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Surprise Strassenmagazin 246/11

Date post: 28-Mar-2016
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Surprise Strassenmagazin 246/11
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Nr. 246 | 18. bis 31. März 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass. Lern- und Lebensraum: Zu Besuch im Studentenheim Schöner scheitern – die Niederlage als Neustart Heimat Land Surprise auf dem Dorfe
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Page 1: Surprise Strassenmagazin 246/11

Nr. 246 | 18. bis 31. März 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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Schöner scheitern – die Niederlage als Neustart

Heimat LandSurprise auf dem Dorfe

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2 SURPRISE 246/11

Seit 1997 fördert Surprise die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierig-keiten. Das 14-täglich erscheinende Strassenmagazin wird von einem pro-fessionellen Journalisten-Team in Basel produziert und auf den Strassen derdeutschen Schweiz verkauft. Wir suchen per 1. Juli 2011 eine/n

Redaktor/in 70% in Stellvertretung 1.7. bis 31.12.2011

Als Redaktor/in sind Sie in einem Dreierteam verantwortlich für die gesamteProduktion des Hefts. Ihre Aufgaben umfassen Themenplanung, Auftrags-erteilung und Betreuung von freien Mitarbeiter/innen. Sie verfassen eigene Artikel, redigieren Texte und suchen Bildmaterial. Im Turnus übernehmen Siedie Heftverantwortung, machen dabei die Seitenplanung und den Heftab-schluss mit unseren Grafiker/innen. Sie sind ein redaktioneller Allrounder undhaben eine hohe Affinität zum Magazinjournalismus.

Wir erwarten:• Mehrjährige journalistische Erfahrung, vorzugsweise in einer

Zeitschriftenredaktion• Stilsicherer, prägnanter Schreibstil mit erzählerischen Qualitäten• Fundierte Kenntnisse gesellschaftspolitischer Zusammenhänge• Selbstständiges Arbeiten, Einfühlungsvermögen und Durchsetzungs-

fähigkeit

Wir bieten:• herausfordernde Aufgabe in dynamischem Umfeld• faire Lohn- und Sozialleistungen• angenehme Arbeitsatmosphäre in einem motivierten Team

Bei Fragen wenden Sie sich bitte per E-Mail an Reto Aschwanden ([email protected]). Wir freuen uns auf Ihre schriftliche Bewerbung bis 4. April 2011 an:

Strassenmagazin Surprise GmbHPersonaldienstSpalentorweg 20Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch

Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierig-keiten. Das Magazin, welches 14-täglich erscheint, wird auf den Strassen derdeutschen Schweiz von über 300 Verkaufenden angepriesen. Für den Vertriebsuchen wir per Ende April 2011 oder nach Vereinbarung eine/n

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Lebenslagen• Kenntnisse des Asylwesens und im Umgang mit Behörden• Erfahrung im kaufmännischen Bereich• Englisch-Kenntnisse• Freude daran, das Angebot des Büro Basel innovativ auszubauen

Wir bieten:• herausfordernde Aufgabe in dynamischem Umfeld• faire Lohn- und Sozialleistungen• angenehme Arbeitsatmosphäre in einem motivierten Team

Bei Fragen wenden Sie sich bitte per Mail oder Telefon an unsere Geschäfts-leiterin Paola Gallo: [email protected] oder Tel. 061 564 90 90.Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung per Post bis 4. April 2011.

Strassenmagazin Surprise GmbHPersonaldienstSpalentorweg 20Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch

Seit 1997 fördert Surprise die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierig-keiten. Das 14-täglich erscheinende Strassenmagazin wird von einem pro-fessionellen Journalisten-Team in Basel produziert und auf den Strassen derdeutschen Schweiz verkauft. Wir suchen per 1. Juni 2011 eine/n

Redaktor/in 70 – 80%

Als Redaktor/in sind Sie in einem Dreierteam verantwortlich für die gesamteProduktion des Hefts. Ihre Aufgaben umfassen Themenplanung, Auftrags-erteilung und Betreuung von freien Mitarbeiter/innen. Sie verfassen eigene Artikel, redigieren Texte und suchen Bildmaterial. Im Turnus übernehmen Siedie Heftverantwortung, machen dabei die Seitenplanung und den Heftab-schluss mit unseren Grafiker/innen. Die Kontaktpflege mit anderen Bereichendes Betriebs und externen Partnern sowie administrative Arbeiten gehörenebenfalls zu Ihren Aufgaben. Sie sind ein redaktioneller Allrounder und habeneine hohe Affinität zum Magazinjournalismus.

Wir erwarten:• Mehrjährige journalistische Erfahrung, vorzugsweise in einer

Zeitschriftenredaktion• Stilsicherer, prägnanter Schreibstil mit erzählerischen Qualitäten• Fundierte Kenntnisse gesellschaftspolitischer Zusammenhänge• Selbstständiges Arbeiten, Einfühlungsvermögen und Durchsetzungs-

fähigkeit

Wir bieten:• herausfordernde Aufgabe in dynamischem Umfeld• faire Lohn- und Sozialleistungen• angenehme Arbeitsatmosphäre in einem motivierten Team

Bei Fragen wenden Sie sich bitte per E-Mail an Reto Aschwanden ([email protected]). Wir freuen uns auf Ihre schriftliche Bewerbung bis 4. April 2011 an:

Strassenmagazin Surprise GmbHPersonaldienstSpalentorweg 20Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch

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EditorialAussenseiter

Die wenigsten von uns leben dort, wo ihre Vorfahren einst sesshaft wurden. JungeLeute aus den Alpentälern ziehen in die Städte und bauen sich dort ihr Leben auf.In die Gegenrichtung bewegen sich Städter, die Eigenheim und Kindererziehung lieber auf dem Land angehen wollen. Und so wie die «Leute vom Land» nicht voneinem Tag auf den anderen verstädtern, so wenig entwickeln Städter plötzlich eineLandsgemeindementalität. Es sind Zuschreibungen von aussen, die vermeintlichklare Etiketten schaffen.

Ich zum Beispiel wohne seit vielen Jahren in Zürich. Dort werde ich als Inner-schweizer wahrgenommen, denn aufgewachsen bin ich im Kanton Uri. Auf Fami-lienbesuch in der alten Heimat necken sie mich gern als Städter. Und bei der Arbeitin Basel bin ich «der Zürcher». Ich darf also gleich mehrfach den Kopf hinhalten:für Uri und für Zürich, für die Stadt und für die Provinz. Immer wieder werde ichso zum Aussenseiter.

In der laufenden Debatte über die Kluft zwischen Stadt und Land frage ich mich manchmal, was diese Diskussion soll. Es wird so getan, als stünden sich zwei in sich homogene Lager gegenüber. Ja, es gibt Unter-schiede. Doch geht gern vergessen, dass es hüben wie drüben Minderheiten gibt, die mit ihrer Weltanschau-ung und Lebensgestaltung besser ins andere Lager passen würden. Denkfaulheit und Vorurteile verstellenden Blick auf die Realität: Die einen kennen von den Bergkantonen nur Skilifte und Raststätten; die anderenvon den Städten bloss Shoppingmeilen, Fussballstadien und Puffs.

Ein erster Schritt zum Verstehen ist immer das Hinschauen und Zuhören. Deshalb bin ich für die Titelge-schichte dieser Ausgabe in meinen Heimatkanton gefahren. Schattdorf ist eine von Tausenden kleiner Ge-meinden in diesem Land, wo eine konservative Mehrheit den Ton angibt. Dort traf ich Menschen, die nichtins Bild passen. Aussenseiter, die Mühe haben, im geschlossenen Kreis Anschluss zu finden und eigentlichauch gar nicht dazugehören wollen. «Leben und leben lassen», sagte eine meiner Gesprächspartnerinnen. Eineinfaches Motto. Aber bestimmt befriedigender und befreiender als der stete Fingerzeig auf «die Anderen».Denn der macht uns zu einem uneinig Volk von Aussenseitern.

Ich wünsche Ihnen gute LektüreReto Aschwanden

Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

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4 SURPRISE 246/11

Inhalt03 Editorial

Aussenseiter05 Basteln für eine bessere Welt

Nano-Vorhang06 Aufgelesen

Schulfach Glück06 Zugerichtet

Schlagkräftiger Höllenengel 07 Mit scharf!

Geld ohne Arbeit, geht das?07 Starverkäuferin

Margot Steiner08 Porträt

Fliegengewicht mit Eisenfaust20 Karriere

Absturz oder Aufschwung22 Wörter von Pörtner

Kaffee mit Komputer 23 Pop

Inas Gratwanderung24 Kulturtipps

Untertassen-Rentner26 Ausgehtipps

Schwarzer Rock: Helldorado28 Verkäuferporträt

Verkäufer mit Zielen29 Projekt Surplus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

Der Beginn des Studiums bedeutet für viele das Endedes Lebens im Familienverbund. Manche ziehen zu ei-ner Schlummermutter, andere in eine WG und einigebeziehen ein Zimmer im Studentenheim. An der Mitt-leren Strasse in Basel treffen sich angehende Akademi-ker aus aller Herren Länder. Drei davon haben uns inihre Zimmer gelassen.

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Die Städter blicken nach Abstimmungsniederlagenverächtlich auf die Landbevölkerung. Dabei pflegensie ein ganz ähnliches Klischeedenken, wie sie es denMenschen in den Dörfern vorwerfen. In Wirklichkeitaber hängt die Mentalität nicht vom Wohnort ab. EineGeschichte von einem, der einst in die Stadt zog undnun für einen Kurzbesuch heimkehrt.

13 SchuldenpräventionKonsumkids in der Kreide

Handy, Auto, eigene Wohnung. Der Weg ins Erwachse-nenleben ist gesäumt von schönen Sachen, die Geld kosten. Wer gerade nicht flüssig ist, der nimmt halt einen Kredit auf. «Man braucht Geld, um Spass zu ha-ben», finden Jugendliche. «Viele wissen gar nicht, wosie überall offene Rechnungen haben», sagt der Betrei-bungsbeamte Bruno Crestani, der regelmässig Schulbe-suche macht.

10 Im StudentenheimZimmer mit Anschluss

16 Stadt-LandAbgeschottet

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Basteln für eine bessere WeltIn der Migros lässt sich wieder in Ruhe einkaufen, die Schlacht um die Nanos ist geschlagen. Die Überbleibsel der grossen Manie liegen als Stolperfallen in Tausenden von Haushalten herum. Die süssen Kleinen werden sich schon bald dem nächsten «Must-have»-Kram zuwenden. Regen Sie sich über Wegwerf-Spielzeug auf? Dann machen Sie was draus – zum Beispiel einen hübschen Nano-Vorhang fürs Kinderzimmer.

Sammeln Sie die Nanos Ihrer Kinder, Nachbarkinder, Göttikinder,

Nichten und Neffen.

Besorgen Sie sich eine schmale Holzlatte in der Breite Ihres

Türrahmens und dickes Garn.

Überlegen Sie sich, wie dicht der Vorhang sein soll und schneiden

Sie dann entsprechend viele Garnschnüre ab. Die Schnüre sollten

etwas länger sein als der Türrahmen.

Knüpfen Sie die Nanos in regelmässigen Abständen an

die Schnüre. Lassen Sie am oberen Ende etwa 30 Zenti-

meter frei. Wie gross Sie die Abstände machen, ent-

scheiden Sie, sie variieren auch je nach Anzahl Nanos,

die Sie für den Vorhang zur Verfügung haben.

Befestigen Sie die Schnüre mit den Nanos

an der Holzlatte, zum Beispiel, indem Sie

das obere Ende einmal um die Latte wickeln

und dann verknüpfen.

Befestigen Sie die Holzlatte am Türrahmen.

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AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Glück macht Schule

Graz. Seit 2010 lehren 48 steirische Schulen,wie man mit sich, anderen und der Weltglücklich wird. Inspiriert wurde das unge-wöhnliche Unterrichtsmodell «Glück machtSchule» vom deutschen Pädagogen Ernst-Fritz Schubert. Er erklärt: «Der Unterrichtfusst auf dem Prinzip der Selbsterfahrungund ist erlebnisorientiert gestaltet. DurchRollenspiele, Konzentrations- und Wahr-nehmungsübungen, Sport oder Musik be-kommen die Schüler Selbstvertrauen, über-nehmen Verantwortung und üben sich inkollektivem Verhalten.»

Verwandtenehe

Nürnberg. Neslisah Terzioglu hat sich imJahr 2008 als erste türkische Frauenärztin inNürnberg niedergelassen. Sie erzählt, wasbei Türkinnen anders läuft: «Meine erste Fra-ge bei einer Schwangerschaft ist immer: Ver-wandtenehe? Denn es werden noch immerviele Ehen mit Verwandten eingegangen.Erbkrankheiten wie Thallasämie (Blutkrank-heit) treten deshalb häufiger auf. Weiter kriegen Türkinnen durchschnittlich nicht 1,3sondern vier Kinder und kommen mit 42oder 43 in die Wechseljahre, deutsche Frau-en erst mit 52.»

Letzte Frage

Salzburg. Eine Sache beschäftigt die Patien-ten auf der Palliativstation des Landeskran-kenhauses in Salzburg besonders oft: «Wa-rum gerade ich?» Oberärztin Viktoria Fabererzählt: «Über 90 Prozent der Menschen beiuns auf der Station sind wegen Krebs hier.Die meisten von ihnen machen sich viele Gedanken darüber, warum gerade sie krankgeworden sind: War es die Lebensweise, einnegatives Erlebnis, eine Depression? Aberdas bringt es nicht. Denn auf diese Frage gibtes, ehrlich gesagt, keine Antwort.»

ZugerichtetLandpomeranze im Milieu

«Können Sie Ihre Sonnenbrille vom Kopfnehmen? Die stört mich», sagt der Richter,«ist ja auch keine Sonne hier drinnen.» DerAngeklagte gehorcht. Unter den Augen zei-gen tiefe Ringe, wie müde der Mann ist. Er istmüde von seinen vielen Problemen. Einesseiner Probleme heisst Stephanie K.* undhockt vor der Tür, wo sie darauf wartet, alsGeschädigte zur Zeugenaussage im Prozesswegen einfacher Körperverletzung gerufenzu werden. Doch erst einmal wollen wir hö-ren, was der Angeschuldigte sagt. Alain C. ist53 Jahre alt, als Berufsbezeichnung gibt erGastronom an, seit 30 Jahren im Kreis 4.Heute ist die ehemalige Führungskraft derHells Angels lediglich ein kleines Licht untervielen. Ein eigenes Einkommen hat er nicht.Seine Demontage begann vor sieben Jahren,als 200 Polizisten das Hauptquartier der Höllenengel stürmten und die Bundesan-waltschaft dieses «berühmte Verfahren» ein-leitete. Derzeit greife er seiner Frau unter dieArme, die eine Bar im Chreis Cheib führe.

An einem späten Abend im Dezember2009 hielt ein Taxi vor dieser Bar, heraus stie-gen Stephanie K. und ihr Freund Marek. Diebeiden waren extra aus der bayerischen Pro-vinz an das Konzert von Depeche Mode imHallenstadion gereist und wollten danachnoch etwas trinken gehen. Sie beauftragtenden Taxi-Fahrer, sie irgendwohin zu bringen,«wo noch was los sei», und der hielt es für ei-ne gute Idee, die beiden Landeier an derübelst beleumdeten Ecke Zürichs, dem Ber-muda-Dreieck, abzuladen.

«Meine Frau rief, dass ein Dealer aufs WCgehuscht sei. Sie wissen ja, wie das ist im

Kreis 4.» Und weiter? Nichts weiter. Er schlagekeine Frauen. «Aber Männer schon?», hakt derRichter nach. «Schauen Sie mich an. Jeder, dermich kennt, weiss, dass ich so was nie tunwürde», meint Alain nonchalant, was im Pu-blikum mit Gelächter quittiert wird.

Die Geschädigte und Zeugin Stephanie K.soll nun ihre Aussage machen. Sie ist 34 Jahrealt, kaufmännische Angestellte, und einwand-frei vom Typ Landpomeranze. Ihr Pech war,dass ihr Freund Marek nach besagter Taxifahrtdringend aufs Klo musste und schnurstracksdie nächstgelegene Bar ansteuerte, Alains Bar.Sie habe draussen auf dem Gehsteig auf ihngewartet, da sei ihr Freund Marek plötzlichvon zwei Securitys quasi am Kragen aus derBar geschleppt worden, einer versetzte ihm ei-nen Faustschlag. Sie wollte ihrem Freund zuHilfe eilen, ein riesiges Tohuwabohu seis ge-wesen. «Da hat mir ein Mann mit Ross-schwanz und Pornobrille die Faust ins Gesichtgerammt.» Sie dreht sich um und zeigt mitdem Finger auf Alain C.: «Er war es, hundertProzent.» Frau Stephanie musste ins Kranken-haus: Gesichtsschädelfraktur. «Scheinbar hatihn mein Gschrei so genervt», sagt sie mit zit-ternder Stimme und versucht vergeblich, dieTränen zurückzuhalten.

Das Gericht verurteilt Alain C. zu einer be-dingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 90Franken sowie zu einer Busse von 1800 Fran-ken und zu einer Genugtuung von 3000 Fran-ken an Frau Stephanie. Eine sichtbare Narbeim Gesicht ist ihr von diesem Abend geblie-ben.

*Persönliche Angaben geändert.

ISABELLA SEEMANN ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

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Nominieren Sie IhrenStarverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

Starverkäuferin Margot Steiner Laurence Lauener aus Bern nominiert Mar-got Steiner als Starverkäuferin: «Zu einemBummel durch die Berner Altstadt gehört fürmich die Begegnung mit Margot Steiner. Oftsehe ich sie schon von weitem vor dem Zytglogge stehen. Oft ist sie am Diskutierenmit einem Passanten. Sie interessiert sich für ihre Mitmenschen und nimmt sich der Leutean. Für mich gehört Margot Steiner zum In-ventar unserer schönen Stadt.»

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VON OSWALD SIGG*

BGE. Die Abkürzung steht in der Schweiz für etwas Wichtiges. Dassind die Bundesgerichtsentscheide. Sie sind meistens abgehoben juris-tisch, langfädig und damit fast unleserlich. Aber sie haben den An-spruch, durch ein Urteil des höchsten Gerichts im Land, der Gerechtig-keit – wenn auch oft nur in einer unbedeutend scheinenden Frage – zumDurchbruch zu verhelfen. Gerechtigkeit herzustellen in unserer Gesell-schaft, ist ein äusserst mühsames und kompliziertes Vorhaben.

Hinter den Buchstaben BGE steht aber auch das bedingungsloseGrundeinkommen. Und auch dahinter steckt der Anspruch nach mehrGerechtigkeit. Aber im Unterschied zu einem Bundesgerichtsentscheidmüsste das bedingungslose Grundeinkommen eigentlich denkbar ein-fach zu realisieren sein. In der Schweiz, in einem der reichsten Länderder Welt. Wo denn sonst?

Stellen wir uns einmal vor: Der Bundesrat beschliesst eines schönenTages, dass jeder Mensch in der Schweiz ein bedingungsloses Grund-einkommen von monatlich, sagen wir, 2000 Franken zu Gute hat. Die-ser schöne Tag wird nie anbrechen und selbst wenn der Bundesrat dasBGE trotz aller Widerwärtigkeiten beschliessen würde, würde wohl garnichts passieren. Ausser vielleicht dem kollegialen Gesamtrücktritt desganzen Bundesrats.

Warum das so ist? Weil wir Schweizer ein arbeitsames Volk sind. Alsich noch zur Schule ging und immer mehr Gastarbeiter aus dem Südenin die Schweiz kamen, da erzählten wir einander auf dem Pausenplatzdie fundamentale Erkenntnis: Die Italiener arbeiten, um zu leben, unddie Schweizer leben, um zu arbeiten. Die Italiener haben uns damalsetwas Wesentliches gezeigt: Dass sich die Lust am Leben nicht allein inder Arbeit erschöpft. Nur so war es zu erklären, dass diese Männer beider Arbeit auf dem Bau fröhlich lachten oder vergnügt jungen Frauenhinterherpfiffen. Die Muratori leisteten gute Arbeit, und das erst nochfür wenig Lohn.

Nach getaner Arbeit sind viele Italiener wieder in ihre südliche Hei-mat zurückgewandert. In der Schweiz gibt es heute andere «Italiener»,zum Beispiel die Tamilen.

Wir Schweizer können uns eine Arbeit ohne den direkten Bezugzum Geld gar nicht mehr vorstellen. Wir verdienen nicht fröhlich, son-dern sauer. Wir arbeiten, damit wir dafür Cash bekommen. Damit wirpünktlich die Rechnungen zahlen können. Damit wir niemandem et-was schuldig bleiben. Wer würde überhaupt noch arbeiten wollen,wenn alle – die Armen und die Reichen, die Jungen und die Alten – ein-fach jeden Monat 2000 CHF (in Worten: Zweitausend Schweizerfran-ken!) nach Hause geschickt bekämen. Wo kämen wir denn da hin?

Der Berner Pfarrer Kurt Marti hielt schon 1967 in seinem Gedicht-band rosa loui fest: «wo chiemte mer hi/wenn alli seite/wo chiemte merhi/und niemer giengti/fur einisch z’luege/wohi dass me chiem/we megieng.» ■

www.bedingungslos.ch

* Oswald Sigg leitete als Chefredaktor die Schweizerische Depeschenagentur SDA.

Von 2005 bis 2009 war er Vizekanzler und Bundesrat-Sprecher. Heute ist er Redak-

tor beim sozialpolitischen Mediendienst «Hälfte» und sitzt im Helvetas-Vorstand.

GrundeinkommenWo kämen wir denn da hin?Am 19. März findet in Zürich unter dem Titel «Die neue Schweiz – ein Kulturimpuls» ein Kongress zum bedin-gungslosen Grundeinkommen statt. Ein Gastbeitrag zu einem undenkbaren Szenario.

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VON MICHÈLE FALLER (TEXT) UND DOMINIK PLÜSS (BILD)

Tashi «le serpent» Tsering ist Schweizer Meisterin im Amateurboxen.Bereits 2009 holte sie mit relativ wenig Erfahrung den Titel, und letz-ten Herbst gewann sie die Schweizer Meisterschaft erneut. Ein Treffenmit der erfolgreichen Boxerin ist im «Alten Zoll» abgemacht, einer Bas-ler Quartierbeiz, in der die 26-Jährige ab und zu im Service arbeitet. Andiesem Nachmittag ist das Restaurant fast leer. An einem langen Tischsitzt alleine eine junge hübsche Frau mit langen, dunklen Haaren, ei-nem bunten Halstuch, ernstem Blick und freundlichem Lächeln. Diesezierliche Person soll regelmässig in den Ring steigen und Schläge aus-teilen? Oder noch schlimmer, einstecken?

«Das höre ich oft», schmunzelt Tashi Tsering. «Wenn die Leute ‹Bo-xen› hören, denken sie grad an Muhammad Ali und an spektakuläreKämpfe.» Auch wenn das «Federgewicht» ab und zu Aufklärungsarbeitin Sachen Unterschiede zwischen Amateur- und Profiboxen sowie Ge-wichtsklasseneinteilungen machen muss – sie freut sich doch über dasInteresse. Bei ihrem früheren Hobby Handball hätten sich die Freundenicht gerade darum gerissen, einen Match zu besuchen, sagt die jungeFrau mit einem kleinen Grinsen.

Tashi Tsering wirkt bescheiden. Wenn sie überlegt, kritzelt sie in dasHeft, das neben der Kaffeetasse offen auf dem Tisch liegt, und ihre Ant-worten sind gewissenhaft. Sie erzählt lebhaft, überrascht dann undwann mit einem unerwarteten ironischen Spruch oder einem strahlen-den Lächeln. Immer wieder begrüsst sie eine Kollegin oder einenStammgast, ohne im Geringsten abgelenkt zu wirken.

Zum Boxen ist die Tochter einer Tibeterin und eines Schweizers eherzufällig gekommen. Nach einem halben Jahr Abwesenheit hatte sie inihrem Handballteam den Anschluss verpasst, weshalb die Frau mitdem grossen Bewegungsbedürfnis es mit Fitness probierte. «Aber Fit-ness finde ich extrem langweilig.» Sie lacht entschuldigend. Eine Freun-din nahm sie dann in den Boxclub Basel mit, und nach anfänglichemFitnessboxen trainierte sie immer häufiger mit den Wettkämpfern, bisder Trainer fragte, ob sie es auch versuchenwolle. Von ihm stammt auch der Name «le ser-pent». Etwa nach dem zweiten Kampf kommeer jeweils mit einem Namen an, die Betroffe-nen hätten da relativ wenig Einfluss. Die «Schlange» ist aber zufriedenmit dem Namen. Sie grinst: «Es hätte schlimmer kommen können.»

Als beste in ihrer Gewichtsklasse konnte das Boxtalent letztes Jahran die Weltmeisterschaft auf der Karibikinsel Barbados. «Es gab fürmich einen Kampf. Den habe ich verloren, und das wars.» Das stehe aufdem Papier, doch in Wirklichkeit sei es eine super Erfahrung gewesen,schwärmt sie. «Ich war drei Wochen dort und konnte jeden Tag mit gu-ten Leuten trainieren.» In nächster Zeit stehen einige Turniere an; dienächste grosse Sache ist die Europameisterschaft in Holland kommen-den Oktober.

Trotz der Begeisterung stellt Tashi Tsering, die in Zürich Kunstver-mittlung studiert, klar, dass Profi-Boxen überhaupt nicht ihr Ziel sei.

PorträtFedergewicht mit BodenhaftungTashi Tsering studiert Kunstvermittlung und ist Amateurboxerin. An ihrem Hobby schätzt sie die geforderte Eigenverantwortung und den Teamgeist unter den Mitstreiterinnen.

Abgesehen davon, dass damit der Lebensunterhalt kaum bestrittenwerden könne, sei es für Frauen auch wegen der wenigen Kämpfe – ausGegnerinnenmangel – nicht so attraktiv. Witzig sei, dass die Moderato-ren bei Wettkämpfen oft nach dem Hobby der Boxerinnen fragten – unddas, währenddem sie gerade damit beschäftigt seien! Es komme halt –auch ohne Lohn – oft wie ein Beruf rüber. «Sportwettkämpfe zu ma-chen, ist fast ein bisschen ein Lebensstil», erklärt sie. Neben dem Trai-ningsaufwand und dem Studium bleibe nicht mehr viel Zeit für andereHobbys.

Mit ihrer Sportbegeisterung ist die angehende Zeichnungslehrerin inihrer Familie ein Einzelfall. «Ich weiss gar nicht, von wem du das hast»,zitiert sie lachend ihre Mutter. Apropos: Wie sieht es eigentlich mit den Verletzungsrisiken im Boxsport aus? Gerade Angehörige dürften ja noch grössere Ängste als die Sportlerinnen selber ausstehen. «MeineMutter hat nicht gerade Freudensprünge gemacht», erinnert sich Tseringan die mütterliche Reaktion auf die neue Freizeitbeschäftigung. Dabeisei zum Beispiel Handball viel gefährlicher. «Dort habe ich alles gese-hen: ausgekugelte Schultern, Nasenbrüche, Kreuzbandrisse.» Boxenhingegen sei sehr kontrolliert; da gebe es höchstens mal Nasenblutenoder ein blaues Auge. «Wir tragen einen Kopfschutz, und da man sehr wenig darf, passiert auch wenig.» Bei den Männern im Schwer-gewicht gebe es schon mal ein K.O., aber in der Regel ende ein Kampfnach vier mal zwei Minuten, und pro Treffer auf Kopf oder Rumpf ge-be es einen Punkt.

Tashi Tsering lächelt belustigt und erzählt von einem Kampf vor einpaar Monaten, bei dem Geschwister und Mutter zuschauten. Danachhabe ihre Mutter gesagt: «Ich war gar nicht sicher, ob du wirklich ge-wonnen hast! Aber ich habe auch meistens nicht geschaut …» DieTochter imitiert lachend, wie die Mutter besorgt zwischen den Fingerndurchlinst.

Auf die Frage, was das Faszinierendste am Boxen sei, folgt kurzesKritzeln. Dann hebt Tashi Tsering den Kopf. «Du lernst recht viel überdich selber», stellt sie fest. «Die Kämpfe sind so kurz – vier mal zwei

Minuten oder, wenn es blöd läuft, zehn Sekunden – da zählt jeder Mo-ment.» Man habe keine Mannschaftskollegen, sondern sei völlig aufsich alleine gestellt. Schwierig hingegen sei, dass Boxen hauptsächlichaus Warten bestehe. Auf die Ankunft am Austragungsort, auf das Wie-gen, auf den Kampf. Da gelte es die Spannung aus- und aufrechtzuer-halten. «Zum Glück haben wir so einen guten Zusammenhalt im Club»,hellt sich Tserings Miene wieder auf. «Du unterstützt die anderen, feu-erst sie an und stehst da, wenn jemand verloren hat.» Sie lächelt. Undauch wenn sie sich nach Abschluss des Studiums diesen Sommer aufdie Stellensuche konzentriert: Womöglich müssen die Gegnerinnennoch mit «le serpent» rechnen. ■

«Du lernst beim Boxen recht viel über dich selber.»

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Im Studentenheim«Das einzig Wahre»

Ayako Kyodo, 24, Bewohnerin von Zimmer Nr. 17.

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VON MENA KOST (TEXT) UND LUCIAN HUNZIKER (BILDER)

Ayako Kyodo, 24, Kunststudentin aus Tokio, Japan«Eines Tages, ich studierte damals noch in Tokio, lernte ich bei einem

Museumsbesuch einen Schweizer kennen. Wir wurden Freunde und ererzählte mir viel von seinem Land. Vor allem von Basel: Diese Stadt, hater gesagt, sei eine richtige Kunst- und Kulturstadt!» Ayako Kyodo sitztauf dem Bürostuhl am grau laminierten Schreibtisch in Zimmer Num-mer 17 und erklärt, warum sie hier ist. Der Bürostuhl ist gross, die Frauklein – und ihre Füsse baumeln munter über dem Boden. Auf dem Bettan der Wand sitzt eine Freundin, ebenfalls Bewohnerin des Studenten-heims, ebenfalls aus Japan. Sie blättert in einerZeitschrift, und ab und zu schauen sich diebeiden Frauen an – und kichern. «In Tokio»,sagt Ayako, «dauerte mein Schulweg pro Tagvier Stunden. Hier ist alles nahe beisammen:Die Kunstgewerbeschule, der Marktplatz, die Einkaufsläden – sogarFrankreich und Deutschland. Das ist auch ein Grund, weshalb ich ger-ne hier bin.»

Seit gut eineinhalb Jahren lebt Ayako in Basel: zuerst bei einer altenFrau, die ihr ein Zimmer untervermietete. Eines Tages aber sagte die al-te Frau zu ihr: «Ayako, du solltest junge Menschen um dich haben, Leu-te in deinem Alter!» Also ist Ayako ins Studentenheim gezogen. Das Le-ben hier gefällt ihr gut: «Wir haben alles, alle Studienrichtungen, alleNationen. Sehr interessant», erklärt sie. Am Anfang habe sie allerdingsZeit gebraucht, um sich an die europäische Kultur zu gewöhnen: «Har-monie ist in der Schweiz eindeutig weniger wichtig als in Japan. Ein Bei-spiel: Wenn jemand vom Studentenheim hier im Innenhof eine Grill-party veranstaltet, geht jeder dann ins Bett, wenn er müde ist. In Japanwäre es sehr unhöflich, man würde nicht bis zum Schluss bleiben.»

Ayako greift nach einer Schachtel Frühstücksflocken, die neben ei-nem Wasserkocher und einer Teekanne auf ihrem Schreibtisch steht undschüttelt sie: «Mein Thema ist ‹das Alltagsleben›. In der Kunst, meineich. Ich male und zeichne auf Alltagsgegenstände. Wenn diese Packungleer ist, werde ich sie auseinanderfalten und bemalen.»

Ayako macht schon lange Kunst, seit zwölf Jahren ist sie in Ausbil-dung. «In Japan entscheidet man sich früh für einen Beruf.» Nach ihremAbschluss möchte sie in der Schweiz arbeiten: «Als Kuratorin vielleicht.Und natürlich werde ich malen und meine Bilder ausstellen.» Von Baselsei sie nämlich nicht enttäuscht, im Gegenteil: «Ich habe viele Leutekennen gelernt, die Kunst machen. Mit einigen habe ich schon eine Aus-stellung oder eine Performance gemacht.» Das Beste an der Schweizaber sei, dass alles so nahe beieinander liege, «wie in einem hübschenDorf!»

Heimweh hat die junge Frau manchmal trotzdem: Dann fehlen ihrdie japanische Landschaft, die Gerüche, das Essen. Zum Glück gebe es hier einige Shops mit asiatischen Lebensmitteln. Noch besser aber sei, wenn sie ein Paket von ihrer Mutter bekomme: «Mit japanischem Essen – vor allem Süssigkeiten.»

Berat Gaxherri, 27, aus Junik, Kosovo, studiert Europäische Integration

Berat Gaxherri streckt den Rücken durch, die Beine aus und nimmteinen Schluck Kaffee aus dem Pappbecher: «Hier beginnt mein Tag. Im-mer.» Die Sonne scheint durch die grosse Fensterfront der Mensa derUni Basel; man kann gerade noch den Eingang zum Studentenheim se-hen, in dem Berat seit September des vergangenen Jahres wohnt. Es

liegt keine drei Gehminuten von der Uni entfernt: «Sehr praktisch, spartZeit», erklärt Berat.

Zum Zimmer im Studentenheim hat ihm die Uni-Verwaltung verhol-fen. «Als ich Stipendien beantragte, haben sie mich gefragt, ob ich eineUnterkunft brauche. Wenig später hatte ich mein Zimmer. Erster Stock,Nummer 43.» Wie jedes der rund 100 Zimmer im Studentenheim ist esmöbliert – Schrank, Schreibtisch, Bett mit Matratze, Nachttisch. «Auchpraktisch», findet Berat, schliesslich nehme ein Student keine Möbelmit, wenn er ins Ausland gehe. «Ich habe nur meine Kleider und meineBücher mitgebracht. Ich führe eben ein richtiges Studentenleben.» InBerats Fall bedeutet das: Sechs Stunden lernen pro Tag, Vorlesungen

und Seminare nicht mitgerechnet. Das sei manchmal recht hart: Vor al-lem, wenn es draussen wärmer werde und die Sonne scheine. Aber:«Weder Deutsch noch Englisch sind meine Muttersprachen, und der Stu-diengang am Europainstitut ist dicht. Da muss ich eben ran.»

Noch bis Ende August dauert sein Studium, dann hat er seinen Ab-schluss. Was er danach machen möchte, steht bereits fest: Zurück nachKosovo, weiterarbeiten. Bevor Berat in die Schweiz kam, arbeitete er inder Kommunalverwaltung von Junik, als Angestellter für EuropäischeIntegration und Menschenrechte. Nach seinem Studienabschluss will erdorthin zurückkehren. Berat: «Der Weg in die EU ist die einzige Lösungfür Kosovo, und die beste für Frieden auf dem Balkan.»

Die Mensa hat sich unterdessen mit Studierenden gefüllt und für Be-rat wird es Zeit, mit dem Lernen zu beginnen. «Die Atmosphäre im Stu-dentenheim ist toll», erklärt er auf dem Weg zu seinem Zimmer, «mirgefällt es, wenn über 100 junge Leute aus verschiedenen Kulturen fried-lich zusammenleben.» Ausser Berat lebt noch ein anderer Student ausKosovo im Heim – mit ihm unterhält sich Berat oft und lange –, seineanderen Kollegen kommen aus ganz anderen Gegenden der Welt: «Wirkochen und essen alle zusammen, gehen in den Irish Pub oder spielenFussball.»

Jeden Abend «chattet» Berat mit seinen Eltern in Kosovo – «bei unsist die Familie sehr wichtig. Wichtiger als in der Schweiz». Sowiesounterscheide sich das Leben hier sehr von dem in seiner Heimat: «Vorallem die Menschen sind anders – irgendwie ernster und öfter alleine

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Grauer Linoleumboden, Wände aus Backstein, quadratische weisse Wandlampen: Von solchen Korridoren ge-hen die 13 Quadratmeter grossen Zimmer des Basler Studentenheims ab. Doch die klinische Atmosphäretäuscht. Wer wissen will, wie es sich im Studentenheim wirklich lebt, muss schon einen Blick in die Zimmer derBewohner werfen: Zwei Studentinnen und ein Student haben Surprise ihre Türen geöffnet.

Katharina Strösslin, Heimleiterin

«Ich arbeite seit 21 Jahren hier – also länger, als viele der Bewohnerinnen und Bewohner altsind», erklärt Heimleiterin Katharina Strösslin.Während dieser Zeit habe sich nicht viel ver-ändert: Die Zusammensetzung der Bewohnersei ungefähr gleich geblieben – 50 ProzentFrauen, 50 Prozent Männer, zur Hälfte aus derSchweiz, zur anderen von allen Kontinenten.Das multikulturelle Zusammenleben sei seit je-

her friedlich und von Respekt geprägt – und habe viele Freundschaf-ten und auch Ehen hervorgebracht. Natürlich gebe es auch Phasen, indenen viel getrunken und geraucht werde. Aber auch solche, in denenniemand ans Festen denke. Strösslin: «Das nimmt aber nicht zu oderab, das kommt in Wellen.»

«Ich bin nicht heikel, aber meine Wäsche mache ichlieber daheim.» Kyra Wippich

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unterwegs.» Jeden morgen sehe er die Menschen mit ernsten Gesichternzur Arbeit gehen. In Kosovo seien die Leute auf der Strasse immer inGruppen unterwegs, es würde geschwatzt und gelacht. Jetzt lacht auchBerat: «Das könnte allerdings auch einfach an der enorm hohen Ar-beitslosigkeit liegen, die wir in Kosovo haben. Was die Menschen dortdefinitiv haben, ist Zeit.»

Kyra Wippich, 22, Zahnmedizinstudentin aus Klingnau, Aargau«Passt mir nicht schlecht, dass die Presse gerade heute kommt. Mein

Zimmer ist frisch geputzt», verkündet Kyra Wippich und setzt sich imSchneidersitz auf einen Sessel im Aufenthaltsraum. Dann schenkt sieGrüntee ein. «Ja, ja, ich bin eine richtige Teetante. Das ist auch meinMorgenritual: Eine Tasse Tee trinken in meinem Zimmer.» Kyra zeigtdurchs Fenster zu einem heruntergelassenen Rollladen auf der gegen-überliegenden Seite des grünen Innenhofs: «Dort ist mein Zimmer:Wenn die Sonne rein scheint, wirds heiss. Also Rollladen runter.»

Seit gut einem Jahr wohnt die Zahnmedizinstudentin als Wochen-aufenthalterin im Studentenheim. Zuvor ist sie ein halbes Jahr lang von Klingnau nach Basel gependelt: «Da musste ich um 6.15 Uhr aufden Zug, damit ich um acht in der Vorlesung war. Unmenschlich!» Alsein Kollege, der im Studentenheim wohnte, ihr vom Leben hier vor-schwärmte – «das einzig Wahre, easy, geil» – und Kyra sein Zimmer besichtigt hatte, war die Sache entschieden: «Die Zimmer sind gross, einmal im Monat wird unsere Bettwäsche gewaschen und Gemein-schaftsküche und -bad werden regelmässig geputzt. Das Ganze für 430Franken im Monat. Echt super.» Kyra hat sich beworben und nach sechsWochen ein Zimmer zugeteilt bekommen – Nummer 10.

Nachdem sie am Anfang etwas Mühe hatte, Anschluss zu finden, gehört Kyra nun zu einem Grüppchen von Studenten, die im Turnus

kochen und dann gemeinsam zu Abend essen. «Wir sind: Ein halberChinese, sonst alles Schweizer, aber aus verschiedenen Kantonen – Wal-lis, Graubünden, Bern, St. Gallen und Aargau, also ich.»

Es wird aber nicht nur gemeinsam gekocht, auch Grillpartys werdenveranstaltet, «Mitternachtsschneemänner» gebaut, Medizinstudentenunter Quarantäne gestellt, indem man ihre Zimmertüre mit Klarsicht-folie abriegelt – oder die Fenster von Mitstudenten mit Fasnachtsfarbebemalt. «Kindischer Seich eben», erklärt Kyra, «klar gehen wir alle Rich-tung erwachsen, aber wir sind es eben noch nicht ganz …»

Am Abend geht Kyra mit ihren Freunden in den Unisport – Basket-ball oder Pilates. Oder aber – was nicht selten der Fall ist: Sie lernen.«Mindestens vier Stunden am Tag. Oft bis ein Uhr morgens, ich bin einNachtmensch», sagt Kyra. Auch am Wochenende, zu Hause bei der Fa-milie in Klingnau, steht oft lernen auf ihrem Programm. Allerdings erst,nachdem sie ihre Wäsche gewaschen hat: «Grundsätzlich bin ich nichtheikel, aber meine Wäsche mache ich lieber daheim. Es müssen ja nichtalle sehen, was ich drüber und drunter und so weiter trage.»

So reist Kyra jedes Wochenende mit ihrem Wäschesack nach Klin-gnau. Aber nicht mehr lange: Ihr australischer Freund – sie hatte ihn ineinem Auslandjahr kennen gelernt – ist ihr kürzlich in die Schweiznachgekommen. Im Sommer werden die beiden zusammenziehen. Kyra lacht: «Kann ja nicht mehr als schiefgehen.» ■

Berat Gaxherri, 27, Bewohner von Zimmer Nr. 43. Kyra Wippich, 22, Bewohnerin von Zimmer Nr. 10.

Das Studentenheim Basel an der Mittleren Strasse wurde 1965 ge-gründet und wird seither von der Genossenschaft Studentenheim Ba-sel auf gemeinnütziger Basis betrieben. Es bietet Platz für rund 100Studierende, die Einzelzimmer kosten zwischen 430 und 480 Frankenim Monat und sind möbliert. Infos: www.unibas.ch

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VON STEFAN MICHEL

Sie sind jung, attraktiv und sie haben Träume: «Ich träume von un-beschwerten und sorglosen Ferien im sonnigen Süden», sinniert einejunge Frau mit Engelshaar und seligem Gesichtsausdruck. Ebenso ent-spannt wünscht sich ein junger Mann eine«Home-Cinema-Anlage», und eine fesche Brü-nette möchte ein «schnittiges Cabrio». Und dieErfüllung der kostspieligen Wünsche ist nah:«Mit CREDIT-now oder LEASE-now gehen Ihre Träume in Erfüllung»,heisst es in der Werbung der Bank now. Merke: Träume kann man kau-fen, selbst wenn man das Geld dazu erst in der Zukunft haben wird.

Die Fachhochschule Nordwestschweiz untersucht seit einigen Jah-ren den Umgang Jugendlicher und junger Erwachsener mit Geld – mit

eigenem und geliehenem. Fast vier von zehn der Befragten habenSchulden, dies der aufsehenerregendste Befund. Die Hälfte von ihnenhat ein Minus von maximal 120 Franken. Einzelne Jugendliche sind mitüber 10 000 Franken verschuldet. Die überwiegende Mehrheit steht beiEltern oder Freunden in der Kreide. Einen Konsumkredit haben nur we-

nige aufgenommen. 100 Franken zurückzuzahlen, ist selbst für Schülerkein existenzielles Problem. Ein Ferienjob oder ein paar sparsame Wo-chen und das Defizit ist beseitigt. Eine Minderheit hingegen gewöhntsich im jugendlichen Alter an ein Verhalten, das direkt ins finanzielleDesaster führt. Und laut Betreibungsämtern steigt ihre Zahl.

Noch nie hatte die Jugend mehr Geld zur Verfügung als heute. Und noch nie hatte sie mehrSchulden. «Konsumiere heute, bezahle morgen» ist das Gebot der Stunde. Immer mehr Jugendliche handeln sich – kaum volljährig – einen Schuldenberg fürs Leben ein.

SchuldenpräventionJugend im Pumpkapitalismus

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Schulden sind keine Frage des sozialen Hintergrunds.

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Früh Schulden machen, spät Hilfe holenZum Beispiel jene junge Frau, nennen wir sie Anna, die als 20-Jähri-

ge ihren ersten Kredit aufnahm. Damals wohnte sie noch bei ihren Eltern. Mit 24 zog sie aus, schaffte sich Mobiliar an. Sie stockte ihrenKredit auf, auch, um ein privates Darlehen zurückzuzahlen und Steuer-schulden zu begleichen. Heute, mit 30, steht sie vor einem Finanzlochvon 140 000 Franken, bei einem Monatslohn von 4100 Franken netto.

Besser machte es Franziska Neuhaus, die vom Schweizer Fernsehenporträtiert wurde. Die KV-Lernende mit eigener Wohnung shoppte fleis-sig online und gab sich beim Ausgehen mit ihren Freundinnen spenda-bel. Schnell wuchsen ihre Verbindlichkeiten auf 8000 Franken an. Auchsie verdrängte das Problem, öffnete die Post nicht mehr. Dann über-wand sie ihre Scham und tat, was viele nicht tun: Sie suchte professio-nelle Hilfe, als eine Sanierung noch möglichwar. Inzwischen ausgelernt und in einem Rei-sebüro angestellt, zahlte sie monatlich rund1000 Franken ab. Andrea Fuchs von der Schul-denberatung Aargau – Solothurn meint dazu:«Viele, die Schulden machen, kommen erst fünf oder zehn Jahre späterauf die Beratungsstelle. Dann geht es aber nicht mehr um ein paar Tau-send, sondern um 100 000 Franken. Es wäre wichtig, dass sich Men-schen mit Schulden frühzeitig auf einer Beratungsstelle melden, solan-ge die Schulden noch in nützlicher Frist zurückgezahlt werden könnenund bevor es zu Betreibung und Pfändung kommt.»

Es ist paradox: Dass die Jungen mehr Schulden haben als früher,liegt auch daran, dass sie mehr Geld haben als die Generationen vor ih-nen. Über zwei Milliarden Franken haben die 15- bis 20-Jährigen proJahr zur Verfügung, wie einer Studie der Universität St. Gallen zu ent-nehmen ist. Um diese Kaufkraft buhlen diverse Wirtschaftszweige:vom Kommunikationsanbieter über Modehersteller bis zu Freizeit- undFerienveranstaltern. Sie bestärken die Jungen in einer Überzeugung,für die sie selber und ihre Eltern freilich ebenso verantwortlich sind:Was Spass macht, kostet halt. Und nur, wer Geld ausgibt, gehört dazu.Der verlockende Weg zum Glück heisst: «Konsumiere heute, bezahlemorgen.»

Kaufkräftig und heissbegehrtDie grössten Schuldenverursacher sind laut der Beratungsstelle

Plusminus: fehlende Finanzkompetenz, Konsum als Freizeitbeschäfti-gung, Gruppendruck, kompensatorischer Konsum und, quasi als Kom-bination von allem, die Kaufsucht. Die jüngeren Teenager überziehenihr Budget vor allem mit den Handykosten, Mode- und Elektronikarti-keln sowie beim Ausgehen. Bei den über 18-Jährigen kommen das Autound die eigene Wohnung dazu.

«Man braucht Geld, um Spass zu haben», findet auch Sekundar-schülerin Alexandra (15), die ihre 150 Franken Taschengeld für Modeund Ausgang aufbraucht. Wenn sie sich etwas nicht leisten kann, dannhat sie Strategien, mit denen sie ihre Eltern dazu bringt, einen Extra-beitrag lockerzumachen. Ob sie auch mal auf einen Kauf verzichte? «Ja,ich sehe oft schöne Schuhe, die ich mir nicht leisten kann. Das ist scha-de, aber eigentlich habe ich ja genug Schuhe.» Sie findet ihr Taschen-geld ausreichend, und sie kann sich noch gar nicht vorstellen, was siemit ihrem Lohn im ersten KV-Lehrjahr anfangen soll. FCZ-Fan Moritz(16) gibt seine 50 Franken Taschengeld und die 40 Franken, die er sichmonatlich dazu verdient, für den Besuch der Heim- und Auswärtsspie-le seines Vereins aus und sagt: «Ich habe eigentlich nie Geld, das gehörtirgendwie zu mir.» Doch seine leeren Taschen sind selbst gewählt. Ei-nen grossen Teil des Geburtstags- und Weihnachtsgelds zahlt er auf einSperrkonto ein.

Die leidenschaftliche Shopperin und der FCZ-Anhänger sitzen zu-sammen mit der Gymnasiastin Hélène und dem Sekschüler Gabriel,beide 15-jährig, im Jugendladen der Offenen Jugendarbeit Wollishofen-Leimbach. Dank der dort angesiedelten Jugendjobbörse «Wolly Hood

Jobs» verdienen sie sich einen Zustupf. Die beiden Jungen arbeiten fürdie Vermittlungsstelle selber, die beiden Mädchen lassen sich regel-mässig für Putz- und Babysitting-Einsätze engagieren. Mit Schuldenwollen sie nichts zu tun haben und selbst kleine Beiträge borgen siesich nur selten. Moritz fand es «ein Scheissgefühl», als er einmal einemKollegen 80 Franken für Skateboard-Achsen schuldete. Doch die Lust,Geld auszugeben, auch in kleinen Dosen, die kennen sie gut.

Die Mehrheit kommt klar – nochDie vier Jugendlichen entsprechen der Mehrheit in der Studie der

Fachhochschule Nordwestschweiz. Diese habe ihre Finanzen im Griff,schreiben die Autoren, und überbrücke Engpässe geschickt und ver-antwortungsbewusst. Viele lernen als Jugendliche nicht nur, mit dem

vorhandenen Geld zu haushalten, sondern auch, vernünftig Schuldenzu machen. So, dass man sie in der vereinbarten Zeit zurückzahlenkann. Ähnlich werden sie es einige Jahre später tun, wenn sie sich einHaus kaufen oder sich mit einem Kredit selbstständig machen.

Die Studie differenziert die jungen Menschen nach ihrer Ausbildung,und da zeigen sich deutliche Unterschiede: Gymnasiasten leihen sichgegenseitig häufiger Geld und haben öfter Schulden unter hundertFranken. Weniger häufig belehnen sich Diplomschülerinnen und -schü-ler sowie Lehrlinge untereinander. Die durchschnittliche Höhe desSchuldbetrags liegt bei ihnen schon bei mehreren Hundert Franken.Durchschnittlich am tiefsten im Minus stecken jene Jugendlichen, dieein arbeitsmarktliches Brückenangebot besuchen, da sie nach der obli-gatorischen Schulzeit keine Lehrstelle gefunden haben.

Die Studie betont, dass selbst von den Jugendlichen, die ein Brü-ckenangebot besuchen, die meisten haushälterisch mit ihrem Geld um-gehen. Schulden sind keine Frage des sozialen Hintergrunds, genausowenig wie ein konsumorientierter Lebensstil und die Kopplung desSelbstwertgefühls an den Besitz von Statussymbolen. Doch jene, derenFinanzen im jungen Erwachsenenalter aus dem Ruder laufen, stammenin der Mehrheit aus wenig begütertem Elternhaus. Sie sind schlicht we-niger krisenresistent. Der Verlust der Arbeitsstelle oder ein Unfall – undschon wird die Rückzahlung zum Problem.

Zweifelhafte Hilfe der ElternJugendliche nehmen selten Schuldenberatung in Anspruch, halten

mehrere Schuldenberater fest. Auch Betreibungen sind unter 22 Jahrenselten. Dann steigen die Zahlen stark an. Der Grund: Solange sie bei denEltern wohnen, kommen oft sie für ihre Kinder auf oder intervenieren,wenn sich die Mahnungen häufen. Helfen sie ihnen bedingungslos ausder Patsche, dann bereiten sie der weiteren Schuldenkarriere den Boden.Oft landen sie dann bei Bruno Crestani, Betreibungsbeamter in Zürich(siehe Interview). Auf seine Initiative begannen die Betreibungsämterder Stadt Zürich mit Schuldenpräventions-Programmen in Oberstufenund Berufsschulen. Viele weitere Initiativen versuchen den Teenagerneinen vernünftigen Umgang mit Geld beizubringen – kurz bevor es zuspät ist. Denn mit 18 Jahren können sie Leasingverträge eingehen undKredite aufnehmen. Haben sie es bis dann nicht gelernt, besteht die Ge-fahr, dass sie es, statt von ihren Eltern und Lehrpersonen, von Betrei-bungsbeamten und über den persönlichen Bankrott lernen. Ein Fehler,für den viele für den Rest ihres Lebens büssen.

Die 15- bis 20-Jährigen haben pro Jahr über zwei Milliar-den Franken zur Verfügung.

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INTERVIEW: STEFAN MICHEL

Herr Crestani, warum kämpfen ausgerechnet Sie als Betreibungsbe-amter gegen das Schuldenmachen?Tatsächlich sind wir die einzigen, die etwas davon haben, wenn Men-schen Schulden machen: nämlich Arbeit, gute Zahlen und Gebühren,die wir verrechnen können. Aber das kann es nicht sein, dass wir davonprofitieren, wenn Junge sich ein Problem aufhalsen, aus dem sie ein Le-ben lang nicht mehr herauskommen.

Wann und wie geraten Jugendliche und junge Erwachsene in dieSchulden?Die Männerkarriere fängt mit dem Auto an. Die Leasingraten zahlen sie,bis wirklich nur noch die Nase aus dem Wasser schaut. Dafür zahlen siekeine Krankenkassenprämien und Steuern mehr. Allgemeiner kann mansagen: Wer auf zu grossem Fuss lebt und kein Budget macht. Frühermusste man das Geld im Portemonnaie haben, bevor man es ausgebenkonnte. Heute, mit all den Kundenkarten und Internetkäufen, wissenviele gar nicht mehr, wo sie überall offene Rechnungen haben.

Wie schnell gerät die Situation ausser Kontrolle?Der Knackpunkt ist, wenn die Jungen von zu Hause ausziehen. Vorherwird vieles von den Eltern in Ordnung gebracht. Danach schaut nie-mand mehr und dann landen die jungen Erwachsenen bald bei uns.

Mit Ihren Präventionsvorträgen richten Sie sich an Schüler. Fängtdas Schuldenmachen da schon an?Wir glauben, dass ein Teil schon in der Schulebeginnt. Das fängt beim Taschengeld an, beimHandy, dem lustvollen Shoppen. Wir würdenes gescheit finden, wenn zu Hause mehr überGeld gesprochen würde. Wir stellen immer wieder fest, dass die Schü-ler keine Ahnung haben, wie viel das Leben kostet. Wir plädieren seitJahren dafür, dass das Budgetieren in den Lehrplan integriert wird.

Welche Rolle spielen die Eltern?Die Eltern können durch das eigene Vorbild viel erreichen. Mit dem Ta-schengeld lernen die Jungen, mit Geld umzugehen. Und die Eltern müs-sen Konflikte aushalten. Ich habe selber zwei Kinder und weiss, wieschwer das manchmal ist. Wenn man immer gleich das Portemonnaieaufmacht, hat man schnell Ruhe, tut den Kindern aber keinen Gefallen.

Was erzählen die Schüler über ihre finanziellen Verhältnisse?Erschreckend ist, dass nur etwa ein Drittel ein regelmässiges Taschen-geld erhält. Bei zwei Dritteln reicht das Spektrum von kein Geld bis zu

den Eltern in der Rolle eines Bankomaten. Unsere traurige Erfahrung ist:Je tiefer die soziale Schicht der Eltern, desto mehr vergolden sie ihreKinder. Eltern mit sicheren Jobs und gesundem Selbstvertrauen fällt esviel leichter, zu sagen: Mir ist es egal, ob Meiers und Müllers mehr Geldgeben. Wir machen es genau so – ob es dir passt oder nicht.

Wie reagieren die Schüler auf Sie und Ihre Fragen?Auf die Frage nach dem Taschengeld reagieren sie fast wie Erwachsene,die man nach ihrem Lohn fragt: Die wenigsten sprechen gerne darüber.

Ausser dem Angeber, der hinausposaunt: Ich brauche 300 Stutz im Mo-nat. Wo ist das Problem? Ansonsten sind sie interessiert, stellen Fragen,diskutieren mit. Die Lehrer staunen jeweils, dass uns ihre Klasse dreiStunden lang aufmerksam zuhört. Unser Vorteil ist: Wir wissen genau,wovon wir sprechen.

Haben Sie manchmal das Gefühl, diesen oder jenen Schüler treffe ichspäter im Betreibungsamt wieder an?Die Gefährdeten erkennt man. Aber ich glaube, dass beim einen oderanderen etwas hängenbleibt. ■

«Wir würden es gescheit finden, wenn zu Hause mehrüber Geld gesprochen würde.»

Knackpunkt AuszugDer Betreibungsbeamte Bruno Crestani spricht Klartext, locker und energisch zugleich. Menschen, die ihreRechnungen nicht bezahlen, und Zürcher Schülerinnen und Schülern lernen ihn kennen. Ihnen legt er in dreiStunden dar, wie schnell ein Schuldenberg angehäuft ist, der sich ein Leben lang nicht mehr abtragen lässt.Die klassische Schuldnerbiografie beschreibt er so: «Früh Schulden machen, früh heiraten, früh Kinder habenund eine frühe Scheidung.»

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Stadt und Land können nicht miteinander. Hüben wie drüben gedeihen Vorurteile und Res-sentiments, denn eigentlich will man gar nichts voneinander wissen. Höchste Zeit genauerhinzuschauen. Ein Ausgezogener kehrt zurück in die alte Heimat.

Stadt-LandIm Dorf-Korsett

VON RETO ASCHWANDEN (TEXT) UND ANGEL SANCHEZ (BILDER)

Nach der letzten Abstimmung ging es wieder einmal los: Die Kolle-gen jammerten und fluchten über die Engstirnigen und Ewiggestrigen inden Kuhkäffern. Meist begleitet von einem Seitenblick auf mich. Ich le-be in Zürich und das seit vielen Jahren. Aufgewachsen bin ich aber inAltdorf, Kanton Uri. Ich weiss, wie verbohrt sie auf dem Land über dieStadtmenschen reden. Ich habe auch die Arroganz der Städter gegenü-ber «den Bauern» erlebt. Und dann kenne ich Menschen, die nach ihrerAusbildung wieder in den Kanton Uri zurückgezogen sind. Diese Leutestimmen so wie meine Kollegen in der Stadt. Bloss leben sie als Min-derheit in einem konservativen Kuchen. Wie geht das? Ich beschloss, essei Zeit für einen Ausflug in die alte Heimat.

Bei den sporadischen Besuchen bei der Mutter steige ich jeweils beimTelldenkmal in Altdorf aus dem Bus der Auto AG Uri. Diesmal fahre ichweiter nach Schattdorf, denn als Altdorfer hält man seine Gemeinde –den Kantonshauptort – für einen Hort der Auf-geklärten, umzingelt von Granitgrinden. Aufder Hauptstrasse kommen uns Militärlastwa-gen entgegen. Die Haltestellen werden abBand angesagt, von einer Frauenstimme mitbreitem Urner Dialekt. Dann zieht rechts das Dorfschild am Busfenstervorbei: Es zeigt zwei Schwinger beim Hand-Shake. Daneben steht: Ortder Kraft. Als der Bus auf die Schächenbrücke fährt, öffnet sich der Blickaufs Dorf und seinen Hausberg, das Haldi, dessen Flanke ein beliebtesWohngebiet für Eigenheimbesitzer ist.

Halt auf VerlangenKnapp 5000 Einwohner, sieben Prozent Ausländer, 71,3 Prozent

Nein zur Waffenschutz-Initiative: Schattdorf ist eine dieser Gemeinden fernab der Zentren. Sie liegt zwischen Altdorf und dem einstigen Eisen-bahnerdorf Erstfeld. Im Osten setzen Felswände die Grenzen, im West-en Auto- und Eisenbahn. Und eigentlich ist es egal, wohin der Schatt-dorfer seinen Blick richtet – er fällt immer auf irgendeinen Berg.

Der Bus bremst, durch die Windschutzscheibe sieht man einen Buben, der seinen Ball von der Strasse aufhebt. An der HaltestelleSchattdorf Drogerie hält der Bus einfach so. Wer beim Adlergarten aussteigen möchte, muss aber den Halteknopf drücken. Weil ich dasvergessen und erst im letzten Augenblick reagiert habe, schaut derChauffeur stirnrunzelnd in den Rückspiegel.

Ein Kollege aus Gymizeiten wartet an der Haltestelle. Ja, hatte er ge-sagt, man könne zusammen zu Mittag essen. Und er würde schon etwasüber das Leben auf dem Dorf erzählen. Aber namentlich zitieren odergar ein Bild im Heft, nein, das müsse nicht sein. Im Restaurant St. Got-thard sitzen einige Arbeiter unter der tief hängenden Holzdecke in einerdunklen Gaststube. Der Schulkollege lebt seit einigen Jahren in Schatt-dorf, eigentlich würde er lieber in Altdorf wohnen. Doch seine Familiebraucht Platz, zwei Kinder, das dritte ist unterwegs, «und hier haben wirein Haus zur Miete gefunden.»

Kaum hängt die Jacke über der Stuhllehne, steht die Serviertochter –so sagt man hier – am Tisch: «Sali zämä.» Das Menü sei Bratwurst anZwiebelsauce mit Pommes Frites und Gemüse. Dazu Salat und Suppe.Zwei Mal. Am Nebentisch hockt stiernackig der Chef, vor sich eine Fla-sche Eichhof. Mit dem Rücken zu unserem Tisch hört er offensichtlichmit und manchmal grunzt er missbilligend, aber vielleicht ist das auchnur das Räuspern eines Rauchers. Das Essen kommt nach kaum drei Minuten, en Guete.

Bei den AussätzigenNeulich sei er an einer Versammlung gewesen, erzählt mein Gymig-

spänli. Es gebe Pläne für eine neue Umfahrungsstrasse, die Schächen-spange. Dadurch würde die Kantonshauptstrasse entlastet, der Verkehrvon der Autobahnausfahrt an den Dörfern vorbei geleitet. Er schütteltden Kopf: «Die erste Wortmeldung ging so: Ich wohne an der geplantenStrasse. Die kommt mir nicht vors Haus. Dann kam der Zweite: Und ich

bin sein Nachbar – bei mir kommt die auch nicht hin!» Es soll alles sobleiben, wie es ist, auch wenn das nicht mehr lange gut gehen kann. Imletzten Dorfblatt brach der Gemeindepräsident das Tabu der Gemeinde-fusionierung: «Eine sinnvolle Zusammenlegung der Urner Gemeindenwird auf lange Sicht wohl unumgänglich sein.» Die Behörden haben Mü-he, alle Ämter zu besetzen. Kein Wunder, wenn immer mehr Einwohnerpendeln. Wer erst um sieben heim kommt, will nicht gleich wieder loszur Schulratssitzung oder einer Übung der freiwilligen Feuerwehr.

So wie mein Kollege. Nach dem Studium an der ETH fand er in Zürich Arbeit, hatte dort eine Wohnung und eine Freundin im KantonUri. Und wie viele seiner Bekannten zog er zurück ins Reusstal, als dieKinder kamen. Sein Arbeitsort ist nach wie vor Zürich, und damit ist ernicht der einzige in Schattdorf. Selbst der Gemeindepräsident sprach inder Lokalzeitung von einem Schlafdorf. Nicht, dass ihn das stören wür-de: «Ich bin froh, dass bei uns nicht jedes Wochenende Party gefeiertwird.» Wenn mein Kumpel ausgeht, dann nach Altdorf. Das ist zwarauch keine Stadt, aber dort findet er doch ein, zwei Beizen mit Leutenderen Horizont über den Axen hinausreicht. Als Rückkehrer beteiligt ersich nicht am Schattdorfer Dorfleben und er hat auch nicht den Ein-druck, dass das erwünscht wäre.

Ausserhalb des Dorfs wurde vor drei Jahren das Shoppingcenter Tellpark aus einer Brache gestampft. Es gibt einen Eurospar, einen H&Mund den McOptik, «E Schwizer Idee». Nicht ganz so viel Swissnessherrscht im Apfelschuss Druckcenter: Die obligaten roten Shirts mitdem weissen Kreuz auf der Brust hängen weit hinten im Regal. Im Ein-gangsbereich dominiert der Lokalpatriotismus: «Ürneri» und «Ürner»steht auf T-Shirts in allen Farben, Formen und Grössen. Auf einmalsteht ein früherer Nachbar neben mir: «Was machst du denn hier?» Bei

Es ist egal, wohin der Schattdorfer seinen Blick richtet –er fällt immer auf irgendeinen Berg.

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einem Kaffee Crème erzähle ich ihm, dass ich schon lange in Zürich lebe. Der Nachbar grinst: «Selber schuld, wenn du zu diesen Aussätzi-gen wohnen gehst.»

Bloss ein Stück AutobahnDas kenne ich von früher: Ein bisschen Humor übers Ressentiment

und schon erlaubt man sich jede Unverschämtheit. In den 80ern sahman öfter Kleber auf Strassenschildern und Laternenpfosten: «Juhui,ich bi kei Zürcher – Aktion saubere Innerschweiz». Die Ignoranz istgegenseitig. In Zürich halten sie mich meines Dialekts wegen abwech-selnd für einen Walliser oder einen Glarner. Besondere Freude machtemir mehrmals die Frage: «Aha, du bist Urner – und wo bist du ins Gymi?» So etwas gibt es tatsächlich bei uns und fliessend Wasser auch –kalt und warm. Diese Vorurteile entspringen nicht immer bösemWillen, sondern oft auch blosser Unkenntnis. Selbst die Redaktions-kollegin fragt bei einem Telefonat während des Besuchs in Schattdorf,ob es viel Schnee habe. Schattdorf liegt auf 479 m.ü.M., gerade mal 70 Meter höher als Zürich.

Die Städter stimmen in ihrer Mehrheit anders ab als der grössere Teilder Landbewohner. Doch ihre demonstrative Weltoffenheit ist eine selektive: Man hat ein Semester im Ausland studiert, danach ein paarWochen lang Asien bereist und zieht demnächst für ein Projekt einigeMonate nach Berlin. Den Kanton Uri kennen solche Leute nur von Ski-Weekends und Osterstaus. Er ist für sie ein Stück Autobahn zwischenSeelisberg- und Axentunnel im Norden und dem Gotthardtunnel im Süden. Und ausserdem ein Profiteur des Finanzausgleichs. Mehr wollensie gar nicht wissen.

Im Zentrum von Schattdorf liegt die Bäckerei M. Herger, geöffnet abfünf in der Früh, neben Halbweiss und Vollkorn gibt es auch ein Urner

Brot, auf der Theke ein Stapel «Blick». Es wird auch «Stiär Biär» ver-kauft, ein Gerstensaft aus der lokalen Kleinbrauerei. Der Braumeister istein Deutscher aus Stuttgart «und liegt mit seinem schwäbischen Dialektunserm Schweizerdeutsch gar nicht so fern», wie es auf der Homepageheisst. Ein Gaumenschmaus ist das «Stiär Biär» nicht, den Vergleich mit der Zürcher Szenenpfütze «Turbinenbräu» kann es allerdings lockeraufnehmen.

Zeit fürs Zvieri. Ein Ehepaar, Bekannte von früher, hat eingewilligt,über das Leben in Schattdorf zu sprechen. Ohne Name und Foto, denKindern zuliebe. Im Prinzip hätten sie mit dem Dorf ja nicht viel zu tun,sagt der Mann, der weiter oben im Kanton aufgewachsen ist. «Ich hätteFreude an einem Restaurant, wo man auf einen Kaffee hingehen kann.Aber so etwas gibt es hier nicht. Wenn ich in den ‹Sternen› reinginge,dann würde ich komisch angeschaut. Grüezi sagen die nicht, aber ge-schaut, wer da hinhockt, das wird dann schon.» Nun trinkt man denKaffee Crème halt daheim. Über die Kinder kommt man aber zwangs-läufig in Kontakt mit anderen Familien. Der Bub spielt im Fussballklubund hat es nicht immer einfach. «Im FC spielt es eine grosse Rolle, wennschon der Vater auf dem Platz gestanden hat. Die Leistungen von sol-chen Kindern werden anders beurteilt und gefördert als bei einem Zugezogenen», sagt die Frau. Rund um den Fussballplatz werden diedörflichen Strukturen sichtbar. Auf dem Feld spielen Alteingesessene,Auswärtige und Ausländer gemeinsam im selben Dress. Hinter den Wer-bebanden herrscht Separation. Ausländerfamilien, Zugezogene und Ein-geborene bleiben je unter sich. Das Klublokal ist fest in Ur-SchattdorferHänden. «Die Leute am Wurststand sind nett, aber so richtig dazu gehören wir nicht», sagt der Mann.

«Es gibt Clans, die sich abschotten», sagt die Frau. «Wenn man sichein Inselchen geschaffen hat, wo es schön ist, muss man ja nicht noch

«Es gibt Clans, die sich abschotten» – Zugezogenen bleiben die Tore zur Dorfgemeinscharft verschlossen.

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weitere Leute an Bord holen.» Das macht es schwierig, Beziehungen zuknüpfen. Auf dem Spielplatz oder im Fussballklub bleibt alles sehr ober-flächlich, die alteingesessenen Schattdorferinnen stehen zusammen undschirmen sich ab. «Zwischen mir und ihnenprallen Welten aufeinander. Ich bin in derStadt aufgewachsen und rede einen anderenDialekt», sagt die Frau. «Zudem arbeite ich undentspreche damit überhaupt nicht dem UrnerHausfrauenbild. Ich bin überzeugt, dass hier viele Frauen gern andersleben möchten und würden, aber eben: Wie kommt das an bei denNachbarn, im Dorf? Hier schaut jeder ganz genau, was der anderemacht.» Und so verwandeln sich eigene Frustrationen in Neid und Miss-mut gegenüber jenen, die sich ihre Freiheit nehmen. Wer nicht aus sei-nem Korsett ausbrechen kann, erklärt es zum Konzept: So machen wirdas, so ist es richtig und etwas anderes wollen wir nicht.

Diese Haltung wird von einer Generation an die nächste weitergeben.Ihre Kinder seien beim Spielen öfter ausgelacht worden, weil sie keinenlupenreinen Urner Dialekt sprechen, erzählt der Mann. Richtig undFalsch werden über die Sprache vermittelt. «Unsere Tochter hat dasübernommen, neulich fragte sie ihre Mutter: Warum sagst du Chees undnicht Chäs?» «Leben und leben lassen», sagt die Frau. Wirklich integriertist die Familie nicht und will es auch gar nicht sein. Die Frau sagt: «Wirhaben unser Haus, die Kinder gehen hier zur Schule, aber wir beteiligenuns nicht am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.»

Zum Abschied ein Spaziergang entlang der Dorfbachstrasse am Randeiner grossen, unbebauten Landfläche, wo eigentlich der Dorfkern seinkönnte. Hier liegt das Haus Magdalena, eine christlich therapeutischeWohn- und Arbeitsgemeinschaft für Jungmütter in schwierigen Lebens-situationen sowie «Schwangere, die sonst als einzigen Ausweg aus ihren

Problemen in die Tötung ihres ungeborenen Kindes einwilligen müs-sten.» Nach wenigen hundert Metern mündet die Dorfbach- in die Gotthardstrasse, die zur Schächenbrücke führt. Linkerhand verschan-

zen sich Einfamilienhäuser hinter mehr als mannshohen Schallschutz-mauern. Rechts liegen Bierbüchsen und Pet-Flaschen im Weideland. Inder Gabelung zwischen Dorf- und Gotthardstrasse steht die Crivellika-pelle. Die Tür ist abgeschlossen. Dafür hat es neben der Eingangstür ei-nen Aschenbecher und im Torbogen hängt eine Videokamera. Eine Zeit-lang lungerten hier Jugendliche herum, die sich in der Coop-Haltestelleauf der anderen Strassenseite mit Alkohol eindeckten und eine Sauereihinterliessen, so erzählte es mein Schulkollege beim Mittagessen. Seitdie Kamera installiert wurde, hat es aber gebessert.

Der Bus bringt mich nach Flüelen zum Bahnhof, wo der Schnellzugnach Zürich hält. Mit dem Buschauffeur habe ich vor vielen Jahrenwährend eines Ferienjobs drei Wochen zusammengearbeitet. Als ichschon fast ausgestiegen bin, ruft er mir nach: «Sagst einen Gruss in Zürich draussen.» ■

Für Städter ist der Kanton Uri ein Stück Autobahn vor demGotthardtunnel – und ein Profiteur des Finanzausgleichs.

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Schön, stark, erfolgreich: Das ist das Persönlichkeitsprofil, nach dem unsere Gesellschaft, inder wir alle unseres Glückes Schmied sind, tickt. Wers nicht packt, ist gescheitert. HöchsteZeit, darüber zu reden.

KarriereGescheiter scheitern

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VON JULIA KONSTANTINIDIS

Zuerst ist da diese Idee. Dann werden Pläne geschmiedet, und da-nach wird das Vorhaben in die Tat umgesetzt. Vorsichtige Gemüterüberprüfen allerdings ihre Pläne, und wenn sie als zu unsicher befun-den werden, begräbt man sie, vielleicht mitsamt der Idee. «Es gibt mehrLeute, die kapitulieren, als solche, die scheitern», soll Henry Ford ein-mal gesagt haben. Der Gründer der Ford-Automarke gehörte zu jenenPersonen, die mit einer Idee lieber scheitern, als es gar nicht erst zu ver-suchen. Obwohl er nicht unumstritten war, hatte er Erfolg und wurdezu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.

Manchmal braucht es aber gar keine grosse Idee, um zu scheitern:Die verpatzte Abschlussprüfung, die Trennung von Frau und Kind oderder Verlust des Arbeitsplatzes können Menschen dazu bringen, sich alsgescheitert zu bezeichnen.

Zum Beispiel Andreas T. Er war gestandener Filialleiter einer Bank,als ihm wegen Umstrukturierungen die Stelle gekündigt wurde. Der 54-Jährige stand plötzlich ohne Job da – in einemAlter, in dem es nicht mehr so einfach ist, ei-ne neue Stelle zu finden. Andreas T. hatte sei-ne Arbeit gerne gemacht und war davon aus-gegangen, dass er den Posten bis zu seiner Pensionierung behaltenwürde. Dass er dieses Ziel nun nicht erreichte, war für ihn ein Zeichenseines Scheiterns: Er, der so erfolgreich war, musste seiner Familie undseinen Freunden erzählen, dass man ihn auf die Strasse gestellt hat.Nebst der Frustration, die er deswegen empfand, beschlich ihn auchein Schamgefühl: Übers Versagen spricht man nicht, erst recht nicht,wenn die Freunde allesamt fest im Berufsleben stehen und die Familieauf das existenzsichernde Einkommen angewiesen ist.

Scheitern, selbst gewähltHätte Andreas T. Claudia M. von seinen Gefühlen erzählt, hätte die-

se sie vielleicht nachvollziehen können, obwohl die 38-jährige Pflege-fachfrau ganz andere Sorgen hat: Das Spital, in dem sie angestellt ist,will sie partout nicht zur Stationsleiterin befördern. Claudia M. plagendie Selbstzweifel, sie begreift nicht, weshalb es mit ihrer Karriere nichtvorwärts geht. Sie sieht ihre Laufbahn in einer Sackgasse enden undkann das Gefühl des Scheiterns nach zweijährigem Hoffen auf die Be-förderung nicht mehr verbergen.

«Was als Scheitern wahrgenommen wird, ist sehr individuell undhängt davon ab, welche Erwartungen jemand an sich selber hat undwelche Ziele er sich gesetzt hat», erklärt der Laufbahnberater MichaelF. Gschwind. Zu ihm kommt, wer angesichts des Scheiterns nicht ein-fach den Kopf in den Sand stecken will.

Oft merke man den Leuten anfangs gar nichts an: «Sie haben eineLeere in sich und erst allmählich erwachen die Gefühle.» Wut auf dieanderen zum Beispiel, was laut Gschwind vorübergehend gar nicht dasSchlechteste ist: «Die Enttäuschung wendet sich nach aussen, währendFrustration und Selbstzweifel sich nach innen richten. Man fällt in einLoch, in einen depressiven Zustand, da ist es schwierig, wieder her-auszukommen.» Die Abwärtsspirale kann dann schnell nach unten dre-hen, weiss Gschwind. Dann kann auch der Laufbahnberater nicht mehrviel ausrichten. Vielleicht sei dann eher eine Therapie angebracht, soGschwind.

Die Gefühle, die bei Gescheiterten vorherrschen, kennen wir alle:Scham, Traurigkeit, Peinlichkeit, Enttäuschung, Angst. Was alles pas-

sieren muss, damit ein Mensch nach einer Niederlage am Boden lie-genbleibt, ist sehr unterschiedlich und hängt von der Persönlichkeit ab.Wird ein Gescheiterter von seinen Gefühlen übermannt, kann sein bis-heriges Leben in seine Einzelteile zerbrechen: Es läuft nicht mehr beider Arbeit, er zieht sich vom sozialen Umfeld zurück, isoliert sich so-wohl innerlich wie äusserlich.

Scheitern, selbst gemachtWas wir als Grund des Scheiterns taxieren, hängt damit zusammen,

wie wir geprägt sind, an welchen Werten wir uns orientieren. Sind esdie gängigen, in unseren Breitengraden gerade angesagten neoliberalenWerte, stecken Gescheiterte bald in einem Dilemma: In unserer Gesell-schaft, in der wir scheinbar alles selber bestimmen können, ist esschwierig, ein Scheitern einzugestehen – weil wir selber daran schuldsind, denn wir halten unser Glück in den eigenen Händen. Und auchder Imperativ, eine Prüfung bestehen, ein Projekt erfolgreich durchfüh-ren oder eine Familie glücklich machen zu müssen – weil man sich das

ja selbst ausgesucht hat –, erhöht die Chance, daran zu scheitern, umein Vielfaches. Und es passiert uns auch immer wieder – je älter wirwerden und je mehr wir anpacken, desto öfter. Wie also mit dem Schei-tern umgehen, ohne daran zu verzweifeln?

In der leistungsorientierten Arbeitswelt macht der LaufbahnberaterMichael F. Gschwind gerne den Vergleich mit dem Hochleistungssport-ler: «Ein gescheiterter Sportler muss sich fragen, ob er seine Ziele zuhoch gesteckt hat, ob er vielleicht von einem falschen Umfeld umgebenist, ob das Material das richtige ist.» Einen Schritt zurück zu machen,sich bewusst werden, welche Erwartungen man an sich selber hat –und dass man diese nicht erfüllen kann, weil sie vielleicht zu hochsind, kann schon viel bewirken.

Wie bei einem Sportler soll das Scheitern in den Lebenslauf einbe-zogen werden, findet Laufbahnberater Gschwind und wünscht sich ei-nen etwas sportlicheren Umgang mit Nicht-Erreichtem: «So wie beiSportlern Niederlagen ins Palmarès gehören.»

Scheitern, selbst überwundenUmfeldabklärungen hin, Zielvorlagen her, das grösste Risiko für ein

Scheitern ist oft die eigene Angst vor dem Scheitern, das erlebt MichaelF. Gschwind immer wieder.

«Oft sind wahnsinnig tolle und realistische Ideen da, was jemandaus seiner Situation machen könnte. Aber man wagt sich nicht sie um-zusetzen – aus Angst, dabei zu scheitern und das Umfeld zu enttäu-schen», sagt Gschwind.

Um Zweifel oder Ängste – die anderer oder eigene – angesichts desScheiterns zu zerstreuen, muss man darüber reden: «Ein gutes Umfeldhilft sehr. Leute, die zuhören und mitdenken, können unter Umständeneinen ähnlichen Prozess der Umdeutung des Scheiterns ins Positive inGang bringen, wie ich das in einer Beratung tue», meint Gschwind.

So abgedroschen es klingt, so wahr ist es einmal mehr: Darüber reden hilft. ■

«Scheitern soll in den Lebenslauf einbezogen werden.»

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Es arbeitet sich auch gut in diesen Lokalen.Die konzentrierte Atmosphäre, die durch kom-mende und gehende Kundschaft, mit oder ohne Yoga-Matte, aufgelockert wird, ist inspi-rierend und die Stunden fliegen dahin, die vorgenommene Arbeit kommt so gut voran,dass getrost früh Feierabend gemacht werdenkann. Wie das System funktioniert, ist mirnicht ganz klar. Die Mieten in dieser Stadt sindnoch höher als in Zürich, die Löhne eher tie-fer. Das erklärt zwar, warum die Leute so vielZeit in Cafés verbringen, weil der Wohnortentweder eng oder weit entfernt ist, nichtaber, wie die Kaffehäuser alle überleben. Zu-mal ein Espresso einen Dollar fünfzig kostet.Natürlich versuche ich nach Kräften, zu ihremÜberleben beizutragen und hole stündlichKaffee und eine Unmenge von Cakes und Coo-kies. Noch lieber allerdings würde ich einesder Lokale mit nach Hause nehmen, denn ichfürchte schon um Inspiration und Arbeitsmo-ral, wenn ich zu Hause wieder allein in mei-nem Büro sitzen werde.

STEPHAN PÖRTNER

([email protected])

ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER

([email protected])

Diese Kolumne wurde in einem Kaffeehausin San Francisco verfasst. Das ist vielleicht fürdie Leser nur bedingt interessant, aber schönfür mich. Warum einem eine Stadt am Herzenliegt und einen immer wieder anlockt, ist mit-unter schwer zu definieren. Die viel gepriese-nen Sehenswürdigkeiten sind praktisch über-all innert weniger Tage abgeklappert und oftnicht einmal besonders sehenswert, geschwei-ge den würdevoll.

Wegen des Wetters geht man auch nicht inStädte, schon gar nicht nach San Francisco,wo es oft kalt und regnerisch ist, währendmeines Aufenthalts fiel das erste Mal in 26Jahren Schnee. Mitunter sind es Museen, Res-taurant, Theater und Konzerte, die locken.

Ich habe hier ein Bluegrassfestival besucht,bei dem erstaunlich urbane junge Menschenerstaunlich gut gespielt haben, und bin ein

Wörter von PörtnerKomputerkaffeehauskultur

paar Mal ins Kino gegangen. Schön ist es,wenn man ein Velo hat, mit dem man unter fa-denscheinigen Gründen die Stadt durchque-ren kann, und eine Bleibe, in der man selberkochen und ungestört herumlümmeln kann.

Was aber in San Franciscos besonders ge-fällt, sind die Komputerkaffeehäuser. Davongibt es eine Unmenge, für jeden Geschmack et-was. Alle haben Wifi und in jedem sitzen Men-schen vor ihren Komputern. Apfel (etwa 80 Pro-zent) oder Dell. Die Komputerkaffeehauskulturhat auf den ersten Blick etwas Befremdendes,all die Menschen, die einsam vor ihren Bild-schirmen sitzen, oft mit aufgesetzten Kopfhö-rern. Unserer Definition von geselligem Beisam-mensein entspricht das kaum. Es treffen sichzwar Leute in den Kaffeehäusern oder kommenzu zweit. Doch die meisten sind nicht zum Zeitvertreib da, sondern um zu lesen, lernen,schreiben, mailen, programmieren.

Einmal bin ich ohne elektronisches Gerät ineinem Kaffeehaus gesessen, nicht mal einBuch oder eine Zeitung hatte ich dabei, undkam mir dann unter all den geschäftigen Men-schen vor wie ein halber Zenmeister.

Denn hier ist das Kaffeehaus das Arbeits-zimmer und mit unzähligen Stromschienenausgerüstet. Die Leute bleiben stundenlang.Oft hinter demselben Getränk. Während manbei uns mit einer Konsumation ein Duldungs-recht von rund 20 Minuten erwirbt, beträgtdieses hier bis zu fünf Stunden.

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Pop Auf schmalem Grat

VON RETO ASCHWANDEN

Direkt, laut und lustig – diese Qualitäten machten Ina Müller popu-lär. Wer unvorbereitet in ihre Sendung «Inas Nacht» reinzappt, ist ent-weder geschockt oder hingerissen vom fröhlichen Durcheinander vonGesang, Gesprächen und Gerstensaft in der Enge einer Hamburger Knei-pe. Im Telefoninterview behauptet Müller kokett: «Ich weiss gar nicht,wer das guckt. Ich sehe ja nur die Leute im Lokal.» Die Kritiker liebendie Sendung: Von 2008 bis 2010 erhielt die Norddeutsche hintereinanderFernseh-, Comedy- und Grimmepreis. Der Ritterschlag folgt am 24.März, wenn Ina Müller die Verleihung des deutschen Musikpreises«Echo» moderiert.

Als Sängerin hatte sie ihren Durchbruch 2006 mit dem Album«Weiblich, ledig, 40». Ina Müller singt über das Liebesleben einer Frauin den mittleren Jahren und trifft dabei den Geschmack breiter Schich-ten. In der Schweiz spielt die 45-Jährige bislang vor einem überschau-baren Publikum aus Pärchen und Deutschpop-Fans. In der Heimat aberstieg das neue Album «Das wär dein Lied gewesen» auf Platz zwei indie Charts ein.

Gezügelt geht Müller trotz Breitenwirkung aber nicht zur Sache. ImTitelstück lässt sie einen Verflossenen wissen, sie habe ihm ein Stückschreiben wollen, «doch du reichst nicht mal für zweieinhalb Zeilen».Ein klassischer Fall von «Songwriters Rache», das Nachtreten gegen ehe-malige Liebhaber in Liedform. «Dadurch bleibt ein Stück emotional nahan einem dran», erklärt Müller. Ausserdem helfe es beim Verarbeiten:«Andere Leute machen Sport, um Liebeskummer zu bekämpfen, ichschreibe Songtexte. Also habe ich mir was einfallen lassen: die grösste,ultimative Gemeinheit.» Müller lacht, dem Angesprochenen war weni-ger danach: «Ich habe ihn angeschrieben, aber er hat sich nicht gemel-det. Ich glaube, der ist beleidigt, aber so wars ja auch gedacht.»

«Für S.» steht hinter diesem Stück in Klammern und auch alle andernSongtitel enthalten eine Widmung. Müller hat sämtliche Lieder mit Be-zug auf Menschen um sie herum geschrieben, «deshalb fand ich dieWidmungen eine schöne, originelle Idee, denn das machts noch per-sönlicher.» Andere Sänger halten ihre Texte lieber abstrakt, weil sie spä-ter auf Tour nicht Abend für Abend real erlittenen Liebeskummer zele-brieren möchten. Müller ist da anders: «Ich reisse beim Singen dieserLieder nicht jedes Mal wieder alte Wunden auf, sondern freue mich:Was hast du damals gelitten, aber jetzt hast du es doch überwunden.»

Anstrengend findet sie hingegen ihre öffentliche Rolle. Denn auchwenn die quirlige, spontane Art ihr Markenzeichen ist, in ihrer Selbst-wahrnehmung kontrolliert sich Müller vor Presse und Publikum: «Wenneine Aussage missverstanden wird – das bleibt dann 20 Jahre im Inter-net stehen.» Auf ein Thema reagiert Müller besonders empfindlich: «Ichsteh nicht auf jüngere Männer», ruft sie, bevor die entsprechende Fragezu Ende formuliert wurde: «Ich bin zwar mit einem Jüngeren zusam-men, aber der könnte gern auch älter sein.» Selber schuld: Das Stück«Mit Mitte 20» auf dem neuen Album erzählt vom Bemuttern eines jun-

gen Liebhabers («Das grad im Bett, das hast du gut gemacht»), aberwahrscheinlich werden nicht alle die Ironie dahinter verstehen.

Vor allem, weil Müller mittlerweile auch in Klatschheften wie «Gala»und «Neue Post» präsent ist. Was hat sie denn dort zu suchen? «Es gibteinen Deal mit meiner Plattenfirma, und wenn ich ein neues Album ver-öffentliche, muss ich mit allen Zeitschriften reden, die ein Interviewmöchten», erklärt sie genervt: «Ich finde es gemein, zu sagen, ein Inter-view für die ‹Neue Post› ist uncool, eins für die ‹Süddeutsche Zeitung›hingegen cool.»

Ina Müller weiss, dass sie gerade eine Gratwanderung absolviert: hier«die coolen Leute», die ihre Sendung lieben, weil da die Stars der Indie-szene auftreten, dort die Klatschpresse und die Niederungen des Schla-gergeschäfts. Festlegen lassen will sich Ina Müller aber nicht. «Die 60-Jährigen hören ja nicht nur Volksmusik, die kennen auch die Beatlesund die Stones. Und vielleicht bald auch Ina Müller.» ■

Ina Müller: «Das wär dein Lied gewesen» (Sony).

Bloss nicht nach jüngeren Männern fragen – Ina Müller.

Als Moderatorin von «Inas Nacht» wurde sie zum Liebling der Kulturteil-Leser. Als Sängerin erobert Ina Müllerdie Charts und die Klatschhefte. Nun balanciert die 45-jährige Deutsche zwischen Offenheit, Witz und Zurück-haltung bei Fragen nach ihrem Liebesleben.

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Kulturtipps

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BuchRettungsinseln in der Datenflut

Fakten, Zahlen, Informationen – Tag für Tag werden wir damit zu-gemüllt. Ein Buch macht daraus Bilder, die Überblick schaffen undbestens unterhalten.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

David McCandless ist Journalist und Informationsdesigner, unter ande-rem beim «Guardian» und dem Magazin «Wired». Die Berge von Datenund Fakten, Zahlen und Informationen, in, mit und von denen wir le-ben, sind sein Business und täglich Brot. Kein Wunder also, dass er daÜberblick schaffen wollte, um «in der Informationsflut nicht unterzuge-hen». Allerdings musste er sich auch fragen: Kann ein Buch voller Dia-gramme, Karten und Grafiken spannend und lesbar sein? Und witzig?Sicher nicht, wenn es nur aus den üblichen Statistiksäulen und Pro-zentkuchen oder den Fieberkurven und Zickzacklinien der Börsenkur-se, Wirtschaftskrisen und Politbarometer besteht. Also hat McCandlessexperimentiert, auf der Suche nach neuen Methoden, um «spannendeFakten und komplizierte Zusammenhänge ins Bild zu setzen» – was ihmauch bestens gelungen ist.In zwölf Themenbereiche hat er unterteilt, was ihm interessant erschienund worauf er selber gerne Antworten hätte. Und das ist wahrhaft viel-fältig: Kreationismus kontra Evolutionstheorie, Weltorganisationen ver-sus Verschwörungsszenarien, viel Ökologie von CO2-Ausstoss und bedrohten Arten über Peak Oil bis zur neuen Sintflut steigender Mee-resspiegel, Esoterik und Psychologie, reichlich Internet und Co., aberauch Rezepte für Cocktails und gegen den Kater danach, Anleitungen,wie viel Milch in welchen Kaffee gehört, Infos zum Rein und Raus vonKalorien, zu Barttypen, Sex, Ehe und Trennungsgründen, Drogen und Al-ternativmedizin oder Hollywoods Tops und Flops … Es scheint fast, alswäre ihm nichts zu gross oder zu ausgefallen, um nicht in immer neuenund anderen Bildkonzepten dargestellt werden zu können. Die Resultatesind spannend, laden zum Blättern und Schmökern ein und sicher auchzum Darüber-Reden, Miteinander-Streiten und Sich-Austauschen.Was uns McCandless da bietet, ist eine Kartensammlung in der weitenWelt «des nützlichen und unnützen Wissens». Und das ist, dank seinergestalterischen Gewitztheit, ein klug in farben- und formenreicheSchönheit verpacktes Wissen. Ein Schlaraffenland fürs Auge und – füralle, denen das Faktenwasser bis zum Hals steht – ein Carepaket, gefülltmit «Rettungsinseln in der Datenflut».David McCandless: Das Bilderbuch des nützlichen und unnützen Wissens.

Knaus 2010. CHF 38.90.

RockAus der Kuschelecke gedrängtJesse Sykes & The Sweet Hereafter vollziehen auf ihrem viertenAlbum «Marble Son» eine kleine Kehrtwende. Statt bluesiger Americana gibts nun Psychedelisches. Vom Feinsten.

VON MICHAEL GASSER

8 Minuten 23 Sekunden sind in der Popmusik eine halbe Ewigkeit. WasJesse Sykes nicht davon abhält, ihre neue CD «Marble Son» mit einemSong in genau dieser Länge zu eröffnen. «Um unser Album zu verste-hen, muss man sich darauf einlassen, sich dazu bekennen. Sonst lässtman es besser gleich bleiben», erklärt Sykes im Gespräch. Weshalb dasPièce de résistance gleich zu Beginn kommt: «Hushed by Devotion». DasLied markiert auch einen kleinen Wendepunkt in der Karriere der Ame-rikaner. Früher war in ihrem Schaffen häufig die Ruhe vor dem Sturmzu spüren, nun hat dieser zu tosen begonnen: Die Gitarren wettern ele-gisch, die Orgel köchelt und Sykes singt wie eine Getriebene.«Marble Son» wendet sich nicht so sehr von der früher deutlich hörba-ren Americana ab, als vielmehr dem San-Francisco-Sound der späten60er-Jahre zu. Die Mischung ergebe Sinn, sei es doch jene Art Musik,für die sie und ihre Band sich am meisten interessieren würden, betontdie bekennende Internet-Verachterin und verweist auf Hippiebands wieGrateful Dead. «Schon als Kind habe ich mir gewünscht, 40 Jahre frühergelebt zu haben.» Geschuldet mag der neue Sound nicht zuletzt der Tatsache sein, dass Jesse Sykes & The Sweet Hereafter in den USA seitgeraumer Zeit mit Formationen wie den ebenso psychedelischen wieharten Black Mountain touren. Was die Sängerin mit der Stimme, dievon Reife, Wärme und Traurigkeit kündet, nicht in Abrede stellt. «Dashat uns schon aus unserer Kuschelecke gedrängt.» Die Zusammenarbeit mit ihrem Gitarristen und früheren LebenspartnerPhil Wandscher sei wiederum keine einfache gewesen, dafür eine he-rausfordernde und kreative. «Wir sind wohl ein bisschen wie Ike & TinaTurner.» Sprich: eine turbulente Mischung. «Marble Son», das vierte gemeinsame Werk, sei unter schwierigen Umständen zustande gekom-men. «Wir trennten uns, Phils Vater starb, ein Freund beging Selbst-mord, ein anderer hats versucht.» Was erklärt, weshalb die Grundstim-mung der Platte alles andere als fröhlich ist, dafür rau, intensiv und verletzlich. Sie sei, so Sykes, nicht Musikerin geworden, um aufgestell-te Liedchen zu trällern. «Als Künstlerin geht es mir darum, Schmerzen-des in einen Song verwandeln können.»Jesse Sykes & The Sweet Hereafter: «Marble Son» (Fargo/Irascible).

Ein Paar wie Ike und Tina: Phil und Jesse.

David McCandless verwandelt

noch das unmöglichste Thema

in Lesergrafiken.

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KinoPlanet MürnerErwin Mürner lebt in seinem eigenen Film. Der Schweizer Rentnerglaubt an Lebewesen in fernen Galaxien. Ein Dokfilm begleitet ihnbeim Versuch, selbst einen Science-Fiction-Streifen zu drehen.

VON SARAH STÄHLI

Der grösste Traum des Rentners Erwin Mürner ist die Realisation einesScience-Fiction-Films. Der junge Winterthurer Filmemacher JonasMeier, der zuletzt mit seinen Musikvideos für die Band Rusconi für Auf-sehen gesorgt hat, begleitete Mürner bei seiner leidenschaftlichen Mis-sion. «Ich fühle mich von jeglicher Art von Abweichung aus dem Gleich-takt der gesellschaftlichen Zwänge angezogen», beschreibt Meier seineFaszination für den skurrilen Herrn Mürner. Der österreichische Regis-seur Ulrich Seidl («Hundstage») stand offensichtlich Pate bei diesemgrandiosen Porträt, in dem Meier gekonnt die Grenzen zwischen Doku-mentation und Inszenierung verwischt.Die Vorbereitungen für den UFO-Film aus dem Hause Mürner laufen aufHochtouren: Das Drehbuch ist geschrieben, die grünen Umhänge fürden Ausserirdischen im Do-It-Yourself-Laden gekauft, die perfekte Lo-cation gefunden. Nur steht Mürner leider mit seiner Begeisterung ziem-lich alleine da. Wer soll den Ausserirdischen spielen? Wer bedient dieKamera? Die Darsteller trommelt er – ohne grossen Erfolg – auf derStrasse zusammen, und am wenigsten versteht die ganze AufregungSonja Mürner, die Ehefrau. Für ihren Mann scheint sie beizeiten die grösste Ausserirdische zu sein.Doch eigentlich möchte sie nur, dass Erwin zuerst einmal sein Büro mitden bedrohlich hohen Zeitungsstapel aufräumt – O-Ton Mürner: «Ichinteressiere mich halt für fast alles» –, bevor er sein Filmprojekt in An-griff nimmt. Er nennt das ausufernde Chaos auf seinem Schreibtisch lie-bevoll «Filmkulisse» und lobt die Fantasie als überlebensnotwendigesGut. Als die Zeitungsberge in der Kehrrichtverbrennungsanlage versenktsind, holt sich der rüstige Rentner einen Computer ins Haus und ent-deckt schon bald die unglaublich echt wirkenden UFO-Filmchen aufYouTube. Er hatte also doch Recht.Der eigensinnige Hobby-Philosoph ist ein grossartiger Protagonist undMeiers Film voller Situationskomik – eine liebevolle Hommage an einenSpinner im besten Sinne, der hartnäckig an seiner Vision festhält. «Mürners Universum», ab 24. März im Kino.

Der Rentner mit den Untertassen: Erwin Mürner.

Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

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sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

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Responsability Social Investments AG, Zürich

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bewegstatt.ch, Janine Holenstein, Frauenfeld

VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

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KIBAG Kies und Beton

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Philip Maloney, Privatdetektiv

Brother (Schweiz) AG, Baden

Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

IBZ Industrie AG, Adliswil

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Moderne Kirche aus Holz: klimafreundlich.

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Im LoLa gibts Nachschub für Leseratten.

BaselNachschub-LesestoffNach dem Wochenend-Putz und –Einkauf endlich mit einem gutenBuch aufs Sofa fläzen und das Weekend «verlesen»: eine traumhafteVorstellung. Doch manchmal scheitert das Unternehmen schon vor demBüchergestell. Denn dort stehen nur die zerfledderten Krimis, die schondreimal gelesen sind – oder aber diejenigen Wälzer, mit denen manauch beim fünften Anlauf nicht warm wird … Neues soll her, doch da-für muss Platz geschafft werden. Bücher einfach ins Altpapier zu geben,geht aber gar nicht. Sie gegen andere eintauschen, das geht jedoch, sehrgut sogar. Am Freitag zum Büchertausch ins LoLa und das Wochenen-de ist gerettet! (juk)Büchertausch, jeweils am Freitagnachmittag von 14 bis 17 Uhr, ausgenommen

in den Schulferien. Nächster Termin: Fr, 25. März, Quartiertreffpunkt St. Johann –

LoLa, Lothringerstr. 63, Basel.

Metalkrieger in heavy Leder – Manowar.

BaselSchlachtgesänge an der BirsHeavy Metal ist in den Augen vieler Stadtmenschen die Musik derHinterwälder, die sich in Aggloschuppen wie dem Z7 in Pratteln zu-sammenrotten. Doch nun ziehen die Manowar gen St. Jakob an der Birsin Basel-Stadt. Ein geschichtsträchtiger Ort: Einst siedelten hier die Aus-sätzigen und ebenda wurden die tapferen, aber zahlenmässig unterle-genen Eidgenossen 1444 von den Armagnaken massakriert. Das dürfteManowar gefallen, schliesslich singen sie am liebsten von Schlachtenund spielen lauter als Stalinorgeln. Basser Joey De Maio sagt gerne Sachen wie: «I’m prepared to die for metal. Are you?» Das wirkt zwarziemlich lächerlich, doch die frühen Alben des US-Quartetts sind unan-fechtbare Meisterwerke. Das Debüt «Battle Hymns» haben Manowar unlängst neu eingespielt. Nun werden die Schlachtgesänge integral auf-geführt. Und wir holen Hellebarde und Saubanner raus. (ash)Fr, 25. März, 19 Uhr, St. Jakob Halle, Basel.

Ausgehtipps

WinterthurBauen wie in FinnlandHolz als Baumaterial spielt in Finnland tradi-tionellerweise eine grössere Rolle als in derSchweiz; hier sieht man Holzbauten allenfallsauf dem Land. Wie modern zukunftsgerichte-tes Bauen in Holz sein kann, das klimatischenund wirtschaftlichen Kriterien sowie zeitge-nössischen Bedürfnissen gerecht wird, zeigt eine vom finnischen Architekten Kimmo Kuis-manen konzipierte Ausstellung: Zu sehen gibtes Beispiele nordischer Bau- und Wohnkultur,im Zentrum steht die Frage nach dem Einflussder Klimaveränderung auf die bebaute Um-welt, die Rolle der Wälder und die Vorteile derHolzbauweise in den verschiedenen Klima-zonen. (mek)«Holz. Nachhaltiges Bauen in Finnland», noch bis am

So, 29. Mai zu sehen im Gewerbemuseum Winterthur.

www.gewerbemuseum.ch

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«Nicht mehr schweigen ! Solidarität !»

Der Volksaufstand im Maghreb braucht unsere Unterstützung.

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An Olga Korbut kommt er nicht heran: Phil Hayes.

BirsfeldenDer Vorturner

Was haben wir geschwitzt, Blasen an den Hän-den in Kauf genommen und blaue Flecken anden Beinen beklagt – und der Felgaufschwungwollte immer noch nicht gelingen! Für vielegehen die Erinnerungen an Turnstunden miteinem leichten Gruseln einher. Nicht so die Er-innerung an die Eleganz der sowjetischenKunstturnerin Olga Korbut, die in den 70er-Jahren ihre grosse Zeit hatte und Olympia- wieauch Weltmeistertitel errang. Der Künstler PhilHayes klebte damals als Kind vor dem Fern-seher und war von der Turnerin begeistert. Sosollte das Leben sein: Elegant, perfekt und vonso grosser Bedeutung wie ein Olympiasieg.Hayes widmet der Sportlerin 40 Jahre nach ih-ren Höhepunkten eine Performance. Auf unter-haltende, komische und unbeholfene Weisespürt der doch eher durchschnittlich sportlicheKünstler der Perfektion und der Konzentrationeiner Hochleistungssportlerin nach – und er-fährt so viel über das eigene Leben. (juk)«Akward Human», Performance, Do, 24. März und

Fr, 25. März, 20 Uhr, Theater Roxy, Birsfelden.

Rock’n’Roll noir: Helldorado singen von sündigen Seelen.

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Zürich/BernSchwerenöter

Im Kern sind Helldorado aus Norwegen eine Rockband. Doch über die Gitarren legen sie Trom-peten und Streicher und schaffen so Minidramen, die gut in Spaghetti-Western und Tarantino-Streifen passen würden. 2005 schufen sie mit «The Ballad of Nora Lee» vom gleichnamigen Al-bum eine Moritat, wie sie davor nur Johnny Cash und Nick Cave gelang. Bandleader Dag Vale istnicht nur ein versierter Songwriter, der Rock, Folk und Blues draufhat, sondern auch ein seltenguter Performer, der einem Schauer über den Rücken und Klösse in den Hals singen kann. 2008stand das Trio vor der Auflösung, doch dann mauserte sich der «Drinkin Song» zum Überrau-schungshit in der Türkei und zur EM-Hymne der dortigen Fussballnati. Statt Auflösung folgte einneues Album. Es heisst «Sinful Soul», klingt schwül, stürmisch und sexy. Musik für Desperados,Schwerenöter und alle Anhänger des Rock’n’Roll noir. (ash)Di, 22. März, 21.30 Uhr, Rote Fabrik, Zürich; Mi, 30. März, 20.30 Uhr, ISC, Bern.

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28 SURPRISE 246/11

Verkäuferporträt«Ich weiss, dass ich das Richtige tat»

AUFGEZEICHNET VON JULIA KONSTANTINIDIS

«In meiner Heimat Somalia herrscht seit über 20 Jahren Chaos. Einnormales Leben ist nicht möglich – es gibt Gangs, Korruption, Gewaltund Krieg. Ich bin in der Hauptstadt Mogadischu aufgewachsen. MeineMutter wurde getötet, mein Vater und meine zwei jüngeren Brüder le-ben immer noch dort. Bevor ich in die Schweiz kam, war ich in Soma-lia als sozialer Aktivist tätig. Ich half Menschen, die in Schwierigkeitenwaren, kein Geld oder kein Zuhause hatten, die medizinische Problemeoder Schwierigkeiten mit Behörden hatten. Ich nahm an Kundgebungenteil, an denen ich für ein Ende der Gewalt einstand. Ich sagte den Leu-ten: ‹Hört auf, eure Nachbarn zu foltern und eure Freunde zu töten.›

Ich weiss, dass ich das Richtige tat. Aber durch meine Aktivitätenwurde ich selber zum Ziel von Gewalt und war in meinem Leben be-droht. Deshalb musste ich meine Frau und meine Kinder sowie meinenVater und meine Brüder verlassen und aus Somalia flüchten. Am 27.Oktober 2008 kam ich in Genf an. Die erste Woche verbrachte ich in derAsylunterkunft in Vallorbe, dann wurde ich nach Baselland weiterge-schickt. Seither lebe ich im Asylzentrum in Gelterkinden. Obwohl dasZusammenleben mit so unterschiedlichen Menschen manchmal nichteinfach ist, bin ich froh, hier zu sein. Die Schweiz ist ein friedlichesLand, hier muss ich keine Angst haben, dass mich jemand bedroht, ent-führt oder sogar tötet. Seit ich hier bin, fühle ich mich sicher und bin ru-higer geworden. Ich wünschte mir, dass das Leben auch in Somaliafriedlicher wäre.

Weil die Lage in Mogadischu schlecht ist, musste meine Frau vorzwei Jahren mit den Kindern aus der Stadt fliehen. Sie ging aufs Landund dabei verloren wir den Kontakt. Ich wusste nicht, wo sie war undkonnte sie deswegen nicht kontaktieren. Sie hatte meine Telefonnum-mer verloren und dort, wo sie war, keine Möglichkeit, mich per Internetzu kontaktieren. Während einem Jahr hatte ich gar keinen Kontakt zumeiner Familie und wusste nicht, was mit ihnen passiert war. Das wareine schlimme Zeit, in der ich kaum schlafen konnte und es mir schwer-fiel, unbeschwert mit Menschen zu sprechen. Gott sei Dank bekam ichvor einem Jahr einen Brief von meiner Frau. Seither weiss ich, dass siein Sicherheit ist. Heute telefoniere ich einmal in der Woche mit meinerFrau und den Kindern. Solange ich sie am Telefon hören kann, weissich, dass es ihnen gut geht, auch wenn die Umstände schwierig sind.

Wenn ich mit anderen Menschen zusammen bin, kann ich meineSorgen vergessen. Deshalb verkaufe ich auch so gerne Surprise. Seit ein-einhalb Jahren bringe ich das Magazin vor dem Coop in Gelterkindenunter die Leute. Wenn ich dort stehe, bin ich unter Menschen, sie kom-men zu mir, sprechen mich an, manche Kinder spielen mit mir, so lerntman sich kennen. Beim Verkaufen fühle ich mich als Teil der hiesigenGesellschaft. Ich möchte mich hier integrieren, die Sprache besser ler-nen und dann hoffe ich, eine Arbeit zu finden, wobei ich für vieles of-fen bin: Weil die Lage so instabil ist, muss man in Somalia flexibel seinmit seiner Arbeit – es kann gut sein, dass du mal ein paar Monate in ei-nem Restaurant arbeitest und dann wieder als Bauer. Hier in der

In seiner Heimat half Abdi Fatah Hassan (25) Menschen in Not und kämpfte für den Frieden. Deshalb mussteer Somalia verlassen. Jetzt hat er drei Ziele: Sich integrieren, Deutsch lernen und eine Arbeit finden.

Schweiz gibt es viele Jobs, die es in Somalia nicht gibt – und umgekehrthabe ich in Somalia Arbeit gemacht, die man in der Schweiz nichtkennt.

Die erste Person, die ich hier kennen gelernt habe, ist eine Frau ausGelterkinden. Mittlerweile bin ich mit ihr und ihrer Familie befreundet.Manchmal lädt sie mich zu sich ein, oder wir besuchen Freunde von ihr.So lerne ich die Schweizer Kultur besser kennen. Diese Frau ist so offenund hilfsbereit, ich wünschte mir, dass alle Menschen so wären wie sie.Ich bin sehr froh um die Hilfe, die ich hier in der Schweiz erhalte. Weilich früher selber Menschen in Schwierigkeiten half, weiss ich, wie wich-tig es ist, Unterstützung zu bekommen.

Beim Heftverkauf lernte ich meine ersten Worte Deutsch. Seit AnfangJahr kann ich zudem drei Mal in der Woche einen Deutschkurs besu-chen, und ich möchte die Sprache schnell noch viel besser lernen. Et-was vom Schwierigsten ist für mich, mir die für meine Ohren unge-wohnten Namen zu merken und sie richtig auszusprechen. Um zuüben, verwickle ich gerne Menschen in kurze Gespräche, frage etwanach dem Weg, oder plaudere mit der Kioskfrau, wenn ich Zigarettenkaufe. Ich habe einfach gerne Kontakt zu Menschen.

Mein grösster Wunsch ist, dass meine Frau mit den Kindern hierherkommen kann, dann könnten wir hier in Frieden zusammen leben.» ■

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Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben undihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf desStrassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. IhrAlltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Ver-dienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und –verkäufer helfen sich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkau-fende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Pro-gramm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Pro-grammteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verant-wortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Weltund den Arbeitsmarkt zu werden.

Vorname, Name

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1 Jahr: 6000 Franken 1/2 Jahr: 3000 Franken 1/4 Jahr: 1500 Franken 1 Monat: 500 Franken

Ja, ich werde Götti/Gotte von:

Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

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Eine Chance für alle!Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus:

Fatima KeranovicBaselland

Bob Ekoevi KoulekpatoBasel

René SennZürich

Peter Gamma, BaselPeter Hässig, BaselMarlies Dietiker, OltenJela Veraguth, Zürich

Jovanka Rogger, ZürichWolfgang Kreibich, BaselMarika Jonuzi, BaselAnja Uehlinger, Baden

Kurt Brügger, BaselMarlise Haas, BaselTatjana Georgievska, BaselAndreas Ammann, Bern

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Ich möchte Surprise abonnieren!

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Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an:Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Gönner-Abo für CHF 260.–

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Impressum

HerausgeberStrassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden (verantwortlich), Julia Konstantinidis,Mena Kost, [email protected] MitarbeitMichèle Faller, Michael Gasser, Lucian Hunziker, Stefan Michel, Dominik Plüss, Stephan Pörtner, Angel Sanchez,Milena Schärer, Isabella Seemann, Oswald Sigg, SarahStähli, Priska Wenger, Christopher ZimmerGestaltungWOMM Werbeagentur AG, BaselDruckAVD GoldachAuflage29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 61Theres Burgdorfer, [email protected]

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Markus Hurschler, Zoë Kamermans, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected]/Kultur T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chTrägerverein Strassen magazin Surprise Präsident: Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird vonder Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Post-sendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeich-nete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag vonCHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehendeBeträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oderdem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozi-ale Institution. Die Geschäfte werden von derStrassenmagazin Surprise GmbH geführt, dievom gemeinnützigen Verein StrassenmagazinSurprise kontrolliert wird. Surprise ist führen-des Mitglied des Internationalen Netzwerkesder Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glas-gow, Schottland. Derzeit gehören dem Ver-band über 100 Strassenzeitungen in 40 Län-dern an.

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*gemäss MACH Basic 2008-2.

Vorname, Name

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PLZ, Ort

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E-Mail

Datum, Unterschrift

Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Gut betucht.Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und vonA bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschieden-farbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

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HerrenCHF 25.–

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Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baum -wolle, für Gross und Klein.

DamenCHF 20.–

XS S (auch für Kinder)

Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

*gemäss MACH Basic 2008-2.

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PLZ, Ort

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Datum, Unterschrift

Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.Alle Preise exkl. Versandkosten.

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Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

rot blau schwarz

Surprise Rucksäcke(32 x 40 cm); CHF 89.–

schwarz rot

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Von Aarbergbis Zuoz.

www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99

Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken.Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen!


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