Date post: | 30-Jul-2016 |
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Einleitung
3 Vorwort der Dozierenden5 Thematischer Hintergrund7 Ausgangslage, Fragestellung
Analytische Beobachtungen
9 Typologien der Trocknungs- und Hängetürme10 Morphologische Betrachtung12 Untersuchung Fassaden14 Dokumentation der gegenwärtig existierenden Hängetürme
Nutzungsstrategie
20 Szenarien für den Kanton Glarus22 Hängetürme als Orte der Kultur24 Nutzungsverteilung
Transformation am spezifischen Objekt
26 Untersuchungsort und Nutzung28 Raumdisposition Sockelgeschosse32 Räumliche Interventionen im Dachraum34 Der bestehende Dachstuhl38 Die Wand als räumliche Verdichtung des Stabwerks42 Holzverbindungen44 Das neue Tragwerk, der Einbau50 Das Atelierfenster52 Eingriffe Fassade
Reflexion
58 Schlussbetrachtung59 Dank
Anhang
60 Literaturverzeichnis61 Bildnachweis
INHALT
„Noch vor einem halben Jahrhundert gehörten die mächtigen hölzernen Hängetürme der Zeugdru-ckereien mit den flatternden Fahnen bunter Tücher zum typischen Glarner Dorfbild. Heute sind diese
hervorragenden Zeugnisse der Zimmermannskunst selten geworden.“ (Leuzinger 1952, 10)
Abb. 1, Bedruckte Stoffbahnen hüllten einst die Hängetürme ein.
4
Abb. 5, Hängetürme als Identifikationsmerkmale bedeutender Ensembles, Teppichfabrik Ennenda, 1893.
Abb. 2, Der Hängeturm als Symbol einer bedeutenden Epoche.
Abb. 4, Charakteristisches Bild des Glarner Grosstales, Weberei Legler bei Diesbach.
Abb. 3, Die Stadt Glarus zur Blütezeit der Textilindustrie.
5
Hängetürme sind von grosser baulicher und kulturgeschichtlicher Bedeutung. Sie erinnern durch ihre charakteristische Form an die für das Glarnerland wirt-schaftlich und sozial bedeutungsvolle Epoche der Textildruckerei. Als Zeitzeugen und Symbole der Industrialisierung wie auch durch ihre konstruktiv interessante und handwerklich bemerkenswerte Ausführung gelten sie als Baudenkmale, die in manchen Ortsbildern markante Akzente setzen.
Seit jeher gilt der Kanton Glarus als einer der am stärksten industrialisierten Kantone der Schweiz. Hauptsächlich ist dies der im 19. Jahrhundert aufblühen-den Textilindustrie die ein immenses Wachstum des Industriesektors mit sich brachte, zuzuschreiben. In keiner anderen Region der Schweiz bestanden zu die-ser Zeit so viele Textilveredelungsbetriebe wie im Kanton Glarus. Der aufkom-mende Stoffdruck wurde zum Kerngeschäft der regionalen Produktion, die durch die grosse Nachfrage nach einer Vielzahl an Arbeitskräften verlangte.
Die Anzahl der Beschäftigten im Wirtschaftssektor Mitte des 19. Jahrhunderts betrug rund 11’300 Personen, knapp zwei Drittel der gesamten Kantonsbevöl-kerung. Verglichen mit dem Landwirtschaftssektor, in dem um 1870 rund 2900 Personen arbeiteten (17% der Erwerbstätigen), womit Glarus deutlich unter dem gesamtschweizerischen Wert von 46 Prozent liegt, verweisen diese Zahlen auf die Bedeutung der Industrie im Kanton.a Doch die Arbeitsbedingungen waren hart, was zu grossem Unmut in der Bevölkerung führte und letztendlich zum Glarner Fabrikgesetz verhalf, welches den Kanton Glarus zum europäischen Pionier be-züglich Schutz der Arbeiterschaft machte.1 Die zahlreichen Industrieensembles, welche dem ländlichen Tal eine industriel-le Prägung und bauliche Manifestierung der Geschichte verliehen haben, gel-ten heute als geschichtliches und bauliches Erbe des Glarner Wirtschaftswun-ders. Bis heute beeinflussen und strukturieren die qualitätsvollen Ensembles
den Siedlungs- und Landschaftsraum.2 Bedeutende Identifikationsmerkmale und Landmarks bei textilindustriellen Baukonglomeraten sind die sogenannten Trocknungs- oder Hängetürme.
In der vorliegenden Arbeit soll das ungenutzte Potenzial der Trocknungs- und Hängetürme im Kanton Glarus erforscht und aufgezeigt werden. Mit dem an-gestrebten Ziel, zeitgemässe Neunutzungen für die gegenwärtig vorhandenen Hängetürme zu finden, soll die Bandbreite an Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie mit den abbruchgefärdeten Zeitzeugen umgegangen werden könnte. Es gilt zu beweisen, dass neue Nutzungen in den schützenswerten Bestand integriert werden können, ohne den ursprünglichen Charakter dieser Industriedenkmale zu beeinträchtigen.
Thematischer Hintergrund
Einleitung
Industrialisierung
Hängetürme als Zeitzeugen
Ziele der Arbeit
Beschäftigte im Industriesektor
Der Hängeturm als Teil eines Ensembles
1 „Das Glarner Fabrikgesetz von 1848 brachte zum ersten Mal auf dem europäischen Kontinent Schutz-bestimmungen für Erwachsene in den Spinnereien [...] Erst Jahre später, nämlich 1878, folgte das eidgenössische Fabrikgesetz.“ (Maurer 2011, 45)
a Müller, Sebastian (2006): Frühe Industrialisierung und spä-terer Strukturwandel im alpinen Kanton Glarus. URL: http://www.realwwz.ch/system/files/download_manager/integrier-tes_masterseminar_fs_2006_seminararbeit_49345c4900b0f.pdf (Stand: Juni 2015)
2 „Nur kleinere Fabrikbetriebe fanden früher in einem einzigen Fabrikgebäude Platz. Mittlere und grosse Stoffdruckereien benötigten für die ver-schiedenen Produktionsstufen seit jeher mehrere Gebäude zur Unterbringung von Büros, Zeichnungs-zimmern, Modelstecherei, Drucksälen, Maschinen, Farbenküche, Wäscherei, Packerei, Magazine für Model, Farben, Roh- und Fertigwaren sowie Tro-ckungsgebäude. “ (Davatz 2005, 56)
6
Abb. 6-13, Bestandesaufnahmen des Dachraumes,Hängeturm Ennetlinth, Mitlödi.
7
Einleitung
Die charakteristischen Trocknungs- oder Hängetürme, welche von Stoffdrucke-reien, Färbereien und Bleichereien als spezielle Gebäude zum Trocknen von Tü-chern entwickelt wurden, prägten die Industrielandschaft in hohem Masse.b Auch ausserhalb des Kanton Glarus existierte eine Vielzahl an Hängetürmen, jedoch nicht in einer derart hohen Dichte. Um 1870, auf dem Höhepunkt der Glarner Textilindustrie, existierten mindestens 50 Hängetürme, wovon heute noch 19 vor-handen sind. Alle haben ihre ursprüngliche Zweckbestimmung längst verloren. Einige kleine wurden zu Wohnzwecken umgenutzt, andere zu Magazinen, etliche stehen leer, sind baufällig und daher abbruchgefährdet.
Bis zum heutigen Zeitpunkt ist unklar wie mit diesen geschichtsträchtigen In-dustriedenkmalen umgegangen werden soll. Mögliche Gründe dafür könnten ein mangelndes Bewusstsein ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung oder die fehlende Initiative zur Erhaltung durch die oftmals privaten Besitzer sein. Die gestellten Anforderungen der Denkmalpflege können zu Missverständnissen führen und somit private Investoren abschrecken. Auch die mit der Instandset-zung verbundenen Kosten oder der ökonomische Druck auf Areale von intak-ten Industrieanlagen können zu einer zunehmend geringeren Wertschätzung der Hängetürme beitragen. Um die Freigabe solcher Zeitzeugen zu spekulativen Zwecken zu vermeiden, ist die Beschäftigung mit dieser Thematik von grosser Aktualität und Dringlichkeit. Denn, würden auch die letzten Hängetürme im Kan-ton verloren gehen, wäre dies ein enormer Verlust an bedeutenden Zeugnissen der wirtschaftlichen und sozialen Vergangenheit.
Ausgangslage
Um den Fortbestand über längere Zeit zu garantieren scheint neben der denk-malpflegerischen Konservierung die Möglichkeit einer Nutzungstransformation unter Berücksichtigung von denkmalpflegerischen Aspekten erstrebenswert. Durch die Lage innerhalb der Siedlungsgebiete und dem ressourcenschonenden Umgang mit Bauland zeigt sich sogleich grosses Verdichtungspotenzial durch neue Nutzungskonzepte.Durch die Entwicklung einer Nutzungsstrategie für die gegenwärtig vorhande-nen Hängetürme sollen Potenziale für mögliche Interventionen veranschaulicht werden.
Die Masterthesis soll aufzeigen, dass adäquate Neunutzungen für die Hängetür-me im Kanton Glarus gefunden werden können, um diese besser in die Sied-lungsgebiete einzubinden. Der Sicherung des Bestandes für kommende Genera-tionen soll dadurch Rechnung getragen werden.
Durch die Transformation eines exemplarischen Hängeturmes soll aufgezeigt werden, wie es möglich ist, durch einen respektvollen Umgang mit dem schüt-zenswerten Bestand, angemessen neue Nutzungen zu integrieren. Dabei steht ein kohärenter Dialog zwischen neuer und bestehender Bausubstanz unter Be-rücksichtigung von denkmalpflegerischen Aspekten im Zentrum. Durch entwer-ferisches Erproben von konstruktiven und architektonischen Mitteln soll nach angemessenen Lösungen bezüglich Belichtung sowie der Innen- und Aussen-raumkonfiguration gesucht werden. Der Fokus wird dabei auf den charakteris-tischen Dachraum gelegt. Die Sichtbarkeit der bestehenden Struktur, der Er-halt des laubenartigen Umganges oder die Neuinterpretation der Jalousien in der Fassade tragen wesentlich zur Selbstverständlichkeit beim Weiterbauen an Hängetürmen bei. Auch die Auseinandersetzung mit möglichen Interventionen, welche die veränderte Nutzung von aussen spürbar zu machen vermögen, ohne den ursprünglichen Charakter zu schwächen, soll die Entwurfsarbeit bereichern.
Architektur, und in diesem Sinne das (Weiter-)Bauen, ist vielschichtig und facet-tenreich: Nebst gestalterischen und konstruktiven Komponenten ist die Ausein-andersetzung mit Aspekten der Denkmalpflege in diesem Kontext unabdingbar.
Fragestellung
„Ehemalige Industrieareale sind auf vielfältige Weise mit ihrer Umgebung, der Geschichte und der Gesellschaft verknüpft: Eine spannende Heraus-forderung für die mit der Umnutzung beauftragten Architekten“ (Züst Joanelly Westermann 2008, 79)
Ökonomiebauten der Textilindustrie
Hängetürme heute
Aktualität und Dringlichkeit
Transformation
Denkmalpflege
Nutzungsstrategie
b Von Arx, Rolf / Davatz, Jürg / Rohr, August (2005): Ind-striekultur im Kanton Glarus. Streifzüge durch 250 Jahre Geschichte und Architektur. Verein Glarner Industrieweg GIW. Südostschweiz Buchverlag.
8
Abb. 14, Hängetürme mit Umnutzungspotenzial.
9
Trocknungs- und Hängetürme unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Präsenz im Siedlungsgebiet, in der Konstruktionsweise und im Ausdruck in hohem Masse. Diverse Faktoren, wie beispielsweise deren Entstehungszeit oder der Wandel von Produktions- und Fertigungstechniken, beeinflussten diese Entwicklung. Auch bezüglich Form und Grösse können sie sich beträchtlich voneinander unterschei-den. Im Grundriss variieren die Bauten von quadratisch bis rechteckig, in ihrer Volumetrie von turmartig bis zu langgezogenem Riegel. Hängetürme können vollständig in Holz gezimmert, beinahe komplett gemauert oder als hybride Mas-siv- und Leichtbaukonstruktionen in Erscheinung treten.Jedoch sind die prägendsten Merkmale allen Bauten gemeinsam: Hängetürme zeichnen sich aus durch eine markante Auskragung des Dachvorsprunges mit laubenartigem Umgang und Stabrost zum Aufhängen von Tüchern. Der obere Abschluss durch ein Sattel- oder Walmdach, bei turmartigen Bauten mit quad-ratischem Grundriss ein Zeltdach, zeigt sich weiter als gemeinsames Charakte-ristikum aller Hängetürme.Zur begrifflichen Klärung der unterschiedlichen Typologien von Hängetürmen hat sich die vom Kunsthistoriker Jürg Davatz in den 1980er Jahren vorgeschla-gene Typologisierung nach deren Funktion etabliert.3 Sie unterscheidet zwischen drei Haupttypen: Dem Lufthängegebäude, dem Heisshängegebäude sowie dem kombinierten Fabrikations- und Lufthängegebäude.
3 „Eine Unterscheidung nach Gesichtspunkten der Form oder der Baumaterialien oder der Konstruktion wäre ebenfalls möglich, aber ver-flochtener und unübersichtlicher.“(Davatz, 2005, 68)
Typologien der Trocknungs- und Hängetürme
Entwicklung
CharakteristischeMerkmale
Kombinierte Fabrikations- und Lufthängegebäude
Lufthängegebäude
Heisshängegebäude
Analytische Beobachtungen
Aus der frühen Form der Heimindustrie des 18. Jahrhunderts, in der die anfängli-che Produktion von Baumwollgarn dezentral und grösstenteils in privaten Haus-halten erfolgte, entwickelten sich durch die Etablierung des Stoffdruckes einzel-ne Gebäude zum Bedrucken und zur Trocknung von Tüchern. Frühformen von Druckereigebäuden weisen ebenfalls an Trauf- oder Giebelseiten Auskragungen und Stabroste für diesen Zweck auf, für die Innenräume hingegen wurden keine Hängevorrichtungen vorgesehen.c Vereinzelte kleingewerbliche Färbereigebäude existieren heute noch in Mollis und in Schwanden. Diese treten als wohnliche oder scheunenartige Bauten in Erscheinung. Durch eine leistungssteigernde Produk-tion zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde diese Frühform weiterentwickelt. Sie zeichnet sich aus durch einen zwei- bis dreigeschossigen massiven Sockelbau, welcher die Fabrikationssäle beinhaltete, sowie durch die darüberliegende, cha-rakteristische Holzkonstruktion. Mehr als die Hälfte aller Trocknungsgebäude im Kanton Glarus gehörten dieser Gattung an. Bei den gegenwärtig noch vorhande-nen Hängetürmen findet sich diese architektonische Eigenform am häufigsten.
Lufthängegebäude sind vollständig in Holz gefertigt. Die Fassade weist eine ho-rizontal oder vertikal angeschlagene Holzschalung auf. Regulierbare Jalousien zur Belüftung des Trocknungsraumes zeichnen die charakteristischen Öffnun-gen aus. Der Dachvorsprung mit innenliegendem Laubengang und Stabrost bil-det den Übergang zwischen Fassade und Dach. Dessen Auskragung wird durch Büge an der Struktur der Aussenwand abgestützt. Lufthängegebäude repräsen-tierten die im 19. Jahrhundert gängige Fachwerkbauweise auf eindrückliche Art und verweisen noch heute auf die damalige Kunst des Zimmermannhandwerkes. Die höchste Lufthänge findet sich heute in St.Gallen-Schönenwegen mit einer Firsthöhe von ca. 25 Metern. Zwischen 1820 und 1874 wurden im Kanton Glarus 15 Lufthängen errichtet, wovon heute nur noch vier erhalten sind.d
Bei der Heisshänge wurden die Tücher, anders als bei den Lufthängegebäuden zur Trocknung, im Innern aufgehängt und durch künstlich erhitze Luft getrock-net, was durch den Färbeprozess der Türkischrotfärberei zur Notwendigkeit wur-de.4,e Der Hängeturm und das zugehörige Feuerhaus wurden zu diesem Zweck komplett als Massivbau errichtet. Die Fassade zeichnet sich durch einen mini-malen Anteil an Öffnungen aus, wobei der charakteristische Dachvorsprung auch an dieser Gattung in Form eines prägenden Dachkranzes in Erscheinung tritt. Heisshängegebäude wurden meist als Annexbauten erstellt. Aus ökonomischen Gründen verzichtete man auf ein innenliegendes Treppenhaus, um so mehr Platz für die Stoffbahnen zu haben. Über eine Passarelle oder direkt aus dem Neben-gebäude gelangte man zum Stabrost unterhalb des Daches. Der Zugang von aus-sen diente lediglich der Inspizierung der gehängten Tücher.
c, d, e Davatz, Jürg (1988): „Hänggitürme“ im Glarnerland: Bedeutungslose Abbruchobjekte oder erhaltenswerte Kul-turdenkmäler?. Erw. Separatdr. aus „Glarnerland/Walensee 1986“. Denkmalpflege d. Kantons Glarus.
4 „Beim Verfahren der Türkischrotfärberei (heute Tür-kisch Rotgarn) handelte es sich um ein Beizfärben. Das Garn oder Gewebe musste vor dem Färben mit Tournantöl und anderen Beizmitteln wie Alaun und Galläpfelabsud gebeizt werden. Anschliessend folgte der eigentliche Färbeprozess im Krappbad. Schließ-lich wurde die nunmehr braunrote Ware erst mit Seife und Soda und dann mit Zinnsalz behandelt, welches der Farbe einen scharlachroten Schein gab.“(Wikipedia, Stand: Juni 2015)
12
Proportionen Fassade
Abb. 34, Hängeturm Ennetlinth, Mitlödi.
Abb. 35, Hängeturm Bleiche, Glarus.
Abb. 36, Hängeturm Hohlenstein, Mitlödi.
Die Gliederung der Vertikalen zeigt eine Achtelteilung, wobei der Dachvorsprung eine wichtige Rolle spielt. Durch das Einschreiben von Achsen in der Fassade ist ein Verhältnis der Grundfläche in Länge zu Breite erkennbar (X). Das Seitenver-hältnis des markanten Dachvorsprungs kann von Bedeutung sein (1:16 und 1:8).
Das Seitenverhältnis der Grundfläche beträgt 2:1. Die Gliederung der Vertikalen zeigt auch hier eine Achtelteilung, jedoch ohne Berücksichtigung des Sockels. In der Längsfassade findet sich eine Teilung 3:4 (Quarte).
Die Gliederung der Vertikalen zeigt auch hier eine Achtelteilung. Die Querfassade hat ein quadratisches Seitenverhältnis (exkl. Dachvorsprung).
1:16
3/8
5/8
1/8
XX
1/6 5/6
1:/2
1:8
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5/8
1/8
X
1/4 1/2 1/4
Y Y
5/8
1/8
2/8
3:43:4
3:8
Y
5/8
1/8
2/8
1:1
7/8
1/8
1:/2
1:16
3/8
5/8
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Y Y
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2/8
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1:16
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XX
1/6 5/6
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Y Y
5/8
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2/8
3:43:4
3:8
Y
5/8
1/8
2/8
1:1
7/8
1/8
1:/2
13
Abb. 37, Hängeturm Löntschen, Netstal.
Abb. 38, Hängeturm Tschachen, Ennenda.
Abb. 39, Hängeturm Ennetlinth, Mitlödi.
Öffnungsanteil Längsfassade:
Sockel 28%Aufbau 28%Gesamt 28%
Öffnungsanteil Querfassade: Sockel 27%Aufbau 29%Gesamt 28%
Öffnungsanteil Längsfassade: Sockel 17%Aufbau 45%Gesamt 26%
Öffnungsanteil Querfassade:
Sockel 15%Aufbau 33%Gesamt 22%
Öffnungsanteil Längsfassade: Sockel 18%Aufbau 26%Gesamt 21%
Öffnungsanteil Querfassade:
Sockel 15%Aufbau 21%Gesamt 17%
Die Fassadengliederung der nüchtern erscheinenden Ökonomiebauten zeichnet sich durch die streng rhythmisierten und kleinen Öffnungen aus. Beim Typus des Hängeturmes (kombiniertes Fabrikations- und Lufthängegebäude) kann zusätz-lich die Gliederung in der Vertikalen von Sockel, Ausbau und Dach abgelesen werden.
Die Untersuchung an drei exemplarischen Bauten zeigt einen Öffnungsanteil von einem Viertel der Fassadenfläche (gerundet). Der Aufbau hat dabei den tendenzi-ell höheren Öffnungsanteil, im Schnitt ca. 10%.
Analytische Beobachtungen
Öffnungsverhältnisse Fassaden
22Hängetürme für kulturelle Nutzung (12 Stück)
Hängetürme mit bestehender kultureller Nutzung (2 Stück)
Hängetürme ohne Umnutzungsbedarf (5 Stück)
Grösse / Kapazität der Objekte
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen
Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen WohnenGewerbe/Handwerk
Artists InResidence
Abb. 64, Nutzungsverteilung und Hierarchie.
23
Nutzungsstrategie
Bund
Pro HelvetiaBundesamt für Kultur
Kulturgüterschutzu.a.
Quersubventionierung
Kanton
Kulturfonds des Kanton Glarus
Tourismus Kanton Glarusu.a.
Stiftungen / Vereine / Verbände
GewerbeverbändeKunstverein
Glarner IndustriewegHeimatschutz
u.a.
Einzelpersonen / Firmen
Der Typus Hängeturm, welcher seine Funktion durch den Niedergang der Tex-tilindustrie unlängst verloren hat, soll zukünftig weiter als bau- und kulturge-schichtliches Denkmal verstanden werden. Durch eine neue Bedeutung von zeitgenössischer Relevanz soll die allgemeine Wertschätzung gesteigert sowie der Erhalt für kommende Generationen ermöglicht werden. Nicht die autonome Nutzung steht dabei im Mittelpunkt, vielmehr soll ein gesamtheitliches und über-greifendes Konzept Abhilfe schaffen.
Die Realisierung und Vermarktung eines kantonal gedachten Projektes bedingt die Kooperation der kulturellen und gewerblichen Institutionen. Neben dem Standortmarketing für den Kanton könnte u.a. dem Tourismus und dem Gewerbe eine neue Platform zur Repräsentation geboten werden.
Hängetürme sollen als Orte der Kultur neu aufleben. Es sollen Synergien zwi-schen dem historischen Bestand und der zeitgenössischen Nutzung entstehen. Dazu gehören sowohl Orte der Öffentlichkeit, wie beispielsweise Veranstaltungs-räume oder museale Einrichtungen, wie auch private Atelier-, Werkstatt- oder Wohnnutzugen. Unterschieden wird zwischen temporären und permanenten Nutzungen, was zu einer Differenzierung hinsichtlich der baulichen Eingriffstiefe und dem finanziellen Aufwand führt. Basierend auf den Szenarien sind Lagekri-terien sowie der Zustand der Bausubstanz dabei entscheidende Faktoren. Tem-poräre Nutzungen, wie beispielsweise Kunstinstallationen oder Ausstellungen, können in den in kleineren und peripher gelegenen Bauten über die Sommer-monate Platz finden, wobei Wohn- oder Ateliernutzungen für das ganze Jahr ge-dacht sind.
Zur Plausibilisierung einer solchen Nutzungsstrategie wurde über eine mögli-che Trägerschaft nachgedacht (Abb. 65). Als Grundlage zur Realisierung eines solchen Projektes soll eine Stiftung oder Verein gegründet werden. Potentielle Geldgeber könnten neben nationalen und kantonalen Institutionen auch Vereine, Verbände und Firmen unterschiedlicher Herkunft sein. Eine Quersubventionie-rung mittels Einnahmen aus der Produktion und dem Verkauf von Kunsthand-werkgütern und den Mietzinseinnahmen vermieteter Wohn- und Arbeitsräume sollen zusätzliche Einnahmen ermöglichen.
Eine mögliche Etappierung eines Vorhabens solcher Art sieht vor, dass die Initi-alzündung über die Einvernahme von Bauten, welche bereits heute im Besitz des Kantons sind, geschieht. Über einen längeren Zeitraum sollten weitere Bauten und Nutzungen hinzukommen, wobei auch Nutzungsergänzungen bereits einver-nommener Hängetürme ausgebaut werden könnten.
Beispiele für Projekte mit regionaler oder überregionaler Ausstrahlung lassen sich im In- und Ausland in einer Vielzahl finden. Die Bandbreite reicht von der Umnutzung von Industriearealen wie dem Sitterwerk in St. Gallen, bei welchem Kunst, Handwerk und Wissenschaft der Öffentlichkeit präsentiert werden, über das Vermitteln von regionaltypischer Musikkultur der Toggenburger Klangwel-ten, bis hin zu den stillgelegten Kohlewerken im Ruhrgebiet, welchen zu neuem Glanz verholfen wurde und die heute zum Unesco-Welterbe zählen.
Hängetürme als Orte der Kultur Neue Impulse für die regionale Kulturlandschaft
Bedeutung
Standortmarketing
Orte der Kultur
Trägerschaft
Etappierung
Beispiele
Abb. 65, Mögliche Trägerschaft.
24
1 - NäfelsKombiniertes Fabrikations- und Lufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
2 - NäfelsHeisshängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
4 - Löntschen, NetstalKombiniertes Fabrikations- und LufthängegebäudeVeranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:
Produktion undVerkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
5 - Löntschen, NetstalHeisshängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
6 - Bleiche, GlarusLufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
7 - Bleiche, GlarusLufthängegebäude
Abb. 66-71, Nutzungsverteilung.
25
Nutzungsstrategie
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
8 - Bleiche, GlarusLufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
9 - Bleiche, GlarusHeisshängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
11 - Tschachen, EnnendaKombiniertes Fabrikations- und Lufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
15 - Holenstein, GlarusLufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
16 - Holenstein, MitlödiLufthängegebäude
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
Veranstaltungen Kulturelle Einrichtungen Kunsthandwerk:Produktion und
Verkauf
Kunstschaffen Wohnen Artists In ResidenceGewerbeHandwerk
17 - Ennetlinth, MitlödiKombiniertes Fabrikations- und Lufthängegebäude
Abb. 72-77, Nutzungsverteilung.
28
Abb. 82, Modellfoto Hängeturm Mitlödi.
29
Abb. 83, Grundriss Erdgeschoss 1_250
Wc
Wc
Wc
Wc
Werkstatt58m2
Technik Lager
GarderobeBesucher
Entrée
Vorplatz
WindfangWhg 5+6
WindfangWhg 3+4
WindfangWhg 1+2
WG 1+2 WG 3+4 WG 5+6
Lift
VorplatzLift
VorplatzVorplatz
Wc
Wc
Küche
Reduit
Reduit
Küche
Essen
Entrée
Essen
Entrée
Küche
Essen
Entrée
Küche
Essen
Entrée
Küche
Essen
Entrée
Küche
Entrée
Reduit
Reduit
EingangWerkstatt
EingangBesucher
Essen
10 5m
Transformation am spezifischen Objekt
32
Räumliche Interventionen im Dachraum
Der hölzerne Aufbau des Hängeturmes, welcher einst dem Hängen von bedru-cken Tüchern diente, zeigt sich im Innern offen und grosszügig. Mit einer lichten Raumhöhe von knapp 12 Meter und einer Grundfläche von 400 Quadratmeter handelt es sich hierbei um einen der grössten noch existierenden Hängeräume. Die eindrücklichen Dimensionen des Raumes, wie auch das hölzerne Stabwerk der Zimmermannskunst zeichnet diesen aus. Der Fokus der Arbeit wurde auf-grund der räumlichen und konstruktiven Qualitäten auf den charakteristischen Dachraum gelegt.
Im Dachraum sollen private Wohnateliers sowie gemeinschaftliche Arbeits- und Ausstellungsflächen geschaffen werden. Erste räumliche Untersuchungen zum Raum haben gezeigt, dass eine Segmentierung des Raumes nur in Längsrich-tung vertretbar ist, da sie sich die Symmetrie des Raumes zu Nutze macht (Abb. 88). Eine räumliche Unterteilung in Querrichtung wie auch das Einziehen von Decken über die gesamte Geschossfläche, scheint nicht angebracht, da die Rau-mempfindung und das Raumerlebnis klar geschwächt würden (Abb. 92).
Weiter spielt die Höhe der eingeschriebenen Wand eine wesentliche Rolle. Durch Abknicken der Wand im oberen Viertel unterhalb des Firstes wird der offene Teil des Dachraumes gestärkt (Abb. 89). Die durch den Einbau verdeckte Längssei-te des Daches wird somit angedeutet. Der offene Dachraum wirkt trotz Einbau grosszügig.
Eigenschaften
Fokus
Nutzung
Räumliche Teilung
Abknicken der Wand
Abb. 88, Räumliche Teilung Dachraum.
Abb. 89, Abknicken der Längswand.
Abb. 90, Wand unterhalb First abge-knickt.
Abb. 91, Dachraum im Ursprungs-zustand.
Abb. 92, Mittige Segmentierung des Raumes in Querrichtung.
33
Abb. 93, Konstruktion des bestehenden Dachraumes
Niveau_1
Niveau_2
Niveau_3
Transformation am spezifischen Objekt
34
Arbeiten GemeinschaftAusstellung
193m2
Aussenraum 7m2
Atelier 115m2
Vorplatz
LagerHochregal11m2
Atelier 215m2
Atelier 315m2
Atelier 415m2
Atelier 515m2
Atelier 615m2
Atelier 715m2
Lift
35
Abb. 94, Grundriss Dachgeschoss Niveau 1 1_100
Arbeiten GemeinschaftAusstellung
193m2
Aussenraum 7m2
Atelier 115m2
Vorplatz
LagerHochregal11m2
Atelier 215m2
Atelier 315m2
Atelier 415m2
Atelier 515m2
Atelier 615m2
Atelier 715m2
Lift
10 5m
Transformation am spezifischen Objekt
36 Abb. 99, Kräfteverlauf.
Abb. 95, Stahlwinkel an Posten.
Abb. 96, Verbindung von Längsbalken über Stützen durch Stahldorne.
Abb. 97, Ehemalige Dach-konstruktion Dom, Frank-furt am Main, gehängter Dachstuhl mit Hängesäule.
Abb. 98, Dachstuhl einer Kirche in Liberk (CZ).
Der bestehende Dachstuhl
Die hölzerne Konstruktion zeichnet sich unter anderem aus durch ihr statisches Prinzip. Die Analyse des Bestandes hat ergeben, dass es sich hierbei um einen hängenden Dachstuhl handelt, dass heisst, dass die gesamte Decke des 2. Ober-geschosses von der darüberliegenden Konstruktion getragen wird (Abb. 99). Stahlverbindungen in der Holzkonstruktion an zwei Stellen verweisen auf anfal-lende Zugkräfte (Abb. 95 und 96). Ähnliche Beispiele finden sich bei Dachkonst-ruktionen von Kirchen aus derselben Zeit (Abb. 97 und 98).
Die vorgefundene gerichtete Struktur hat Auswirkungen auf die räumliche Orga-nisation der neuen Nutzung. Die Wohnateliers sind zwischen den Achsen der be-stehenden Querbalken über drei Geschosse organisiert. Im Einbau findet sich auf dem ersten Niveau der private Arbeitsraum, welcher durch Tor und Türe komplett geöffnet werden kann. Auf dem zweiten Niveau ist ein Wohn- und Aufenthalts-raum mit Teeküche vorgesehen. Auf dem dritten Niveau, unterhalb der Dach-schräge, findet sich der intimste Raum des Wohnateliers mit Schlafmöglichkeit und Nasszelle. Um das bestehende Tragwerk so wenig wie möglich zu tangieren, wird im Be-reich der Querbalken eine Zwischenzone geschaffen. Diese erlaubt sowohl das Durchlaufen der bestehenden Büge und Balken, wie auch das Unterbingen von Installationen, das Führen der Steigzonen sowie Platz für Apparate und Stau-raum.
Räumliche Organisation des Einbaus
Zwischenzone
Statisches Prinzip
37
Abb. 100, Grundriss Dachgeschoss Niveau 2 1_250
Abb. 101, Grundriss Dachgeschoss Niveau 3 1_250
Wohnen 115m2
Wohnen 215m2
Wohnen 315m2
Wohnen 415m2
Wohnen 515m2
Wohnen 615m2
Wohnen 715m2
Studio 115m2
Studio 215m2
Studio 315m2
Studio 415m2
Studio 515m2
Studio 615m2
Studio 715m2
10 5m
Transformation am spezifischen Objekt
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Abb. 108, Kreuzstützen mit Massivholzausfachung, Zugstangen halten diese zusammen.
Abb. 109, Statisches Prinzip der horizontalen Aussteifung.
Abb. 107, Brettstapel zwischen Stützen.
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Abb. 110, Modellfoto Dachraum
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ZapfenKreuzüberblattung Zentralüberblattung Scherzapfen
Abb. 116, Zeitgenössische Schwalbenschwanzverbindung.
Abb. 115, Maschinell gefertigte Holzverbindungen.
Abb. 111-114, Die Holzverbindungen des Bestandes.
Ab. 117, Strickbau, Vrin, Gion Caminada.
Abb. 118, Monte Rosa Hütte, ETH Zürich,Studio Monte Rosa, Bearth & Deplazes.
Abb. 119, Tamedia Gebäude, Zürich, Shigeru Ban.
Holzverbindungen
Auf Grund der Analyse der Holzverbindungen (Abb. 111-114) wurde der Ent-schluss gefasst, die neuen Holzverbindungen in Anlehnung an den Bestand als reine Holzverbindungen zu konzipieren. Die konstruktive Ähnlichkeit zwischen Einbau und Bestand sowie das Aufgreifen der Tradition des Zimmermannshand-werks spielten dabei eine wesentliche Rolle. Auch aus denkmalpflergerischer Sicht scheint eine spezifische Lösung im Detail als erstrebenswert.
Die lange als nicht mehr ökonomisch angesehenen, reinen Holzverbindungen, ohne Leim-, Stahl oder Schraubverbindungen, können mittles maschineller Fer-tigung (CNC) wieder an Bedeutung gewinnen (Abb. 115). Die automatische Ab-bundanlage ermöglicht die Herstellung klassischer Holzverbindungen effizient und passgenau. Das technisch getrocknetes Konstruktionsvollholz aus Fichte (Duo- oder Triobalken) erweist sich als äusserst masshaltig. Dies ermöglicht die Entwicklung eines präzisen Knotendetails, bestehend aus Zapfen, Überblattun-gen und Schwalbenschwanz unter der Berücksichtigung der Montagereihenfolge (Abb. 120 und 121).
Holzverbindungen im Bestand
Maschinelle Fertigung
„Holzverbindungen sind auch Ausdruck der Wert-schätzung des verarbeiteten Materials. Über dessen Vergänglichkeit befindet, zumindest nach japani-schem Verständnis, nicht der Mensch. Er hat in ei-nen natürlichen Kreislauf von Werden und Vergehen eingegriffen, indem er ein Stück Holz geschlagen hat. Nun muss er alles dafür tun, um so sorgsam wie nur irgend möglich mit dem Material umzugehen und es zu erhalten.“(Zwerger 1997, 185)
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Abb. 120 und 121, Knotendetail mit Pfosten, Querbalken und Abfangträger.
Abb. 122 und 123, Statisches Prinzip des neuen Tragwerks, horizontale Aussteifung und vertikale Lastabtragung.
Transformation am spezifischen Objekt
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Das neue Tragwerk, der Einbau
Für den Einbau wird eine eigenständige neue Tragstruktur vorgesehen (Struktur in Struktur). Die Rahmenkonstruktion über drei Geschosse orientiert sich am be-stehenden Tragwerk des Dachstuhles.
Die Brettstapel-Pfosten-Element als primäre Teile leiten vertikale Lasten ab. Zudem tragen diese zur horizontalen Aussteifung bei, ähnlich dem Prinzip der Aussteifung eines antiken Tempels (Abb. 109). Die gedrungene Scheibe unter hoher Last erlaubt grosse Öffnungen in der Fläche. Vertikal anfallende Lasten sollen direkt ins Erdreich geführt werden. Scheiben zur Lastabtragung in Sockel-geschossen sind daher notwendig (Abb. 123).
Der in sich stabile Bestand erlaubt es, mittels partiellen Verbindungen am Mit-telgurt der bestehenden Aussenwandkonstruktion anzuschliessen, um somit die Vorzüge einer strukturellen Abhängigkeit beider Systeme zu schaffen. Die drei Seiten des Einbaus, welche an die Bestandesfassade grenzen, können somit aus-gesteift werden.
Die in die Längsrichtung des Einbaus verlaufenden, stehenden Duobalken er-lauben kurze Wechsel bei den Aussparungen für die Treppenläufe und betonen zudem die Tiefe des schmalen Raumes.
Struktur in Struktur
Lastabtragung
Strukturelle Abhängigkeit
Balkenlage
Abb. 124, Isometrie des neuen Tragwerks.
45Abb. 125, tektonische Axonometrie.
Transformation am spezifischen Objekt
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Atelier
Wohnen
Studio
Gemeinschaft
Abb. 126, Räumliche Beziehungen. Abb. 127, Durchdringungen Einbau.
Abb. 128, Additive Elemente in Stahl ergänzen den Holzbau und tragen zur Domestizie-rung eines neuen, industriellen Ausdruckes bei.
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Abb. 129, Querschnitt 1_100
10 5m
Transformation am spezifischen Objekt
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Abb. 130, Modellfoto der Balkonschicht.
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Bodenaufbau Sockelgeschosse:
_ Bodenbelag _ Fermacell Estrichelement_ Trittschalldämmung Mineralfaser_ Bretterlage Bestand_ Balkenlage Bestand_ Wärmedämmung zwischen Balkenlage_ Holzwerkstoffplatte in Deckenuntersicht
Wandaufbau Sockelgeschosse:
_ Aussenputz Bestand_ Bruchsteinmauerwerk Bestand_ Unterkonstruktion ausgedämmt_ Dampfbremse_ Lehmputzplatte
Aufbau Balkonplatte:
_ Bakalisierte Holzwerkstoffplatte_ Trapezblech_ Stahlprofile zu Rahmen verschweisst
Wandaufbau Einbau:
_ Holzschalung Bestand (Jalousien öffenbar)_ Holzpfosten Bestand (wo notwendig neu mit Wechsel)_ Zwischenraum_ Brettstapel-Pfosten-Element_ Wärmedämmung_ Dampfbremse_ Holzwerkstoffplatte gestrichen
Bodenaufbau Niveau_1 Einbau:
_ Mehrschichtplatte gestrichen_ Fermacell Estrichelement_ Trittschalldämmung Holzwerkstoffplatte _ Massivholzträger (Duobalken)_ Wärmedämmung zwischen Balkenlage Bestand_ Holzwerkstoffplatte in Deckenuntersicht
SturzelementKunststein neu
Knickarmmarkise
BrüstungselementKunststein neu
Absturzsicherung Balkone:Maschendraht vorne,Trapezblech mit Windverband seitlich
Fenstertüre Metallprofil, industrieller Farbanstrich
Z-Profil auf Ausgleichsschichtzur Befestigung der Balkonplatte mittels Dorn
Schwellenholz Bestand
Schwellenholz neu
Stahlprofil zur Aufhängung der Balkone an Zugstangen
Abb. 131, Fassadenschnitt im Bereich der Balkone 1_33
Transformation am spezifischen Objekt
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Abb. 142, Südostfassade 1_300
Abb. 143, Südwestfassade 1_300
10 5m
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Abb. 144, Nordostfassade 1_300
Abb. 145, Nordwestfassade 1_300
10 5m
Transformation am spezifischen Objekt
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Neben der einmaligen Gelegenheit zur selbstständigen Aufgabendefinition dien-ten die Analyse und Dokumentation der heute noch existierenden Hängetürme, die geschichtliche Recherche, die Massaufnahme und Erstellung der Bestandes-pläne sowie der Bau eines detaillierten Modells als beständige und hilfreiche Arbeitsmittel während der gesamten Thesis. Der synchrone Entwurfsprozess, welcher das gleichzeitige Bearbeiten unterschiedlicher Massstäbe bedingt, för-derte eine beständige Reflexion der eigenen Arbeit. Dieses Verfahren hat sich im Verlaufe der Thesisdurchführung als äusserst hilfreich erwiesen.
Die Entwicklung eines Nutzungskonzeptes für den spezifischen Typus des Hän-geturmes, welcher seine Form durch die einstige Funktion erhalten und unlängst verloren hat, stellte im Verlauf der Arbeit eine grosse Herausforderung dar. Die vorgeschlagenen Nutzungen sollen als Denkanstösse verstanden werden. Denn periphere und überschaubare Regionen wie die des Glarner Unter-, Mittel- und Hinterlandes bedingen gesamtheitliches Denken und das Verfolgen eines ange-messenen und in gewisser Weise idealistischen Ansatzes.
Aus persönlicher Sicht scheint es mir von evidenter Bedeutung zu sein, dass in naher Zukunft die wenigen noch verbleibenden Bauten unter Denkmalschutz ge-stellt werden, um damit die Mehrheit dieser Industriedenkmale, welche für den Kanton Glarus von grosser kulturgeschichtlichen Bedeutung sind, für kommen-de Generationen zu sichern. Grundsätzlich müsste dabei die charakteristische Form, welche den kulturellen Wert sowie die einstige Funktion des Typus Hänge-turm repräsentieren, im Mittelpunkt stehen. Die reine Erhaltung von materieller Substanz hingegen sollte eher in den Hintergrund rücken, um angemessene Ein-griffe baulicher Art zu ermöglichen.
Basierend auf der Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte, der Konstruktion und Materialität der Bauten sowie durch die räumliche Betrach-tung wurde die bestehende Bausubstanz neu und weiter gedacht. Der spezifische Entwurf am exemplarischen Bau in Mitlödi hat nicht den Anspruch als fertiges oder allgemeingültiges Projekt verstanden zu werden. Vielmehr soll diese Trans-formation einen möglichen Weg aufzeigen, wie mit baulichen Veränderungen im Kontext der Hängetürme umgegangen werden kann.
Die Dringlichkeit und Aktualität, welche eine vertiefte Auseinandersetzung mit den verbliebenen Trockungs- und Hängetürmen verlangt sowie der Wille, ad-äquate und atmosphärisch reichhaltige Architektur zu schaffen, liegen dieser Arbeit zugrunde. Der persönliche Bezug zum Kanton mit dessen Geschichte, wie auch das Interesse an den architektonisch-konstruktiven Themen im Rahmen der Masterthesis am Institut Konstruktives Entwerfen bestärkten mich in meinen Absichten. Die vorliegende Arbeit hat mir persönlich geholfen meine Tätigkeit als Architekt kritisch zu betrachten und sie hat die Notwendigkeit von präzisen Ana-lysen ein weiteres Mal unter Beweis gestellt.
Schlussbetrachtung