Das Azubi-E-Bike Projekt - Mit dem Pedelec auf dem Weg zur Arbeit

Endergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung

im Azubi-E-Bike Projekt

Dipl.-Geogr. Jessica Le Bris

mobil.LAB, Institut für Verkehr, Technische Universität München

Prof. Rainer Rothfuß

Eberhard Karls Universität Tübingen

33. Sitzung des Bund/Länder-Arbeitskreises Fahrradverkehr

25/26.03. 2015 in Saarbrücken

2 24.03.2015 Azubi-E-Bike Projekt

Prof. Dr. Rainer Rothfuß / Jessica Le Bris 2

1. Pedelecs als neue Verhaltensoption



• FAHRRAD

mit elektrischen Motor bis 25km/h, Pedalieren vorausgesetzt

(Hybrid aus Muskelkraft und elektrischem Motor)

• Ökologisch nachhaltig?

1x Akku laden (50-100km) = 1x Duschen

• Substitute?

Verschiebung der Verhältnisse durch das Pedelec zugunsten Radmobilität!

aktive Mobilität nimmt zu > passive Mobilität ab!

• Mehrwert aus Sicht der Nutzer?

funktional: Erweiterung und Steigerung der Radpotenziale:

„schneller, höher, öfter, weiter“

emotional: mehr Freude am Radfahren

Innovation Pedelec – nachhaltiges Mobilitätstool?



Leitbildkonzept eines integrierten

multimodalen Mobilitätssystems



Pedelecs als nachhaltiges Produkt

„Aus Umweltsicht ist diese Art von Elektrofahrzeugen zu begrüßen und sollte

aktiv beworben und gefördert werden, um noch mehr neuen Nutzergruppen

Pedelecs als attraktive, kostengünstige und umweltverträgliche Mobilitätsform

als Alternative zum PKW schmackhaft zu machen.“ (UBA 2014, E-Rad macht mobil.

Potenziale von Pedelecs und deren Umweltwirkungen)

Motivation

Pedelecs als MOBILITÄTS-WERKZEUG im Alltag

Zielgruppe „Junge Erwachsene in ländlichen Räumen“???



2. Die wissenschaftliche Begleitforschung im

Azubi-E-Bike Projekt



Universität Tübingen

1. Evaluierung des Potenzials von Pedelecs bei

der Zielgruppe Jugendliche im ländlichen Raum

2. Evaluierung einer einwöchigen Testerfahrung

mit Pedelecs

3. Erfassung des aktuellen Mobilitätsverhalten und

der Akzeptanz von Pedelecs

Hintergrund und Motivation

Ziel Ba-Wü 20%

Radverkehr!!!

Elemente des Azubi-Projekts / IHK Reutlingen

1. Marketingaktionen (z.B. Presseberichte, Flyer, Postkarten, Facebook etc.)

2. Wöchentlich wechselnde Roadshow bei den Ausbildungsbetrieben der

Region

3. Einwöchiges Testerlebnis









12



23.05.2014 –

Tag der Technik Hochschule Albstadt



28.05.2014–

Erbe Medizintechnik GmbH































3. Methode und Konzeption der Begleitforschung



Erhebung:

• Zielgruppe: Jugendliche und junge Erwachsene

in ländlichen Räumen

• Grundgesamtheit: Azubis der Region (n=6.880)

• Befragungsregion: Region Neckar-Alb

(LK Reutlingen, LK Tübingen, Zollernalb)

• Erhebungsdauer: 1 Woche Testerfahrung im Alltag (mit 15 Pedelecs)

(Voraussetzung: mind. 2x Einsatz zum Arbeitsweg)

Methode:

• Quantitative Befragung, Vorher-Nachher-Vergleich, statistische Auswertungen

• Vorliegende Auswertungen mit FILTER:

Azubis, Schüler und Praktikanten <26 Jahre aus der Region Neckaralb



Vorher-Befragung

• derzeitiges

Mobilitätsverhalten

• Image und Akzeptanz

Online-Befragung

Nachher-Befragung

• Nutzungserfahrung

• Einstellungsänderungen

• Einsatzmotive

Schriftlicher

Fragebogen

1 Woche

Pedelecnutzung

Aufbauend auf

Online-Befragung!

Gewinnung sozialwissenschaftlicher Daten zu Einstellungen gegenüber Pedelecs

Oberziel:

Radverkehrsförderung (Ziel Ba-Wü 20% Radverkehr)

Ansatzpunkte für zukünftige Pedelec-Förderung



4. Ergebnisse Teil „Vorherbefragung“



1,9%

16,1%

17,8%

21,0%

25,8%

38,7%

51,5%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

E-Rad

Moped, Mofa, Motorrad

Rad

zu Fuß

MFG

ÖV

PKW

Tatsächliche Mobilitätsmuster auf dem Weg zur Arbeit

Mobilitätsverhalten - Muster

Mehrfachnennungen, n=881

• Multimodales Verhalten!

(Mehrfachnennung)

• bei Azubis ohne

Führerschein steht an erster Stelle der ÖV

(66,3%),

bei Azubis mit Führerschein

das Auto (72,1%)



10%

11%

14%

14%

16%

21%

72%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

ÖV

E-Rad

Rad

Fuß

MFG (PKW)

Motorrad / Moped / Mofa

PKW

Mobilitätsverhalten - Präferenzen

Wunschverkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit




Mobilitätsverhalten – Radpraxis

Fahrradhäufigkeit im Alltag

in %, n=878

7%

17% 19%

38%

19%

0

5

10

15

20

25

30

35

40

täglich mehrmalspro Woche

mehrmals imMonat

seltener nie

• täglich bis mehrmals die Woche 24%

• Bundesdurchschnitt (MID 208) insg.: 40%

bis 18 Jahre: 59% Weit unterdurchschnittliche

Fahrradnutzung



Länge des Arbeitswegs

46% Arbeitsweg ≤ 10km

60% Arbeitsweg ≤ 15km Durchschnitt: 15km

Bundesdurchschnitt: 17km (BBSR 2009)

Subjektive Bewertung der Fahrraderreichbarkeit:

59% ja, 41% nein

Haupthinderungsgründe:

Entfernung, Topographie

Mobilitätsverhalten – Einflussfaktoren

8% 8%

11%

19%

15%

17% 17%

6%

0

5

10

15

20

25

1 km 2-3 km 4-6 km 7-10km

11-15km

16-20km

21-30 über 30km

in %, n=858



Eigene Einschätzung zu Kauf und möglicher Nutzung

„Ich könnte mir vorstellen ein Pedelec

zu meinem Arbeitsplatz zu fahren“

n=881

14,4%

21,3%

22,8%

30,8%

10,7%

stimme voll zu

stimme

eher zu

stimme weniger zu

stimme

nicht zu

keine Angabe/

weiß nicht

Akzeptanz & Potenzial Pedelecs

„Schon mal über einen Kauf

nachgedacht?“

13,4%

73,1%

13,5%

ja

nein

keine Angabe/

weiß nicht

n=756



Eigene Einschätzung zu Kauf und möglicher Nutzung

„Ich könnte mir vorstellen mit einem Pedelec zu meinem Arbeitsplatz zu fahren“

63%

42%

24

20

38

58

76

80

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

1-7km 8-15km 16-25km >25km

stimme mind. eher zu

stimme mind. weniger zu

n=775 in %




Motive CONTRA

Pedelecs

Mehrfachnennungen

n=746

25%

26%

27%

27%

36%

50%

82%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

der fehlenden sportlichenHerausforderung

der Tatsache, dass ich generell nicht gerne Radfahre (n=129)

fehlender Lademöglichkeitenfür den Akku

der Befürchtung, dass die Batterieund damit die Reichweite nicht ausreicht

notwendiger Transporte(n=129)

des zu hohen Gewichts(n=129)

des Anschaffungspreises




Mehrfachnennungen

n=741

Motive PRO

Pedelecs

31%

31%

32%

33%

40%

43%

47%

50%

59%

71%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

um größere Entfernungenals mit dem normalen Rad zu überwinden

um mehr für die Gesundheit zu tun,mich mehr zu bewegen

um Kosten zu sparen(im Vergleich zur Nutzung PKW)

um unabhängig vomöffentlichen Verkehr zu sein

um die Umwelt mehr zu schonen

um mir das Radfahren zu erleichtern

weil es Spaß macht damit zu fahren

um Stau zu umgehen (n=131)

um damit leichter Steigungenüberwinden zu können

um schneller zu sein(um mir Zeit zu sparen) (n=131)




Einsatzpotenziale von Pedelecs


13%

23%

39%

48%

65%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

um damit Urlaubstourenzu machen

um damit Einkäufe zu erledigen(z.B. auch mit Anhänger)

um damit Tagesausflüge /Radtouren zu unternehmen

um damit zur Arbeit /Berufsschule zu fahren

um damit meine Wegein der Freizeit zurückzulegen




Maßnahmen

zur Attraktivitäts-

steigerung

Mehrfachnennungen

n=781

35%

36%

36%

37%

55%

56%

61%

67%

78%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

geringeres Gewicht

wenn Autofahren zu teuer wird

öffentliche Akku-Tauschstationen

Lademöglichkeiten imöffentlichen Raum

zusätzlicher Schub bis 30 km/hstatt bislang 25 km/h

ein Design, das Jugendliche anspricht

eine stärkere Akkuleistung(n=181)

eine höhere Reichweite(n=181)

kostengünstigere Modelle




Fazit I zum Potenzial von Pedelecs bei Jugendlichen und jungen

Erwachsenen im ländlichen Raum

• sehr starke Autoorientierung vorherrschend

• Radorientierung wenig ausgeprägt

• Berge / Hügel und Entfernung bisher die Haupthinderungsgründe für‘s Radfahren

Bisherige Radfahr-Barrieren könnten durch das Pedelec gesenkt werden:

Topographie-Ausgleich + größerer Distanzen machbar

• 36% könnten sich vorstellen Pedelec auf dem Weg zur Arbeit zu fahren,

bei <7km Arbeitsweg Steigerung auf 63%

• Kaufpreis als größte Barriere (und Entfernung zum Arbeitsplatz)

Fazit I



5. Ergebnisse Teil „Nachherbefragung“



Bewertung der Testwoche

„Wie hat dir die Testwoche gefallen?“

Evaluation der Testerfahrung

in total, n=99

0 0 1 1

6 6

15

30

17

23

0

5

10

15

20

25

30

35

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10



Zurückgelegte Arbeitswege-Längen der Testfahrer mit dem Pedelec

in %, n=74

Testfahrer

46%

35%

16%

3%

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

1-7km 8-15km 16-25km >25km



„Wie würdest du deine Erfahrungen mit dem Elektrorad beschreiben?

Welche Wörter fallen dir spontan ein?“

Testerfahrung



Einfluss der Testwoche auf die Einstellung gegenüber Pedelecs

„Hat die Testwoche dein bisheriges Bild über Pedelecs verändert?“

Auswirkung der Testerfahrung

72% 1%

27%

n=94

ja, positiv ja, negativ

nein,

keine Veränderung



„Wenn ja, was hat dich positiv überrascht?“

Auswirkung der Testerfahrung

Überwindung von Bergen, das körperliche „Spüren“ Beschleunigung / Schnelligkeit,

Motor / Kraft / Unterstützung



Nur zwei Anmerkungen:

• E-Bikes sehen nicht schön aus

• Reichweitenanzeige wechselt oder fällt teilweise rapide ab

„Wenn ja, was hat dich negativ überrascht?“

Testerfahrung



Signifikante Veränderungen bzgl. Einstellungen zu den Motiven CONTRA

Pedelecs

Signifikante Veränderungen bzgl. Einstellungen zu den Motiven PRO Pedelecs

Effekte der Testerfahrung

7

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

der mir nichtvertrauten Handhabung

t2 = nachher

t1 = vorher

72

87

0 20 40 60 80 100

weil es Spaß macht damit zu fahren

t2 = nachher

t1 = vorher

in %, p=0,000

in %, p=0,015



Signifikante Veränderungen bzgl. Einstellungen zu Maßnahmen zur

Attraktivitätssteigerung

Effekte der Testerfahrung

81

57

48

37

43

97

44

20

16

26

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

kostengünstigereModelle

ein Design, dasJugendliche anspricht

Lademöglichkeiten imöffentlichen Raum

Lademöglichkeitenan der Arbeitsstelle

wenn Autofahrenzu teuer wird

t2 = nachher

t1 = vorher

p=0,002

p=0,096

p=0,000

p=0,002

p=0,025

in %



Sonstige Anmerkungen:

• „Das hat sehr Spaß gemacht. Ich wusste gar nicht, wie eine Woche vorüberging.“

• „Ich finde diese Aktion einfach klasse und würde mich freuen, wenn es sowas öfters

geben würde.“

• „Die Testwoche war sehr positiv, dies sollte für noch mehr Menschen ermöglicht werden. Super, um etwas Gutes für die Umwelt zu tun.“

• „Ich war positiv beeindruckt.“

• „Die Testtage haben Spaß gemacht, es war interessant das Fahrrad mal zu testen.“

• „Ich fand die Testphase sehr gut, hat wirklich Spaß gemacht das Pedelec auf Herz und Nieren zu prüfen.“

• „Sehr tolles Erlebnis ein Elektrorad zu fahren, hat mich sehr überzeugt und ist allemal

besser als Auto fahren.“



Fazit zum Einfluss der Testerfahrung auf die Einstellung gegenüber

Pedelecs

• Testerfahrung sehr positiv wahrgenommen

• 72% bestätigen, dass die Testerfahrung das Bild und die Einstellung gegenüber

Pedelecs positiv verändert hat

• Statistisch signifikante Effekte, u.a. bei den Faktoren:

- Bewertung des Spaß-Erlebnis (Anstieg)

- Notwendigkeit von Ladestationen sowohl im öffentlichen Raum als

auch am Arbeitsplatz (weniger bedeutend)

Test- „ER-FAHRUNG“ / „ER-LEBNIS“ trägt zur Akzeptanzsteigerung bei!

Erfahrungs- und Sozialisierungsprozesse gestalten!!!

Finanzierungsmodelle entwickeln

Fazit II

Dipl.-Geogr. Jessica Le Bris

mobil.LAB, Institut für Verkehr, Technische

Universität München

Prof. Rainer Rothfuß

Eberhard Karls Universität Tübingen

Date post:	21-Jan-2018
Category:	Technology
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