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Resonanz - uni-bremen.de · den Mediaservice des ZMML bei der Konzep-tion, Erstellung und Hosting...

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Magazin für Lehre und Studium an der Universität Bremen Resonanz Sommersemester 2018 Online laufend aktuell: www.uni-bremen.de/forsta/resonanz 01PL17030 Vielfalt der Perspektiven Einblicke in Lehre und Studium ForstA digital: Blended Learning zielgerichtet in der Lehre einsetzen FB11-Spektrum: Einblicke in Psychologie, Pflege- wissenschaft und Public Health Psychologie: Lernansätze im Modul Forschungsmethoden Rechtswissenschaft: Team-Teaching und Peer- Learning in Kombination Philosophisches Atelier: Forschendes Lernen in der Philosophie Theater erleben: Lehrprojekt als Laboratorium für Forschendes Lernen Austausch: Eine europäische Vernetzungs- geschichte Bremen/Mykolajiw
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Magazin für Lehre und Studium an der Universität BremenResonanz

Sommersemester 2018

Online laufend aktuell: www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

01PL17030

Vielfalt der PerspektivenEinblicke in Lehre und Studium

ForstA digital: Blended Learning zielgerichtet in der Lehre einsetzen

FB11-Spektrum: Einblicke in Psychologie, Pflege- wissenschaft und Public Health

Psychologie: Lernansätze im Modul Forschungsmethoden

Rechtswissenschaft: Team-Teaching und Peer- Learning in Kombination

Philosophisches Atelier: Forschendes Lernen in der Philosophie

Theater erleben: Lehrprojekt als Laboratorium für Forschendes Lernen

Austausch: Eine europäische Vernetzungs- geschichte Bremen/Mykolajiw

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Inhaltsverzeichnis

Resonanz

03 Editorial Thomas Hoffmeister

04 ForstA digital Blended Learning zielgerichtet in der Lehre einsetzen Christiane Bottke und Franziska Richter

10 Erleben Sie mit uns das FB11-Spektrum: EinblickeinPsychologie,PflegewissenschaftundPublicHealth Nadine Ochmann und Clara-Sophie Ott

16 Learning approaches in the Research Methods module in psychology Karina De Santis

22 Team-Teaching und Peer-Learning in Kombination: VoraussetzungenundErfahrungeninderRechtswissenschaft Lisa Lüdders, Ulrike Holzwarth, Pia Romeike und Jörg Riedel

31 Das Philosophische Atelier: EinBeispielfürselbstbestimmtes,forschungsnahesLernen Andreas Nutz, Marie Amelung, Max Melcher, Maike Piesker, Alina Schwennen, Clara Voigt, Jonathan Assmus, Clara Baumann und Svantje Guinebert

37 Theater erleben in Berlin und Avignon: Eindeutsch-französischesLehrprojektalsLaboratoriumfürForschendesLernen Natascha Ueckmann, Änne Gerdes und Andrea Dassing

45 EineeuropäischeVernetzungsgeschichte:BremenundMykolajiwim2.Weltkrieg AustauschzwischenBremerundukrainischenGeschichtsstudierenden Ulrike Huhn und Julia Timpe

50 Impressum

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Resonanz

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Editorialvon Thomas Hoffmeister

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

AnderUniversitätBremenarbeitenwirgemein-sam daran, die Qualität von Lehre und Studium nachhaltigzuverbessern.DabeistehtdasFor-schende Lernen im Mittelpunkt des ProjektesForstAintegriert (Forschend studieren von An-fangan).

In der vorliegenden Ausgabe der Resonanz werden die unterschiedlichen Blickwinkel aufLehre und Studium der zahlreichen Akteurin-nenundAkteureanderUniversitätbeleuchtet.Daran beteiligen sich nicht nur Lehrende, son-dernauchStudierendeebensowiestudentischeCoachessowieMitarbeiterinnenundMitarbeiteraus verschiedenen Fachbereichen und Einrich-tungenwiederStudierwerkstattunddemZent-rumfürMultimediainderLehre(ZMML).

Im ersten Beitrag stellen Christiane Bottke und Franziska Richter das neue Maßnahmenpa-ketForstAdigitalvor,dasjetztimRahmenvon ForstAintegriert an der Universität Bremen an denStart gegangen ist. ImZuge derEntwick-lung von innovativen Lehr- und Lernformatenmit digitalen Elementen unterstützt das ZMMLLehrende dabei, Blended Learning zielgerichtet inderLehreeinzusetzen.

Anschließend präsentieren Nadine Och-mann und Clara-Sophie Ott die Veranstaltung „FB11-Spektrum“, die seit 2013 jährlich in derOrientierungswoche stattfindet. Dadurch wirdStudierenden bereits zu Beginn des Studiums die Möglichkeit gegeben, vielfältige EinblickeinPsychologie, Pflegewissenschaft undPublicHealth zu erhalten. Darüber hinaus themati-siert der englischsprachige Beitrag von Karina De Santis verschiedene Lernansätze von Stu-dierenden.Als Beispiel dient das PflichtmodulForschungsmethoden im Bachelorstudiengang Psychologie. Im vierten Artikel berichten LisaLüdders, Ulrike Holzwarth, Pia Romeike und

JörgRiedelüberTeam-TeachingundPeer-Le-arning in Kombination. Aus unterschiedlichenPerspektiven reflektieren sie Voraussetzungenund Erfahrungen in der Rechtswissenschaft.EinBeispielfürforschendesLerneninderPhi-losophiegebenSvantjeGuinebertunddieStu-dierenden Andreas Nutz, Marie Amelung, Max Melcher,MaikePiesker,AlinaSchwennen,Cla-raVoigt,JonathanAssmusundClaraBaumann.Sie stellen das „Philosophische Atelier“ vor, in demdasselbstbestimmte,forschungsnaheLer-nenimZentrumsteht.

Im nächsten Beitrag beschreiben Natascha Ueckmann,ÄnneGerdesundAndreaDassingdasForschendeLernenzwischenWissenschaftund Theaterpraxis. Bei der Mitarbeit in einemdeutsch-französischenLehrprojektstanddieei-genständigeEntwicklungvonForschungs-bzw.Interviewfragen, die Überprüfung der erarbei-teten Hypothesen im Team und ihre kritischeReflexion sowie die Generierung neuer Er-kenntnissezurTheaterpraxisaufdemPlan.Vordem Hintergrund des Austausches zwischenBremerundukrainischenGeschichtsstudieren-denerzählenUlrikeHuhnundJuliaTimpeeineeuropäische Vernetzungsgeschichte. Die Mul-tiperspektivität stellte dabei das Lernziel in der bilateralenLehredar.

Ichwünsche Ihnen viel Freude und neueEin-blickebeiderLektüre.

Thomas Hoffmeister ist Konrektor für Lehre und Studium an der Universität Bremen.

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ForstA digitalBlended Learning zielgerichtet in der Lehre einsetzenvon Christiane Bottke und Franziska Richter

ForstA digital

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Mit der fortschreitenden Digitalisierung stehen Lehre und Forschung, Studierende und Leh-rende vor großen Veränderungen und steigenden Anforderungen. Die damit verbundenen Möglichkeiten und Erwartungen, insbesondere in Bezug auf die Gestaltung des Studiums, sind hoch. Wie lassen sich die Möglichkeiten in der Lehre zielführend nutzen? Wie kön-nen wir den Herausforderungen erfolgreich begegnen? Mit ForstA digital wird diesen und weiteren Fragen in Form von unterschiedlichen Blended Learning Projekten in der Praxis nachgegangen.

Die Universität Bremen hat als „Universität desForschendenLernens“dasübergeordneteZiel,dieQualitätvonLehreundStudiumnach-haltigzuverbessern.ImFokusstehtdabeidiekonsequente didaktische Ausrichtung auf ei-nen forschenden Ansatz des selbständigen,akademischen Arbeitens. Gleichzeitig gilt es,in diesemZugedieAnforderungen undMög-lichkeiten der Digitalisierung mitzudenken und zuberücksichtigen,umdieAnforderungenundMöglichkeiteneinermodernenUniversitäthin-sichtlich Attraktivität nach innen und außen zu erfüllenunddieUniversitätBremenfürzukünf-tigeHerausforderungenimBildungsbereicher-folgreichzupositionieren.

VordiesemHintergrundunterstütztdieUniver-sitätBremenseitdemWiSe2017/18mitdemMaßnahmenpaket „ForstA digital“ im Rahmen von ForstAintegriert Lehrende, die ihre Veran-staltungnachhaltigverändernwollen.

ForstAdigitalwirdvomZentrumfürMultimediainderLehre (ZMML)umgesetzt undzielt pri-märaufdieAnwendungvonBlendedLearning-und Inverted Classroom-Ansätzen im Rahmen vonProjektausschreibungen.DasZMMListdiezentrale E-Learning-Einrichtung der Universität Bremen,umLehren,Lernen,Betreuen,Bewer-ten sowie Selbststudium zu unterstützen undQualität, Flexibilität und Effizienz in diesen

Bereichenzusteigern.E-LearningdientdabeigleichzeitigderUnterstützungzentralerstrate-gischerZielederUniversitätBremen,zudenen insbesonderedasForschendeStudierenzählt.Im Rahmen von ForstA digital rückt dabeieine besondere Form des E-Learnings in den Fokus:dasInvertedClassroomModell.

Das Inverted Classroom Modell

Bei dem Inverted Classroom Modell (ICM)werden die bisher in Präsenzveranstaltungenangebotenen Inhalte den Studierenden vorab online(z.B.perVideo)zurVerfügunggestellt.DabeihandeltessichnichtumreineAufnah-men der bisherigen Vorlesungen, sondern um didaktisch aufbereitete Videosequenzen, diemit den zur späterenAufarbeitung genutztenPräsenzphasen sinnvoll verknüpft sind. DieGrundideedesICMistalsonichtneu.Auchintraditionellen Ver-anstaltungsforma-ten sollen Studie-rende Inhalte vor der Veranstaltung vorbereiten. DasICM-Modell bringt diesen Ansatz al-lerdings auf eineneue Stufe, in-dem konsequent

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ForstA digital

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Inhaltsvermittlung – traditionell im Hörsaal– und Übungs- und Vertiefungsphase – traditionell die Selbstlernphase – getauscht werden.Eine reineWiederholungder Inhaltefindet in der Präsenzphase nicht statt, da indieser Phase die aktive Rolle der Lernenden gefördertwird.DieStudierendenwerden an-geregt, mehr Verantwortung für ihren Lern-prozess zu übernehmen und erarbeiten sichdie Inhalte in der Onlinephase zeit- und orts-unabhängiginihremindividuellenLerntempo.Die Inhaltsvertiefung – Diskussion, Übung,Transfer – erfolgt anschließend gemeinsamund studierendenzentriert in der Präsenzpha-seanderUniversität.HieristZeitundRaum,umVerständnisfragenundSchwierigkeitenzuklären und Studierende kooperativ arbeiten zu lassen; die Lehrenden moderieren diesen Pro-zess.InvertedClassroomisteineSpezialformdes Blended Learning, bei dem eine variable Mischung von traditioneller Präsenzlehre und Online-Lernphasen kombiniert und so die Vor-teilebeiderLehr-undLernformengenutztwird.

Blended Learning – ein Integrationskonzept

Sieht man sich mögliche Szenarien netzba-sierter Lehre an, lassen sich je nachEinbin-dungderOnlinephasendreiKonzeptedefinie-ren: das Anreicherungs-, das Integrations- und dasVirtualisierungskonzept(vgl.Bremero.J.).Während dasAnreicherungskonzept die On-linephasen als optionales Zusatzangebotversteht (an der Universität Bremen z.B. im

Rahmen von „Win a Tutor“ gefördert), wer-den im Integrationskonzept Präsenz- und di-gitalunterstützteSelbstlern-Phasendidaktischsinnvollmiteinanderverknüpft,wobeidieOn-linephasen fester Bestandteil der Veranstal-tungsind–wiebeim ICM.BlendedLearningzielt dabei auf einen nachhaltigen Lernerfolgab, berücksichtigt unterschiedliche Lernvor-aussetzungensowieLernwegeundermöglichtStudierenden zeit- und ortsunabhängiges Ar-beiten.DadurchwerdengezieltFlexibilitätundHeterogenitätsaspekte der Studierenden undzugleichweiteremitForstAintegriertverfolgteZieleberücksichtigt:DieStudierendenwerdenaufdasaktivierendeLernformatdesforschen-denStudierensvorbereitet,Kompetenzen fürdas eigenverantwortliche Lernen undStudie-renwerdengefördertundSchlüsselqualifikati-onengestärkt,wiez.B.Zeitmanagement,Re-flexionsfähigkeit und der aktive Umgang mitdigitalenMedien.SonutztdiesesFormatdiezielgerichtete Integration digitaler Elemente in dieLehreundsetztgleichzeitigaufdienach-haltige Verbesserung der Qualität von Lehre undStudium.

Unterstützung und Begleitung durch das ZMML

Lehrende unterstützen, ihre Konzepte um-zusetzen – das ist die Aufgabe des ZMMLimRahmenvonForstAdigital.Bereits inderPhase der Antragstellung nutzten zahlrei-che Lehrende das mediendidaktische Bera-tungsangebot.Mehrals10Lehrendereichten

Uni-Start

Forschendes Studieren als Studiengangsprofil

Profilierung der General Studies

ForstA digital

Verbesserung der

Lehr- und Studienqualität

Qualitätsmanagement Projektkoordination & Öffentlichkeitsarbeit

Studentische Lernformate

Abbildung 1: Einbindung von ForstA digital in ForstAintegriert

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ForstA digital

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ProjektanträgezurFörderungein,diedieum-fassende Unterstützung für die Entwicklungund Umsetzung der Inverted Classroom Kon-zepte beinhaltet. So erfolgte zunächst eineindividuelle und intensive mediendidaktische Beratung,und–wenngewünscht–Qualifizie-rungderLehrenden,dieu.a.dielernzielorien-tierteKonzeptionundEntwicklunggeeigneterLernmaterialien,dieGestaltungundAbbildungder Lernprozesse im Lernmanagementsystem StudIPbzw.überdieBlogfarmderUniversitätBremen beinhaltet. Die Unterstützung durchdenMediaservicedesZMMLbeiderKonzep-tion,ErstellungundHostingdesVideomateri-als sowie dieMöglichkeit zur Integration vone-Assessment-Lösungen sind neben der Be-gleitungundQualifizierungderstudentischenE-TutorInnen,diedieProjektezurUmsetzungIhrerIdeenzusätzlicheinsetzenkönnen,wei-tereLeistungendesZMML. „Wie könnenwirunsere internen Prozesse noch besser an die BedürfnissederLehrendenunddenErforder-nissen und Möglichkeiten der Digitalisierungausrichten? Welche Unterstützungsforma-tewerden von Lehrenden angenommen undfunktionieren? Wie muss sich die Lernplatt-form weiterentwickeln?“ nennt Dr. YildirayOgurol,Geschäftsführer desZMML, strategi-sche Fragen, die seine Einrichtung mit dem Projektbeantwortenmöchte.

Konkret beschäftigen sich die ForstA digitalProjektederzeitmitderProduktionvonVideosunddemLernenmitVideos: InwelchenFor-men, mit welchen ergänzenden Materialienund in welcher Kombination wird Lernen ambestenunterstützt?Dazuwerdendieverschie-denenMöglichkeiten,Videoszuproduzieren,

genutzt und miteinander verbunden:• DieAufzeichnungderVorlesung• DieAufnahmevonLehrvideosimFilmstudiodesZMML

• Die Aufnahme von eigenen Videos alsScreencast,d.h.AufnahmenvonBildschir-maktivitäten in Verbindung mit Audio-Kom-mentaren

• Aufnahme von Videos mit Legetechnik,Trickfilmusw.

Ein entscheidender Aspekt aller Maßnahmen-pakete von ForstAintegriert ist die Sicherung derNachhaltigkeit.Hierzeigtsicheinzusätzli-cher Vorteil der Einbindung digitaler Elemente in die Lehre: die im Rahmen von ForstA digital entstandenen Materialien lassen sich erneut nutzen oder in veränderten Settings erneut einbinden, so dass ein nachhaltiger Nutzen al-lerProjektezuerwartenist.

Die Materialien aus den Veranstaltungen als OpenEducationalResources (OER)zurVer-fügung zu stellen, ist ein weiteres Ziel dergeförderten Projekte. OER-Materialien sindLehr-/Lernmaterialien, z.B. Videos, Audio,Skripte,Bücher,Quizzesdiedurcheineoffe-ne Lizenz eine vor allem digitale Verbreitung, Nutzung und Veränderung ermöglichen. DieUrhebenden entscheiden durch die Vergabe vonLizenzen–häufigCreativeCommonsLi-zenzen–wie dieweitereNutzungdurch an-dere Lehrende/Studierende möglich ist. DasZMML unterstützt bei allen Fragen zu OER,beispielsweisebeiderLizenzierungderWer-ke oder bei der Recherche und Integration von Fremdmaterial, z.B. von Lehrenden andererHochschulen(www.oer.uni-bremen.de).

Design

Durchführung

Evaluierung

Redesign

Abbildung 2: Designprozess in ForstA digital

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ForstA digital

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Die nachhaltige, curriculare Verankerung der ForstA digital Projekte hängt von zahlreichenFaktoren ab. Um sich dieser Komplexität –u.a. derAuseinandersetzungmit individuellenLernprozessen der Studierenden – zu stellen, werdendieProjekte„designbased“inPhasenumgesetzt(vgl.Reinmann2005).DerDesign-phase(Konzeption,EntwicklungundErstellungdes Lernangebots) folgt eine erste Durchfüh-rungderVeranstaltungimneuenKonzept.Vonder begleitenden Evaluation werden Impul-se zu Veränderungsbedarfen erwartet, die indas Redesign (Weiterentwicklung und zweiteDurchführung)münden(vgl.Abbildung2).

Dieses inkrementelle Vorgehen bietet für dieBeteiligten einen Experimentierraum und dient dernachhaltigenEntwicklungundUmsetzungebensowiederintensivenAuseinandersetzungmitdenKonzeptenundErfahrungendurchdieProjektteilnehmenden.

Die ForstA ditial ProjektteilnehmerInnen

Ein Schwerpunkt der ForstA digital Projekteliegteinerseits inderEntwicklungundGestal-tung der onlinebasierten Phase der Inhaltsver-mittlung.AlleProjektewolleneineKombinationaus Video- und ergänzendem Material ent-wickeln, um die jeweilige Präsenzphasen zurAuseinandersetzung,ÜbungundzumTransferdesGelerntenbestmöglichvorzubereiten.An-dererseitswirddieGestaltungderPräsenzpha-

se,teilsalsHackathonsbzw.Labsgeplant,mitaktivierenden, digital unterstützten Methodenentwickelt. Die neukonzipierte Blended Lear-ning Lehrveranstaltung soll im Rahmen von mindestenszweiSemesternumgesetztwerdenmitdemlangfristigenZieldercurricularenVer-ankerung.

Nach sorgfältiger Sichtung und Bewertung aller Anträge wurden im November 2017 folgende sechs Projekte aus fünf Fachberei-chenzurFörderungausgewählt:

1.Projekt1:GrundlagenderInformatik (Prof.Dr.AnnaFörster,FB1)

2.Projekt2:GrundlagenderMathematik (Dr.TimHaga,FB3)

3.Projekt3:Arbeitswissenschaften (Dr.TillBecker,FB4)

4.Projekt4:KuWiCapacities (Prof.Dr.DorleDracklé,Dr.OliverHinkel-bein,Dr.MartinGruber,FB9)

5.Projekt5:path2:IndividuelleLernpfadeinklusiver Bildung (Prof.Dr.FrankJ.Müller,FB12)

6.Projekt6:ForschungsmethodenundForschungsdesign(Prof.Dr.FlorianSchmidt-Borcherding,FB12)

Auftaktveranstaltung

Am7.März2018fanddieForstAdigitalAuftakt-veranstaltungstatt:InseinerBegrüßungunter-

Abbildung 3: ForstA digital ProjektteilnehmerInnen von links nach rechts: Dr. Alexander Förster, Prof. Dr. Anna Förster (FB1), Prof. Dr. Till Becker (FB 4), Prof. Dr. Florian Schmidt-Borcherding (FB 12), Prof. Dr. Frank J. Müller (FB 12), Dr. Martin Gruber (FB 9), Dr. Oliver Hinkelbein (FB 9), Dr. Tim Haga (FB 3)

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ForstA digital

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strich der Konrektor für Lehre und Studium,Prof.Dr.ThomasHoffmeister,dieRelevanzderAuseinandersetzungmit undEntwicklung voninnovativen Lehr- und Lernformaten mit digi-talenElementensowiedasBemühenderUni-versitätsleitung zur Verbesserung der Anerken-nungderLeistungderLehrendenaufdiesemGebiet. Der Geschäftsführer des ZMML, Dr.YildirayOgurol,betontedieNotwendigkeitvonGestaltungsräumen wie ForstA digital, um ei-nerseits die Digitalisierung in der Lehre mit den

Lehrenden voranzubringen und andererseits dieUnterstützungsprozessedesZMMLweiterzuentwickelnundzuoptimieren.

In seinem anschließenden Impulsvortrag nahm Prof.Dr.KarstenMorissevonderHochschuleOsnabrückdasInvertedClassroomModellge-nauerunterdieLupe.Seitüber10JahrensetzterimRahmenseinerLehreICMerfolgreicheinundsofolgteauchseinVortragkonsequentderIdee des Inverted Classroom: Die Teilnehmen-

Abbildung 4: Prof. Dr. Thomas Hoffmeister, Dr. Yildiray Ogurol

Abbildung 6: ICM – Smartphone und Tablet ausdrücklich erwünscht

Abbildung 5: Prof. Dr. Karsten Morisse bei der Auftaktveranstaltung zu ForstA digital

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ForstA digital

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Stefanie Wiechers (bis Mitte August 2018 in Elternzeit) ist Mitarbeiterin im ZMML und im Rahmen von ForstA digital zuständig für die Koordination und Evaluation der geförderten Projekte.

Weiterführende Literatur:

• Bremer,Claudia(o.J.):ÜberblicküberdieSzenariennetzbasiertenLehrensundLernens.Online:www.bremer.cx/material/Bremer_Sze-narien.pdf

• Reinmann,Gabi(2005):InnovationohneFor-schung?EinPlädoyerfürdenDesign-BasedResearch-AnsatzinderLehr-Lernforschung.Online:www.pedocs.de/volltexte/2013/5787/pdf/UntWiss_2005_1_Reinmann_Innovation_ohne_Forschung.pdf

• BeispielefürimStudioaufgezeichneteLehrvi-deos:https://electure.uni-bremen.de/

• Mehr zur Erstellung von Videos: www.e-teaching.org/praxis/themenspecials/lehren-und-lernen-mit-videos www.netzwerk-digitale-bildung.de/methoden/videos-im-unterricht-und-in-der-lehre/ www.bimsev.de/n/userfiles/downloads/gu-te-lernvideos.pdf

• MehrzumInvertedClassroom:www.e-tea-ching.org/lehrszenarien/vorlesung/inverted_classroom/index_html

• ICMimHochschulkontext:https://moodle.ruhr-uni-bochum.de/m/course/view.php?id=3990

denwurdenimVorfeldderAuftaktveranstaltunggebeten, sich die Inhalte vorab selbst anzueig-nen; die Videos und Arbeitsblätter standen den Teilnehmenden im Rahmen einer Studiengrup-pebeiStud.IPdirektzurVerfügung.InderAuf-taktveranstaltung selbst konnten somit die dort vermittelten Inhalte vertiefend diskutiert underweitertunddie„Präsenzzeit“bestmöglichge-nutztwerden.

In seinem Vortrag nutzte Morisse auch ein Audience Response System: Mit Laptop oder Smartphone ausgestattet, konnten die Teil-nehmenden Fragen direkt beantworten unddas anonymisierte Antwortverhalten sowieErgebnisse sofort einsehen. Je nach EinsatzdientdiesesinteraktiveLernwerkzeugderAuf-merksamkeitssteigerung,ermöglichtsofortigesFeed back – oder zeigt schonungslos, ob die Teilnehmenden im Vorfeld ihre Aufgaben ge-machthaben...

Die anschließende Vorstellung der sechs ge-förderten ForstA digital Projekte bot den Teil-nehmenden Gelegenheit zur Diskussion ihrerVorhaben.DieVernetzungderLehrendenwirddurchregelmäßigeProjekttreffenimZMMLun-terstützt, für die die Beteiligten abschließendersteThemenschwerpunkte aus ihrenProjek-tenerarbeiteten. ImweiterenVerlaufvonFor-stAdigitalwirddannausführlichüberdieeinzel-nenProjekteberichtet–wirfreuenunsaufdieUmsetzungen!

Abbildung 7: Audience Response System im Einsatz

Kontakt: [email protected]

Christiane Bottke ist Mitar-beiterin im ZMML im Bereich Netzbasierte Lehre. Im Rah-men von ForstA digital unter-stützt sie stellvertretend bei der Projektkoordination.

Franziska Richter ist Mitarbei-terin im ZMML im Bereich Me-diendidaktik. Im Rahmen von ForstA digital unterstützt Sie die Lehrenden bei der Konzep-tion und Umsetzung der Pro-jekte und in Fragen zu OER.

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Lehren und Lernen

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Erleben Sie mit uns das FB11-Spektrum:

Einblicke in Psychologie, Pflegewissenschaft und Public Healthvon Nadine Ochmann und Clara-Sophie Ott

Was ist das FB11-SPektrum?

Im Rahmen von Uni-Start, dem Maßnahmen-paket 1 des Projektes ForstAintegriert (For-schend studieren von Anfang an), organisiert derFachbereich11seit2013jährlichwährendder Orientierungswoche die Veranstaltung„FB11-SPektrum: Einblicke in die Psychologie, PflegewissenschaftundPublicHealth“.

Ziel desFB11-SPektrums ist es, denStudie-renden vorwiegend durch das peer-to-peer-Konzept dieMöglichkeit zu geben, sich überForschungsthemen und -ergebnisse des ei-genenFacheszuinformierenundgleichzeitig

einen interdisziplinärenBlicküberdenTeller-randzuwerfen,umzuerfahren,mitwelchenThemen sich die KommilitonInnen aus den anderen Studiengängen des Fachbereichs beschäftigen.DasFB11-SPektrumdientdamitsowohl als Plattform zum intensiven studen-tischen Austausch und zur Förderung einerstudentischen Community als auch zur Stär-kung der Fach- und Fachbereichsidentität.Hierzu finden an demTagPoster-Präsentati-onenmitKongress-Charaktersowie(Plenar-)Vorträge und interaktive Präsentationen mit Diskussionen durch Studierende statt. Dabeiwerden insbeson-dere studentische Praxis- und For-schungsprojekteder Bachelorstudi-engänge Psycho-logie, Pflegewis-senschaft-dualundPublic Health vor-gestellt. Insgesamterfreut sich die

Der direkte Link zum Artikel online auf www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

Aufregung herrscht in dem Hörsaal der Grazer Straße, Zentrum des Fachbereichs 11 für Human- und Gesundheitswissenschaften. Die Umgebung ist für viele neu. Die Luft ist von Geflüster erfüllt und die ersten geknüpften Kontakte werden vertieft: „Hier, ich habe dir einen Platz freigehalten. Schön, dass du auch da bist. Hast du schon andere aus unserem Studi-engang getroffen? Weißt du, was uns heute genau erwartet?“ Der Saal ist mit lauter neuen StudienanfängerInnen gefüllt. Währenddessen steigt auch die Aufregung und Vorfreude der Vortragenden, die vielleicht auch daran zurückdenken, dass sie vor einem Jahr ebenfalls als „Ersti“ in diesem Saal saßen und wie viel sich seitdem verändert hat. Hätten sie damals geglaubt, dass sie schon so bald hier stehen und eigene Forschungsarbeiten präsentieren würden? Nun wird es leiser und Nadine Ochmann begrüßt die Anwesenden : „Willkommen am Fachbereich 11.“

Abbildung 1: Logo FB11-SPektrum

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Lehren und Lernen

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Veranstaltung mit der Vorstellung von durch-schnittlich 20 Projekten großer Beliebtheit,welchessichauchindenTeilnehmerInnenzah-lenvonca.150Studierendenwiderspiegelt.

Von Beginn an erfolgte die (Weiter-)Entwick-lung undDurchführung des FB11-SPektrumspartizipativundwirddurcheineAGvonLeh-renden aus allen drei Studienbereichen be-gleitet.EinErgebnis derAG ist zumBeispieldas Logo fürdasFB11-SPektrum(sieheAbb.1) und die Implementierung des Postercoa-chings am Fachbereich. Ebenfalls wird dasFB11-SPektrum seit 2013 mit verschiedenen Instrumenten evaluiert, so dass die positiven und konstruktiven Rückmeldungen der Teil-nehmenden in weitere Planungen einfließenkönnen;u.a.wurdehierfüreinpapier-basierterFragebogen entwickelt und eingesetzt (überdasuni-interneBefragungstoolUnizensus).

Wie läuft das FB11-SPektrum konkret ab – Beispiele aus den Vorjahren

Vormittags präsentieren Bachelorstudierende, vorrangig des dritten Semesters, Ergebnisse aus ihrenForschungs-undPraxisprojekten inFormvon5-minütigenPoster-Präsentationen:

• StimmtderersteEindruck?ZusammenhangzwischenStudiengangundPersönlichkeits-einschätzung

• Empathie – Segen oder Fluch?• Verhältnis vonAuszubildendenundPflege-

personen im Umgang mit Patienten*innen• Gibt es Unterschiede im subjektiven Ge-sundheitsempfindenbeiKundenvonSuper-märktenundanderenLebensmittelgeschäf-ten in Bremen?

• Alkoholkonsum und Stress• Sportliche Singles – Faule Pärchen?• Auswirkungen der ambulantenPflegequali-tätbzw.dasPatientenOutcomeimZeitraum1995bisheute

• GesundmitHund–BestehteinZusammen-hangzwischendempsychischenWohlbefin-denundderHaltungvonHunden?

ImAnschlussandieVorträgekönnenNachfra-gengestelltwerden;hiergehtesz.B.umdieDefinitionen, die Erreichbarkeit von Zielgrup-pen,dasFührenvonInterviewsoderdieAllge-meingültigkeitvonErgebnissen.

InderMittagspausekönnendieTeilnehmerIn-nenineinerAusstellungweiterewissenschaft-

… aus Sicht einer Studienanfängerin: So viele neue Einblicke innerhalb eines Tages waren be-eindruckend!

2016 war ich auch eine von vielen hundert Erstis im Fachbereich 11. In der Orientierungswoche wurde das FB11-SPektrum angekündigt. Zwischen Kennenler-nen bei Bierpong in der Bremer Altstadt, Stundenpla-nerstellung und der Ersti-Party im Magazinkeller, saß ich plötzlich mit lauter neuen KommilitonInnen in der Universität. Ich fühlte mich zum ersten Mal wie eine Studentin. Es war aufregend, so viele Vorträge zu hö-ren, die nur für uns präsentiert wurden. Vor Beginn des Studiums habe ich nur einen groben Überblick über das Feld der Gesundheit, der Pflegewissenschaft und der Psychologie gehabt. Was gehört alles dazu? Es gab so viele spannende Themen aus der Forschung. Wir ZuhörerInnen konnten Fragen stellen. Interessant war zu sehen, wie die älteren Studierenden ihre Arbeit reflektierten. Oft saß ich zuhörend im Raum und habe gedacht: „Ah, aus dem Blickwinkel kann man das auch sehen!“ oder „Ich hätte nicht gedacht, dass ar-beitslose Menschen am meisten gestresst sind.“, aber auch Gedanken, wie: „Wie haben die KommilitonIn-nen es bereits im zweiten Semester geschafft, schon eine eigene Studie zu planen und durchzuführen?“ Von Vorträgen zur Handynutzung und deren Auswir-kung, über das Einkaufverhalten im Supermarkt und dessen Zusammenhang mit dem Gesundheitsstatus, über Persönlichkeitsmerkmale und Musikgeschmack, bis hin zu alternativen Versorgungsformen von Pflege-heimbewohnerInnen, gab es eine spannende Breite an vorgestellten Themen. Und was immer deutlicher wurde: Psychologie, Gesundheitswissenschaften und Pflegewissenschaft greifen ineinander und er-gänzen sich wunderbar. Nachmittags folgten dann die Projektpräsentationen. Zusammen mit einigen frisch gefundenen FreundInnen erfuhr ich von einem Gesundheitsförderungsprojekt für inhaftierte Frauen in der Justizvollzugsanstalt Bremen-Oslebshausen. Wir waren begeistert und interessiert und sind nun seit über einem Jahr stolze ehrenamtliche Mitglieder des Projektes, welches wir dann ein Jahr später beim FB11-SPektrum präsentierten.

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Lehren und Lernen

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lichePosterbestaunen.Esfolgteindurch(ex-terne)ReferentInnengehaltenerPlenarvortragzueinemaktuellen(Forschungs-)Thema:

• ErgebnisseausdemForstA-Säule2ProjektForschend Studieren inGesundheitsförde-rung und Prävention (verschiedene Lehren-de,2013)

• Mein Leben nach der Flucht – und jetzt?Sensibilisierung von Bremer SchülerInnender Oberstufe zur Flüchtlingsproblematik(AylaKlenke,2014)

• Inklusion aus psychologischer Perspektive (KatharinaGeorgi,2015)

• Belastungen unbegleiteter, minderjährigerFlüchtlinge:Trauma oder kulturelleAnpas-sungsprozesse?(Dr.TilmanReinelt,2016)

• Freizeitaktivitätenmit jugendliche Geflüch-teten(LeanderMuskalla,2017)

Seit zwei Jahren wird während der Mittags-pause der selbstgedrehte Kurzfilm „EtwasBesseresalsdenTodfindestDuüberall–einVideoprojektmitjungenFlüchtlingen“gezeigt,der in das Thema Geflüchtete einführt undzudem das ehrenamtliche Engagement des Fachbereichs11zeigt.

Am Nachmittag gibt es verschiedene ca.45-minütige vertiefende, interaktive Projekt-vorstellungen zu allen drei Fachrichtungen, die zum Diskutieren und Engagieren einladen:

• „BRISE – Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicherEntwicklung“(Psychologie)

• „Alle unter einem Dach – Chancen und Risiken einer umgekehrten Inklusion“ (Pflegewissenschaft)

• Praxisprojekt:GesundheitsförderungfürFraueninHaft“(PublicHealth)

Welche Vorteile hat das FB11-SPektrum für StudienanfängerInnen und Studierende?

Das FB11-SPektrum soll StudienanfängerIn-nenvonBeginndesStudiumsanLustaufFor-schung bereiten und die Faszination für dasFach/dieFächerdesFachbereichswecken. StudienanfängerInnenerhaltenersteEinblickeindasforschendeStudierenameigenenFach-bereich,eineÜbersichtzuForschungsabläufensowie über die methodischen Kompetenzen,die im ersten Studienjahr vermittelt werden.Über Nachfragen an die ForscherInnen unddie Diskussion der Ergebnisse wird eine –wennauchnochzaghafte–forschend-reflek-tierendeHaltungentwickelt.

Durch das SPektrum lernen vortragende Studierende die Erstellung des – häufig ers-ten – wissenschaftlichen Posters, sowie diePräsentationdeseigenenProjektsvoreinem(fachfremden)Publikum.

DasFB11-SPektrumbietetdarüberhinausfüralle eine Chance, in verschiedene Themen einzutauchen, Studieninhalte anders zu er-fassen,Interessenzuentwickeln,Kontaktezuknüpfen, Verantwortung zu übernehmen unddie Theorie mit Praxis zu verbinden. Außer-demwirddasaußeruniversitäreEngagementindenBlickgenommen,indemAnknüpfungs-punkte zwischen Studieninhalten und mögli-chen (ehrenamtlichen) Projekten aufgezeigtwerden.

Abbildung 2: Wissenschaftliches Poster: „Gesund mit Hund- Besteht ein Zusammenhang zwischen dem psychischen Wohlbefinden und der Haltung von Hunden?“

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Wie ist das FB11-SPektrum mit anderen Maßnahmenpaketen verzahnt?

VonAnfanganfandeineVerknüpfungdesFB11-SPektrums mit anderen ForstA-Maßnah-mendesFBsstatt.Sowirdz.B. imRahmenderBegrüßungüberForstAintegriert und die konkretenAngebotedesFachbereichs infor-miert.DieErgebnissederbewilligtenProjekteaus demMP 2 bzw. Säule 2 sind ebenfallsTeilderVorstellung,sowohlinFormvonwis-senschaftlichenPostern(z.B.virtuelleBetrie-beundPflegebewegt)alsauch inFormderinteraktivenProjektpräsentationen(z.B.Can-nabisundDepression).

AuchdiestudentischenLernformatesindengmit dem FB11-SPektrum verzahnt, indem

beispielsweise morgens der/die Präsentati-onscoach ihre/seineAngebote den Studien-anfängerInnenvorstellt.InengerKooperationmit der Studierwerkstatt, insbesondere mitHerrnRiedel,wurdeimJahr2017dasFormatdesPostercoachingsentwickelt.Derstuden-tischePostercoachunterstütztemittelsGrup-pen- und Einzelberatung die Studierenden bei der Entwicklung wissenschaftlicher Pos-ter,dieu.a.beimFB11-SPektrumpräsentiertwerden. Ergänzt wurde das Postercoachingdurch eine fachbereichsweite Informations-veranstaltung zum Thema „Wissenschaftli-ches Poster erstellen“, die Herr Riedel vonder Studierwerkstatt durchführte. Beide For-mateerzielten2017großeResonanz,könnenals erfolgreich bewertet werden undwerden2018fortgeführt.

Abbildung 3: Begrüßung der StudienanfängerInnen

Abbildung 4: Poster-Präsentationen von Studierenden

Abbildung 5: Poster-Präsentationen von Studierenden

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Dr. Nadine Ochmann ist Ge-sundheitswissenschaftlerin und arbeitet als wissenschaft-liche Angestellte im Studien-zentrum des Fachbereichs 11. Im Rahmen von ForstA und ForstAintegriert ist sie seit 2013 für die (Weiter-)Ent-wicklung, Durchführung und Evaluation des FB11-SPekt-rums zuständig.

Clara-Sophie Ott studiert Psychologie an der Univer-sität Bremen und ist Mitglied des ehrenamtlichen Projekts „Gesundheitsförderung für Frauen in Haft“, welches am Institut für Public Health und Pflegeforschung angesiedelt ist. Darüber hinaus arbeitet sie als studentische Mitarbeiterin im Qualitätsmanagement des Fachbereichs 11.

Aber ohne freiwilliges Engagement von

… Studierenden, die ihre Forschungs- und PraxisprojektepräsentierenmöchtenundüberihreErfahrungenberichtenundsich(auchkri-tischen)Fragenstellen,

… Lehrenden, die als MultiplikatorInnen agie-ren,PosteralsPrüfungsleistungeninihreVer-anstaltungenintegrierenundbeiderAGfürdieOrganisationmitwirken,

… (externen) ReferentInnen,dieeinenwissen-schaftlichenPlenarvortraghalten,

geht es nicht!

Und an dieser Stelle möchten wir uns herzlich bei allen Beteiligten bedanken, die in den letzten Jahren das FB11-SPekt-rum ermöglicht haben und zugleich schon jetzt alle Studierenden des Fachbereichs 11 motivieren, sich aktiv beim nächsten FB11-SPektrum am 10.10.2018 zu beteiligen und ihre eigenen spannenden Forschungs- und Praxisprojekte mit neuen Erstis zu tei-len (siehe Abb. 6).

… aus Sicht einer Vortragenden: Nun schließt sich der Kreis. Oder ist das erst der Anfang?

Im Bachelorstudiengang Public Health/Gesundheits-wissenschaften führte meine Gruppe im Rahmen des Moduls empirische Sozialforschung das Forschungs-projekt „Gesund mit Hund – Besteht ein Zusammen-hang zwischen dem psychischen Wohlbefinden und der Haltung von Hunden?“ durch. Gruppenweise ha-ben wir in der Lehrveranstaltung selbst überlegt, was wir in unserer Studie erforschen möchten. Diese Situ-ation sehe ich als eine Chance, sich in das Studium persönlich einzubringen. Ich reflektierte auch, was mich an den Inhalten meines Studiums besonders interes-siert. Gedanken in der Gruppe über die Sinnhaftigkeit des gelernten Stoffes und dessen Anwendung in der Praxis beschäftigten uns. Dadurch bekam das Projekt eine persönliche Bedeutung und es war sehr schön zu sehen, wie es sich entwickelte. Von der Konzeption, über die Durchführung, bis hin zur Auswertung und der Erstellung eines wissenschaftlichen Posters, eines Ab-stracts und eines kleinen wissenschaftlichen Vortrags lag alles in der Hand von uns Studierenden, die jeder-zeit hilfsbereit von den DozentInnen angeleitet und un-terstützt wurden. 2017 und einige Studienerfahrungen später, standen wir diesmal als Vortragende in der Gra-zer Straße. Dieses Mal waren wir die großen Studentin-nen. Beim FB11-SPektrum hatten wir die Möglichkeit, vor fremdem Publikum und deutlich mehr ZuhörerInnen unser Projekt vorzustellen und uns spannenden Fra-gen zu stellen. Diesmal lauschten uns neugierige Stu-dienanfängerInnen. Die schönste Rückmeldung war die Begeisterung, die wir für unser Forschungsprojekt wecken konnten.

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Einladung zum

 

   

Der Fachbereich (FB) 11 – Human- und Gesundheitswissenschaften – lädt alle StudienanfängerInnen und Studie-renden zum FB11-SPektrum: Einblicke in Psychologie, Pflegewissenschaft und Public Health am Mittwoch den 10.10.2018 ein. Die Veranstaltung findet in der Zeit von 9:30 bis 15:30 Uhr im Hörsaal der Grazer Straße 2a (H 0100) statt.

Der FB11 begrüßt Sie herzlich und möchte Ihnen an diesem Tag die Möglichkeit geben, Forschungsprojekte aus Ihrem Studiengang kennenzulernen. Gleichzeitig sollen Sie den Blick über den Tellerrand wagen und erfahren, mit welchen Themen sich die anderen Studiengänge des Fachbereichs beschäftigen.

Das FB11-SPektrum beginnt vormittags mit kurzen Poster-Präsentationen von Studierenden der Psychologie, Pfle-gewissenschaft und Public Health/ Gesundheitswissenschaften, um einen Überblick über die Vielfalt an möglichen Fragestellungen zu vermitteln. Einige Beispiele aus dem Vorjahr: „Stimmt der erste Eindruck? Zusammenhang zwischen Studiengang und Persönlichkeitseinschätzung“, „Empathie - Segen oder Fluch?“, „Verhältnis von Auszu-bildenden und Pflegepersonen im Umgang mit Patienten*innen“, „Alkoholkonsum und Stress“ sowie „Sportliche Singles – Faule Pärchen?“. Anschließend wird Zeit für Fragen bleiben.

Während der Mittagspause haben Sie die Möglichkeit, sich selber ein wenig umzusehen und an Hand von ausge-stellten Postern das Fächerspektrum des Fachbereichs 11 zu erleben. Anschließend wird zunächst ein von Studie-renden des Fachbereichs selbstgedrehter Kurzfilm gezeigt und ein Plenarvortrag zum Thema ehrenamtliches En-gagement in Form von Freizeitaktivitäten mit jugendlichen Geflüchteten gehalten.

Nachmittags werden im Rahmen eines World-Cafés vertiefend Projekte aus den drei Fachrichtungen interaktiv präsentiert  über die wir mit Ihnen diskutieren möchten: Aus der Psychologie „BRISE- Bremer Initiative zur Stärkung frühkindlicher Entwicklung“, aus Public Health/ Gesundheitswissenschaften „Praxisprojekt: Gesundheitsförderung für Frauen in Haft“ und aus der Pflegewissenschaft aktuelle Forschungsprojekte des Instituts für Public Health und Pflegeforschung.

Wir freuen uns, Sie als neue Studierende an diesem Tag begrüßen zu dürfen; es ist keine Anmeldung erforderlich.

Nadine Ochmann und Britta Schowe (Studienzentrum FB 11)

Zeitlicher Ablauf des FB11-SPektrums:

- 9:30 Uhr: Begrüßung am Fachbereich 11

- 10:00 – 12:00 Uhr: Poster-Präsentationen

- 12:00 – 12:30 Uhr: Mittagspause und Poster-Ausstellung

- 12:30 – 13:30 Uhr Einblicke in ehrenamtliches Engagement:

Kurzfilm & Plenarvortrag: Freizeitaktivitäten mit jugendlichen Geflüchteten

- 13:30 – 15:30 Uhr: World–Café mit interaktiven Projekt–Präsentationen

- 15:30 Uhr: Ende der Veranstaltung

 

Abbildung 6: Einladung zum FB11-SPektrum 2018

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Learning approaches in the Research Methods module in psychologyvon Karina De Santis

Research Methods is a mandatory module in the Bachelor of Psychology program at the University of Bremen. We investigated the learning approaches used by our students. The data from 84 students show that they use the deep and the strategic more frequently than the surface learning approaches. The older students (≥22 years) learn predominantly deeply while the younger students (<22 years) learn predominantly strategically. Strategic learning is positively related to performance. Research-oriented teaching and assessment may pro-mote the deep learning and the learning approaches depend on age. Restructuring of the curriculum in psychology should focus on strategies that encourage deep learning particu-larly in the younger students.

Learning in New Zealand, teaching in Bremen

I completedmyfirstdegreeat theendof theworld. In 1996 I enrolled in the Bachelor ofHealth Sciences at the University of Otago,Dunedin, New Zealand. These were excitingtimes: grunge and Nirvana were in and theLord of the RingstrilogywasabouttobefilmedinNewZealand.Therewasnoemailandweusedcomputers to typeupassignmentsafterthe English Department at Otago caused a revolution by banning all hand-writtensubmissions.

MyfavouritefirstyearcoursewasBiology115(BIOL115) with approximately 1200 students,early Monday morning lectures, and late evening labs.The theoretical componentwassurprisingly interesting due to inspirational professorswho presented thematerial in thecontext of their own research. I particularlyliked the labs where we had the opportunityto test the theoretical material using simple practical experiments. These first encounterswithresearchgreatlyinfluencedmychoicesofsubsequentstudycourses.Iselectedcoursesthat involved even more research and eventually

choseanacademiccareer.Researchalsotookmearound theworldsinceNewZealandandbroughtmetoBremenin2004.SinceOctober2014 I work as Vertretungsprofessorin in ResearchMethodsinpsychology.

Iwaspleasantlysurprisedwhen21yearsafterIcompleted BIOL115 ResearchGate recently re-commended an academic article regarding the curriculum change in the course and its impact on the student learning approaches (McDonald, Reynolds,Bixley,&Spronken-Smith,2017).Intheirearlierarticle(Walkeretal.,2010)theau-thorsexplainthatBIOL115wasinadequateatpromotingthedeeplearningandinsteadfacili-tated thesurface learningof thematerial.Forthisreasonthecoursecurriculumwasrevisedto strengthen the focus on researchin teaching and assessment. Theauthors assessed the outcomes ofthe curriculum re-vision by compa-ring the learning approaches used by their students in

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theoldand thenewcurriculum(McDonaldetal.,2017).

How do our students in Research Methods in psychology learn?

Having read and reflected upon both articlesI have asked myself: How do our students learn? What learning approaches do theyuse in our module? These questions are particularly important because our facultyof psychology is currently undergoing arestructuringprocessofthepersonnelaswellas the curriculum structure. Since October2014 I teach the Research Methods module in psychology that is traditionally disliked by students at any university (mandatory and too theoretical). Together with a colleague, Ms.Imke Gerkensmeier (Lecturer in ResearchMethods),andsupportedbyateamofstudent-tutorswehavedesignedamodulethatusesaresearch-orientedteachingapproach.Similarlyto my professors in BIOL115, we illustratethe theory using our own research expertiseandpublicationsduring the lectures.Wealsoencourage students to actively participate in thepracticalexercisesbasedon the lectures.These exercises aim to make the module more interesting, to promote the deeper understandingofthematerial,andtofacilitatethecriticalthinkingskills.

Inspired by the studies from New Zealand(McDonald et al., 2017; Walker et al., 2010)and supportedbyMs.Gerkensmeier andourstudent assistant, Ms. Hannah Seehoff (3rd semester BSc Psychology) we conducted asimilarstudywithourstudents.Thegoalwasto investigate the learning approaches used by students enrolled in our Research Methods module.ThestudymethodsaresummarisedinFigure1.

Learning approaches: deep, strategic, surface

ASSIST-24-German measures 3 learningapproaches (deep, strategic or surface) with8 statements each. Each learning approachconsists of 2 main components shown inFigure2(Taitetal.,1998).Thedeepapproachmeans learning by relating ideas (within oramong modules) and understanding theevidence presented in classes. The strategicapproach means learning that is focused onachievement using good organisation and time

management. The surface learning involvesmemorising of facts with little understandingandbeingmotivatedbythefearoffailure.

Learning approaches in Research Methods

We obtained complete responses from 84students in Research Methods and analysed theirdatastatisticallytogetherwiththestudentsinclassesduring theWinterSemester17/18.Each learning approach was computed byaddingtheanswersto8statementsdescribing

Figure 1. Study assessing the learning approaches of students in Research Methods in psychology

Figure 2. Learning approaches measured by ASSIST-24-German

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that approach and dividing the total by 2 (components)tomakeourresultscomparableto those fromNewZealand (McDonaldetal.,2017;Walkeretal.,2010).

Theparticipantsinourstudywereonaverage23yearsold,56%wereyoungerthan22,andthemajoritywerefemale(80%).TheresultsofourstudyaresummarisedinFigure3.

Learning in Research Methods is predominantly deep and strategic

The students in the Research Methods module learn using the deep and the strategic more frequentlythanthesurfacelearningapproaches(seeFigure4).

We have discussed these results with our students and interpret them as follows:

1.Teaching methods and assessment affect learning approaches

The studies from New Zealand show thatlearning approaches depend on the curriculum structure, teaching methods, and course requirements(McDonaldetal.,2017;Walkeretal.,2010).Theauthorspostulatedthatstudents

tendtolearndeeperwhentheircoursesincludepractical,research-basedcomponentsandofferopportunities to actively exchange with peersand instructors. Furthermore, the appropriateassessment format rewarding understandingrather than a recall of facts is essential tomotivatestudentstolearndeeper.

In line with these arguments, our teachingmethods appear to facilitate deeper learningfor understanding because we encouragestudents to associate the theoretical materials

Figure 3. Learning approaches in Research Methods in psychology

Figure 4. Learning in Research Methods is predominantly deep and strategic

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with research examples and practicalproblems. We have already shown that ourteaching methods are designed to facilitatelifelong learning and to encourage studentsto think rather than to consume (Kedzior & Gerkensmeier,2017).Wehavealsoexplicitlycommunicated that understanding rather thanarecalloffactswillbetestedinthefinalexamination. Therefore, relatively simpleteaching methods could motivate students to learn deeper even in an introductory, theory-basedmodulewithmorethan100students.

Regardless of the innovative teaching andassessment methods, the students in NewZealand tended to use the surface learningapproach throughout their three-year Bachelor’s degree (McDonald et al., 2017).The surface approach may be necessary toestablishastrongknowledgebase(McDonaldetal.,2017). Infact,memorisingofmaterialscould be meaningful because the surfacelearning approach was positively relatedto higher grades in exams designed to test understanding in New Zealand (Walkeret al., 2010). Thus, the research-orientedteaching and assessment methods can be successful at promoting the deep learningonly if students are shown how to learn andthe instructors explicitly communicate their expectations(Kedzior&Gerkensmeier,2017).

2.Learning approaches depend on future study and career plans

Both studies from New Zealand show thatresearch-oriented teaching methods only partiallyaffecthowstudents learn(McDonaldet al., 2017;Walker et al., 2010). In today’shighly competitive world the students mayprefertolearnstrategicallytofulfiltheirfuturestudyandcareerplans. In fact,ourstudentswho learnmorestrategicallyalso ratehighertheir own performance in themodule so far.However, focusing on grades alone leads tounhealthy competition and to grade inflationbecause the top grades are incorrectly perceived as acceptable norms. The role ofuniversitiesshouldbetowidenthehorizonsofstudentsratherthantopreparethemforentryto graduate study programs or jobs alone.Thechallengefacingtheuniversityinstructorsthese days is to motivate the students to learn notonlyforachievementbutalsoforlifeusingthe appropriate teaching and assessment methods.

Learning approaches in Research Methods depend on age

OurresultsshowthatthelearningapproachesinResearch Methods depend on age because the olderstudents learndeeplywhile theyoungerstudentslearnstrategically(seeFigure5).

Theeffectofageonthelearningapproachesisnotsurprising.Inourstudyabouthalfofthestudentswere18-21whiletherestwere22-42yearsold.Maturityandmorelifeexperiencearelikelytofacilitatethedeeplearningapproachin the older relative to the younger students (McDonald et al., 2017). Furthermore, theexperienceoftheuniversityenvironmentcanalsocontributetodeeperlearningtowardstheend relative to thebeginningof thebachelorstudies(McDonaldetal.,2017).

Our results could also reflect generation-related differences in learning approaches.The younger students appear to strategically usehighereducationasastepping-stonefortheir future studies and careers. In contrast,theolderstudentsplacemorefocusongainingdeeper knowledge and understanding of thematerial. These effects may have importantimplications for the curriculum revision inpsychologyat theUniversityofBremen.Ourstudent cohorts traditionally include a mixture of young school leavers and older students.

Figure 5. Learning approaches in Research Methods depend on age

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Therefore, the curriculum in psychologyshould be carefully designed to meet thepotentiallydifferingneedsandapproachestohighereducationbystudentsofdifferentagesandexperience.

Are our results just fake news?

It is important to consider factors that mighthaveaffectedtheresultsofanyscientificstudyto prevent drawing of false conclusions fromdata. The key question is what factors havetruly contributed to the learning approaches reportedbyourstudents.Wecanonlyspeculatethat the learning approaches depend on our teaching and assessment methods since wehavecollectedthedataonlyonce.Incontrast,bothstudiesinNewZealandcomparedeithertwo cohorts of students before and after thecurriculum change (Walker et al., 2010) orthe same students throughout their three-year Bachelor’s degree (McDonald et al., 2017).Therefore, it is likely that the new curriculumcontributed to changes in the learning approachesinbothNewZealandstudies.

Together with our students in Research Methods we discussed the following issuesthatmighthavealsoaffectedourresults:

1.Are the differences in learning approaches meaningful?

Our results (Figures 4 and 5) as well as thedatafromNewZealand(McDonaldetal.,2017;Walker et al., 2010) show that the averagedifferences among the learning approacheswere only small.Therefore, it is questionableif these differences are truly meaningful.Interestingly,theresultsofallthreestudiesarecomparable: the average learning approaches are similar and the trends towards deeperlearning depending on the course structure are reported by students in different studyprogramsintwocountries.

2.Did social desirability affect our results?

A frequent problem in psychological researchis that participants may incorrectly report their behaviourbasedonwhatissociallyacceptableandwhat theresearcherswant tohearratherthanwhattheparticipantstrulydo(theso-calledsocialdesirabilityeffect).It isunlikelythatthiseffect influenced the results of our study forthreereasons.First,thestudentsdidnotknow

thetruestudygoalsnorthestudiesfromNewZealanduntilafterthedatacollection.Second,the ASSIST-24-German questionnaire wasanonymous meaning that we could not linkthe answers to individual participants. Third,itwasdifficult toguesswhatspecific learningapproaches were investigated because thequestionnaire statements used examples ofdifferentmethodsusedwhilestudying.

3.Can ASSIST-24-German adequately mea-sure learning approaches?

We have tested the structure of ASSIST-24-German and found that similarly to theoriginal ASSIST (Tait et al., 1998) the deepand the strategic learning approaches wereconsistently measured. However, the surfaceapproach was less consistently measuredpossiblybecauseour translation fromEnglishtoGermanand/ortheadaptationofstatementsto our module were inadequate or that thislearning approach should be measured withmore than 8 statements. Larger differencesamong the learning approaches could be detectedbyimprovingthequalityofstatementsor by removing the middle answer option (‘Idonotknow’)so that theparticipantshavetoeitheragreeordisagreewiththestatements.

Conclusion

Our study suggests that research-oriented teaching and assessment may promote deeper learning and that the learning approaches depend on age. The older students tend tolearn deeply for understanding while theyoungerstudentstendtolearnstrategicallyforachievement.Theinstructorsinothermodulesor programs should investigate the learning approaches of their students and the factorsaffecting learning. Our results could be usedin the current curriculum restructuring process to design a new psychology program thatencourages deep learning especially in the youngerstudents.

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Bibliography:

• Kedzior(DeSantis),K.K.,&Gerkensmeier,I.(2017).The Good, the Bad, and the Ugly: the outcomes of rese-arch-based teaching in Bachelor of Psychology (The Good, the Bad and the Ugly: Wirkung von forschungsba-sierter Lehre im Bachelorstudiengang Psychologie).PaperpresentedattheTagungForschendesLernen-Thewiderview,Münster,Germany(25-27.09.2017).

• McDonald,F.,Reynolds,J.,Bixley,A.,&Spronken-Smith,R.(2017).Changesinapproachestolearningoverthreeyearsofuniversityundergraduatestudy.Teaching & Learning Inquiry, 5(2),65-79.

• Tait,H.,Entwistle,N.,&McCune,V.(1998).ASSIST:Areconceptualisationoftheapproachestostudyingin-ventory (http://www.etl.tla.ed.ac.uk/questionnaires/ASSIST.pdf). InC.Rust (Ed.), Improving student learning. Improving students as learners(pp.262–271).Oxford:TheOxfordCentreforStaffandLearningDevelopment.

• Walker,R.,Spronken-Smith,R.,Bond,C.,McDonald,F.,Reynolds,J.,&McMartin,A.(2010).Theimpactofcurriculumchangeonhealthsciencesfirstyearstudents’approachestolearning.Instructional Science, 38(6),707-722.

Prof. Dr. Karina De Santis is Vertre-tungsprofessorin in Research Methods in Psychology (FB 11) at the University of Bremen. She is a neuroscientist (pu-blishing as Karina Kedzior) interested in the use of non-invasive brain stimu-lation methods in psychiatric disorders (see: www.researchgate.net/profile/Karina_Karolina_Kedzior).

She has been teaching research methods and statistics for 11 years and contributed to various studies on factors affecting le-arning in higher education, including re-search-oriented teaching and intercultural competence.

Acknowledgements

I thank my collaborators, Ms. GerkensmeierandMs.Seehoff, for theirassistancewith thestudy and the students in the Research Me-thodsmoduleinpsychology(WinterSemester17/18)forparticipationandinterestingdiscus-sionsabouttheresultsofthestudy.Thestudywill bepresentedasaposter at the INHERE

conference: Seehoff, H., Gerkensmeier, I., &Kedzior (De Santis), K. (2018).Empirical as-sessment of approaches to learning methods in psychology. Poster to be presented at theLearning Through Inquiry in Higher Education: Current Research and Future Challenges (IN-HERE 2018),Munich,8-9March,2018.

The author, Karina De Santis (left), with collaborators, Imke Gerkensmeier (centre) and Hannah Seehoff (right).

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Beim Übergang von schulischem zu studentischem Lernen stoßen unterschiedliche Lern-kulturen aufeinander. Dem formalisierten Lernen an der Schule steht ein Wissenserwerb ge-genüber, der von den Studierenden hohe Eigeninitiative sowie Lernkompetenzen erfordert. Um im Fachbereich 06 die Zugänge zum universitären Lernen zu erleichtern, wurde deshalb zum Wintersemester 2017/18 die Veranstaltung „Erfolgreiches Studieren in der Rechtswis-senschaft“ durchgeführt. Als innovative Lehrformen wurden dabei das Team-Teaching sowie das Peer-Learning kombiniert eingesetzt.

Team-Teaching und Peer-Learning in Kombination:Voraussetzungen und Erfahrungen in der Rechtswissenschaftvon Lisa Lüdders, Ulrike Holzwarth, Pia Romeike und Jörg Riedel

Der direkte Link zum Artikel online auf www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

Institutioneller Hintergrund

Im Rahmen des ForstAintegriert-Projektesander Universität Bremen werden derzeit meh-rere Maßnahmenpakete am Fachbereich 06 gefördert.IndiesemArtikelstehteinLehr-undLernformatimVordergrund,dassichdenMaß-nahmenpaketen1„Uni-Start“sowie4„Studen-tische Lernformate“ zuordnen lässt. Grund-sätzlicheZieledieserMaßnahmenpaketesindu.a. eine Verbesserung des Übergangs vonschulischem zu universitärem Lernen durch denErwerbvonStudierkompetenzen,dieAd-ressierung vielfältiger Vorkenntnisse und Vo-raussetzungen, zeit- und ortsunabhängigere Angebote zu entwickeln und diese stärker inbereits bestehende Einführungsveranstaltun-gen der Studieneingangsphase einzubinden.StudierendehöhererSemestersollendarüberhinaus durch ihre aktive Teilhabe an Lehrver-anstaltungen oder durch eine Beratung von „Student zu Student“ StudienanfängerInnen

dabei unterstützen, sich schnellermit spezifi-schen Studienanforderungen auseinanderzu-setzen und gezielte Strategien zur Studienall-tagsbewältigungkennenzulernen.1DerAufbauvon Studierkompetenzen stellt die wichtigsteVoraussetzungfürstudentischeForschungdar.Forschendes Studieren kann erst ermöglichtwerden,wennimStudiumdieGrundlagen„er-folgreichen“Studierensaufgebautwurden. ImFolgendensolleinLehr-undLernformatvorge-stelltwerden,dasimWintersemester2017/18fürdasersteFachsemesterdurchgeführtwur-deundsowohlPrinzipiendesPeer-Learningsdurch Einsatz ei-ner studentischen Coach als auch die gemeinsame Lehre imTeam integriert.Der letztgenannte Aspektgreift dabeiauf die Gestaltungund Durchführung

1WeiterführendeInformationenzudenMaßnahmenpaketenfindensichunter www.uni-bremen.de/forsta.html

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von Lehrveranstaltungen der studentischen CoachmiteinerPraxislehrperson(=Team-Tea-ching)zurück.

Grundlagen zum Team-Teaching und Peer-Learning an Hochschulen

EineMöglichkeit,dieStudierendenbesseraufihre Rolle als eigenverantwortliche Partnerim Studium vorzubereiten, ist die Steigerung ihres Engagements im Lernprozess. Hierbeiwurden in der Rechtswissenschaft sehr guteErfahrungen mit dem Modell des Peer-Lear-nings gemacht (vgl. Zacharopoulu & Turner,2013).Peer-LearningistalsKonzeptMitteder1970erJahre indenUSAentstandenundhatsich seitdem hauptsächlich im angloamerikani-schen Bildungssystem etabliert. Dabei ist dieTradition des Peer-Learnings vermutlich so alt wie esmenschliche Lernprozesse gibt. DennPeer-LearninglässtsichdefinierenalsderEr-werbvonWissenundFähigkeitendurchaktiveHilfe und Unterstützung durch Statusgleiche.Dabei organisieren Personen aus gleichen Statusgruppen ihren Lernprozess, ohne dass sieprofessionelleLehrendesind(vgl.Topping,2005:631).

EsgibtvielfältigeFormendesPeer-Learnings,diesichkaumvoneinanderabgrenzenlassen.Die vor allem im angloamerikanischen Schul-systemamintensivstenerforschtenMethodensind Peer-Tutoring und Collaborative-Learning (ebenda:632).BeimPeer-TutoringgibteseineklareRollenzuschreibungalsTutorbzw.Tutee(engl.Bezeichnung fürdie studentischenGe-genübereinerTutorinbzw.einesTutors).DerFokusliegtaufderVermittlungcurricularerIn-halteunddie Interaktion läuft inklarenStruk-turenab.DasCollaborative-Learninghingegenorientiert sich an einer Zusammenarbeit imHinblick auf ein gemeinsames Ziel bzw. Er-gebnis(ebenda:632).DabeigeschiehtdieKo-operationaufpartnerschaftlicherEbeneundessollen keine „surrogate teacher“ zum Einsatz kommen (Bruffee, 1993: 84). Vielmehr sehenbeim Collaborative-Learning die Beteiligten die Institution aus derselben Perspektive – nämlich derStudierendenperspektive(ebenda:84).

An der Universität Bremen gibt es im Rahmen des ForstA-Projekts seit 2012 studentischeCoaches, die den Ansatz des Collaborative-Le-arnings in Lehrveranstaltungen tragen. DerKerngedanke ist, dass sie Studierende beglei-ten, sich überfachliche Inhalte zum Lernen,

Schreiben und Präsentieren anzueignen und dieseeinzuüben.DiekonkretenAufgabenwer-dendabeiinAbsprachezwischendenLehren-den,denForstA-Beauftragten indenFachbe-reichen, den studentischen Coaches und der Studierwerkstatt festgelegt.DiestudentischenCoaches erhalten dann von der Studierwerk-stattinVorbereitungsworkshopsihrüberfachli-chesKnow-how.

Team-Teaching ist eine Form des Unterrichts, inder zweiodermehrereLehrkräfteodereinmultiprofessionelles Team den Unterricht ge-meinsamvorbereiten,planendurchführenundevaluieren (Kirsten&Reich 2016: 10).DieseMethodenimmtinderLehr-/LernsituationeinewachsendeRolleein,daesimmerschwierigerwird, in heterogenen Lernkulturen individuel-lenLernbedürfnissenzuentsprechen(ebenda:11).InderPraxisistTeam-TeachingalsKombi-nationzweierLehrkräfteauchanHochschulennichts Außergewöhnliches. Allerdings ist dieZusammenarbeit zwischen Hochschullehren-den und Studierenden im Kontext des Peer-Le-arnings eine relativ neue Form des Team-Tea-chings(Gucciardi,Mach,Mo,2017:441).

Konzept und Ziele der Lehrveranstaltung „Erfolgreiches Studieren in der Rechtswis-senschaft“

Charakteristisch für diesenArtikel sind unter-schiedliche Perspektiven des Lehr- und Lern-formates:diePerspektiveForstAintegriert, der Praxislehrperson, der studentischen Coach undauchderStudierenden.

ForstAintegriert (Dr. Lisa Lüdders)

Um den Einstieg in das Studium der Rechts-wissenschaft zu erleichtern und bereits früheine realistische Wahrnehmung der Studien-anforderungenzugewinnen,entstandimSom-mer 2017 von mir die Idee, eine Praxislehrper-son in die Studieneingangsphase einzubinden, die einschlägig im Bereich der Vermittlung von Studierkompetenzenist.DainsbesonderedasKennenlernen und der Umgang mit Methoden derStressbewältigung,desLernensoderauchdesZeitmanagements imVordergrundstehensollten,wurdegezielteinePersongewählt,diekeinefachlichenBezügezuderRechtswissen-schaft besitzt. Durch den Einsatz einer über-fachlichen Dozentin, Frau Ulrike Holzwarth,sollten sich nicht nur Perspektivwechsel aufProblemlagen ergeben, sondern auch die Un-

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abhängigkeit derStudierendengefördertwer-den.DasienichtalsPrüferinandemFachbe-reich aktiv ist und auch keine Credit Points mit ihrem Lehrangebot verbunden waren, standausschließlich die Motivation der Studieren-den, sich mit Methoden für ein erfolgreichesStudieren in der Rechtswissenschaft ausein-anderzusetzen,imVordergrund.

Um die Identifikation mit dem Fach Rechts-wissenschaft dennoch zu ermöglichen unddie Studierenden darüber hinaus noch stär-kerzuunterstützen,wurdeFrauPiaRomeikeals studentische Lerncoach eingestellt. Siehatte bereits mehrere Phasen des Studiums zu diesem Zeitpunkt durchlaufen und stehtkurz vordemAbschluss ihresExamens.DieFachkenntnisse und das Methodenspekt-rum imHinblick auf dieStudierkompetenzensollten durch gemeinsames Team-Teaching undgleichzeitig durchPeer-Learning auf dieRechtwissenschaft zugeschnitten werden.FrauRomeike sollte über die Lehrveranstal-tunghinausAnsprechpartnerinaufAugenhö-hefürdieStudierendensein,sodassauchdasAngeboteinerwöchentlichenLernberatungs-sprechstunde von ihr entwickelt wurde. Ne-ben meinem Besuch der Lehrveranstaltungen fanden zusätzlich eine engeAbsprache und

mehrerepersönlicheAustauschtreffenmitderStudierwerkstatt(JörgRiedel)imBereichdesMaßnahmenpakets 4 statt, um Chancen und Herausforderungen stets aus unterschiedli-chenPerspektivenzudiskutieren.

Praxislehrperson (Dr. Ulrike Holzwarth)

AlsPraxislehrpersonhabeicheinübergeord-netes Lernziel verfolgt: dasReflektieren vonbereitsvorhandenenKompetenzensowiedasVermitteln von zusätzlichen Strategien und Techniken,umimStudiumderRechtswissen-schaft erfolgreich zu sein.DieKompetenzenkamen aus den in Abbildung 1 dargestellten Teilbereichen undwurden an den insgesamtacht Lehrterminen in unterschiedlicher Ge-wichtungbearbeitet.DurchdenCoacheinsatzkonntendieLehrinhalte imVorfeldspezifischaufdasStudiumderRechtswissenschaftzu-geschnitten werden. Z.B. wurde im BereichZeitmanagement deutlich, dass für die Prü-fungsvorbereitung eine sehr langfristige Pla-nung erforderlich ist: da im Studienplan deserstenSemesterskaumZeitfürdiePrüfungs-vorbereitung enthalten ist, sollte damit bereits nachdenerstenVorlesungenbegonnenwer-den, indem Inhalte konsequent und regelmä-ßignachbereitetwerden.

Abbildung 1: Spektrum der Inhalte der Lehrveranstaltung

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Studentischer Coach (Pia Romeike)

Als Lerncoachwar esmein vorrangiges Ziel,den Studierenden einen realistischen Ablaufdes Jurastudiums aufzuzeigen. Das beinhal-tete vor allem die Darstellung möglicher Va-rianten, wie das Studium aufgebaut werdenkann.Dazuhabe ichdenStudienverlaufsplanvisualisiertundVoraussetzungen,sowieEtap-penziele(ausSichteinesStudierenden)darge-stellt.AuchdermitdemStudiumverbundeneAufwand in zeitlicher, aber auch in mentalerHinsicht, konnte auf dieseWeise verdeutlichtwerden.SoerfordertdiesesStudiumnichtnurFleiß und Disziplin, sondern auch psychische BestandskraftundResilienz.

Zusammenfassend lassen sich die Ziele, wiefolgt,darstellen:

Ziele der Studierenden

DieStudierendenwurden in der ersten Lehr-veranstaltungdazubefragt,welcheUnterstüt-zungsiesichwünschen.Hierbeiwurdeninsbe-sonderedieVorbereitungaufdenUmgangmitPrüfungenunddieVerbesserungdeseigenenLern- und Schreibverhaltens genannt, sodass dieInhaltederVeranstaltungdaraufhinausge-richtetwurden.

Potenziale und Voraussetzungen des Team-Teachings

EineLehrkooperationzwischeneinerstudenti-

schen Coach und einer Praxislehrperson stellt ein Konzept dar, das nicht nur viele Potenziale auf Seiten der Praxislehrperson und der stu-dentischen Lehrperson bereithält, sondern be-stimmteVoraussetzungen für eine gelungeneKooperationbenötigt.

Praxislehrperson (Dr. Ulrike Holzwarth)

DieRahmenstruktur der VeranstaltungwurdemitderForstA-Beauftragten,LisaLüdders,ab-gestimmt.DieweiterePlanunghabeichdanndirekt mit der studentischen Coach vorgenom-men.PiaRomeikeund ich habenhierzuersteinmaltelefoniert,umunsereErwartungenunddaswaswireinbringenmöchten,abzugleichen.ZudemhatFrauRomeikemiraucheinigeFra-genzumAufbauundAblaufeinesStudiumsderRechtswissenschaftbeantwortet.Auchzurge-naueren Planung der Veranstaltungen habe ich ihrFragengestelltunddaraufhindiePlanungangepasst.NachdererstenVeranstaltungha-benwireinefürunspassendeUnterrichtsformfestgehalten: einige gezielte Inputs von FrauRomeike in Kombination mit „geplanten Inter-views“.D.h. ich habe ihr Fragen gestellt, dieuns fürdieStudierendenhilfreicherschienen.SowurdenausmeinerSichtauchdieStudie-rendenmotiviert,Fragenzustellen.Wirhabenmeist am Ende der Veranstaltungen konkre-tisiert,waswir das nächsteMalmachen unddannkurzvorherdieDetailsbesprochen.DenzeitlichenAblauf habe ich in einerOnline-Ta-belle,aufdieauchFrauRomeikeZugriffhatte,festgehalten. Ihre Erfahrungen und auch ihr

Abbildung 2: Ziele strukturiert nach sozialen Rollen

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WissenüberdenAblaufdesStudiumsunddiesinnvollsten Prüfungsvorbereitungsstrategienwarenhierbeisehrhilfreich.AußerdemwarsieimmersehroffengegenüberdenInhalten,so-dasswir virtuos planen konnten.AlswichtigeKompetenzenfürdasTeam-TeachinghabeichbeiderstudentischenCoachwahrgenommen:Offenheit,Entspanntheit,VertrauenindenSe-minarprozesssowiedieFähigkeit, ihreErfah-rungenauchmirzuvermitteln.

Insgesamt habe ich die Lehrveranstaltung als sehr gewinnbringend empfunden: Ich habesowohl einiges Inhaltliche über die Rechts-wissenschaftgelernt,alsaucherfahren,welchhohe Motivation und Resilienz benötigt wer-den,umdiesesStudiumzubewältigen.Gleich-zeitig war es wunderbar entspannend, nichtalleinefüreineVeranstaltungverantwortlichzuseinundmichdaraufverlassenzukönnen,alleFachfragen zum Studium von Frau Romeikebeantwortet zu bekommen. Neben all diesenPotenzialengabesauchHerausforderungen.So stellte sich die Zeitdauer von 90Minutenals zu kurz für tiefgehendeÜbungen heraus.DadurchmusstederAblaufsehrgenaugeplantwerden und es blieb nicht so viel SpielraumwiebeieinerhalbtägigenVeranstaltung.Dieswurde besonders deutlich an einem einmali-gen längeren Veranstaltungstag, an dem wirüber vier Zeitstunden verfügten. Der vonmiranfangsbefürchtetezeitlicheMehraufwandfürdiePlanunghieltsichinGrenzen.VorBeginnder Veranstaltung habe ich mit Frau Romeike etwaeineStundeinvestiertunddanachhabenwirunsinjeweilsetwaeinerhalbenStundeab-gesprochen.

Studentischer Coach (Pia Romeike)

AlsmirStudiendekaninProf. IngeborgZerbesvon dem Konzept des Lerncoaches erzähl-te,wecktesiedirektmein InteresseandieserTätigkeit, da ich gerne erste Erfahrungen alsLehrende im Team-Teaching sammeln wollte.Zudem entstand ein schönerNebeneffekt da-durch, dass sich ein Coach in der Universität verwurzeltunddaseigeneNetzwerkausgebautwird.Soerhielt ichwichtigeInformationenvonderForstA-Beauftragten,dieauchdenweiterenKontaktzuJörgRiedelvonderStudierwerkstattundderDozentinUlrikeHolzwarthherstellte.

Die gemeinsame Vorbereitung mit Frau Holzwarth erfolgte sehr unkompliziert. MeineRolle als studentischer Lerncoach wurde so-wohlvonderPraxislehrpersonalsauchvondenStudierenden an- und vor allem ernst genom-men.WirbegegnetenunsaufAugenhöhe,wasdie Vorbereitungen einerseits sehr angenehm undandererseitsaufgrundderoftmalsgleichenVorstellungen zeitlich erschwinglich machte.Durch Zugriff auf eine Online-Tabelle konn-te ichdenvon ihrerstelltenAblaufplan immereinsehenundmichbereitsvorbereiten.Dasbe-inhaltete die eigene Vorbereitung von Lehrein-heiten,dieGestaltungvonLehrmaterial,sowiedieBeantwortungvonFragenStudierender.IchhabemirdieseZeit gernegenommenundsoauch zusätzlich eine Sprechstunde angeboten, umaufindividuelleFragenbessereingehenzukönnen.ZudemhabenFrauHolzwarthundichdieEinheitenimmervor-undnachbesprochen.AbgestelltaufdiereinenBesprechungenhabensieamAnfangetwaeineStundegedauert,dasnahmimVerlaufderVeranstaltungenallerdingsab.Die jeweiligenEinheitenhabenwiraußer-demimmerdirektimOnline-Toolreflektiertundkonntensofesthalten,wasunsgutundwasunsverbesserungsfähigerschien.

Die direkte Umsetzung unserer Reflexionenund das Zusammenspiel von ihren und mei-nenKompetenzenwarenmeinerMeinungnachdas,wasdieVeranstaltungerfolgreichzumZielführte.Dabei erhieltenwir die volleUnterstüt-zungderStudierwerkstattundvonForstAinte-griert.UmdieVeranstaltungoptimalbegleitenzu können, sollte derCoach offen dafür sein,Kenntnisse und Fähigkeiten zu teilen und Kri-tik(sowohlpositivalsauchnegativ)alsChan-ce zu sehen. Etwas Selbstbewusstsein undEigeninitiative runden das Bild ab und geben dem Coach selbst die Möglichkeit, über sich

Abbildung 3: Potenziale des Team-Teachings – Pia Romeike (rechts) und Dr. Ulrike Holzwarth (links)

mit Spaß bei der Arbeit

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hinauszuwachsen.DabeiwareseineHeraus-forderung,weil wir auf keineErfahrungswertezurückgreifen konnten.UmunsereVorstellun-genundWünscheabzugleichen,habenwirunsim Vorhinein mit allen Beteiligten beraten und Frau Holzwarth und ich haben die Einheitendann jeweils inAbgleich unserer Reflexionenangepasst.

ForstAintegriert (Dr. Lisa Lüdders)

Die Potenziale des Team-Teachings lassen sich aus der ForstAintegriert-Perspektive durch dieerfolgreiche IntegrationmehrererMaßnah-menpakete verankern. So sollten diese nichtunabhängig voneinander bestehen und stets eine intensive Kooperation mit den zentralen AnsprechpartnerInnen von ForstA vorsehen.DiePraxislehrperson,FrauHolzwarth,konntedurch eine Empfehlung der Studierwerkstattgewonnen werden, die studentische Coach,Pia Romeike, mit demAnsprechpartner JörgRiedelvernetztwerden.Soergabensichganzneue Perspektiven für die Lehrveranstaltungund den Einsatz des Team-Teachings. For-stAintegriert besitzt somit einen größerenHandlungsspielraum, in dem neue Konzepteerprobtwerdenkönnen,alsichbishervermutethatte.DasZusammenspiel beider Lehrperso-nen war hervorragend, sodass als wichtigsteHerausforderungsicherlichdieSymbiosezwi-schen beiden zu nennen ist. Diese Überein-stimmung im Lehr- und im Vorbereitungsstil setzt jedoch auch voraus, dass ein gewissesAusmaßanHeterogenität nötig ist, umeinenGewinnderStudierendendurchbeideLehren-den festzustellen. Diese Heterogenität zeigtesichindenfachlichenUnterschieden.WährendFrauHolzwarthihreüberfachlichePerspektiveundihreLehrerfahrungalsExpertineinbrachte,warPiaRomeike fachlicheAnsprechpartnerinfürdasjuristischeStudium.ZudemverfügtsieebenfallsüberdidaktischeMethodenzurUm-setzung guter Lehre und ein Selbstvertrauen, sichinderLehrezupräsentieren.Dieletztge-nannten Aspekte stellen eine grundlegende VoraussetzungfüreinenstudentischenCoachdar,umsichimTeamerfolgreichinLehrveran-staltungenzubewähren.

Potenziale und Voraussetzungen des Peer-Learnings

WährendbisherderFokusdiesesArtikelsaufdem Team-Teaching lag, soll nun die Ebene desPeer-LearningsundderMehrwertderstu-

dentischen Coach in der Lehre und in zusätzli-chenAngebotendiskutiertwerden.

Praxislehrperson (Dr. Ulrike Holzwarth)

Ich vermute, dass sich die Studierenden überdasPeer-LearningoffenerverhaltenundmehrFragen, auch praktischer Art, gestellt haben.Sie haben die Arbeit der studentischen Coach alssehrwertvollwahrgenommenundsichsehrgutunterstütztgefühlt.PiaRomeikesVertrauenindieeigenenErfahrungen, ihreEmpathiege-genüberdenStudierenden,ihrHumorundihregreifbarenErklärungenhabenausmeinerSichtmaßgeblichdazubeigetragen.FolgendeEigen-schaftenundHaltungenlassensichgenerellda-rausfürdieVorbereitungandererCoachesab-leiten: Eigeninitiative, Freude amWeitergebenvonErfahrungen,Offenheit, sich auf verschie-dene Sichtweisen der Studierenden einzustel-lensowieeingutesReflexionsvermögen.

Studentische Coach (Pia Romeike)

Den Studierenden sollen von Beginn an Kompe-tenzenfürdasStudiumderRechtswissenschaftund darüber hinaus vermittelt werden. DurcheinerealistischeBetrachtung,dieKenntnis,werwannHilfebietenkann,einevernünftigeOrga-nisation und sinnvolles Zeitmanagement kanndas Studium deutlich erleichtert werden. Wirhaben versucht, diese Information darzulegenunddieBedeutsamkeitaberauchdieMöglich-keitderErweiterungvonKompetenzenwährenddes Studiums durch ForstAintegriert aufzuzei-gen.DabeihatteichdenEindruck,dassmeineRollealsLerncoachgeschätztwurde.Esbrach-te eine Art Nähe in die Veranstaltungen, die bei denStudierendenOffenheitauslöste.Siestell-tenvieleFragenundzeigtenInteresse,wodurchsich die Einheiten angenehm interaktiv gestal-teten. Ich glaube, dass wir den Studierendengerade durch die Kombination von Praxislehr-personundmirgutvermittelnkonnten,wiesiean ihren Fähigkeiten arbeiten und ein Studium derRechtswissenschaftgutbewältigenkönnen.Frau Holzwarth vermittelte den Studierendendurch ihre didaktischen Kompetenzen das da-fürerforderlicheKnow-How.Dadurch,dassdasStudiumderRechtswissenschaft ander einenoderanderenStelledochsehrspeziell ist,wares aber auch wichtig, den fachlichen Bezug(optimalmiteigenenErfahrungen)aufzuzeigen.Auf dieseWeisewurde dieVeranstaltung vonihrerAbstraktheit gelöst und die StudierendenkonntendiedurchFrauHolzwarthvermittelten

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Technikendirektauf ihrStudiumderRechts-wissenschaftanwenden.

ForstAintegriert (Dr. Lisa Lüdders)

BeimPeer-LearningisteinwesentlicherVorteildarin zu sehen, dass die Inhalte der Lehrver-anstaltungernstergenommenwurden,daeinKontaktaufAugenhöhestattfand.DerEinsatzvonFrauRomeike,alsStudentineineshöherenSemesters, zeigte, dass Hürden und Blocka-den sehr deutlich benannt wurden und somiteine unmittelbare Konfrontation mit unange-nehmen Studienanforderungen gegeben war.Gleichzeitig konnte Frau Romeike aber auchaufzeigen,welcheErfolgsstrategiensiebisherin ihremStudium eingesetzt hatte. Durch dieRückkopplungmitderPraxislehrperson,dieandieserStelle einewichtigeVoraussetzung fürdas Peer-Learning ist, entstand ein Abgleich der eigenen bisher angewandten Problemlö-sestrategien der studentischen Coaches. DieErkundungweitererStrategienkannsomitzurWeiterentwicklung der studentischen Coach

selbst beitragen und die Vermittlung von Inhal-ten imPeer-Kontext optimieren. EineweiterewichtigeVoraussetzungistsicherlich,dasspo-tentielle studentische Coaches bereits in Lehr-veranstaltungen oder anderen universitären AngebotendesFachbereichswahrgenommenwurden.Hierzuzählensehrwahrscheinlichdieaktive Teilnahme an Lehrinhalten, sich bei Pro-fessorInnenbekanntmachenundggfs.auchinForschungsprojekten als Hilfskraft gearbeitetzu haben, sodass auf ForstAintegriert-Ebene dieseStudierendenbereitssichtbarwerden.

Erfahrungsberichte der Studierenden

Sowohl auf der ForstAintegriert- als auch aufden anderen Ebenen der Lehre waren star-ke Hoffnungen an die Lehrveranstaltung unddas zusätzliche Angebot einer studentischen Lernberatunggeknüpft.SosolltendieStudie-rendenmöglichst viele praxisbezogene Tippsfür ihrStudiumnutzenkönnenundauchüberdas erste Fachsemester hinausgehend eine Anwendung ermöglichen. Fachliche Inhalte

Erfahrungsbericht 1: „Die Teilnahme an der Veranstaltung ‚Erfolgreiches Studieren in der Rechts-wissenschaft’ war eine Bereicherung für mich, da mir wichtige Tipps gegeben wurden, die mir bei der Strukturierung meines Studiums weiterhelfen. Ich fand es sehr hilfreich, dass Frau Pia Romeike eine Sprechstunde angeboten hat. Dadurch wurde mehr auf individuelle Fragen und Ängste in einer vertrauensvollen Atmosphäre eingegangen.“

Erfahrungsbericht 2: „Etwas nimmt man immer mit. Ein paar neue Ideen bekommt man immer und zumindest ein paar neue Vorsätze fallen für einen ab. Außerdem kann mir keiner erzählen, dass er in der Zeit, in der er nicht im Kolloquium saß mit seiner Zeit etwas Besseres angefangen hat (...). Die Dozenten waren gut gewählt. Ich würde an einen solchen Kurs immer wieder gerne teilnehmen (...) und ihn auch jedem jederzeit empfehlen.“

Erfahrungsbericht 3: „Die Veranstaltung ist sehr hilfreich für alle, die sich Unterstützung wünschen – erste Orientierung zu erhalten im Fachbereich – und mit viel Liebe und Tipps angereichert, die einem helfen einen kühlen Kopf zu bewahren, sich besser zu organisieren und einfach auch et-was über sich zu erfahren. Mir hat es Sicherheit gegeben von einer erfahrenen Jurastudentin zu erfahren, was funktioniert und was nicht und welche (Lern)horizonte für ein erfolgreiches Jurastu-dium notwendig sind. Sehr empfehlenswert, um sich im Erstsemestergetümmel zurechtzufinden!“

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waren nicht Bestandteil der Lehre (mit Aus-nahme der Vernetzung der Methoden zu den rechtswissenschaftlichenAnforderungen),so-dass auch eine Auszeit vom regulären Studi-enalltaggeschaffenwerdensollte,diejedochdurcheinenprofessionellenAustauschbeglei-tetwird.WährendeineErsterhebungderEr-wartungenderTeilnehmerInnendurchgeführtwerden konnte (N=35), gestaltete sich einestandardisierte quantitative Evaluation als schwierig, da nicht ausreichend StudierendeandieserErhebungteilnahmen.Gründehier-fürmögenu.a.andemZeitpunktderEvaluati-onliegen(inderPrüfungszeit)sowiederstar-ken Überevaluierung des Fachbereichs 06.AufGrundlagedessenwurdeeinqualitativesFeedbackvonwenigenStudierendengesam-melt.

Herausforderungen im Rahmen von ForstAintegriert

Neue Lehrformate in das Studium zu integ-rieren, setzt eine hohe Planungsintensität vo-raus. Somüssen Lehrpersonen und studen-tische Coaches zunächst rekrutiert und ein zusätzlicher Zeitaufwand durch Schulungenüber das Coachprogramm der Studierwerk-statt muss ebenfalls bedacht werden. DieVernetzung sollte daher so früh wiemöglicheinsetzen, da sich durch die Anzahl der Betei-ligtendieTerminplanungschwierigergestaltenkann. Auch die Strukturierung der Ziele desLehr-undLernformatesistwichtig,ergibtsichaber oft erst nach einem intensiven Kontakt.So kann aus ForstA-Perspektive nicht immer umgehendeingeschätztwerden,wiesichdasFormatinderRealitätbewährtundobdiesesauch von den Studierenden angenommen wird. Die Zeit der Lehrveranstaltung wurdeaufgrund der Lehrplanung und der Abstim-mungmit den Lehrpersonen angepasst.AlleStudierenden des ersten Fachsemesters soll-tenzumindestpotentielldieMöglichkeitbesit-zen, an dem Angebot teilzunehmen und dieses solltewöchentlichstattfinden.Daimrechtswis-senschaftlichenStudiumunterderWochenurwenigefreieLehrkapazitätenbestehen,wurdedie Lehrveranstaltung einmal verschoben und um einen längeren Workshop ergänzt. Einweiterer wesentlicher Nachteil ist die derzei-tige Finanzierung der Lehrformate. Die me-thodischen Workshops der Praxislehrpersonwerden in anderen Organisationen durchausbesser bezahlt, sodass hier und auch bei der Finanzierungshöhe der studentischen Coa-

ches nochmehr Kapazitätenwünschenswertwären.DieFormdesTeam-TeachingswarfürdieLehrpersonenzeitsparend,jedochwardieVorbereitungszeit dafür intensiver. Aus Sichtder Studierenden könnte zusätzlich ein Teil-nahmezertifikat sinnvoll sein, umneben ihrerintrinsischen Motivation auch eine externe WertschätzungfürdenLebenslaufzuermög-lichen.

Fazit

Der Erwerb von Studierkompetenzen standdurchAnwendungeinesTeam-Teaching-undPeer-Learning-Formats in der Studienein-gangsphase im Vordergrund. Durch die be-schriebene Lehrveranstaltung und die Lern-beratungssprechstunde konnte frühzeitigauf spezifische Fragen eingegangen und dieWahrnehmungfüreinenrealistischenUmgangmitzukünftigen juristischenStudienbedingun-gen geschärft werden. Gleichzeitig wurdenunterschiedliche Vorkenntnisse und Voraus-setzungen der Studierenden im Umgang mit den überfachlichen Methoden zum Gegen-stand gemacht und damit die Heterogenitätpositiv in der Lehre verankert. Das Angebotwurde variabler eingesetzt und sichtbar prä-sentiert, z.B. Werbeaktivitäten mit Plakaten,Mails,aufderSeptemberakademieundinPrä-senzvorlesungen der Erstsemester. Je nachVeranstaltung könnte die Synergie aus dendirektenStudienerfahrungenvonLerncoachesund den Inhalten der Praxislehrperson auch aufFachlehrveranstaltungeninundaußerhalbder Rechtswissenschaft übertragen werden.Wichtigdabei isteingutfunktionierenderundwertschätzender Umgang zwischen CoachundLehrendem.

Abschlusszitat von Pia Romeike

„Der Einsatz von Lerncoaches ist meiner Mei-nung nach unheimlich wertvoll für die Studie-renden. Gerade Coaches aus höheren Semes-tern können ihre Erfahrungen aufzeigen, Tipps geben und bringen die Nähe in die Veranstal-tungen. Es ist eine tolle Aufgabe, die nicht nur den Teilnehmern ein Mehr vermittelt, sondern einem Coach ebenso. Verschiedene Perspek-tiven, Ansichten, Gedanken der Studierenden, das gemeinsame Lehren mit einer erfahre-nen Dozentin und der schöne Nebeneffekt so manch eine Technik für sich neu zu entdecken, machen diese Aufgabe besonders spannend. Ich mache gerne als Coach weiter!“

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Literatur:

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• Kricke,Meike&Reich,Kersten(2016).Teamteaching,Weinheim.• Topping,KeithJ.(2005).TrendsinPeerLearning.In:EducationalPsychology,Vol.25,No.6,December

2005,631–645.• Zacharopoulou,Amanda&Turner,Catherine(2013).PeerAssistedLearningandtheCreationofa„Learning

Community“forFirstYearLawStudents.In:TheLawTeacher,47:2,192–214.

Dipl.-Inh. (WA) Pia Romeike ist Studentin der Rechtswis-senschaft im 9. Semester. Durch ihre beruflichen Vorer-fahrungen bringt sie bereits fachübergreifende Qualifikati-onen, sowie Führungsqualität und Routine als Referentin mit. Am Fachbereich 06 ist sie als Lern- und Schreibcoach, freiwillige Korrektorin und als Tutorin im Strafrecht tätig.

Dr. Lisa Lüdders, Dipl. Psych., B.A. Soz., koordiniert seit April 2017 das ForstAinteg-riert-Projekt am Fachbereich 06. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Methodik & Evaluation und Lehrende für Statistik im B.Sc. Psychologie des Fach-bereichs 11 setzt sie studen-tische Forschungsprojekte praxisnah innerhalb und au-ßerhalb ihrer Lehre bereits seit mehreren Jahren um.

Diplompädagoge Jörg Rie-del koordiniert seit 2016 das ForstA-Maßnahmenpaket 4, studentische Lernformate. Als Mitarbeiter der Studierwerk-statt ist er für die Ausbildung und den Einsatz der Coaches im Rahmen des Peer-Lear-nings verantwortlich.

Dr. Ulrike Holzwarth, Diplom Biologin, ist seit 2015 als Do-zentin für die Studierwerkstatt der Universität Bremen tätig. Dort unterrichtet sie semeste-rübergreifend Techniken des erfolgreichen Studierens für Studierende aller Fachrichtun-gen.

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Das Atelier – ein Ort, in dem der Künstler sich ausprobiert, verschiedene Materialien und Me-thoden testet, seinem Schaffensdrang nachgeht und von der Idee bis zum Ergebnis unter-schiedliche Phasen durchläuft. Die Philosophie – ein einsames, stilles Unterfangen, gedank-liches Ringen mit bereits verstorbenen, großen Denkern und abstrakten, weltfernen Ideen? Im Philosophiestudium lernt man meist fertig verschriftlichte Werke kennen, ein großer Teil davon aus vergangenen Epochen. Diese werden von Lehrpersonen eingeführt, von denen sich erahnen lässt, dass sie selbst eine philosophische Welt mit sich herumtragen. Uns, einigen Philosophiestudierenden der Universität Bremen, ist es anhand eines innovativen Lernformats gelungen, mit den Dozierenden forschendes Lernen ganz konkret und lebendig werden zu lassen. Das Philosophische Atelier, ein Raum des gemeinsamen philosophischen Arbeitens, soll hier vorgestellt werden.

Motivation und Inspiration: Der Anfang

Innerhalb derStudierendenschaft am Institutfür Philosophie keimte im Sommersemester2017derWunsch,weiter hinter dieKulissendes eigenen Instituts und die unterschiedli-chen Arbeiten ihrer Dozierenden zu blicken.Neben dem bereits bestehenden Kolloquium, das Lehrenden und Studierenden eine Mög-lichkeit bietet, nationale und internationale Phi-losoph*innen zu hören, und dem vom StugAPhilosophiealsGelegenheitdesAustauschesinnerhalbderStudierendenschaftorganisierten„KulturPhorums“,fehltenocheinRaumzurIn-tensivierung der Diskussionen mit Dozierenden bezüglich ihrer aktuellen Forschungsthemen.Eine solchePlattform sollte unmittelbareEin-blicke inaktuelleForschungsprojekteamphi-losophischen Institut der Universität Bremen liefernundunsdamitauchdieInteressenderLehrenden näherbringen: Wofür stehen sie? Was motiviert sie? Wie gehen sie vor?

Von Beginn an war selbstbestimmtes, eigen-

motiviertes Engagement essenzieller Bestand-teil des Philosophischen Ateliers. So wolltenwir die formale Gestaltung des Seminars ei-genständigorganisieren.DasExperimentwargeprägt von dem Gedanken der Evaluierungneuer sowie unüblicher Gestaltungsansät-ze einer Lehrveranstaltung. Im Zuge diesesWechsels der Organisationslast von Dozie-renden zu Studierenden sollte auch mit den gängigenHierarchiengebrochenwerden.DieAufhebung der klassischen Rollenverteilungsollte den erwünschten persönlichen DialogmitdenDozierendenvereinfachen,dertraditi-oneller Bestandteil von Lehre und For-schung in der Phi-losophieist.

Die Auswahl derDiskussionsgrund-lagen in Form von Texten sollte den Dozierenden über-lassen werden, so

Der direkte Link zum Artikel online auf www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

Das Philosophische Atelier:Ein Beispiel für selbstbestimmtes, forschungsnahes Lernenvon Andreas Nutz, Marie Amelung, Max Melcher, Maike Piesker, Alina Schwennen, Clara Voigt, Jonathan Assmus, Clara Baumann und Svantje Guinebert

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„Moralische Rechte gibt es nicht“ – Der Auftakt im Atelier mit Professor Mohr

Zum Auftakt des philosophischen Ateliers wur-de mit unserem Institutsvorsitzenden Profes-sor Georg Mohr über dessen Beitrag zu einem Pro- und Contra-Segment der Plattform „Phi-losophie indebate“ gesprochen. Die Redaktion der Internetplattform „Philosophie indebate“ hatte Herrn Prof. Mohr um einen Beitrag zu der Frage „Gibt es moralische Rechte?“ gebeten und seinen Artikel „Moralische Rechte gibt es nicht“ als Gegenpart zu dem Artikel „Warum es sinnvoll sein kann, von moralischen Rechten zu sprechen“ von Prof. Dr. Georg Lohmann (Universität Magdeburg) veröffentlicht. Durch die Gegenüberstellung der beiden Texte, die Kontrapositionen vertreten, wurde eine sehr ertragreiche Diskussion angeregt. In der De-batte mit Professor Georg Lohmann (Univer-sität Magdeburg) bezog er zu der Frage die – auf den ersten Blick – kontroverse Kontrapo-sition. Diese Konstellation versprach einen fruchtbaren Nährboden für eine ertragreiche Diskussion.

Das in Text gegossene Wortgefecht lieferte einen hervorragenden Einstieg in der Vorbe-reitungssitzung für eine inhaltliche Auseinan-dersetzung. Professor Mohr erstellte in seinem Text eine präzise Analyse des in Frage stehen-den Begriffs von moralischem Recht. Anhand der begrifflichen Inkohärenz als redundant entlarvt, argumentierte er dafür, den Terminus „moralisches Recht“ fallen zu lassen und sich auf die moralische Pflicht zu beschränken, um die Diskussion von Unklarheiten zu befreien. Sein Magdeburger Pendant hingegen bot in seinem Text ein historisches Plädoyer für den Nutzen eines solchen Begriffes, welches unter anderem durch die Aufgliederung am Beispiel der Menschenrechte untermauert wurde. Die Divergenz zwischen den verfolgten Ansätzen erweckte bei uns den Eindruck, die Texte wür-den argumentativ aneinander vorbeiführen. Folglich erschien es uns als ratsam, zum einen Professor Mohr nach dem konkreten Begriffs-verständnis bezüglich „Pflicht“ und „Recht“ zu fragen und zum anderen in Erfahrung zu brin-gen, ob und in welchem Ausmaß die Kontrahen-ten von der Position des Gegenübers wussten. Inspiriert durch weitere Fragen bezüglich des Formats, der Entstehung und der Motivation der Experten keimten allmählich konkrete Über-legungen zur Gestaltung der Premiere unseres

Philosophischen Ateliers auf.

Nach reichhaltiger Abwägung verschiedener Ansätze entschieden wir uns dazu, ein offe-nes Format ohne spezifische Rollenverteilung anzustreben, dieses gelöste Diskussionsklima sollte jedem die Möglichkeit bieten, sich einzu-bringen.

In der darauffolgenden Woche wurde der Ein-stieg in die gemeinsame Diskussion durch die gewohnt freundliche Art von Professor Mohr aufgelockert. Nach der planmäßigen Runde mit Verständnisfragen verteidigte Professor Mohr seine Position mit der Ruhe und Präzisi-on eines Chirurgen gegen jene Einwände, die argumentativ zu schwach waren oder seine Position nicht in angemessener Weise trafen. Stichhaltige Einwände hingegen bekräftigte er durch Ausführungen bezüglich verschiedener Ansätze in Rechts- und Moralphilosophie mit gelegentlichen Verweisen auf Immanuel Kant. Den inhaltlichen Schwerpunkt der Diskussion bildete eine Auseinandersetzung mit der Ent-stehung von Pflichten und der Begründung von Rechten sowie der Relation dieser beiden Aspekte zueinander. Zusätzlich zu der inhalt-lichen Auseinandersetzung offenbarte sich durch Fragen zu Entstehung und Format des Textes, dass sich Professor Mohr und Profes-sor Lohmann schon des längeren gemeinsam mit der Thematik beschäftigen.

In einer abschließenden Fragerunde gewährte uns Professor Mohr Einblicke in seine persönli-chen Erfahrungen des Lebens eines akademi-schen Philosophen. Die Darstellung erstreckte sich von der Inspiration für die eigene For-schung, über die Schwierigkeiten, die mit dem Balanceakt zwischen Lehre, Forschung und Verwaltung einhergehen, hin zu der Freude des Schaffens und der Begeisterung für die Philosophie. Diese tiefgehende Einsicht wurde verständlicherweise mit enormem Interesse von den anwesenden Studierenden aufge-nommen.

Dieser gelungene Auftakt versprach ein Se-mester voller spannender Diskussionen und einen lehrreichen Austausch mit den Dozieren-den abseits des herkömmlichen Universitäts-alltags.

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dass sie nach Belieben eigene gegenwärtigeIdeenundauchnochnichtveröffentlichteTextezur Diskussion stellen konnten. Erfreulicher-weiseergabdasunsvorgelegteMaterialeinenbunten Blumenstrauß: von Veröffentlichungs-entwürfenüberBeiträgeinOnline-ForenbiszuHandbuchbeiträgen, von Begriffsanalyse bisProvokation, von Doktoranden bis zum emeri-tiertenProfessor.

Material und Werkzeuge: Das Konzept

Die unterschiedlichen Textformate legten ver-schiedene Diskussionsstile nahe. Vorstellbarwar eine Einteilung der Gruppe in Pro- undContra-Lager, wobei jeweils Argumente füroder auch gegen die eigene Position erarbeitet werdensollten.Denkbarwaraußerdem,dassdie Gruppe geschlossen argumentativ gegendievomAutorbzw.vonderAutorinvertreteneThese antritt. Des Weiteren möglich war, dieLehrperson aufzufordern, gegen den eigenenAnsatzzuargumentieren,währenddieStudie-renden den zu diskutierenden Standpunkt ver-teidigten.

ProTextgabesgrundsätzlichzweiSitzungen:einezurVorbereitungundeinezurDiskussion.Nach einer einleitenden Klärung von Verständ-nisfragennahmdie inhaltlicheDiskussiondengrößtenRaumein.ZurVerwirklichungdesan-gestrebtenhierarchielosenMiteinanderswähl-tenwireineArtTafelrunde,indiesichdiebzw.derjeweiligeDozierendemiteinfügte.AufdieseWeisewolltenwirdasFormatvomklassischenLehrmusterdesFrontalunterrichtsbefreienunddieDozierendendirekteinbeziehen.DieOrga-

nisation der Redebeiträge erhofften wir durchgegenseitige Rücksichtnahme regeln zu kön-nen,sowohlbeidervorbereitendenSitzungalsauch inderDiskussionsrunde,dawirunsge-gen eine Moderation des Seminars ausgespro-chenhatten.

Skizzen und Ausarbeitungen: Der Verlauf

Zu Beginn des Semesters beschäftigten wirunsmiteinemArtikelvonProf.Dr.GeorgMohr,der unter dem Titel „Moralische Rechte gibt es nicht“ in „Philosophie indebate“ erschien (Siehe Textbox).AufdieserInternetplattformwurdederArtikeleinemTextvonProf.Dr.GeorgLohmannmitdemTitel„Warumessinnvollseinkann,vonmoralischenRechtenzusprechen“gegenüber-gestellt.

AlsnächsteswidmetenwirunseinerfürunserFormat verhältnismäßig umfangreichenArbeitvonDr.FrankKannetzky,inderersichmitei-nem Gedankenexperiment zum Roman „Bra-veNewWorld“vonAldousHuxleybeschäftigt.AmBeispielderdystopischenGesellschaftvonHuxleydiskutiertenwir,inwiefernunsereheuti-genmoralischenTheoriengreifen,wennesdenSubjekten an autonomem Denken mangelt.Insbesondere die an Fiktion angelehnte Aus-führung der Argumentation war eine willkom-meneAbwechslung.

Prof.emer.Dr.ManfredStöcklerstellteseinenText„Ziele,VielfaltundEinheitderWissenschaf-teninTheorieundPraxis“zurVerfügungunder-öffneteerhellendeEinblickeinseinelangjährigeakademischeundbürokratischeErfahrung.

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AnneThaeder erarbeitete eigens für dasPhi-losophische Atelier ein Thesenpapier zu ihrer aktuellen Arbeit, die in einer Veröffentlichungmünden soll. „Zur Orientierungsfunktion derPhilosophie – Gedanken zu einem VorschlagvonGeorgMohr“beziehtsichaufdessenArti-kel „BrauchenmoderneGesellschaftenOrien-tierungundkannPhilosophiesiegeben?“.

Zu guter Letzt behandelten wir den Beitrag„Wasistoptimal?“vonBjörnHaferkamp.Dieserrichtet sich laut Autor explizit nicht ausschließ-lich an ein fach-philosophischesPublikum, imVordergrund steht vielmehr eine interdisziplinä-reDiskussionüberOptimierungineinerdigita-lisiertenWelt.

Die Durchführung der Sitzungen gestaltetesich aufgrund der experimentellen Natur un-seresAteliers jedesMaleinweniganders.Esentwickelte sich jedoch imLaufe derWocheneine Grundstruktur, an der wir uns orientier-ten.Zunächstwurdedie aktuelleTextgrundla-geaufder InternetplattformderUniversität fürallezugänglichbereitgestellt,sodasssichjederindividuellaufdienächsteSitzungvorbereitenkonnte.DieseVorbereitungwarabhängigvomjeweiligenTextmalsehrumfangreich,malweni-gerzeitaufwändig.InderjeweilserstenSitzungwurdealsovorausgesetzt,dasssichallebereitsmit der Thematik auseinandergesetzt hatten,

sodass wir dann gemeinsam über den Inhaltdiskutieren konnten. Das bedeutete, Fragenzu sammeln, Unklarheiten zu beseitigen, die StichhaltigkeitderArgumentezuprüfenunddieeigenenMeinungen zurThese zu entwickeln.Außerdemwarunsimmerwichtig,herauszufil-tern,wasindenBedeutungsbereichdesTextesbzw.desThemasfiel:Auf welche aktuellen Ge-gebenheiten nimmt der Text Bezug und mit wel-chen kann er in Bezug gesetzt werden? Welche weiteren Fragen gehen aus der behandelten Thematik hervor und wie kann man auf diese eingehen?

Die Resultate unserer Vorbereitungssitzungen wurdeninderdarauffolgendenWochemitdemjeweiligenVerfasserbzw.derVerfasserindisku-tiert.

Natürlich variierten auch die Formen dieserzweiten Sitzungen, da es mal unterschied-liche Meinungen gab, mal alle an den gleichen AussagenundAspekteninteressiertwaren.Esentstanden lebendige Diskussionen, nicht nur mit den Autor*innen, sondern auch unter den Studierenden.ZumEndederDiskussionwurdedasGesprächergänztdurcheinpersönlicheresGesprächmitdereingeladenenPerson.DarinwurdenFragenandieAutor*innengestellt,wieetwanachderVeranlassungdesTextes,wiesospezielldiesesThemagewähltwurdeundwie

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diePersonbeimSchreibenvorgegangenist.Indiesem Teil des Ateliers kam es zu einem nähe-ren Kennenlernen der Lehrenden des Instituts inBezugaufderenwissenschaftlicheTätigkei-tenundAnsichten,wasmanchmalgeschmücktwurdedurchpersönlicheAnekdoten.Daman-chederverfasstenSchriftennochnichtveröf-fentlichtwurden,warunsereKritik,positivwienegativ, in diesen Fällen besonders willkom-menundspornteunsdazuan,dasGeschriebe-nenochscharfäugigerzuuntersuchenundzuanalysieren:AufdieseWeiseverließenhäufigbeide Parteien den Raum mit neuen Erkennt-nissenoderauchmitneuenFragen.

Betrachtung des Werks: Das Fazit

Was können die am „PhilosophischenAtelier“Beteiligten aus diesem Experiment mitnehmen?

Dieswird füralleeinwenigunterschiedlichzubeantwortensein.DieStudierendenhabensi-cherlich Inspiration und Vorbilder gefunden.Die einzelnen Sitzungen stellten eine VielfaltvonThemen,TextsortenundArbeitsweisenvor,die Einblicke in spannende, inhaltliche Ausein-andersetzungensowieindieArbeitsweisevonWissenschaftler*innengewährten.Zuerfahren,welcheDozierendensichmitwelchenThemenundaufwelcheArtbefassen,halfeinigenStu-dierenden außerdem Ansprechpartner*innen

füreigeneProjektezuidentifizieren.

DarüberhinauswaresfürdieGruppeeinebe-sondereErfahrung,gemeinsamverantwortlichzuseinfürdieOrganisationderVeranstaltung.Die Entscheidung, keine Person zur Moderati-onauszuwählen,sondernimmerinderEinzel-situationeineLösungzufinden,wersprechendarf oder wer Aufgaben übernimmt, hat sehrgutfunktioniertundistangesichtsdessen,dassdas„Atelier“hierarchiefreierseinsolltealsan-dere Veranstaltungen, ein besonderer Erfolg.WennesauchMomentederUnsicherheitgab,hatsichimmereinrespektvollesundabwechs-lungsreichesMiteinanderentwickelt.

Den Dozierenden auf der anderen Seite wirdgespiegelt, welche InteressenStudierende anihren aktuellen Arbeiten haben, welche Text-passagenaufbesondersvielBegeisterungundwelche aufWiderspruch stoßen. Sie erlebtenaußerdem beim „Philosophischen Atelier“ eine Lehrveranstaltung, die sie nicht selbst organi-sierthaben.Sie fandensich ineinerSituationals„Gast“wieder.

Mit dem „Philosophischen Atelier“ wurde einRaum geschaffen, in dem Studierende selbstundgemeinsammitdenjeweiligenAutor*innenTexte bearbeiten, durchdringen, und bespre-chenkönnen.

Ausblicke

Es geht weiter! Die positiven Erfahrungen kul-minierten in vielen weiteren Vorhaben und Ide-en, von denen hier zwei exemplarisch skizziert werden.

Zum einen geht es um das Thema „Wozu Phi-losophie?“, das sowohl uns Studierenden am Herzen liegt als auch philosophieinteressier-te Menschen beschäftigt. Gemeinsam mit der Philosophischen Gesellschaft Bremen planen wir einen Gedankenaustausch zwischen denje-nigen, die teilhaben an der akademischen Phi-losophie, und jenen, die sich außerhalb dieser folgende Fragen stellen: Welche Zwecke erfüllt Philosophie? Warum studieren wir Philosophie? Was erhoffen wir uns davon? In einer Vorberei-tungssitzung werden wir zunächst diese Fra-gen unter uns erörtern. In einer zweiten Sitzung wollen wir die Auffassungen der Dozierenden einbeziehen, um mit ihren Perspektiven und

Erfahrungen unsere Ansichten zu ergänzen. Im dritten und vierten Schritt wollen wir eine Kurz-präsentation erstellen, die anschließend bei der Philosophischen Gesellschaft Bremen vorge-stellt werden und als Aufhänger dienen soll, um mit der Öffentlichkeit ins Gespräch zu kommen.

Zum zweiten schwebt uns die Nutzung des in-stitutsinternen Arbeits- und Diskussionsforums der Dozierenden vor. Dort geführte Debatten wollen wir mitverfolgen und anschließend im philosophischen Atelier vertiefen. Zuletzt wol-len wir denjenigen/diejenige einladen, der/die das Thema in die Arena eingebracht hat, um gemeinsam eine abschließende Diskussion da-rüber zu führen.

Die Motivation bleibt weiterhin, verschiedene Perspektiven innerhalb der Philosophie und auf die Philosophie zu intensivieren.

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V.l.n.r.: Andreas Nutz, Marie Amelung, Max Melcher, Maike Piesker, Alina Schwennen, Clara Voigt, Jonathan Assmus und Clara Baumann (nicht im Bild) sind Studierende der Philosophie und haben zum Gelingen des Philosophischen Ateliers beigetragen und den Text verfasst.Svantje Guinebert (ganz rechts im Bild) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrende am Institut für Philosophie und hat bei der Konzeption und Ausrichtung des Philosophischen Ateliers sowie bei der Erstellung des vorliegenden Artikels mitgearbeitet.

Literatur:

• Haferkamp,Björn:„Wasistoptimal?NutzenundFallstrickederOptimierung“.In:BigDataundE-Health,herausgegebenvonderStiftungDatenschutz.Berlin:ESV,2017.

• Kannetzky,Frank:MoralphilosophischeSprachlosigkeit.ÜberlegungenzuA.Huxleys„SchöneneueWelt“.UnveröffentlichtesManuskript,2003.

• Mohr,Georg:„MoralischeRechtegibtesnicht.“In:ProundContra:GibtesmoralischeRechte? https://philosophie-indebate.de/2924/pro-und-contra-gibt-es-moralische-rechte/(zuletztaufgerufenam20.02.2018).

• Mohr,Georg:„MoralischeRechtegibtesnicht“.In:H.-J.Sandkühler(Hrsg.):RechtundMoral.Hamburg:Meiner,2010,S.63-80.

• Stöckler,Manfred:„Ziele,VielfaltundEinheitderWissenschafteninTheorieundPraxis.Wissenschaftsphilo-sophischeKlärungsversuchezurInterdisziplinarität“.In:Hoff,GregorMaria/Korber,Nikolaus(Hrsg.): InterdisziplinäreForschung?AnnäherungenaneinenstrapaziertenBegriff.Freiburg:Alber,2018.

• Thaeder,Anne:„ZurOrientierungsfunktionderPhilosophie.GedankenzueinemVorschlagvonGeorgMohr“.UnveröffentlichtesManuskript,2017.

• Thaeder,Anne:„Einleitung“.In:GentransporteroderGeistwesen?EinVergleichderMenschenbilderbei WolfhartPannenbergundEdwardO.WilsonauserklärungstheoretischerPerspektive(Diss.).UniversitätBremen,2017.

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In der heutigen Zeit rückt die Frage, wie ein Zusammenleben von Menschen unterschiedli-cher ethnischer und sozialer Herkunft sowie religiöser Orientierung gestaltet werden kann, zunehmend in den Vordergrund. Durch die künstlerischen Zugänge des Theaters eröffnen sich neue und vielschichtige Möglichkeiten, sich diesen gesellschaftlichen Fragen spiele-risch-experimentell zu stellen und politisches Handeln zu erproben. In einem engen Zusam-menhang mit kultureller Pluralität stehen auch spezifische Themen wie Flucht und Migration, mit denen sich das hier vorgestellte deutsch-französische Lehrprojekt befasst.

Der direkte Link zum Artikel online auf www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

Forschendes Lernen zwischen Wissenschaft und Theaterpraxis

DasProjektbewegtsichandenSchnittstellenvonWissenschaft, Kultur- undTheaterpraxisund verbindet künstlerische und universitäreZugänge.DasbilateraleTheaterprojekt,wel-ches im März 2017 in Berlin startete und im Juli 2017 inAvignon fortgesetztwurde, führ-te 25 Studierende der beiden Universitäten BremenundAvignonzusammen,umvertiefteEinblicke in das kulturelle Leben der beiden Nachbarn Deutschland und Frankreich zu ermöglichen. Die Studierenden erlebten unddiskutierteninzweieuropäischenStädtenge-meinsamTheater und erprobtenMöglichkei-tendieserKunstinpraxisorientiertenAteliers.Organisiertundpädagogischumgesetztwur-de das Projekt durch Dozentinnen der Uni-versité d’Avignon, dieGermanistinMarianneBeauviche und die TheaterwissenschaftlerinSophieGaillard,sowiedielangjährigeBremerRomanistinNataschaUeckmann.Vom27.bis31.März2017trafensichdiedeutschenund

französischenStudierenden,unterdenensichauch italienische und chinesische Austausch-studierende befanden, zunächst in Berlin,um vor Ort in das aktuelle Theatergeschehen einzutauchen. Im Mittelpunkt stand das sogenannte „Postmigrantische Theater“. The-aterbesuche mit Hintergrundgesprächen imMaxim Gorki Theater, Ballhaus Naunynstra-ße,HeimathafenNeuköllnund inderSchau-bühneveranschaulichtendasbesonderePo-tential von Theater im Umgang mit Migration, Flucht und kultureller Differenz. Im Sommer(6.-13. Juli 2017) folgtederGegenbesuch inAvignonwährend des europaweit bekanntenTheaterfestivals.

Gemäß den Ziel-setzungen des Forschenden Ler-nens (vgl. Huberet al. 2013, Mieg/Lehmann 2017)stand im Zentrumdie eigenständige

Theater erleben in Berlin und Avignon:

Ein deutsch-französisches Lehrprojekt als Laboratorium für Forschendes Lernen1 von Natascha Ueckmann, Änne Gerdes und Andrea Dassing

1EinausführlicherBeitragzudiesemLehrprojekterscheintin:MariaLieber,ChristophO.Mayer,RebeccaSchreiber(Hg.):Kulturwissenschaftliche Impulse in Theorie und Praxis: Integration – Evolution? Revolution?,Frankfurta.M.:Lang2018.

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EntwicklungvonForschungs-bzw.Interview-fragen, die Überprüfung der erarbeitetenHypothesen im Team und ihre kritische Re-flexionsowiedieGenerierungneuerErkennt-nissezurTheaterpraxis.GemeinsamwurdeninBerlineineKartographie,einGlossar,eineBibliographie zum Forschungsstand sowieTheateranalysen und Interviews mit Thea-ter- undFilmexpertinnenerarbeitet.DasdenGruppenarbeiten zugrundeliegende pädago-gischeKonzept entwickeltenSophieGaillardund Marianne Beauviche. Die nachhaltigeGestaltung des Lernprozesses durch aktiveBeteiligung der Studierenden in unterschiedli-chen,bilingualenGruppenwarzentralfürdasgemeinsame Lehrprojekt, welches sich anBachelor-Studierende der Frankoromanistik und an Master-Studierende interdisziplinärer Studiengänge wie Transnationale Literatur-wissenschaft und Transkulturelle Studien der Universität Bremen sowie anMaster-Studie-rende von Théâtre et Patrimoine der Univer-sitéd’Avignonrichtete.

Migration als ein Querschnittsthema

Zunächst erschlossen sich die Bremer Stu-dierenden in wissenschaftlicher Perspektivein Form eines vorbereitenden Seminars das RahmenthemafürBerlin:Aktuelle Theaterent-wicklungen in Deutschland und Frankreich.Sie präsentierten in Arbeitsgruppen wissen-schaftliche Grundlagen zum Querschnitts-thema „(Post-)Migration“. Ein zentrales Er-gebnis dieser theoretischen Erarbeitung ist, dass Migration ein sehr vielschichtiger, aktiver

Prozess ist, in demMigrant/innen unbedingtalsSubjekte,Akteur/innen,alsGrenzgänger/innenmitmultiplemWissen (vgl.Hesset al.2017) – oder um es theatergerecht zu for-mulieren, durchaus auch als Held/innen miteinem besonderen Erfahrungshintergrund– anzusehen sind. Es ergaben sich ersteForschungsfragen: Welche Rolle nimmt dasTheater als Verhandlungs- und Partizipati-onsraum in den aktuellen Diskussionen um Zuwanderung ein? Welches Potential bietetTheater gerade marginalisierten Gruppen?Wie kann Theater politisch intervenierenundwie kannkulturellesEngagementhinter,vorundaufderBühneaussehen?UmeinenEindruck zu gewinnen, wie das Theater mitden erarbeiteten wissenschaftlichen Frage-stellungen zum Thema der (Post-)Migrationumzugehen vermag, stand Nurkan Erpulats undJensHilljes viel gespieltesTheaterstückVerrücktes Blut (2010) im Zentrum des Bre-mer Vorbereitungsseminars. In Verrücktes Blut werdenstereotypeRollenradikalprobiertundwiederverworfen.DieInszenierungöffnetauchdenBlickaufdieRollenverteilungindendeutschen Theatern: Welche Rollen werdenan Menschen mit Migrationshintergrund ver-geben? Und welche eben nicht? Wie vieleRegisseur/innen, Dramaturg/innen und The-aterleitungen haben einen Migrationshinter-grund? Müssen diese sich in ihren Stückenimmer mit Multikulturalität auseinandersetzen, oder können sie auchKlassiker inszenieren,welchemitdiesemThemanichtinVerbindungstehen?FühlensichMigrant/innenundPost-migrant/innenüberhauptvonkonventionellen

BERLINAbbildung 1: Theaterrundgang | Abbildung 2: Wir vor dem Gorki |

Abbildung 3: Akademie der Autodidakten

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Theaterhäusern als Publikum angesprochen? Statteines‚Migranten-Theaters‘,soWolfgangSchneider (2011), brauchen wir eine Kultur-politik, die in Personal, Produktion und Pub-likum multiethnisch sei, denn – so sein Appell – transkulturelle Verständigung sei eine Quer-schnittsaufgabedesTheaters.

Erste Station: Berlin – Postmigrantisches Theater

MiterstenForschungsfragen imGepäckgin-gen die Bremer Studierenden zusammen mit Studierenden der Université d’Avignon wäh-rendderfünftägigenExkursiondemTheater-gescheheninBerlinaufdenGrund.Gestartetwurdemit einem Besuch des beeindrucken-denStückesCommon Ground (2014)der is-raelischenRegisseurinYaelRonenimMaximGorkiTheater.RonenarbeitetmitSchauspie-ler/innen,diealsKinderderOpferundTätervon Kriegsverbrechen in den 1990er Jahrenaus Ex-Jugoslawien nach Berlin geflohensind. Im Fokus der Inszenierung stehen vorallem die schmerzhafte AuseinandersetzungmitdereigenenGeschichteunddiedamitver-bundeneVerknüpfungvonVergangenheitundGegenwart. Die Fragen nach Herkunft, Zu-gehörigkeit, Familie, Verantwortung, Macht,Ohnmacht sowie transgenerationelle Verstri-ckungenvonSchuld,VerwundungundTrau-mataspielendabeieinegroßeRolle.

Der nächste Tag begann mit einem Theater-stadtrundgang, so dass wir uns ‚laufend‘ ei-nen Überblick über das TheatergescheheninBerlin verschaffen konnten.Am folgendenTag erfuhren die Studierenden im Gesprächmit der Leiterin der akademie der autodidak-ten des Ballhaus Naunynstraße, Selina Shi-rinStritzel,mehrüberdieZieledesTheatersund seiner besonderen Akademie. In einervorwiegendweißenTheaterweltverstehtsichdas Ballhaus als öffentliches Kulturzentrum,dasvorallemPostmigrant/innen,Schwarzen,People of Colour und anderen rassifiziertenMinderheiteneinenkünstlerischenundsozia-lenRaumbietet.SiekönnensichimBallhauskünstlerisch ausleben, ob als Schauspieler/innen, Regisseur/innen oder Dramaturg/in-nen.Dasswirnochweitentferntsind,Migra-tionundMehrkulturalitätalsetwasSelbstver-ständliches anzusehen, zeigt in zugespitzter WeisedieanhaltendeDebatteumFluchtundAsylunddie inEuropaanwachsenderassis-tisch-nationalistische Stimmung.Der Besuch

der eindringlich inszenierten Live GraphicNovel Ultima Ratio – Ein Kirchenasyl-Fall in Neukölln (2015, Regie: Nicole Oder, Idee: Lu-ciaJayvonSeldeneck)imHeimathafenNeu-kölln führte uns auf sehr sensibleWeise diereale Fluchtgeschichte eines Ehepaares aus Somalia vorAugen,welches über dieSaha-ra, Libyen und Lampedusa nach Deutschland geflüchtet war und nun erneut nach Italienabgeschobenwerdensollte.AnhandvonOri-ginaldokumenten und einer überraschendenÄsthetik mittels Livezeichnungen wurde dieGeschichte des Ehepaars im Theaterraum,deralseineArt‚WhiteBox‘gestaltetwar,ent-wickelt.DasStückUltima Ratio verdeutlichte sehr anschaulich, wie wichtig es ist, gegen-über Geflüchteten ethisch zu handeln undihre individuellenSchicksalezuberücksichti-gen.DenAbschlussfürdieBremerStudieren-den bildete der Besuch einer Premiere in der Schaubühne.Angélica Liddells deutschspra-chigeErstaufführungToter Hund in der Che-mischen Reinigung: die Starken spielt in einer dystopischenZukunft,inderalleGrenzenEu-ropasgeschlossenwurden.DieSchauspieler/innen stellen die völlige psychischeVerkom-menheit dar,welche die so genanntePhase der SicherheitausdenMenschenmacht.DasdargestellteChaosunddiedestruktivenBüh-nenhandlungenriefenvielUnverständnisundVerstörunghervor.Womit zumEndederEx-kursion eineweiterewichtigeErkenntnis ge-wonnenwurde:Theaterkanneinüberzeugen-des Mittel sein, um mit dem Thema Migration und damit verbundenen Fragen umzugehen, dabei kann es jedoch auch zu einer Diskre-panz zwischen Darstellung und Rezeptionkommen.BeimTheateristnebenderDarstel-lungsebene gerade die Rezeptionsebene von Bedeutung, die Interaktion von Akteur/innenund Zuschauer/innen. Die so genannte „Zu-schaukunst“ (BertoltBrecht)ermöglichtneueVerstehensprozesse. Dokumentiert wurdendie unterschiedlichen Rezeptionen durch Er-innerungsprotokolle. Die Vielfalt der Stückeund der Theaterhäuser, die auf sehr unter-schiedlicheWeisemit demThemaMigrationumgehen,warspannendzuverfolgen.

Zweite Station: Festival d’Avignon

In Avignon standen der Besuch von Thea-terstücken, die Vermittlung von praktischerTheaterarbeit und theoretischem Input zur Theatergeschichte durch Expert/innen imVordergrund. Während die Berlin-Exkursion

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AVIGNON Abbildung 4: Commedia dell’Arte-Workshop mit Carlo Boso

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durch den thematischen Leitfaden „TheaterundMigration“verbundenwar,gingesinAvig-nondarum,einenÜberblicküberdievielfälti-genMöglichkeitenvonTheaterzubekommen.DasFestivald’Avignongehörtzudenrenom-miertesten internationalen Theaterfestivals,bei welchem nicht nur die verschiedenstenKulturen und Sprachen zusammenkommen, sondern sich auch die unterschiedlichsten Theaterformen präsentieren. So werden imRahmen desFestivals IN insbesondereStü-cke der großen Nationaltheater gezeigt, mit dem Festival OFF erhalten auch kleinere KompanienRaumfürihreDarbietungen.AusderFüllederAngebotesahendieStudieren-denvierTheaterstückeausdemFestival IN,konkret: Antigone, Regie: Satoshi Miyagi; La Princesse Maleine, Regie: Pascal Kirsch; Sopro, Regie: Tiago Rodrigues; Die Kabale der Scheinheiligen: Das Leben des Herrn de Molière, Regie: Frank Castorf. Gemeinsamsahenwir aus demProgrammdesFestivalsOFF: Underground Opéra,Regie:DanutaZa-razik; Les Grenouilles und Scaramuccia, Re-gie:CarloBoso.DarüberhinausstandesdenStudierenden frei, sich weitere Stücke ausdem OFF anzuschauen und den zahlreichen Podiumsdiskussionen und Rahmenveranstal-tungenbeizuwohnen.

Antigonewar einebeeindruckende Inszenie-rungdesRegisseursSatoshiMiyagi,welcheaufdemgleichnamigenDramavonSophoklesbasiert.DiejapanischeKompaniedesShizuo-ka Performing Arts Center spielteimberühm-ten Papstpalast und schuf ein einzigartigesTheatererlebnis aus Musik und Schattenspie-lenmitLichtundWasserunterfreiemHimmel.

AlleMitwirkendentrugendiegleichenlangenweißenGewänderunddieBewegungenwa-ren fließend. Somit lag der Fokus wenigerauf der Darstellung des Einzelnen, sondernvielmehraufderrituellanmutendenGemein-schaftsleistung der Kompanie. Die buddhis-tische Essenz des Stückes, jede Seele seigleichundbesitze, imLebenwie imTod,diegleichenRechte,wurdesovisuellundklang-lichinüberzeugenderWeiseumgesetzt.

Bei Sopro (pt. Hauch) hingegen geht es umeinePerson,diedasHerzundauchdasGe-dächtnis des Theaters verkörpert, jedochselbst nie auf derBühne steht.TiagoRodri-guesrückteimCharmedesKarmeliterklostersim HerzenAvignons Cristina Vidal – seit 30Jahren Souffleuse im Nationaltheater in Lis-sabon–ausdemSchatteninsScheinwerfer-licht; es ist eine eindrückliche Hommage andieAkteur/innenhinterderBühne.

Einen Märchenstoff brachte das Theater-stück La Princesse Maleine des belgischen DichtersMauriceMaeterlinckauf dieBühne,dessenHandlungundGrundstimmungjedochgarnichtmärchenhaftdaherkamen,dennderDichter erschafft eine dystopische Gegener-zählungzursonstsorosarotenMärchenwelt.DemStückMaeterlincksliegtdasGrimm‘scheMärchen Die Jungfrau Maleenzugrunde.Die-ses Märchennarrativ bricht Maeterlinck brutal auf und lässt eine furchteinflößendeGegen-weltentstehen,inderMachtgier,ManipulationundIntrigenletztlichdasGlückderLiebendenzerstörenundeinBlutbadanrichten.

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Das sechsstündige Stück Die Kabale der Scheinheiligen.Das Leben des Herrn de Mo-lièrevonFrankCastorfwurdeineinerfuturisti-schenMessehalleeinesfranzösischenIndus-trieparks außerhalb vonAvignon präsentiert.DerTheaterraumwarbestensgewählt,dennbeiMessehallengehtesumKaufenundVer-kaufen. Das war auch das zentrale Themades Stücks: Die historischen oder aktuellenpolitisch-wirtschaftlichen Machteliten umge-ben sich mit der Kunst, um sich besser zu ver-kaufen,unddieKunstistaufdieMachtange-wiesen,umzu(über)leben.

Im Festival OFF hatten die Studierenden dank des Leiters der Académie Internationale des Arts du Spectacle, Carlo Boso, die Chance, seine Kompanie gleich bei mehreren Darbie-tungen zu begleiten. Die A.I.D.A.S. ist spe-zialisiert auf die Spielweise der Commediadell’Arte, welche sich vor allem durch bunteKostüme, Masken und Bewegungsformentypischer Charaktere sowie einen einfachenHandlungsverlaufmitgutemEndeergibt.DieMimik wird durch die Masken verdeckt, sodass nur durch den Mund und durch codierte GestenundBewegungsabläufeGefühleaus-gedrücktwerden können.DiesesTheater iststimmlichund körperlich sehrausdruckstark.DurchGesang,AkrobatikundTanzwird jedeVorstellungzueinemmitreißendenSpektakel.

DasFestival IN,wieauchdasFestivalOFF,bot den Studierenden verschiedenste Theate-rerlebnisse.SowurdebeiAntigonedieZusam-menarbeiteinesEnsemblessowiedieMacht

der Musik, des Rhythmus und die besondere Wirkung des Papstpalastes hervorgehoben.Durch Sopro wurde den Zuschauenden be-wusst, welcheArbeit gerade hinter der Büh-negeleistetwird. InCastorfsDie Kabale der Scheinheiligen verbindet sich in atemberau-benderWeisedieHochkulturTheatermitdemMassenmedium Film und bei den Präsentati-onenderA.I.D.A.S.beeindrucktendieSpon-tanität und die Körperlichkeit auf der Bühnesowie dieNähe zumPublikum, eben echtesThéâtre populaire.

Schauspiel am eigenen Leib

Zusätzlich zu den Theaterbesuchen hattendie Studierenden in Avignon die einzigartige GelegenheitsichineinemAtelier de pratique théâtraleweiterzuqualifizierenundauszupro-bieren. Hierbei ging es um die Schauspiele-rei selbst und die Begleitung einer Theater-kompanie. Geleitet wurde diesermehrtägigeWorkshopzurGeschichtederCommediade-ll‘ArteundzuihrertheatralenUmsetzungvonCarloBosoundzweiseinerSchauspielervonderA.I.D.A.S.DieStudierenden hattenwäh-renddesWorkshopsdieMöglichkeitdietheat-ralenBewegungsmustertypischerCharaktereder Commedia dell’Arte selbst zu erproben.Dabei lagderSchwerpunktnichtnuraufderAusübung der Bewegungen, sondern auchauf einer historischen Auseinandersetzungmit der Entwicklung der Figuren. Währendangeleiteteroder freier Improvisationsrundenkonnten die Studierenden ihre neuen Kennt-nissepraktischausprobieren,woraufesbeim

Abbildung 5: Scaramuccia, Regie: Carlo Boso | Abbildung 6 & 7: In der Cour du Barouf

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Theaterspielenankommt.DerWorkshopsorg-te in besondererWeise für die Erfahrbarkeiteigener körperlicher Grenzen und besonde-rerPotentialeundstärktedasZusammenge-hörigkeitsgefühl. Es wurden so performativeKompetenzenwieAusdrucksfähigkeitundso-ziale Kompetenzen wie Selbstbewusstseinund Empathie gefördert, die weit über dasSpiel hinaus wichtig sind. Dieses Atelier de pratique théâtrale sensibilisierte die Studie-renden auch für die Theatralität kulturellen,zwischenmenschlichen Handelns, indemAll-tagshandlungenals‚Akte‘undIdentitätenals‚Rollen‘ erfahrbar gemacht wurden. Ziel die-ser Projektarbeit im Sinne des ForschendenLernenswarderTransferbislangerworbenenWissenssowieeineVernetzungtheoretischerWissensbeständeundpraktischerUmsetzungimunddurchdasTheater.

Rezeptions- und Wahrnehmungs - prozesse schulen

Neben der praktischen Erarbeitung theatraler TechnikenkonntendieStudierendenwährenddes Festivalbesuchs ihre bereits in Berlin er-lernten Rezeptionskompetenzen erweitern.Nathalie Macé, Theaterwissenschaftlerin anderUniversitéd‘Avignon,ermöglichtedieTeil-nahme an einem Atelier de critique théâtrale.ZudemwurdedienachträglicheAuseinander-setzung mit den besuchten Theaterstückendes Festivals erneut durch die Bearbeitung von so genannten Erinnerungsprotokollen an-

geregt.Diesezielendarauf,dieeigeneWahr-nehmung-undErinnerungsfähigkeitzuschu-len,wobeiderSchwerpunktdaraufliegt,sichzunächst so genauwiemöglich zu erinnern,dann die Theatersprache zu analysieren und erstimletztenSchritteineWertungvorzuneh-men.

Den Abschluss der Exkursion bildete eine als ‚Performance‘ gestalteteSitzungmit denStudierenden, die Natascha Ueckmann zu-sammenmitSophieGaillarddurchführte.SokonntennocheinmalBesonderheiten,Auffäl-ligkeitenundEindrückedesFestivalshervor-gehobenundeingemeinsamesResümeedespraktischenTheaterateliersgezogenwerden.

Kreativität als Ergebnis

Besondershervorzuhebensinddieungewöhn-lich kreativen Ergebnisse, die im Anschluss an die Studienexkursionen entstanden sind unddieaufeinereigensdafüreingerichtetenWebsitedokumentiertsind:https://berlinavig-non.wixsite.com/theater. Zwei Studentinneninszenierten ihre Erinnerungsprotokolle in Ei-genregie, eine andere Studentin drehte und vertonte einen Stop-Motion-Film zu der inter-textuellenVerbindungzwischendemMärchenJungfrau MaleenderBrüderGrimmundMau-rice Maeterlincks Drama La Princesse Malei-ne(1889).InspiriertvondemBühnenbildzumTheaterstück Sopro verfasste eine weitereStudentineinHörspielmitdemTitel„DieGe-schichte einesMöbelstücks“. Eine Studentinnahm nach dem Besuch von Antigone durch denjapanischenRegisseurSatoshiMiyagieinRewritingvor,indemsieSophokles‘Antigone kurzerhandnachJapanindasJahr1868ver-legt.EinStudenthatimAnschlussderExkur-sion ein beeindruckendes Theater-Krimi-Din-nerfürdiegesamteGruppeverfasst.ZentraleFigurenderbesuchtenStücke tauchendarinauf,umgemeinsameinenMordfallzu lösen.Eingehende Charakterstudien und ein origi-neller, intermedialer Spielverlauf zeigen dieintensive Auseinandersetzung mit dem Erleb-ten.DieUmsetzungdesKrimi-DinnershabenwirimNachgangzurExkursioninverkleidetenRollen gespielt und uns so das Schauspieleri-scheüberAvignonhinausbewahrt.EinKurz-filmzumFestival d’AvignonundunsererEx-

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2Dassing,Andrea/Légat,Etienne: „WiederBlickdurchdasMikroskopeinesLabors.“ InterviewmitBeteiligtenderLiveGraphicNovelUltima Ratio – Ein Kirchenasyl-Fall in NeuköllnamHeimathafenNeukölln.In:MariaLieber,ChristophO.Mayer,RebeccaSchreiber(Hg.):Kulturwissenschaftliche Impulse in Theorie und Praxis: Integration – Evolution? Revolution?,Frankfurta.M.:Lang2018.

Abbildung 8: Seminar in der Université d’Avignon

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kursion ist noch inArbeit. Eine BildergalerieistbereitsüberdieWebsiteeinzusehen.Undschließlich erscheint in Kürze in einem For-schungsband2 ein Interview zuUltima Ratio, welches Studierende mit Akteur/innen desHeimathafenNeukölln führten.DieErgebnis-se der Studierenden zeigen, dass die Exkursi-oneneineVerbindungvonWissenschaftundTheatergeschaffenhaben,dieeserlaubt,kre-ative Auseinandersetzungen mit dem Erlebten undGelerntenals legitimeMethodenderEr-gebnissicherunganzusehenundzuwürdigen.

Was bleibt?

Die Studierenden sollten in die Lage versetzt werden, selbstständig kulturelle Erscheinun-gen zu erfahren und zu untersuchen. Dafürist es erforderlich, die Wahrnehmung undAnalyse des konkreten Bühnengeschehenszuüben.DieBeobachtungenimRahmendesPostmigrantischen Theaters in Berlin stütz-ten sich darüber hinaus auch auf bestimmtetheoretische Diskussionszusammenhänge wieKritischeMigrations-undGrenzregimefor-schung, Postkoloniale Studien oderGender-forschung3.DieProjektgruppenwaren,soweitmöglich, bilingual zusammengesetzt undba-siertenmaßgeblich auf Selbststeuerung undMitbestimmung des Lernprozesses durch die Studierenden. Die Exkursionen nach Berlinund Avignon zielten darauf, konkrete Thea-tererfahrungenvorOrtzuermöglichensowie

verschiedenste Theaterformen und Theater-ortekennenzulernen.

Gerade auch durch die Begegnung mit un-terschiedlichen Wissenschaftler/innen undAkteur/innen sollen Studierende für ihr Stu-dium, fürBerufsfelder jenseits der InstitutionSchule,fürTheaterkulturundselbstverständ-lich für dieForschungbegeistertwerden. ImSinne des Forschenden Lernens erarbeiteten sichdieStudierendenneuesWissenüberEr-fahrung und Austausch und verknüpften esmitbestehendemVorwissen.Alsaktivierende,kooperative und studierendenzentrierte Me-thode bietet Forschendes Lernen den Vorteil, nichtnurdenfachlichenWissenserwerb,son-dern auch den Kompetenzerwerb allgemeinzu fördern (vgl. Brinker/Schumacher 2014:61).SobotdasLehrprojektnebenderSchu-lungneugierigen,offenenWahrnehmensundkritischenDenkensdieMöglichkeitneueSkillszu erwerbenwie Interviews zu führen,Tran-skribieren, Arbeiten in Gruppen über einenlängeren Zeitraum, Erarbeitung – und wennnötig auch Verwerfung – von Fragestellun-gen. Die Möglichkeit, selbst kreativ tätig zuwerden,wurdeinbesonderemMaßegenutzt.Grundsätzlich sollten dieStudierenden dafürsensibilisiertwerden, dass einerseitsSchrei-ben ein Prozess der wissenschaftlichen Er-kenntnis ist, andererseits aber auch eigene kreative Ausdrucksformen willkommen sind.Solche Unternehmungen bieten den Studie-

Abbildung 9 & 10: Theater-Krimi-Dinner nach Avignon

3AbJuli2018leitetNataschaUeckmannzusammenmitderSaarbrückerGermanistinRomanaWeiershausendieHansBöckler-Nach-wuchsforschergruppe„MigrationundFlucht:TheateralsVerhandlungs-undPartizipationsraumimdeutsch-französischenVergleich(1990bisheute)“,http://theatertexte.uni-saarland.de/flucht-migration/.

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rendenzudemdiewichtigeMöglichkeit,Berüh-rungsängste untereinander abzubauen, eine Artzwischenmenschliche‚Abrüstung‘,umdenKünstlerischenLeiterderPerformanceStudiesanderUniversitätBremen, JörgHolkenbrink,zuzitieren.DerintensiveKontakt,dasgemein-same sinnliche Erleben von Theater und auch dasEntdeckenbislangunbekannterStädtewa-rennebender fachlichenHorizonterweiterung

maßgeblich. Die Motivation und Einsatzfreu-digkeit für das eigene Studium, der Spaß anBegegnungen mit anderen Menschen, Spra-chen,KulturenebensowiedasVertrauensver-hältniszwischenLehrendenundStudierendenwerden durch solche Reisen erstaunlich ge-steigert. Letzteres dokumentiert auch dieserBeitrag, der in Ko-Autorschaft von Studentin-nenundDozentingeschriebenwurde.

Literatur:

• Brinker,Tobina/Schumacher,Eva-Maria(2014):Befähigenstattbelehren.NeueLehr-undLernkultur anHochschulen.Bern:hep.

• Hess,Sabine/Kasparek,Bernd/Kron,Stefanie/Rodatz,Mathias/Schwertl,Maria/Sontowski,Simon(Hg.)(2017):DerlangeSommerderMigration.GrenzregimeIII.Berlin/Hamburg:AssoziationA.

• Huber,Ludwig/Kröger,Margot/Schelhowe,Heidi(Hg.)(2013):ForschendesLernenalsProfilmerkmaleinerUniversität.BeispieleausderUniversitätBremen.Bielefeld:UniversitätsverlagWebler.

• Mieg,HaraldA./Lehmann,Judith(Hg.)(2017):ForschendesLernen.WiedieLehreinUniversitätund Fachhochschuleerneuertwerdenkann.Frankfurt/NewYork:Campus.

• Schneider,Wolfgang(Hg.)(2011):TheaterundMigration.HerausforderungenfürKulturpolitikund Theaterpraxis.Bielefeld:transcript.

Andrea Dassing ist im Mas-terstudiengang Transkultu-relle Studien eingeschrieben und beschäftigt sich u. a. mit postkolonialen Theorien und Fragen der postmigrantischen Gesellschaft aus kultur-, li-teratur- und religionswissen-schaftlicher Perspektive.

Änne Gerdes absolvierte ihren Bachelorabschluss in Germanistik und Anglistik mit den Schwerpunkten Literatur- und Medienwissenschaften an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Seit 2016 studiert sie den interdisziplinären Masterstudiengang Transnationale Literaturwissenschaft an der Universität Bremen, wo sie sich insbeson-dere der Repräsentation von Migrationserfahrungen in Literatur und Theater widmet.

Natascha Ueckmann war von 2002 bis 2018 an der Universi-tät Bremen in Forschung und Lehre tätig. Seit März 2018 arbeitet sie als Wissenschaft-liche Mitarbeiterin für Kultur-wissenschaft am Institut für Romanistik an der Universität in Halle/Wittenberg.

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Eine europäische Vernetzungsgeschichte:

Bremen und Mykolajiw im 2. Weltkrieg Austausch zwischen Bremer und ukrainischen Geschichtsstudierendenvon Ulrike Huhn und Julia Timpe

Der direkte Link zum Artikel online auf www.uni-bremen.de/forsta/resonanz

Zwei Orte – eine gemeinsame Geschichte

Die Städte Bremen und das südukrainischeMykolajiw(Nikolajew) sowieihreRegionenha-beneinebesondereVerbindung:WährenddesZweitenWeltkriegeswurdenzahlreicheUkrai-nerundUkrainerinnenzurZwangsarbeitnachDeutschland deportiert, vor allem Frauen und KinderundJugendliche.Bremen,währenddesKrieges einwichtiger Standort dermaritimenRüstungsproduktionimnationalsozialistischenDeutschland, sollte von den Fachkenntnissen derausderWerftstadtNikolajewdeportiertenZwangsarbeiter/innenbesondersprofitieren.

DiesehistorischeVerbindungwirktnochheuteweiter und in beidenOrten lassen sich Spu-ren finden: In Mykolajiw leben noch heuteeinige hochbetagte Menschen, die währenddesKriegesnachDeutschlanddeportiertwor-denwaren. In Bremen undNorddeutschlandwiederum gibt es mittlerweile mehrere Ge-denkstätten, andenendieseGeschichte vonVerschleppungundZwangsarbeitnachvollzo-genwerdenkann.ImRahmenverschiedenerLehrveranstaltungen haben sich Studierende der Universität Bremen in den letzten zweiJahrenmit diesen Verbindungen beschäftigt,sichmit ukrainischenStudierendenundWis-senschaftler/innenausgetauschtundgemein-sam historische Orte in Norddeutschland und derUkrainebesucht.

Im Sommersemester 2016 brach dazu zu-nächst eine Gruppe von 18 Bachelor- und Masterstudierenden der Integrierten Europa-studien, Geschichts- und PolitikwissenschaftunterLeitungvonDr.UlrikeHuhnundDr.Julia

TimpezueinereinwöchigenExkursion indieUkraineauf.InKiewundMykolajiwtrafenwirehemalige NS-Zwangsarbeiter/innen sowieMenschen,diealsKindervonZwangsarbeiter/innen nach Deutschland verschleppt wordenwaren,umvonihrenErfahrungeninDeutsch-land während des Krieges zu hören.An derUniversitätMykolajiwnahmenwirgemeinsammit dortigen Studierenden und Promovie-renden an einem vonDr.Anatolii Pogorielovmitorganisierten zweitägigen Workshop teil.Im Fokus stand die Präsentation und Diskus-sion studentischer Rechercheergebnisse zu vielfältigen Kriegserfahrungen, deren Folgenund Bedeutungen in der regionalen Erinne-rungskultur.

Der Austausch zwischen den UniversitätenBremen und Mykolajiw wurde dann im Ok-tober 2017 fortgesetzt, als eine Gruppe vonzehnukrainischenStudierendenfüreineWo-che inBremen zuGastwar undgemeinsammit zehn Bremer Studierenden verschiedene Orte in Bremen und Norddeutschland besuch-te, an denen NS-Zwangsarbeit erinnert underforschtwird.SobesuchtenwirdenDenkortBunker Valentin in Bremen-Nord, das Staats-archiv Bremen, die KZ-GedenkstätteNeuengamme in HamburgsowiedieGedenkstätte Au-gustaschacht, ein früheres „Arbeits-erziehungslager“ bei Osnabrück.Besonders wichtigund produktiv war

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der internationale, multiperspektivische Aus-tauschzwischendenTeilnehmendenausBre-menundMykolajiwunddieunterschiedlichenfamilienbiographischenVerbindungenmitdemThemaNS-Zwangsarbeit.EinHöhepunktderWochewareinöffentlicherWorkshopanderBremerLandeszentralefürpolitischeBildung.Hier stellten Dr. Anatolii Pogorielov von derUniversitätNikolajewsowieeinigeStudieren-de aus Nikolajew und Bremen ihre u.a. aufAkten der Staatsarchive Bremen sowie desGebietsNikolajewbasierendenForschungser-gebnissezumThemenkomplexNS-Zwangsar-beitvor.

Multiperspektivität als Lernziel: Möglich-keiten und Grenzen bilateraler Lehre

DieExkursionindieUkrainefandimSommer-semester 2016 im Rahmen eines regulären WahlpflichtmodulsmitzweiSeminarenamIns-titutfürGeschichtswissenschaftenstatt.DabeidienteeinwöchentlichstattfindendesSeminarder inhaltlichen Vorbereitung der Exkursion sowiederAusarbeitungvonVorträgenfürdengemeinsamenWorkshopinMykolajiw;dieEx-kursionselbstwardannalszweitesSeminaranerkannt.BeideSeminaredesModulswarendamit eng verzahnt. Somussten die Studie-renden imAnschlussauchHausarbeitenundEssays für dasBestehen desModuls einrei-chen.FürdieLehrendenwarwichtig,dassdergroße organisatorischeAufwand für die Pla-nungundDurchführungderExkursionalsTeilderLehrverpflichtunganerkanntwurde.

DerRückbesuchimHerbst2017fandalsge-meinsames deutsch-ukrainisches Austausch-seminarwiederum imRahmender regulärenLehre (diesmal im Bereich General Studies)unterderLeitungvonDr.UlrikeHuhnamIns-titutfürGeschichtswissenschaftenstatt.NochstärkeralsbeiderExkursionindieUkrainewarderRückbesuchalsmultiperspektivischeAus-einandersetzunggeplant.FürdieBremerStu-dierenden stellte die Auseinandersetzung mit denauchfamilienbiographischgeprägtenPer-spektiven der ukrainischen Teilnehmenden, ausderenFamilienwährenddes2.WeltkriegesebenfallsAngehörige zur Zwangsarbeit nachDeutschland deportiert worden waren, einewichtige Erweiterung dar. Es wurde deutlich,dassdieBremerStudierenden,diesichimLaufihresStudiumsinHaus-oderAbschlussarbei-tenbereitsmitdemThemaNS-Zwangsarbeitbeschäftigt hatten, oft einen stark täter- bzw.topographisch zentrierten Blick eingenommen und entsprechende Fragestellungen verfolgthatten.Dies hat auchmit derQuellenlage inBremenals„Tatort“zutun.InderAuswertungbetontenvieleStudierendejedochauch,dassdie eigene Anschauung der früheren Lager-undArbeitsortejenseitsderbisherigenLektü-re zurOrganisation vonZwangsarbeit für siesehr anschaulich vermittelt hat,wie alltäglichdasPhänomenZwangsarbeitwar.

Die ukrainischen Studierenden dagegen konn-ten in ihren Forschungen viel stärker die Pers-pektivederBetroffeneneinbringen,auchweilsie Zugang zu anderen Quellen hatten bzw.

Abbildung 1: Gruppenfoto vor dem Institut für Geschichte, Politikwissenschaften und Recht der V.O. Sukhomlynsky Mykolaiv National University, Juni 2016

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diese aufgrund von entsprechendenSprach-kenntnissen rezipieren können. Im Staatsar-chiv von Mykolajiw sind nach den jüngstenArchivreformeninderUkraineehemaligeso-wjetischen KGB-Bestände zugänglich: Dieseenthalten Akten des sowjetischen Geheim-dienstes aus den so genannten Filtrations-lagern, in denen nach 1945 die rückkehren-den sowjetischen Zwangsarbeiter/innen undKriegsgefangenen aus Deutschland wegenangeblicher „Kollaboration“ mit den Deut-schen befragt wurden. Vielen wurden dortdie persönlichenUnterlagenundBriefe ihrerAngehörigen, die sie in den deutschen La-gern erhalten hatten, abgenommen. Daherenthalten diese Bestände seltene individuelle Zeugnisse.StudierendederUniversitätMyko-lajiw hatten dieseAkten in Vorbereitung aufden Besuch in Bremen gezielt fürArbeitsor-te inBremen durchgesehen.Das gemeinsa-medeutsch-ukrainischeSeminarermöglichtedahereinenwichtigenPerspektivwechselvonderTäter-aufdieOpferperspektive.

EineHerausforderungderbeidenBegegnun-gen war jedoch die direkte KommunikationbeiderStudierendengruppenaufgrundfehlen-derSprachkenntnissebeiderSeiten.Nurein-zelneStudierendesprachensowohlDeutschalsauchUkrainischbzw.Russisch;einedirek-te Verständigung auf Englisch war aufgrund

der oft geringen Englischsprachkenntnisseder ukrainischen Studierenden nur begrenzt möglich. In der Praxis mussten die Gesprä-cheimmerwiederübersetztwerden,wasdendirekten Gedankenaustausch verlangsamteundteilweisebehinderte.

Für die meisten ukrainischen StudierendenstelltedievomDAADgrundfinanzierteStudi-enreisedieüberhauptersteAuslandsreisedar.Dies hat auchmit der desolatenwirtschaftli-chenLagedesLandeszutun.Auchausdie-sem Grund sei dem International Office derUniversität Bremen gedankt, das aus dem In-ternationalisierungsfondsunbürokratischüberdieDAAD-PauschalenhinauseineFörderungder gemeinsamen Programmkosten vor Ort in Bremen finanziert hat.Die ukrainischenStu-dierenden beschrieben in der Auswertung,dasssiedieReiseauchalsÜberwindungihrerisoliertenLage inEuropaempfundenhaben.Zugleich wurde ihnen deutlich, wie wichtigFremdsprachkenntnisse dafür sind. Zugleichwar es für sie eindrücklich zu erleben, dasssiedankdes2017vonderEUverfügtenvisaf-reien Reiseverkehrs nun unkompliziert nach Europareisenkönnen.FürEU-Bürger istdievisafreie Einreise in die Ukraine bereits seit2004möglich–auchumgekehrtwaresfürdieBremer Studierenden erhellend, wie einfacheineReiseindieUkrainemöglichist.

Abbildung 2: Familienbiographischer Workshop, Bremen, Oktober 2017

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Ukraine: Land im Aufbruch

DieReiseindieUkraineimSommer2016fielauch angesichts der anhaltenden militärischen Auseinandersetzung mit den Separatistenge-bieten und so genannten „Volksrepubliken“ Do-nezk und Luhansk mit vielen innenpolitischen AufbrüchenundVerwerfungenzusammen.ImGesprächmitunsererStudentengruppeformu-lierteeineukrainischeAuschwitz-ÜberlebendesehrdeutlichfürihreGeneration:„Wirmüssenneulernenzuverstehen,wasderKriegfürunsbedeutet.“Während unserer Exkursion konn-tendieBremerStudierendendiesenAufbruchdes jungen, erst 1991 aus der Zerfallsmasseder Sowjetunion hervorgegangenen Staatessehr unmittelbar erleben. Etwa beim Besuchdes „Nationalen Museums für die Geschich-tederUkraineim2.Weltkrieg“inKiewwurdesichtbar, wie engagiert die Suche nach einerneuenstaatsbürgerlichenundnationalenIden-tität ausgetragen wird. So wurde das 1981noch inderSowjetuniongegründeteMuseumunterdemNamen„MuseumfürdieGeschichtedesGroßenVaterländischenKrieges“ imJahr2015in„MuseumfürdieGeschichtederUkrai-neim2.Weltkrieg“umbenannt,sodassderuk-rainischeDiskursnunandieinEuropaüblicheBezeichnunganschließt.ZumanderenwarenimFoyerdesMuseumsUniformenvonKämp-fernausderOstukraineausgestellt, darunterauch vonFreiwilligen-Verbänden.Diese Inte-grationderjüngstenGeschichteindasMuse-umdes2.Weltkrieges ließunterdenBremerStudierenden viele Fragen offen. Wie starkGeschichtedazumStützpfeilerfüreine(neue)nationaleIdentitätwurde,wareinezentrale,inTeilenauchbefremdlicheErkenntnis,dieaberauch Fragen nach den eigenen als selbstver-ständlich vorausgesetzt gedachten Prägungen aufwarf.

Für viele Bremer Studierende war die ReiseindieUkraineoftauchdieersteReise ineinosteuropäisches Land, die ihnen eine eigene Anschauung von den aktuellen Problemen und Herausforderungen vermittelt hat. Zugleichwurde vielen bewusst, wie wenig sie bisherüberdieseRegionenwussten.Diegemeinsa-me Reise, auch das Abenteuer einer Nacht-zugfahrtvonKiewquerdurchdasLandnachMykolajiw undOdessa amSchwarzenMeer,ließdieBremerGruppezusammenwachsen–vielesahenindieserReiseeinederwichtigs-ten Erfahrungen ihres Studiums. Insgesamtzeigte die Resonanz der Studierenden, dass

Veranstaltungen wie diese, die eigene For-schung und Exkursionen kombinieren, sehr nachgefragtsind.Diesschlugsichauchinderstudentischen Nominierung des Moduls fürdenBerninghausen-PreisfürguteLehreinderKategorie„ForschendesLernen“nieder.

Er-fahr-ungen und Erkenntnisse: Unerhörte Geschichten

Neben dem Austausch mit ukrainischen Stu-dierendenundEindrückenzurgegenwärtigenSituation der Ukraine sowie zu Prozessenund Praktiken von Identitätsbildung via Ge-schichte und Geschichtsschreibung gabendie Lehrveranstaltungen und Exkursionen den Bremer Studierenden auch Einblicke in Be-rufsfelder für Historiker/innen, MöglichkeitenzurWeiterbildung sowieAnregung für weite-re Forschungsarbeiten. Zu erwähnen wärehierzumeinendieZusammenarbeitmitdemDenkort „Bunker Valentin“, welche den Bre-mer Studierenden weitere Kenntnisse übereinzukünftigesArbeitsfeldfürHistoriker/innenvermittelte, auch weil die ukrainischen Seitemit den beschriebenen neuen Quellenbestän-denausdemStaatsarchivMykolajiwdiebis-lang in Bremen wenig bekannten Schicksalevon sowjetischen Zwangsarbeiter/innen undKriegsgefangenenbeleuchteten.EineStuden-tinbeschrieb,wieeindrückliches fürsiewar,dass die Forschung nicht abgeschlossen ist, sondern es noch immer in einem so intensiv beforschtenGegenstandwieNS-Deutschlandviele zu untersuchende Archivbestände gibt.Viele Mitglieder der Bremer Studiengruppe arbeitenbzw.arbeitetennebendemStudiumanGedenkstätten zurGeschichte desNatio-nalsozialismus,wieetwaalsGuideamBremerDenkort „Bunker Valentin“ bzw. als HilfskraftanderGedenkstätteHamburg-Neuengammeund konnten daher durch die Exkursionen und Lehrveranstaltungen ihre Fachkenntnisse ver-tiefen.

EineandereErkenntnisbetrafdasinderGe-schichtswissenschaftundbreiterenÖffentlich-keit viel beschworene „EndederZeitzeugen“inBezugaufdieForschungzum2.Weltkrieg.AufdereinenSeitewarunsereGruppedavonauchbetroffen.SowolltenwirimSommer2016in Mykolajiw eine Zeitzeugin treffen, die zurZwangsarbeitnachBremendeportiertwordenwar.Allerdings verstarb sie einen Monat vorunseremBesuch imAltervon90Jahren.Aufder anderenSeite öffneten sich für unsaber

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andere, zunächst unerwartete Perspektiven:WirkonntenmitMykolaPrjadkoundViktorSe-menenkozweiZeitzeugentreffen,diemitihrenEltern als Kinder nach Deutschland deportiert wurdenbzw. (imFall vonViktorSemenenko)sogar in einem deutschen Zwangsarbeiterla-gergeborenwordenwaren.IhreKindheitserin-nerungenandieZeitinDeutschlandwarennurfragmentarisch. Im Gespräch wurde jedochsehrdeutlich,dassdieseJahreaufgrundderinderNachkriegszeiterfolgtenVerdächtigun-genderdeportiertenZwangsarbeiter/innen inderSowjetunionals „Verräter“ ihrenweiteren

Lebenswegprägten.SokametwaMykolaPr-jadkomitseinenSchwestern1946ineinKin-derheimundsollteseineMuttererstalsjungerMannwiedersehen;dasvon ihmangestrebteStudiumalsSchiffsbauingenieurbliebihmwe-genseiner„falschen“Kaderakteverwehrt.Eine„Entschädigung“ von deutscher Seite sollten beideZeitzeugennichterhalten;siehattenalsKinderjaselbstformalkeineZwangsarbeitfürdeutsche Unternehmen leisten müssen. Die-se Begegnungen vermittelten uns sehr nach-drücklich,dassesnochvieleGeschichtengibt,diebislangnichtgehörtwurden.

Abbildung 3: Lisa Gernert, Geschichtsstudentin aus Bremen, und die Zeitzeugen Mykola Vasylovych Priadko und Viktor Hryhorovych Semenenko, in Mykolajiw, Juni 2016

Dr. Ulrike Huhn ist Osteuropa-historikerin und seit 2011 an der Forschungsstelle Osteu-ropa und am Fachbereich 8 (Institut für Geschichtswissen-schaft) tätig. Ihre Schwerpunk-te liegen in der Erforschung von Erinnerungskulturen, Glaubenspraktiken in der So-wjetunion und sowjetischer Wissenschaftsgeschichte.

DasProgrammderbeidenExkursionswocheninKiew,NikolajewundOdessaimJuni2016sowieimOktober2017inBremensowieInformationenundEindrückederStudierendenkönnenauffol-gendemBlognachgelesenwerden:https://bremkraine.hypotheses.org/DieBegegnungswocheimOktober2017wurdeaußerdemvoneinemstudentischenFilmteambegleitet;derKurzfilmisthierabrufbar:https://bremkraine.hypotheses.org/videodokumentation

Dr. Julia Timpe lehrt an der Jacobs University Bremen als University Lecturer in Cont-emporary History. Zuvor war sie als Lektorin für Neuere und Neueste Geschichte am Institut für Geschichtswissen-schaften der Universität Bre-men (von September 2013 bis August 2016) und als Lecturer

on History an der Harvard Universität tätig (Schwer-punkt jeweils Deutsche Geschichte und Geschichte des Nationalsozialismus).

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Inhaltsverzeichnis

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ImpressumHerausgeber: Rektor der Universität Bremen

Redaktion: MaximilianHohmann,ReferatLehreundStudium Tel.+49421/21860389,E-Mail:[email protected] Redaktionelle Mitarbeit: Johanna Micheel Layout: Katharina Mahlert, Uni-Druckerei Bremen Auflage:1250Stück

Mitwirkende an dieser Ausgabe (in alphabetischer Reihenfolge): Marie Amelung, Jonathan Assmus, Clara Baumann, Christiane Bottke, Andrea Dassing, Karina De Santis,ÄnneGerdes,SvantjeGuinebert,ThomasHoffmeister,UlrikeHolzwarth,UlrikeHuhn,LisaLüdders,MaxMelcher,AndreasNutz,NadineOchmann,Clara-SophieOtt,MaikePiesker,FranziskaRichter,JörgRiedel,PiaRomeike,AlinaSchwennen,JuliaTimpe,NataschaUeckmann,ClaraVoigt

FürdenInhaltdereinzelnenArtikelsinddiejeweilsbenanntenAutorinnenundAutorenverantwortlich.

Fotos und Bildmaterial:Titel: ©JacobLund-Fotolia.com;UniversitätBremen;BMBFSeite 3: Universität BremenSeite5–9: UniversitätBremen;ZMMLSeite 10 – 12: Nadine Ochmann; Clara-Sophie Ott; Universität BremenSeite13: BrittaSchowe;AylaKlenkeSeite 14 – 15: Nadine Ochmann; Clara-Sophie Ott; Universität BremenSeite 17 – 21: Karina De SantisSeite24–30: LisaLüdders;UlrikeHolzwarth;PiaRomeike;JörgRiedelSeite33–36: SvantjeGuinebertSeite38: NataschaUeckmann;NataliaSchätzSeite40: MoritzLübbenSeite41: MoritzLübben;AndreaDassing;NataschaUeckmannSeite42: MoritzLübbenSeite 43: Linn Diersen; Dion UeckmannSeite44: NataschaUeckmann;ÄnneGerdes;AndreaDassingSeite46: LiljaGirgensohnSeite 47: Anatolii PogorielovSeite49: LiljaGirgensohn;UlrikeHuhn;JuliaTimpeRückseite: UniversitätBremen

Elektronische Ausgabe: www.uni-bremen.de/forsta/resonanzDieQRCodeswurdenerstelltmitQRCodeGenerator:www.goqr.me

DieUniversitätBremenlegtWertaufdenGebrauchgendergerechterSprache.DieunterschiedlichensprachlichenLösungenderAutorinnenundAutorenwurdenimMagazin„Resonanz“allerdingsbeibe-halten,umEingriffeindieTextemöglichstgeringzuhalten.

ISSN(Print)2510-0823|ISSN(Online)2510-0831

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Buchankündigung

Die Universität Bremen entwickelt sich zu einer „Universität des Forschenden Lernens“ und etabliert damit ein klares Lehrprofil. Das Buch eröffnet inspirierende Einblicke in den zurückgelegten Entwicklungsprozess und profitiert dabei von Erkenntnissen erfolgreicher Projekte zum Forschenden Lernen. Die Beiträge zeigen auf, wie das Forschende Lernen zur Entwicklung einer reflektierten Haltung und einer Forschungskompetenz unter Studierenden beitragen kann. Sie stellen dar, wie ein produk-tiver Umgang mit Heterogenität gelingen kann oder welche Prüfungsformen sich für das Forschende Lernen anbieten. Und sie konkretisieren, wie mit Forschendem Lernen Anschlüsse in die Berufswelt und Scientific Communities ermöglicht werden.

Die Publikation nimmt damit Fragen auf, die sich an allen Hochschulen mit großer Dringlichkeit stellen, und leistet einen praxisorientierten Beitrag zur Entwicklung von Curricula an Hochschulen. Alle Beiträge verbindet dabei eine besondere Perspektive: Das Forschende Lernen als Studiengangsprofil zu verstehen.

» Forschendes Lernen als Studiengangsprofil – Zum Lehrprofil einer Universität «

erscheint ende 2018


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