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Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Date post: 02-Aug-2015
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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015 SpruchZ 2015 Seite 178 Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten Nr. 9/2015 vom 26. Juni 2015 ISSN 2195-7274 Inhaltsübersicht Rechtsprechung zu Spruchverfahren: OLG Karlsruhe zu Plananpassungen kurz vor der Bewertung (STEAG HamaTech- Entscheidung), S.179 Laufende Spruchverfahren S. 198 Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen S. 199 Abgeschlossene Spruchverfahren S. 203 Jerini AG (Squeeze-out), Knürr AG (Squeeze-out), Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG (Squeeze-out und Gewinnabführungsvertrag) Delisting-Fälle S. 208 Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ ). Sie erscheint jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected] Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine umfassende rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen. Spruchverfahren aktuell
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Page 1: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 178

Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten

Nr. 9/2015 vom 26. Juni 2015 ISSN 2195-7274

Inhaltsübersicht

Rechtsprechung zu Spruchverfahren: OLG Karlsruhe zu Plananpassungen kurz vor der Bewertung (STEAG HamaTech-Entscheidung), S.179 Laufende Spruchverfahren S. 198 Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen S. 199 Abgeschlossene Spruchverfahren S. 203 Jerini AG (Squeeze-out), Knürr AG (Squeeze-out), Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG (Squeeze-out und Gewinnabführungsvertrag) Delisting-Fälle S. 208

Die 2012 gegründete Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt

und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint jeweils

nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an

den Herausgeber: [email protected]

Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine

umfassende rechtsanwaltliche Beratung nicht ersetzen.

Spruchverfahren aktuell

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 179

Rechtsprechung zu Spruchverfahren

OLG Karlsruhe zu Plananpassungen kurz vor der Bewertung (STEAG HamaTech-Entscheidung)

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 1. April 2015, Az. 12a W 7/15

vorgehend LG Mannheim, Beschluss vom 22. Oktober 2012, Az. 24 AktE 5/06

Leitsätze (der Redaktion):

1. In einem aktienrechtlichen Spruchverfahren besteht keine Pflicht zur Begründung der sofortigen Beschwerde. Ein Begründungserfordernis kann aus dem Spruchverfahrensgesetz - im Gegensatz zu anderen Verfahrensordnungen - nicht abgeleitet werden.

2. In einem Spruchverfahren wird die Antragsfrist durch Einreichung des Antrags bei einem

unzuständigen Gericht gewahrt, auch wenn die Abgabe an das zuständige Landgericht erst nach Fristablauf erfolgt (im Anschluss an BGH, NJW-RR 2006, 1113).

3. Bei der Ermittlung der Untergrenze der zu zahlenden Barabfindung ist nicht der Börsenkurs

allein eines bestimmten Stichtages, sondern derjenige eines Referenzzeitraums zu berücksichtigen.

4. Der Umstand, dass eine Plananpassung kurz vor dem Bewertungsstichtag vorgenommen worden ist, stellt im Rahmen der Unternehmensbewertung für sich genommen keinen Grund dar, die Planungen des Unternehmens grundsätzlich in Frage zu stellen. Ein Abgleich mit früheren Unternehmensplanungen ist nur dann erforderlich, wenn die angepassten Planungen nicht plausibel erscheinen.

5. Bei einer Unternehmensbewertung in einem Spruchverfahren ist es nicht verfassungs-rechtlich geboten, Rundungen stets zugunsten der Antragsteller vorzunehmen. Daher ist eine nach kaufmännischen Grundsätzen vorgenommene Aufrundung des Basiszinssatzes zulässig.

6. Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion nicht abgeschlossen ist, kann die Marktrisikoprämie nur durch eine Schätzung ermittelt werden.

7. Bei einem beherrschtes Unternehmen ist nicht generell ein niedrigerer Betafaktor anzu-setzen als bei einem nicht beherrschten.

8. Der Wachstumsabschlag muss nicht notwendig der erwarteten Inflationsrate entsprechen. Er hängt davon ab, inwieweit das Unternehmen nachhaltig in der Lage ist, die erwarteten, nicht notwendig mit der Inflationsrate identischen Preissteigerungen auf der Beschaffungsseite durch entsprechende Preissteigerungen an seine Kunden weiterzugeben oder durch Effizienzsteigerungen zu kompensieren.

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Diese Entscheidung des OLG Karlsruhe betrifft den Beherrschungsvertrag mit der STEAG HamaTech

AG (als beherrschter Gesellschaft) vom 21. April 2006. Einer der Beschwerdeführer hatte seine

sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung des LG Mannheim nicht begründet

(siehe hierzu Leitsatz 1). Ein weiterer Antragsteller hatte seinen Spruchantrag bei einem

unzuständigen Gericht (LG Karlsruhe) eingereicht, von dem es erst nach Ablauf der Antragsfrist an

das erstinstanzlich zuständige LG Mannheim abgegeben wurde (siehe Leitsatz 2). Das OLG Karlsruhe

sieht damit – anders als andere Gerichte – die Antragsfrist gewahrt (vgl. hierzu – mit einer

umfassenderen Begründung – LG Stuttgart, Beschluss vom 29. Juni 2011, Az. 31 O 179/08 KfH AktG).

Eine (in der Praxis sehr häufige) anlassbezogene Planung hält das OLG für nicht problematisch,

solange nicht eine offensichtliche Negativplanung vorliegt (siehe Leitsatz 4). Auch Rundungen zu

Ungunsten der Minderheitsaktionäre hält das OLG für zulässig (Leitsatz 5). Hinsichtlich der seit Jahren

andauernden Diskussion zur Marktrisikoprämie macht das Gericht deutlich, dass es sich an dieser

nicht (weiter) beteiligen will und greift daher auf eine Schätzung zurück (vgl. Leitsatz 6).

Aus den Entscheidungsgründen

(Zwischenüberschriften und Hervorhebungen durch die Redaktion):

Geschäftsbereiche der STEAG HamaTech AG

Die HamaTech AG war jedenfalls bis zum Jahre 2006 ein weltweit führender Anbieter von Anlagen

und Systemlösungen für die Hersteller optischer Speichermedien und für die Halbleiterindustrie. Sie

produzierte auch Maschinen für die Herstellung von Photomasken und von sogenannten Wafern. (…)

Das operative Geschäft der SHT-Gruppe ließ sich in die Geschäftsbereiche Optical Disc Equipment

(„OD“), Advanced Process Equipment („APE“), Optische Messtechnik sowie Lohnfertigung und

Lohndienstleistungen aufteilen. Im Geschäftsbereich OD produzierte die SHT-Gruppe Anlagen und

Systeme zur Herstellung einmal beschreibbarer Speichermedien („Recordable“) wie CD-R und DVD/R.

Daneben erbrachte die SHT-Gruppe Serviceleistungen für bestehende Anlagen. (…)

Seit September 2004 befand sich die Gesellschaft im Mehrheitsbesitz der SES Beteiligungs-GmbH;

dabei handelt es sich um eine mittelbare Tochtergesellschaft der RAG Aktiengesellschaft in Essen.

66,28% der Aktien wurden von der SES Beteiligungs-GmbH gehalten, die übrigen Aktien befanden sich

im Streubesitz.

Durch Vereinbarung vom 6. November 2005 verkaufte die SES Beteiligungs-GmbH ihre Aktien mit

Wirkung vom 27.01.2006 an die SINGULUS TECHNOLOGIES AG in Kahl am Main (nachfolgend:

SINGULUS AG). Diese unterbreitete am 16. Dezember 2005 ein öffentliches Angebot zur Übernahme

aller Aktien der STEAG Hama Tech AG gegen Zahlung von 2,40 € pro Stückaktie. Anfang März 2006

hielt die SINGULUS AG 87,63% aller Aktien. Am 6. März 2006 hat die SINGULUS AG diese Aktien auf

ihre 100%ige Tochtergesellschaft SINGULUS GMBH übertragen. Die SINGULUS AG erwarb in der

Folgezeit noch einen Aktienanteil von 0,02% der Aktien der STEAG Hama Tech AG; damit befanden

sich im April 2006 noch 12,35% dieser Aktien im Streubesitz.

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Durch Ad-hoc-Meldung vom 8. März 2006 teilte der Vorstand der STEAG Hama Tech AG mit, er habe

beschlossen, alle zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit der SINGULUS TECHNOLOGIES

Beteiligungs-GmbH notwendigen Maßnahmen einzuleiten.

Unter dem 21. April 2006 zeichneten die Geschäftsführer der SINGULUS TECHNOLOGIES Beteiligungs-

GmbH und der Vorstand der STEAG Hama Tech AG den geplanten Beherrschungsvertrag. Nach dessen

§ 1 Abs. 1 unterstellt „STEAG Hama Tech…. SINGULUS die Leitung ihrer Gesellschaft. SINGULUS ist

demgemäß berechtigt, dem Vorstand der STEAG HamaTech Weisungen hinsichtlich der Leitung der

Gesellschaft zu erteilen“. Nach § 3 Abs. 1 dieses Vertrages garantiert SINGULUS „den außenstehenden

Aktionären der STEAG Hama Tech als angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrags für jedes

volle Geschäftsjahr je Stückaktie der STEAG Hama Tech mit einem rechnerischen Anteil am

Grundkapital in Höhe von EUR 1,00 (jede einzeln eine „STEAG HamaTech-Aktie“ und zusammen die

„STEAG HamaTech-Aktien“) die Zahlung eines Bruttogewinnanteils in Höhe von EUR 0,17 abzüglich

eines Betrages für Körperschaftssteuer sowie Solidaritätszuschlag nach dem jeweils für diese Steuern

für das betreffende Geschäftsjahr geltenden Satz“. Nach dessen § 4 Abs. 1 ist SINGULUS „verpflichtet,

auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der STEAG HamaTech dessen STEAG HamaTech-

Aktien gegen eine Barabfindung von EUR 2,43 je STEAG HamaTech-Aktie zu erwerben. Für den Fall,

dass die Hauptversammlung der STEAG HamaTech diesem Vertrag nur mit der Maßgabe zustimmt,

dass die Barabfindung höher ist als EUR 2,43 je STEAG HamaTech-Aktie, verpflichtet sich SINGULUS

auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der STEAG HamaTech dessen STEAG HamaTech-

Aktien gegen eine Barabfindung in Höhe dieses höheren Betrages je STEAG Hama Tech-Aktie zu

erwerben“. (…)

Durch Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 14. März 2006 wurde die W. & K. GmbH

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Vertragsprüferin bestellt, die am 21. April 2006 einen Prüfbericht

vorgelegt hat.

Die Hauptversammlung der STEAG HamaTech AG stimmte am 21. Juni 2006 dem

Beherrschungsvertrag mit der Maßgabe zu, dass die Barabfindung 2,55 EUR pro Stückaktie beträgt.

(…)

Außenstehende Aktionäre der STEAG HamaTech AG haben zwischen dem 10.07.2006 und dem

05.10.2006 Anträge auf gerichtliche Bestimmung des angemessenen Ausgleichs und der

angemessenen Barabfindung gestellt, die durch Beschluss vom 14. Mai 2007 verbunden worden sind.

(…) Durch Beschluss vom 11. Juni 2006 wurden den außenstehenden Aktionären der STEAG

HamaTech AG, die keine eigenen Anträge auf Durchführung eines Spruchverfahrens gestellt haben,

gemeinsame Vertreter bestellt.

Die Einzelrügen der Antragsteller richten sich sowohl gegen die Ertragsplanung des Vorstands der

Gesellschaft, als auch gegen die verschiedenen Komponenten zur Bestimmung des

Kapitalisierungszinssatzes.

Die Antragsteller haben beanstandet, die Ertragsplanung des Vorstands des STEAG HamaTech AG sei

zu negativ und widersprüchlich. Sie sei weitgehend intransparent und lückenhaft. (…)

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Eine Marktrisikoprämie von 5,5% erscheine abwegig bzw. abenteuerlich. In der bisherigen

Gerichtspraxis seien Werte zwischen 0,5% und 2% angenommen worden. Studien des Deutschen

Aktieninstituts sowie die Erkenntnisse professioneller Anleger wie der Allianz-Versicherungsgruppe,

der Dresdner Bank sowie des Schweizer Instituts für Banken und Finanzen an der Universität St.

Gallen seien offenbar nicht hinreichend beachtet worden. Auch die bisherigen Annahmen zum Beta-

Faktor, zum Basiszins und zum Inflationsabschlag seien zu beanstanden.

Die Antragsgegnerin hat die angebotenen Kompensationsleistungen verteidigt. Diese hätten auch den

gerichtlich bestellten Vertragsprüfern keinen Anlass zu durchgreifenden Beanstandungen gegeben.

Aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 19.10.2007 sowie des Beschlusses ihrer

Gesellschafterversammlung vom 23. November 2007 wurde die SINGULUS TECHNOLOGIES

Beteiligungs-GmbH auf die SINGULUS TECHNOLOGIES AG mit Sitz in Kahl am Main als aufnehmenden

Rechtsträger verschmolzen. Mit Eintragung in das Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft

am 06. Dezember 2007 wurde diese Rechtsnachfolge wirksam.

Das Landgericht hat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen A. erhoben und diesen unter

Verwendung einer ergänzenden Tischvorlage in der Sitzung vom 22. Oktober 2012 angehört. Auf

dieser Grundlage hat es die Anträge auf Neufestsetzung von Ausgleich und Abfindung durch Beschluss

vom selben Tage, auf den wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, als

unbegründet zurückgewiesen. Untergrenze einer angemessenen Barabfindung sei regelmäßig der

durch Börsenkurse ermittelte Verkehrswert der Aktie, wobei es nach zutreffender Auffassung auf

einen gewichteten Durchschnittskurs innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten ab erstmaliger

Bekanntmachung der geplanten Strukturmaßnahme ankomme. Für diesen Zeitraum - hier vom 8.

Dezember 2005 bis 8. März 2006 - habe der gerichtliche Sachverständige einen gewichteten

durchschnittlichen Börsenkurs von EUR 2,37 ermittelt. Der möglicherweise höhere Börsenkurs am

Tage der Hauptversammlung spiegele, da er von spekulativen Erwartungen geprägt sei, den

Verkehrswert der Aktie nicht wider. Die Ermittlung des Aktienwerts nach der Ertragswertmethode

führe zu keinem höheren Betrag, vielmehr habe der gerichtliche Sachverständige bezogen auf den

gesetzlichen Stichtag - den 21. Juni 2006 - einen Unternehmenswert von EUR 2,18 ermittelt. Die

Ermittlung des Ertragswerts durch den Sachverständigen sei überzeugend. Dieser sei nach

anerkannten Methoden vorgegangen und habe diese auch zutreffend angewendet.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts richten sich folgende Beschwerden der Beteiligten:

(…)

Die Beteiligten zu 1 und 16 machen unter anderem geltend, gegen die Richtigkeit des vom

Landgericht gefundenen Ergebnisses spreche bereits, dass das Oberlandesgericht München bei der

Bemessung des Verschmelzungsergebnisses in seinem Beschluss vom 26. Juli 2012 (AG 2012, 749)

einen Aktienwert von umgerechnet EUR 2,72 zugrunde gelegt habe und nicht (nur) die hier

angenommenen EUR 2,55; das sei ein Indiz gegen die Richtigkeit der Bewertung des Landgerichts. Ein

weiteres Indiz sei, dass die ursprünglich auf EUR 2,43 angesetzte Abfindung in der Hauptversammlung

auf ersten Zuruf freiwillig auf EUR 2,55 heraufgesetzt worden sei.

Die Beteiligte zu 19 hat eine Begründung ihres Rechtsmittels nicht eingereicht.

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Der Beteiligte zu 20 wendet sich gegen die Schätzung der Marktrisikoprämie. Es sei angezeigt, dass

die Gerichte eigene nachprüfbare Berechnungen von Risikoprämien in Auftrag gäben oder sich von

den Autoren vorhandener Studien das verwendete Ausgangsmaterial vorlegen lasse. In der

Rechtsprechung seien seit 2006 wiederholt Marktrisikoprämien von unter 1% bis 3% verwendet

worden. Die landgerichtliche Entscheidung sei zudem deshalb zu beanstanden, weil sie den Beta-

Faktor aus einer Peergroup herleite, die - mit Ausnahme der Muttergesellschaft Singulus - nicht

repräsentativ sei. Die herangezogenen Unternehmen seien weniger stark auf die Herstellung von

Anlagen zur Fertigung optischer Datenträger spezialisiert und zudem im Ausland tätig. Es sei daher

angemessen, allein den Betafaktor der Obergesellschaft zu verwenden. Der Wachstumsabschlag sei

zu niedrig gegriffen. Richtigerweise sei auf einen Abschlag abzustellen, der der Inflationsrate am

Bewertungsstichtag entspreche; andernfalls werde unterstellt, dass das Unternehmen langfristig auf

Null schrumpfe.

Die Beteiligte zu 24 macht geltend, das Landgericht habe die Einwendungen gegen die mit 5%

angesetzte Marktrisikoprämie nicht gewürdigt. Die zu ihrer Bestimmung herangezogenen

Untersuchungen wiesen eine sehr hohe, nicht geklärte Bandbreite auf; das ihnen zugrunde gelegte

Datenmaterial sei nicht offengelegt. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bedürfe der

Korrektur. Eine Entscheidung allein aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen sei

nicht möglich gewesen, vielmehr habe das Gericht erster Instanz ein Sachverständigengutachten

einholen müssen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Beschwerde der Antragstellerin zu 19 sei als unzulässig zu

verwerfen, da diese der Aufforderung des Senats zur Begründung ihres Rechtsmittels nicht

nachgekommen sei. Auch wenn § 12 SpruchG nicht ausdrücklich eine Begründung des Rechtsmittels

verlange, folge das Begründungserfordernis doch aus Sinn und Zweck des Spruchgesetzes. In der

Sache seien die Einwendungen der übrigen Antragsteller gegen die Festsetzung von Abfindung und

Ausgleich unbegründet. Einer weiteren Beweisaufnahme bedürfe es insoweit nicht. Der

Sachverständige habe eine vertretbare Unternehmensbewertung zugrunde gelegt, sei plausibel von

einem Rückgang des zu kapitalisierenden Ergebnisses ausgegangen und habe den

Kapitalisierungszinssatz richtig ermittelt. (…)

II. Die nach § 12 Absatz 1 Satz 1 SpruchG zulässigen Beschwerden bleiben in der Sache ohne Erfolg.

A. Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden.

Keine Verpflichtung zur Begründung der sofortigen Beschwerde

Dass die Antragstellerin zu 19 eine Begründung ihres Rechtsmittels innerhalb der hierfür bis zum 16.

Juli 2013 gesetzten Frist nicht eingereicht hat, steht der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs entgegen der

Auffassung der Antragsgegnerin nicht entgegen.

1. Es entspricht der - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung einheitlichen und im Schrifttum ganz

überwiegend vertretenen Auffassung, dass eine Pflicht zur Begründung der sofortigen Beschwerde

aus dem Spruchverfahrensgesetz nicht abgeleitet werden kann (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.

September 2011 – 20 W 6/08, juris-Rn. 36; OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 5 W

33/09, juris-Rn. 8; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 3. August 2004 – 3 W 60/04, juris-Rn. 9; Simon,

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SpruchG, § 12, Rn. 18; Volhard in: Münchener Kommentar, 2. Auflage, § 12 SpruchG, Rn. 8). Der in

einem Teil des Schrifttums vertretenen abweichenden Auffassung (Wilske in Kölner Kommentar, 3.

Auflage, § 12, Rn. 3) vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar mag es dem Ziel des Gesetzgebers

entsprechen zu vermeiden, dass durch nicht näher erläuterte Anträge und Beschwerden ein

aufwändiges Überprüfungsverfahren in Gang gesetzt wird. Zur Erreichung dieses gesetzgeberischen

Ziels ist es aber nicht erforderlich, ein vom Gesetz im Gegensatz zu anderen Verfahrensordnungen im

Spruchverfahrensgesetz nicht vorgesehenes Begründungserfordernis aufzustellen. Das gesetz-

geberische Ziel kann vielmehr auch dadurch erreicht werden, dass die Prüfung des

Abfindungsangebots und der angefochtenen Entscheidung auf diejenigen Punkte konzentriert wird,

die die Verfahrensbeteiligten mit einer Beschwerdebegründung geltend gemacht werden.

2. § 65 Absatz 1 FamFG ist auf das Verfahren noch nicht anzuwenden, weil die erstinstanzlichen

Anträge vor Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. September 2009 gestellt worden sind (Artikel 111

Absatz 1 FGG-RG). Im Übrigen macht auch diese Vorschrift die Zulässigkeit der Beschwerde von der

Einreichung einer Begründung nicht abhängig (vgl. etwa Fischer in Münchener Kommentar, 2.

Auflage, § 65 FamFG, Rn. 5).

Fristwahrung auch bei Einreichung des Spruchantrags bei einem unzuständigen Gericht

B. Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin zu 24 zutreffend ungeachtet des Umstands für

zulässig erachtet, dass dieser zunächst bei dem Landgericht Karlsruhe eingereicht worden und erst

nach Ablauf der Antragsfrist nach Mannheim weitergeleitet worden ist. Allerdings war das

Landgericht Karlsruhe bereits bei Antragseingang am 25. September 2006 für Entscheidungen in

Spruchverfahren nicht zuständig; vielmehr waren diese bereits nach § 13 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 Nr.

8 ZuVOJu Baden-Württemberg bei dem Landgericht Mannheim für den Oberlandesgerichtsbezirk

Karlsruhe konzentriert. Nach der vom Landgericht zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2006, 1113, Tz. 10 ff.), der auch der erkennende Senat folgt, wurde die

Antragsfrist aber auch durch Einreichung des Antrags bei einem unzuständigen Gericht gewahrt, auch

wenn die Abgabe an das zuständige Landgericht erst nach Fristablauf erfolgt ist.

Durchschnittlicher Börsenkurs im Referenzzeitraum als Untergrenze

C. 1. Das Landgericht geht davon aus, dass der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der Aktie des

zu bewertenden Unternehmens EUR 2,37 betrage und der möglicherweise bei EUR 2,80 liegende

Börsenkurs vom Tag der Hauptversammlung nicht zur Grundlage der Bewertung gemacht werden

könne, weil er von spekulativen Erwartungen - etwa auf mögliche Konzessionen der Mehrheit der

Anteilseigner - geprägt gewesen sei. Das ist nicht zu beanstanden; neue Gesichtspunkte werden in

diesem Zusammenhang weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich. Es entspricht gesicherter

Rechtsprechung, dass nicht der Börsenkurs allein eines bestimmten Stichtages, sondern derjenige

eines Referenzzeitraums bei der Ermittlung der Untergrenze der zu zahlenden Barabfindung zu

berücksichtigen ist (vgl. etwa BGH NJW 2010, 2657 - Stollwerck, Tz. 25)

2. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgelegten Planungen der Bewertung

des Unternehmens zugrunde gelegt werden können.

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a) Das Landgericht hat seiner Entscheidung die Unternehmenswertermittlung durch den gerichtlichen

Sachverständigen zugrunde gelegt. Dieser habe das Bewertungsobjekt zutreffend abgegrenzt und in

Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Unternehmensbewertung

zunächst eine Vergangenheitsanalyse vorgenommen, wobei außerordentliche, einmalige und

periodenfremde Aufwendungen und Erträge eliminiert worden seien. Die Vergangenheitsanalyse

habe der Sachverständige aufgrund von Stichprobenkontrollen plausibilisiert. Die Detailplanung des

Vorstands für die Jahre 2008 bis 2008 (nähere Phase I) sei vom Sachverständigen vertieft analysiert

und im Ergebnis für ambitioniert, aber plausibel angesehen worden, so dass sie eine geeignete

Grundlage der Unternehmensbewertung darstelle. Der Vorwurf der Antragsteller, die

Planungsrechnungen seien zielgerichtet zu pessimistisch angelegt worden, greife nicht durch. Könne

die Unternehmensleitung auf der Grundlage sachgerecht erarbeiteter Informationen ver-

nünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, sei diese regelmäßig hinzunehmen.

b) Dagegen richten sich Einwendungen der Antragsteller.

aa) Die Antragsteller zu 1 und 16 sind der Auffassung, das Landgericht habe - wobei Vortrag im

erstinstanzlichen Schriftsatz vom 28. September 2006 nicht beschieden worden sei - zu prüfen

versäumt, ob es sich bei den Detailplanungen des Vorstands nicht um rein anlassbezogene Planungen

gehandelt habe. In diesem Zusammenhang sei der Vortrag zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche

Planung des Vorstands von HamaTech nur kurze Zeit nach der Auswechselung des Managements

durch den neuen Konzernherrn zu Beginn des Geschäftsjahrs 2005 noch angepasst worden sei. In

derartigen Fällen bestehe Anlass, die angepasste Planung mit der Ausgangsplanung abzugleichen.

bb) Im Schriftsatz vom 28. September 2006, auf den die Antragsteller zu 1 und 16 in der

Beschwerdebegründung Bezug nehmen, wird ein Vorgehen zu Lasten der Minderheitsaktionäre im

Zusammenhang mit der Schließung des Produktbereichs Prerecorded Media Equipment kritisiert. Auf

Seite 33 des Geschäftsberichts der HamaTech für 2005 werde berichtet, dass viele Kunden im Zuge

des Vollzugs der Übernahme von der Einstellung der Prerecorded Produktlinien ausgegangen seien

und deshalb kein Interesse mehr an den STEAG HamaTech-Anlagen gezeigt hätten; deshalb habe die

Gesellschaft beschlossen, die Entwicklung sowie Vermarktung von Produktionsanlagen dieses

Segments einzustellen. Im Bericht zum ersten Quartal 2006 der Antragsgegnerin heiße es dann, dass

der dortige höhere Auftragseingang vor allem durch einen Anstieg bei Prerecorded Anlagen geprägt

gewesen sei. (…)

cc) Zu der Tochtergesellschaft in der Slowakischen Republik [STEAG Electronic Systems spo. s. r. o.,

nachfolgend SESS] ist vom Antragsteller zu 1 in erster Instanz geltend gemacht worden, diese sei

gerade eben erworben und unter erheblichem Kostenaufwand zu einem Kompetenzzentrum mit

Verlagerung nach Fertigungen nach dort ausgebaut worden. Die für die Unternehmensbewertung

angepasste Planung sei dagegen auf eine Veräußerung dieser Tochtergesellschaft ausgerichtet

gewesen. (…)

dd) Zu der Tochtergesellschaft in den USA (SHT USA) ist von Antragstellerseite in erster Instanz

eingewandt worden, diese sei bei weitem zu gering bewertet, weil die an sich vorherzusehenden

Erfolge in Nordamerika größtenteils bereits als Erfolge des Konzernherrn gewertet worden seien.

Über diese Erfolge berichte bereits der Zwischenbericht der Antragsgegnerin zum 2. Quartal 2006.

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ee) Hinsichtlich der Tochtergesellschaft ETA-Optik hatte die Antragstellerseite erstinstanzlich geltend

gemacht, diese sei zum Verkauf bestimmt gewesen und hätte daher als nicht betriebsnotwendiges

Vermögen bewertet werden müssen. Bei der hier gleichwohl vorgenommenen normalen

Ertragsbewertung seien die wirklichen Aussichten des in der Tochtergesellschaft konzentrierten

Geschäfts nicht angemessen berücksichtigt worden. (…)

ff) Die Antragsteller zu 1 und 16 haben erstinstanzlich - worauf sie in der Beschwerdebegründung

Bezug nehmen - außerdem geltend gemacht, es seien zu Unrecht die gewerbesteuerlichen und

körperschaftssteuerlichen Verlustvorträge der HamaTech bei der Unternehmensbewertung außer

Acht gelassen worden. (…)

c) Die Einwendungen der Antragsteller greifen nicht durch.

Anlassbezogene Plananpassungen zulässig: In der Regel kein Abgleich mit früheren

Unternehmensplanungen erforderlich

aa) Der Umstand, dass eine Plananpassung kurz vor dem Bewertungsstichtag vorgenommen worden

ist, stellt für sich genommen keinen Grund dar, die Planungen des Unternehmens grundsätzlich in

Frage zu stellen. Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die

Planung dem Stand am Bewertungsstichtag entsprechen muss und daher Anpassungen ggf. auch

noch kurz vor diesem Bewertungsstichtag erforderlich sein können. Der vom Landgericht beauftragte

Gutachter ist zu dem zusammenfassenden Ergebnis gekommen, dass die Planzahlen „unter

Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse zum Bewertungsstichtag ambitioniert, aber plausibel

sind“. Dieses Ergebnis hat der Sachverständige nachvollziehbar und differenziert nach einzelnen

Geschäftsbereichen begründet. Eine allgemeine Pflicht des Gerichts, dem Sachverständigen frühere

Planungen der Unternehmensleitungen vorlegen zu lassen, besteht nicht. Ein entsprechender Anlass

wird vielmehr im Allgemeinen nur dann bestehen, wenn die zuletzt vorgelegten Planungen für sich

genommen nicht plausibel sind und daher Anlass besteht, sie mit früheren Planungen abzugleichen.

bb) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Bewertung im Hinblick auf den Geschäftsbereich

Prerecorded Media Equipment fehlerhaft ist, ergeben sich aus den Akten nicht. (…)

cc) Eine abweichende Bewertung im Hinblick auf die slowakische Tochtergesellschaft ist entgegen der

Auffassung der Beschwerde nicht geboten.

(1) Der gerichtliche Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entwicklung der

Betriebsergebnisse der slowakischen Tochtergesellschaft SESS im Detailplanungszeitraum

nachvollziehbar und nicht unplausibel sei; er halte eine Fortsetzung des zu Beginn der Detail-

planungsphase erwarteten Umsatzwachstums über das Jahr 2007 hinaus - wie der Bewertungs-

gutachter - nicht für sachgerecht.

(2) Soweit die Beschwerdeführer auf den Quartalsbericht 2/2006 der Singulus Technologies AG

verweisen, lässt sich hieraus entnehmen, dass bei Abfassung des mit dem Stand 30.06.2006

veröffentlichten Berichts eine Veräußerung des Fertigungsstandorts in der Slowakei geplant war.

Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass die Unternehmensplanung bereits auf die Veräußerung

ausgerichtet war. (…)

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dd) Mit dem Einwand zu der Tochtergesellschaft in den USA (SHT USA) hat sich der gerichtliche

Sachverständige befasst; er ist nach Analyse der Unternehmensplanung zu dem Ergebnis gekommen,

dass sich keine Hinweise darauf ergeben, dass im Jahre 2006 zu hohe Aufwendungen geplant worden

seien oder zu erwartende Erfolge der SHT USA in Nordamerika in der Planungsrechnung der Singulus

AG zugeschrieben worden seien .

ee) Die Einwendungen der Antragsteller im Hinblick auf die ETA-Optik rechtfertigen keine andere

Beurteilung.

(1) Der Einwand der Antragsteller, es handele sich um nicht betriebsnotwendiges Vermögen, geht

insoweit ins Leere, als der gerichtliche Sachverständige, auf dessen Beurteilung sich das Landgericht

gestützt hat, die bereits in der Gutachterlichen Stellungnahme über die Ermittlung des

Unternehmenswerts durch E., St. & Partner vorgenommene Einordnung als nicht betriebsnotwendiges

Vermögen übernommen hat .

(2) Mit den Einwendungen der Antragsteller gegen die Bewertung der ETA-Optik hat sich der

gerichtliche Gutachter auseinandergesetzt; (…).

ff) Soweit die Antragsteller die Nichtberücksichtigung von Verlustvorträgen gerügt haben, haben sie

dieses Vorbringen auf die Erwiderung der Antragsgegnerin, die die Art der Berücksichtigung erläutert

hat, nicht spezifiziert; weitere Ermittlungen zum Unternehmenswert in diese Richtung waren vor

diesem Hintergrund nicht geboten.

3. Der vom Landgericht für den Beginn der Phase der ewigen Rente zugrunde gelegte Ausgangsbetrag

ist nicht zu beanstanden.

a) Das Landgericht ist übereinstimmend mit dem Sachverständigen - der wiederum den Ansatz des

Bewertungsgutachters gebilligt hat - davon ausgegangen, dass für den Beginn der Phase II (Phase der

ewigen Rente) ein Betrag von EUR 5,04 Mio. anzusetzen sei. Der Sachverständige habe dargelegt,

dass das Ergebnis des letzten Geschäftsjahrs der Detailplanungsphase als nachhaltig eingestuft

werden könne, da sich die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des zu bewertenden Unternehmens

im Gleichgewichts- oder Beharrungszustand befunden habe. Da auch die weiteren Voraussetzungen

vorgelegen hätten, habe der Sachverständige für die Ableitung des nachhaltigen Betriebsergebnisses

das Ergebnis des letzten Planjahres zugrunde legen und mit der Wachstumsrate von 1,5%

fortschreiben dürfen, woraus sich für das Planjahr 2009 ein Betriebsergebnis von EUR 6,923 Mio.

ergebe.

b) Dagegen richten sich die Einwendungen der Antragstellerinnen zu 1 und 16, während die

Antragsgegnerin den gewählten Ansatz verteidigt.

aa) Die Antragstellerinnen zu 1 und 16 machen geltend, der vom Landgericht gebilligte Ansatz könne

nicht hingenommen werden, weil der Sachverständige davon ausgegangen sei, dass für das zu

bewertende Unternehmen eine Fortsetzung des für die Detailplanungsphase erwarteten

überdurchschnittlichen Gewinnwachstums in der Phase der ewigen Rente möglich sei. In diesem

Zusammenhang sei das Vorbringen im Schriftsatz vom 15. Februar 2012 (dort Seite 2 ) unzureichend

berücksichtigt worden.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 188

bb) Die Antragstellerinnen zu 1 und 16 sind außerdem der Auffassung, das vom Landgericht

angenommene nachhaltige Ergebnis liege schon 17% unter dem zu kapitalisierenden Ergebnis des

letzten Planjahres 2008, obwohl von einem zumindest minimal gestiegenen Jahresüberschuss und

einem um rund 1,5% erhöhten Umsatz ausgegangen worden sei. Es sei ferner unplausibel, nach

einem Umsatzwachstum von 5-13% in der Detailplanungsphase von einem Wachstum von nur noch

1,5% in der Phase der ewigen Rente auszugehen.

cc) Die Antragsgegnerin verteidigt die Auffassung des Landgerichts, dass eine Wachstumsrate von

1,5% beim Übergang in die ewige Rente plausibel sei. Die Angriffe der Antragsteller beruhten auf

einem Missverständnis der Zusammenhänge. Die Wachstumsrate von 1,5% berücksichtige nur das

preis-, mengen- und strukturbedingte Wachstum; daneben fließe den Minderheitsaktionären aber

auch eine Wertsteigerung aus thesaurierungsbedingtem Wachstum zu. Das Wachstum der

Jahresüberschüsse in der Detailplanungsphase könne nicht mit dem Wachstumsabschlag in der

ewigen Rente verglichen werden; beide brächten unterschiedliche Wachstumskomponenten zum

Ausdruck.

c) Der vom Landgericht herangezogene Gerichtssachverständige hat sich mit den von den

Antragstellern in diesem Punkt weiterverfolgten Einwendungen auseinandergesetzt; sie rechtfertigen

keine vom Erstgericht abweichende Beurteilung.

aa) Mit den Einwendungen der Antragstellerinnen zu 1 und 16 - auch denjenigen im Schriftsatz vom

15. Februar 2012 - hat sich der gerichtliche Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme

vom 26. September 2012 und in seiner Anhörung durch das Landgericht ausführlich

auseinandergesetzt und insbesondere ausgeführt, dass die von ihm gewählte Berechnungsmethode

einem in der Bewertungspraxis anerkannten Vorgehen entspreche. Zum Vergleich mit den Daten aus

der Detailplanungsphase hat der Sachverständige in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme

für das Landgericht ausgeführt, dass sich die Wachstumsraten der Detailplanungsphase durch die

geringen Ausgangswerte für Betriebsergebnis und Jahresüberschuss in den Verlustjahren 2005 und

2006 für einen Vergleich mit dem nachhaltigen Gewinnwachstum nicht eigneten.

bb) Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass ein direkter Vergleich der

„Wachstumsrate von 1,5%“, die der Gutachter im Einvernehmen mit dem Bewertungsgutachter für

die Phase der ewigen Rente zugrunde gelegt hat, mit einem Umsatzwachstum von 5-13% aus der

Detailplanungsphase nicht möglich ist. Der Sachverständige hat insoweit erläutert, dass es zu der

verwendeten Methode der Unternehmensbewertung gehöre, dass in der Detailplanungsphase alle

Wachstumspotentiale - unabhängig davon, aus welchen Einflussfaktoren sie resultierten - direkt in

der Unternehmensplanung und somit in den finanziellen Überschüssen abgebildet werden. In der

Phase der ewigen Rente dagegen würden die Wachstumsfaktoren an unterschiedlichen Stellen der

Berechnungsformel eingestellt.

Basiszinssatz

4. Der vom Landgericht zugrunde gelegte Basiszinssatz ist nicht zu beanstanden.

a) Das Landgericht legt auf der Basis des von ihm erhobenen Gutachtens einen Basiszinssatz von 4%

zugrunde. Der Sachverständige habe den Basiszinssatz entsprechend den Empfehlungen des IDW

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 189

anhand der Zinsstrukturkurve nach der Svensson-Methode ermittelt und sei aufgrund seiner

Berechnung zu einem Zinssatz von 3,94% gelangt, den er den entsprechend den damaligen

Empfehlungen des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW auf volle Viertelprozente und

damit auf 4% gerundet habe. Im Übrigen ergebe sich ein höherer Basiszinssatz von sogar 4,28%,

wenn man einen Bewertungszeitraum verwendet, der unmittelbar am Tage der Hauptversammlung

ende.

b) Die Beteiligten zu 1 und 16 sind der Auffassung, der vom Landgericht als angemessen angesehene

Basiszins von 4% vor Steuern sei zumindest auf den vom Sachverständigen ermittelten Wert von

3,94% zu ermäßigen. Eine Rundung dürfe aus verfassungsrechtlichen Gründen keineswegs zu Lasten,

sondern allenfalls zugunsten der außenstehenden Aktionäre vorgenommen werden, so dass von

einem Basiszinssatz von 3,75% auszugehen sei. Ein Basiszinssatz gebe die wirtschaftliche Wirklichkeit

in der Mitte des Jahres 2006 keineswegs zutreffend wieder. In diesem Zusammenhang sei auch die

Tendenz zu stetig fallenden Zinsen bei der Ermittlung des Basiszinssatzes zu berücksichtigen. Die

Antragsgegnerin ist der Auffassung, es sei zu ihrem Nachteil ein zu niedriger Basiszinssatz angesetzt

worden. Vom gerichtlichen Sachverständigen und dem Landgericht sei nicht berücksichtigt worden,

dass die Antragsgegnerin die angemessene Barabfindung etwa 1 ½ Monate vor der

Hauptversammlung hätte ermitteln müssen, um die Minderheitsaktionäre informieren zu können. Das

Landgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen sei es dagegen möglich gewesen, den

Basiszinssatz für den Dreimonatszeitraum vor der Hauptversammlung zu ermitteln. Richtigerweise

hätte vor diesem Hintergrund ein Basiszinssatz von 4,28% - gerundet von 4,25% - zugrunde gelegt

werden müssen.

c) Die Einwendungen der Antragsteller rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Verfassungsrechtlich keine Rundung zugunsten der Antragsteller geboten: Aufrundung nach

kaufmännischen Grundsätzen zulässig

aa) Entgegen der Auffassung der Antragsteller existiert kein allgemeiner Grundsatz, wonach eine zu

Lasten der Antragsteller gehende Aufrundung im Bereich des Basiszinssatzes nicht möglich sei. Der

Basiszinssatz dient - wie die anderen im Bereich der Unternehmensbewertung verwendeten Größen -

lediglich dazu, eine Schätzung der an die außenstehenden Anteilseigner zu zahlenden

Abfindung/Ausgleich zu ermöglichen. Soweit in diesem Zusammenhang eine Rundung von Zwischen-

werten vorgenommen wird, kommt damit die Erkenntnis zum Ausdruck, dass es sich letztlich nicht um

mit mathematischer Genauigkeit zu ermittelnde Daten handelt, sondern um Anhaltswerte für eine

Schätzung. Es ist daher auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, etwa für sachgerecht

gehaltene Rundungen stets zugunsten der Antragsteller eines aktienrechtlichen Spruchverfahrens

vorzunehmen. Der Senat hat bereits in einer früheren Entscheidung (12. Zivilsenat AG 2013, 353, juris-

Rn. 149) eine nach kaufmännischen Grundsätzen vorgenommene Aufrundung gebilligt (ebenso OLG

Düsseldorf, Beschluss vom 4. Juli 2012 - 26 W 8/10, juris-Rn. 42).

bb) Auf die Frage, ob - wie es die Antragsgegnerin meint - auf der Grundlage der Erwägungen des

Sachverständigen auch ein höherer, auf rundet 4,25% gerundeter Basiszinssatz in Betracht käme,

kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidend an.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 190

Schätzung der Marktrisikoprämie

5. Die Einwendungen der Antragsteller gegen die landgerichtliche Schätzung der Marktrisikoprämie

rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) Das Landgericht hat nach sachverständiger Beratung eine allgemeine Marktrisikoprämie von 5%

nach Steuern zugrunde gelegt. Ungeachtet der zahlreichen Kontroversen um die Aussagekraft der

einzelnen Studien zur Marktrisikoprämie sei es sachgerecht, Studien mit möglichst langem

Beobachtungszeitraum heranzuziehen, um stabile Aussagen über langfristige Entwicklungen treffen

zu können. Soweit in der Wirtschaftswissenschaft unterschiedliche Methoden der Mittelwertbildung

diskutiert würden - geometrisch oder arithmetisch - habe sich bisher keine Meinung durchgesetzt;

beide Methoden hätten ihre Vorzüge und Nachteile. Hier sei der Sachverständige unter Überprüfung

der Mittelwerte, die sich nach den verschiedenen Studien ergäben, für den Einzelfall zu einer

Marktrisikoprämie von 5% gelangt.

b) Dagegen richten sich verschiedene Einwendungen der Antragsteller.

aa) Die Beteiligten zu 1 und 16 sind der Auffassung, eine Marktrisikoprämie von 5% liege außerhalb

der wirtschaftlichen Realität am Bewertungsstichtag. Das Grundproblem bei der Ermittlung der

Marktrisikoprämie ergebe sich daraus, dass diese aus Vergangenheitswerten abgeleitet werde und

damit auch die wirtschaftlichen Effekte der Nachkriegszeit mit herangezogen würden, obwohl diese

sich in der Zukunft nicht wiederholen würden. Aus einer Studie der Deutschen Bank - auf die auch die

Antragstellerin zu 24 Bezug nimmt - ergebe sich, dass sich Aktien in Deutschland, Japan und Italien in

den vergangenen 50 Jahren wesentlich schlechter rentiert hätten als Anleihen. Der Studie zufolge

solle die Rendite von Anleihen im betreffenden Zeitraum bei 4,28% gelegen haben, wohingegen mit

Aktien nur 3,46% zu erzielen gewesen seien. Entgegen den Annahmen des Sachverständigen sei in der

Betriebswirtschaft mittlerweile zudem eine „deutliche Tendenz“ zur Verwendung des geometrischen

Mittels für die Ermittlung der Marktrisikoprämie zu beobachten, weil damit schon der langfristige

Charakter der Investition, vor allem aber das Investitionsverhalten besser und realistischer abgebildet

werde.

bb) Die Antragstellerin zu 24 meint, die in verschiedenen Untersuchungen behaupteten

Marktrisikoprämien deckten eine Bandbreite von 500% ab; dies sei klärungsbedürftig. Den

verwendeten Studien sei gemein, dass das verwendete Datenrohmaterial und die Herleitung nicht

offengelegt würden.

cc) Der Antragsteller zu 20 ist der Auffassung, es sei erforderlich, dass die Gerichte in den

aktienrechtlichen Spruchverfahren eigene Studien zu der Herleitung der Marktrisikoprämie in Auftrag

gäben. Es könne nicht angehen, dass den Antragstellern eine Nachprüfung des vorhandenen

Datenmaterials abgeschnitten werde.

dd) Die Antragsgegnerin verteidigt die landgerichtliche Schätzung der Marktrisikoprämie. Der vom

Landgericht beauftragte Sachverständige habe nicht nur eine einzelne Studie zur Marktrisikoprämie

zugrunde gelegt, sondern eine Auswertung verschiedener Untersuchungen vorgenommen sowie

eigene Berechnungen für unterschiedliche Betrachtungszeiträume vorgenommen. Entgegen der

Auffassung der Antragsteller habe der Sachverständige die von ihm ausgewerteten Untersuchungen

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 191

nicht ungeprüft zugrunde gelegt, sondern als Grundlage für die Schätzung künftiger

Marktrisikoprämien verwendet.

c) Die Einwendungen der Antragsteller rechtfertigen keine vom Landgericht abweichende Beurteilung.

aa) Der Sachverständige, auf dessen Expertise sich die Beurteilung des Landgerichts stützt, hat nicht

verkannt, dass die aus der Vergangenheit ermittelten Durchschnittswerte nur den Ausgangspunkt für

die Einschätzung der Frage bilden, welche Marktrisikoprämie für die Zukunft zugrunde zu legen ist.

Das ergibt sich ausdrücklich aus der Seite 73 des schriftlichen Gutachtens, wo darauf hingewiesen

wird, dass für die Ableitung der zukünftigen Marktrisikoprämie die historischen Marktrisikoprämien

nur einen „ersten Anhaltspunkt“ bieten könnten. Diesen Gesichtspunkt hat der Sachverständige - wie

der Zusatz „für die Zukunft“ (Seite 74 des Gutachtens) zeigt - auch bei seiner eigenen Schätzung der

Marktrisikoprämie nach Steuern von 5% berücksichtigt.

bb) Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige hat bei seiner Anhörung durch das Landgericht

referiert, dass in der Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche Auffassungen darüber vertreten

werden, ob in dem hier interessierenden Zusammenhang die Methode der geometrischen oder der

arithmetischen Mittelbildung heranzuziehen sei und sich bisher keine herrschende Meinung gebildet

habe, vielmehr etwa gleiche Beiträge der einen oder anderen Auffassung zuneigten . Der

Sachverständige hat die Vor- und Nachteile, die mit den unterschiedlichen Berechnungsmethoden

verbunden sind, aufgezeigt und vor diesem Hintergrund einen eigenen Vorschlag zur Schätzung der

Marktrisikoprämie unterbreitet. Dass das Landgericht dem gefolgt ist, ist nicht zu bestanden.

cc) Entgegen der mit Beschwerde vertretenen Auffassung bestand kein Anlass, zur Frage der Höhe

der Marktrisikoprämie ein zusätzliches gerichtliches Gutachten in Auftrag zu geben. Wie der Senat

(12. Zivilsenat AG 2013, 353, Rn. 157) in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Stuttgart (NZG

2011, 1346, juris-Rn. 383) bereits entschieden hat, wäre ein im Spruchverfahren zur Bestimmung der

Marktrisikoprämie bestellter weiterer Sachverständiger nicht in der Lage, diejenigen Fragen

abschließend und zweifelsfrei zu klären, die seit Jahren Gegenstand einer bislang nicht

abgeschlossenen intensiven Auseinandersetzung innerhalb der Wirtschaftswissenschaft sind. Solange

die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion nicht abgeschlossen ist, kann die Marktrisikoprämie nur

durch eine stets mit Zweifeln behaftete Schätzung ermittelt werden. Eine solche begründete

Schätzung hat der vom Landgericht herangezogene Sachverständige hier vorgenommen. Dabei hat er

die in der nationalen und internationalen Bewertungspraxis verwendeten Methoden und die insoweit

ausgetragenen Kontroversen dargestellt (Seite 64 des Gutachtens); er hat seine Beurteilung auch

nicht auf eine einzige Studie gestützt, sondern auch eine vom Deutschen Aktieninstitut e. V.

herausgegebene Meta-Studie, in der 37 Kapitalmarktuntersuchungen ausgewertet sind,

herangezogen, wobei er eine differenzierte Stellungnahme zur Verwertbarkeit der einzelnen Studien

abgegeben hat (Seite 71 des schriftlichen Gutachtens).

dd) Die im Auftrag der Deutschen Bank erstattete Studie vom 12. September 2011, auf die die

Antragsteller Bezug nehmen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung (vgl. hierzu auch OLG

Stuttgart NZG 2011, 1346, juris-Rn. 349). Wie bereits dargestellt, liegen zur Frage der

Marktrisikoprämie eine Reihe von Studien mit unterschiedlichen Methoden, Beobachtungszeiträumen

und Ergebnissen vor. Allein das Hinzutreten einer weiteren Studie ist nicht geeignet, den vom

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 192

Sachverständigen auf der Grundlage der Auswertung einer Metastudie und weiterer Überlegungen

unterbreiteten Schätzungsvorschlag in Frage zu stellen.

6. Das Landgericht durfte seiner Beurteilung die vom Sachverständigen vorgeschlagene Schätzung des

Betafaktors zugrunde legen.

a) Das Landgericht legt ausgehend von der sachverständigen Schätzung einen Betafaktor von 1,42

zugrunde. Dabei sei die herrschende Auffassung in der Betriebswirtschaftslehre zu berücksichtigen,

dass grundsätzlich ein hoher Verschuldungsgrad eines Unternehmens mit einem hohen finanziellen

Risiko korreliere und dass dieser tendenziell höhere Risikozuschläge zur Folge habe. Hier sei

festzuhalten, dass das zu bewertende Unternehmen nur einen geringen Verschuldungsgrad aufweise.

Nach eingehender Untersuchung sei der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass das zu dem

Unternehmen vorliegende statistische Material ausreiche, um einen Beta-Wert zu bestimmen; ein

Rückgriff auf eine Peergroup sei nicht erforderlich. Der Sachverständige habe unter Würdigung aller

Umstände einen unverschuldeten Betafaktor von 1,2 für sachgerecht erachtet und unter

Berücksichtigung der ertragssteuerlichen Auswirkungen aus der Fremdfinanzierung verschuldete

Betafaktoren von 1,42 bis 1,43 ermittelt.

b) Die Antragstellerinnen zu 1 und 16 sind der Auffassung, der vom Sachverständige geschätzte

Betafaktor sei angesichts der vom Sachverständigen zugrunde gelegten Daten - Roh-Betafaktoren von

teils weit unter 1 - und des geringen Verschuldungsgrades nicht plausibel. Wie falsch der

Sachverständige bei seiner Peergroupbetrachtung vorgegangen sei, zeige die auf Seite 87 des

Gutachtens befindliche Tabelle, aus der sich ergebe, dass sogar die Aktie des Konzernherrn Singulus

deutlich niedrigere Betafaktoren aufgewiesen habe als jene der von ihm mehrheitlich beherrschten

HamaTech. Der Antragsteller zu 20 meint, das Landgericht habe den Betafaktor aus einer Peergroup

hergeleitet, die mit Ausnahme der Muttergesellschaft Singulus nicht repräsentativ sei. Weder Origin

noch Unaxis hätten einen derart hohen Spezialisierungsgrad auf Anlagen zur Herstellung von

optischen Datenträgern. Bei Unaxis habe der Umsatzanteil im Jahre 2005 etwa 12% betragen, für

Origin könne kein vergleichbares Marktelement ermittelt werden. Beide Referenzunternehmen seien

zudem im Ausland tätig. Es erscheine daher angemessen, den Betafaktor der Obergesellschaft

zugrunde zu legen.

Die Antragsgegnerin verteidigt den vom Landgericht zugrunde gelegten Betafaktor. Der

Sachverständige habe den Betafaktor in erster Linie aus den eigenen Daten des Unternehmens

ermittelt und lediglich zur Plausibilisierung des Ergebnisses die Daten einer Peergroup herangezogen.

Die Nichtberücksichtigung der Ergebnisse der Peergroup führe hier zu einem den Antragsteller

ungünstigeren Ergebnis. Im Übrigen sei die Auswahl einer internationalen Peergroup in der

Bewertungspraxis absolut üblich und zulässig. Die Einbindung in einen Konzern führe für sich

genommen nicht zu einem niedrigeren Unternehmensrisiko.

c) Die Einwendungen der Antragsteller zeigen eine Unrichtigkeit des vom Landgericht nach

sachverständiger Beratung gewählten Ansatzes nicht auf.

aa) Das Landgericht ist - dem Sachverständigen folgend - methodengerecht davon ausgegangen, dass

der Betafaktor beschreibt, wie sich das unternehmensindividuelle Risiko im Vergleich zum

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 193

Marktportfolio darstellt, wobei ein Betafaktor größer 1 bedeutet, dass der Investor im Vergleich zu

einer Investition in das Marktportfolio höheren Risiken ausgesetzt ist.

bb) Der Sachverständige ist, wie seine Darlegungen zeigen, davon ausgegangen, dass für das hier zu

bewertende Unternehmen geeignete historische Beta-Faktoren zur Verfügung stehen. Er hat die

Datenquelle, aus der er die historischen Daten bezogen hat (Bloomberg) benannt und erläutert, mit

welchem Intervall und für welchen Zeitraum er Daten zugrunde gelegt hat. Dem Gutachten lässt sich

ferner entnehmen, dass die für das Unternehmen beobachteten Betafaktoren für die

Fünfjahreszeiträume vor dem 7. November 2005, dem 1. Januar 2006 und dem 21. Juni 2006

aussagekräftig seien. Der Sachverständige hat ferner dargelegt, dass Anhaltspunkte für fehlenden

Handel, Marktenge oder Börsenkursmanipulationen nicht vorlägen und die historischen Daten daher

grundsätzlich geeignet seien, den Betafaktor zu bestimmen. Die Ausführungen des Sachverständigen

zeigen, dass dieser bei der Ermittlung des Betafaktors mit einer jedenfalls vertretbaren Methode

vorgegangen ist.

cc) Soweit das Sachverständigengutachten auch Ausführungen zu den Daten einer Peergroup enthält,

dienen diese ausdrücklich zur „Plausibilisierung des angesetzten Betafaktors“. Dass bei diesen Plausi-

bilitätsüberlegungen keine Unternehmen gefunden werden konnten, deren Geschäftsfelder und

Marktausrichtung vollständig mit den entsprechenden Daten des zu bewertenden Unternehmens

übereinstimmen, ist unmittelbar einleuchtend; der Sachverständige war für die Plausi-

bilisierungsüberlegung darauf angewiesen, solche Unternehmen zu identifizieren, die in etwa eine

vergleichbare Struktur aufweisen. Die Entscheidung, welche Unternehmen er der Peergroup

zugeordnet hat, ist vom Sachverständigen ausführlich begründet worden. Dass dabei auch

Unternehmen berücksichtigt worden sind, die nicht im gleichen Umfang wie das zu bewertende

Unternehmen im Bereich der Herstellung optischer Datenträger tätig sind, ist nicht zu beanstanden.

Soweit der Antragsteller zu 20 beanstandet, dass die Origin kein vergleichbares Geschäftsfeld habe,

ist darauf hinzuweisen, dass sie nach den Ausführungen des Sachverständigen auch

Rotationsbeschichtungsanlagen herstellt; die Rotationsbeschichtung aber ist ein Verfahren, das bei

der Herstellung optischer Datenträger Verwendung findet (siehe etwa die Beschreibung des von der

Singulus Technologie AG gehaltenen Patents DE102006061585A1 betreffend ein „Verfahren und eine

Vorrichtung zur Rotationsbeschichtung scheibenförmiger Substrate, insbesondere optischer

Datenträger“).

dd) Die Antragstellerinnen zu 1 und 16 weisen darauf hin, dass mit der HamaTech ein „seit jeher in

Mehrheitsbesitz stehendes, beherrschtes Unternehmen zu bewerten“ gewesen sei, das „gewiss schon

aufgrund seiner Einbindung in den Konzern (…) mit einem niedrigeren Risikoansatz zu bewerten“ sei

als der Konzernherr Singulus; auch der Antragsteller zu 20 hielte es für angemessen, angesichts der

nach seiner Auffassung nicht vergleichbaren Unternehmen der Peergroup den Betafaktor der

Obergesellschaft zu übernehmen. Der diesen Ansätzen zugrunde liegenden Beurteilung der

Antragsteller folgt der Senat nicht.

Kein niedrigerer Betafaktor für beherrschtes Unternehmen

ee) Auch generell ist ein Abschlag auf den Betafaktor mit Rücksicht darauf, dass das zu bewertende

Unternehmen einem Konzern angehört, nicht vorzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen

Gründen ein beherrschtes Unternehmen generell einen niedrigeren Betafaktor aufweisen sollte als

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SpruchZ 2015 Seite 194

ein Unternehmen, bei dem dies nicht der Fall ist (vgl. hierzu OLG Stuttgart AG 2012, 839, juris-Rn.

173; OLG Stuttgart NZG 2011, 1346, juris-Rn. 396).

7. Der vom Landgericht angesetzte Wachstumsabschlag ist nicht zu beanstanden.

a) Das Landgericht ist in Übereinstimmung mit dem von ihm bestellten Sachverständigen und dem

Ansatz des Bewertungsgutachters davon ausgegangen, dass in der Phase II für die Geschäftsjahre ab

2009 ein Wachstumsabschlag von 1,5% zu berücksichtigen sei. Die gegen die Ansätze des

Sachverständigen gerichteten Bedenken einzelner Antragsteller seien vom Sachverständigen in seiner

Tischvorlage und im Kammertermin nachvollziehbar ausgeräumt worden.

b) Dagegen richten sich in der Beschwerdeinstanz Einwendungen der Antragsteller.

aa) Die Antragstellerinnen zu 1 und 16 machen geltend, es sei unplausibel, dass der Sachverständige

für den Zeitraum der ewigen Rente von einem Umsatzwachstum von gerade 1,5% ausgehe, während

in der Detailplanungsphase noch mit einem Umsatzwachstum von 5 bis 13% geplant werde. Es könne

keinesfalls davon ausgegangen werden, es sei beim Übergang in die ewige Rente ein

Gewinnwachstum von insgesamt 9,8% zugrunde gelegt worden, nachdem der Sachverständige in

seiner Tischvorlage selbst dieses Gewinnwachstum ungenau als „Summe aus preis-, mengen- und

strukturbedingtem Wachstum einerseits sowie thesaurierungsbedingtem Wachstum andererseits“

dargestellt habe. Die Ausführungen des Sachverständigen in dessen Tischvorlage vom 26. September

2012 stünden nicht im Einklang mit dem gutachterlichen Vorgehen, wonach das Ergebnis des letzten

Planjahres mit (nur) 1,5% fortgeschrieben wird. Es passe auch nicht zusammen mit der Erwartung, es

sei bei der HamaTech in der Phase der ewigen Rente ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum

möglich. Es könne vernünftigerweise nicht sein, dass ein überdurchschnittliches „Gewinnwachstum“

von annähernd 10% in einem Wachstumsabschlag von nur 1,5% zum Ausdruck komme, der noch nicht

einmal geeignet sei, die jährliche Geldentwertung von 2% auszugleichen. Beim Übergang in die ewige

Rente sei es angesichts eines angenommenen Ergebnisrückgangs nicht plausibel, wenn zugleich

gesagt werde, es wäre ein Gewinnwachstum von 9,8% unterstellt worden. Bei einem

Wachstumsabschlag unterhalb der jährlichen Inflationsrate sei von einem realen Schrumpfen des

Unternehmens auszugehen. Das Landgericht sei nicht der Frage nachgegangen, welche

bewertungstechnischen Gründe den Sachverständigen zu der Annahme veranlasst hätten, es drücke

sich ein „Gewinnwachstum“ in einem Ergebnisrückgang aus. Allein die Hinzurechnung der

unternehmenswerterhöhenden „Thesaurierung zur Finanzierung des Wachstums“ führe für die

außenstehenden Aktionäre zu einer spürbaren Erhöhung von Abfindung und Ausgleich.

bb) Der Antragsteller zu 20 ist der Auffassung, es sei ein Wachstumsabschlag zu wählen, der der

Inflationsrate zum Bewertungsstichtag entspreche, hier also mindestens 2%. Wachstumsabschläge

unterhalb der Inflationsrate fingierten, dass das Unternehmen auf Null schrumpfe. Das entspreche

nicht dem empirischen Befund.

cc) Die Antragsgegnerin verteidigt den Ansatz des Landgerichts. Der Sachverständige habe, indem er

die Veränderung der Verbraucherpreise, die Marktentwicklung im Hauptarbeitsgebiet der HamaTech

AG, die von Analysten bei vergleichbaren Unternehmen angesetzten Wachstumsabschläge und die

Gesamtwachstumsrate in den Blick genommen habe, eine nachvollziehbare Methode zur Ermittlung

des Wachstumsabschlags gewählt. Die Entwicklung von Unternehmensgewinnen hänge nicht allein

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 195

von der Inflation, sondern auch von der Markt- und Konkurrenzsituation sowie der internen

Kostenentwicklung ab. Maßgeblich sei, ob das Unternehmen nachhaltig in der Lage sein wird, die auf

der Beschaffungsseite erwarteten Preissteigerungen vollständig an ihre Abnehmer weiterzugeben.

Die von den Antragstellern zu 1 und 16 zitierten Vergleichsstudien seien nicht aussagekräftig, weil sie

die Entwicklung des Gewinnwachstums und das Bruttoinlandsprodukt betrachteten, ohne nach deren

Herkunft zu differenzieren. Schließlich halte sich der angenommene Wachstumsabschlag in der

Bandbreite dessen, was in der Rechtsprechung für andere Unternehmen der Maschinenbaubranche

angenommen worden sei. Ein Widerspruch innerhalb der Ausführungen des Sachverständigen liege

nicht vor.

c) Die Einwendungen der Antragsteller rechtfertigen keine vom Landgericht abweichende Beurteilung.

aa) Der gerichtliche Sachverständige hat seine Auffassung, dass der vom Bewertungsgutachter

angesetzte Wachstumsabschlag übernommen werden könne, ausführlich begründet. (…)

Wachstumsabschlag entspricht nicht notwendig der erwarteten Inflationsrate

bb) Der vom Antragsteller sinngemäß vertretenen Auffassung, es sei ein Wachstumsabschlag

(mindestens) in Höhe der Inflationsrate am Bewertungsstichtag vorzunehmen, vermag der Senat

nicht zu folgen.

(1) Der Wachstumsabschlag - auch als Inflationsabschlag oder Geldentwertungsabschlag bezeichnet -

berücksichtigt bei der Unternehmensbewertung das im langfristigen Durchschnitt erwartete

Gewinnwachstum. Wenn damit zu rechnen ist, dass ein Unternehmen nachhaltig in der Lage ist,

Effekte der allgemeinen Preissteigerung zumindest teilweise an seine Abnehmer weiterzugeben oder

aus anderen Gründen ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, so ist vom Kapitalisierungszins nach

Steuern ein Wachstumsabschlag vorzunehmen. Die Höhe des Wachstumsabschlags bringt zum

Ausdruck, welches Wachstum für das betrachtete Unternehmen zu erwarten ist. Dies bedeutet nicht,

dass der Wachstumsabschlag notwendig der erwarteten Inflationsrate entsprechen muss. Er richtet

sich vielmehr danach, inwieweit das Unternehmen nachhaltig in der Lage ist, die in seinem Fall

erwarteten, nicht notwendig mit der Inflationsrate identischen Preissteigerungen auf der

Beschaffungsseite (z. Bsp. Materialkosten, Personalkosten) durch entsprechende Preissteigerungen

an seine Kunden weiterzugeben oder durch Effizienzsteigerungen zu kompensieren. Ob danach ein

künftiges Wachstumspotential besteht, ist damit eine Frage aller Umstände des Einzelfalls.

Einflussfaktoren sind die langfristige Markt- und Branchenentwicklung, die zu erwartenden

Veränderungen der Wettbewerbssituation oder mögliche regulatorische Änderungen.

Gesamtwirtschaftlich ist die Inflationserwartung von Bedeutung (12. Zivilsenat AG 2013, 765, juris-Rn.

54; Simon/Leverkus, SpruchG, Komm., Anh. § 11 Rn. 136; vgl. auch OLG Düsseldorf WM 1992, 986,

juris-Rn. 61).

(2) Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang der vom Sachverständigen zu Recht

hervorgehobene Umstand, dass die allgemeine Inflationsrate anhand eines Verbraucherpreisindexes

gemessen wird; diesem liegt ein Warenkorb zugrunde, der nicht diejenigen Waren abbildet, die von

Unternehmen beschafft oder abgesetzt werden.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 196

cc) Die Ausführungen des Sachverständigen sind nicht widersprüchlich. Der Gutachter ist unter

Darlegung der von ihm angewendeten Berechnungsmethode zu dem Ergebnis gekommen, dass ein

Wachstumsabschlag von 1,5% einem nachhaltigen Gewinnwachstum von 9,8% entspreche und dies

zwar am oberen Rand, aber innerhalb der Bandbreite der für das Marktumfeld und die Gesellschaft

Erwartbaren liege. Mit Einwendungen gegen die von ihm angewendete Berechnungsmethode hat sich

der Sachverständige in seiner Tischvorlage und in der Anhörung durch das Landgericht

auseinandergesetzt.

dd) Auch der Einwand der Antragsteller zu 1 und 16, die Erträge der deutschen börsennotierten

Aktiengesellschaften hätten seit dem II. Weltkrieg nicht nur die Geldentwertung ausgeglichen,

sondern seien im Wesentlichen mit dem Wachsen des Bruttoinlandsprodukts sogar realiter

gewachsen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die in diesem Zusammenhang zitierte Studie der

Europäischen Zentralbank („Beziehung zwischen dem Gewinnwachstum der börsennotierten

Unternehmen und dem Wachstum der Gesamtwirtschaft“, Monatsberichte der EZB 09/2007, S. 47 ff.)

legt eine andere Beurteilung nicht nahe. Zwar findet sich dort für den Euroraum die Feststellung, dass

von 1974 bis 2004 die Unternehmensgewinne stärker gestiegen seien als das Bruttoinlandsprodukt.

Dieses Ergebnis wird von der Studie aber selbst relativiert. Neben dem Umstand, dass große Teile der

Unternehmensgewinne durch Tätigkeiten in anderen Volkswirtschaften erzielt wurden, wird

insbesondere darauf hingewiesen, dass die Zusammensetzung der Gruppe der Unternehmen im

Untersuchungszeitraum mit der Änderung der Zusammensetzung der Aktienindizes gewechselt hat,

so dass Rückschlüsse auf die langfristige Gewinnentwicklung allenfalls sehr bedingt möglich sind (OLG

Stuttgart AG 2014, 208, juris-Rn. 151).

8. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München zu dem im Rahmen der Verschmelzung

anzuwendenden Umtauschverhältnis rechtfertigt es nicht, im vorliegenden Verfahren eine andere

Abfindung oder einen anderen Ausgleich festzusetzen.

a) Die Antragsteller zu 1 und 16 machen geltend, es stelle ein starkes Indiz gegen das Ergebnis des

Landgerichts dar, dass das OLG München mit Beschluss vom 26. Juli 2012 (31 Wx 250/11, AG 2012,

749) das Verschmelzungsverhältnis, zu dem die Aktionäre der HamaTech per Stichtag des 17.

Dezember 2007 zu Aktionären der Antragsgegnerin geworden sind, nach einem höheren Wert

bemessen habe, als ihn das Landgericht angenommen habe. Die Antragsgegnerin hält dem entgegen,

einer Indizwirkung stehe schon der zeitliche Abstand von etwa 1 ½ Jahren zwischen den

Bewertungsstichtagen entgegen; zudem habe das OLG München den 3-Monats-Durchschnitt der

Aktienkurse vor der Bekanntgabe der Verschmelzung zugrunde gelegt.

b) Die von den Antragstellern angenommene Indizwirkung der Entscheidung des Oberlandesgerichts

München besteht nicht. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass der in der Entscheidung

des Oberlandesgerichts München - zudem mit einem anderen Stichtag - zugrunde gelegt

Durchschnittsbörsenkurse (a. a. O., juris-Rn. 21) nicht geeignet ist, einen tragfähigen Anhaltspunkt für

den im vorliegenden Verfahren zugrunde zu legenden Unternehmenswert zu geben. Dabei ist vor

allem zu berücksichtigen, dass sich in den Geschäftsfeldern, in denen die Antragsgegnerin tätig war,

bereits in vergleichsweisen kurzen Zeiträumen beträchtliche Veränderungen der Unter-

nehmensaussichten ergeben können.

Page 20: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 197

9. Eine Erhöhung von Abfindung und Ausgleich ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil eine in der

Hauptversammlung vorgenommene Erhöhung eine Unrichtigkeit der Ermittlungen des

Unternehmenswerts indizieren.

a) Die Antragsteller zu 1 und 16 sind der Auffassung, ein Beweis des ersten Anscheins, zumindest aber

ein nahezu gleichbedeutendes Indiz für die höher festzusetzende Abfindung und den Ausgleich sei es,

dass die Abfindung ursprünglich sogar nur mit EUR 2,43 je Aktie festgesetzt gewesen und auf der

Hauptversammlung auf EUR 2,55 angehoben worden sei. Das zeige, dass selbst aus der Sicht der

Antragsgegnerin die ursprünglich angenommene Wertigkeit auf der Basis durchschnittlicher

Börsenkurse nicht in Ordnung gewesen und sozusagen „freiwillig auf ersten Zuruf“ höher festgesetzt

worden sei. Die Antragsgegnerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Erhöhung der

Barabfindung in der Hauptversammlung habe der damals einschlägigen - mittlerweile aber

aufgegebenen - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechnung getragen, wonach der

Durchschnittskurs der letzten drei Monate die Untergrenze der Barabfindung bilde.

b) Die Einwendungen der Antragsteller rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht. Der Umstand,

dass die Hauptversammlung Anlass gesehen hat, eine Erhöhung von Abfindung und Ausgleich

vorzunehmen, ist - unabhängig davon, ob dies mit Rücksicht auf die von der Antragsgegnerin

genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geschehen ist - kein tragfähiges Indiz dafür, dass

der erhöhte Wert dem tatsächlichen Unternehmenswert nicht entspricht. Vielmehr kann es

grundsätzlich verschiedene Gründe dafür geben, dass die Hauptversammlung es für geboten hält -

etwa zur Vermeidung von Streitigkeiten -, eine höhere als die zunächst vorgeschlagene Abfindung zu

beschließen.

Keine Kostenerstattung zugunsten der Antragsteller

III. 1. Eine Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. (…)

2. Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen könnten, den Antragstellern gemäß § 15 Absatz 1 SpruchG

die Gerichtskosten des zweiten Rechtszuges aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich. (…)

3. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeinstanz gilt § 15 Absatz 4 SpruchG. Danach

werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet. Die Kosten der Antragsteller sollen nur erstattet

werden, wenn die Erstattung unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit

entspricht (OLG Stuttgart AG 2006, 421, Rn. 164); Kölner Komm., a. a. O., § 15 Rn. 16). Solche

Billigkeitsgründe sind auch für den zweiten Rechtszug nicht erkennbar. (…)

4. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist nach § 15 Abs. 1 S. 2 und 4 SpruchG auf

200.000,00 € festzusetzen. (…)

5. Die Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der

Antragsteller beruht auf folgenden Erwägungen:

a) Eine Festsetzung erfolgt nur, soweit der nach § 33 Absatz 1 RVG erforderliche Antrag gestellt ist.

Diese Voraussetzung ist nur für den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und 16 erfüllt.

Page 21: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 198

b) Nach § 31 Absatz 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem

Bruchteil des für die Gerichtsgebühren geltenden Geschäftswerts, der sich aus dem Verhältnis der

Anzahl der Anteile des Auftraggebers zu der Gesamtzahl der Anteile aller Antragsteller ergibt, wobei

die Anteile mehrerer von demselben Verfahrensbevollmächtigten vertretenen Antragsteller

zusammenzurechnen sind, § 31 Absatz 2 RVG.

c) Soweit Angaben zur Anzahl der gehaltenen Anteile nicht gemacht worden sind, wird die

Inhaberschaft eines Anteils vermutet, § 31 Absatz 1 Satz 3 RVG.

d) Für jeden Verfahrensbevollmächtigten gilt ein Mindestwert von EUR 5.000, § 31 Absatz 1 Satz 4

RVG.

Laufende Spruchverfahren

Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der RÖDER Zeltsysteme und Service AG: Verhandlungstermin am 13. Oktober 2015

In dem Spruchverfahren zu dem am 3. Juli 2014 eingetragenen Ausschluss der Minderheitsaktionäre

bei der RÖDER Zeltsysteme und Service AG hat das LG Frankfurt am Main Termin zur mündlichen

Verhandlung auf den 13. Oktober 2015, 10:30 Uhr, angesetzt.

Zuvor soll die sachverständige Prüferin zu den Einwendungen der Antragsteller und des

gemeinsamen Vertreters schriftlich Stellung nehmen. Darüber hinaus hat das Gericht der Prüferin

aufgegeben, den Unternehmens- und Anteilswert mit einer Marktrisikoprämie von 4,5% nach

Steuern zu ermitteln.

Unmittelbar nach dem Squeeze-out war die dann "besenreine" RÖDER von Zurmont Madison zum

Jahresende 2014 an die RAG-Stiftung weiterverkauft worden, siehe

http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/11/zurmont-madison-rag-stiftung-ubernimmt.html.

LG Frankfurt am Min, Az. 3-05 O 50/14 Scherzer & Co. AG ./. Zurmont Madison Deutschland GmbH 61 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Wolfgang Hahn, 90431 Nürnberg Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Zurmont Madison Deutschland GmbH: Rechtsanwälte Beiten Burkhardt, 80339 München

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 199

Anstehende Spruchverfahren & Mitteilungen

Squeeze-out bei der Swarco Traffic Holding AG zu EUR 6,66

Bei der Swarco Traffic Holding AG (bis 2010: MTech, eine aus der Signalbau Huber hervorgegangene

Holdinggesellschaft), München, kommt es wie zu erwarten zu einem Ausschluss der

Minderheitsaktionäre zugunsten der SWARCO AG mit Sitz in Wattens, Österreich (ein Hersteller von

Mikroglasperlen für die Verkehrssicherheit und u.a. der weltgrößte Ampelhersteller).

Der nunmehr von der Hauptaktionärin gebotene Betrag in Höhe von EUR 6,66 liegt deutlich über

dem Übernahmeangebot der SWARCO AG in Höhe von EUR 4,- im letzten Jahr (siehe hierzu

http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/08/freiwilliges-erwerbsangebot-die.html).

Bereits zuvor war ein Delisting der Swarco Traffic Holding-Aktien beschlossen worden,

vgl. http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/04/swarco-traffic-holding-ag-delisting-der.html.

Seit November 2014 fand ein Handel nur noch bei Valora statt

(http://valora.de/valora/kurse?isin=DE0007236309).

Die SWARCO AG hält nach Angaben in der Hauptversammlungseinladung nunmehr ca. 96,80% der

Aktien. Die Hauptversammlung am 23. Juli 2015 soll unter TOP 6 dem Squeeze-out zustimmen. Die

Beschlussvorlage lautet:

„Die auf den Inhaber lautenden Stückaktien der übrigen Aktionäre der Swarco Traffic Holding

AG mit Sitz in München (Minderheitsaktionäre) werden in dem Verfahren zum Ausschluss von

Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. Aktiengesetz gegen Gewährung einer von dem

Hauptaktionär SWARCO AG mit Sitz in Wattens, Österreich, zu zahlenden angemessenen

Barabfindung in Höhe von EUR 6,66 je auf den Inhaber lautende Stückaktie der Swarco Traffic

Holding AG mit einem auf die jeweilige Stückaktie entfallenden anteiligen Nennbetrag des

Grundkapitals von EUR 1,00 auf den Hauptaktionär übertragen.“

_____________

Weiteres "privates" Übernahmeangebot für Swarco Traffic Holding-Aktien

Mitteilung einer Depotbank:

Wie wir Informationen der Wertpapiermitteilungen entnehmen, bietet die INVESTPROTECT EWIV

EEIG, London den Aktionären der Swarco Traffic Holding AG bis zum 08.07.2015 an, ihre Aktien für

Page 23: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 200

EUR 6,68 je Aktie zu übernehmen. Ein Kurs der Swarco Traffic Holding AG Aktien liegt derzeit nicht

vor (Angaben ohne Gewähr).

Das Angebot ist begrenzt auf 100.000 Aktien. Sollten mehr Aktien zum Kauf angeboten werden,

erfolgt die Annahme in der Reihenfolge des Eingangs der Annahmeerklärungen.

Eventuell anfallende Steuern und Gebühren gehen zu Ihren Lasten. Alle Inhaber müssen

sicherstellen, dass die Annahme nicht gegen gültiges Recht des jeweiligen Landes verstößt. Dieses

Schreiben bedeutet nicht, dass Sie berechtigt sind, an der Maßnahme teilzunehmen. Wir empfehlen

Ihnen, dies zu prüfen und gegebenenfalls mit einem Rechtsberater zu besprechen.

Die Abwicklung dieses Angebotes erfolgt direkt über Barna Capital Ltd, Brieffach 100308, 96077

Bamberg, Tel. 01805-263263, Fax 0321-21046583, e-mail [email protected]. Wir bitten Sie, der

Abwicklungsstelle möglichst umgehend, spätestens jedoch bis zum 08.07.2015 (bei der

Abwicklungsstelle eintreffend) mitzuteilen, ob Sie an obigem Angebot interessiert sind.

Weitere Informationen zu diesem Angebot und den vollständigen Angebotstext erhalten Sie

unterwww.depotbereinigung.eu oder im elektronischen Bundesanzeiger vom 17.06.2015

(www.bundesanzeiger.de).

Bitte beachten Sie das Konkurrenzangebot von Rechtsanwalt Matthias Hußlein, zu welchem sie auch

ein Anschreiben erhalten.

Anmerkung von RA Martin Arendts:

Bei delisteten Aktien ist es inzwischen zur "Mode" geworden, Übernahmeangebote abzugeben

(insbesondere wenn - wie hier - ein Squeeze-out unmittelbar bevorsteht oder zumindest zu erwarten

ist). Das obige Angebot der im August 2014 im britischen Handelsregister eingetragenen

INVESTPROTECT EWIV EEIG über die Barna Capital Ltd. liegt lediglich 2 Cent über dem

Barabfindungsangebot der Hauptaktionärin in Höhe von EUR 6,66 im Rahmen des bevorstehenden

Squeeze-out.

Der von der Hauptaktionärin nunmehr gebotene Betrag liegt allerdings deutlich über dem

Übernahmeangebot in Höhe von EUR 4,- im letzten Jahr (siehe oben).

_____________

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 201

ADLER Real Estate mit erfolgreicher Übernahme der WESTGRUND AG

- Für 94,9 Prozent der WESTGRUND-Aktien Übernahmeangebot angenommen

- Grundkapital von ADLER erhöht sich um 14,075 Mio. Aktien

- Baranteil der Gegenleistung beläuft sich auf etwa 224,2 Mio. Euro

- Fünftgrößtes börsennotiertes Wohnimmobilienunternehmen in Deutschland mit über 50.000

Wohnungen entsteht

Hamburg, den 23. Juni 2015. Die ADLER Real Estate AG, Frankfurt/M., (ISIN DE0005008007) konnte

ihr Übernahmeangebot an die Aktionäre der WESTGRUND AG, Berlin, (ISIN: DE000A0HN4T3)

erfolgreich beenden. Mit Abschluss der Übernahme im Wege eines kombinierten Bar- und

Tauschangebots zum Monatsende wird die ADLER Real Estate AG 94,9 Prozent der WESTGRUND-

Aktien halten, so dass die WESTGRUND AG voraussichtlich noch zum Ende des zweiten Quartals von

ADLER konsolidiert werden kann. Damit entsteht das fünftgrößte börsennotierte

Wohnungsunternehmen in Deutschland mit über 50.000 Wohneinheiten. Die deutlich vergrößerte

ADLER Real Estate AG wird zudem seit Montag dieser Woche im SDAX notiert, während die

WESTGRUND AG im Zuge der bevorstehenden Übernahme aufgrund der Verringerung des

Streubesitzes auf unter 10 Prozent aus dem SDAX genommen worden war.

ADLER hatte den Aktionären der WESTGRUND AG für jeweils drei Aktien der WESTGRUND AG eine

Gegenleistung bestehend aus 0,565 neuen, auf den Inhaber lautenden nennwertlosen Stückaktien

von ADLER sowie eine zusätzliche Barleistung in Höhe von 9,00 Euro angeboten. Mit Durchführung

der Transaktion erhöht sich das Grundkapital der ADLER um 14,075 Mio. Euro auf 46,075 Mio. Euro.

Die Barkomponente erreicht ein Volumen von rund 224,2 Mio. Euro.

"Zusammen mit der WESTGRUND AG erreichen wir nun eine respektable Größenordnung, mit der

wir auch weitere Wachstumsschritte unternehmen können", sagt Axel Harloff, Vorstand der ADLER

Real Estate AG. "Außerdem bietet der größere Konzern eine ganze Reihe von Chancen, Synergien

freisetzen zu können." ADLER geht davon aus, Synergiepotentiale in einer Größenordnung von etwa

20 Mio. Euro über die nächsten drei Jahre frei setzen zu können. Sowohl ADLER als auch

WESTGRUND AG haben nahezu deckungsgleiche Geschäftsmodelle und Strategien und verfolgen das

Ziel, ihren Wohnimmobilienbestand in Deutschland weiter aufzubauen, der sich vornehmlich in B-

und Randlagen deutscher Ballungsgebiete befindet und nach Abzug aller laufenden Kosten einen

positiven Cash Flow erwirtschaftet.

_______________

Page 25: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 202

Übernahmeangebot für Roth & Rau-Aktien

Mitteilung einer Depotbank:

Wie wir Informationen der Wertpapiermitteilungen entnehmen, bietet die MBT Systems GmbH,

Zülpich den Aktionären der Roth & Rau AG bis zum 14.07.2015 an, ihre Aktien für EUR 4,80 je Aktie

zu übernehmen. Ein Börsenkurs der Roth & Rau AG betrug liegt nicht vor (Angaben ohne Gewähr).

Bei Annahme des Angebots werden wir die angebotenen Aktien zunächst im Verhältnis 1 : 1 in zum

Verkauf eingereichte Roth & Rau AG Inhaberaktien (ISIN DE000A161NE5 - nicht handelbar)

umbuchen.

Eventuell anfallende Steuern und Gebühren gehen zu Ihren Lasten. Alle Inhaber müssen

sicherstellen, dass die Annahme nicht gegen gültiges Recht des jeweiligen Landes verstößt. Dieses

Schreiben bedeutet nicht, dass Sie berechtigt sind, an der Maßnahme teilzunehmen. Wir empfehlen

Ihnen, dies zu prüfen und gegebenenfalls mit einem Rechtsberater zu besprechen.

Wir bitten Sie, uns möglichst umgehend, spätestens jedoch bis zum 13.07.2015, 17:00 Uhr MESZ (bei

uns eintreffend) mitzuteilen, ob Sie an obigem Angebot interessiert sind (Option 1). Ohne Ihre

Weisung bis zu diesem Termin werden wir nichts für Sie in dieser Angelegenheit unternehmen

(Option 2).

Weitere Informationen zu diesem Angebot und den vollständigen Angebotstext erhalten Sie im

elektronischen Bundesanzeiger unter www.bundesanzeiger.de voraussichtlich am 10.06.2015.

Page 26: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 203

Abgeschlossene Spruchverfahren

Vergleich im Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Jerini AG: Anhebung

des Barabfindungsbetrags um EUR 0,82 auf EUR 8,35 (ca. 10,9%)

Die zum britischen Pharmakonzern Shire plc gehörende Shire Deutschland Investments GmbH, Köln,

hatte 2009 den Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei dem Pharmaunternehmen Jerini AG,

Berlin, betrieben. Der Squeeze-out wurde von der Hauptversammlung der Jerini AG am 16. Juni 2009

beschlossen und dieser Beschluss nach Freigabe durch das Kammergericht am 15. Dezember 2009

eingetragen.

Der von der Hauptaktionärin auf 7,53 Euro je Jerini-Aktie festgelegte Barabfindungsbetrag wurde

nunmehr in dem von zahlreichen Minderheitsaktionären eingeleiteten Spruchverfahren um ca.

10,9% auf EUR 8,35 erhöht. Das Zustandekommen eines entsprechenden Vergleichs wurde vom

Landgericht Berlin mit Beschluss vom 9. Juni 2015 festgestellt.

LG Berlin, Az. 102 O 25/10 SpruchG

NEXBTL Neue Exklusive Bio Toys Lüllemann GmbH u.a. /. Shire Deutschland Investments GmbH

71 Antragsteller

gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Malte Diesselhorst, 10719 Berlin

Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Shire Deutschland Investments GmbH:

von Boetticher Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, 10969 Berlin

_______________

Beendigung des Spruchverfahrens zum Squeeze-out bei der Knürr AG:

Anhebung der Barabfindung auf EUR 83,84 für Stamm- und Vorzugsaktien

Emerson Electric Nederland. B.V.

Eindhoven

Bekanntmachung gemäß § 14 SpruchG

Im Spruchverfahren betreffend die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Knürr AG,

Arnstorf, auf die Emerson Electric Nederland B.V. im Jahr 2006 hat das Oberlandesgericht München

(31 Wx 246/14) mit Beschluss vom 9. Juni 2015 die Beschwerde von Antragstellern gegen den

Beschluss des Landgerichts München vom 28. März 2014 (5 HK O 18925/08) zurückgewiesen. Der

Beschluss des Landgerichts München ist damit rechtskräftig und wird hiermit gemäß § 14 SpruchG

bekannt gemacht:

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 204

Verkündet am 28.3.2014

"Landgericht München I

Az.: 5 HK O 18925/08

In dem Spruchverfahren

1. - 69. Antragsteller

gegen

Emerson Electric Nederland B.V., c/o Rechtsanwälte Hengeler Mueller, (...), Düsseldorf

- Antragsgegnerin -

Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Hengeler Mueller, (...), Düsseldorf

Gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen

Aktionäre (§ 6 SpruchG): Rechtsanwältin Daniela A. Bergdolt, (...), München

wegen Barabfindung

erlässt das Landgericht München I, 5. Kammer für Handelssachen, durch Vorsitzenden Richter am

Landgericht Dr. Krenek, Handelsrichterin Batdorf und Handelsrichterin Betz nach mündlicher

Verhandlung vom 4.2.2010 und vom 21.11.2013 am 28.3.2014 folgenden

Beschluss:

I. Die von der Antragsgegnerin an die ehemaligen Aktionäre der Knürr AG zu leistende

Barabfindung wird sowohl für die Stamm- als auch für die Vorzugsaktien auf € 83,84

festgesetzt. Der Betrag ist vom 16.10.2008 bis einschließlich 31.8.2009 mit 2 Prozentpunkten

über dem jeweiligen Basiszinssatz und ab dem 1.9.2009 mit 5 Prozentpunkten über dem

jeweiligen Basiszinssatz unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen zu verzinsen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen

Kosten der Antragsteller.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz sowie der Wert für die von der

Antragsgegnerin an die Gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am

Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu erstattenden Kosten wird auf € 566.220,72

festgesetzt.

Eindhoven, im Juni 2015

Emerson Electric Nederland B.V.

Die Geschäftsführung

Page 28: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 205

Quelle: Bundesanzeiger vom 19. Juni 2015 zur erstinstanzlichen Entscheidung des LG München I siehe:

http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/04/squeeze-out-knurr-ag-lg-munchen-i.html

_____________

Beendigung des Spruchverfahrens zum Squeeze-out bei der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank AG ohne Erhöhung der Barabfindung

Landesbank Berlin AG Berlin

Bekanntmachung gemäß § 14 Nr. 3 SpruchG über die Beendigung der Spruchverfahren gemäß §

327f Satz 2 AktG i.V.m. § 1 Nr. 3 SpruchG über die Überprüfung der Barabfindung der ehemaligen Minderheitsaktionäre der Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG (heute: Berlin Hyp AG)

anlässlich der am 9. Dezember 2010 von der Hauptversammlung beschlossenen Übertragung der Aktien der ehemaligen Minderheitsaktionäre auf die Landesbank Berlin AG

Die Landesbank Berlin AG macht die – aufgrund der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das

Kammergericht – rechtskräftige Entscheidung des Kammergerichts vom 6. Mai 2015 (Az. 2 W 145/13

SpruchG) wie folgt (ohne Gründe) bekannt:

"In dem Spruchverfahren

betreffend die Höhe der Barabfindung aufgrund des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der

Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG

Beteiligte:

1. - 49. Antragsteller,

50. Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier, c/o Rechtsanwälte Dreier Riedel, Graf-Adolf-Platz 1 – 2, 40213

Düsseldorf,

als Vertreter der außenstehenden Aktionäre,

51. Landesbank Berlin AG, vertreten d. d. Vorstandsvorsitzenden Dr. Johannes Evers, d. Vorstand

Serge Demolière, Martin K. Müller, Hans Jürgen Kulartz, Patrick Tessmann

und Jan Bettink, Alexanderplatz 2, 10178 Berlin,

Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 – 33, 10781 Berlin, am 6. Mai 2015 durch

den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Hawickhorst, die Richterin am Kammergericht Lang

und die Richterin am Landgericht Dr. Picker beschlossen:

Page 29: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 206

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 27. bis 30., 44. und 45. bis 48. gegen den

Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Juni 2013 – 102 O 32/11 SpruchG – werden

zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt."

In erster Instanz hatte das Landgericht am 11. Juni 2013 (Az. 102 O 32/11 SpruchG) beschlossen:

"1. Der Spruchverfahrensantrag des Antragstellers zu 26) wird als unzulässig verworfen. 2. Die Spruchverfahrensanträge der weiteren Antragsteller werden zurückgewiesen. 3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt. 4. Der Geschäftswert wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt."

Berlin, im Juni 2015 Landesbank Berlin AG Quelle: Bundesanzeiger vom 3. Juni 2015

_____________

Beendigung des Spruchverfahrens zu dem mit der Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag

Berlin Hyp AG Berlin

– WKN 802 900 / ISIN DE0008029000 –

Bekanntmachung gemäß § 14 Nr. 1 SpruchG über die Beendigung der Spruchverfahren über die

Überprüfung von Ausgleich und Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG aus dem am 1. November 2010 zwischen der Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG (heute: Berlin Hyp AG) und der

Landesbank Berlin AG abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag

Der Vorstand der Berlin Hyp AG macht die – aufgrund der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde

durch das Kammergericht – rechtskräftige Entscheidung des Kammergerichts vom 6. Mai 2015 (Az.: 2

W 144/13 SpruchG) wie folgt (ohne Gründe) bekannt:

"In dem Spruchverfahren

Page 30: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 207

betreffend Höhe von Ausgleich und Abfindung aus dem Gewinnabführungsvertrag zwischen der

Berlin-Hannoversche Hypothekenbank AG und der Landesbank Berlin AG

Beteiligte:

(…)

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 – 33, 10781 Berlin, am 6. Mai 2015 durch

den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Hawickhorst, die Richterin am Kammergericht Lang

und die Richterin am Landgericht Dr. Picker beschlossen:

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 8. bis 12. und 24. bis 33. gegen den Beschluss

des Landgerichts Berlin vom 11. Juni 2013 – 102 O 7/11 SpruchG – werden zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche

Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt."

In erster Instanz hatte das Landgericht am 11. Juni 2013 (Az.: 102 O 7/11 SpruchG) beschlossen:

"1. Die Spruchverfahrensanträge der Antragsteller zu 1) bis 16), 21) bis 22) sowie 24) bis 43),

soweit sie auf die Erhöhung des Ausgleichs aus dem mit Hauptversammlungsbeschluss vom 9.

Dezember 2010 gebilligten Gewinnabführungsvertrag mit der Landesbank Berlin AG gerichtet

sind, werden als unzulässig verworfen.

2. Die Spruchverfahrensanträge der Antragsteller 2) und 3) sowie 8) bis 12), soweit sie auf die

Erhöhung der Barabfindung aus dem mit Hauptversammlungsbeschluss vom 9. Dezember

2010 gebilligten Gewinnabführungsvertrag mit der Landesbank Berlin AG gerichtet sind,

werden als unzulässig verworfen. Die auf dasselbe Ziel gerichteten Spruchverfahrensanträge

der weiteren Antragsteller werden zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Eine Kostenerstattung findet

nicht statt."

Die Frist gemäß § 305 Absatz 4 AktG endet mit Ablauf von zwei Monaten nach Veröffentlichung

dieser Bekanntmachung im Bundesanzeiger.

Berlin, im Juni 2015

Berlin Hyp AG

Der Vorstand

Quelle: Bundesanzeiger vom 12. Juni 2015

Page 31: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 208

Delisting-Fälle

IMW Immobilien SE: IMW Immobilien SE beabsichtigt Wechsel vom General Standard in den Entry Standard

ISIN-Nr. DE 000 A0BVWY6 und DE 000 A0BVWZ3

Mitteilung gemäß § 15 WpHG

Die IMW Immobilien SE, Berlin, deren Aktien derzeit im Regulierten Markt (Segment General

Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt werden, beabsichtigt, einen Wechsel in den

Entry Standard im Open Market (Freiverkehr) der Frankfurter Wertpapierbörse.

Gründe für den Wechsel des Börsensegments (Downgrading) sind das geringe Handelsvolumen der

Aktien sowie die Unternehmensgröße der IMW Immobilien SE. Nach Auffassung des Verwaltungsrats

und der geschäftsführenden Direktoren der IMW Immobilien SE ist der Entry Standard das richtige

Börsensegment, um eine sinnvolle Kosten-Nutzen-Relation der Börsennotierung im Verhältnis zur

Marktkapitalisierung und den berechtigten Transparenzinteressen der Aktionäre herzustellen.

_____________

Delisting: Börsen müssen Regeln ändern

Börse Online berichtet über die Folgen des Frosta-Urteils:

"Im ,,Frosta-Urteil‘‘ vom 8. Oktober 2013 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein

Delisting ohne Hauptversammlungsbeschluss und Pflichtangebot kein Eingriff in die

Vermögensrechte der Aktionäre ist. Dieses Urteil nutzen gewiefte Anwälte und

Großaktionäre, um Delistings zu beschließen. (....)"

http://www.boerse-online.de/nachrichten/konjunktur/Delisting-Boersen-muessen-Regeln-aendern-

1000669201

Page 32: Spruchverfahren aktuell (SpruchZ) Nr. 9/2015

Spruchverfahren aktuell - Nr. 9/2015

SpruchZ 2015 Seite 209

Zeitschrift und Dokumente auf http://de.slideshare.net/SpruchZ

Impressum

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Zeitschrift

Spruchverfahren aktuell

(SpruchZ)

4. Jahrgang

ISSN 2195-7274

Herausgeber:

Interessengemeinschaft

Spruchverfahren (IG Spruch),

c/o Rechtsanwaltskanzlei

ARENDTS ANWÄLTE,

Perlacher Str. 68,

D - 82031 Grünwald

(bei München)

Bestellungen bitte an die E-Mail-

Adresse: [email protected]

Redaktion/Mitarbeiter: [email protected]

RA Martin Arendts, M.B.L.-HSG

(presserechtlich

verantwortlich), RA Dr. Peter

Dreier, RA/StB Dr. Theo

Schubert, M.C.L. Univ. Mich.

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