Investitionsrechnung 2
Literaturempfehlungen
Allgemeines Grundlagenwerk
Achlaitner: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
Investitionsrechnung
Schneider: Investition, Finanzierung und Besteuerung
Blohm/Lüder: Investition
Krug: So optimieren Sie Ihre Investitionen
Unternehmensbewertung
Copeland/Koller/Murrin: Unternehmenswert – Methoden und Strategien füreine wertorientierte Unternehmensführung
v. Colbe/Coenenberg: Unternehmensakquisition und Unternehmensbe-wertung – Grundlagen und Fallstudien
Henselmann/Kniest: Unternehmensbewertung: Praxisfälle mit Lösungs-skizzen
Behringer: Unternehmensbewertung der Mittel- und Kleinbetriebe
Mandl/Rabel: Unternehmensbewertung – Eine praxisorientierte Einführung
Investitionsrechnung 3
Finanzierung
Gerke/Steiner: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens
Perridon/Steiner: Finanzwirtschaft der Unternehmung
Wöhe/Bilstein: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung
Brealey/Meyers: Principles of Corporate Finance
Schmidt/Terberger: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie
Nachschlagewerke:
v. Colbe/Pellens: Lexikon des Rechnungswesens
v. Colbe/Coenenberg/Kajüter/Linnhoff: Betriebswirtschaft für Führungskräfte
Investitionsrechnung 4
1 Grundlagen
Investition ist die Umwandlung von Geldkapital (Geldmittel) in Produktivgüter mit dem Ziel,
zukünftige Einnahmen zu generieren bzw. zukünftige Ausgaben zu reduzieren.
Investitionsarten:
- Sachinvestition
- Grundstücke, Gebäude
- Anlagen (Maschinen, Werkzeuge)
- Vorräte
- Fremdleistung
- Immaterielle Investition
- Forschung und Entwicklung, Lizenzen und Patente
- Werbung )
- Ausbildung ) stehen nicht auf der Vermögensseite der Bilanz
- Sozialleistung )
- Finanzinvestition
- Beteiligungen (z.B. Aktien)
- Forderungen (Obligationen)
Investitionsvolumen:
- Bruttoinvestition
gesamte Investitionsvolumen eines Betriebes in einer Periode
Kann aufgeteilt werden in:
- Ersatzinvestition (Reinvestition)
Ersatzbeschaffung von alten, verbrauchten Anlagen
- Nettoinvestition (Gründungs- und Erweiterungsinvestition)
Erweiterung der Kapazität, Vergrößerung des Betriebes
Synthese aus Ersatz- und Nettoinvestition:
- Rationalisierungsinvestition (Modernisierungsinvestition)
Ersatz einer abgenutzten Anlage durch eine
- neue, technisch verbesserte Anlage mit erweiterter Kapazität
- kostengünstiger produzierender Anlage mit gleicher Kapazität
Investitionsrechnung 5
1.1 Aufgaben der Investitionswirtschaft
Definieren der Unternehmensziele (defensive oder aggressive Ziele) und klären welche
Investition der Erreichung der Ziele dient.
Investitionswirtschaft wird immer wichtiger, da die Kapitalkosten einen immer höheren Anteil
in der Produktkostenstruktur einnehmen. Kapitalkosten verdrängen zunehmend die Lohn-
kosten.
Investitionswirtschaft:
- Investitions-Datenbeschaffung
Anregungen, Ideen, Daten aus allen korrespondierenden Funktionsbereichen
- Investitionsplanung und Entscheidungsvorbereitung
Investitionsanalyse unter Berücksichtigung der Interdependenzen der betrieblichen
Teilbereiche und auf Grund technischer und wirtschaftlicher Prüfung möglicher
Alternativen
Beispiel:
Marktanalyse zeigt erhöhte Absatzmöglichkeiten
Produktionsplan ergibt Bedarf an Produktionsmittel
Erweiterungsinvestition ermöglicht größeres Produktionsvolumen
- Fixkostendegression
- bessere Einkaufskonditionen
- sinkende Kosten pro Produkt
- niedrigerer Abgabepreis
- noch größere Absatzmöglichkeiten
- Investitionsentscheidung
Projekt- und Gesamtentscheidung
- Investitionsdurchführung
Bestellung, Lieferung, Inbetriebnahme
- Investitionskontrolle
Permanente Projektkontrolle
Investitionsrechnung 6
1.2 Ziele der Investitionswirtschaft
Investitionsrechnung als Wirtschaftlichkeitsrechnung zum Treffen einer Investitions-
entscheidung
- Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Investitionsprojektes
- Rangfolge bei mehreren Investitionsalternativen
- Berücksichtigung der Rentabilität des eingesetzten Kapitals
- Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer und des optimalen
Ersatzzeitpunktes
Investitionsrechnung als Unternehmensbewertung
- Ermittlung des Grenzpreises
- maximaler Preis für Käufer
- minimaler Preis für Verkäufer
- Argumentationshilfe für Preisverhandlungen
- Unternehmenswert als Grundlage für die Besteuerung
Investition sinnvoll, wenn
- Anschaffungsauszahlungen wiedergewonnen werden können
- das eingesetzte Kapital ausreichend verzinst werden kann
Problem: wertmäßig nicht quantifzierbare (imponderable) Faktoren
- Nicht monetäre Investitionsziele (Prestige, Macht, Unabhägigkeit)
- Nicht quantifizierbare Investionswirkungen
- Nicht monetäre Investitonswirkung (Erhöhung der Unfallsicherheit, Vereinfachung
der Bedienung)
- Monetäre, aber mangels Information nicht quantifizierbare Investitionswirkung
(Fortbildungsmaßnahmen, strategische Investition)
Eine Investitionsrechnung ist nur mit exakten Zahlungsreihen möglich. Die Ermittlung dieser
Zahlungsreihen ist der erste Schritt.
Auszahlungsreihe:
- Abfluß von liquiden Mitteln für die Anschaffung des Investitionsobjektes
- laufende Betriebsausgaben (R-H-B-Stoffe, Löhne usw), falls eine betriebliche Leistung
erstellt werden soll
Einzahlungsreihe:
- Zufluß an liquiden Mitteln aus dem Umsatz der produzierten Leistungen
- Veräußerung des Investitionsobjektes (Restverkaufserlös)
Investitionsrechnung 7
Beispiel:
Periode 0 1 2 3 Gesamt
Auszahlungsreihe
Investition -10.000 -10.000
Betriebsausgaben -2.000 -2.500 -3.000 -7.500
Auszahlungen -10.000 -2.000 -2.500 -3.000 -17.500
Einzahlungsreihe
Umsatzerlöse 4.000 5.000 6.000 15.000
Restverkaufserlös 4.000 4.000
Einzahlungen 4.000 5.000 10.000 19.000
Zahlungsreihe -10.000 2.000 2.500 7.000 1.500
Investitionsrechnung kann
- ein einzelnes Investitionsprojekt isoliert betrachten
- zwei oder mehrere Investitionsprojekte vergleichen und eines auswählen
- ein optimales Investitionsbudget unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten
eines Betriebes ermitteln, d. h. optimale Kombination verschiedener Investitions- und
Finanzierungsmöglichkeiten
Investitionsrechnung 8
QuantitativeVerfahren
Berücksichtigungallein monetärer
Größen
QualitativeVerfahren:
Berücksichtigung auch nichtmone-
tärer Größen
StatischeVerfahren:
Vernachlässigungvon Zeitaspekten
DynamischeVerfahren
Berücksichtigungvon Zeitaspekten
Scoring-Modelle
Kosten- bzw.Gewinnvergleich
Rentabilität
Amortisations-dauer
Kapitalwert
InternerZinsfuß
Annuität
Amortisations-dauer
Verfahren der Investitionsrechnung
Investitionsrechnung 9
2 Statische Verfahren der Investitionsrechnung
Die Verfahren vergleichen Kosten, Gewinn oder Rentabilität, berücksichtigen aber den
Zeitfaktor nicht oder nur unvollkommen und werden deshalb als statische Verfahren
bezeichnet. Statische Verfahren werden auch als einperiodische Verfahren bezeichnet, da
sie nur eine durchschnittliche oder repräsentative Periode aus der Nutzungsdauer
herausnehmen und als Basis für die Investitionsrechnung verwenden.
2.1 Kostenvergleichsrechnung
Vergleich der in der betrachteten repräsentativen Periode anfallenden Kosten verschiedener
Investitionsobjekte.
Relevante Kostenarten:
- Material
- Lohn Betriebs-
- Energie kosten
- Instandhaltung
- Abschreibungen Kapital-
- Zinsen kosten
Jede einzelnen Kostenart muss detailliert geplant werden. Basis hierzu ist die Daten-
beschaffung. Bei der Berechnung der Kapitalkosten sind einige Regeln zu beachten.
Abschreibungen
Ziel der Abschreibungen ist es, die Wertminderung auf die Dauer der Nutzung des
Investitionsobjektes gleichmäßig zu verteilen, um eine repräsentative bzw. durchschnittliche
Belastung der einzelnen Perioden zu erreichen.
Anschaffungswert - Restwert ∅ Abschreibung = Nutzungsdauer
Zinsen
Die durchschnittlichen Zinsen werden auf das durchschnittlich in der Investition gebundene
Kapital – dem durchschnittlichen Kapitaleinsatz – berechnet.
∅ Zinsen = ∅ Kapitalbindung x Kalkulationszinssatz
Bei der Berechnung des durchschnittlichen Kapitaleinsatzes gibt es zwei Ansatz-
möglichkeiten.
Investitionsrechnung 10
a) Kontinuierliche Tilgung bzw. Amortisation des Kapitaleinsatzes
Anschaffungswert∅ Kapitaleinsatz =
2
Anschaffungswert + Restwert∅ Kapitaleinsatz =
2
b) Tilgung bzw. Amortisation des Kapitaleinsatzes am Jahresende
Anschaffungswert + ∅ Abschreibung
∅ Kapitaleinsatz = 2
Anschaffungswert + ∅ Abschreibung + Restwert∅ Kapitaleinsatz =
2
Zeit
eingesetztes Kapital
Nutzungs-dauer
Anschaffungs-auszahlung A
Restwert R
DurchschnittlicherKapitaleinsatz= (A+R)/2
Zeit
eingesetztes Kapital
Nutzungs-dauer
Abschaffungs-auszahlung A
Restwert R
DurchschnittlicherKapitaleinsatz= (A+R+Ab)/2
Investitionsrechnung 11
Wird ein Kostenvergleich bei zwei Betriebsmitteln durchgeführt, gibt es grundsätzlich zwei
unterschiedliche Voraussetzungen.
Vergleichbare gegebene Kapazität:
D.h. die Ausbringungsmenge beider Investitionsobjekte ist gleich hoch. Hier genügt ein
Gesamt- oder Periodenkostenvergleich.
Nicht vergleichbare Kapazität:
Ist die Ausbringungsmenge unterschiedlich, muss ein Vergleich der Stückkosten erfolgen.
Da die Stückkosten von der Kapazitätsausnutzung einer Anlage abhängen, kann hierbei das
Problem der sich schneidenden Gesamtkosten auftreten. In diesem Fall sollte die kritische
Ausbringungsmenge ermittelt werden.
Die Voraussetzung für die Anwendung eines Gesamt- oder Stückkostenvergleichs ist der
gleiche Ertrag pro Stück für beide Alternativen.
2.2 Gewinnvergleichsrechnung
Wenn eine kostengünstigere Investitionsalternative zu einer höheren Ausbringung führt, die
größere Menge aber nur zu einem niedrigeren Preis abgesetzt werden kann, kann eine
Investitionsentscheidung mit der Kostenvergleichsrechnung nicht getroffen werden.
Die Gewinnvergleichsrechnung berücksichtigt die Erlöse und vergleicht die zu erwartenden
Jahresgewinne zweier Investitionsobjekte.
Nachteile der Gewinnvergleichsrechnung:
- zeitliche Verteilungen zukünftiger Kosten- und Erlösentwicklungen werden nicht
berücksichtigt
- Zuordnung von Erträgen bzw. Gewinnen auf einzelne Investitionsanlagen ist
grundsätzlich problematisch
- keine Aussage über die Rentabilität des Kapitaleinsatzes
Investitionsrechnung 12
2.3. Rentabilitätsrechnung
Der erwartete Jahresgewinn alternativer Investitionsprojekte wird auf eine Maßgröße
bezogen:
Gewinn pro Jahr Investitionsrentabilität = x 100 ∅ Kapitaleinsatz Gewinn pro Jahr Umsatzrentabilität = x 100 Umsatz pro Jahr Umsatz pro Jahr Kapitalumschlag = ∅ Kapitaleinsatz Werden die Kapitalkosten in Form von Zinsen bei der Berechnung des Gewinns
berücksichtigt, so ist ein Projekt vorteilhaft, wenn die „Rendite nach Zinsen“ positiv ist.
Andernfalls muss die Rendite größer sein als die Kapitalkosten.
Exkurs:
Häufig wird der Gewinn auf das eingesetzte Kapital bezogen (Return on Investment). Diese
Kennzahl wird sowohl für Investitionsentscheidungen als auch für Unternehmens-
bewertungen herangezogen:
Gewinn + FK-Zinsen ROI = x 100 investiertes Kapital
Gewinn + Zinsen Umsatz ROI = x x 100 Umsatz investiertes Kapital
Umsatzerfolg Kapitalumschlag
Rationalisierung Asset Management
Produktivität
Bilanz Aktiva Passiva Anlagevermögen Grundkapital Vorräte Rücklagen Forderungen aus LuL Rückstellungen Finanzforderungen Finanzverbindlichkeiten Bankguthaben Verbindlichkeiten aus LuL
Investitionsrechnung 13
Investiertes Kapital (Vermögen) Asset Manegement:
betriebsnotwendiges Kapital:
Anlagevermögen ⇒ Mieten, Leasen, Ausschlachten + Vorräte ⇒ Bestandssenkung (Just-in-time,...) + Forderungen aus LuL ⇒ Zahlungsziel kürzen, Factoring- Verbindlichkeiten aus LuL ⇒ Zahlungsziel verlängern
= Investiertes Kapital
Grafische Veranschaulichung durch das DuPont-Kennzahlensystem:
Ende Exkurs
Das Return on Investment-Konzept (ROI = Gesamtkapitalrendite)
ROI
Umsatz-rendite
Kapital-umschlag
Gewinn vorSteuern
Netto-umsatz
Netto-umsatz
Kapital-einsatz
Betriebs-ergebnis
NeutralesErgebnis
Umlauf-vermögen
Anlage-vermögen
Netto-umsatz
Kosten
NeutraleErträge
NeutralerAufwand
Vorräte
unfertigeErzeugnisse
Forderungen
Geld undGeldanlegen
Grundstückeund Gebäude
MaschinenAusstattung
ImmaterielleWerte
Finanzanlagen
Absatzkosten
Herstell-kosten
Vertriebs-kosten
F& E
Verwaltung/sonst. Kosten
Finanzierungdes
Vermögensdurch:
Eigen-kapital
+
Fremd-kapital
x
:
:
+
./.
./.
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Investitionsrechnung 14
Bei mehreren Investitionsobjekten wird für jedes Objekt eine Rentabilitätskennziffer
berechnet. Bei nur einem Objekt kann das Objekt mit einer vom Investor gewünschten
Mindestrentabilität verglichen werden.
Beurteilung:
- Betrachtung der Rentabilität des eingesetzten Kapitals
- jedoch auch nur kurzfristige Betrachtungsweise, zukünftige Veränderungen von Kosten
und Erlösen werden nicht berücksichtigt
- Zuordnung von Umsätzen und Gewinnen auf einzelne Investitionsobjekte ebenso
problematisch wie bei der Gewinnvergleichsrechnung
2.4 Statische Amortisationsrechnung
Die Kosten, Gewinn oder Rentabilität stehen nicht mehr im Vordergrund, sondern das
Sicherheitsdenken. Grundidee: je schneller man das eingesetzte Kapital zurückgewinnt,
desto sicherer ist das Investitionsobjekt.
Überlegung: amortisiert sich ein Investitionsprojekt innerhalb eines gewünschten Zeitraums
oder nicht. Die Investitionsentscheidung hängt von der Amortisationsdauer ab.
Amortisationsdauer:
Zeitraum, in dem die Anschaffungsauszahlung einer Investition zurück gewonnen werden
können, d. h. die Erlöse decken die Anschaffungsauszahlung und die laufenden
Betriebsausgaben.
Problem:
- Annahme gleichbleibender jährlicher Einzahlungen und Auszahlungen
- Zuordnung von Einzahlungen auf einzelne Investitionsprojekte
2.5Generelle Bewertung der statischen Verfahren
Grundsätzlich gibt es zwei Hauptkritikpunkte an den statischen Verfahren.
1. Alle statischen Verfahren betrachten nur eine Periode oder einen kurzen Zeitraum
2. Änderungen von Ertrags- Aufwands- und Kostengrößen werden nicht berücksichtigt.
I. d. R. treten aber häufig
• Schwankungen in der Auslastung (Marktentwicklung, Produktlebenszykluskurve)
Investitionsrechnung 15
• steigende Instandhaltungskosten (Alterungsprozess)
• unterschiedliche Entwicklung von
Lohnkosten )
Energiekosten ) Inflationsentwicklung
Zinskosten )
• unterschiedliche Restverkaufserlöse
Statische Verfahren liefern nur approximative Lösungsergebnisse.
Investitionsrechnung 16
3 Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung
Betrachtung der gesamten Lebensdauer oder des Planungshorizonts einer Investition
aufgrund der Einzahlungs- und Auszahlungsreihen.
3.1 Die Kapitalwertmethode
Auch Diskontierungs- oder Barwertmethode genannt. Berücksichtigt das Zeitmoment in der
Investitionsrechnung, da Ein- und Auszahlungen von
- der Höhe
- dem zeitlichen Anfall
- der zeitlichen Dauer
unterschiedlich sein können.
Auswirkung des Zeitablaufs für einen Betrieb (grafisch darstellen)
- Einzahlungen, die weiter in der Zukunft liegen sind weniger wert
- Auszahlungen sind um so belastender, je näher der Zahlungszeitpunkt liegt
(Kalkulationszinsfuß = 10 %)
t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4
750
750
750
750
681,
7561
9,50
563,
2551
2,25
2.00
0
} Kapitalwert = 376,75
Investitionsrechnung 17
Vergleichbarkeit zukünftiger Ein- und Auszahlung durch Abzinsung auf Zeitpunkt unmittelbar
zur der Investitionsentscheidung.
Abgezinste Zahlung heißt Barwert. Der Kapitalwert einer Investition ergibt sich als Differenz
zwischen der Summe der Barwerte aller Einzahlungen und der Summe der Barwerte aller
Auszahlungen.
Die Abzinsung erfolgt mit dem Kalkulationszinsfuß. Der Kalkulationszinsfuß kann
• die gewünschte Mindestverzinsung des Investors
• die geforderten Kapitalkosten bei Fremdfinanzierung
sein.
Kapitalwert ist
- gleich Null: Einzahlungsüberschüsse reichen aus, um die Anfangsauszahlung zu tilgen
und das Kapital zum Kalkulationszinsfuß zu verzinsen
- positiv: Kapitalwert entspricht dem Zahlungsüberschuß der Investition, der nach der
Verzinsung der Investition übrig bleibt
- negativ: Kapitalwert ist der Teil der Anschaffungsauszahlungen, der nicht getilgt und
nicht verzinst werden kann
n Kapitalwert = - I0 + Σ (Et - At) (1 + i)-t t=0
Et = Einzahlung am Ende der Periode t At = Auszahlung am Ende der Periode t a0 = Investition i = Kalkulationszinsfuß t = Periode (t = 0, 1, 2 ..., n) n = Nutzungsdauer der Investition Beispiel: Jahre 0 1 2 3
Investition -1000,00
Einzahlungen 3.200,00 2.500,00 1.500,00
Auszahlungen -2.500,00 -2.000,00 -1.200,00
Rückflüsse 700,00 500,00 300,00
648,20 x 1,08-1
428,50 x 1,08-2
238,20 x 1,08-3
Barwert Rückfl. 1.314,90
Investition -1.000,00
Kapitalwert 314,90
Investitionsrechnung 18
Die Zahlungen der Perioden 1 bis 3 werden auf den Zeitpunkt 0 abgezinst und sind somit mit
der Anschaffungsauszahlung vergleichbar.
Zusammenhang Zinsfuß - Kapitalwert
Jahre 0 1 2 3
Investition -1000
Rückflüsse 700 500 300
Zinsfuß Kapitalwert
0 % 500
8 % 315
10 % 274
20 % 104
27,6 % 0
30 % -29
Sonderfall
Berechnung des Kapitalwertes bei gleichförmiger Zahlungsreihe
Rt = (Et - At) konstant für alle t von 1 bis n (1 + i)n – 1 1 – (1 + i)-n Kapitalwert = Rt x - a0 bzw. = Rt x ---------------- - a0
i x (1 + i)n i
Rentenbarwertfaktor (RBF) (alternative Schreibweise)
i
Kapitalwert
Investitionsrechnung 19
3.2 Interne Zinsfuß-Methode
Errechnet den Zinsfuß, bei dem der Kapitalwert 0 ist (interne Verzinsung einer Investition
bzw. Rentabilitätskennziffer). Der interne Zinsfuß ist die Rentabilität des jeweils noch nicht
amortisierten Kapitals.
Ist der interne Zinsfuß höher als der Kapitalzinssatz, ist die Investition vorteilhaft. Bei
mehreren Investitionsobjekten ist das mit dem höchsten internen Zinssatz vorziehenswert.
n Σ (Et - At) (1 + i)-t = I0
t=0
Im Beispiel ergab sich ein Kapitalwert von O bei einem Zinsfuß von 27,6 %.
i
KapitalwertInterner Zinsfuß
Investitionsrechnung 20
Jahre 0 1 2 3
Kapitaleinsatz -1000
Rückfluß 1 700
Verzinsung 27,6 % 276
Amortisation 424
Kapitaleinsatz -576
Rückfluß 2 500
Verzinsung 27,6 % 159
Amortisation 341
Kapitaleinsatz -235
Rückfluß 2 300
Verzinsung 27,6 % 65
Amortisation 235
Kapitaleinsatz 0
Problem:
Man nimmt an, daß zum jeweiligen internen Zinsfuß Kapital aufgenommen bzw. angelegt
werden kann.
Praktische Lösung:
- Iteratives Verfahren
- Grafisches Verfahren
Berechnung bei konstanten Rückflüssen:
n Σ (Et - At) (1 + i)-t = I0 t=0
Rt x RBF = I0 I0 RBF = Rt
Bei bekannter Laufzeit t ist der Zinssatz i die gesuchte Größe
Beispiel:
Investitionsauszahlung: 1.082 DM
Konstante Rückflüsse: 300 DM
Laufzeit: 5 Jahre
Investitionsrechnung 21
I0 1.082 DM RBF = = = 3.606
Rt 300 DM
Bei 5 Jahren Laufzeit ist i = 12%.
3.3. Modifizierter interner Zinsfuß
Annahme: Zwischenzeitige Zahlungsmittelüberschüsse bzw. -fehlbeträge werden
zum Kalkulationszinsfuß (und damit n i c h t zum internen Zinsfuß) angelegt bzw.
aufgenommen. Gesucht wird der Zins i für:
Ö
Beispiel:
0 1 2 3 4
-1000 1500 0 0 100
i ~ 52,7 %
0 1 2 3 4
- 1000 1500 0 0 100
å - 1000 x 1.52784 - 5448
å 1500 x 1,52783 + 5349
å + 100
~ 0
ie a r
a
t tn t
t
n
n=− × +
−
−
=∑( ( )) ( )1
11
0
C a e a r it tt
nn t n
0 01
0 1 1= = − + − × + × +=
− −∑( ( ) ( ) ) ( )!
Investitionsrechnung 22
Modifizierter interner Zinsfuß (r=10 %)
0 1 2 3 4
-1000 1500 0 0 100
Aufzinsung auf t = 4
å 1500 x 1,103 1996,50
Modifizierte Zahlungsreihe
-1000 2096,50
Imod ~ 20,3 %
3.4. Annuitätenrechnung
Vergleich der durchschnittlichen jährlichen Auszahlung mit der durchschnittlich jährlichen
Einzahlung für die Dauer der Investition. Sind die Zahlungsreihen nicht gleichförmig,
Abzinsung in Gegenwartswert und Umwandlung in Annuität mit Kapitalwiedergewinnungs-
faktor (Annuitätenfaktor).
Kapitalwert wird umgerechnet in uniforme jährliche Zahlungen, d.h. er wird periodisiert.
Kapitalwert = Rt x RBF - I0 Kapitalwert Annuität = RBF i (1 + i)n
Annuitätenfaktor = (1 + i)n – 1 1 Annuitätenfaktor = RBF Annuität = Kapitalwert x Annuitätenfaktor Voraussetzung: vollkommener Kapitalmarkt
Jahre 0 1 2 3
Investition -1000,00
Rückflüsse 700,00 500,00 300,00
648,20 x 1,08-1
428,50 x 1,08-2
238,20 x 1,08-3
Investitionsrechnung 23
Kapitalwert 314,90
Annuität 122,20 122,20 122,20
Ist die Annuität positiv, ist eine einzelne Investition sinnvoll, bei mehreren Alternativen ist das
Investionsobjekt mit der höchsten Annuität vorzuziehen.
3.5. Vergleich Interne-Zinsfuß- und Kapitalwertmethode
Vorteilhaftigkeitsberechnung
Interne-Zinsfuß-Methode und Kapitalwertmethode führen bei Normalinvestitionen*
zu denselben Aussagen.
Alternativenvergleich
Ø Gleiche Laufzeit und gleicher Kapitaleinsatz
Bei gleichem Kapitaleinsatz führen beide Methoden im Regelfall zuunterschiedlichen Ergebnissen.
Nur bei sehr ähnlicher Struktur der Zahlungsreihen führen beide Methoden mithoher Wahrscheinlichkeit zu denselben Aussagen.
Ø Gleiche Laufzeit und unterschiedlicher Kapitaleinsatz
Bei unterschiedlichem Kapitaleinsatz eignet sich die Interne–Zinsfuß-Methode nur,wenn die unterschiedliche Kapitalbindung explizit als Differenzinvestitionberücksichtigt wird.
Kalkulationszinsfuß
Kapitalwert
A
B
Zinssätze mit„A besser als B“
Interne Zinsfüßefür A und B:„B besser als A“
Investitionsrechnung 24
Bei der Kapitalwertmethode führt die Annahme, dass Ergänzungsinvestitionen zumKalkulationszinsfuß getätigt werden können, dazu, dass kein Umweg über eineDifferenzinvestition gewählt werden muss. Damit zeichnet sich diese Methode durchihren einfacheren Einsatz aus.
Ø Unterschiedliche Laufzeit und gleicher Kapitaleinsatz
Bei Alternativen mit unterschiedlichen Laufzeiten müssen explizite Annahmen überdie Anschlussinvestitionen getroffen werden, um den Vergleich über einen jeweilsidentischen Planungszeitraum anstellen zu können.
Bei Annahme der Anlage der freien Mittel zum Kalkulations- bzw. zum internenZinssatz verändern sich die jeweiligen Ergebnisse nicht. Diese Annahme istinsbesondere bei der Interne-Zinsfuß-Methode kritisch.
Bei Unterstellung einer Anschlussinvestition mit identischer Zahlungsreihe führtalternativ die einfache Berechnung der Annuitäten (als Variante des Kapitalwerts)der jeweiligen Erstinvestitionen im Vergleich zur richtigen Entscheidung.
Ø Unterschiedliche Laufzeit und unterschiedlicher Kapitaleinsatz
Es müssen Annahmen über die Anlage der Differenzbeträge getroffen werden.
Bei der Interne-Zinsfuß-Methode hat dies über die Differenzinvestition zu erfolgen.
Bei der Kapitalwertmethode führt die implizite Annahme der Anlage freier Mittel zumKalkulationszinsfuß dazu, dass die berechneten Kapitalwerte unmittelbar zumAlternativenvergleich geeignet sind. Bei identischen Anschluss- undErgänzungsinvestitionen bietet sich alternativ die Berechnung der Annuitäten derjeweiligen Erstinvestitonen an.
*Normalinvestition: anfangs Auszahlungsüberschuss, nachfolgendEinzahlungsüberschüsse; nur ein Vorzeichenwechsel in der Zahlungsreihe; dieSumme der Einzahlungen ist größer als die Summe der Auszahlungen
3.5. Dynamische Amortisationsrechnung
Jahre 0 1 2 3
Investition -1000,00
Rückflüsse 700,00 500,00 300,00
648,20 x 1,08-1
428,50 x 1,08-2
238,20 x 1,08-3
Barwert 1.314,90
Cash Flow 510,24 510,24 510,24
Amortisationsdauer: 2,56 Jahre
Investitionsrechnung 25
Berechnung über die Annuitäten: gleiche Vorgehensweise wie bei statischer
Amortisationsrechnung, lediglich der Zinseszinseffekt wird berücksichtigt.
Alternative: Exakte Bestimmung durch schrittweise Addition der Barwerte und Vergleich mit
der Investitionsauszahlung: Amortisationsdauer im Beispiel = 1 Jahr + (365 - 76,7/1000
Tage).
3.6. Generelle Bewertung der dynamischen Verfahren
Voraussetzung für die Anwendung dynamischer Verfahren
- vollkommene Voraussicht: zukünftige Zahlungsreihen sind bekannt, in der Praxis ist
man aber auf grobe Schätzungen angewiesen
- Kalkulationszinsfuß: Kosten für Eigenkapital oder Fremdkapital, oder Grenzkapital-
kostensatz.
- vollkommener Kapitalmarkt: er kann zum Kalkulationszinsfuß Kapital zu jedem
Zeitpunkt in beliebiger Höhe und beliebiger Länge angelegt oder aufgenommen werden.
- Zuordnung von Ein- und Auszahlungen: kann in der Praxis problematisch sein (trifft
auch für statische Verfahren zu).
Nicht alle dynamischen Verfahren sind für jedes Entscheidungsproblem geeignet. Folgende
Probleme können auftreten:
- unterschiedliche Laufzeiten: die zu vergleichenden Investitionsobjekte können unter-
schiedliche Laufzeiten haben.
- unterschiedlicher Kapitaleinsatz: die Anschaffungsauszahlungen der Investitions-
objekte können unterschiedlich sein.
Grundsätzlich könnte das Problem mit einer Zusatz- bzw. Differenzinvestition gelöst werden:
- Nachfolge- oder Anschlußinvestitionen (Zusatzinvestition) bei unterschiedlicher
Nutzungsdauer
- Ergänzungsinvestitionen bei unterschiedlichem Kapitaleinsatz bzw. Ruckflüssen
Investitionsrechnung 26
4. Scoring Modelle
Mit Hilfe der Scoring-Modelle lassen sich die Nutzenbeiträge eines (oder alter-nativer Investitionsvorhaben(s) in Bezug auf die Erfüllung nicht-monetärerZielsetzungen bestimmen.
Diese Nutzwertanalyse umfaßt folgende Schritte:
1. Bestimmung der maßgeblichen Zielkriterien.
2. Bestimmung von Gewichtungendieser Kriterien
(Werte zwischen 0 und 1, Summe aller Werte = 1).
3. 'Benotung' der Projektbeiträgezum Erreichen des jeweiligen Zieles
Ordinalskala von 1 bis 5 bzw. 5 bis 1.
4. Bestimmung der Teilnutzenwerte durch Multiplikation von Gewichtungen und
Zielerreichungsbeiträgen und anschlies-sende Addition zum Gesamtnutzenwert.
Investitionsrechnung 27
5 Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer / Bestimmung des
optimalen Ersatzzeitpunktes
5.1 Optimale bzw. wirtschaftliche Nutzungsdauer
Verschiedene Aspekte der Nutzungsdauer:
- technische Nutzungsdauer (maximale Lebensdauer)
- wirtschaftliche Nutzungsdauer (gewinnmaximale Lebensdauer)
- buchhalterische Nutzungsdauer (Abschreibungszeitraum)
Die Frage nach der wirtschaftlichen bzw. optimalen Nutzungsdauer stellt sich bereits vor der
Anschaffung eines Investitionsobjektes.
Wirtschaftliche Nutzungsdauer:
Einzahlung der laufenden Periode decken:
- die laufenden Betriebsausgaben
- die Minderung des Restverkaufserlöses
- die Zinsen auf den Restverkaufserlös
- die Ertragssteuern
Die Investitionsrechnung ermittelt die wirtschaftliche Nutzungsdauer als gewinnmaximale
Nutzungsdauer, d.h. die Nutzungsdauer bei der der Kapitalwert bzw. die Annuität des
Investitionsprojekts das Maximum erreicht.
1. Einmalige Investition
Eine Investition wird einmal getätigt, der Investor muß die optimale bzw. wirtschaftliche
Nutzungsdauer bestimmen.
Berechnung:
1. Bildung von Zahlungsreihen eines Projektes für alternative Nutzungsdauern.
2. Berechnung der jeweiligen Kapitalwerte für die alternativen Nutzungsdauern.
3. Auswahl des größten Kapitalwertes, die dazugehörige Laufzeit ist dann die
wirtschaftliche Nutzungsdauer.
Beispiel
Investitionsdaten
0 1 2 3 4 5 6
Investition -1.000 600 500 100 200 100 100
Restwert 1.000 600 400 300 200 100 0
Kalkulationszinsfuß 10 %
Investitionsrechnung 28
Bildung der Zahlungsreihen für alternative Nutzungsdauern
0 1 2 3 4 5 6 KW
0 0 0
1 -1.000 1.200 91
2 -1.000 600 900 289
3 -1.000 600 500 400 259
4 -1.000 600 500 100 400 307
5 -1.000 600 500 100 200 200 295
6 -1.000 600 500 100 200 100 100 289
2. Mehrmalige Investitionen
Der Investor tätigt am Ende der optimalen Nutzungsdauer der ersten Investition eine
Folgeinvestition. Grundsätzlich sind zwei Möglichkeiten zu betrachten
• Endlicher Planungshorizont mit identischen oder nicht-identischen Investitionen
• Unendlicher Planungshorizont mit identischen Investitionen
a) Endlicher Planungshorizont
Problemstellung: Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer unter Berücksichtigung
möglicher Folgeinvestitionen während eines begrenzten Planungszeitraums.
Fortsetzung des Beispiels ...
b) Unendlicher Planungshorizont
Problemstellung: ein Unternehmen wird auf Dauer betrieben, mangels besserer
Informationen wird unterstellt, dass das betrachtete Investitionsprojekt immer wieder durch
ein identisches realisiert wird. Gesucht sind die optimalen Nutzungsdauern sämtlicher heute
und in der Zukunft zu realisierender Projekte.
Gesamter Kapitalwert = KWn + KWn (1 + i)-n + KWn (1 + i)-2n + ... + KWn (1 + i)-∞n
= KWn [1 + (1 + i)-n + (1 + i)-2n + ... + (1 + i)-∞n]
i (1 + i)n
= KWn
[(1 + i)n – 1]i
Einführung des Annuitätenfaktors:
i (1 + i)n
Annuitätenfaktor = (1 + i)n – 1
Investitionsrechnung 29
AF x KWn
Gesamter Kapitalwert = i
Berechnung:
1. Bildung von Zahlungsreihen eines Projektes für alternative Nutzungsdauern.
2. Berechnung der jeweiligen Kapitalwerte für die alternativen Nutzungsdauern.
3. Umrechnung der Kapitalwerte in Annuitäten mit den entsprechenden Annuitätenfaktoren.
4. Dividieren der Annuität durch den Kalkulationszinsfuß
5. Auswahl des größten gesamten Kapitalwertes, die dazugehörige Laufzeit ist die
wirtschaftliche Nutzungsdauer
Beispiel
Investitionsdaten
0 1 2 3 4 5 6
Investition -1.000 600 500 100 200 100 100
Restwert 1.000 600 400 300 200 100 0
Kalkulationszinsfuß 10 %
Bildung der Zahlungsreihen für alternative Nutzungsdauern
0 1 2 3 4 5 6
0 0
1 -1.000 1.200
2 -1.000 600 900
3 -1.000 600 500 400
4 -1.000 600 500 100 400
5 -1.000 600 500 100 200 200
6 -1.000 600 500 100 200 100 100Berechnung der Kapitalwerte und Annuitäten
Kapitalwert AF Annuität Zins GesamterKapitalwert
0 0
1 91 1,100 100 10 % 1.000
2 289 0,576 166 10 % 1.667
3 259 0,402 104 10 % 1042
4 307 0,315 97 10 % 989
5 295 0,264 78 10 % 777
6 289 0,230 66 10 % 663
Investitionsrechnung 30
5.2. Optimaler Ersatzzeitpunkt
Während des Betriebes eines Investitionsobjektes stellt sich die Frage, ob das Objekt noch
weiter genutzt oder durch ein neues ersetzt werden soll. Vor allem bei technischem
Fortschritt tritt der Fall auf, dass ein Objekt innerhalb der ursprünglich errechneten
wirtschaftlichen Nutzungsdauer ersetzt werden muss.
Alte Anlage
- technisch noch nutzungsfähig
- steigende Wartungs- und Reparaturkosten
wird durch eine neu ersetzt. Häufig mit Erweiterungs- oder Rationalisierungsinvestition
verbunden (Interdependenzen zum Absatzbereich beachten).
Annahme: die technische Restnutzungsdauer kann geschätzt werden.
Entscheidung:
- sofortiger Ersatz
- Ersatz nach 1, 2, ... Perioden
- Nutzung bis zum Ende der technischen Restnutzungsdauer
Grundregel:
Ersatz, wenn der zeitliche Durchschnittsgewinn der neuen Anlage größer ist als der
Grenzgewinn der alten Anlage.
5.2.1. Lösung mit der Kostenvergleichsrechnung
a) Grenzkostenvergleich
Vergleich der
- Durchschnittskosten der Ersatzanlage
mit den
- Grenzkosten der alten Anlage die wegfallen durch die Ersatzmaßnahme
b) Buchhalterischer Vergleich
Vergleich der
- Durchschnittskosten der Ersatzanlage
mit den
- Durchschnittskosten der alten Anlage
Investitionsrechnung 31
Beispiel
Investitionsdaten
Alt Neu
Anschaffungskosten 50.000 80.000
Geplante Nutzungsdauer 10 Jahre 10 Jahre
Abschreibung 5.000 8.000
Kapitaleinsatz 27.500 44.000
Restbuchwert alte Anlage 15.000
Liquidationserlös heute 7.000
Liquidationserlös nach 1 Jahr 4.000
Fixe Betriebskosten 3.900 1.700
Variable Betriebskosten 1,25 0,55
Ausbringung 10.000 Stück 10.000 Stück
Grenzkostenvergleich
Alt Neu
Abschreibung 3.000 8.000
10% Zinsen auf geb. Kapital 700 4.400
Fixe Betriebskosten 3.900 1.700
Fixe Kosten 7.600 14.100
Variable Kosten 12.500 5.500
Gesamtkosten 20.100 19.600
Stückkosten 2,01 1,96
Zinsen und Abschreibungen der alten Anlage werden auf den Restverkaufserlös gerechnet,
da dieser dem tatsächlichen Kapitaleinsatz entspricht (theoretisch exaktes Vorgehen). Durch
die Nutzung der alten Anlage kann der Restverkaufserlös nicht erzielt werden.
Buchhalterischer Vergleich
Alt Neu
Abschreibung 5.000 8.000
10% Zinsen auf geb. Kapital 2.750 4.400
Zusätzliche Abschreibung 800
10% zusätzliche Zinsen 440
Fixe Betriebskosten 3.900 1.700
Fixe Kosten 11.650 15.340
Variable Kosten 12.500 5.500
Gesamtkosten 24.150 20.840
Stückkosten 2,42 2,08
Investitionsrechnung 32
Zinsen und Abschreibungen werden auf den Originalanschaffungswert gerechnet
(buchhalterische Vorgehensweise der Praxis).
Die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Restverkaufserlös der alten Anlage und die
entsprechenden Zinsen werden der Nutzungsdauer der neuen Anlage zugerechnet, da die
Differenz durch den Einsatz der neuen Anlage entsteht.
5.2.2 Lösung mit der Kapitalwertmethode
Vorgehensweise:
• Rückflüsse für mögliche Restnutzungsdauer bekannt
• Restverkaufserlöse bekannt
• optimale Nutzungsdauer der neuen Anlage ist bekannt (maximale Annuität)
• Bildung von Zahlungsreihen für die möglichen Alternativen
• Berechnung der Kapitalwerte
• der Zeitpunkt mit dem maximalen Kapitalwert ist der optimale Ersatzzeitpunkt
Beispiel
Investitionsdaten
t t + 1 t + 2 t + 3
Restwert (alt) 700 500 300 100
Rückflüsse (alt) 500 250 100
Annuität (neu) 60 60 60
Bildung der Zahlungsreihen
t t + 1 t + 2 t + 3
1. Sofortiger Ersatz
Zahlungsreihe 60 60 60
2. Ersatz nach einem Jahr
Zahlungsreihe -700 500 + 500 60 60
3. Ersatz nach zwei Jahren
Zahlungsreihe -700 500 250 + 300 60
4. Ersatz nach drei Jahren
Zahlungsreihe -700 500 250 100 + 100
Investitionsrechnung 33
Berechnung der Kapitalwerte
1. Sofortiger Ersatz: 155
2. Ersatz nach einem Jahr: 325
3. Ersatz nach zwei Jahren: 283
4. Ersatz nach drei Jahren: 136
Optimaler Ersatzzeitpunkt: am Ende des ersten Jahres.
Investitionsrechnung 34
6 Probleme und Sonderfälle der Investitionsrechnung
6.1 Das optimale Investitionsprogramm
Die Aufgabe von Programmentscheidungen ist die Auswahl und Zusammenstellung eines
Investitionsprogramms aus mehreren Investitionsalternativen.
Fall 1:
Die lohnenden Investitionsmöglichkeiten übersteigen die finanziellen Möglichkeiten, d.h. alle
Investitionen müssen fremd finanziert werden, der Kalkulationszinsfuß ist somit der
Kostensatz für das Fremdkapital. Fremdkapital kann unbegrenzt zum Kalkulationszinsfuß
beschafft werden.
Unter dieser Voraussetzung lohnen sich alle Investitionsmöglichkeiten mit einem positiven
Kapitalwert. Einzige Restriktion sind sich technisch gegenseitig ausschließende
Investitionen.
Fall 2:
Finanzielles Potential ist vorhanden, reicht aber nicht für alle lohnenden
Investitionsmöglichkeiten. Investitionsvorhaben konkurrieren nicht nur bei sich technisch
ausschließenden Alternativen, sondern grundsätzlich um die Aufnahme in das
Investitionsprogramm.
Der interne Zinsfuß ist der Renditemaßstab für das knappe Kapital.
Ausgangspunkt: beschränktes Kreditvolumen, mehrere Investitionsalternativen. Alternativen
beliebig teilbar.
1. Ordnung der Finanzierungsmöglichkeiten nach aufsteigendem Zinssatz. Konstruktion
der Kapitalangebotskurve.
2. Investitionen nach fallender Verzinsung ordnen (Kapitalnachfragekurve).
3. Schrittweise Aufnahme der Investitionsobjekte mit interner Verzinsung oberhalb des
Schnittpunktes der Kapitalangebots- und Kapitalnachfragekurve (marginale interne
Verzinsung i*).
4. Ausnutzung aller Finanzierungsmöglichkeiten mit Sollzinsen, die unterhalb i* liegen.
Investitionsrechnung 35
Beispiel
Finanzierungs- Maximaler Sollzins Investitions- Kapital- interne optimales
mittel Betrag vorhaben einsatz verzinsung Budget
1 8 000 9% A 4 000 13% A 4 000
2 6 000 12,5% B 2 000 12% B 2 000
C 7 000 11,5% C 2 000
D 6 000 10%
14 000 19 000 8 000
6.2 Berücksichtigung von Gewinnsteuern
Steuerliche Be- und Entlastungen können die Investitionsrechnung beeinflussen:
- vorteilhafte Investitionen können unvorteilhaft werden
- Rangfolgen können sich verschieben
- wirtschaftliche Nutzungsdauer kann sich ändern
Unterscheidung in
- Kostensteuern (Grundsteuer, Kfz-Steuer, Gewerbekapitalsteuer, usw)
zusätzliche Ausgaben in den Zahlungsreihen (problemlos)
- Gewinnsteuer (Körperschaftsteuer, Gewerbeertragsteuer, Einkommensteuer)
Mögliche Berücksichtigung:
- Anpassung der Zahlungsreihe (Basismodell, Zinsmodell)
- Anpassung des Kalkulationszinsfußes (Bruttomethode)
8%
9%
10%
11%
12%
13%
14%
15%
16%
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
8.000
9.000
10.00
011
.000
12.00
013
.000
14.00
015
.000
16.00
017
.000
18.00
019
.000
Investitionsrechnung 36
- Kombination beider Methoden (Standardmodell, Nettomethode)
1. Basismodell
Korrektur der Zahlungsreihe, die Abschreibungen finden steuermindernde Wirkung
Rts = Rt - (Rt - At) s s = Steuersatz
2. Zinsmodell
Korrektur der Zahlungsreihe, Abschreibungen und Zinsen finden steuermindernde Wirkung
Rts = Rt - (Rt - At +- Zt) s s = Steuersatz
3. Bruttomethode
Anpassung des Kalkulationszinsfußes, Zahlungsreihe nicht korrigiert
iis = s = Steuersatz 1 - s
4. Standardmodell
Korrektur der Zahlungsreihe, die Abschreibungen finden steuermindernde Wirkung
Rts = Rt - (Rt - At) s s = Steuersatz
Abzinsung mit angepaßten Kalkulationszinsfuß
is = i (1 - s) s = Steuersatz
5. Nettomethode
Korrektur der Zahlungsreihe, Abschreibungen und gezahlte Zinsen finden
steuermindernde Wirkung
Rts = Rt - (Rt - At +- Zt) s s = Steuersatz
Abzinsung mit angepaßten Kalkulationszinsfuß
is = i (1 - s) s = Steuersatz
Einzig korrekter Ansatz !
6.3 Problem der Unsicherheit
Annahme: die Ausgangsdaten sind nicht immer eindeutig vorhersagbar.
Ziel: Spielraum der Unsicherheiten ausloten
Investitionsrechnung 37
6.3.1 Traditionelle Verfahren
1. Korrekturverfahren
Die Unsicherheit bzw. das Risiko wird mit Risikozuschlägen oder -abschlägen bewertet
- Kalkulationszinsfuß, nach Risiko gestaffelter Zinsfuß
- Nutzungsdauer, kürzere Soll-Amortisationsdauer bei Risiko
- Rückflüsse, durch Abschläge auf ein gleichwertig sicheres Niveau
Probleme des Korrekturverfahrens:
• Es wird nur die schlechteste aller möglichen Zukunftsentwicklung gewählt.
• Der Investor wird als risikoscheu eingestuft.
• Viele Investitionsdaten aus anderen Unternehmensbereichen wurden schon mit Risiko-
abschlägen bewertet.
• Investitionsobjekte können „tot gerechnet“ werden.
2. Sensitivitätsanalyse
Fragestellung: welche Parameter beeinflussen die Investitionsrechnung besonders.
Diese Parameter werden durch eine Simulation (Veränderung des Parameters und
Betrachtung der Veränderung des Ergebnisses) ermittelt und müssen dann exakt
prognostiziert werden. U.U. sind zusätzliche Investitionsdaten zu erheben.
Ziel: Ermittlung kritische Werte deren Über- oder Unterschreitung das Ergebnis –
beispielsweise die Rangfolge oder die Vorteilhaftigkeit einer Alternative – verändern.
3. Risikoanalyse
Ermittlung einer Prognose bzw. eines Risiko-Chancenprofils für das Ergebnis einer
Investitionsrechnung.
Vorgehensweise
a) Auswahl der unsicheren Inputgrößen (Absatzmenge, Preise, ...)
b) Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Inputgrößen
c) Generieren der Eingabedaten durch Kombination der sicheren und unsicheren
Inputgrößen (Monte-Carlo-Methode)
d) Berechnung der Outputgröße (Kapitalwert, Annuität, ...)
e) Ermittlung der relativen Häufigkeit für die Outputgröße. Ergebnis: Wahrscheinlichkeit, mit
der sich ein bestimmter Kapitalwert realisieren läßt.
Investitionsrechnung 38
6.3.2 Entscheidungstheoretische Ansätze
Der Investor kennt die verschiedenen Umweltzustände, die eintreten können, und er kann
die Eintrittswahrscheinlichkeit der Umweltzustände bestimmen. Es handelt sich um ein
Entscheidungsproblem unter Risiko, das durch die Verwendung von Wahrscheinlichkeiten
gelöst werden kann.
1. Entscheidung auf Grundlage des Erwartungswertes (µ-Prinzip)
Es wird ein Erwartungswert für die einzelnen Investitionsobjekte errechnet, das Objekt mit
dem höchsten Erwartungswert wird realisiert.
µi = ∑ wj ° Yij j
µi Erwartungswert der Investition i
wj Eintrittswahrscheinlichkeit des Umweltzustandes j
Yij Einkommen der Investition i im Umweltzustand j
Beispiel
Zustand 1 Zustand 2 Zustand 3
w1 = 0,3 w2 = 0,6 w3 = 0,1
Investition I 70 80 30
Investition II 50 90 20
Erwartungswert I = 0,3 ° 70 + 0,6 ° 80 + 0,1 ° 30 = 72
Erwartungswert II = 0,3 ° 50 + 0,6 ° 90 + 0,1 ° 20 = 71
⇒ Investitionsobjekt I wird ausgewählt
2. Entscheidung auf Grundlage von Erwartungswert und Streuung (µ-σ-Prinzip)
In manchen Fällen reicht es nicht aus einen Erwartungswert zu bilden, um zu einer
Entscheidung zu gelangen.
Investitionsrechnung 39
Beispiel
Zustand 1 Zustand 2 Erwartungs-
w1 = 0,5 w2 = 0,5 wert
Investition I 100 100 100
Investition II -1.000 1.200 100
Der Erwartungswert beider Investitionen ist gleich, doch bei Investition II hat man die 50%
Chance einen Kapitalwert von 1.200 zu erhalten, aber auch das 50% Risiko einen Verlust
von 1.000 einzustecken.
Der Erwartungswert macht keine Aussage über Chancen und Risiken einer Investition. Es
muss ein zweites Kriterium berücksichtigt werden, die Streuung σ bzw. die Varianz oder
Standardabweichung σ².
Varianz σi² = ∑ wj (Yij - µi)² j
Beispiel
Zustand 1 Zustand 2 Zustand 3 Erwartungs-
w1 = 0,3 w2 = 0,6 w3 = 0,1 wert
Investition I 70 80 30 72
Investition II 50 90 20 71
Varianz I = 0,3 (70 – 72)² + 0,6 (80 – 72)² + 0,1 (30 – 72)² = 216
Streuung I = 15
Varianz II = 0,3 (50 – 71)² + 0,6 (90 – 71)² + 0,1 (20 – 71)² = 609
Streuung II = 25
⇒ Investitionsobjekt I wird ausgewählt, da es den höheren Erwartungswert und die
geringere Streuung hat.