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Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen...

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Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch- Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 20. Jahrg., H. 1 (1903), pp. 378-389 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40905233 . Accessed: 10/06/2014 15:01 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.79.13 on Tue, 10 Jun 2014 15:01:28 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Page 1: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 20. Jahrg., H. 1 (1903), pp. 378-389Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40905233 .

Accessed: 10/06/2014 15:01

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Staatsvertrag über die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der

Thüringisch-Anlialtisclien Staatslotterie.

Vom 15. März 1902 x). (Bekanntm. v. 21. Juni 1902. Grossherzogl. hess. Rgsbl. Nr. 37 S. 233.)

Artikel 1. Die Grossherzoglich Hessische Landeslotterie und die Thüringisch-

Anhaltische Staatslotterie werden mit Wirkung vom 1. Oktober 1902 unter dem Namen

„ Hessisch-Thüringische Staatslotterie "

zu einem Unternehmen vereinigt.

Verwaltung der Lotterie.

Artikel 2. 1. Die Hessisch-Thüringische Staatslotterie wird für Rechnung der im

Eingange bezeichneten Vertragsstaaten in Selbstverwaltung unter Aufsicht der grossherzogl. hessischen Regierung als geschäftsführender Regierung durch eine den Vertragsstaaten gemeinschaftliche Behörde betrieben, welche die dienst- liche Benennung „Direktion der Hessisch-Thüringischen Staatslotterie " führt und in Darmstadt ihren Sitz hat.

2. Für die Dienstführung der Direktion sind die im Grossherzogtum Hessen geltenden Vorschriften massgebend.

3. Die Beamten der Direktion unterstehen als hessische Beamte der hessischen Regierung ; sie werden von ihr angestellt, in Ruhestand versetzt und entlassen. Für das Dienstverhältnis, insbesondere auch die Gehaltsverhältnisse dieser Beamten, gelten die hessischen Vorschriften, insoweit in den Anstellungs- bedingungen nichts anderes bestimmt ist.

4. Der Lotteriedirektor wird in Zukunft im Einvernehmen mit dem Aus- schusse (Art. 4) angestellt.

!) Er wurde abgeschlossen zu Erfurt am 15. März 1902 zwischen Bevollmächtigten des Grossherzogtums Hessen, des Grossherzogtums Sachsen-Weimar, der Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg und Gotha, Anhalt, sowie der Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuss ä. L , Schaum- burg-Lippe und Lippe. Die Zustimmung der Landstände hierzu wurde, soweit erforder- lich, erteilt und der Austausch der Ratifikationsurkunden bewirkt.

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Staatsvertrag üb. d. Verein, d. Hess. u. Thür.-Anhalt. Staatslotterie, v. 15 März 1902. 37g

Artikel 3. Der Direktion und den Kollekteuren gegenüber, sowie im Verkehr mit

Regierungen und anderen Behörden werden die Vertragsstaaten durch die grossherzogl. hessische Regierung als geschäftsführende Regierung vertreten.

Artikel 4. 1. Für die nachfolgenden Gegenstände ist die Genehmigung des aus

Vertretern der Vertragsstaaten bestehenden Ausschusses erforderlich und aus- reichend :

a) die Feststellung des Spielplans, b) die Aufstellung des jährlichen Voranschlags einschliesslich des Personal-

etats der Beamten, c) die Festsetzung der Anstellungsbedingungen der Beamten, d) die Abänderung der Geschäftsordnung für die Kollekteure. 2. Der Ausschuss ist berechtigt, die Schriftstücke und Bücher der Lotterie-

direktion in Darmstadt zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen, auch von der Direktion über den Stand der Geschäfte im allgemeinen oder über einzelne Gegenstände Auskunft zu verlangen.

3. Die Direktion wird dem Ausschusse von Anordnungen allgemeiner Art durch Uebersenden der betreffenden Drucksachen oder Schriftstücke Kennt- nis geben.

4. In den Ausschuss werden von den Regierungen der bei der Thüringisch- Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten zusammen vier, von der gross- herzogl. hessischen Regierung drei Mitglieder berufen. Eine Uebertragung der den Staaten hiernach zustehenden Stimmen auf eine Person ist zulässig.

5. Die Entscheidung erfolgt nach einfacher Stimmenmehrheit.

Vertragsänderung. Artikel 5.

1. Der Entscheidung der Vertragsregierungen unterliegen: a) die Aufnahme anderer Staaten in die Lotteriegemeinschaft, b) die Uebernahme von Leistungen an andere Staaten als Entgelt für

die Zulassung der Staatslotterielose, c) die Zulassung der Lose anderer Staatslotterien auf Grund der Gegen-

seitigkeit. 2. Die Regierungen stimmen schriftlich oder in Konferenzen ab, deren

Einberufung durch die geschäftsführende Regierung erfolgt. Die Abstimmungen erfordern eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen. Hierbei stehen Hessen 28, Sachsen-Weimar 9, Anhalt 8, Sachsen- Meiningen 6, Sachsen-Koburg- Gotha 6, Sachsen-Altenburg 5, Lippe 3, Schwarzburg-Sondershausen 2, Schwarz- burg-Rudolstadt 2, Reuss ä. L. 2 Stimmen und Schaumburg-Lippe 1 Stimme zu.

Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 letzter Satz findet Anwendung. 3. Das Stimmenverhältnis der Vertragsstaaten wird alle 5 Jahre auf

Grund der zuletzt vorausgegangenen allgemeinen Volkszählung geprüft und nötigenfalls berichtigt.

Verteilung des Reinertrags. Artikel 6.

1. Es werden jährlich zwei Lotterien ausgespielt. 2. Als Reineinnahme gilt die Summe der aus der Lotterie erzielten Ein-

nahmen, vermindert um den Betrag aller zu deren Erlangung gemachten Auf- wendungen.

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380 Staatsvertrag üb. -d. Verein, d. Hess. u. Thür. -Anhalt. Staatslotterie, v. 15. März 1902.

3. Der Reinertrag einer jeden Lotterie wird bis zum Betrage von 1,000,000 M. zwischen dem Grossherzogtum Hessen einerseits und den bei der Thüringisch- Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten anderseits je zur Hälfte geteilt.

4. Soweit der Reinertrag 1,000,000 M. übersteigt, fällt er den Vertrags- staaten nach Massgabe der Bevölkerungszahl zu.

Die bei der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten verteilen ihren Gesamtreinertrag nach Massgabe der Bevölkerungszahl.

5. Ausgaben, welche durch den Lotterie ertrag nicht gedeckt werden gollten, werden zwischen dem Grossherzogtum Hessen einerseits und den bei der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten anderseits je zur Hälfte geteilt. Die letzteren haben für den auf sie fallenden Betrag nach der Bevölkerungszahl aufzukommen.

6. Als Bevölkerungszahl im Sinne dieses Vertrages gilt diejenige Zahl, welche bei der zunächst vorausgegangenen allgemeinen Volkszählung fest- gestellt worden ist.

Abrechnung. Artikel 7.

1. Die Lotteriedirektion hat binnen 5 Wochen, nachdem die Ziehung der letzten Klasse jeder Lotterie beendet ist, eine Abschlagszahlung von min- destens 80 °/° des mutmasslichen Anteils am Reinertrage an die Vertragsstaaten zu leisten.

2. Die endgültige Abrechnung zwischen der Lotteriedirektion und den Vertragsstaaten wird vorbehaltlich der Revisionsbemerkungen der grossher- zogl. hessischen Oberrechnungskammer nach Abschluss der Betriebsrechnung stattfinden.

3. Die Betriebsrechnung wird dem grossherzogl. hessischen Ministerium der Finanzen und demnächst der grossherzogl. hessischen Oberrechnungskammer zur Prüfung vorgelegt. Ein Auszug wird jeder Regierung zugestellt.

Gemeinsame Gesetzgebung. Artikel 8.

Besonderer Vereinbarung der Vertragsstaaten bleibt vorbehalten, hin- sichtlich des Vertriebs und Verkaufs der Lose, sowie des Verbots des Spielens in auswärtigen Lotterien gesetzliche Bestimmungen nach einheitlichen Grund- sätzen zu erlassen.

Verbot anderer Landeslotterien.

Artikel 9. Die Vertragsstaaten machen sich verbindlich, für die Dauer dieses Ver-

trags weder eine eigene Landeslotterie zu errichten noch die Errichtung einer solchen zu genehmigen, noch sich an einer anderen Landeslotterie zu beteiligen.

Lotterien und Ausspielungen. Artikel 10.

1. In dem Gebiete der Vertragsstaaten dürfen Geldlotterien oder Lotterien, bei welchen an Stelle des Sachgewinns ein Geldbetrag gefordert werden kann, von der Landesregierung nur genehmigt werden, sofern

a) der Gesamtpreis der Lose jährlich 1 M. 50 Pf. auf den Kopf der Be- völkerung des betreffenden Staates nicht übersteigt,

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Page 5: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Staatsvertrag üb. d. Verein, d. Hess. u. Thür.-Anhalt. Staatslotterie, v. 15. März 1902. ggj

b) der Verkaufspreis der Lose nicht mehr als 2 M., einschliesslich des Reichsstempels, beträgt,

c) die Ziehungstermine nicht in den Zeitraum von 4 Wochen vor Ziehung der ersten Klasse bis 2 Monate nach beendeter Ziehung dieser Klasse der Staatslotterie fallen,

d) die Lose nicht vor dem Beginne der zweiten Klasse der laufenden Staatslotterie angekündigt, ausgegeben oder vertrieben werden.

2. Lotterien der vorbezeichneten Art, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, sowie alle auswärtigen Lotterien einschliesslich der Sach- und aller Klassenlotterien dürfen von der Landesregierung nur dann genehmigt werden, wenn der Losvertrieb nach dem Gutachten der geschäftsführenden Regierung als nachteilig für die Hessisch-Thüringische Staatslotterie nicht zu erachten ist.

3. Ueber die Zulassung von Lotterien, die zwar eine Benachteiligung der Staatslotterie befürchten lassen, indessen ein Interesse des Deutschen Reichs zu fördern bestimmt sind, ist auf Antrag der geschäftsführenden Regierung eine Entscheidung des Ausschusses (Art. 4) herbeizuführen.

4. Jeder Regierung soll freistehen, zu wohlthätigen, gemeinnützigen oder Kunstzwecken, sowie bei Volksfesten die Ausspielung von Kunst- und Industrie- erzeugnissen, Waren oder anderen beweglichen Gegenständen, ausser barem Gelde, zu gestatten, wenn der Gesamtpreis der Lose jährlich 50 Pf. auf den Kopf der Bevölkerung und für die einzelne Lotterie den Betrag von 100,000 M. nicht übersteigt, auch der Preis des einzelnen Loses nicht mehr als 2 M., ein- schliesslich des Reichsstempels, beträgt.

Auf Lotterien solcher Art, die diesen Vorschriften nicht entsprechen, findet Art. 10 Ziff. 2 sinngemässe Anwendung.

Rechtsverhältnisse der Kollektenre.

Artikel 11. 1. Zum Vertriebe der Lose Kollekteure in den Vertragsstaaten anzustellen

und Berechtigungen zum Losehandel zu erteilen, ist nur die Lotteriedirektion befugt.

2. Die Lotteriedirektion wird bei gleicher Garantie für guten Loseabsatz und solides Geschäftsgebahren , sowie bei hinreichender Kautionsfähigkeit Be- werbern, die in dem betreffenden Staate wohnen, den Vorzug geben. Wünsche der Regierungen zu Gunsten von Bewerbern, die in ihren Gebieten staats- angehörig sind, sollen thunlichst berücksichtigt werden.

3. Die Ernennung der Kollekteure, sowie die Zulassung gewerbsmässiger Losverkäufer bedarf der Genehmigung der zuständigen Landesregierung, sofern die Landesgesetzgebung dies vorschreibt.

Ernennung und Zulassung sollen nur versagt werden, wenn erhebliche Bedenken gegen die betreffenden Personen vorliegen. Die Zurücknahme erfolgt nach § 35 Abs. 2 der Reichsgewerbeordnung. Vor der Entscheidung ist die Lotteriedirektion zu hören.

4. Die bisherigen Einnehmer der Thüringisch- Anhaltischen Staatslotterie sollen, unbeschadet des geschäftsordnungsmässigen Rechts zur Wiederaufhebung der Anstellung, entsprechende Kollekturen der Hessisch-Thüringischen Staats- lotterie erhalten.

Alle mit Genehmigung der zuständigen Landesregierung von der Lotterie- direktion angestellten Kollekteure und die zugelassenen Losverkäufer sind be- rechtigt, im Gebiete sämtlicher Vertragsstaaten die Lose der Staatslotterie feilzubieten.

6. Die Kollekteure, welche in den bei der Thüringisch-Anhaltischen Staats- lotterie beteiligten Staaten wohnen, dürfen an ihrem Geschäftslokale ein Schild führen, welches das Landeswappen des betreffenden Staates trägt und mit der Inschrift „Kollekteur" oder „Hauptkollekteur der Hessisch-Thüringischen Staats- lotterie" versehen ist.

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382 Staatsvertrag üb. d. Verein, d. Hess. u. Thür.-Anhalt. Staatslotterie, v. 15. März 1902

Artikel 12. 1. Die in den Vertragsstaaten angestellten Kollekteure, sowie die daselbst

wohnhaften Losverkäufer sind den Bestimmungen des Spielplans, der hessischen Geschäftsordnung und den sonstigen Anordnungen der Lotteriedirektion unter- worfen, soweit sie mit diesem Vertrage und dem Rechte des betreffenden Staates nicht in Widerspruch stehen.

2. Sollte sich ein Kollekteur oder Losverkäufer durch eine Verfügung der Lotteriedirektion beschwert fühlen, so steht ihm die Beschwerde an das grossherzogl. hessische Ministerium der Finanzen offen.

3. Die von der Lotteriedirektion den Kollekteuren etwa auferlegten Ord- nungsstrafen und Kosten sind auf Antrag der Lotteriedirektion von der zu- ständigen Landesbehörde einzutreiben, soweit dies nach den Gesetzen des betreffenden Staates zulässig ist. Der Betrag ist kostenfrei an die Lotterie - direktion einzusenden.

Artikel 13. Den Kollekteuren und Losverkäufern darf wegen des Vertriebs von Losen

der Hessisch-Thüringischen Staatslotterie eine besondere Steuer oder Abgabe von den Vertragsstaaten nicht auferlegt werden ; sie unterliegen vielmehr wegen dieses Vertriebes nur den allgemeinen Steuergesetzen des betreffenden Landes.

Besteuerung der Lotterie und Lotteriebeamten. Artikel 14.

1. Die Hessisch-Thüringische Staatslotterie darf in den Vertragsstaaten weder zu Staats- noch zu Kommunalsteuern herangezogen werden.

2. Die von den Besoldungen, Wartegeldern und Pensionen der Beamten der Lotteriedirektion erhobenen Staatssteuer betrage fliessen in die gemeinschaft- liche Kasse.

Rechtshilfe. Artikel 15.

Die Regierungen der Vertragsstaaten werden die Behörden anweisen, zu- lässigen Anträgen der Lotteriedirektion ungesäumt zu entsprechen und von deren Erfolge der Lotteriedirektion Kenntnis zu geben, ihr auch in allen Fällen die in Lotterieangelegenheiten erwachsenen polizeilichen oder gerichtlichen Unter- suchungsakten, soweit dies die Landesgesetzgebung gestattet, zur Einsicht so zeitig mitzuteilen, dass etwa zulässige Rechtsmittel noch eingelegt werden können. Insbesondere wird den Verwaltungs- und Justizbehörden die Geschäftsordnung für die Kollekteure mitgeteilt werden.

Dauer des Vertrags. Artikel 16.

Der gegenwärtige Vertrag wird auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen; er gilt jedesmal für einen Zeitraum von 5 Jahren als verlängert, sofern er nicht mindestens 2 Jahre vor Ablauf seiner Geltungsdauer von einer der Regierungen gekündigt wird. Tritt eine solche Kündigung ein, so darf die betreffende Re- gierung sich weder an einem anderen Lotterieunternehmen beteiligen, noch eine andere Staatslotterie zulassen.

Schiedsgericht. Artikel 17.

1. Alle aus diesem Vertrage zwischen den Vertragsstaaten etwa entstehen- den Streitigkeiten sind der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu unterbreiten.

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Page 7: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Staatsvertrag üb. d. Verein, d. Hess. u. Thür.-Anhalt. Staatslotterie, v. 15. März 1902. ggß;

Das Schiedsgericht wird in jedem Einzelfalle dadurch gebildet, dass die Prä- sidenten der Oberlandesgerichte zu Darmstadt und Jena je ein Mitglied und diese beiden Mitglieder ein drittes wählen.

2. Das Verfahren wird vom Schiedsgerichte nach freiem Ermessen be- stimmt. Gegen die schiedsgerichtliche Entscheidung ist von keinem Teile eine weitere Einwendung zulässig.

Schlussbestimmnng. Artikel 18.

Der gegenwärtige Vertrag wird der landesherrlichen Genehmigung in den einzelnen Staaten ohne Verzug unterbreitet werden. Nach deren Eingang wird alsbald die Auswechslung der Ratifikationsurkunden stattfinden.

So geschehen, Erfurt, den fünfzehnten März eintausendneunhundert- undzwei.

Schlussprotokoll. Bei der Vereinbarung über den heute vollzogenen Staatsvertrag zwischen

Hessen, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg und Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg- Rudolstadt, Reuss ältere Linie, Schaumburg-Lippe und Lippe über die Vereinigung der Grossherzogl. Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie sind zwischen den unterzeichneten Bevollmächtigten mit Genehmigung ihrer Re- gierungen noch folgende Verabredungen getroffen worden, welche, ohne dass es ihrer besonderen Ratifikation bedarf, mit dem Vertrage selbst, sobald dieser ratifiziert sein wird, gleiche Kraft und Gültigkeit haben sollen.

I. Zu Artikel 1 und 2. a) Ansprüche und Verpflichtungen der hessischen Landeslotterie und der

Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie gehen, soweit nicht dieser Vertrag oder das Schlussprotokoll andere Bestimmungen enthält, nicht auf das gemeinschaft- liche Unternehmen über.

b) Die grossherzogl. hessische Regierung wird thunlichst auf Verwendung der Beamten der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie Bedacht nehmen.

Die Ansprüche des gegenwärtigen Lotteriedirektors der Thüringisch-An- haltischen Staatslotterie auf Wartegeld oder Pension werden von der Hessisch- Thüringischen Staatslotterie übernommen. Das gleiche gilt von den Beamten der grossherzogl. hessischen Landeslotteriedirektion und ihren Dienstansprüchen.

c) Die jährliche Verzinsungs- und Tilgungsrente des Kapitals von 5027 M. 43 Pf. welches zur Bestreitung der Kosten für Reparatur und Umbau der von der Lotteriedirektion gemieteten Räume seitens der gothaischen Staatsregierung auf- gewendet worden ist, geht auf die Hessisch-Thüringische Staatslotterie über. Letzterer ist es unbenommen, die Rentenzahlung durch Entrichtung des oben genannten Kapitals abzulösen.

d) Alle auf die erste gemeinschaftliche Lotterie bezüglichen Unkosten ebenso wie diejenigen, welche von diesem Vertragsschlusse ab durch die Ein- richtung der gemeinschaftlichen Lotterie dem Grossherzogtum Hessen erwachsen, sind von der Hessisch-Thüringischen Staatslotterie zu übernehmen.

II. Zu Artikel 6. a) Zu den Verwaltungskosten gehören insbesondere die Gehalte und

Gewinnanteile, Pensionen, Wartegelder, Witwen- und Waisenpensionen der 383

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Page 8: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

3g J. Staatsvertrag üb. d. Verein, d. Hess. u. Thür.-Anhalt. Staatslotterie, v. 15. März 1902.

Beamten der Direktion, ferner der nach dem Vertrage zwischen Hessen und Oldenburg für die ausschliessliche Zulassung des Losvertriebs an das Gross- herzogtum Oldenburg zu zahlende Betrag, sowie die Kosten für die Beschaffung und Unterhaltung der Diensträume für die Direktion einschliesslich des Ziehungs- saales. Die Festsetzung dieser Kosten bleibt als zum Voranschlag gehörig dem Ausschuss vorbehalten.

b) Das Mobiliar und Inventar der Lotteriedirektion in Darmstadt wird von der Hessisch-Thüringischen Staatslotterie zu den Anschaffungskosten über- nommen.

c) Das gleiche gilt, mit Abzug der Transportkosten nach Darmstadt, von den Ziehungsrequisiten der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie, soweit diese von der neuen Direktion verwendet werden können.

III. Zu Artikel 10.

a) Unter den in Art. 10 Ziff. 1 u. 4 erwähnten Lotterien und Ausspielungen sind nur solche zu verstehen, die für das Gebiet eines Vertragsstaates veranstaltet werden.

b) Geldlotterien und Ausspielungen unterliegen den Beschränkungen des Art. 10 nicht, wenn der Gesamtpreis der Lose 1000 M. nicht übersteigt.

c) Hinsichtlich der Auslegung des Art. 10 Ziff. 1 d besteht Uebereinstimmung dahin, dass die Ankündigung, Ausgabe oder der Vertrieb von Losen, sobald sie begonnen haben, ununterbrochen ohne Rücksicht auf die hier geordneten Sperr- fristen fortgesetzt werden können.

d) Genehmigung und Zulassung von Lotterien für die Zeit nach dem 1. Oktober 1902 sind nur nach Massgabe dieses Vertrages zulässig.

e) Die Spielpläne aller Lotterien und Ausspielungen, deren Genehmigung der Zuständigkeit der Regierungen unterliegt, sind mit Ausnahme der unter b genannten alsbald nach der Genehmigung der geschäftsführenden Regierung zur Kenntnisnahme mitzuteilen.

f) Die Darmstädter Schlossfreiheitslotterie und die Lotterie des Renn- vereins für Mitteldeutschland zu Gotha sind, letztere, soweit sie in dem bis- herigen Umfange abgespielt wird, der Beschränkung des Art. 10 Ziff. 2 nicht unterworfen.

g) Die Prämiierung von Spareinlagen bei staatlichen Anstalten fällt nicht unter die Beschränkungen des Art. 10.

IV. Zu Artikel 11 Ziffer 3 Satz 1. Die gewerbsmässigen Losverkäufer im Gebiet der Thüringisch- Anhaltischen

Staatslotterie werden seitens der Lotteriedirektion, zunächst auf die Dauer von 3 Jahren, verpflichtet werden, die von ihnen abzusetzenden Lose ausschliesslich von Kollekteuren desjenigen Staates zu beziehen, in dem sie ihren Wohnsitz haben.

V. Zu Artikel 12. Die Lotteriedirektion wird von den Nummern 1 bis 42,500 den bisherigen

Einnehmern der Thüringisch- Anhaltisch en Staatslotterie thunlichst einen Teil der gehabten Nummern wieder verschaffen.

VI. Zu Artikel 13. Besondere Gebühren für die Genehmigung zum Vertrieb von Staatslotterie-

losen sollen nicht eingeführt und, soweit sie eingeführt sind, für Losverkäufer mit voraussichtlich kleinem Losabsatz thunlichst ermässigt werden.

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Page 9: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Begründ. d. hess. Regierung z. d. vorstehenden Staatsvertrag. V. 5. April 1902. 385

VII. Zusatz zu Artikel 16. Für den Fall, dass nach Ablauf von 15 Jahren in dem Verhältnisse der

Bevölkerungszahl Hessens zu derjenigen der bei der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten eine wesentliche Aenderung eintreten sollte, bleibt eine anderweite Regelung der Verteilung des Reinertrags vorbehalten.

VIII. Zu Artikel 18. Die Genehmigung der Landesvertretungen bleibt, soweit sie nach den

Landesgesetzen erforderlich ist, vorbehalten. Die an der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten

sind an den unter dem heutigen Tage geschlossenen Staatsvertrag, wie an den Inhalt des gegenwärtigen Schlussprotokolls nur gebunden, sofern bis zum 30. April 1902 die Zustimmung sämtlicher Landtage, wie sie in Abs. 1 vorbehalten, er- folgt ist.

Begründung der grossherzogl. hessischen Regierung zu dem vorstehenden Staatsvertrag1). Vom 5. April 1902.

Die Grossherzogl. Hessische Landeslotterie, die vor 2 Jahren ins Leben trat und jetzt vor ihrer 5. Lotterie steht, hat sich bisher über Erwarten günstig entwickelt: die Zahl der Lose konnte von 33,000, womit das Unternehmen er- öffnet wurde, in der kurzen Zeit des Bestehens auf 55,000 vermehrt werden. Die Lotterie verspricht auch für die Zukunft, zumal der Vertrag mit Oldenburg €in weiteres Absatzgebiet erschlossen hat, eine befriedigende Weiterentwicklung. Immerhin ist nicht zu verkennen, dass auch schlechtere Zeiten für das Lotterie- unternehmen kommen können, und dass die kleineren Lotterien in der ständigen Gefahr schweben, von den grösseren verdrängt zu werden. Diesen Möglich- keiten gegenüber bringt die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringischen Staatslotterie, abgesehen davon, dass ein Wettbewerb der beider- seitigen Lotterien für die Zukunft ausscheidet, den Vorteil, dass das gemein- same Unternehmen demnächst über ein eigenes Absatzgebiet mit einer Be- völkerungszahl von etwa 3,300,000 Einwohnern verfügt und danach unter den in Deutschland bestehenden Lotterien an die dritte Stelle rückt. Die Grosse des eigenen Absatzgebietes gibt die Möglichkeit, auch bei Beschränkung auf dieses Gebiet, die Lotterie in ihrem Spielplan jederzeit konkurrenzfähig zu er- halten. Das grössere Ganze gewährleistet naturgemäss zum mindesten den- selben Reinertrag wie die zuvor getrennten Unternehmungen, lässt jedoch für die Zukunft wohl auch einen nicht unwesentlichen Mehrertrag erhoffen.

Der Zusammenschluss mit Thüringen ist aber auch insofern von erheb- licher Bedeutung, als das künftige Unternehmen für andere deutsche Staaten «in willkommenes Anschlussobjekt bilden kann und vielleicht auf diesem Wege auch die Missstände, die zur Zeit im Lotteriewesen in Deutschland noch herrschen, durch Einführung der Freizügigkeit der Lose verbunden mit einer Kontingentierung des Spielkapitals wenigstens für die grösseren Lotteriegebiete Deutschlands beseitigt werden können.

Zu den einzelnen Artikeln des Vertrags möge folgendes bemerkt werden : Die Aufsicht über das gemeinschaftliche Unternehmen, das unter dem

Namen „Hessisch-Thüringische Staatslotterie " vom 1. Oktober d. J. an in Selbst- verwaltung für Rechnung der Vertragsstaaten betrieben werden soll, steht der grossherzogl. hessischen Regierung als geschäftsführender Regierung zu. Unter ihrer Leitung wird die unmittelbare Verwaltung der Lotterie von der bisherigen

i) 31. Landtag Zweite Kammer der Landstände 19OO,'O3; Drucksache Nr. 809. Finanzarchiv. XX. Jahrg. 385 ¿ö

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Page 10: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Qgg Begründ. d. hess. Regierung zu d. vorstehenden Staatsvertrag. V. 5. April 1902/

Landeslotteriedirektion geführt werden, die in Zukunft eine gemeinschaftliche Behörde der sämtlichen Vertragsstaaten sein und als solche die dienstliche Be- nennung „Direktion der Hessisch-Thüringischen Staatslotterie " führen wird. Der Sitz dieser Behörde bleibt Darmstadt. Die Verwaltung der Lotterie richtet sich nach hessischen Verwaltungsgrundsätzen. Die Beamten der Lotteriedirektion verbleiben, obgleich sie einer Gemeinschaftsbehörde angehören, hessische Be- amte und unterliegen hinsichtlich ihres Dienstverhältnisses, insoweit in den Anstellungsbedingungen nichts anderes bestimmt ist, den im Grossherzogtum Hessen geltenden Vorschriften. (Art. 1-3.) (Art. 7 Abs. 2.)

Durch die Vereinigungen der Lotterien soll für das künftige Unter- nehmen eine Gesamtrechtsnachfolge im rechtlichen Sinne nicht eintreten, es gehen vielmehr Ansprüche und Verpflichtungen der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie nur insoweit auf das gemein- schaftliche Unternehmen über, als dies ausdrücklich vereinbart ist (Schluss- protokoll I).

Die Vertretung der Interessen der thüringischen Staaten ist in Artikel 4 des Vertragsentwurfs geregelt. Hienach steht den thüringischen Staaten eine Mitwirkung bei den die Lotterie betreffenden Angelegenheiten nur in den wichtigsten Fällen zu. Als solche Verwaltungshandlungen von besonderer Wichtigkeit erkennt der Vertrag an:

1. die Feststellung des Spielplans, 2. die Aufstellung des jährlichen Voranschlags einschliesslich des Personal-

etats der Beamten, 3. die Festsetzung der Anstellungsbedingungen der Beamten und 4. die Abänderung der Geschäftsordnung für die Kollekteure. Die Staaten üben ihr Mitwirkungsrecht durch einen von ihnen zu be-

rufenden Ausschuss aus. Der Ausschuss besteht aus sieben Mitgliedern. Von diesen Mitgliedern werden von den bisher bei der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie zusammen vier, von Hessen allein drei Mitglieder ernannt. Dem Ausschusse soll weiter das Recht zustehen, die Schriftstücke und Bücher der Lotteriedirektion in Darmstadt zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen, auch von der Direktion über den Stand der Geschäfte im allgemeinen oder über einzelne Gegenstände Auskunft zu verlangen.

Für das Mass der Vertretung der einzelnen Staaten im Ausschusse war der Umstand massgebend, dass Hessen zur Zeit 1,119,893 Einwohner zählt, während die beteiligten zehn thüringischen Staaten zusammen 1,778,590 Ein- wohner zählen, so dass Hessen, wenn es auch jeden der anderen Staaten im einzelnen an Grosse weit übertrifft, eine stärkere Vertretung im Ausschusse billigerweise nicht beanspruchen konnte. Gegen die übrigen, dem Ausschusse eingeräumten oben erwähnten Rechte dürfte um so weniger etwas zu erinnern sein, als Hessen selbst im Ausschusse vertreten ist.

Im Gegensatz zu Art. 4 des Vertrags, der die Geschäfte der laufenden Verwaltung der Lotterie regelt, sind in Artikel 5 solche Gegenstände ge- ordnet, die eine Aenderung, Erweiterung oder eine Aenderung der Grundlagen des Unternehmens zur Folge haben.

Es sind dies: 1. die Aufnahme anderer Staaten in die Lotteriegemeinschaft, 2. die Uebernahme von Leistungen an andere Staaten als Entgelt für

die Zulassung der Staatslotterielose, d. h. der Abschluss von Ver- trägen derart, wie der von Hessen mit dem Grossherzogtum Olden- burg abgeschlossene Vertrag,

3. die Zulassung der Lose anderer Staatslotterien auf Grund der Gegen- seitigkeit.

Für die Vertretung der einzelnen Staaten bei der Entscheidung der vor- stehenden Fragen ist davon ausgegangen, dass jeder der beteiligten Staaten mindestens eine Stimme erhalten, zugleich aber die Stimmenzahl der einzelnen Staaten im Verhältnis zu deren Einwohnerzahl stehen soll. Da der kleinste

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Page 11: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

Begründ. d. hess. Regierung zu d. vorstehenden Staatsvertrag. V. 5. April 1902. gg^

der beteiligten Staaten, Schaumburg-Lippe, zur Zeit etwas über 40,000 Ein- wohner zählt, so ist die Einwohnerzahl von 40,000 als diejenige Einheit an- gesehen worden, welche einer Stimme entspricht. Die Ausrechnnng nach diesem Grundsatze auf die Bevölkerungszahl ergibt folgendes Stimmenverhältnis: es stehen Hessen 28, Sachsen- Weimar 9, Anhalt 8, Sachsen-Meiningen 6, Sachsen- Koburg Gotha 6, Sachsen- Altenburg 5, Lippe 3, Schwarzburg-Rudolstadt 2, Schwarzburg-Sondershausen 2, Reuss ä. L. 2 Stimmen und Schaumburg-Lippe 1 Stimme zu. Um die Majorisierung Hessens zu verhindern, ist für die Ent- scheidung der erwähnten Fragen eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen gefordert worden. Auf diese Bestimmung glaubte die grossherzogl. Regierung auch um deswillen besonderen Wert legen zu sollen, weil sie es für aus- geschlossen hält, in den hier in Rede stehenden Fragen ohne vorherige Zu- stimmung des Landtags zu entscheiden.

Von besonderer Wichtigkeit ist weiter der Artikel 6, der über die Ver- teilung des Reinertrags aus dem Unternehmen Bestimmung trifft. Hier ist zu Gunsten Hessens dem Umstände Rechnung getragen worden, dass die Hessische Lotterie einen grösseren Reinertrag erwarten Hess als die Thüringisch- Anhaltische Staatslotterie. Während es bei Neugründung eines derartigen gemeinsamen Unternehmens nahe liegen würde, Reinertrag und Risiko von vornherein im Verhältnis zur Einwohnerzahl der beteiligten Staaten zu verteilen, ist in dem vorliegenden Vertrag bestimmt, dass der Reinertrag einer jeden Lotterie bis zum Betrage von 1,000,000 M. zwischen Hessen (1,119,893 Einwohner = 39°/o) einerseits und den bei der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie beteiligten Staaten (1,778,590 Einwohner = 61%) anderseits je zur Hälfte geteilt werden wird, und erst der über diesen Betrag sich noch weiter ergebende Ueberschuss nach der Bevölkerungszahl unter sämtlichen Vertragsstaaten verteilt werden soll. Diese Art der Verteilung bedeutet für Hessen im Vergleich zu einer vollständig nach der Bevölkerungszahl erfolgenden Verteilung des Reinertrags ein Prä- cipuum von jährlich 220,000 M.

Für den allerdings wenig wahrscheinlichen Fall, dass einmal infolge stärkerer Zunahme der Bevölkerung Hessens einerseits als derjenigen der thüringischen Staaten anderseits oder aus anderen Gründen die Bevölkerung Hessens diejenige der thüringischen Staaten übertreffen sollte, ist in Ziff. VII des Schlussprotokolls Vorsorge getroffen, damit nicht das gegenwärtige Prä- cipuum Hessens geradezu in eine Schädigung dieses Staates umschlagen kann.

Für die Bestimmung des Reinertrags kommt in Betracht, dass die Ge- halte und Gewinnanteile, Pensionen, Wartegelder, Witwen- und Waisenpensionen der Beamten der Direktion und die Kosten für die Beschaffung und Unter- haltung der Diensträume für die Direktion einschliesslich des Ziehungssaals als Verwaltungskosten der Gemeinschaft zur Last fallen.t Ebenso geht der von Hessen nach dem Vertrage zwischen Hessen und Oldenburg vom 7. November 1901 für die ausschliessliche Zulassung des Losvertriebs an das Grossherzogtum Olden- burg zu zahlende Betrag zu Lasten der Gemeinschaft. (Schlussprotokoll Ha.)

Der Artikel 9 des Vertrags, der den Staaten die Errichtung weiterer Landeslotterien und die Beteiligung an solchen verbietet, ist nur eine selbst- verständliche Folge des in Aussicht genommenen Vertragsverhältnisses. Die Rücksicht auf die eigene Landeslotterie nötigte die Regierung bis- her schon, Geldlotterien und Ausspielungen nur in einer solchen Ausdehnung zuzulassen, dass eine Schädigung der Landeslotterie vermieden wurde. Es ver- steht sich von selbst, dass auch in dem künftigen Verhältnis die gleichen Rück- sichten von den beteiligten Staaten genommen werden müssen. Die erforder- lichen Bestimmungen sind in Artikel 10 des Vertrags gegeben. Nach diesen soll eine Geldlotterie oder eine Lotterie, bei welcher an Stelle des Sachgewinns ein Geldbetrag gefordert werden kann, ausser einigen überwiegend lotterie- technischen Bedingungen von der Landesregierung nur dann genehmigt werden dürfen, so lange der Gesamtpreis der Lose jährlich 1 M. 50 Pf. auf den Kopf der Bevölkerung nicht übersteigt, und wenn der Preis des einzelnen Loses nicht mehr als 2 M. beträgt.

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Page 12: Staatsvertrag liber die Vereinigung der Hessischen Landeslotterie und der Thüringisch-Anhaltischen Staatslotterie. Vom 15. März 1902

3gg Begründ. d. hess. Regierung zu d. vorstehenden Staats vertrag. V. 5. April 1902.

Hinsichtlich der Ausspielungen ist bestimmt , dass es jeder Landes- regierung freistehen soll, zu wohlthätigen, gemeinnützigen oder Kunstzwecken, sowie bei Volksfesten die Ausspielung von Kunst- und Industrieerzeugnissen, Waren und anderen beweglichen Gegenständen ausser barem Gelde zu ge- statten, wenn der Kaufpreis der Lose jährlich 50 Pf. auf den Kopf der Be- völkerung und für die einzelne Lotterie den Betrag von 100,000 M. nicht über steigt, auch der Preis des einzelnen Loses nicht mehr als 2 M. beträgt. Es sei bemerkt, dass hienach in Hessen Geldlotterien bis zum Betrage von jähr- lich etwa 1,680,000 M. und Ausspielungen bis zum Betrage von jährlich etwa 560,000 M. ohne weiteres genehmigt werden können.

Lotterien und Ausspielungen, die den oben angegebenen Voraussetzungen nicht entsprechen, sowie alle auswärtigen, d. h. ausserhalb der Vertragsstaaten ins Leben getretenen Lotterien dürfen von der betreifenden Landesregierung nur dann genehmigt werden, wenn der Losvertrieb nach dem Gutachten der ge- schäftsführenden hessischen Regierung als nachteilig für die Staatslotterie nicht zu erachten ist.

Von den Vertragsbestimmungen werden Geldlotterien und Ausspielungen nicht berührt, wenn der Gesamtpreis der Lose 1000 M. nicht übersteigt.

Die Rechtsverhältnisse derKollekt eure werden in den Artikeln 11 bis 13 geordnet. Aus diesen Bestimmungen dürfte hervorzuheben sein, dass nur die Lotteriedirektion, selbstverständlich auch hier unter Aufsicht der ge- schäftsführenden Regierung, befugt ist, in sämtlichen Vertragsstaaten Kollek- teure anzustellen und Berechtigungen zum Losehandel zu erteilen. Die nach der Landesgesetzgebung für den Kollekteur und gewerbsmässigen Verkäufer von Losen ausserdem etwa erforderliche Genehmigung der zuständigen Landes- regierung darf nur versagt werden, wenn erhebliche Bedenken gegen die be- treifende Person vorliegen.

Alle Kollekteure und die zugelassenen Loseverkäufer sind berechtigt, im Gebiete sämtlicher Vertragsstaaten die Lose der Staatslotterie feil zu bieten.

Auch für die Verhältnisse der thüringischen Kollekteure und Lose- verkäufer sind die hessischen Vorschriften massgebend.

Die Bestimmung des Artikels 14, dass die Hessisch-Thüringische Staats- lotterie in keinem Vertragsstaate zu Staats- oder Kommunalsteuern heran- gezogen werden darf, entspricht der Billigkeit. Eine Versteuerung des allen Staaten gemeinschaftlichen Unternehmens könnte wohl nur in Darmstadt als dem Sitze der Verwaltung der Lotterie in Frage kommen. Es ist aber nicht gerechtfertigt, dass Hessen aus dem rein zufälligen und ihm in mancher Be- ziehung vorteilhaften Umstände, dass die Lotterieverwaltung in seinem Gebiete liegt, auch noch den weiteren Nutzen zöge, dass es das gemeinsame Unter- nehmen besteuerte.

Aehnliche Erwägungen haben zu dem Abs. 2 dieses Artikels geführt. Hierbei kommt aber noch weiter die Bestimmung des Reichsgesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 und die Vorschrift des Art. 3 des Gesetzes, die allgemeine Einkommensteuer betreffend vom 12. August 1899 in Betracht. Nach der erwähnten reichsgesetzlichen Vorschrift sind Gehalt, Pension und Wartegeld, welche Militärpersonen und Zivilbeamte sowie deren Hinterbliebene aus der Kasse eines Bundesstaates beziehen, nur in demjenigen Staate zu besteuern, welcher die Zahlung zu leisten hat, und nach der angeführten Vorschrift des hessischen Einkommensteuergesetzes bleiben Gehalte, Pensionen und Wartegelder, welche Militärpersonen und Zivilbeamte sowie deren Hinterbliebene aus der Kasse eines anderen deutschen Staates be- ziehen, bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens ausser Betracht. Es dürften diese Vorschriften in dem vorliegenden Falle, wo es sich um die Leistungen einer, mehreren Bundesstaaten gemeinschaftlichen Kasse handelt, sinngemäss anzuwenden sein.

Die Vorschriften des Artikels 15 des Vertragsentwurfs bezwecken, den Verfügungen der Lotteriedirektion in den beteiligten Staaten die erforderliche Geltung zu verschaffen.

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Begründ. d. hess. Regierung zu d. vorstehenden Staatsvertrag. V. 5. April 1902. 389

Nach Artikel 16 ist der im Entwurf vorliegende Vertrag für die Dauer von 15 Jahren unkündbar und gilt jedesmal für einen Zeitraum von 5 Jahren als verlängert, sofern er nicht mindestens 2 Jahre vor Ablauf seiner Geltungs- dauer von einer der Regierungen gekündigt wird. Eine solche Kündigung soll jedoch nur dann zulässig sein, wenn die betreffende Regierung sich überhaupt nicht mehr an einem Lotterieunternehmen beteiligen und auch keine andere Staatslotterie zulassen will. Damit ist für die vertragsschliessenden Staaten auf diesem Gebiete eine dauernde, von jeder inneren Störung freie Gemein- schaft der Interessen auf so lange begründet, als jeder einzelne der Vertrags- Staaten sich veranlasst findet, seine Staatsbedürfnisse mit aus der Beteiligung an einem Lotterieunternehmen oder aus der Zulassung eines solchen zu decken.

Alle aus dem Vertrage zwischen den Vertragsstaaten etwa entstehenden Streitigkeiten sind der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu unterbreiten, über welches Artikel 17 nähere Bestimmungen trifft. -

Der Staatsvertrag zwischen dem Grossherzogtum Hessen und dem Grossherzogtum Oldenburg wegen Vertriebs der Lose der Grossherzoglich Hessischen Landeslotterie im Bereiche des Herzogtums Olden- burg und der Fürstentümer Lübeck und Birkenfeld vom 7. November 1901 bleibt im wesentlichen unberührt. Die grossherzogl. oldenburgische Regierung hat sich damit einverstanden erklärt, dass der Vertrag auch auf die Hessisch- Thüringische Staatslotterie Anwendung findet und die durch die veränderten Verhältnisse veranlassten Modifikationen erleidet.

Für den Fall der Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrags durch die Landstände würde das Gesetz vom 12. August 1899, die Ein- führung einer staatlichen Klassenlotterie betreffend, ver- schiedene Aenderungen erleiden müssen. Die grossherzogl. Regierung glaubt jedoch die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs, in dem auch die Not- wendigkeit der Mitwirkung der Landstände bei der Entscheidung der in Art. 5 dieses Staatsvertrags erwähnten Fälle ausdrücklich auszusprechen wäre, sich insolange vorbehalten zu sollen, bis der Staatsvertrag die Genehmigung der Landesvertretungen sämtlicher Vertragsstaaten gefunden haben wird.

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