition von Konsumentinnen und Konsumen-ten mit Nanopartikeln abschätzen zu können.

Schema des neu entwickelten Analysengeräts: Auf die zu untersuchende Probe isteine dünne Kapillare aufgebracht, durch die eine korrosive Lösung (beispielsweiseeine Kochsalzlösung) gepumpt wird. In definierten Zeitintervallen wird einkleiner Teil der Lösung aus der Kapillare durch ein Ventil entnommen und sofort ineinem Massenspektrometer auf die chemische Zusammensetzung analysiert.(Bilder: iStock, Empa)

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Fast 80 Prozent aller Chemieprodukte entstehen heut-zutage durch katalysierte Verfahren. So leiten Kata-lysatoren etwa bei der Herstellung von Polymeren

chemische Reaktionen ein, beschleunigen und lenken die-se, so dass vorwiegend – oder gar ausschliesslich – das ge-wünschte Produkt entsteht, beispielsweise durch Polyme-risation von Ethylen der vielseitig einsetzbare thermoplas-tische Kunststoff Polyethylen. Das Problem: In der indus-triellen Produktion ist der Ausgangsstoff oft mit Spuren vonAcetylen verunreinigt. Dieses «vergiftet» die pulvrigen, ty-pischerweise aus Palladium-Silber-Legierungen bestehen-den Katalysatoren, die daher regelmässig ersetzt werdenmüssen. Bei einer Produktion von weltweit 60 MillionenTonnen Polyethylen pro Jahr ein erheblicher Kostenfaktor.

Palladium-Gallium widersteht dem «Gift» Um einen langlebigeren Katalysator zu entwickeln, setzenForscherInnen der Empa, des Max-Planck-Instituts fürChemische Physik fester Stoffe in Dresden, des Fritz-Ha-ber-Instituts in Berlin sowie der Ludwig-Maximilians-Uni-versität (LMU) in München auf die intermetallische Ver-bindung von Palladium mit Gallium. Der neuartige Kata-lysator, der im Unterschied zu Legierungen regelmässigeGitterstrukturen besitzt, soll unerwünschte Nebenreak-tionen unterdrücken, die Segregation, das heisst die Ent-mischung der unterschiedlichen Elemente, verhindernund die chemischen Aktivitäten dadurch überschaubarermachen. Die Verbindung Palladium-Gallium kann dem«Gift» widerstehen, indem sie das unerwünschte Acetylen

Robuster Beschleuniger

Auf der Wunschliste der Industrie steht er ganzoben: ein robuster, langlebiger Katalysatorfür die Polyethylenproduktion. Eine neuartigePalladium-Gallium-Verbindung ist ein vielversprechender Kandidat. In einem europäischenProjekt klärt die Forschung nun, ob derkünftige Einsatz sich auch wirtschaftlich rechnet.Ein wissenschaftliches Team der Empaverfolgt dabei auf atomarer Ebene, wie sicheinzelne Moleküle der Ausgangsstoffe Acetylenund Wasserstoff auf der Katalysatoroberflächeverhalten und miteinander reagieren.

TEXT: Martina Peter / Bilder: Empa

1Die Photoelektronenspektroskopie bringt es an den Tag: Der Palladium-Gallium-Einkristall ist chiral: Vorder- und Rückseite sind nicht identisch,sondern verhalten sich zueinander wie Bild und Spiegelbild.

2Der Einkristall von hinten (oben) und von vorne (unten). In der schematischenDarstellung von Kristallen dienen die Ziffern – so genannte MillerscheIndizes – (111) und (111) der eindeutigen Bezeichnung der Kristallflächenbeziehungsweise Ebenen im Kristallgitter.

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Fokus: Internationales Jahr der Chemie // 21

durch selektive Semihydrierung in Ethylen umwandelt.Da Palladium-Gallium allerdings deutlich teurer ist alsbisherige Katalysatoren, müssen die Forschenden be-reits im Labor genau ausloten, ob sich dessen Einsatzkünftig lohnen könnte. Für die Industrie kommt derneuartige Katalysator nämlich nur dann in Frage, wenner sehr selektiv, langlebig, und hochwirksam ist – alsodadurch eben kosteneffizient.

Mit atomistischem Ansatz chemischeReaktion klärenIn dem vom Schweizer Nationalfonds unterstützten Pro-jekt beschäftigt sich ein wissenschaftliches Team derEmpa-Abteilung «nanotech@surfaces» mit der Oberflä-chenstruktur des Katalysators. «Während die Chemie-branche sich auf die eigentliche Reaktion konzentriert,verfolgen wir an der Empa einen atomistischen Ansatz»,erklärt Projektleiter Roland Widmer. «Wir nehmen eineinzelnes Acetylenmolekül und wollen wissen, wo genaues sich auf der Palladium-Gallium-Oberfläche niederlässt,was das Wasserstoffmolekül macht, und wie genau diebeiden miteinander reagieren.» Widmers Ziel ist, die che-mische Reaktion Schritt für Schritt nachzuvollziehen undzu erklären, um den Reaktionsmechanismus im Detail zuverstehen. Denn, so Widmer: «Bis heute wurden Kataly-satoren auf rein empirischer Grundlage weiterentwickelt.Mit unserem Ansatz möchten wir dazu beitragen, die Ef-fizienz von Katalysatoren systematisch zu verbessern.»Die Erkenntnisse sollen dazu führen, die Oberflächen der-

art zu designen und zu bearbeiten, dass der katalytischeProzess so günstig und so umwelt- und ressourcenscho-nend wie möglich ablaufen kann.

Dazu benutzt das Empa-Team Palladium-Gallium-Einkristalle, die die Münchner LMU-Kollegen «züchten»und die ein homogenes Gitter besitzen, in dem jedesAtom an einem definierten Ort sitzt. Einzelne Schichtendes Kristallgitters bestehen hauptsächlich aus Palladi-um, andere aus einem Palladium-Gallium-Gemisch,wieder andere vornehmlich aus Galliumatomen. Jenachdem, wie die Schichten ausgerichtet sind, und wel-che Oberflächenenergie sie besitzen, fungieren sie alskatalytisch aktive Oberfläche in der Reaktion zwischenAcetylen und Wasserstoff unterschiedlich; mal ist derKatalysator mehr, mal weniger effizient.

Physikalische Methoden bringen erstes ErgebnisDerzeit untersuchen Widmer und seine Kollegen die Ka-talysatoroberflächen mit verschiedenen physikalischenMethoden wie Rastertunnelmikroskopie und Rönt-genphotoelektronenspektroskopie, unterstützt von Mo-dellierungen am Computer. Ein erstes Ergebnis könnendie sie bereits vorweisen: Der Palladium-Gallium-Ein-kristall ist chiral; Vorder- und Rückseite sind nicht iden-tisch, sondern verhalten sich zueinander wie Bild undSpiegelbild. Ob dies Einfluss auf die katalytische Akti-vität der beiden spiegelbildlichen Kristalle hat, ist eineder Fragen, der das Forschungsteam in den nächstenMonaten auf den Grund gehen will. //

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Im Bann derSchwebeteilchenDer frischgebackene ETH-Professor und Empa-Forscher Jing Wanguntersucht kleine und kleinste Partikel, die in der Luft schweben.Um solche Teilchen in Nanogrösse studieren zu können, hat er an derEmpa spezielle Laboratorien eingerichtet, darunter einenWindkanal, der zeigen soll, wie sich Nanoteilchen in der Luft verhalten.

TEXT: Remy Nideröst / BILDER: Empa

Ein Raum voller stählerner Abluftrohre. Sonst hat nicht vielPlatz. Wozu dient das, was aussieht wie eine Lüftungsanlage?Es ist ein Labor mit Windkanal, dem augenfälligsten «Arbeits-

gerät» einer neuen Forschungsgruppe an der Empa. Erst im Märzwurde ein Windkanal in der Abteilung «Gebäudetechnologien» ein-geweiht (siehe Seite 26) und schon steht hier eine zweite derartigeEinrichtung. «Damit machen wir allerdings etwas völlig anderes alsdie KollegInnen der «Gebäudetechnologien», die damit Windeffekteauf das Klima in Städten simulieren», sagt der gebürtige Chinese JingWang, der seit August 2010 an der Empa tätig ist. «Wir hingegen un-tersuchen mit unserem Windkanal das Verhalten von in der Luftschwebenden Nanopartikeln.»

Nanopartikel haben es Jing Wang angetan. Bereits währendseiner Dissertation an der US-amerikanischen University of Minne-sota beschäftigte er sich mit Schwebeteilchen in Flüssigkeiten undGasen wie Luft. Beispielsweise mischte er Nanopartikel verschie-denen Polymeren bei, um deren Eigenschaften gezielt zu verän-dern. «So haben wir neue Flüssigkeiten mit extremer Dehnviskosi-tät hergestellt.» Seitdem beschäftigt er sich hauptsächlich mit fei-nen, in der Luft schwebenden Partikeln, so genannten Aerosolen.Etwa als Assistenzprofessor in Minnesota, wo er ab 2007 das «Par-ticle Technology Laboratory» leitete.

Dann doch zu kalt Nach insgesamt zehn Jahren in den USA führt seine Karriere «Jim»Wang – die amerikanisierte Version seines Vornamens ist ein Reliktdieser Zeit – nun in die Schweiz. Vergangenen Sommer wurde er alsAssistenzprofessor für Industrieökologie/Luftreinhaltung ans Insti-tut für Umweltingenieurwissenschaften (IfU) der ETH Zürich beru-fen; gleichzeitig leitet er eine Forschungsgruppe in der Abteilung«Analytische Chemie» der Empa. Einerseits hatte er genug vom rau-en Klima in Minnesota mit seinen extrem langen und kalten Win-tern. «Der Winter in der Schweiz ist mir dagegen wie ein Frühlingvorgekommen», meint Wang. Anderseits reizen ihn die beruflichenMöglichkeiten, die ihm die Professur in Zürich bietet. «Die ETH ge-hört zu den besten Hochschulen weltweit. Dazu kommt, dass dieKombination von ETH und Empa für mich geradezu ideal ist ». Wangschwärmt von der ausgezeichneten Infrastruktur und dem Umfeld,

das ihm an der Empa für seine Forschung geboten wird. Allein dasLabor mit dem Windkanal misst rund 100 Quadratmeter. «Dies istweit mehr, als man mir in den USA zur Verfügung gestellt hätte», soWang.

Noch ist alles im Aufbau. Einer der Räume ist zwar möbliert,sonst jedoch weitgehend leer. In einem anderen stehen Instrumente,eben erst ausgepackt. Eines davon produziert Nanopartikel, anderecharakterisieren sie. Hinzu kommt bald ein Analyseninstrument,das Wang selbst entwickelt hat. Mit ihm lassen sich Nanopartikel –oder auch Agglomerate davon – exakt auf Grösse, Morphologie,Oberfläche, Volumen untersuchen. Beim ChemieunternehmenBASF, das die Entwicklung mitfinanzierte, ist ein Prototyp in Ge-brauch. Es charakterisiert die dort hergestellten Nanopartikel, bei-spielswiese Titandioxid. Diese dienen als Katalysatoren in chemi-schen Prozessen oder kommen als Pigmente in Farben zum Einsatz.

Grösse und Form der in einem Flammreaktor synthetisiertenNanopartikel mussten bisher unter dem Mikroskop untersuchtwerden. Bis bekannt war, ob ihre Qualität ausreichte, waren schonTonnen der Partikel produziert. Dagegen misst das von Wang ent-wickelte Instrument Nanopartikel «online», also während der Pro-duktion – das Resultat liegt innert Minuten vor. Für die Industrieein entscheidender Vorteil, daher wurde der «Universal Nanopar-ticle Analyzer» zum Patent angemeldet und soll nun auch von einerauf Analysengeräte spezialisierten amerikanischen Herstellerfirmagebaut und vermarktet werden. «Ich hoffe, ich werde dann auchein solches Gerät erhalten», scherzt Jing Wang.

In der Luft – weitgehend unerforschtWie sich Nanopartikel – industriell hergestellte oder solche, die imVerbrennungsprozess oder durch den Verkehr entstehen – in derLuft verhalten, ist nahezu unbekannt. Daher schützen sich Arbeits-kräfte beim Reinigen einer Produktionsanlage vorsorglich mit einerArt Raumanzug. Der Windkanal ist ein hervorragendes Instru-ment, Nanopartikel «in Schwebe» und unter definierten Bedingun-gen zu studieren. Dank Ventilator, Heizung und Befeuchter kön-nen Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und vie-les mehr genau eingestellt werden. Bei Feldstudien etwa sind dieseParameter praktisch unbekannt.

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Fokus: Internationales Jahr der Chemie // 23

Ein weiterer Vorteil von Wangs Versuchsaufbau ist, dass er dieNanopartikel selbst produziert und daher deren Grösse und Be-schaffenheit genau kennt. Sobald sie im Windkanal «freigelassen»werden, sind sie sehr beweglich und schweben deutlich länger inder Luft als grössere Teilchen, die wegen ihres höheren Gewichtesrascher zu Boden sinken. «Wir untersuchen, wie lange die Partikelunter den eingestellten Bedingungen im Luftstrom des Kanals ver-bleiben, wie sie sich fortbewegen, ob sie agglomerieren und da-durch ihre Grösse verändern und ob sie chemisch miteinander –oder mit anderen Luftbestandteilen – reagieren», erklärt Wang.Dazu werden im Windkanal an verschiedenen Orten Proben ge-nommen und analysiert.

Im Kanal lassen sich auch Lüftungsfilter entwickeln und testen,indem die Teilchenkonzentration vor und nach dem Filter bestimmtwird. Teilchen im Nanometermassstab herauszufiltern, ist eine be-sondere Herausforderung für Filterhersteller, mit denen Jing Wangin engem Kontakt steht, etwa mit der Firma 3M, die Gesichtsmaskenherstellt, und mit Boeing für deren Flugzeug-Innenluftfilter.

Zusammenarbeit Empa-internAn der Empa gibt es etliche Fachbereiche, die sich mit Nanotech-nologie befassen und sich für Wangs Arbeiten interessieren. Soetwa die Abteilung «Verbrennungsmotoren». Für sie untersucht ermit seinem Team Russpartikel aus Dieselmotoren. Die Erkenntnis-se könnten zu wirksameren Russfiltern und Dieselkatalysatorenführen.

Die ETH Zürich wie auch die Empa erstellen Lebenszyklusana-lysen (engl. Life Cycle Analysis, LCA). Diese sind bei Produkten,die Nanopartikel enthalten, wegen fehlender Bewertungsfaktorenbisher nicht umfassend machbar. Ausserdem fehlt es an Informa-tionen, was mit den Nanopartikeln während der Nutzung des Pro-duktes geschieht, und wenn es rezykliert oder entsorgt wird. Ge-naue Aussagen zu den dadurch eventuell vorhandenen Risikensind erst möglich, wenn Exposition und Umweltverhalten dieserArt von Emissionen besser bekannt sind. Produkte können daherin der LCA nicht abschliessend bewertet werden; eine Lücke, diesich dank der künftigen Arbeiten von Jing Wang und seiner Gruppewohl schliessen lässt. //

1Ein Arbeitsgerät vonEmpa-Forscher JingWang: Der Windkanalzur Untersuchungvon Nanopartikeln istrund drei Meter breitund 13 Meter lang.

2Jing Wang bei seinerEinführungsvorlesungam 30. März 2011an der ETH Zürich.

3Filter zum Auffangen vonPartikeln bestehen aus mehrerenLagen. Die feinen Fasern dereinen Schicht mit einem Durch-messer zwischen 100 bis 150Nanometer filtern auch kleinsteTeilchen sehr effizient, währenddie rund 10 bis 20 Mikrometerdicken Fasern der anderenSchicht dem Filter die nötigemechanische Stabilität geben.

310µm

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26 // Im Dialog

Mit chemischen Tiefenprofilen können dünne Schichten, beispielsweise fürSolarzellen, von oben nach unten auf ihre chemische Zusammensetzunganalysiert werden. So lässt sich überprüfen, ob die eingesetzten Materialienin gewünschter Reihenfolge und Reinheit vorliegen. Empa-Forschendehaben ein Instrument entwickelt, das chemische Tiefenprofile vonsehr dünnen Schichten schnell und mit hoher Auflösung erstellen kann.

TEXT: Beatrice Huber / BILDER: Empa

Schichten im Mikro- und Nanometer-bereich erfreuen sich dank speziellerphysikalischer Eigenschaften grosser

Beliebtheit in Forschung und Industrie.Zum Einsatz kommen sie etwa als Polymer-filme in der organischen Elektronik und inLebensmittelverpackungen. Oder in derPhotovoltaik: Fachleute an der Empa undan anderen Forschungsinstituten entwerfenneuartige Solarzellen aus verschiedenen or-ganischen und anorganischen Materialien,die nur einige Mikrometer dick sind unddennoch eine gleich gute oder noch bessereLeistung zeigen wie gängige Solarzellen ausSilizium. Zudem sind Dünnschicht-Solar-zellen deutlich leichter, was ihre Einsatz-möglichkeiten erweitert, und benötigen we-niger Material zur Herstellung.

Um das Sonnenlicht in möglichst vielStrom umzuwandeln, sind die Schichtenmeist sehr komplex aus unterschiedlichenMaterialien aufgebaut. Um diese mehrlagi-gen Schichten präzise, zuverlässig und re-produzierbar herstellen zu können, müssender Aufbau sowie die chemische Zusam-mensetzung der einzelnen Schichten regel-mässig überprüft werden. Instrumente, diechemische Tiefenprofile erstellen, sind alsogefragt. Die Empa-Abteilung «Werkstoff-und Nanomechanik» in Thun verfügt überden Prototyp eines solchen Gerätes.

Schnell – und erst noch hoch auflösendDer «Plasma Profiler» – so der Name des In-struments – kombiniert Massenspektrome-trie mit Glimmentladung. Letztere nutzt einaus dem Edelgas Argon bestehendes Plas-ma, um bei einem Umgebungsdruck vonnur wenigen Millibar Atome und Moleküleaus der zu untersuchenden festen Probe zulösen und zu ionisieren. Die Ionen gelangendann in das Massenspektrometer, das diechemische Zusammensetzung der Dünn-schichten bestimmt.

«Die Kombination von Glimmentla-dung und Massenspektrometrie ist an sichnicht neu», sagt Empa-Forscher JamesWhitby, der das Instrument mitentwickelthat. «Das von uns benutzte Flugzeitmas-senspektrometer ermöglicht jedoch sehrschnelle Messungen, ohne dass wir denMassenbereich, über den wir messen kön-nen, einschränken müssen. Und das gab esbislang nicht.» Denn das Flugzeitmassen-spektrometer analysiert alle Ionen gleich-zeitig, inklusive sehr grosse, zum Beispielvon Polymeren, selbst wenn die Schichtennur sehr dünn sind. Die Tiefenauflösungliegt bei rund fünf Nanometer.

Entwicklung auf dem Weg zur MarktreifeDie ersten Arbeiten für den «Plasma Profiler»begannen vor rund acht Jahren. Im Rahmen

eines von der Kommission für Technologieund Innovation KTI finanzierten Projektswurde das Instrument weiterentwickelt. Da-ran war neben der Empa die Tofwerk AG be-teiligt, eine Spezialfirma für Flugzeitmassen-spektrometer mit Sitz in Thun. Für ein Folge-projekt innerhalb des 6. EU-Rahmenpro-gramms kamen dann noch weitere europäi-sche Universitäten und Industriepartnerdazu. Insgesamt wurden drei Prototypen ge-baut. Neben dem ersten Instrument in Thunsteht heute noch je ein «Plasma Profiler» ander Universität im spanischen Oviedo und beieinem der Industriepartner, HORIBA JobinYvon SAS in Paris, der die kommerzielle Ver-sion des Instruments auch bereits vermarktet.

Die Empa-Forschenden um James Whit-by haben vor allem an den Grundlagen gear-beitet. «Wir haben sehr viel Zeit investiert,um das Instrument zu verstehen und zu be-herrschen», sagt Whitby. «Denn ein Analy-seninstrument nützt nur dann, wenn wir des-sen ‹Output› auch korrekt interpretieren kön-nen.» Wie müssen die Proben vorbereitetwerden? Welche Umgebungsdrücke sind op-timal? Bei welchen Frequenzen muss dasPlasma angeregt werden? Welches Materialhinterlässt welchen «Fingerabdruck» im Mas-senspektrum? All diese Fragen wollen beant-wortet sein, soll das Instrument zuverlässigeund reproduzierbare Resultate liefern.

Blick in die chemische Tiefe

24 // Wissens- und Technologietransfer

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Verschmutzungauf Oberfläche

Chromschicht(2nm)

Spuren vonPhosphorsäure

Sign

al

Aluminiumoxid-schicht

Aluminium

C+

Al+

P+

O2+

Cr+

200150100Zeit (s)

500

0.001

0.01

0.1

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10

Im Dialog // 27

Gerät mit vielen TalentenDer «Plasma Profiler» bietet eine ganze Reihevon Vorteilen: etwa die gepulste Anregung.Metastabile Argon-Atome, die während desNachglimmens, also in der kurzen Zeit nachdem Puls, besonders zahlreich im Plasmavorhanden sind, ionisieren das Probenmate-rial «sanft» und vereinfachen das Massen-spektrum von Molekülmaterialien. Zudemschont die gepulste Anregung das Probenma-terial, wodurch auch Substanzen wie Glas«analysierbar» werden, die bei kontinuierli-cher Anregung beschädigt würden. Doch da-mit nicht genug: Dank dem Flugzeitmassen-spektrometer kann das Instrument nicht nurpositiv geladene Metallionen, sondern auchnegativ geladene Anionen – beispielsweiseHalogene wie Fluor und Chlor – messen, wasin der Kombination mit anderen Massenspek-trometern nicht so einfach ist. Da der «PlasmaProfiler» Hochfrequenzanregung nutzt, las-sen sich auch Proben analysieren, die elek-trisch nicht leitend sind. Etwas, das mit kom-merziell erhältlichen Instrumenten, die Mas-senspektrometrie mit Glimmentladung kom-binieren, bislang unmöglich war, jedochwichtig ist, um organische Polymere zu un-tersuchen.

Entsprechend vielfältig sind daher dieEinsatzmöglichkeiten des Multitalents.Etwa, um Korrosionsprozesse zu untersu-

chen, beispielsweise an Kulturgütern, aberauch in der Automobil- und Raumfahrtin-dustrie. Auch Beschichtungen von medizi-nischen Implantaten und dielektrischeSpiegel – das sind Spiegel, die nur ein Teildes Lichtspektrums reflektieren und zumBeispiel in Lasern eingesetzt werden – las-sen sich nanometergenau chemisch analy-sieren.

Instrument für dreidimensionale ProfileDer «Plasma Profiler» ist auf dem Weg zurKommerzialisierung. Das Empa-Team ar-beitet denn auch bereits an weiteren Pro-jekten. So entwickeln sie beispielsweise einInstrument, das nicht nur eine hohe Auflö-sung in die Tiefe zeigt, sondern auch late-ral, das heisst zur Seite. Damit könntendann dreidimensionale chemische Kartenvon komplexen Mehrkomponentenmateria-lien erstellt werden. //

Wissens- und Technologietransfer // 25

1Dünne Schichten werden für verschiedeneAnwendungen untersucht, beispielsweisefür Photovoltaik. Um diese präzise, zuverlässigund reproduzierbar herstellen zu können,müssen der Aufbau sowie die chemischeZusammensetzung der einzelnen Schichtenregelmässig überprüft werden.

2Der «Plasma Profiler» analysiert feste Probenund erstellt chemische Tiefenprofile auchvon sehr dünnen Schichten mit einer hohenAuflösung. In der Kammer links im Bildfindet die Glimmentladung statt (der Proben-halter ist in geschlossenen Zustand nichtsichtbar); rechts ist das Massenspektrometer(sowie seine Stromversorgung).

3Tiefenauflösung: In eine Aluminiumoxidschicht(Dicke 230 Nanometer, blau) wurde einehauchdünne Chromschicht (Dicke 2 Nanometer,violett) eingebettet. Der Peak zeigt mit hoherAuflösung, wo sich die Chromschicht befindet.Das starke Signal zu Beginn der Messungstammt von einer Verschmutzung mit Kohlen-stoff auf der Oberfläche.

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26 // Wissens- und Technologietransfer

Windkanal in Dübendorf eröffnet

Eine typische Stadt: dicht gedrängte Häuserzeilen, asphaltierte Strassen, da-zwischen wenig Grünflächen. Ein solches Stadtdesign führt dazu, dass sichStädte im Vergleich zu ihrem ländlichen Umfeld stärker aufheizen, es bildensich so genannte Wärmeinseln. Abwärme von Fahrzeugen und Maschinen –zum Beispiel Klimaanlagen – heizt die Städte weiter auf, selbst nachts kühltes kaum merklich ab. Im 26 Meter langen und rund 4 Meter hohen Windkanal, den die Empa zu-sammen mit der ETH Zürich aufgebaut hat und der im März feierlich eröffnetwurde, lassen sich im Massstab von 1:50 bis 1:300 Ideen simulieren, wie Städtebesser «belüftet» werden können. Ein Ventilator mit einem Durchmesser von1,8 Meter und ein Elektromotor mit 110 Kilowatt erzeugen in der TeststreckeWind mit einer Maximalgeschwindigkeit von 90 Kilometer pro Stunde. DieForschenden möchten wissen, wie Luftmassen Gebäude umströmen, welcheGeschwindigkeiten und Turbulenzen auftreten und welche Auswirkungen diesin Bezug auf Energie, Komfort und Gesundheit hat: Ob sich so etwa Häuserim Sommer allein durch Wind (und erst noch gratis) kühlen lassen, wo Zugluftstören könnte – etwa in Strassencafés – und ob sich Schadstoffe natürlich ab-transportieren lassen.

Lasertechnik macht Windgeschwindigkeiten sichtbarDer Empa-Windkanal hat eine ausgeklügelte Messtechnik, die aus zwei Hoch-geschwindigkeitskameras und einem speziellen Hochleistungslaser bestehen.Wo in anderen Windkanälen Luftbewegungen aus Einzelmessungen an spezi-fischen Messpunkten zusammengesetzt werden, «können wir den Luftstrommit all seinen Fluktuationen sichtbar machen», sagt Viktor Dorer, der für denWindkanal zuständige Empa-Forscher. Damit die beiden Hochgeschwindig-keitskameras den Luftstrom «sehen» können, werden der Luft winzige Partikelbeigefügt, die der Speziallaser mit einem auf eine Ebene aufgeweiteten Laser-strahl anleuchtet. Zwei Bilder – im Abstand von Millisekunden aufgenommen– machen Momentaufnahmen von Partikelbewegungen.(Bildquelle: Monika Estermann)

Neues Laserzentrum in Thun

Im April 2011 wurde an der Empa inThun im Beisein von Empa-DirektorGian-Luca Bona und dem Stadtpräsiden-ten von Thun, Raphael Lanz, das neueLaserzentrum eingeweiht. Dieses beher-bergt eine weltweit einzigartige UV-La-seranlage mit einer 4,5 x 2,5 Meter gros-sen Granitunterlage. Die Empa wird mitdem Laserzentrum in enger Zusammen-arbeit mit der Crealas GmbH riesigeOberflächen mikrostrukturieren. Die An-lage dient den Forschenden unter derLeitung von Patrik Hoffmann dazu, neu-artige Oberflächen zu entwickeln; Indus-triepartner stellen dort grosse Folien mitmikro- und nanometerfeinen Lasergra-vuren her. Die Bearbeitung verleiht Ma-terialien neue physikalisch-mechanischeEigenschaften: Die Mikrostrukturen ver-ringern Reibung, wirken wasserabstos-send oder verhindern Pilzbewuchs. An-fertigen lassen sich auch Folien für opti-sche Strukturen mit lichtleitenden Eigen-schaften, sei es für neuartige Beleuch-tung, 3D-Bildschirme oder Photovoltaik.

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Wissenschaft im Dialog // 27

World Resources ForumBereits zum zweiten Mal findet vom 19. bis 21. September 2011 das World ResourcesForum WRF statt. Der Anlass will über die derzeitige Fokussierung auf den Klimawan-del hinausgehen, denn dieser ist aus Sicht der Veranstalter nur ein Symptom eines vielernsteren Problems: Unser heutiges Wirtschaftssystem braucht zu viel Ressourcen. Umden Verbrauch massiv zu senken, muss deshalb die Ressourceneffizienz drastisch er-höht werden. Das WRF ist eine Initiative der Empa; zu den Partnern zählen unter anderem das In-ternational Resource Panel des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP, dasSchweizer Bundesamt für Umwelt BAFU, das Deutsche Umweltbundesamt UBA, dieSchweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, das SchweizerStaatssekretariat für Wirtschaft SECO und die Schweizerische Akademie der Techni-schen Wissenschaften SATW. Anmeldung unter www.worldresourcesforum.org

«Wir wollen kreative Lösungsansätzefür brennende Probleme präsentieren»

EmpaNews sprach mit Xaver Edelmann, WRF-Präsident und Direk-tionsmitglied der Empa, über Ziele und Highlights der Veranstaltung.

Herr Edelmann, was will das World Resources Forum erreichen?Das World Resources Forum will für die Rohstoffproblematik

sensibilisieren. Dabei geht es sowohl um seltene Metalle fürHightech-Produkte als auch generell um die Rohstoffverknap-pung. Man spricht neben «Peak Oil» bereits auch von «Peak Mi-nerals» oder «Peak Metals».

Wen sprechen Sie an?Einerseits natürlich Wissenschaftler, die die Grundlagen für ei-

nen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen erarbeiten, anderseits Po-litik und Verwaltung, die für die politischen Rahmenbedingungensorgen müssen, und die Wirtschaft, die sich im Sinne eines «GrünenWirtschaftssystems» auf zukünftige Szenarien vorbereiten muss, so-wie die Gesellschaft als Ganzes, speziell die junge Generation.

Warum soll man ans WRF gehen?Weil kreative Lösungsansätze für brennende Probleme der na-

türlichen Ressourcen präsentiert werden. Des Weiteren ist es DIEPlattform für Ressourcenproduktivität. Ich erwarte auch wertvolleAnstösse im Hinblick auf die Realisierung einer «Grünen Wirtschaft».

Können Sie uns einige Programm-Highlights verraten?Bundesrätin Doris Leuthard, Janez Potocnik, EU-Kommissar

für Umwelt, sowie Achim Steiner, Generalsekretär des Umwelt-programms der Vereinten Nationen (UNEP), haben als Rednerinbeziehungsweise Redner zugesagt. Ashok Koshla, Co-Präsidentdes «Club of Rome», wird die Sicht der Schwellen- und Entwick-lungsländer präsentieren. Viel verspreche ich mir auch vom In-dustrie-Workshop, in dem praktische Erfahrungen geschildertwerden. Und zu einem echten Highlight werden hoffentlich auchdie jungen Leute aus der ganzen Welt, die parallel zum WRF einenlängeren Workshop bestreiten. Daraus könnten unkonventionelle,interdisziplinäre Diskussionen und Vorschläge resultieren.

Was versprechen Sie sich vom Anlass selbst?Eine konstruktive Plattform für Wissenschaft, Wirtschaft, Po-

litik und Gesellschaft für den Dialog. Und hoffentlich eine Fülleinnovativer Ergebnisse. Letztere sollen weiterbearbeitet werden.Wir wollen das World Resources Forum zu einer lebendigen In-formationsplattform im Internet ausbauen und damit die Basis füreine längerfristige Initiative bilden. //

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Veranstaltungen14., 21. und 28. Juni 2011Flottenmanagement ganzheitlich betrachtetFlottenmanager, Umweltfachleute,FahrzeugverkäuferInnen, Mitarbeitende derFahrzeug- und TreibstoffbrancheEmpa, Dübendorf

15. Juni 2011Keramische Beschichtungen und OberflächenEmpa-SVMT-WeiterbildungskursEmpa, Dübendorf

16. Juni 2011Analytik und Forschung für IhreProduktentwicklungFür Industrie-FachleuteEmpa, St. Gallen

24. Juni 2011Molecular Electronics: From Organic Electronicsto Single MoleculesFür Forschende im Bereich MolekularelektronikEmpa, Dübendorf

14. bis 18. August 2011Synthesis and Function of ThermoelectricMaterialsFür Physiker, Chemikerinnen, Material-wissenschaftler und IngenieurinnenVillars, Schweiz

23. August 2011Swiss Texnet Innovation Day 2011Für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie derenZuliefererEmpa, Dübendorf

19. bis 21. September 2011World Resources Forum WRFFür Interessierte und Wissenschaft,Politik und WirtschaftDavos, Kongresszentrum

Details und weitere Veranstaltungen unterwww.empa-akademie.ch

Ihr Zugang zur Empa:

Die Materialwissenschaft

an der Empa – vor allem

im Bereich Nano – ist seit

einiger Zeit im Steigflug.

Eine schöne Sache für

den Forschungsstandort

Schweiz.

Dr. Heinrich RohrerNobelpreisträger Physik

Meinung

Heinrich Rohrer

[email protected] +41 58 765 44 44www.empa.ch/portal”


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