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surprise Strassenmagazin 282/12

Date post: 24-Mar-2016
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surprise Strassenmagazin 282/12
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Bella vista Neue Perspektiven im Tessin Vorstand auf der Strasse – ein Selbstversuch als Surprise-Verkäufer Wo ist das Dunkel hin? Wenn Licht den Himmel verschmutzt Nr. 282 | 24. August bis 6. September 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.
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Wo ist das Dunkel hin? Wenn Licht den Himmel verschmutzt

Nr. 282 | 24. August bis 6. September 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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Anzeige:

Wir gratulieren!

Strassenmagazin Nr. 279 «Wir rätseln»

Gewinner Bildrätsel1. Preis: Michael Kiener, Grenzweg 19, 3097 Liebefeld2. Preis: Kurt und Ruth Schifferli, Eichholz 7B, 8614 Bertschikon3. Preis: Tita Meier, In den Klosterreben 40, 4052 Basel

Gewinner Surprise-Kreuzworträtsel1. Preis: Rosmarie Kappeler, Ottostrasse 10, 8005 Zürich2. Preis: Anna Boyer, Röschibachstrasse 52, 8037 Zürich3. Preis: Urs Steinemann, Abendstrasse 1, 3027 Bern

Gewinner FilmrätselRobert Stritmatter, Im Hirshalm 15, 4125 RiehenAdrian Strub Büenzli, Aegertenweg 7, 4450 SissachRolf Simon Zaugg, Mirchelstrasse 26, 3506 Grosshöchstetten

Strassenmagazin Nr. 280«Wir spielen»

Gewinner BrückenrätselSabine Arnold, Vielmattstrasse 5, 3512 Walkringen

Gewinner SudokuLengenfelder/Dunst, Schwandenholzstrasse 242, 8046 Zürich

Gewinner BimaruVatika Lüthy, Bönistrasse 4, 8800 Thalwil

Gewinner Bildrätsel1. Preis: Karin Arquisch, Malixerstrasse 7, 7000 Chur2. Preis: Monika Bachmann, Götzstrasse 8, 8006 Zürich3. Preis: Ruth Schaub-Krebs, Schulgasse 1, 4460 Gelterkinden

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Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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EditorialNeue Gesichter mit neuen Geschichten

Für Medienschaffende sind die Sommerwochen eine schwierige Zeit. Die Nachrich-ten fliessen spärlich und interessante Gesprächspartner sind nicht erreichbar, weilsie Ferien machen. Wir sind diesen Schwierigkeiten mit zwei speziellen Heften zuden Themen Rätsel und Spiele begegnet und haben Ihnen, geschätzte Leserinnenund Leser, allerlei Denksportaufgaben gestellt. Wir bedanken uns bei allen, die unsihre Lösungen geschickt haben, und präsentieren die Gewinner auf der gegenüber-liegenden Seite.

Während wir diese Sondernummern produzierten, planten wir parallel frische Ru-briken von neuen Mitarbeitern, die wir hiermit herzlich willkommen heissen.

Auf Seite 5 finden Sie die erste Folge von «Die Sozialzahl», die künftig abwechselndmit der beliebten Bastelseite erscheint. Autor dieser neuen Kolumne ist Carlo Knöp-fel. Der Sozialwissenschaftler war Mitglied der Geschäftsleitungen von CaritasSchweiz und der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Heute arbeitet der Experte für sozialeProb lemlagen und gesellschaftliche Zusammenhänge als Dozent an der Hochschule für Soziale Arbeit. Knöpfelist auch ehemaliger Vereinspräsident von Surprise und kehrt nun quasi an die alte Wirkungsstätte zurück. Inseiner Kolumne wird er Ihnen in jedem zweiten Heft Statistiken aus dem Sozialbereich präsentieren und er-klären, welche gesellschaftlichen Entwicklungen sich hinter den Zahlen verbergen.

Ebenfalls neu bei Surprise ist Shpresa Jashari. Geboren als Albanerin in Mazedonien, kam sie als Dreijährigemit der Mutter zum Vater in die Schweiz, wo sie im Kanton Schaffhausen aufwuchs. Heute lehrt sie an derUni Freiburg i. Br. und forscht auf dem Gebiet der interdisziplinären Sprachwissenschaft. Einen ihrer Schwer-punkte bildet das Spannungsfeld unterschiedlicher Kulturen, in dem sich Einwandererkinder bewegen. In derKolumne «Fremd für Deutschsprachige» erzählt sie in jedem zweiten Heft lustige, absurde und bedenklicheEpisoden aus der Migration. Die visuelle Umsetzung der Geschichten besorgt Rahel Nicole Eisenring, eine um-worbene Illustratorin aus Luzern. Das Debüt von Jashari und Eisenring finden Sie auf Seite 22.

Neuigkeiten gibt es auch bei den Kulturtipps. Bislang haben wir die kulinarischen Belange vernachlässigt, da-bei bilden doch Essen und Trinken fundamentale Kulturgüter. Darum schreibt Tom Wiederkehr fortan alle vierWochen über besondere und besonders schmackhafte Lebensmittel und Gerichte. Diese Rubrik präsentierenwir in Kooperation mit Wiederkehrs Blog Piatto forte, wo Sie jeweils Bezugsquellen und Rezepte zu den imHeft präsentierten Leckereien finden können.

Ich wünsche «en Guete» und bekömmliche Lektüre.Reto Aschwanden

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RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

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Inhalt02 Wir gratulieren …

… den Gewinnern unserer Rätsel03 Editorial

Frisch in den Herbst05 Die Sozialzahl

Arme Rentner06 Aufgelesen

Gefängnisgeflüster06 Zugerichtet

Im Schlafzimmer der Russin07 Strassensport

Meisterschaft in Zürich07 Starverkäufer

Daniel Stutz 08 Porträt

Frau Freitag ist so frei 20 Rollenwechsel

Ein Unternehmer als Strassenverkäufer 22 Fremd für Deutschsprachige

Ausländergärtchen im TV-Studio 23 Cirque de Loin

Gaukler an der Mutterbrust24 Kulturtipps

Die Wurst vom Italiener26 Ausgehtipps

Zauberhaftes Afghanistan28 Verkäuferporträt

Abschied aus Basel29 Projekt Surplus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

Über die Jahrzehnte verliessen viele Tessiner ihre ab-gelegenen Ortschaften. Und schimpften dann über dieDeutschschweizer, die ihre halb verfallenen Rustici zuFerienhäuschen umbauten. Der Kulturkampf mussnicht sein: In Mergoscia, einem Dörfchen am Ausgangdes Verzascatals, erweckte die Zürcher Genossen-schaft Campo Cortoi eine Alp zu neuem Leben. Schü-ler und Firmen erleben in Lagern den Reiz einer ein-fachen Existenz mit Kochen über Holzfeuer und sor-gen gleichzeitig für Nachfrage im letzten Dorfladen.

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Der elfjährige Mithun aus Indien trägt pro Tag 100Steine aus einer Laterit-Mine im Ratnagiri-Distrikt.Für jeden Stein erhält er zwei Rupien, etwa vier Rap-pen. So wie er müssen sich Millionen von Minderjäh-rigen den Lebensunterhalt für sich und ihre Familienverdienen. Ein Fotoessay über Kinder, die zur Arbeitstatt in die Schule gehen.

14 LichtverschmutzungEs werde Nacht

Überfluss produziert Abfall – das gilt auch beim Licht:Seit uns Energie scheinbar unbeschränkt zur Verfü-gung steht, strahlen immer mehr Lampen sinnlos inden Nachthimmel hinaus. Mit der Konsequenz, dassdie Milchstrasse hinter einer milchig leuchtendenGlocke verschwindet. Die Politik und selbst die gros-sen Umweltverbände interessieren sich kaum für die-sen Kollateralschaden der Industrialisierung. Dennochgibt es einen Hoffnungsschimmer.

10 TessinFrischer Wind in der Sonnenstube

17 KinderarbeitKleine Krampfer

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Die beschriebene Entwicklung hat nicht nur mit den Ge-

gebenheiten auf dem Arbeitsmarkt zu tun. Natürlich haben

es Menschen mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit

schwer, einmal arbeitslos wieder eine feste Stelle zu finden.

Dies trifft ganz besonders auf ältere Personen zu. Doch das ist

nicht erst seit den letzten fünf Jahren so.

Darum müssen noch andere Begründungen für diese un-

guten Verschiebungen der Anteile unter den Sozialhilfebezie-

henden gefunden werden. Eine Vermutung verweist auf die

Revisionen bei der Invalidenversicherung. Diese Reformen ha-

ben Schritt für Schritt die Hürden für den Bezug einer Invali-

denrente erhöht. Noch in den Neunzigerjahren bekamen älte-

re Arbeitslose mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit

nicht immer, aber sehr oft eine IV-Rente zugesprochen. Heute

verbleiben viele in der Sozialhilfe, wo sie inzwischen als So-

zialhilferentner bezeichnet werden.

Was soll mit diesen Personen gemacht werden? Die Mei-

nungen gehen auseinander. Die einen argumentieren, dass die

knappen Mittel, die für die Förderung der beruflichen Integra-

tion zur Verfügung stehen, auf die jungen Menschen in der So-

zialhilfe konzentriert werden sollten. Die anderen möchten

zumindest die soziale Integration fördern, etwa mit Freiwilli-

gen-Projekten wie jenes der Stadthelfer in Basel. Die dritten

plädieren trotz allem für Versuche zur beruflichen Reintegra-

tion, zum Beispiel mit Sozialfirmen. Wie auch immer: Die

Teilnahme an einer Integrationsmassnahme sollte für diese Al-

tersgruppe freiwillig sein.

CARLO KNÖPFEL ([email protected])

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Die SozialzahlArm im Alter

Die Grafik zeigt die prozentualen Anteile der verschiede-nen Altersgruppen am Total aller Sozialhilfebeziehenden von2005 bis 2010. Der Anteil der älteren Menschen in der Sozialhilfe hat in den letzten Jahren zugenommen. Bei den46- bis 55-Jährigen stieg er zwischen 2005 und 2010 von 12,3auf 14,5 Prozent, bei den 55- bis 64-Jährigen von 5,7 auf 7,5Prozent. Gesamthaft ist der Anteil der älteren Sozialhilfebe-ziehenden von 18 auf 22 Prozent oder um rund ein Fünftelgrösser geworden. Inzwischen sind über 50 000 ältere Perso-nen über längere Zeit auf Sozialhilfe angewiesen.Hinter diesen Zahlen verbirgt sich ein wachsendes Ar-mutsrisiko dieser Altersgruppen. Betrug die Sozialhilfequoteder 46- bis 55-Jährigen 2005 noch 2,9 Prozent, so liegt siefünf Jahre später bereits bei 3,2 Prozent. Damit ist sie höherals die gesamtschweizerische Sozialhilfequote, die 3,0 Pro-zent beträgt. Einen ähnlichen Trend findet man auch bei den55- bis 64-Jährigen: Hier stieg die Sozialhilfequote im glei-chen Zeitraum von 1,9 auf 2,3 Prozent. Diese Entwicklungensind besonders beunruhigend, weil sich die durchschnittlicheSozialhilfequote im gleichen Zeitraum praktisch nicht verän-dert hat.Aus ersten Studien ist bekannt, dass vor allem geschiede-ne, alleinlebende Männer mit geringer beruflicher Qualifika-tion und gesundheitlichen Einschränkungen zu den älterenSozialhilfebeziehenden gehören. Sie sind seit einigen Jahrenarbeitslos, wurden ausgesteuert und beziehen nun Unterstüt-zungsleistungen vom Sozialamt.

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AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Knast-Radio

Nürnberg. Die 51-jährige Haushälterin Re-nate Friedrich moderiert ehrenamtlich dieRadiosendung «Strafzeit» – eine emotionaleAngelegenheit. Denn darin liest sie Briefevon Gefangenen an ihre Angehörigen undumgekehrt vor, Botschaften wie: «Wir schaf-fen diesen Weg gemeinsam, mein Schatz.»Die Nachrichten der Häftlinge seien jedochnicht immer so rührend, sagt Friedrich: «Oftbedauern die sich im Knast nur selbst, dieFrau draussen aber muss alleine mit denKindern richtig kämpfen.»

Reich und sozial

Hamburg. Alternative Hanseaten blickenneidisch nach Süden: Während bei ihnen ge-rade ein ganzer Stadtteil an Gross-Investorenverkauft wurde, steht auf dem ehemaligenMilitärgelände Vauban in Freiburg seit Mitteder Neunzigerjahre ein ökologischer «Mo-dellstadtteil» mit selbstverwalteten Wohn -gemeinschaften und zehn Prozent Sozial-wohnungen. Doch auch in Vauban stiegendie Mieten. Ein Bewohner beschreibt die Si-tuation wie folgt: «Die Leute hier verdienenein Schweinegeld, aber die meisten engagie-ren sich sozial.»

Kaufsüchtig

Kiel. Es gibt Stimmen, die sagen, der Begriff«Konsum-Zeitalter» sei überholt – da wir mitdem Konsumieren all der Dinge, die wir kau-fen sollen, gar nicht mehr nachkommen. Diepassende Krankheit dazu heisst Kaufsucht,Schätzungen gemäss leiden fünf bis achtProzent der deutschen Bevölkerung darun-ter: Um negative Gefühle zu verdrängen,kaufen sie laufend Dinge, auch solche, diesie gar nicht brauchen können. Die Unter-drückung dieses Triebs führt zu Entzugser-scheinungen wie innere Unruhe, Zittern undSchweissaus brüche.

ZugerichtetDer Stricher und die RussinSie hatten als Küchenjungen, Förster undMaurer gearbeitet, zu Hause in Bulgarien.Der Lohn war gering, die Abenteuerlustgross. So beschlossen sie, ihr Glück in derSchweiz zu versuchen. Doch eine Arbeit zufinden, erwies sich für die jungen Burschen,die weder lesen noch schreiben können, alsschwierig, und schon bald landeten sie aufdem Schwulenstrich hinter dem Hauptbahn-hof Zürich oder boten sich in einer Bar imNiederdorf an, die mit «vielen jungen, hüb-schen Boys aus aller Herren Länder» wirbt.In einer Sommernacht letzten Jahres, wäh-rend sie in jener Bar auf Kundschaft warteten,die nicht selten aus verheirateten Familien-vätern besteht, erzählte ihnen der 26-jährigeAnjo von der Begegnung, die er glei chentagsin einem Café mit Katarina, einer 40 Jahre äl-teren Russin, hatte. Sie wohne ganz in derNähe und bewahre, so hatte sie ihm anver-traut, ihre Wertsachen zu Hause auf. Die jun-gen Männer wiesen nun die Freier ab undheckten einen Plan aus, der mehr Geld inAussicht stellte als schneller Sex.Kurz vor Mitternacht läutete Anjo an Katari-nas Haustüre. Es gehe ihm schlecht, ob ernicht bei ihr übernachten könne. Gutmütigliess sie ihn herein und offerierte ihm das Gä-stezimmer. Anjo aber blieb wach, denn seineKumpels warteten draussen, damit er sieheimlich zur Türe hereinlasse.Zu viert überwältigten die jungen Männerdie schlafende Frau, fesselten sie an Händenund Füssen mit ihren Strümpfen. Und damitniemand ihr Schreien hören könnte, stopftensie ihr den auf dem Bett liegenden Teddybä-ren in den Mund. Sodann durchwühlten siealle Schubladen und packten ein, was sie

fanden: Ohrringe, Hals- und Armketten, Fin-gerringe, Armbanduhren und Broschen imWert von 69 510 Franken. Eilig machten siesich Richtung Italien davon. Die alte Dameliessen sie geknebelt und gefesselt zurück.Eine Karre voller junger Männer um sechs Uhrmorgens – das erregte die Aufmerksamkeit derZöllner in Chiasso. Auch war Frau Katarinanicht so tatterig, wie die Täter aufgrund ihresAlters gehofft haben mochten. Sie konnte sichselbst befreien und die Polizei anrufen. Vor Ge-richt stehen drei der insgesamt sechs Täter.Zwei erhalten einen separaten Prozess. UndAnjo hatte sich während der Untersuchungs-haft in der Toilette seiner Zelle mit einem Lein-tuch erhängt.Von den drei Bulgaren auf der Anklagebank,nennen wir sie B., C. und D., will der Richterwissen: «Was würden Sie sagen, wenn jemandso etwas mit Ihrer Mutter oder mit Ihrer Gross-mutter machte?»B. hält sich gebückt: «Ich möchte mich innigstentschuldigen bei der Frau, 100 000 Mal, undich möchte sie wissen lassen, dass ich es vonHerzen meine.» Sein Gewissen plage ihn,nachts könne er deswegen nicht schlafen.C. sagt: «Ich wünschte mir, ich wäre schon lan-ge vorher gestorben, dann hätte das nicht pas-sieren können.» Was er getan habe, sei einegrosse Sünde. «Ich weiss nicht, wie ich das vorGott verantworten kann.»Der dritte, D., verliert nicht viele Worte überseine Tat. Vier Jahre und je zwei Mal dreiein-halb Jahre lautet das Urteil. Pünktlich zumMittagessen schliesst der Richter die Verhand-lung und wünscht allen «En Guete».

ISABELLA SEEMANN ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

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Starverkäufer Daniel StutzLeah Longmoor aus Zürich nominiert DanielStutz als Starverkäufer: «Auf meinem Wegzur Arbeit am Limmatquai in Zürich verkauftDaniel Stutz das Strassenmagazin Surprise.Ich möchte ihn gerne als Starverkäufer no-minieren. Er ist immer äusserst freundlich,grüsst mit seinem ganz besonderen, aber zu-rückhaltenden Lächeln, welches ihn be-sonders sympathisch macht.»

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GNominieren Sie IhrenStarverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Verein Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

Surprise StrassensportWer wird Schweizermeister?

Surprise Strassensport freut auf ein echtes Fussballfest, als würdigesFinale der Jubiläumssaison zum zehnjährigen Bestehen. Ein Fest feiertman mit Freunden. Toll, schnüren mit den 18 Liga-Teams auch Ex-Na-tionalspieler Thomas Bickel, Regisseur Michael Steiner und die beidenSchauspieler Leonardo Nigro und Beni Fueter die Schuhe, um in einemTestspiel die Schweizer Strassensport-Nationalmannschaft zu prüfen. Esfreut uns ausserordentlich, dass zu diesen alten Freunden, die SurpriseStrassensport schon länger verbunden sind, mit den Ex-Nationalspie-lern Pascal Zuberbühler und Bruno Berner zwei neue Liga-Sympathi-santen stossen. Das All-Star Team wird ein harter Gegner für unsere neuzusammengestellte Nationalmannschaft. Aber richtig wichtig wird esfür die Surprise Nati ja erst im Oktober beim Homeless World Cup inMexico City.

Um den Schweizermeistertitel geht es dagegen für die Liga-Teams.Das sorgt für zusätzliche Spannung beim ohnehin attraktiven, schnellen

und torreichen Street-Soccer-Turnier. Angepfiffen werden die Meister-schaften mit einem Willkommensgruss von Fussballegende und Bon-mot-Meister Gilbert Gress.

Das Pfeifen übernehmen danach drei offizielle Referees vom Home-less World Cup sowie unsere ligaintern ausgebildeten Schieds richter. Siebeurteilen auch, welches der Teams die wichtigste Trophäe von Surpri-se Strassensport mit nach Hause nimmt: Die Fairplay Trophäe! ■

Samstag, 8. September, Helvetiaplatz, Zürich

10.45 Uhr: Begrüssung durch Gilbert Gress und Turnieranpfiff

13.00 Uhr: Testspiel, Surprise Nationalmannschaft vs. All-Stars

17.00 Uhr: Siegerehrung

www.strassensport.ch

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VON DIANA FREI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILD)

In ihrem Haus hat es einen Wasserschaden gegeben, jetzt werdenPlatten herausgenommen, «ein Terrorlärm», sagt Kafi Freitag, und soverlegt sie den Interviewtermin kurzfristig ins Restaurant Volkshaus imZürcher Kreis 4. Es wird ein Gespräch mit Birchermüesli im Mund undKaffeetasse in der Hand. Die Serviceangestellte ist eine Freundin vonihr, und die trägt bei hochsommerlichen Temperaturen ein Foulard,weil Kafi sie und sich selber tags zuvor zwecks Behandlung von Hals-schmerzen geschröpft hat. Nun haben beide Male, die aussehen wieKnutschflecken. Aber darum schert sich Kafi Freitag auch dann nicht,als sie fotografiert wird, und die Halsschmerzen, die sind weg. Eitel istdiese Frau nicht.

Stilbewusst schon, und zwar bis ins Detail. Gestreiftes Shirt, gelbeHose, Strasskette, Schuhe mit rotem Karo, knallroter Lippenstift: Dasklingt abenteuerlich, sieht aber perfekt aus. Die kurzgeschnittenen Fin-gernägel sind lackiert, türkisfarben, nur derZeigefinger ist golden. Es gibt vielleicht Leute,die zuerst einen Stilblog angeschrieben undgefragt hätten: Darf man das? Kafi Freitag darfund schreibt den Blog gleich selber. Aufwww.fragfraufreitag.ch beantwortet sie soziemlich alles in Sachen Savoir Vivre. Auf die Frage, was sie denn dazulegitimiere, Ratschläge zu erteilen, erwidert sie unbekümmert: «Nichts!Ich mache das einfach.» Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht.

Frau Freitag hat die Begabung, Sachen von einer anderen Seite zu be-trachten und einen neuen Blick auf alte Probleme zu werfen. Das istnicht nur hilfreich für Leute mit ernst gemeinten Fragen, sondern auchunterhaltsam für die anderen. «Ich merke, dass die Menschen nicht ehr-lich miteinander sind», findet die Bloggerin. «Jeder ist perfekt, führt dieperfekte Beziehung, jeder hat das perfekte Kind, den perfekten Job, denperfekten Lohn. Und wenn du dann kommst und sagst, ich habe diesoder jenes Problem, dann schauen dich alle verwundert an. Mit meinemBlog mache ich das Gegenteil. Ich sage: Ja, sicher ist es so. Es ist bei al-len so.» Den Blog hat sich Kafi Freitag auf Weihnachten geschenkt, undsie betreibt ihn ohne Werbung oder Arbeitgeber. Die 37-Jährige geniesstbereits leisen Kultstatus. Jeroen van Rooijen, der Stilpapst der NZZ, ver-weist in seinem Blog auf sie als «eine der geistreichsten Kolleginnen»,und auf Facebook postet die Zürcher Schauspielprominenz Sätze wie«Ich kenne Kafi Freitag schon lange, im Fall!». Es fühlt sich vertraut an,wenn Kafi (so nennen sie ihre Freunde übrigens wirklich, auch wenn sieeinst Karin getauft wurde) mit warmer Stimme und bestärkendem Nach-druck Dinge sagt wie: «Wäisch, e chli so» und «Jaaa, richtig!» oder «Nei,überhaupt nöööd!». Es klingt genau so, wie man es von einer Freundinbeim Kaffeetrinken gerne hätte.

Ihr Geld verdient Freitag als NLP- und Hypnose-Coach mit Diplom.Hypnose wird oft als Scharlatanerie und der psychologische Ansatz desneurolinguistischen Programmierens NLP als Pseudowissenschaft abge-tan. Aber solche Kategorien kümmern Kafi Freitag wenig: «Die thera-peutische Hypnose hat nichts mit dieser Showhypnose zu tun, wo

PorträtTherapeutin der VolksseeleHauptberuflich coacht Kafi Freitag Menschen. Und als Frau Freitag plädiert sie online für eine gesunde Feh-lerkultur anstelle des perfekten Scheins: eine Frau, die Volkserziehung mit Savoir Vivre verbindet.

irgendwelche Leute beginnen, Zwiebeln zu essen. Ich nutze die kleinenTrancezustände, die jeder Mensch hat, wenn er zum Beispiel eine Mi-nute rausguckt ins Nichts.» Es geht darum, die Aufmerksamkeit einesMenschen auf eine andere Schicht des Bewusstseins zu lenken, wegvom rein analytischen Denken. Als NLP-Coach versucht Freitag denKlienten letzten Endes dazu zu bringen, dass er merkt, dass er die Din-ge selber in der Hand hat. Kafi Freitag hat die Dinge jedenfalls immerselber in die Hand genommen: Anfang 20 wurde sie zu Europas jüng-ster Geschäftsführerin einer deutschen Billig-Modekette, später betätig-te sie sich als Ghostwriterin für einen SP-Politiker und heute schreibt sieneben ihrem eigenen auch einen Auftragsblog für Kunst und Architek-tur. Als die gebürtige Solothurnerin mit Mitte 20 nach Zürich zog, lan -dete sie mit KV, aber ohne Bankausbildung bei der UBS. «Ich hatte mireigentlich geschworen, ich würde nie – aber nie! – bei einer Bank ar-beiten. Aber dann habe ich mich reingekniet, die Leute sahen es, undsie haben mich machen lassen.» Wenn sie eine Idee oder einen Verbes-

serungsvorschlag hatte, schrieb sie «dem Ospel» eine E-Mail. Und derOspel schrieb jeweils zurück. «Alle ringsum waren ein bisschen ent-setzt. Aber für mich war es das Normalste der Welt. Ich hatte zuvor nurin KMUs gearbeitet und hatte keine Ahnung von den Strukturen bei derUBS.» Zuletzt betreute sie als Anlageberaterin 500 Kunden. «Ich habegemerkt, dass es um Menschen geht. Und es geht um etwas sehr Per-sönliches, nämlich um ihr Geld. Wenn du den Menschen als Ganzes an-siehst, dann ist es ein extrem spannender Job. Man kann es auch extremgrusig machen. Und heute wirst du gezwungen, es grusig zu machen»,sagt Freitag und löffelt ihr Birchermüesli aus. Sie hat die Konsequenzengezogen und die Bank verlassen.

Kafi Freitag ist ein Mensch, der Stellung bezieht. Sich exponiert. Undmit ihrem Blog zwangsläufig gesellschaftliche Minenfelder ergründet.«Ich habe kürzlich die Frage gehabt, ob es okay sei, die eigenen Kinderanzuschreien. Ich fand: Ja! Natürlich! Jeder, der einigermassen ehrlichist, findet: Mein Kind nervt manchmal.» Es gab jede Menge Reaktionen.Eltern fanden: Endlich sagt es mal jemand! Und zwei Frauen ohne Kin-der fanden das Statement menschenverachtend, man müsse ihr dasKind wegnehmen.

Ihr Kind ist übrigens ein achtjähriger Sohn, für den sie sich zusam-men mit ihrem Ex-Mann das Sorgerecht teilt und den sie als «ein insge-samt sehr gelungenes Kind» bezeichnet. Sie gibt ihm dieselben Grund-sätze mit auf den Lebensweg wie den Fragestellern auf dem Blog:«Wenn ich die Leute zu etwas erziehen will, dann dazu, auch mal etwasUnkonventionelles zu machen. Viele Menschen handeln nicht – aus ei-ner Angst heraus, falsch zu handeln. Aber man darf auch Fehler machenund sich manchmal falsch entscheiden.» Und sie fügt mit Nachdruck an:«Das darf man!» ■

Wenn sie eine Idee oder einen Verbesserungsvorschlaghatte, schrieb sie «dem Ospel» eine E-Mail. Und der Ospelschrieb jeweils zurück.

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Tessin Invasion der KulturerhalterMan spricht Deutsch auf tausend Metern im Tessin. Doch Rustici restaurieren kann mehr sein als ein Robi-Spielplatz für Erwachsene. Initiativen wie Campo Cortoi und Pro Mergoscia bringen frischen Wind in die Son-nenstube.

VON OLIVIER JOLIAT (TEXT UND BILDER)

«Die blutgetränkte Erde der Vorfahren wird preisgegeben an Speku-lanten und vermögende Zugezogene ohne Sinn für echtes TessinerVolksgut und Kultur», wettert Piero Bianconi in seinem wohl bedeu-tendsten Werk «Albero genealogico». «Der Stammbaum» heisst das dü-stere Buch aus der Sonnenstube auf Deutsch und stammt von 1969. Derkritische Intellektuelle erzählt die Emigrationsgeschichte seiner eigenenVorfahren aus Mergoscia.

Das Bergdorf liegt in der geografischen Mitte des Tessins, am Aus-gang des Verzascatals. Auf 735 Metern über Meer blickt man wunderbarüber den Stausee, von dessen Mauer man sich ganz James-Bond-like insSeil stürzen kann. Weiter führt der Blick hinaus in die Magadinoebeneund über den Lago Maggiore. Der Dorfplatz, mit Pergola-Osteria und derergreifend schönen Kirche Santi Gottardo e Carpoforo aus dem Jahr1354, rundet das Idyll der Ausflugsdestination ab. Ein Blick auf den al-ten Friedhof hinter der Kirche und einer ins Telefonbuch zeigt jedoch,was Bianconi meinte: Die Grabsteine tragen alle die Namen von weni-gen alteingesessenen Familien. Wer im Internet nach Telefoneinträgenin Mergoscia sucht, bekommt vor allem Deutschschweizer Namen.

Eine andere NormalitätDen virtuellen Eindruck bestätigt Urs Nüesch, Mitinitiant von Pro

Mergoscia, einem Verein, der die Natur und die Kulturlandschaft desBergdorfes fördern und pflegen will: «Unsere Rundschreiben gehen anetwa 800 Adressen auf dem Gemeindegebiet. Mergoscia selbst zähltaber nur etwas über 200 Einwohner.» Wie real die Adressen sind, dasheisst wie viele Rustici im Gebiet zwischenden Alpen Bietri, Porchesio und Cortoi neu ge-nutzt werden, kann er jedoch selbst nicht be-urteilen. Gut 700 solcher Steinhäuser sind aufdem Gemeindegebiet von Mergoscia regi-striert. Ihr Zustand reicht vom Steinhaufenüber stilgerecht restaurierte Rustici bis zum Testgelände für Baumarkt-Schnickschnack. Der kritische Intellektuelle Bianconi hatte durchausrecht, wenn er den «Ausverkauf der Heimat» anprangerte. Viel mehrnoch als im Wallis oder in Graubünden verkauften die armen Bauernhier ihre Rustici in der Hoffnung auf schnelles Geld in Wildwestmanier– Regeln gab es damals keine. Und ob die Zweitwohnungsinitiative indiesem Chaos greifen kann, ist mehr als fragwürdig. Nicht einmal dasGewerbe profitiert nachhaltig vom Bauboom der Deutschschweizer.Denn meist kaufen die ihr Baumaterial nördlich der Alpen, und auch dieLebensmittel werden grösstenteils im Kofferraum durch den Gotthardtransportiert.

Doch nicht alles ist so grau wie der Granit der Rustici. Gerade in derHeimatgemeinde Bianconis wird dank Deutschschweizer Initiativendem von ihm angeprangerten «Verlust von Massstäben und Traditionen»

entgegengewirkt. «Wir wollen natur- und kulturinteressierten Touristendie Eigenheiten und die Schönheit dieser doch etwas abgelegenen Ge-gend zeigen sowie das soziokulturelle Leben in der Gemeinde fördern»,erklärt Pro-Mergoscia-Mitgründer Urs Nüesch das Ziel des Vereins.

Seit 2003 werden in der Gemeinde historische Gebäude wie die alteBackstube, der Hanfbrunnen, die Presse und der Brennofen saniert undder Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein gut markierter und mit Info-tafeln versehener Kultur- und Naturweg verbindet die Sehenswürdig-keiten. Das Herzstück bildet der neu angelegte Abschnitt durch diewiederhergestellte Kastanienselve, von Mergoscia hoch auf dessen Mai-ensäss Monti di Cortoi.

Kastanienwälder sieht man in der Gegend überall. Früher galt die Ka-stanie als Lebensbaum. Ihre Früchte bildeten die Nahrungsgrundlage,während der Stamm Holz zum Bauen und Heizen lieferte. Als «Selve» be-zeichnet man die traditionelle Hochstammobstanlage mit Edelkastanien.Der Baumbestand ist viel lichter als im Wald und die Kastanien werdenintensiv gepflegt. Denn während oben in den Bäumen die Früchte wach-sen, nutzt man den Boden darunter als Weidefläche oder zum Mähen.

Um den steilen Tessiner Hängen fruchtbaren Boden abzutrotzen,wurde das Gelände terrassiert. Unzählige wieder aufgebaute Trocken-mauern schützen vor Erosion und schaffen bebaubare Stufen. Auf eini-gen Terrassen sollen schon bald wie früher Getreide, Kartoffeln und Ge-müse angebaut werden, andere sind mit Reben bestockt. Der Weg führtauch am Holzerseil und der antiken Mühle vorbei. Plant Pro Mergosciaeine Art Tessiner Ballenberg, Herr Nüesch? Der Gründer verneint ent-schieden: «Hier wird nicht Vergangenheit ausgestellt. Die verbliebeneLandwirtschaft Mergoscias nutzt schon jetzt die Weideflächen.»

Weiter oben führt ein mit viel Schweiss angelegter Steinstufenwegdurch einen Niederwald. Die gerade wachsenden Triebe aus den mäch-tigen, regelmässig gestutzten Kastanienstrunken liefern Holz zum Bau-en und Feuern. Hat man Stufen und Wald durchwandert, gelangt mannach rund 40 Minuten über eine Wiese zum Monti di Cortoi.

Der grösste Teil des auf 1000 Metern über Meer gelegenen Maiensässgehört der Zürcher Genossenschaft Campo Cortoi. Über neun Rusticiverteilt, betreibt hier das Betriebsleiter-Paar Andrea Kohler und LorenzNydegger ein kleines Ferien- und Lagerdorf mit 26 Schlafplätzen. Ver-glichen mit früher, als im Erdgeschoss der Steinhäuschen die Geissenstanden, während oben Hirten und Heu ihr Lager hatten, wird heute ei-niges an Komfort geboten.

Seit dem Projektstart 1963 wurde sukzessive an der Infrastruktur ge-arbeitet. Von Anfang an wurde dabei Wert auf traditionelle Bauweise ge-

Die armen Bauern verkauften ihre Rustici in Wildwestmanier.Es ist fragwürdig, ob die Zweitwohnungsinitiative in diesemChaos greifen kann.

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legt. Klar bekamen die nun als Wohnhaus genutzten Rustici mehr Fen-ster, die baufälligen Dächer wurden aber wieder aufwendig und teuermit Granitplatten gedeckt. In den Achtzigern wurde dann eine Kläran-lage fertiggestellt und eine neue Wasserversorgung brachte fliessendesWasser in einen Teil der Häuser.

Seit den Neunzigern gibt es Strom aus der Solaranlage. Das Haus derBetriebsleiter verfügt über normale Netzspannung. Schliesslich müssendie zwei von hier aus die ganze Büroarbeit erledigen und per Internetmit dem Unterland kommunizieren. Anson-sten wird der Solarstrom im Campo nur fürLicht und Heizung genutzt. Doch Kochen aufdem Holzfeuer hat auf der Alp besonderenCharme, und dank der Fotovoltaikanlage kannman sogar warm duschen. «Manche Jugendliche scheisst es anfangsschon an, wenn ihre MP3-Player und Natels nach zwei Tagen keinenStrom mehr haben. Doch das Thema ist meist schnell erledigt, und amEnde finden sie es eine tolle Erfahrung», erzählt Nydegger. Die Jugend-lichen haben abends unter der Dorfplatz-ähnlichen Pergola eh genug zuerzählen, was sie durch den Tag alles gemacht haben. Es muss nicht ein-mal Trockenmauern bauen, Weg sanieren oder Weiden mähen sein. Fürviele Städter ist es schon ein spektakulärer Event, Feuerholz zu schla-gen und dann damit zu kochen. «Wir wollen den Jugendlichen keineMoralpredigt auf die heutige durch und durch technologisierte Welt hal-ten. Wir wollen ihnen eher eine andere Normalität zeigen», wehrt sichKohler dagegen, hier ein «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten» zu inszenie-ren. Das Betriebsleiter-Paar sieht sich denn auch weder als Aussteigernoch als Freaks: «Wir haben von Zirkustourneen über Gastro-, Kultur-und Sozialprojekte schon viel gemacht. Und so passt die Führung von

Campo Cortoi gut in unser Leben.» Anfangs vor allem auf Jugendlicheausgerichtet, wollen die beiden Campo Cortoi mit Spezialwochen wieden Kräuter- oder Handholzerei-Kursen auch für Erwachsene und Fa-milien attraktiv machen. Nydegger: «Unsere Vorgänger haben die Infra-struktur ausgebaut, wir wollen nun das Angebot erweitern und bewir-ten auch Gruppen und Firmen, die in Cortoi gerne Retraite machen.»Einer der Vorgänger war Urs Nüesch, der von 2000 bis 2006 mit seinerFrau und später auch mit der ersten Tochter hier oben wirkte. Hier auf

der Alp entstand auch die Pro-Mergoscia-Initiative. Campo Cortoi unter-stützt das Projekt mit Arbeitswochen. So kommen etwa jedes Jahr dieLehrlinge von Grün Stadt Zürich, bauen und sanieren Trockenmauernund halten die Wege in Schuss.

Cortoi ist ein Erfolgsbeispiel für die nachhaltige Umnutzung einer Ru-stici-Siedlung. Für die Besucher ist es nicht nur ein traumhaft gelegenerAusgangspunkt für Wanderungen und Badeausflüge in die Verzasca – dieAktivitäten rund um den Alpbetrieb bieten einen Bezug zur Geschichteund Kultur des Ortes. Und auch Mergoscia profitiert: Die Bestellungenaus dem Campo helfen, das Überleben des Dorfladens zu sichern.

Die Zürcher Genossenschafter sind jedoch nicht die Einzigen, die Le-ben nach Cortoi zurückbrachten. Shirley und Konrad Müller führen hieroben seit 30 Jahren einen Landwirtschaftsbetrieb. Anfangs hatten sieZwergziegen, Schafe und Esel, später auch noch Schweine. Jedes Wo-chenende und alle Ferien verbrachten sie mit der Familie auf der Alp. Als

Für viele Städter ist es schon ein spektakulärer Event,Feuerholz zu schlagen und dann damit zu kochen.

Ein paradiesisches Panorama, doch der Unterhalt von Wegen und Trockenmauern macht Betriebsleiter Lorenz Nydegger viel Arbeit.

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verliebten uns, doch leider wurden wir verpfiffen. Ich sagte ihm: Nurwegen deinem hellen Gesicht gehe ich nicht ins Gefängnis! So flüchte-ten wir zusammen in die Schweiz.»

Die Tessiner kommen zurückEine schöne Liebes- und Lebensgeschichte. Doch so glücklich die bei-

den auf der Bank vor ihrem Rustico aussehen: Die Romantik verflüch-tigt sich schnell, wenn man sie mit der Sense im Hang am Heuen sieht.Wie lange wollen sie das harte Leben auf der Alp weiterführen? Müller:«Ich kann schlecht beurteilen, wie gut man dafür zwäg sein muss. Klarbraucht bei uns heute alles ein bisschen mehr Zeit. Aber ich denke, wirbleiben schon noch etwas hier.»

Nicht nur auf der Alp, auch im darunterliegenden Mergoscia bleibendie Leute wieder. 1990 war die Bevölkerung von einst 500 auf 130 ge-schrumpft, heute zählt die Gemeinde wieder über 200 Einwohner. Dervon Piero Bianconi prognostizierte Ausverkauf der Heimat hat in dieserTessiner Ecke zum Glück nicht stattgefunden. Nicht nur, aber zu einemgrossen Teil dank der «Genossenschaft Jugendferienzentrum Mergo-scia», wie Campo Cortoi früher hiess. In deren Gefolge wurden vieleneue Ideen und frische Energie in die Region gebracht. 50 Jahre nach-dem die Dorfbewohner den Zürchern die Alp verkauft haben, steigendie Tessiner nun wieder hoch nach Cortoi, sei es zur Kinonacht auf derSan-Lorenzo-Wiese oder zur herbstlichen Castagnata, wo mit Spiel undMusik gemeinsam die Ernte der wiederhergestellten Kastanienselve ge-feiert wird.

Und im Vorstand von Pro Mergoscia engagiert sich auch ein gewisserMarco Bianconi – ein Mann vom selben Stammbaum wie der schimp-fende Schriftsteller Piero Bianconi. ■

ihre drei Kinder aus der Schule kamen, hat das Ehepaar den Wohnsitzganz von Meggen am Vierwaldstättersee nach Cortoi verlegt. Seit 16 Jah-ren hält Müller nun Hinterwälder Rinder. Die kleinrahmige Rasse ist vomAussterben bedroht. Im Sommer weiden sie gemeinsam mit den Rindernanderer Tessiner Bauern auf der Alpe di Bietri, eineinhalb Marschstun-den weiter oben im Tal. «Mit den Tessinern hatte ich es immer gut, sonsthätte ich hier gar nie Landwirtschaftsland kaufen können. Wenn man ih-nen den gebührenden Respekt entgegenbringt, ist man auch als Deutsch-schweizer willkommen», erklärt Müller, während er Würste für das näch-ste Ferienlager im Campo herstellt. Die eine Ladung nach traditionellerTessiner Art gewürzt, die andere nach einem südafrikanischen Curry-Re-zept seiner Frau Shirley. Das Fleisch lagert in mit Strom von Sonnenkol-lektoren betriebenen Tiefkühlern. Nebst den eigenen Produkten bietet erim Hofladen auch Honig, Grappa, Wein und andere Leckereien lokalerHersteller an. Davon können die beiden jedoch nicht leben. Das Überle-ben sichern ihnen die Unterstützung von ProSpecieRara für das Haltender Hinterwälder Rinder sowie die Direktzahlungen des Bundes für dennach strengen Richtlinien geführten Betrieb. Dank der Partnerschaft mitTessiner Bauern erhält der 69-Jährige auch nach Erreichen des Pensions-alters Subventionen. Viele Flachländer würden ihn etwas verächtlich alsLandschaftspfleger bezeichnen. Der einstige Werbedesigner, der für Rin-gier und Grossunternehmungen in Deutschland die Corporate Identityentwickelte und an der Hochschule in Biel über Design und Neue Me-dien dozierte, formuliert es anders: «Wir bringen hier eine Kulturlei-stung, wie ein Förster oder ein Zoologe, der Wiesen pflegt, um Lebens-raum für Tiere zu schaffen.»

Die aus Pretoria stammende Shirley hätte nie gedacht, dass sie mit 71Jahren auf einer Alp im Tessin lebt. «Konrad arbeitete in Südafrika. Wir

Konrad und Shirley Müller bei der Handarbeit am Hang: «Wir bringen hier eine Kulturleistung.»

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Lichtverschmutzung Wo sind all die Sterne hin?Die Himmelskörper sind vom Aussterben bedroht. Zumindest, was die Sichtbarkeit für uns betrifft: Immermehr Lichter erhellen den Nachthimmel. Dies hat Folgen für Natur, Tierwelt und auch den Menschen selbst.

VON FLORIAN BLUMER

Wann haben Sie zuletzt die Milchstrasse gesehen? Diese Frage wur-de Theo Wirth, damals Inhaber eines Beratungsunternehmens, beim Be-werbungsgespräch für die Teilzeitstelle als Geschäftsführer des VereinsDark-Sky Switzerland gestellt. Der Bewerber hatte keine schlüssige Ant-wort darauf. Immerhin kannte Wirth die Milchstrasse noch von früher:Viele Jugendliche, die er heute darauf anspreche, würden ihn nur nochmit grossen Augen anschauen.

Insbesondere als Stadtbewohner hat man sich daran gewöhnt, dasses nachts nicht mehr richtig dunkel wird. Dies ist aber ein noch sehrjunges Phänomen, wie der Astronom Steve Owens, Mitinitiator der bri-tischen Dark-Sky-Parks (siehe Kasten), betont: «Mit Ausnahme der letz-ten 50 Jahre haben die Leute in der gesamten Menschheitsgeschichtemit dem Nachthimmel gelebt und waren in tiefer Weise mit ihm ver-bunden.» Licht und Dunkelheit diktierten denRhythmus der Jahreszeiten, der Monate, derTage: Gejagt und gearbeitet wurde tagsüber,nachts höchstens bei Vollmond. Die Kappungdieser Beziehung zwischen Mensch und Him-melszelt ist kein rein urbanes Problem: Die Lichter der Grossstadt strah-len weit ins Land hinein. Gemäss dem Solarunternehmer und Leiter der«Fachgruppe Dark Sky Deutschland», Andreas Hänsel, hellt eine Klein-stadt mit 30 000 Einwohnern mit ihrer Lichtglocke den Nachthimmel ineinem Umkreis von 25 Kilometern auf. Natürlich ist der Sternenhimmelin den Bergen noch besser zu sehen als im mittelländischen Siedlungs-brei, laut Dark-Sky gibt es aber in der Schweiz keinen einzigen Ortmehr, an dem nachts noch natürliche Dunkelheit eintrete. Bei vollstän-diger Finsternis waren einst 2500 Sterne zu sehen. In den europäischenVorstädten sind es heute noch rund 200 bis 300, in Innenstädten geradenoch ein paar Dutzend.

Nächtliches MassensterbenIst das schlimm? Die Meere sind immer stärker mit Plastik zugemüllt,

viele Flüsse in Drittweltländern nur noch Kloaken – dagegen klingt die«Verschmutzung» von Dunkelheit durch Licht doch eher harmlos. DieFolgen beschränken sich jedoch nicht auf die Tatsache, dass uns dieSterne abhandenkommen: Laubbäume in der Nähe von Strassenlampenverlieren ihre Blätter später und erleiden Frostschäden, Vögel verlierendie Orientierung und fliegen in erleuchtete Türme, Insekten verbrennenalleine in der Schweiz zu Millionen jede Nacht an Strassenlampen, jun-ge Meeresschildkröten finden wegen hell erleuchteter Strände das Meernicht mehr rechtzeitig, Glühwürmchen sieht man bei uns schon langekeine mehr. Auch dies klingt noch danach, dass wir grössere Problemehaben. Doch einerseits steht die Wissenschaft in Bezug auf die Erfor-schung der Folgen von Lichtverschmutzung erst am Anfang. Und ande-rerseits wäre da noch der Mensch. Auch auf uns hat die Nachthelle di-rekte Auswirkungen. Diese sind zwar ebenfalls noch ungenügend er-forscht, erwiesen ist jedoch zum Beispiel, dass sich Lichtverschmutzungauf unseren Hormonhaushalt auswirkt, auf den Tag-Nacht-Zyklus wie

auch den Monatszyklus der Frau. Israelische Forscher haben 2008 gareinen Zusammenhang zwischen der Intensität nächtlicher Kunstbe-leuchtung und Brustkrebsfällen nachgewiesen. Wirth hält diesen Zu-sammenhang gegenwärtig zwar für noch zu wenig belegt. Mit Sicher-heit störten jedoch in die Wohnung zündende Strassenlampen unserenSchlaf: «Dies kann sich mit der Zeit auf den menschlichen Körper aus-wirken: Wir können am nächsten Tag unsere Leistung nicht bringen,sind gereizt, nervös und so weiter.»

Heller heisst nicht sichererObwohl Wirth von Zeiten schwärmt, als es auf seinem nächtlichen

Nachhauseweg bei ausgeschalteter Strassenbeleuchtung noch richtigdunkel war, anerkennt er ebenso, dass sich viele Leute auf beleuchtetenStrassen sicherer fühlen. So schlug auch die britische Boulevardzeitung«Daily Star» (!) Alarm, als einige englische Gemeinden aus Kostengrün-

den die Strassenbeleuchtung runterdrehen wollten. Bürger startetenKampagnen dagegen und Ministerin Stella (!) Creasy forderte die Ein-stellung der Massnahmen aus Gründen der Sicherheit von Frauen. «Jeheller ein Gebiet, desto besser für die öffentliche Sicherheit», hielt derSprecher der englischen Polizeivereinigung fest. Wer könnte dem wider-sprechen? Eine Studie aus den USA, zum Beispiel. Die Kriminalitätsbe-hörde von Illinois fand nämlich mittels einer Untersuchung der Ent-wicklung von Kriminalitätsfällen in Chicago heraus, dass mit mehr Lichtzwar das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zunahm – nicht aber die Si-cherheit an sich: Die Zahl der Vorfälle stieg sogar leicht an.

Ein grosser Teil der Lichtverschmutzung ist ohnehin reiner Nachläs-sigkeit geschuldet: Wirth erwähnt Strassenlampen, die noch 50 bis 60Meter in Felder hinein scheinen, oder Geschäfte in Industriegebieten,die die ganze Nacht beleuchtet werden, obwohl dort nachts kaum je einMensch vorbeikommt. Wirth prangert auch die Beleuchtung von Ge-bäuden oder Bäumen von unten an: «So entsteht viel Lichtabfall, dereinfach in den Äther hinaus geht. Besonders offensichtlich ist dies beiKirchen, die gegen oben schmaler werden.» Alternativen gäbe es: LED-Lampen zum Beispiel, die gezielt zünden können. Oder Schablonen, dieman auf einer Lichtquelle befestigen kann und damit nur angestrahltwird, was auch beleuchtet werden soll. Das Hotel Schweizerhof in Zü-rich zum Beispiel strahlt sein Gebäude so an, dass das Licht nicht in dieFenster scheint und seitlich und nach oben «kein Lichtabfall entsteht»,wie Wirth es nennt. Ein solch bewusster Umgang mit Licht ist jedochnoch selten und beruht auf einzelnen Initiativen. Wirth erwähnt dieStädte Zürich und Luzern, die einen «Plan Lumière» kennen und soimmerhin eine bewusste Lichtgestaltung von öffentlichen Gebäuden,Denkmälern, Brücken etc. vornehmen, sowie den Kanton Tessin, dervergleichsweise viel unternehme in Sachen Vermeidung von Lichtemis-sionen. In der Gemeinde Coldrerio zum Beispiel müssten ab 22 Uhr al-

In der Schweiz gibt es keinen Ort mehr, an dem nachtsnoch natürliche Dunkelheit eintritt.

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le Geschäfte ausser Apotheken die Beleuchtung ausschalten. Doch imGrossen und Ganzen widerspiegelt der Umgang mit Licht unseren Um-gang mit Energie im Allgemeinen: Warum sollten wir sparsam damitumgehen, wenn es doch scheinbar im Überfluss vorhanden ist?

Wirth wagt keine Prognose, ob der Tag kommen wird, an dem in derSchweiz wieder der ganze Nachthimmel zu sehen sein wird. Er ist skep-tisch und meint: «Ich hoffe es einfach.» Der Geschäftsführer von Dark-Sky Switzerland ist überzeugt, dass letztlich nur Verbote helfen: «DasBenzin könnte auch fünf Franken pro Liter kosten, wir würden immernoch weiter Auto fahren.» Von der Politik ist momentan jedoch wenigzu erwarten. «Wir sind als Organisation zu klein, als dass wir im Bun-deshaus wirksam lobbyieren könnten», sagt Wirth. Politische Parteien,die sich für den Umweltschutz einsetzen, würden das Anliegen auf Kan-tons- und Gemeindeebene zwar hin und wieder aufnehmen. Komme esaber irgendwann zur Abstimmung, würden Projekte, Reglemente oderÄhnliches jeweils abgeschmettert.

Die Lichtverschmutzung ist so etwas wie das vernachlässigte Stiefkinddes Umweltschutzes: Weder Pro Natura, WWF noch Greenpeace Schweizengagieren sich speziell in diesem Bereich, wie die Organisationen aufAnfrage bestätigen. Es sei zwar ein wichtiges Thema, heisst es beispiels-weise bei Greenpeace, doch bei ihnen stünden andere Dinge wie derSchutz von Lebensräumen für Mensch und Tier im Vordergrund; dieWWF-Sprecherin nennt Klima, Arten- und Landschaftsschutz als drän-gendere Themen. Man habe sich zwar letztes Jahr an der Aktion «EarthHour» beteiligt, als dazu aufgerufen wurde, für eine Stunde alles nicht un-bedingt notwendige Licht auszuschalten. Doch auch dabei sei es nicht inerster Linie um die Lichtverschmutzung, sondern um Energieverschwen-dung gegangen. Vielleicht liegt doch gerade da ein Hoffnungsschimmer,

Wohin für einen Blick in die Sterne?Immerhin ein «fast dunkler Himmel» lässt sich laut Theo Wirth vonDark-Sky in der Schweiz an entlegenen Orten wie dem Münstertal oderauf Höhen wie zum Beispiel dem Flüelapass erleben. Besonders dunkelist es im Grimselgebiet und nördlich sowie südlich der Surselva (sieheKarte «Lichtverschmutzung in der Schweiz» auf www.darksky.ch/in-dex.php?id=52).Wo in Europa noch dunklere Flecken zu finden sind, lässt sich der Kar-te auf www.lichtverschmutzung.de/seiten/karten.php entnehmen. InSchottland und in Ungarn gibt es die bislang einzigen Dark-Sky-Parksin Europa; der Naturpark Westhavelland in Brandenburg, Deutsch-land, hat eine Aufnahme beantragt. Die Dark-Sky-Parks befinden sichin einem Gebiet mit besonders guter Sicht auf den Nachthimmel undhaben sich dazu verpflichtet, ein «zusammenhängendes Dunkelgebietzu schützen und damit das Erlebnis Sternenhimmel für kommendeGenerationen zu bewahren». In Nordamerika gibt es bereits sechs sol-cher Parks (siehe www.darksky.org/IDSParks)

wie die Initiative der britischen Dörfer zeigt, die das Sparpotenzial er-kannten, wenn Beleuchtung runtergedimmt oder in der Nacht ausge-schaltet wird. Astronom Steve Owens jedenfalls ist optimistisch: «Ichglaube, die Tage, in denen wir genug Geld und Energie hatten, dass wiruns nicht darum kümmern mussten, wie lange wir die Lichter anlassen,sind schon lange vorbei.» Wenn sich auch niemand so recht um das Stief-kind kümmern mag: Vielleicht führt die Diskussion um dessen grosse Ge-schwister Atomenergie und Klimawandel ja auch dazu, dass unsere Kin-der oder Grosskinder dereinst wieder staunend zum Himmelszelt hoch-schauen können – und dabei sogar die Milchstrasse sehen. ■

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Statt dem Himmel leuchtet die Erde: NASA-Montage von Satellitenbildern.

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Kinderarbeit Müllkippe statt SchulbankDie Armut zwingt weltweit 215 Millionen Kinder dazu, Geld verdienen zu müssen. Diese Kinder arbeiten unter oftgefährlichen Bedingungen – ohne Schulbildung oder Freizeit. Sie schuften auf Müllhalden, in Werkstätten, aufMärkten und in Fabriken. Ein Fotoessay über Kinder aus Indien, Pakistan, Thailand und Afghanistan.

www.street-papers.org / Reuters

Ein illegal eingereister Junge aus Myanmar sammelt Plastik auf einer Müllkippe in der Nähe von Mae Sot in Thailand. Etwa 300 Flüchtlinge aus Myanmar leben neben dieserAbfalldeponie wenige Kilometer von der Grenze zu ihrem Heimatland.

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Ein afghanischer Junge beim Warten auf Kundschaft für seine Äpfel in den Strassen Kabuls.

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Ein indisches Mädchen sortiert Steine in einer Ziegelfabrik im Dorf Tharvai, 35 Kilometer von der nordindischen Stadt Allahabad.

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Der Afghane Abdul Wahab an der Arbeit bei einem Schmied in Kabul.

Der zwölfjährige Pakistani Sidddiqullah trägt einen Korb Kartoffeln zu einem Gemüsehändler in Karachi.

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Rollenwechsel Mein Tag als Surprise-VerkäuferWie fühlt es sich an, auf der Strasse zu stehen und Surprise zu verkaufen? Roger Meier, Unternehmer und Vor-standsmitglied von Surprise, stellte sich einen Tag als Heftverkäufer auf die Strasse. Seine Erfahrungen hat erprotokolliert.

VON ROGER MEIER (TEXT UND BILDER)

Seit letztem Jahr bin ich Vorstand im Verein Surprise. Deshalb willich am eigenen Leibe erfahren, wie es unseren Verkaufenden draussenin den Städten bei ihrer Verkaufstätigkeit jeden Tag ergeht. An einemSamstag Ende Juli ist es so weit. Damit ich als Undercover-Verkäufernicht gleich auffliege, starte ich als Basler meinen Selbstversuch in Lu-zern. Am Bahnhof treffe ich auf Bruno Schäfer vom Vertriebsteam sowieauf Peter Conrath, einen erfahrenen Verkäufer, der mich mit erstklassi-gen Verkaufstipps versorgt.

Zehn Hefte werden mir als Startkapital gratis ausgehändigt. Meinebeiden Instruktoren tragen ihre Hefte in einer coolen Surprise-Tasche.Auch ich hätte gerne eine solche Tasche oder zumindest eine Dächli-kappe mit Aufdruck, damit man mich als Surprise-Verkäufer erkennt.Nun gut, Anfängerfehler kommen vor. Dabei hatte ich an fast alles ge-dacht – aber eben nur fast. Als Verkäufer muss ich meinen Kunden Re-tourgeld geben können. Es macht sich nicht gut, wenn Verkäufe an feh-lendem Münz scheitern. Peter Conrath, der alte Hase, hat zum Glückgenug dabei und wechselt mir eine 20er-Note. Bevor ich mich aufma-che, stellt er die Prognose auf, dass ich in zweieinhalb Stunden etwavier Hefte verkaufen werde.

Um halb zwölf geht es los. Zum Glück regnet es nicht. Ganz in derNähe meines Verkaufsortes findet ein Markt statt. Ich positioniere michschräg gegenüber dem schönen historischen Gebäude, wo die hohenDamen und Herren Luzern zu regieren pflegen. Für einige Momentefühle ich mich trotz zahlreicher Passanten un-endlich einsam. Aber es gibt kein Zurückmehr, und so bin ich froh, als Minuten spätereine gut gelaunte Dame Mitte 50 auf mich zu-steuert. Sie spricht hochdeutsch und ist un-zweifelhaft eine Touristin. Binnen Sekundenenttarnt sie mich. Als psychologisch geschulte Lehrerin wird ihr sofortklar, dass ich kein klassischer Strassenverkäufer bin. Sie ist positiv über-rascht von der professionellen Aufmachung unseres Heftes und gibt mirsechs Franken. Ich erlebe das Hochgefühl, das sich nach einem Heft-verkauf einstellt. Ich lächle die Passanten noch etwas freundlicher an.

Strammstehen mit schmerzenden FüssenEine ältere Frau rollt in ihrem elektrobetriebenen Rollstuhl auf mich

zu und spricht mich an. Ich erzähle ihr die Geschichte, die ich mir zu-rechtgelegt habe: dass ich früher einmal auf einer Bank gearbeitet undmich dann selbständig gemacht habe. Das sei dann nicht immer so gutgegangen, weshalb ich mir jetzt mit dem Verkauf des Strassenmagazinseinen Zustupf verdiene, um die Sozialwerke nicht beanspruchen zumüssen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie mir meine Geschichte ab-kauft, aber ich will ja ein möglichst authentisches Bild gewinnen undspüren, wie die Menschen auf mich reagieren. Die Frau erzählt, auch sie

sei selbständig gewesen und habe dann einen Unfall gehabt, der sie nunan den Rollstuhl fessle. Sie habe kein Geld, dafür wolle sie mir einenkleinen Apfel schenken, den sie soeben auf dem Markt gekauft habe. Ichnehme ihr Geschenk dankend an und wünsche ihr ein wunderschönesWochenende.

Es geht fast Schlag auf Schlag. Eine Einheimische kommt zielstrebigauf mich zu und kauft mir ein Heft ab. Ich rechne: in einer halben Stun-de zwei Hefte. Das ist mehr, als ich erwarten konnte. Mit gestärktemSelbstbewusstsein wage ich zaghaft, freundlich dreinblickende Passan-ten anzusprechen. Ich lächle und grüsse, werde zurückgegrüsst. Es gehtmir gut. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, ich würde die Men-schen irgendwie belästigen. Viele blicken verschämt weg, wenn sie anmir vorbeigehen, sind irgendwie peinlich berührt. Als ich jemandenscheu frage, ob er das Strassenmagazin Surprise kenne, wendet er sichab. Mir kommt ein freundlicher Scientologe in den Sinn, der jahrelangin meiner Heimatstadt Passanten ansprach. Ich verstehe, dass mannichts mit Scientologen zu tun haben will, fühle mich aber trotzdemsehr unverstanden.

Etwas verstimmt blicke ich die Strasse hinauf und hinunter. Ein wah-res Wellenbad der Gefühle. Schon entdecke ich eine ältere Dame mitSohn und Enkel, die mir für einen kurzen Moment freundlichen Blick-kontakt schenkt. Mein Stimmungsbarometer schlägt Kapriolen, undschon keimt in mir neue Hoffnung auf einen weiteren Verkauf. Doch dieFamilie schreitet an mir vorbei. So gut ist meine Menschenkenntniswohl doch nicht. Doch dann kehrt die ältere Dame zurück und kauft mir

das dritte Heft ab. Drei Hefte in 35 Minuten – mein Plansoll ist schon zudrei Vierteln erfüllt! Ein weiteres Heft in zwei Stunden – das sollte ichschaffen!

Von Weitem erkenne ich eine jung gebliebene ältere Dame, die zügigvom Markt in meine Richtung fährt. Sie bremst in voller Fahrt, stellt ihrVelo ab und marschiert auf mich zu. Sie sagt: «Das ischs tüüri.» Offen-sichtlich kennt sie die günstigere lokale Gassenzeitung. Sie kauft mirtrotzdem mein viertes Heft ab. In meiner Euphorie erwäge ich allen Ern-stes, einer vorbeiziehenden Gruppe japanischer Fototouristen ein Heftzu verkaufen. Ich lächle noch freundlicher, die Sonne drückt durch dieWolken, das Leben ist schön. Ein verliebtes, plauderndes junges Pär-chen kommt mir entgegen, hält schon von Weitem freundlich Blick-kontakt. Das aktuelle Heft handelt vom Spielen. «Ihr spielt doch sichergerne?», frage ich das Paar deshalb, strahle wie ein verliebter Maienkä-fer und bin in froher Erwartung, in den nächsten Sekunden mein Ziel zuübertreffen. «NEIN!», lautet die total überraschende, absolut vernich-

Ich zweifle an der Menschheit. Von den Hunderten vonPassanten, die mir begegnen, will nur eine Handvoll mitmir etwas zu tun haben.

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tende Antwort. Ich bin erschüttert und frage mich, wie ich sämtlichenonverbalen Signale völlig missdeuten konnte. Nach einigen Minutenspüre ich, dass dieses Erlebnis an mir nagt. Es kann einfach nicht sein,dass diese Menschen nicht gerne spielen. Lügen Menschen womöglich,um ihre eigenen Klischees nicht widerlegen zu müssen? Überhauptzweifle ich in diesem Moment etwas an der Menschheit. Von den Hun-derten von Passanten, die mir an diesem Morgen begegnen, wollen nureine Handvoll Personen mit mir etwas zu tun haben.

Ein Mittfünfziger mit Sonnenbrille tritt fast unmerklich an mich mitoffenem Portemonnaie heran. Er kaufe die Gassenzeitung immer, er-klärt er. Auch er verwechselt uns und ich versuche, ihm den Unter-schied zu erklären. Möglicherweise ist es auch egal, ob und wie wiruns von anderen Zeitungen unterscheiden. Hauptsache, er kauft einHeft. Darüber bin ich glücklich, weil ich mir sicher bin, dass er unserHeft mögen wird. Numero fünf, ich habe Peter Conraths Prognoseübertroffen!

Frontal in die VorurteileAllmählich lichtet sich die Gasse vor mir und die Passanten tröpfeln

nur noch sporadisch an mir vorbei. Ich gönne mir einen Schluck Mine-ralwasser und bin etwas stolz auf mich. Innerlich zufrieden blicke ichetwas häufiger auf die Uhr und wünsche mir, dass es doch bald halbzwei sein möge, damit ich meinen Platz räumen kann. Ich warte.Schaue mich um. Zähle die Flaggen an der Wand des Regierungsgebäu-des. Und warte weiter. Die Minuten verstreichen zähflüssig und ich binunentschlossen, ob und wie lange ich noch ausharren will. Ich bin esmir nicht gewohnt, stundenlang zu stehen, und spüre allmählich dieFüsse. Ich möchte aber gegenüber den wenigen potenziellen Kunden,

die sich noch in meine Gegend verirren, kein schlechtes Bild abgeben,deshalb stehe ich weiter stramm, lächle ins Leere und hoffe, noch einSahnehäubchen auf meine Verkaufsbilanz setzen zu können.

Hinter mir höre ich zwei laute Stimmen höchst kontrovers miteinan-der diskutieren. Eine ältere Frau und ihr erwachsener Sohn nehmenmich ins Visier und decken mich mit ihren Lebenserfahrungen ein.Irgendwie durchschaue ich die Situation nicht. Sie sagen, dass sie Sur-prise kennen würden, aber ich glaube ihnen nicht so recht. Dennoch ge-he ich auf Tutti und frage sie, ob sie ein Heft kaufen wollen. Worauf dieMutter erklärt, sie habe überhaupt kein Geld mehr. Ihr Sohn kramt aberdennoch in seiner Damenhandtasche und nimmt seine Geldbörse her-vor. Er habe zwar kein Geld, wolle mir aber eine Fasnachtsplakette ausLiestal aus dem Jahr 1979 schenken. Etwas ratlos bedanke ich michherzlich und beobachte dieses kuriose Paar, wie es gestikulierend, aberfür mich völlig unverständlich diskutierend von dannen zieht. So be-schliesse ich meine Zelte abzubrechen und mich auf den Weg zum ge-meinsamen Treffpunkt zu machen. Sieben Hefte habe ich insgesamt ver-kauft. Nicht schlecht für einen Anfänger.

Bruno Schäfer und Peter Conrath sind ganz zufrieden mit ihren Ver-käufen. Bei Wurst und Bier unterhalten wir uns über meine Erfahrun-gen. Ich spüre, wie die beiden mit jeder Faser für unsere Sache einste-hen, und das macht mich glücklich. Nach dem Essen besteige ich denüberfüllten Zug und finde gerade noch einen Sitzplatz. Ich bin von denverschiedenen Eindrücken überwältigt. Ich wurde beschenkt, habe vomApfel der Erkenntnis gekostet und habe eine alte Fasnachtsplakette er-halten. Auf der anderen Seite wurde ich kaum jemals derart frontal mitKlischees und Vorurteilen konfrontiert. Das wird mich noch eine Weilebeschäftigen. ■

Blick auf die Kapellbrücke inklusive: Roger Meiers Verkaufsort sowie sein Verkaufspass und Präsente von Passanten.

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mal für eine Ungarin, mal für eine Schweizerin.Ersteres wegen des Halstuchs mit floralem Mu-ster und letzteres aufgrund des sehr überzeu-genden Schweizerdeutsches. Mein Mangel analbanischen Signalen in Auftreten und Sprachewird wiederholt anerkennend konstatiert. Ichselbst schätze jemanden als Kroatin, die halbUS-Amerikanerin ist, die Frage nach ihrer ande-ren kulturellen Hälfte aber nicht beantwortenkann und sie überdies für vollkommen irrele-vant hält, wie sie mit verhärtetem Mund betont.

Am Nachbartisch hat sich eine Firma in-stalliert. Allesamt um die 30-jährige, dynami-sche, gut frisierte Herren, die viel lachen undmiteinander abklatschen. Sie stellen sich mitdem Firmennamen vor – und egal, wie sehrman versucht, ihnen ihre Ethnizität zu entlo -cken, sie bleiben standhaft. Was für sie zähle,sei die Firma.

Vor der Sendung büscheln sie uns noch einwenig zurecht: einen Schritt vor, wieder etwaszurück, ihr dort mehr nach links und jetzt – al-les zusammenrücken. Tanzend werden wir in-einander integriert, zur würdigen Toleranzta-pete für den Auftritt der Experten drapiert undmit zahlreichen Scheinwerfern ausgeleuchtet.Die Show kann beginnen.

SHPRESA JASHARI

([email protected])

ILLUSTRATION: RAHEL NICOLE EISENRING

(RAHELEISENRING.CH)

Im Zeichen der Multikulturalität hat dasSchweizer Fernsehen zu einer Sondersendunggeladen. Rund hundert Exponenten der aus-ländischen Jugend sollen die bunte Hinter-grundkulisse bilden für das Gespräch der Ex-perten zur Integrationsfrage.

Auf dem Weg ins Studio erkundigt sich derHerr vom SF nach dem Beruf oder Studien-fach. Zielstrebig zieht er durch die weissenGänge, gefolgt vom Pulk junger Vorzeigeimmi-granten, die alle einen Umschlag mit zehnFranken und eine Nummer erhalten haben.Der wendige, aufgestellte Herr kommentiert inregelmässigen Abständen unsere Tätigkeiten:Ja, so lässig!

Wofür Zustupf und Nummerierung sind,bleibt unklar. Das Studio ist in eine Art Sorten-garten aufgegliedert worden oder hat sichselbst so geordnet: hier die tamilische, da die

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Fremd für DeutschsprachigeMultikult

albanische, dort die portugiesische Jugend,und da drüben die Sektion aus den afrikani-schen Ländern.

Mein Tisch allerdings ist gemischt.Eine bekennende Italienerin kommt auf uns

zu und fragt, ob es denn keinen zweiten Italie-nertisch gäbe? Der erste sei längst überfülltund sie wisse nicht wohin. Bevor ich antwor-ten kann, beginnt sie von ihrer Arbeit zu er-zählen und davon, dass sie als Redaktorin un-ter Redaktoren und Redaktorinnen in derSchweiz fast immer die einzige Ausländerin seiund sich folglich minderwertig fühle, irgend-wie. Das sei so bei ihr.

Als ich mich umdrehe, lächelt mir einesportliche Pharmaziestudentin entgegen. Sieträgt eine dieser knalligen, rechteckigen Bril-len und unterscheidet sich auch sonst in nichtsvon einer Schweizerin. Später klärt sie michdarüber auf, dass sie Russin und zu 25 Prozentjüdisch sei. Wir stellen fest, dass wir beide oftin der ETH-Bibliothek in Höngg lernen undschliessen Instant-Freundschaft.

Weiter haben wir eine schüchterne, hüb-sche Serbin im Teenageralter an unserem Steh-tisch wie auch einen Rumänen im schwarzenBlazer, der den ganzen Abend die Hände hin-ter dem Rücken verschränkt hält.

Während das Studio fertig aufgebaut wird,beginnt man ringsumher das «Woher kommstdu?» – oder vielmehr das «Woher kommst du‹eigentlich›?» – Quiz zu spielen. Mich hält man

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Cirque de LoinBlut, Schweiss und Muttermilch

VON MICHÈLE FALLER

Feuer, Masken und nackte Haut, Tanz und Verrenkungen, lauterSchmerz und leise Musik, verschmierte Schminke, geheimnisvollesLicht und dazu eine ziemlich wilde Geschichte, die mit vollem Körper-einsatz von grossen Gefühlen erzählt – das ist Theater! Oder doch eherbildhaftes Konzert, Zirkus mit Tanzeinlagen, Pantomime mit artisti-schen Elementen? Es ist gar nicht so einfach zu beschreiben, was derCirque de Loin macht. Die Truppe selber nennt die Form «MusirqueThéâtre» und umschreibt mit der Wortschöpfung die verschiedenenAspekte der Bühnenkunst, die sie unter freiem Himmel ineinanderflies-sen lässt.

Mit dieser Mischung erinnert der 2009 aus dem Zirkus Chnopf her-vorgegangene Cirque de Loin von fern an Schausteller und Gaukler ausfrüheren Jahrhunderten, die ihre Zuschauer an Jahrmärkten mit Musik,Akrobatik, Zauberkunst und Kuriositäten der oft schauerlichen Art an-lockten. Für die neue Produktion «Mother’s Milk» unter der Regie vonCille Lansade arbeitet der Cirque de Loin mit den Schweizer Musik-grössen Mich Gerber und Luk Zimmermann (Lunik), der Berner Stras-senkünstlertruppe Sole Confuso und der Feuer-Performerin Zora Vi-peraz zusammen. Perfekt zum Gauklermässigen scheint dazu die Storyder neuen Produktion zu passen: Ein Clown hängt seit seiner Geburt un-unterbrochen am Busen seiner Mutter und macht sich nach deren Todauf die Suche nach einer anderen Frau, die ihn mit ihrer Milch nährt. Daer nur auf Unverständnis trifft, greift er zur Gewalt – die Tragödie ist vor-programmiert.

«Nicht erschrecken!», warnt Cirque-de-Loin-Gründer Michael Finger,bevor er mehr Details der tatsächlich sehr düsteren und mit reichlichKörperflüssigkeiten ausgestatteten Geschichte preisgibt – die hier natür-lich nicht verraten werden. «Ich habe per Zufall vor zehn Jahren imZirkus Chnopf Regie geführt», berichtet Finger, der vom klassischenTheaterschauspiel her kommt, von seiner «Initiation» in die Welt desNouveau Cirque. Als der Sprechtheatermann mit der Sehnsucht nachdem Ganzheitlichen nach sieben Jahren bloss für eine Recherche zumZirkus Chnopf zurückkehrte, wurde er – statt Atmosphäre und Ausstat-tung für sein Filmprojekt zu verwenden – vom Fleck weg als neuer Co-Leiter engagiert. «Es hat gefunkt, zack-bumm», beschreibt Finger seine«grosse Rückkehr» zum Zirkus. Denn das gemeinschaftliche künstleri-sche Zusammenleben sowie das Zusammenführen von Beruf und Pri-vatem halfen auch beim jahrelangen Versuch, eine ganzheitliche Formdes Theaters zu kreieren. Weg vom deutschsprachigen stehendenSprechtheater, hin zu einem Theater, das mit Musik, Tanz und neu auchArtistik in die Vertikale gegangen ist – nicht des stehenden, sondernvielmehr des sich in der Vertikale frei bewegenden Körpers.

«Im frankophonen Raum ist die Situation praktisch umgekehrt zu un-serer: Ein Opernhaus oder Stadttheater muss man suchen, aber die ver-schiedenen Festivals und Zirkustruppen kennen alle», erklärt Finger, derüberzeugt ist, dass sich die Entwicklung vom Sprech- zum ganzheit-lichen Theater bei uns durchsetzen wird. «Das elitäre Theater und derprimitive Zirkus mit seinen popcornfressenden Proleten kommen lang-sam wieder zusammen», bringt es der beherzte Schauspieler und Regis-seur lustvoll-überspitzt auf den Punkt.

Der Cirque de Loin schlägt mit dem Geschichtenerzählen eine Brü -cke zwischen dem Nouveau Cirque und der deutschsprachigen Thea-tertradition. Und da man zurück zum Ursprung der archaisch-poeti-schen Open-Air-Gauklertradition wollte, durfte die Geschichte etwasdeftig sein. Es wurde wild und aus dem Bauch heraus fantasiert. «AmSchluss sind wir dann darüber erschrocken, wie viel die Story mit unsselber zu tun hat», gesteht Finger schmunzelnd.

Auch bei der Umsetzung gab es Überraschungen. «Mother’s Milk» seinämlich eine zwar düstere, aber auch sehr poetische und ästhetische Sa-che geworden, wozu auch der spezielle mystische Sound beitrage,staunt der Regisseur. «Obwohl wir noch herber und strassenmässigersein wollten!» ■

Cirque de Loin: «Mother’s Milk», 25. August Festival Säbeli Bum Bern,

31. August Festum Schrenit im Guggenloch Lütisburg, 5., 6., 8. und 9. September

Münsterplattform Bern, 7. September Theater der Künste Zürich,

www.cirquedeloin.ch

Gauklertradition ins Heute übersetzt: Zora Viperaz in «Mother’s Milk».

Die Gaukler sind los: Der Cirque de Loin verbindet Theater mit Musik, Tanz, Performance und Akrobatik undpräsentiert mit «Mother’s Milk» ein existenzielles Spektakel, das sogar für seine Urheber zahlreiche Überra-schungen bereithält.

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Kulturtipps

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BuchTrash vom Feinsten

Vor 100 Jahren erschien der erste Tarzan-Roman. Grund genug,sich wieder einmal so richtig in Action und Abenteuer zu suhlen.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Ein Held im Lendenschurz, Gefahr und Romantik, Schurken und Wilde,Schätze und Naturgewalten, all dies und mehr haben die Tarzan- Romane des amerikanischen Schriftstellers Edgar Rice Burroughs(1875–1950) zu bieten. Die Mär vom Kind, das von Affen aufgezogenwird, brachte Burroughs den Durchbruch, schon nach zehn Jahrenkonnte er sich ein riesiges Landstück bei L.A. kaufen, das heute die Ge-meinde Tarzania bildet.Vor diesem Erfolg sah es gar nicht rosig in Burroughs Leben aus, seineBiografie liesst sich wie die Irrfahrt eines tragischen Helden. Er ver-suchte sich unter anderem erfolglos als Goldgräber, arbeitete als Eisen-bahnpolizist und verlor sein letztes Geld mit Bleistiftanspitzern. DasSchreiben war der rettende Balken für den Gescheiterten, ein Balken,der zur Luxusjacht wurde. Und anderes hatte Burroughs auch nicht imSinn. In erster Linie ging es ihm ums Geld, und dafür schöpfte er bei sei-nen Stories aus dem Vollen. Tarzan war nicht sein erster Versuch. Be-gonnen hatte er 1912 mit Geschichten, die auf einem fiktiven Mars spie-len, eine Reihe, die eben erst als «John Carter» verfilmt wurde und Dis-ney einen Mega-Flop an den Kinokassen beschert hat. Überhaupt hattees Burroughs mit fremden Planeten, vergessenen Welten, selbst mit demInneren der Erde oder des Mondes. Doch erst der Dschungel machte ihnzum Bestsellerautor – dem ersten Tarzan-Roman folgten 23 weitere.Pünktlich zum Jubiläum ist bei Walde + Graf ein Schuber mit drei Tar-zan-Romanen erschienen: der erste («Tarzan bei den Affen», 1912), einerstmals vollständig übersetzter («Tarzan und die Schiffbrüchigen») so-wie eine posthum veröffentlichte Geschichte («Tarzan und der Verrück-te», 1964). Der Plot des Erstlings ist Allgemeingut. Im zweiten Buch, er-schienen 1940, machen natürlich böse Deutsche Tarzan das Lebenschwer, plus menschenopfernde Maya-Abkömmlinge. In «Tarzan undder Verrückte» schliesslich muss unser Held gegen einen durchgeknall-ten Doppelgänger um seinen guten Ruf kämpfen und sich mit Kanniba-len und Ganoven herumschlagen.Wahrhaft mit der grossen Kelle angerührt! Und so richtig dafür geeignet,zu schmökern und sich an Burroughs unerschöpflicher Fabulierlust –und an so manch unfreiwilliger Komik – zu ergötzen.Edgar Rice Burroughs: Tarzan. Drei Romane im Schuber. Walde + Graf 2012.

CHF 36.00.

AusstellungGeballte Hirnnahrung

Zwei Künstlerinnen hinterfragen am Beispiel von Brainfood dieEntfremdung des Menschen von seiner Natur.

VON MONIKA BETTSCHEN

Wie soll der einzelne Mensch einer auf Perfektion ausgerichteten Ge-sellschaft genügen und gleichzeitig seine wachsende Sehnsucht nachUrsprünglichkeit stillen? Eigentlich hätte man ja Lust auf ein Nature-Joghurt, aber im gleichen Regal vernebelt ein Konkurrenzprodukt dengesunden Menschenverstand mit dem Versprechen die Leistungsfähig-keit zu fördern. Brainfood als Mass aller Dinge, während naturbelasse-ne Produkte mehr und mehr als defizitär empfunden werden? Will derZeitgeist einen Keil zwischen Mensch und Natur treiben? In ihrer filmischen Installation «New Normal» zeigen die KünstlerinnenFrances Belser und Franziska Koch eine Figur, die sich in einem solchenSpannungsfeld befindet. «The New Normal», eine Figur gespielt vonFrances Belser, sammelt Stoffe wie Taurin oder Ginseng und hantiertscheinbar ziellos mit den verheissungsvollen Substanzen. Diese Labor-situation wird in einer unberührten Landschaft inszeniert. Pseudo-Wis-senschaftlichkeit und Natur kontrastieren auf reizvolle Weise. «In der vi-suellen Umsetzung verzichten wir auf einen realen Bezug, sodass einEindruck von Science-Fiction und Endzone entsteht», sagt FranziskaKoch. Die undefinierte Natur im Hintergrund werde zu einer Projek-tionsfläche. Auch Ort und Zeit bleiben unbestimmt. «Es geht darum an-zuregen, wie man sich Dinge, die sich von einem entfremden, wiederaneignet», so Koch. «New Normal» fügt sich ein in die vierteilige Ausstellungsserie «Condi-tio Humana» in der Kunstkammer Schlieren, kuratiert von Pascal Häu-sermann. «Das Stichwort Entfremdung ist in der ganzen Ausstellungs-serie zentral», sagt Häusermann. Er stelle fest, wie sich auch die Kunstheute vom realen Alltag der Menschen entferne, und er wolle die Be-findlichkeit der Kunstschaffenden in dieser Zeit aufzeigen. «Es findet ei-ne Entfremdung durch Mechanisierung und eine Objektivierung desMenschen zur Ware statt, daher möchte ich künstlerische Positionenzeigen, die diese Tendenzen bis hin zum Absurden hinterfragen», er-klärt Häusermann.«New Normal» von Frances Belser und Franziska Koch

Kunstkammer Schlieren, Conditio Humana, Gaswerkstrasse 15, Schlieren

Vernissage: 24. August 2012, 17 Uhr, Öffnungszeiten Ausstellung:

immer Sa und So 12–17 Uhr. www.kunstkammer.ch

Ganz normal? Labor in der Landschaft.Held im Lendenschurz: Tarzan wird 100.

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Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

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Brother (Schweiz) AG

Musikschule archemusia, Basel

Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

Proitera GmbH, Basel

responsAbility Social Investments AG

BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten

Judith Turcati, Englischunterricht, Wila

Axpo Holding AG, Zürich

Unternehmensberatung AbtConsulting, Wohlen

Kaiser Software GmbH, Bern

Klimaneutrale Druckerei Hürzeler AG,

Regensdorf

Inova Management AG, Wollerau

Grenzenlos GmbH, Binningen

projectway GmbH, Köniz

Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

Velo-Oase Bestgen, Baar

Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Otterbach

fast4meter, storytelling, Bern

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Piatto forteDas Brät des Südens

Salsiccia oder Lucanica – das ist nicht einfach Wurst. Die italieni-schen Verwandten unserer Bratwürste bieten eine Vielzahl von Va-rianten und Zubereitungsarten.

VON TOM WIEDERKEHR

Niemand weiss, welche Gegend sich als Heimat der Salsiccia bezeich-nen darf. Sicher ist nur, dass es sich um eine italienische Bratwurst han-delt. Aber dann ist es auch schon vorbei mit der Gewissheit. Fleisch-sorten und -arten, Gewürze und Därme ändern von Gegend zu Gegendund manchmal gar von Metzger zu Metzger. Das Brät besteht meist auseiner groben Mischung von sowohl magerem wie auch fettem Schwei-nefleisch, Salz und verschiedenen Gewürzen und wird in Schweins-oder Hammeldärme gefüllt. Fast immer kommt auch Rotwein in die Fleischmischung. Viele Metzger bieten neben der klassischen Salsicciaauch Spezialversionen an: Häufig findet man die pikante Version mit Pe-peroncini und die sehr aromatische mit wilden Fenchelsamen. Salsiccia heisst diese Wurst vor allem in Süd- und Mittelitalien. Weiternördlich – in der Lombardei, Veneto, Emilia Romagna und im Tessin –wird sie auch Lucanica genannt. Häufig enthält die Lucanica etwas grö-beres Brät und ist etwas dicker als ihre Schwester.Nun sind diese Würste ja Bratwürste und werden am besten auf dem of-fenen Feuer oder in einer Grillpfanne langsam gebraten, damit sie in Ru-he durchgaren können, ohne aussen trocken zu werden. Allerdingsmüssen sie längst nicht immer klassisch zubereitet werden. Im Trentinowerden sie auch als Ganzes in einem Tomatensugo während mindestenseiner Stunde gegart. Die Aromen der Wurst verbinden sich so perfektmit der Sauce und passen dann wunderbar zu einer Polenta. Oder dasBrät wird wieder aus seiner Haut gedrückt und als Ergänzung zu Pasta-saucen verwendet. Entweder als geschmackliche Anreicherung in ei-nem Ragù bianco oder aber als Hauptdarsteller in Begleitung von einpaar Kräutern. So oder so: ein Genuss.Kulinarische Tipps von Tom Wiederkehr finden Sie künftig in jeder zweiten

Ausgabe. Für Bezugsquellen und Rezepte zu den vorgestellten Köstlichkeiten

besuchen Sie bitte jeweils Wiederkehrs Blog Piatto forte:

http://www.piattoforte.ch/surprise

Salsiccia: die rassige Cousine unserer Bratwurst.

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Ausgehtipps

Ach, du schönes Gala-Chäsli!

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ZürichSinnlicher Konsum

Ein Stück Käse, eine Glühbirne, eine TubeZahnpasta – nie wurden banale Alltagsdinge sowunderbar in Szene gesetzt und im Plakat ge-feiert wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun-derts. In der Frühzeit des Markenartikels woll-ten die sogenannten Sachplakate zum Kauf vonProdukten verführen, die in den Zwischen-kriegsjahren erst für eine gehobene Schicht er-schwinglich waren. Bedeutende Gestalter wieNiklaus Stoeklin, Peter Birkhäuser oder OttoBaumberger verliehen einem Waschpulver, ei-nem Paar Schuhe oder einer Zündkerze durchdie plastische Nahaufnahme im Plakat eine be-törende Sinnlichkeit und machten sie zu Ob-jekten der Begierde – und damit zu Vorbotender Konsumgesellschaft. (mek)Die Ausstellung «Magie der Dinge» ist ab dem

29. August bis Ende Jahr zu sehen im Museum für

Gestaltung Zürich. www.museum-gestaltung.ch

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Wie Lee und Nancy: Der Admiral und von Horsten.

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Auf TourAdmiral mit Orchester

David Langhard ist ein vielbeschäftigter Mann.Meist werkelt der Winterthurer im eigenen DA-LA-Studio an Songs seines Alter Egos AdmiralJames T oder produziert andere Bands. Zudemspielt er in unübersichtlich vielen Bands Gitar-re. «Still unknown since 1994», lautet das Mot-to des Nostalgikers, der am liebsten Gerät-schaften verwendet, die schon Eddie Cochranzu schätzen wusste. Folgerichtig klingt auchsein aktuelles Projekt ein bisschen altmodisch.Gemeinsam mit Verena von Horsten inszenierter sich als schweizerische Variante von LeeHazelwood & Nancy Sinatra. Im Duett schwel-gen sie über Orchesterarrangements, dass eseine verkitschte Freude ist. Allerdings ist dieGrossformation unpraktisch für Konzerte unddarum dürften die Auftritte mit Orchesterkaum eine Wiederholung erfahren. Also: Nichtverpassen. (ash) 31. August, 20 Uhr, Helsinki, Zürich;

6. September, 20 Uhr, Café Kairo, Bern;

8. September, 20.30 Uhr, Kühltür, Grosshöchstetten;

14. September, 20. 30 Uhr, KiFF, Aarau;

21. September, 21 Uhr, Kaserne, Basel.

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Bijou im Chrachen: das Spitzen Open Air.

Liesberg BLDas ist spitze!

Florian Buchwalder ist ein sturer, junger Lauf-entaler Bauer mit einem besonders «hartenGrind» (Selbsteinschätzung). Zum Glück!Denn dank diesen eidgenössischen Tugendenkann dieses Jahr die zehnte Ausgabe seines«Spitzen Open Airs» gefeiert werden. Spitze istdie Atmosphäre des Festivals: Es findet auf demGelände des Bauerhofs Spitzenbühl in Liesbergstatt, mit anderen Worten: ziemlich im Chra-chen. Spitze ist zudem, dass hier von Anfangan alles im Zeichen von Bio und Nachhaltigkeitstand, und zwar nicht im Sinne einer Imagepo-litur, sondern gelebter Überzeugung: 60 Pro-zent des Essens inklusive Fruchtsäfte undSchnaps kommen vom eigenen Bio-Bauernhof,der Rest von Bio-Betrieben aus der Umgebung.Auch das zentrale Nahrungsmittel für Festival-gänger stammt aus einer regionalen Bio-Braue-rei. Selbst bei der Musik wird auf kurze An-fahrtswege geachtet, eine Ausnahme bildet derrappende Slam-Poet mit der nerdigen Brille unddem seltsamen roten Anzug aus Bern, Kutti MC(immerhin gehörte das Laufental ja einst zuBern). Legendär ist das Kater-Grümpeli amSamstagnachmittag, an welchem Verkleidun-gen gefragt sind, aber gerne auch FKK gekicktwerden kann. Keine Frage: Hingehen! (Ja, ge-hen! Zumindest ab Liesberg, bis dort kommtman fast so umweltfreundlich mit Bahn undBus). (fer)10. Spitzen Open Air, Fr 31. August bis

Sa 1. September, Bauerhof Spitzenbühl

Liesberg, www.spitzenopenair.ch

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Nichts zu lachen: And Also The Trees zelebrieren die Tristesse. Sieben Leben im Schnelldurchlauf.

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BaselKinder im Glashaus

Sieben Kinder in einer einseitig verspiegelten Box: Sie wissen, dass dasPublikum da ist, aber sehen können sie es nicht. Eine Stimme, glasklarund sanft, dirigiert sie aus dem Off: Grow up! Die 11- bis 16-Jährigen wer-den der Vergangenheit und der Zukunft ausgesetzt – und zeigen ihr Le-ben im Zeitraffer. Sie bereiten sich darauf vor, ihre Kindheit für immerhinter sich zu lassen. Was einmal wichtig war – Stofftier – wird uninte-ressant, was unvorstellbar war – rauchen – wird gelebte Erfahrung. DasTheaterstück «Before your very eyes» ist eine Zeitreise von der Kindheitin die Pubertät, über den 40. Geburtstag bis zum Bühnentod. (mek)«Gob Squad – Before your very eyes» wird im Rahmen des Theaterfestivals Basel

(29. August bis 9. September) gezeigt: 30. und 31. August; 19 Uhr,

1. September; 19 Uhr, Theater Roxy, Basel. www.theater-roxy.ch

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— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 —

Afghanistan jenseits von Panzern und Taliban.

BernMärchenhaftes Afghanistan

Handarbeit auf dem Feld, spielende Kinder, atemberaubende Landschaf-ten – die Blicke junger afghanischer Fotografen auf ihr Heimatland sindäusserst vielseitig und oft von atemberaubender Schönheit. Sie erinnerndaran, dass auch ein kriegsversehrtes Land nicht nur aus zerbombtenHäusern und rostigen Panzern besteht. Und der Name Afghanistan beiuns noch vor wenigen Jahrzehnten nicht für Krieg und Steinigungenstand – sondern für Träume von orientalischem Zauber. Die Ausstellungüberbringt die tröstende Botschaft, dass diese Welt auch nach über 30Jahren Krieg noch nicht vollständig untergegangen ist. (fer)Fotoausstellung «EinBlick Afghanistan», noch bis zum 15. September, Di bis Fr 10 bis

19 Uhr, Sa 10 bis 17 Uhr, Eintritt frei, Kornhausforum Bern.

ZürichMeister der Melancholie

Noch ist es nicht Herbst, doch lange wird es nicht mehr dauern. Dakommen And Also The Trees zur Einstimmung grad recht. Denn dieBand um das Brüderpaar Justin und Simon Huw Jones erkundete überdie Jahre zwar unterschiedliche Stile, stets aber dominierte ein traurigerGrundton. Anfang der 80er im New-Wave-Umfeld gegründet, schufensich die Engländer schnell eine eigenen kleine Nische, in der sie seitherweltferne Melodien mit mandolinenartig schwebenden Gitarrenklängenund Gesang im Dichterduktus zelebrieren. Zuletzt widmeten sich dieVeteranen fragilen Akustikversionen älteren Materials. Doch das aktuel-le Album «Hunter Not The Hunted» kommt wieder im elektrisch ver-stärkten Klangkleid daher. Und im Konzert spannen die Meister der Me-lancholie einen wunderbaren Bogen vom finsteren Frühwerk bis zursubtilen Tristesse ihrer neuen Lieder. (ash) 4. September, 21 Uhr, Restaurant Viadukt, Zürich.

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AUFGEZEICHNET VON MENA KOST

«Heute Morgen habe ich den Verkaufspass abgegeben. Meine Zeit beiSurprise ist zu Ende. Ein trauriger Moment. Das Surprise-Büro ist in denletzten vier Jahren ein wichtiger Ort für mich geworden. Hier habe ichmich wohlgefühlt. Auch draussen, in der Stadt. Ich habe schon an vie-len Orten verkauft. Auf der Mittleren Brücke, am Marktplatz, in derFreien Strasse, am Spalenberg und zuletzt am Helvetiaplatz. Gesternzum letzten Mal.

Ich hatte viele Stammkunden, insgesamt haben sie sicher 1000 Heftebei mir gekauft. Am Anfang hatte ich Mühe mit dem Verkaufen. Das lagzum Teil an meiner Krankheit. Mit 24 wurde bei mir Schizophrenie dia-gnostiziert. Das war heavy. Zuerst wusste ich gar nicht genau, was dasbedeutet. Ich musste lernen, mit dieser Krankheit umzugehen. Oft fühl-te ich mich verfolgt, meine Gedanken drehten sich im Kreis und ichwusste nicht mehr, wo unten war und wo oben. Unter Leuten war ichunsicher, sie machten mir Angst. Aber Kurt Brügger, ein Verkäufer, derauch im Vertrieb Basel arbeitet, glaubte an mich: ‹Du schaffst das, auchdu kannst Surprise verkaufen!›, hat er gesagt. Das hat mir Mut gemacht.Er hat mir auch gesagt, was das Wichtigste beim Verkaufen ist: Geduldund ein Lächeln.

Surprise hat mir dabei geholfen, dass ich mich wieder in die Stadt ge-traut habe. Ohne Surprise hätte ich das nicht geschafft. Aber mit einemHeft in der Hand und einer Aufgabe ist es einfacher, unter Menschen zugehen. Menschen sind ja so herrlich! Fast alle sind hilfsbereit undfreundlich, die jungen wie die alten. Mit manchen entstand eine ArtFreundschaft, man fragte sich, wie es den Kindern geht, dem Mann, derGrossmutter und so weiter. Es war eine sehr schöne Zeit mit meinenKunden, ich vermisse sie jetzt schon.

In zwei Wochen werde ich Basel verlassen. Dann ziehe ich aus demMännerwohnheim aus, in dem ich lebe, und zügle in den Thurgau. AufsLand. In ein Dorf mit 30 Nasen. Auf eine Pferderanch. Dort gibt es dannkeine Diskotheken mehr. Dafür kann ich dort eine Lehre als Pferdefach-mann machen. Es ist bereits die zweite Chance, die ich bekomme. Vorzwei Jahren hätte mich die Familie, der die Ranch gehört, auch schon indie Lehre genommen. Aber damals habe ich mich noch nicht reif dafürgefühlt. Heute schon. Ich habe bereits zwei Monate geschnuppert. Eswar schön, die Familie ist nett, und ich bin sehr tierlieb. Das hilft mir beider Arbeit mit den Pferden. Einige sagen, ich sei ein Pferdeflüsterer, weilich viel mit den Tieren spreche und sie mich verstehen. Mit Pferdenspricht man nicht nur mit der Stimme, sondern auch mit dem Körper.Aber ich muss noch viel lernen. Es wird eine harte Zeit auf der Ranch,neun Stunden pro Tag werde ich mich um die Pferde kümmern müssen.Aber wenn ich es durchziehe, bekomme ich am Schluss ein Diplom. Ichweiss, dass ich diese Lehre schaffen kann. Meine Grossmutter und mei-ne Tante glauben auch an mich. Sie haben mich auf der Ranch besuchtund sich ein Bild vom Ort gemacht, wo ich jetzt hinkomme. Es gefälltihnen auch und sie wollen mich regelmässig besuchen kommen.

Tausend verkaufte Magazine und viele gute Gespräche: Vier Jahre lang hat Serge Furrer (34) in Basel Surpriseverkauft. Jetzt sagt er Adieu und bricht auf in ein neues Leben: auf eine Pferderanch im Thurgau.

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Verkäuferporträt«Einige sagen, ich sei einPferdeflüsterer»

Ich wünsche mir sehr, dass ich den Kontakt zu Surprise nicht ganzverliere. Und auch wenn ich nicht mehr bei Surprise arbeite, das Heftmöchte ich weiter lesen. Es ist ein gutes Produkt, auch wenn nochmehr über Musik drinstehen könnte. Hoffentlich finde ich im Thurgaueinen Verkäufer. Aber mehr als das Heft werden mir meine Kunden feh-len. Sie haben mir sehr geholfen in meiner Zeit bei Surprise. Ich wün-sche mir, dass meine Stammkunden sich einen neuen Verkäufer suchenund in Zukunft bei ihm ihr Heft beziehen. Es ist sehr motivierend,wenn man gut verkauft. Nicht nur in materieller Hinsicht, auch emo-tional tut es gut. Das wird mir fehlen. Vielleicht kann ich bald einmalFotos schicken, auf denen man mich bei der Arbeit mit den Pferdensieht. Diese können dann im Surprise abgedruckt werden, als Gruss anmeine Stammkunden. Damit sie sehen können, wie ich mich veränderthabe.» ■

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Vorname, Name

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PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

1 Jahr: 6000 Franken 1/2 Jahr: 3000 Franken 1/4 Jahr: 1500 Franken 1 Monat: 500 Franken

Talon bitte senden oder faxen an: Verein Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

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SurPlus – eine Chance für alle!Werden Sie Gotte oder Götti bei SurPlus

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Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten. Menschen, die kaum Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt habenund ihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkaufdes Strassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation.Ihr Alltag bekommt wieder Struktur und mehr Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Verdienst. Das verdient Respekt und Unterstützung. Das Spezialpro-gramm SurPlus ist ein niederschwelliges Begleitprogramm für ausge-wählte Surprise-Verkaufende, die regelmässig das Strassenmagazin

verkaufen und hauptsächlich vom Heftverkauf leben. Diese Verkaufen-den erhalten nur geringe soziale Ergänzungsleistungen und werden im Programm SurPlus gezielt vom Verein Surprise unterstützt: Sie sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit, U-Abonnement) und werden beiProblemen im oft schwierigen Alltag begleitet. Mit einer Patenschaft lei-sten Sie einen wesentlichen Beitrag für die soziale Absicherung der Verkaufenden und ermöglichen ihnen, sich aus eigener Kraft einen Ver-dienst zu erarbeiten. Vielen Dank für Ihr Engagement!

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Anja UehlingerAargau

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Impressum

HerausgeberVerein Surprise, Postfach, 4003 Baselwww.vereinsurprise.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden (Nummernverant wort licher), Florian Blumer, Diana Frei, Mena Kost [email protected]ändige MitarbeitRosmarie Anzenberger (Korrektorat), Rahel Nicole Ei-senring, Shpresa Jashari, Carlo Knöpfel, Yvonne Kunz,Stephan Pörtner, Milena Schärer, Isabella Seemann, Priska Wenger, Tom Wiederkehr, Christopher ZimmerMitarbeitende dieser AusgabeMonika Bettschen, Michèle Faller, Olivier Joliat, Roger Meier, Roland SoldiGestaltung WOMM Werbeagentur AG, BaselDruck AVD GoldachAuflage15000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 50 Oscar Luethi (Leitung), Melanie Oberli

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Thomas Ebinger, Anette Metzner, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected] T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chVereinspräsident Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von derRedaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Postsen-dungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeichneteVerkaufende können nur bis zu einem Betrag von CHF100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehende Beträ-ge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oder demSpender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozialeInstitution. Die Geschäfte werden vom VereinSurprise geführt. Surprise ist führendes Mit-glied des Internationalen Netzwerkes derStras sen zeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow,Schottland. Derzeit gehören dem Verband über100 Strassenzeitungen in 40 Ländern an.

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24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Gönner-Abo für CHF 260.–

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Page 31: surprise Strassenmagazin 282/12

SURPRISE 282/12 31

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Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.Alle Preise exkl. Versandkosten.

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Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

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Surprise Rucksack(32 x 40 cm); CHF 89.–

rot

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Schön und gut.Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und vonA bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschieden-farbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

282/12

HerrenCHF 25.–

S(schmal geschnitten)

Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baum -wolle, für Gross und Klein.

KinderCHF 20.–

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Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

Page 32: surprise Strassenmagazin 282/12

Von Aarbergbis Zuoz.

www.vereinsurprise.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3Verein Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99

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