SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
Raschauer Nicolas (2009)
Verwaltungsstrafrecht Stellung
und Aufgaben der Organe der
oumlffentlichen Aufsicht im
Verwaltungsstrafrecht
SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr
Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
(4) 82-93
doi 1073962009_4_H
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Raschauer Nicolas (2009) Verwaltungsstrafrecht Stellung und Aufgaben der Organe der
oumlffentlichen Aufsicht im Verwaltungsstrafrecht SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr
Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4) 82-93 Online
httpdxdoiorg1073962009_4_H
copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2009
Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im
Verlag NWV (httpnwvat) erschienen
Online publiziert 32013
Verwaltungsstrafrecht
SIAK-JOURNAL
NICOLAS RASCHAUER Priv-Doz fuumlr Verfassungsrecht
Verwaltungsrecht und Europarecht an der WU Wien
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sicherzustellen
I EINLEITUNG Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt im Bereich des Verwaltungsstrafrechts seit jeher eine besondere Bedeutung zu Schon die Stammfassung des VStG des Jahres 19251 wies der angesprochenen Personenshygruppe zahlreiche praxisrelevante Vollzieshyhungsaufgaben zu die funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwalshytungsstrafbehoumlrde erster Instanz (dh in Unterstuumltzung derselben) wahrzunehmen waren2 Der nachfolgende Beitrag skizshyziert nach einer einleitenden Begriffsbeshystimmung einerseits die organisationsshyrechtliche Stellung dieser Organe und geht anschlieszligend auf ausgewaumlhlte Aufgaben der Organe im Bereich des Verwaltungsshystrafrechts ein
II BEGRIFFSBESTIMMUNG Eine eigenstaumlndige Begriffsdefinition der Wortfolge bdquoOrgan der oumlffentlichen Aufshysichtldquo kennt die oumlsterreichische Bundesshyrechtsordnung soweit ersichtlich nicht Positiv rechtlich verankert ist die Funktion des Organs der oumlffentlichen Aufsicht seit der B-VG-Novelle 1991 die mit 1 Jaumlnner 1992 in Kraft trat insb in Art 78d Abs 1
Stellung und Aufgaben der Organe der oumlffentlichen Aufshy
sicht im Verwaltungsstrafrecht
Organen der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltzung der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung oumlfshyfentlicher Interessen wahrzunehmen haben kommt seit jeher (auch) im Beshyreich des Verwaltungsstrafrechts eine bedeutsame Stellung zu Sie sind neshyben der Erstattung von Anzeigen insbesondere dazu berufen die steigende Zahl von Bagatelldelikten diversionell zu erledigen oder den staatlichen Strafanspruch durch vielschichtige Handlungen (insb Sicherheitsleistungen)
B-VG wonach bdquodas zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur wie der Land-und Forstwirtschaft (Feld- Flur- und Forstschutz) des Bergbaues der Jagd der Fischerei oder anderer Wasserberechtigunshygen aufgestellte Wachpersonal die Organe der Marktaufsicht der Feuerwehrldquo nicht zu den Wachkoumlrpern iSd Art 78d Abs 1 B-VG zu zaumlhlen ist3 auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu eroumlrternden sectsect 21 Abs 2 37a und 50 Abs 1 VStG hinshyzuweisen Zwar kann aus Art 78d B-VG schon aufgrund kompetenzrechtlicher Ershywaumlgungen weder auf eine Bestandsgaranshytie zugunsten der bestehenden Organgrupshypen in Bundes- und Landesgesetzen noch auf eine Verpflichtung der zustaumlndigen Gesetzgeber solche Organe einzurichten geschlossen werden Dennoch zeigt sich dass der oumlsterreichischen Rechtsordnung eine Vielzahl unterschiedlicher Aufsichtsshyorgane bekannt ist Wie nachfolgend zu zeishygen sein wird stellt die Wortfolge bdquoOrgane der oumlffentlichen Aufsichtldquo eine Sammelshybezeichnung dar die einerseits Organe des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) andererseits sonstige bdquoOrganeldquo mit spezifischen Aufsichtsfunktionen umfasst
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Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind
Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit
ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen
Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt
verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6
Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts
Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit
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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)
bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)
wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)
Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)
Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11
III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy
saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15
In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)
Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy
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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20
Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50
Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25
Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27
IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
Verwaltungsstrafrecht
SIAK-JOURNAL
NICOLAS RASCHAUER Priv-Doz fuumlr Verfassungsrecht
Verwaltungsrecht und Europarecht an der WU Wien
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sicherzustellen
I EINLEITUNG Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt im Bereich des Verwaltungsstrafrechts seit jeher eine besondere Bedeutung zu Schon die Stammfassung des VStG des Jahres 19251 wies der angesprochenen Personenshygruppe zahlreiche praxisrelevante Vollzieshyhungsaufgaben zu die funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwalshytungsstrafbehoumlrde erster Instanz (dh in Unterstuumltzung derselben) wahrzunehmen waren2 Der nachfolgende Beitrag skizshyziert nach einer einleitenden Begriffsbeshystimmung einerseits die organisationsshyrechtliche Stellung dieser Organe und geht anschlieszligend auf ausgewaumlhlte Aufgaben der Organe im Bereich des Verwaltungsshystrafrechts ein
II BEGRIFFSBESTIMMUNG Eine eigenstaumlndige Begriffsdefinition der Wortfolge bdquoOrgan der oumlffentlichen Aufshysichtldquo kennt die oumlsterreichische Bundesshyrechtsordnung soweit ersichtlich nicht Positiv rechtlich verankert ist die Funktion des Organs der oumlffentlichen Aufsicht seit der B-VG-Novelle 1991 die mit 1 Jaumlnner 1992 in Kraft trat insb in Art 78d Abs 1
Stellung und Aufgaben der Organe der oumlffentlichen Aufshy
sicht im Verwaltungsstrafrecht
Organen der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltzung der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung oumlfshyfentlicher Interessen wahrzunehmen haben kommt seit jeher (auch) im Beshyreich des Verwaltungsstrafrechts eine bedeutsame Stellung zu Sie sind neshyben der Erstattung von Anzeigen insbesondere dazu berufen die steigende Zahl von Bagatelldelikten diversionell zu erledigen oder den staatlichen Strafanspruch durch vielschichtige Handlungen (insb Sicherheitsleistungen)
B-VG wonach bdquodas zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur wie der Land-und Forstwirtschaft (Feld- Flur- und Forstschutz) des Bergbaues der Jagd der Fischerei oder anderer Wasserberechtigunshygen aufgestellte Wachpersonal die Organe der Marktaufsicht der Feuerwehrldquo nicht zu den Wachkoumlrpern iSd Art 78d Abs 1 B-VG zu zaumlhlen ist3 auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu eroumlrternden sectsect 21 Abs 2 37a und 50 Abs 1 VStG hinshyzuweisen Zwar kann aus Art 78d B-VG schon aufgrund kompetenzrechtlicher Ershywaumlgungen weder auf eine Bestandsgaranshytie zugunsten der bestehenden Organgrupshypen in Bundes- und Landesgesetzen noch auf eine Verpflichtung der zustaumlndigen Gesetzgeber solche Organe einzurichten geschlossen werden Dennoch zeigt sich dass der oumlsterreichischen Rechtsordnung eine Vielzahl unterschiedlicher Aufsichtsshyorgane bekannt ist Wie nachfolgend zu zeishygen sein wird stellt die Wortfolge bdquoOrgane der oumlffentlichen Aufsichtldquo eine Sammelshybezeichnung dar die einerseits Organe des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) andererseits sonstige bdquoOrganeldquo mit spezifischen Aufsichtsfunktionen umfasst
SIAK-JOURNAL 42009
Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind
Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit
ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen
Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt
verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6
Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts
Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit
83
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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)
bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)
wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)
Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)
Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11
III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy
saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15
In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)
Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy
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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20
Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50
Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25
Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27
IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
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werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
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typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
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57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind
Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit
ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen
Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt
verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6
Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts
Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit
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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)
bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)
wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)
Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)
Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11
III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy
saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15
In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)
Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy
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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20
Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50
Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25
Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27
IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
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werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
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42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
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57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)
bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)
wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)
Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)
Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11
III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy
saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15
In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)
Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy
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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20
Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50
Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25
Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27
IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
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werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
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42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
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SIAK-JOURNAL
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42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20
Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50
Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25
Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27
IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
42009 SIAK-JOURNAL
Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
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SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
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42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
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57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28
A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29
und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie
grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32
Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird
B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38
Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer
Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger
Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy
strafen) rechtfertigt39
Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy
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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
42009 SIAK-JOURNAL
Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
SIAK-JOURNAL 42009
laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet
Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen
Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy
formen der StPO dar42
Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten
Verdacht nicht notwendig an einen
Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44
bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45
bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind
als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48
Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49
C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy
87
SIAK-JOURNAL
88
42009
chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
42009 SIAK-JOURNAL
Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
SIAK-JOURNAL
88
42009
chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist
Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52
Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54
Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu
entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen
Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug
Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy
den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen
Sicherheit rechtmaumlszligig
Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein
Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen
42009 SIAK-JOURNAL
Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
42009 SIAK-JOURNAL
Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60
V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy
behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre
1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu
sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art
78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG
in diesem Zusammenhang von einer
demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines
Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy
recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli
Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3
(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy
wachung und mittelbare Bundesverwalshy
tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy
rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)
Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt
weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy
chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt
hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des
ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy
den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy
te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy
schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer
Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz
729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)
875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy
nisatorischen Auspraumlgung der Stellung
der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es
nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy
falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig
bestellt oder sonst wie in den organisatoshy
rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft
eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der
Wahrnehmung typischer verwaltungsshy
strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB
automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des
Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1
lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis
dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne
weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a
und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend
sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987
(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo
die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der
Aufzeichnung durch automationsunter-
stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy
tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines
Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont
wird Uumlberwachungen von Privatpersonen
sollen nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt
werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005
BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy
kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner
Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy
den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy
te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in
Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht
(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und
inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen
Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt
89
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
SIAK-JOURNAL 42009
werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH
14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy
tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856
naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy
gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy
zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76
Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2
ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2
AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist
darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy
bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe
nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy
lichen Anordnung bedarf (zB OGH
12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich
ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs
2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy
nen zu unterscheiden in denen Bestelshy
lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi
zusammengefasst sind oder anders geshy
wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy
maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde
die gebotenen Akte zu setzen ohne dass
es einer vorangehenden Vereidigung oder
foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB
sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy
wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy
ter Unternehmen und ihrer Organe zur
Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle
nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung
ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter
unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy
tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy
griert sein Wie aber beispielsweise anshy
hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden
kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy
gen (hier unterliegt beispielsweise der
Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy
nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy
standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein
Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy
gen zu erlassen ein anderes hingegen
nicht was Sinn macht da Organe in vershy
schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt
werden und es daher nicht erforderlich
ist jedem Organ alle der in Betracht
kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen
Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy
maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy
lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion
erforderlich sind Pointiert formuliert liegt
es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy
lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy
tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen
und das Organ zu deren Anwendung zu
ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy
gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy
rechts und des nationalen Rechts zu beshy
achten und die in Betracht kommenden
Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen
(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2
EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy
meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von
Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit
der Verpflichtung diese wahrzunehmen
(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-
gaben durch Private Schriftenreihe der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy
schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in
denen juristische Personen des Privatshy
rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB
sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy
nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich
dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy
menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy
gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz
112) Zu beachten ist freilich dass diese
Personen nicht als Organe der oumlffentlishy
chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu
qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy
nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl
neben den bereits skizzierten Anwendungsshy
faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy
ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy
waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die
auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy
zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy
kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann
Mangels eines gesetzlich positivierten
Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass
das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy
achtlich ist daher beispielsweise die Ershy
lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht
mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr
spricht ferner dass der VwGH in funktioshy
nell vergleichbaren Konstellationen ausshy
gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd
sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn
die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy
nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy
den herangezogenen Sachverstaumlndigen
dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy
nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy
zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988
87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001
99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH
10122001 2001100049) zufolge ndash anshy
ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe
legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy
densgrad mithin leichte oder leichteste
Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy
ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens
des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung
90
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
93
42009 SIAK-JOURNAL
typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt
Folgt man diesem Ansatz steht aber auch
die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy
dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy
gegen (VwGH 05091986 86180167 zu
sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist
dies nur schwer vereinbar (WalterMayer
Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818
Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy
strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem
Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy
lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot
entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy
tig was durch die Annahme eines Rechtsshy
anspruchs in den hier interessierenden
Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy
nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy
zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy
houmlrde bleibt die Voraussetzungen des
sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht
die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy
ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den
zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy
den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt
es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der
Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy
strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy
ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy
teressierenden Regelungen bereits einen
Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy
tungsstrafverfahrens an und weisen damit
diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely
Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil
(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter
Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz
818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1
VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy
ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy
gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy
fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch
sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise
des einschreitenden Organs in aumlhnlich
gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der
VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2
lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014
A1989) ndash eine solche Differenzierung
kann weder explizit dem Gesetz entnomshy
men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy
terpretationsmethoden gewonnen werden ndash
wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy
schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy
zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses
Gedankens wird zu vertreten sein dass
geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen
oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)
Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy
drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy
sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen
sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw
die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy
sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht
mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy
ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall
am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen
orientieren koumlnnte wird eine Anwendung
des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy
digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy
ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)
Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR
2 GP) liegt darin dass es noch vor der
Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy
guumlltigen Erledigung der Sache kommen
kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung
(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB
VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy
schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in
idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy
haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy
verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy
schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des
VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy
strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie
sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy
verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel
Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR
1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy
ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide
sondern iS der Rsp des VwGH (zB
06101993 92170284 13061990
90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)
als Rechtsakte sui generis anzusehen
sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy
fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877
differenzierend Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy
recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy
lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen
Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy
meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852
Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy
terschiedliche systematische Regelung
der Erledigungsformen im VStG Daruumlber
hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy
bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy
druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der
Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy
tet werden Bescheide im eigenen Namen
zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die
von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy
sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy
dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung
begangen zu haben Dies gilt auch in den
Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy
nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50
Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash
nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen
wird ihr aber als Adressat des Beleges
(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy
lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der
Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy
gung der Houmlhe der Geldleistung an das
von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy
typus vorgegebene Tarifsystem gebunden
hat daher den pro Deliktstypus im Voraus
91
SIAK-JOURNAL
92
42009
einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es
darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere
Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy
waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat
insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der
Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]
501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy
ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die
abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy
den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein
einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im
Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy
men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel
Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy
ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy
strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy
lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa
mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor
Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy
kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht
(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f
spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy
fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy
zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy
kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT
III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy
fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996
95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)
zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang
nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt
Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash
soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy
rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy
nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy
denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy
tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N
RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG
ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy
tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im
VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die
Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16
OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy
waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch
Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4
(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten
Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy
rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar
(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck
dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden
kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige
Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy
sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27
BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy
hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG
(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn
eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy
waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy
haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy
weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht
sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG
zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht
dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy
ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das
Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy
deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy
moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy
stehende) Handlungen des Betretenen die
bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der
Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss
(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy
verfahren8 [2003] Rz 837)
SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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SIAK-JOURNAL 42009
57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz
2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und
setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash
wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der
EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy
tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy
streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von
einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy
renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend
dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy
waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008
165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit
grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy
chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist
aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens
uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III
200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy
chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy
strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des
Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy
lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy
schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten
Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht
vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy
de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy
nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen
Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren
als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy
fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig
an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer
vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy
strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd
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