Date post: | 09-Mar-2016 |
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Hochschule Zittau / Görlitz
University of applied sciences
Fakultät Wirtschafts- und Sprachwissenschaften
Studiengang Betriebswirtschaft
Praxissemesterbeleg
„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstrukturen, insbesondere im
Bereich des Tourismus, durch Etablierung eines regionalen
Bonussystems / Regionalgeldes als regionales Marketinginstrument.“
vorgelegt von:
Matthias Neudel WBG08
Gutachter:
Prof. Dr. Johannes Laser
05.03.2011
Praxissemesterbeleg Seite 2
Inhalt
1 Einleitung ....................................................................................................................... 4
2 Grundlagen zu Regionalwährungen ............................................................................... 5
2.1 Gutscheinsystem ..................................................................................................... 6
2.2 Lokale Tauschringe ................................................................................................. 6
2.3 Barter-Club ............................................................................................................. 7
3 Rechtliche Aspekte ......................................................................................................... 7
4 Benchmark bestehender Regionalwährungen in Deutschland ....................................... 9
5 Die Regionalwährung für den Landkreis Görlitz ......................................................... 10
5.1 Funktionsweise dieser Regionalwährung für den Landkreis Görlitz .................... 10
5.2 Erfolgskriterien für eine Regionalwährung .......................................................... 11
5.2.1 Gewinn für alle Teilnehmer ........................................................................... 12
5.2.2 Gemeinnützig organisiert .............................................................................. 12
5.2.3 Professionell umgesetzt ................................................................................. 12
5.2.4 Transparent für die Nutzer ............................................................................. 13
5.2.5 Demokratisch kontrolliert .............................................................................. 13
5.2.6 Nachhaltige Finanzierung .............................................................................. 13
5.2.7 Umlaufsicherung ........................................................................................... 13
5.3 Tourismusbranche als Katalysator dieser Regionalwährung ................................ 14
6 Chancen einer Regionalwährung für den Landkreis Görlitz ........................................ 15
6.1 Für Konsumenten .................................................................................................. 15
6.2 Für Unternehmen .................................................................................................. 15
6.3 Für die Region ...................................................................................................... 16
7 Kritik ............................................................................................................................ 17
7.1 Hemmnisse auf Unternehmensseite bei der Akzeptanz einer Regionalwährung . 17
7.2 Hemmnisse auf Seite der Konsumenten ............................................................... 18
7.3 Kritik der öffentlichen Institutionen ..................................................................... 19
Praxissemesterbeleg Seite 3
8 Auswertung der Umfrage ............................................................................................. 19
9 Ausblick für eine Regionalwährung im Landkreis Görlitz .......................................... 25
Anhang ................................................................................................................................ 26
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 30
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 30
Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 31
Internetverzeichnis............................................................................................................... 32
Eidesstattliche Erklärung ..................................................................................................... 33
Praxissemesterbeleg Seite 4
1 Einleitung
Der Landkreis Görlitz gehört zu den Regionen mit der geringsten Kaufkraft in Deutschland
(siehe Anhang 1). Es gibt weniger exportierendes Gewerbe, im Vergleich zu anderen
Regionen, durch welche Kaufkraft in den Landkreis fließen könnte. Es sind also
Instrumente notwendig mit denen man Kaufkraft langfristig in der Region binden kann.
Eine Möglichkeit, Kaufkraft in der Region zu halten kann eine Regionalwährung sein.1
Diese Praktikumsarbeit beschäftigt sich mit dem Konzept eines Regionalen Multi Partner
Bonusprogramms bzw. Regionalwährung für den Landkreis Görlitz. Dieses Konzept sieht
eine anfängliche Konzentrierung auf Tourismusbetriebe vor.
Hierzu wurde eine Umfrage unter Unternehmern in der Tourismusbranche im Landkreis
Görlitz durchgeführt.
In dieser Praktikumsarbeit werden zuerst allgemeine Grundlagen rund um das Thema
Regionalwährung beschrieben. Des Weiteren werden bestehende Regionalwährungen in
Deutschland untersucht. Daraufhin wird das Konzept einer Regionalwährung für den
Landkreis Görlitz vorgestellt und an Erfolgskriterien geprüft. Außerdem werden Chancen
für Regionen aufgezeigt die durch die Einführung einer Regionalwährung entstehen
können. Danach werden Kritikpunkte an einer Regionalwährung verdeutlicht, besonders
die Hemmnisse von Unternehmen, welche als Akzeptanzstelle einer Regionalwährung
fungieren sollen. Als weiterer Punkt der Praktikumsarbeit folgt die Auswertung der oben
erwähnten Umfrage. Abschließend wird ein Ausblick der folgenden Schritte für eine
Regionalwährung im Landkreis Görlitz gegeben.
1 Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S.101.
Praxissemesterbeleg Seite 5
2 Grundlagen zu Regionalwährungen
„Regionalwährungen sind eine Sonderform dessen, was man heute Komplementärwährung
nennt. […] Eine Komplementärwährung stellt eine allgemeine Übereinkunft innerhalb
einer Gemeinschaft dar, etwas anderes als das offizielle gesetzliche Zahlungsmittel für den
Austausch von Waren und Dienstleistungen zu akzeptieren. [...] Eine Regionalwährung ist
eine Form der Komplementärwährung, die zum Ziel hat, mithilfe ungenutzter Ressourcen
auf regionaler Ebene bislang unbefriedigte Bedürfnisse zu stillen.“2
Regionalwährungen sind keine neue Idee unserer Zeit. „In Westeuropa lassen sie sich für
einen Zeitraum von mehr als tausend Jahren - von etwa 800 bis 1800 n. Chr. -
nachweisen“.3 Ein besonders intensiver Anstieg der Anzahl an regionalen Emittenten von
Komplementärwährungen in Deutschland lässt sich in den vergangenen 20 Jahren
feststellen.4
„Vor dem zweiten Weltkrieg liefen in einigen Gegenden Deutschlands
ebenfalls Regionalwährungen als Notgeld um (z.B. Ulmer und Erfurter „Wära“).“5
Die Vielfalt an regionalen Währungen und deren Ausprägungen und Funktionsweisen ist
immens. Grundsätzlich kann man Regionalwährungen nach ihrer Deckung unterteilen. In
leistungsgedeckte und währungsgedeckte Währungen. Leistungsgedeckte werden in 2
weitere Ausprägungen unterschieden nach der Art der Geschäftsbeziehung welcher sie
vorrangig dienen. In dieser Arbeit werden die Regionalwährungen also in drei Typen
aufgeteilt (siehe Tabelle 1), welche eigenständig, aber mit Synergieeffekten6 auch parallel
in einer Region, unter Einbeziehung eines Kooperationsringes zum Einsatz kommen
können.
Tabelle 1: Typisierung der Regionalwährungen
währungsgedeckt leistungsgedeckt
Typ Gutscheinsystem Lokale Tauschringe Barter-Club
Verrechnungssystem offen geschlossen geschlossen
Geschäftsbeziehung vorrangig B2C (auch
B2B)
vorrangig C2C vorrangig B2B
Quelle: eigene Darstellung
2 Kennedy; Lietaer, 2004, S. 68 ff.
3 Kennedy; Lietaer, 2004, S. 53.
4 Vgl. Rösl, 2006, S. 3.
5 Rösl, 2006, S. 3.
6 Kennedy; Lietaer, 2004, S. 104.
Praxissemesterbeleg Seite 6
Diese drei Typen werden nachfolgend genauer erläutert.
2.1 Gutscheinsystem
Hier wird im eigentlichen Sinne keine neue Währung geschaffen, sondern dem
Gutscheinmodell als Kundentreue-Aktion eine zusätzliche Funktion verliehen, nämlich als
komplementäres, umlaufgesichertes Zahlungsmittel die regionale Wirtschaftsstruktur zu
verbessern.7 Die Gutscheine sind währungsgedeckt. Meist sind sie im Wert 1:1 an die
Nationalwährung gekoppelt. Da Gutscheinsysteme leicht nachvollziehbar und im wahrsten
Sinne des Wortes „begreifbar“ sind, eignen sie sich besonders zur Einführung einer
Regionalwährung.
2.2 Lokale Tauschringe
„Bei diesem System entstehen durch den direkten Austausch von Gütern oder
Dienstleistungen sowohl Guthaben als auch Verbindlichkeiten.“8 Dies sei durch folgendes
Beispiel verdeutlicht:
Person A arbeitet eine Stunde für Person B. Für Person A entsteht nun ein Guthaben von
einer Stunde auf ihrem Konto. Auf dem Konto von Person B entsteht eine Stunde
Belastung. Der Betrag in Zeitwährung der auf einem Zeitkonto für eine Arbeitsstunde
gutgeschrieben bzw. belastet wird, ist entweder fest vorgeschrieben oder
Verhandlungssachse zwischen den beiden Tauschpartnern. Die jeweiligen Zeitkonten
werden zinsfrei geführt. Überziehung der Konten ist in einem gesetzten Rahmen und
meistens zinsfrei gestattet. Es fungieren also alle Teilnehmer mit positiven Guthaben als
Kreditgeber. Barauszahlungen der Zeitkontenguthaben in Landeswährung sind oft nicht
gestattet, daher sind diese Tauschringe als geschlossen zu bezeichnen.9
Ein großer Vorteil dieser Konzepte besteht darin, dass sie sich selbst regulieren und
genügend „Geld“ jederzeit zur Verfügung steht. D.h. auch Personen ohne gesetzliche
Nationalwährung können daran Teilnehmen.10
Die Austauschbeziehungen die durch
Tauschringe abgedeckt werden, sind vor allem Dienstleistungen im privaten Umfeld und
Gebrauchtgüter.11
Tauschringe sind z.B. LETS-Ringe oder Time Dollars.12
7 Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S. 110.
8 Kennedy; Lietaer, 2004, S. 261.
9 Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 7 f.
10 Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S. 261.
11 Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 9.
12 Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S.261.
Praxissemesterbeleg Seite 7
2.3 Barter-Club
Barter-Clubs sind eine spezielle Form von Tauschringen, die besonders
Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen abdecken. „Die Zentrale bildet bei den
Barter-Clubs einen Reservefonds zur Absicherung gegen Kreditausfälle oder Missbrauch
oder sie schließt wegen des Risikos eine Kreditversicherung (z.B. Gerling Konzern) extern
ab. Die Zentrale fungiert in erster Instanz als Tauschvermittler und als Clearing-Agent.“13
Der weltweit älteste und erfolgreichste Barter-Club ist die WIR-Bank in der Schweiz, hier
ist ein Kreditinstitut die Zentrale. Weltweit die meisten Barter-Clubs existieren in den
USA, ca. 450 mit ca. 600.000 teilnehmenden Unternehmen. In Deutschland existieren
allerdings nur wenige Barter-Clubs, marktführend ist die Firma EBB (Euro Barter Business
BarterServ GmbH in Baden-Baden)14
Stodder ist in einer Untersuchung der Entwicklung
zweier Bartersysteme in der Schweiz und USA jeweils im Vergleich mit der sie
umgebenden Ökonomie zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Bartersysteme eine
antizyklische, also stabilisierende Wirkung haben. Bei nationalem wirtschaftlichem
Aufschwung gingen die Aktivitäten zurück und bei Rückgang der Wirtschaftsleistung,
stiegen die Umsätze in den Bartersystemen.15
3 Rechtliche Aspekte
Die Sparkasse Delitzsch-Eilenburg hat ein Rechtsgutachten zu Komplementärwährungen
in Auftrag gegeben, aus diesem werden nun folgende wichtige Punkte zusammengefasst.
Das Ausgabemonopol für Bargeld in der Europäischen Union liegt bei der Europäischen
Zentralbank. § 35 des Bundesbankgesetzes (BBankG) regelt die unerlaubte Verwendung
von Komplementärwährungen:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,
1. wer unbefugt Geldzeichen (Marken, Münzen, Scheine oder andere Urkunden, die
geeignet sind, im Zahlungsverkehr an Stelle der gesetzlich zugelassenen Münzen oder
Banknoten verwendet zu werden) oder unverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen
ausgibt, auch wenn ihre Wertbezeichnung nicht auf Euro lautet;
13
Hardraht; Godschalk, 2004, S. 8. 14
Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 8 f. 15
Vgl. Stodder, 1998, zit. nach Kennedy, Lietaer, 2004, S. 201 f.
Praxissemesterbeleg Seite 8
2. wer unbefugt ausgegebene Gegenstände der in Nummer 1 genannten Art zu Zahlungen
verwendet.“16
Dieses Gesetz ist für Regionalwährungen in Papierform eine Hürde.17
„Da Erfahrungen
fehlen, ist die „Schmerzgrenze“ der deutschen Strafverfolgungsbehörden bei
Komplementärwährungen als Bargeld unbekannt und kaum prognostizierbar. […] Obwohl
es seit der Währungsreform keine konkreten Fälle eines Verstoßes gegen § 35 BBankG
gab, ist anzunehmen, dass Strafverfolgungsbehörden gegen Komplementärwährungen auf
Bargeld-Basis vorgehen werden, wenn die Verbreitung derartiges Nebengeldes eine
ökonomische Relevanz bekommt.“18
Werden jedoch die Werteinheiten auf einer Chipkarte gespeichert (E-Geld), gibt es
Rechtssicherheit. Diese Form ist allerdings nicht geeignet regionale Wirtschaftskreisläufe
zu unterstützen. Denn der Händler wird gesetzlich dazu verpflichtet, bei einer
Komplementärwährung auf E-Geld-Basis, nach Einlösung vom Kunden, anschließend die
Komplementärwährung in Euro zu tauschen. Geschieht das aufladen der Chipkarte durch
Leistungen die der Gemeinnützigkeit dienen, so kann dieses System (Loyality-System)
bankerlaubnisfrei betrieben werden. Soll hingegen die Möglichkeit bestehen die Chipkarte
durch Geld aufzuladen ist eine Banklizenz erforderlich.19
Um bei Komplementärwährung auf Giralgeld-Basis, also Barter-Clubs und Tauschringen,
Rechtssicherheit zu schaffen sollten die zentralen Stellen von Kreditinstituten geführt
werden.20
16
Hardraht; Godschalk, 2004, S. 27. 17
Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 32. 18
Hardraht; Godschalk, 2004, S. 32. 19
Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 24 u. 64. 20
Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 64f.
Praxissemesterbeleg Seite 9
4 Benchmark bestehender Regionalwährungen in Deutschland
„Ein Benchmark ist ein Referenzpunkt einer gemessenen Bestleistung. […] Die Kernidee
des Benchmarking ist die Nutzung vorhandener Problemlösungen zur Lösung eigener
Aufgabenstellungen.“21
Ziel dieses Benchmarks ist es in einem Vergleich die erfolgreichste Regionalwährung
anhand einer geeigneten Kennzahl zu ermitteln und Methoden dieser Initiative
identifizieren welche für den Erfolg verantwortlich sind. In Deutschland sind bereits 27
Regionalwährungen im Umlauf22
. Die Kennzahl welche zum Vergleich der
Regionalwährung herangezogen werden soll, ist die Umlaufmenge an Regionalwährung in
Euro-Äquivalent. Die mit Abstand größte Umlaufmenge in Deutschland hat der
„Chiemgauer“ mit 582.861 €. In Sachsen ist dies der „Zschopautaler“ mit 24.919€ (siehe
Anhang 3). Anhang 3 zeigt deutlich eine positive Korrelation zwischen der Anzahl an
teilnehmenden Unternehmen und der Umlaufmenge einer Regionalwährung. Also ist es,
um einen stabilen regionalen Wirtschaftskreislauf zu schaffen, notwendig eine Vielzahl an
Unternehmen als Akzeptanzstellen zu gewinnen.
Die meisten Regionalgeldinitiativen in Deutschland emittieren eurogedeckte
Gutscheinsysteme und sind als Vereine organisiert. Beim „Chiemgauer“ wird bereits
bargeldloser Zahlungsverkehr für Private und Unternehmen angeboten. Dies wird von der
regionalen Sparkasse mit kostenloser Kontenführung unterstützt.23
Der „Lechtaler“ wird ab
April ebenfalls bargeldlos verfügbar sein24
außerdem bietet die Initiative der „Havelblüte“
bereits bargeldlose Kontenführung an.
Leistungsgedeckte Regiogelder werden in der Praxis deutlich weniger umgesetzt.25
Dies
mag zum einen an dem abstrakten Modell und zum anderen an dem höheren
organisatorischen Aufwand, der ein solches Konzept mit sich bringt, liegen.
21
Siebert; Kempf, 2008, S. 8 u. 14. 22
URL http://www.regiogeld.de/initiativen.html Stand: 16.02.2011. 23
URL
http://www.chiemgauer.info/aktuelles/?tx_ttnews%5Byear%5D=2010&tx_ttnews%5Bmonth%5D=11&tx_tt
news%5Bday%5D=11&tx_ttnews%5Btt_news%5D=936&cHash=3f009f2341e1e5272ccccd01067f4da2
Stand: 17.02.2011. 24
LT eSTrading, per E-Mail vom 18.02.2011. 25
URL http://www.regiogeld.de/initiativen.html Stand: 17.02.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 10
5 Die Regionalwährung für den Landkreis Görlitz
5.1 Funktionsweise dieser Regionalwährung für den Landkreis Görlitz
Abbildung 1: Wertscheinkreislauf am Beispiel von 100 getauschten Euro
Quelle: eigene Darstellung
Diese Regionalwährung ist mit dem Euro währungsgedeckt und funktioniert als
Gutscheinsystem. Das Gutscheinsystem wurde gewählt, da wie oben bereits erwähnt,
Gutscheinsysteme besonders geeignet sind um Regionalwährungen zu etablieren.
Nutzer können bei zentralen Ausgabestellen (z.B. Sparkassen, Volksbanken26
und
Touristinformationen) Euros gegen Wertscheine (WS) eintauschen. Sie sollen dabei einen
festgesetzten Prozentsatz mehr in Wertscheinen erhalten als sie in Euro gegeben haben.
Dieser Effekt unterscheidet dieses Konzept von den meisten Regionalwährungen in
Deutschland. Denn hier wird dem Kunden, neben der Unterstützung der Region, ein
monetärer Anreiz gegeben Euros in Regionalwährung zu tauschen.
Nun können die Nutzer bei allen an dieser Regionalwährung teilnehmenden Unternehmen
mit diesen Wertscheinen Güter und Dienstleistungen bezahlen. Der Wertschein wird bei
den Unternehmen gleichwertig dem Euro akzeptiert. Das Unternehmen kann nun diese
26
URL http://www.zschopautaler.info/18.html Stand: 25.01.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 11
Wertscheine bei den Tauschstellen zurücktauschen und erhält zu einem festen
Rücktauschkurs Euro. Dieser Rücktauschkurs für Unternehmen ist so gewählt, dass der
Bonus den die Kunden beim Tauschen erhalten haben wieder ausgeglichen wird. Das
Unternehmen gibt also den Kunden die mit den regionalen Wertscheinen einkaufen einen
Rabatt. Die Unternehmen können andererseits, um den Rücktauschverlust zu vermeiden,
mit den Wertscheinen bei anderen Unternehmen Zahlungen leisten und die
Regionalwährung als Kundenbindungsinstrument nutzen.
Als geografischer Rahmen der oben beschriebenen Regionalwährung dient der Landkreis
Görlitz mit seinen knapp 280.000 Einwohnern27
. Diese Ausdehnung genügt der
Anforderung, dass eine regionale Komplementärwährung für 10.000 bis eine Million
Menschen gültig sein sollte.28
5.2 Erfolgskriterien für eine Regionalwährung
Margit Kennedy und Bernard A. Lietaer formulieren 7 Kriterien für eine erfolgreich
funktionierende komplementäre Regionalwährung: 29
1. Gewinn für alle Teilnehmer
2. Gemeinnützig organisiert
3. Professionell umgesetzt
4. Transparent für die Nutzer
5. Demokratisch kontrolliert
6. Nachhaltige Finanzierung
7. Umlaufsicherung
An diesen 7 Punkten wird nun das Konzept für den Landkreis Görlitz geprüft und weiter
beschrieben.
27
URL http://www.kreis-
goerlitz.de/city_info/webaccessibility/index.cfm?region_id=349&waid=126&fsize=1&contrast=0 Stand:
22.02.2011. 28
Vgl. Kennedy, Lietaer, 2004, S. 77. 29
Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S. 127.
Praxissemesterbeleg Seite 12
5.2.1 Gewinn für alle Teilnehmer
Die Teilnehmer der Regionalwährung sind die Kunden die mit Wertscheinen einkaufen,
die Akzeptanzstellen und die Ausgabestellen. Für Kunden gibt es zwei Hauptvorteile die
bei der Nutzung für sie entstehen. Zum einen erhalten sie Rabatt auf die gekauften
Produkte und Dienstleistungen, zum anderen erleben sie einen immateriellen Gewinn in
dem sie das gute Gefühl bekommen den regionalen Aspekt bei der Kaufentscheidung
berücksichtigt zu haben. Unternehmen profitieren indem sie neue Kunden gewinnen und
langfristig binden können. Des Weiteren haben sie die Möglichkeit auf den Wertscheinen
sehr Zielgruppenspezifisch Werbeanzeigen zu platzieren. Außerdem zeigen sie mit der
Akzeptanz einer Regionalwährung ihre Verbundenheit mit der Region und verbessern
damit ihr Image bei den Kunden der Region.
Ausgabestellen profitieren von der Frequentierung ihres Unternehmens durch Nutzer der
Wertscheine und haben somit ebenfalls die Chance neue Kunden zu gewinnen und ihr
Image zu verbessern.
5.2.2 Gemeinnützig organisiert
Gemeinnützigkeit wird durch die Organisation als eingetragener Verein gewährleistet,
welcher zum Auftrag hat die regionalen Wirtschaftsstrukturen, mit einer Regionalwährung,
nachhaltig zu verbessern. Eventuell auftretende Gewinne, durch die Einnahmen aus dem
Verkauf der Werbefläche, werden vollständig, mit dem Ziel die Regionalwährung weiter
zu etablieren, investiert bzw. gemeinnützig gespendet. Die Arbeitsleistungen werden, wie
bei den meisten Regionalwährungen, in ehrenamtlicher Tätigkeit erbracht.
5.2.3 Professionell umgesetzt
„Professionell umgesetzt bedeutet, dass der Umsetzung eine solide Konzeption zugrunde
liegt, […].“30
Eine stabile Rechtsform wird, wie bei den meisten in Regionalwährungen in
Deutschland, durch einen Verein gewährleistet. Des Weiteren ist wissenschaftliche
Begleitung durch hochschulnahe Institute vorgesehen, wie sie jetzt durch die
Praktikumsarbeit mit Unterstützung der SIRE-AG bereits einen Anfang gefunden hat.
Eminent wichtig für den Erfolg einer Regionalwährung ist die frühzeitige Einbindung
regionaler Akteure bzw. Multiplikatoren31
, wie regionale Banken,
Wirtschaftsförderungsgesellschaften und die touristischen Gebietsgemeinschaften, sowie
kommunale Entscheidungsträger.
30
Kennedy; Lietaer, 2004, S. 128. 31
Aus einem Telefoninterview mit dem Initiator des Zschopautaler, Schwerin, Christian am 14.12.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 13
5.2.4 Transparent für die Nutzer
Transparenz soll vor allem dadurch entstehen das alle Nutzer jederzeit auf alle wichtigen
Dokumente der Regionalwährungen zugreifen können und somit beispielsweise die
Finanzierung oder Entscheidungswege nachvollziehen können. Dies kann in der Praxis mit
einer Internetplattform umgesetzt werden. Außerdem sollte das Informationsmaterial
jedem verständlich sein und nicht nur für Fachleute. Zusätzlich schafft eine Liste aller
Akzeptanzstellen Transparenz für Kunden, die somit sofort erfahren bei welchen
Unternehmen sie die Gutscheine ausgeben können. Diese Liste wird bei jedem
Tauschvorgang von Euro in Regionalwährung kostenlos angeboten.
5.2.5 Demokratisch kontrolliert
„Demokratisch kontrolliert sollte hier nicht nur heißen, dass bestimmte Regeln bei
Abstimmungen eingehalten werden, sondern dass es so weit wie möglich zu
Konsensbildung kommen und Mehrheitsbeschlüsse so wenig, wie möglich Minderheiten
überstimmen sollten. […] Wichtig ist, das Entscheidungen immer auf der Ebene oder von
den Gruppen vorbereitet werden, die von ihnen am unmittelbarsten betroffen sind.“32
Dies
wird umgesetzt indem teilnehmende Unternehmen vollstimmberechtigte Vereinsmitglieder
werden und somit die Entwicklung und Gestaltung aktiv mit beeinflussen können.
5.2.6 Nachhaltige Finanzierung
„Nachhaltig finanzierbar ist ein regionales Währungssystem nur dann, wenn das System so
organisiert wird, dass die Kosten dafür auf Dauer von den Beteiligten aufgebracht werden
können.“33
Kosten entstehen bei der vorgestellten Regionalwährung vorrangig durch den
Druck der Wertscheine und Marketingmaßnahmen für die Regionalwährung. Die
entstehenden Kosten sollen durch Einnahmen aus dem Verkauf von Werbemöglichkeiten
auf den Rückseiten der Wertscheine finanziert werden. Die Zahlungsbereitschaft der
Unternehmen wurde durch eine Umfrage überprüft (siehe Abbildung 11). Für die
teilnehmenden Unternehmen entstehen somit keinerlei feste Beitragsgebühren.
5.2.7 Umlaufsicherung
„Umlaufgesichert sind alle Regionalwährungen automatisch, denn sie haben drei
umlaufsichernde Eigenschaften […].“34
Die erste Eigenschaft besteht darin, dass sie wie
die Landeswährung der Inflation unterliegt. Weiterhin sind sie nur in einem begrenzten
32
Kennedy; Lietaer, 2004, S. 129. 33
Kennedy; Lietaer, 2004, S. 130. 34
Kennedy; Lietaer, 2004, S. 130.
Praxissemesterbeleg Seite 14
Bereich gültig und es entstehen Kosten beim Umtausch in die Landeswährung.35
„Das alles
führt dazu, dass die Regionalwährung diejenige ist, die man als erste ausgibt, wenn man
die Wahl hat.“36
Auf zusätzliche Sicherung des Umlaufs, wie bei anderen
Regionalwährungen, durch einen negativen Zins wird bewusst verzichtet. Denn durch die
anfängliche Konzentrierung auf Tourismusbetriebe wird ein zusätzlich positiver Effekt
erhofft, dass vorhandenes Restgeld in Regionalwährung wieder dazu führt, dass Touristen
die Region erneut besuchen. Diesem Effekt würde durch einen raschen Verfall des Geldes
entgegengewirkt.
5.3 Tourismusbranche als Katalysator dieser Regionalwährung
Neben den vielen wirtschaftlich negativen Aspekten des Landkreises Görlitz gibt es auch
positive Entwicklungen. Wie zum Beispiel den Tourismus. Sachsen und damit auch der
Landkreis Görlitz kann von einem Trend in Deutschland hin zu Kurzurlaubsreisen
profitieren, da Sachsen ein beliebtes Ziel für Kurzurlaube ist.37
Dies belegen auch die in
den letzten Jahren immer weiter gestiegenen Übernachtungszahlen im Landkreis Görlitz
(siehe Anhang 2). Mit diesem Trend sind steigende Fremdenverkehrsumsätze verbunden.
Die Regionalwährung soll nun ihren Startimpuls überwiegend aus
Fremdenverkehrsumsätzen gewinnen und sich manifestieren. Nach dieser Phase soll die
Regionalwährung auch in anderen Branchen Akzeptanzstellen gewinnen, da nun
nachweisbare Argumente für die lokalen Unternehmen geschaffen wurden, dass ein
regionales Zahlungsmittel im Landkreis Görlitz funktionieren kann.
35
Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004 S. 130. 36
Kennedy; Lietaer, 2004, S. 131. 37
Vgl. Goller, 2006, S. 204.
Praxissemesterbeleg Seite 15
6 Chancen einer Regionalwährung für den Landkreis Görlitz
Im folgenden Abschnitte werden die positiven Effekte erläutert, welche durch die
Einführung einer regionalen Komplementärwährung für einzelne Gruppen entstehen
können.
6.1 Für Konsumenten
Konsumenten haben bei dieser Konzeption, im Gegensatz zu den meisten anderen
Regionalwährungen in Deutschland, nicht nur einen immateriellen Vorteil sondern auch
einen materiellen in Form von Kaufkraftgewinn beim Tausch von Euro in
Regionalwährung. Der immaterielle Vorteil entsteht für Konsumenten den eigenen
Wertvorstellungen entsprechend, die regionale Wirtschaftstruktur und die damit
verbundenen Arbeitsplätze zu unterstützen.
Außerdem werden Informationslücken, über das regionale Angebot an Unternehmen,
abgebaut.
6.2 Für Unternehmen
Teilnehmenden Unternehmen entstehen durch die Teilnahme als Akzeptanzstelle folgende
Vorteile.
Zum einen können sie mit steigendem Umsatz rechnen, der durch die erhöhte
Aufmerksamkeit, welche Nutzer der Regionalwährung auf Akzeptanzstellen haben,
begründet ist. Außerdem besteht die Möglichkeit Kunden langfristig an das Unternehmen
zu binden. Beispielsweise kann Kunden, die in Euro bezahlen, wahlweise Wechselgeld in
Euro oder in Regionalwährung angeboten werden. Wobei der Kunde bei der
Regionalwährung etwas mehr als in Euro zurück erhalten kann. Somit ist der Kunde
angehalten dieses Geld in der Region, vorzugsweise beim selben Unternehmen, wieder zu
investieren. Der Unternehmer zahlt somit keine Rücktauschgebühr, sondern investiert in
Kundenbeziehungen.
Im Vergleich zu anderen Betriebsausgaben die zur Umsatzsteigerung dienen sollen, ist der
Erfolg der durch die Teilnahme als Akzeptanzstelle entsteht leicht an den Umsatzzahlen,
welche mit Regionalwährung erreicht werden, zu erkennen.
Des Weiteren sinken die Kosten, die mit der Regionalwährung durch den Umtausch in
Euro entstehen, während der Teilnahme immer weiter ab, da mit zunehmender Akzeptanz
Praxissemesterbeleg Seite 16
der Regionalwährung der Umlauf zwischen den Akzeptanzstellen erhöht wird, wie die
Erfahrung mit dem Chiemgauer zeigt (siehe Abbildung 2). Denn der Anteil an
Regionalwährung welcher wieder zurück in Euro getauscht wird sinkt im Laufe der Jahre
weiter ab.
Abbildung 2: Quote der im Umlauf bleibenden Chiemgauer
Quelle: Gelleri, Christian: Chiemgauer Regiomoney:
Theory and practice of a local currency. URL http://www.ijccr.net/IJCCR/2009_%2813%29.html Stand: 01.03.2011
Ein weiterer wichtiger Punkt für die Unternehmen ist die Werbung auf den Rückseiten der
Wertscheine. Diese Werbeplatzierung ist insofern sinnvoll, weil sie vom Konsumenten
nicht entsorgt wird, wie viele andere Printwerbemittel. Vielmehr rückt sie bei
Kaufentscheidungen in den Fokus und kann somit als zielgruppenspezifische
Marketingmaßnahme eingesetzt werden.
Mit der Teilnahme an der Regionalwährung zeigt ein Unternehmen seine Verbundenheit
mit der Region und kann somit sein Image gegenüber den Kunden verbessern.
6.3 Für die Region
Eine Regionalwährung ist in erster Linie ein Instrument der Wirtschaftsförderung. Durch
Etablierung erfolgt eine Erhöhung der lokalen Auftragsvergabe. Daraus folgend können
Kommunen von einer Stärkung der regionalen Wirtschaft durch Einnahmen aus der
Gewerbesteuer direkt profitieren.
Praxissemesterbeleg Seite 17
Eine Regionalwährung kann zu einer positiven Identitätsbildung in strukturschwachen
Regionen, wie dem Landkreis Görlitz, beitragen.38
Außerdem soll sie ein Beitrag dazu
sein, Unternehmen stärker untereinander zu vernetzen.39
Durch die Etablierung der Regionalwährung entsteht eine zusätzliche Möglichkeit die
Region attraktiv nach außen darzustellen, was sich positiv auf die Zahl der Touristen
auswirken kann.
Durch die Stärkung von regionalen Austauschbeziehungen werden Transportwege verkürzt
und es kommt zu einem positiven Effekt auf die Umwelt.40
7 Kritik
7.1 Hemmnisse auf Unternehmensseite bei der Akzeptanz einer
Regionalwährung
In Interviews mit Geschäftsführern aus der Tourismusbranche im Landkreis Görlitz
wurden überwiegend die folgenden Hemmnisse genannt, nicht an einer Regionalwährung,
wie sie in dieser Arbeit vorgestellt wird, als Akzeptanzstelle teilzunehmen. Teilweise
werden hier außerdem konzeptionelle Lösungsansätze aufgezeigt, die diesen Kritikpunkten
entgegen wirken können.
Ein genanntes Hemmnis ist zum Beispiel, dass Unternehmen bereits einem großen Teil
ihrer Kunden einen ermäßigten Preis gewähren und haben kein Interesse diesen
Prozentsatz weiter zu erhöhen. Des Weiteren möchte ein Teil der Hoteliers es vermeiden,
dass Hotelgäste in der Hoteleigenen Gastronomie vergünstigt speisen können. Dieser
Effekt könnte jedoch bei Akzeptanz der regionalen Wertscheine eintreten. Diesen kann
jedoch jeder Unternehmer mit der Begrenzung der Akzeptanz der Regionalwährung auf
einen Teil seines Leistungsangebots beschränken.
Andere Geschäftsführer haben Bedenken, dass durch die Regionalwährung zu viel
Bürokratie entsteht. Sie scheuen die gesonderte Abrechnung.
Die Bereitschaft der Touristen, während des Urlaubs Euros in Regionalwährung zu
tauschen wird von einigen Unternehmern als sehr gering eingeschätzt. Besonders, da die
38
Vgl. Hardraht; Godschalk, 2004, S. 64. 39
Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S. 199. 40
Vgl. Kennedy; Lietaer, 2004, S. 199.
Praxissemesterbeleg Seite 18
durchschnittliche Verweildauer eines Touristen im Landkreis Görlitz bei nur 2,7 Tagen41
liegt.
Bei Hotels die keine Gastronomie für Nicht-Hotelgäste anbieten findet fast ausschließlich
bargeldloser Zahlungsverkehr statt, daher ist das auf Wertscheinen basierende Konzept
einer Regionalwährung für diese Hotels weniger interessant.
Außerdem schätzen einige Geschäftsführer die Akzeptanz einer Regionalwährung bei
älteren Gästen als gering ein.
Viele Gewerbetreibende haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen als Teilnehmer
in verschiedenen Bonusprogrammen gemacht und konnten keine Neukunden gewinnen.
Deshalb sind sie grundsätzlich skeptisch gegenüber anderen Konzepten, in denen Kunden
ein Preisnachlass gewährt wird und schätzen die Möglichkeit Kunden zu akquirieren als
gering ein.
Ein weiteres Hindernis wird in der Fälschungssicherheit der Wertscheine gesehen. Dem
kann jedoch entgegen gesetzt werden, dass z.B. beim Chiemgauer noch keine Fälschungen
bekannt geworden sind.42
Außerdem werden die Wertscheine, wie auch bei anderen
Regionalwährungen, mit verschiedenen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet.
7.2 Hemmnisse auf Seite der Konsumenten
Das vielleicht größte Hemmnis für Konsumenten an einer Regionalwährung aktiv
teilzunehmen besteht im Mehraufwand der durch den Tausch entsteht. Außerdem ist es für
Kunden von Nachteil, dass die Regionalwährung nur in der entsprechenden Region
ausgegeben werden und auch nur hier in Euro zurückgetauscht werden kann.
In der Phase der Einführung einer Regionalwährung spielt das fehlende Vertrauen in diese
Wertscheine eine besonders große Rolle. Dies kann abgebaut werden in dem
Tauschpartner gefunden werden, die in der Bevölkerung Vertrauen genießen, wie z.B.
Sparkassen, Post, Ämter usw.
41
URL http://www.statistik.sachsen.de/Index/22kreis/unterseite22.htm Stand: 23.01.2011. 42
URL http://www.chiemgauer.info/253.0.html Stand: 01.03.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 19
Auf Touristen bezogen, die für dieses Konzept eine Schlüsselrolle besitzen, besteht eine
Hürde in der kurzen Verweildauer von 2,7 Tagen43
. In der es für einige nicht sinnvoll
erscheinen mag, Euro in Regionalwährung zu tauschen.
7.3 Kritik der öffentlichen Institutionen
Gemeinden wollen nicht als Akzeptanzstelle fungieren, mit der Begründung, dass sie an
das Sparsamkeitsgebot gebunden sind und deshalb keine Zahlungen akzeptieren dürfen die
mit einer evtl. auftretenden Rücktauschgebühr verbunden sind. Diese Bedenken sind nach
Prof. Dr. Geitmann jedoch unbegründet.44
Der entstehende Mehraufwand durch Tausch zwischen Euro und Regionalwährung und
das mangelnde Vertrauen in eine neue unbekannte Währung sind auch für die öffentlichen
Institutionen Gründe eine solche Regionalwährung abzulehnen.
8 Auswertung der Umfrage
Um die Bereitschaft von Unternehmen in der Tourismusbranche im Landkreis Görlitz, als
Akzeptanzstellen bei einer Regionalwährung teilzunehmen, zu ermitteln wurde eine
Umfrage durchgeführt.(Umfragebogen siehe Anhang 5) Die Antworten wurden zum einen
in Interviews mit Geschäftsführern und zum anderen über Online-Fragebögen gesammelt.
Zu letzterem wurden E-Mails durch die Touristischen Gebietsgemeinschaften Naturpark
Zittauer Gebirge und Neißeland, die Wirtschaftsförderung Görlitz sowie von der Sire-AG
an relevante Unternehmen versendet.
Es wurden insgesamt 17 Interviews mit Geschäftsführen geführt und allein von der Sire-
AG 135 E-Mails verschickt. Bei den E-Mails gab es leider nur einen sehr geringen
Rücklauf von 8 Antworten. Durch diesen geringen Rücklauf kann nur von einer Stichprobe
gesprochen werden.
Zunächst zur Zusammensetzung der Größeneinordnung der befragten touristischen
Unternehmen.
43
URL http://www.statistik.sachsen.de/Index/22kreis/unterseite22.htm Stand: 23.01.2011. 44
Zit. Nach einem Telefoninterview mit dem Initiator des Zschopautaler, Schwerin, Christian am
14.12.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 20
Abbildung 3: Umsatzzahlen der befragten Unternehmen
Der überwiegende Teil der Unternehmen hat einen Umsatz zwischen 100.000 und 500.000
Euro.
Abbildung 4: Gäste bzw. Besucherzahlen der befragten Unternehmen
Die meisten Unternehmen geben an Besucherzahlen zwischen 5.000 und 20.000 zu
erreichen, wobei zu erwähnen bleibt das viele Geschäftsführer Probleme bei der
Einschätzung ihrer Besucherzahlen haben. Somit sind viele Einordnungen lediglich
Schätzungen der Geschäftsführer.
0123456789
unter 50.000
€
50.000 € bis
100.000 €
100.000 €
bis 200.000
€
200.000 €
bis 500.000
€
über 500.000
€
ohne
Antwort
Wieviel Umsatz hatten Sie im letzten Geschäftsjahr?
0
2
4
6
8
10
unter 2.000 2.000 -
5.000
5.000 -
20.000
20.000 -
50.000
über 50.000 ohne
Antwort
Wieviele Gäste bzw. Besucher hatten Sie im letzten
Geschäftsjahr
Praxissemesterbeleg Seite 21
Abbildung 5: Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen
Die meisten der befragten Unternehmen beschäftigen sechs bis zehn Mitarbeiter.
Abbildung 6: Branchenübersicht der befragten Unternehmen
Die meisten der untersuchten Unternehmen sind in der Beherbergungsbranche und bzw.
oder als Restaurant tätig.
0
2
4
6
8
10
1 - 3 4 - 6 6 - 10 11 - 20 über 20 ohne
Antwort
Wieviele Mitarbeiter sind in Ihrem Unternehmer
tätig?
02468
1012141618
In welchen Branchen ist Ihr Unternehmen tätig?
Praxissemesterbeleg Seite 22
Nachfolgend werden die gesammelten Antworten ausgewertet.
Abbildung 7: Interesse der Unternehmen an einer Regionalwährung teilzunehmen.
Die Reaktionen aus der Tourismusbranche auf die Regionalwährung sind mit 60% in der
Mehrzahl positiv, wie in Abbildung 7 zu sehen.
Abbildung 8: Interesse der Unternehmen an einer Regionalwährung nach Mitgliedschaft in Marketingverband
Abbildung 8 macht deutlich, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Interesse
der Teilnahme und der Mitgliedschaft eines Unternehmens in einem Marketingverband.
Hierbei ist festzustellen, dass Unternehmen die bereits Mitglieder von Marketingverbänden
sind eher Interesse haben als Akzeptanzstelle teilzunehmen. Die am häufigsten genannten
Marketingverbände sind die Touristischen Gebietsgemeinschaften und die
Marketinggesellschaft Oberlausitz.
Ja
15
60%
Nein
10
40%
Haben Sie Interesse an einer solchen
Regionalwährung teilzunehmen?
0
2
4
6
8
10
Mitglied in Marketingverband kein Mitglied in einem
Marketingverband
Haben Sie Interesse an einer solchen
Regionalwährung teilzunehmen?
Ja
Nein
Praxissemesterbeleg Seite 23
Abbildung 9: Gewünschte Höhe der Rücktauschgebühr bzw. Konsumentenbonus
Für das vorgestellte Konzept einer Regionalwährung ist es essentiell, dass Unternehmen
bereit sind einen Teil ihres Umsatzes der durch die Regionalwährung entsteht, in Form der
Rücktauschgebühr wieder zu investieren. Unter den Befragten welche Interesse an der
Regionalwährung haben ist diese Bereitschaft vorhanden. (siehe Abbildung 9) Die
durchschnittliche gewünschte Rücktauschgebühr liegt bei 7,9 %. Diese Höhe kann bereits
einen deutlichen Anreiz auf Kunden haben und der Regionalwährung helfen an
Umlaufvolumen zu gewinnen.
Abbildung 10: Interesse der Unternehmen an Werbung auf Wertscheinen
Die Finanzierung dieser Regionalwährung hängt von Einnahmen aus der Vermarktung der
Wertscheine ab. Abbildung 10 macht deutlich, dass die Unternehmen welche grundsätzlich
Interesse an dieser Regionalwährung haben, zusätzlich bereit sind für Werbemöglichkeiten
auf den Rückseiten der Wertscheine zu bezahlen.
0
2
4
6
8
3% 5% 10% 15% 20% 30% über 30
%
anderer
Wert:
Wieviel Prozent des zusätzlichen Umsatzes sind Sie
bereit als Rücktauschgebühr zu zahlen?
0
2
4
6
8
10
12
14
Interesse an Regionalwährung kein Interesse an Regionalwährung
Würde Sie eine Präsenz Ihres Unternehmens auf der Rückseite
des Wertscheins interessieren?
Ja
Nein
Praxissemesterbeleg Seite 24
Abbildung 11: Höhe der Zahlungsbereitschaft für Werbung auf den Wertscheinen.
Zusammengenommen sind die befragten Unternehmen bereit 2.550 € für die Werbung zu
zahlen. Zum Vergleich die Gesamtausgaben des Vereins „Hallertauer-Regional e.V.“
betrugen in den Jahren von 2004 – 2007 jährlich durchschnittlich: 1.349,93 €. Mit diesen
Mitteln konnten von 2004 - 2007 58.616 Hallertauer-Werteinheiten ausgegeben werden.45
Vor diesem Hintergrund scheint die Zahlungsbereitschaft ausreichend zur Finanzierung der
Kosten einer Regionalwährung.
45
URL www.hallertauer-regional.de Stand: 02.03.2011.
0
1
2
3
4
5
6
7
50 € 100 € 200 € 500 € 1.000 €
Wieviel wäre Ihnen diese Präsenz jährlich Wert?
Praxissemesterbeleg Seite 25
9 Ausblick für eine Regionalwährung im Landkreis Görlitz
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Resonanz vieler Unternehmen
überraschend positiv war. Aber unter Berücksichtigung der geringen Beteiligung an der
Umfrage, bleibt die erfolgreiche Etablierung einer Regionalwährung im Landkreis Görlitz
sehr fraglich. Denn um eine funktionierende Regionalwährung zu starten, sind noch mehr
Befürworter zu finden.
Im Zuge der Realisierung muss noch ein Name für die Regionalwährung gefunden werden.
Zu diesem Zweck wurden bereits mit der „Ideenschmiede“ (ein Workshop des
Wissenschaftsladens in Zittau) mit Hilfe einer gezielten Kreativitätstechnik Vorschläge
entwickelt. (siehe Anhang 4) Ein weiterer Schritt der Umsetzung ist die Gestaltung der
Wertscheine. Vorschläge hierzu könnten über einen Wettbewerb gesammelt werden. Der
Druck der Wertscheine sollte in Zusammenarbeit mit einer regional ansässigen Druckerei
geschehen. Die Entscheidungen zum Namen und Aussehen der Regionalwährung sind
möglichst unter Einbeziehung der teilnehmenden Unternehmen zu treffen, schließlich
müssen diese mit der Währung arbeiten. Zusätzlich ist eine Umfrage in der Bevölkerung
sinnvoll.
Als Ausblick bleibt für die Regionalwährung im Landkreis Görlitz, mit seiner Lage im
Dreiländereck, eine Ausweitung der Akzeptanzstellen auf die Grenzregionen Polens und
Tschechiens festzuhalten. Dies könnte dazu beitragen grenzüberschreitende
Handelsbeziehungen im Dreiländereck zu stärken.
Praxissemesterbeleg Seite 26
Anhang
Anhang 1
Tabelle 2: Kaufkraft Vergleich Landkreis Görlitz
Verfügbares
Einkommen der
privaten Haushalte je
Einwohner in €
Landkreis Görlitz Sachsen Deutschland
2008 15018 15708 18974
2007 14659 15357 18442
2006 14287 15085 18130
2005 13896 14798 17749
Quelle: URL http://www.regionalstatistik.de Stand: 26.01.2011
Anhang 2
Abbildung 12: Anzahl der Gästeübernachtungen im Landkreis Görlitz in den Jahren 1995 – 2011
Quelle: URL http://www.regionalstatistik.de Stand: 25.01.2011
Praxissemesterbeleg Seite 27
Anhang 3
Tabelle 3: Überblick ausgewählter bereits etablierter Regionalwährungen in Deutschland
Name der
Regionalwährung
Bundesland - Region Erstausgabe-
datum
Deckung Anz. Beteiligte
Unternehmen
(Feb.2011)
Umlauf Euro-
Äquivalent (Feb.
2011)
Höhe und Verwendung der
Rücktauschgebühr
Chiemgauer46
Bayern - LK Rosenheim und
Traunstein
01.01.2003 Kapitalgedeckt 600 580.216 5 – 10%, 3 % der Umtauschsumme
Förderung regionaler Projekte
Sterntaler47
Bayern – Berchtesgaden 01.04.2004 Mischform 214 96.696 3% Förderung regionaler Projekte
Regio Oberland48
Bayern – Wolfratshausen 01.01.2005 Kapitalgedeckt 182 15.900 5 %, Überschuss Gemeinnützigkeit
Zschopautaler49
Sachsen - Mittweida 17.08.2007 Kapitalgedeckt 121 24.919 5 % Förderung regionaler Projekte
Hallertauer50
Bayern – LK Pfaffenhofen 25.11.2004 Kapitalgedeckt 100 k.A. 3 % Förderung regionaler Projekte
2 % Kostendeckung des Vereins
Havelblüte51
Brandenburg – Potsdam 24.06.2006 Leistungsgedeckt 77 31.000 kein Rücktausch in Euro möglich
Lechtaler52
Bayern – Augsburg 30.09.2009 Leistungsgedeckt 60 73.00053
kein Rücktausch in Euro möglich
NahGold54
Baden Württemberg – Bad
Liebenzell
01.10.2006 Kapitalgedeckt 47 5.400 3 - 5% , Überschuss Gemeinnützigkeit
Amper-Taler55
Bayern – LK Dachau 01.12.2008 Kapitalgedeckt 30 20.269 5% Kostendeckung des Vereins
46 URL http://www.chiemgauer.info Stand: 16.02.2011. 47 URL http://www.regiostar.com Stand: 16.02.2011. 48 URL http://www.der-regio.de Stand: 16.02.2011. 49 URL http://zschopautaler.info/index.html Stand: 16.02.2011. 50 URL http://www.hallertauer-regional.de Stand: 16.02.2011. 51 URL http://www.havelblueten.de/index.php/view/check Stand: 16.02.2011. 52 URL http://www.estrading.de/ Stand: 16.02.2011. 53 LT eSTrading, per E-Mail vom 18.02.2011. 54 URL http://www.nahgold.de/index.php?id=027&spr=d Stand: 16.02.2011. 55 URL http://www.amper-taler.de/index.php Stand: 16.02.2011.
Praxissemesterbeleg Seite 28
Anhang 4
Tabelle 4: Namensvorschläge für eine Regionalwährung im Landkreis Görlitz
Lausitzrubel O-Neten
OWS (Oberlausitzer Wertscheine) Gold-O
O-Taler Regionaler
Neißegroschen Neißeblüten
Neißetaler Neißemark
Neißetrumpf Zleukro (Zloty-Euro-Krone)
Krozleu (Krone-Zloty-Euro) Kreuloty (Krone-Euro-Zloty)
Für-Lau (Für die Lausitz)
Praxissemesterbeleg Seite 29
Anhang 5
Abbildung 13: Umfragebogen für Unternehmen
Praxissemesterbeleg Seite 30
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wertscheinkreislauf am Beispiel von 100 getauschten Euro ........................ 10
Abbildung 2: Quote der im Umlauf bleibenden Chiemgauer.............................................. 16
Abbildung 3: Umsatzzahlen der befragten Unternehmen ................................................... 20
Abbildung 4: Gäste bzw. Besucherzahlen der befragten Unternehmen .............................. 20
Abbildung 5: Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen .............................................. 21
Abbildung 6: Branchenübersicht der befragten Unternehmen ............................................ 21
Abbildung 7: Interesse der Unternehmen an einer Regionalwährung teilzunehmen. ......... 22
Abbildung 8: Interesse der Unternehmen an einer Regionalwährung nach Mitgliedschaft in
Marketingverband ................................................................................................................ 22
Abbildung 9: Gewünschte Höhe der Rücktauschgebühr bzw. Konsumentenbonus ........... 23
Abbildung 10: Interesse der Unternehmen an Werbung auf Wertscheinen ........................ 23
Abbildung 11: Höhe der Zahlungsbereitschaft für Werbung auf den Wertscheinen. ......... 24
Abbildung 12: Anzahl der Gästeübernachtungen im Landkreis Görlitz in den Jahren 1995 –
2011 ..................................................................................................................................... 26
Abbildung 13: Umfragebogen für Unternehmen................................................................. 29
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Typisierung der Regionalwährungen ................................................................... 5
Tabelle 2: Kaufkraft Vergleich Landkreis Görlitz .............................................................. 26
Tabelle 3: Überblick ausgewählter bereits etablierter Regionalwährungen in Deutschland27
Tabelle 4: Namensvorschläge für eine Regionalwährung im Landkreis Görlitz ................ 28
Praxissemesterbeleg Seite 31
Literaturverzeichnis
Gelleri, Christian: Chiemgauer Regiomoney: Theory and practice of a local currency. In:
International Journal of Community Currency Research Vol 13.
Goller, Hans-Jürgen: Tourismus in Sachsen – als Top-Kulturreiseziel auf der Erfolgsspur.
In: Wirtschaftsstandort Freistaat Sachsen Hrsg. von Christian Kirk in Zusammenarbeit mit
dem Freistaat Sachsen. Auflage 2006 / 2007. Darmstadt: Europäischer Wirtschafts Verlag
GmbH, 2006, S. 204
Hardraht, Klaus; Godschalk, Hugo: Komplementärwährungsgutachten – Sparkasse
Delitzsch-Eilenburg. Erstellt im Auftrag der Sparkasse Delitzsch-Eilenburg von KÜBLER
GBR / PAYSYS GMBH
Kennedy, Margit; Lietaer, Bernard: Regionalwährungen – Neue Wege zu nachhaltigem
Wohlstand. 1. Aufl. München: Riemann Verlag, 2004
Rösl, Gerhard: Regionalwährungen in Deutschland – Lokale Konkurrenz für den Euro?.
Diskussionspapier Reihe 1 Volkswirtschaftliche Studien Nr. 43/2006 Hrsg. Von Herrmann,
Heinz; Liebig ,Thilo; Tödter, Karl-Heinz in Zusammenarbeit mit der Deutschen
Bundesbank. Frankfurt: 2006
Siebert, Gunnar; Kempf, Stefan: Benchmarking – Leitfaden für die Praxis. 3. Aufl.
München: Hanser Verlag, 2008
Praxissemesterbeleg Seite 32
Internetverzeichnis
http://www.amper-taler.de
http://www.chiemgauer.info
http://www.der-regio.de
http://www.estrading.de
http://www.hallertauer-regional.de
http://www.havelblueten.de
http://www.nahgold.de
http://www.regiogeld.de
http://www.regiostar.com
http://www.statistik.sachsen.de
http://www.zschopautaler.info
http://www.regionalstatistik.de
Praxissemesterbeleg Seite 33
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Die Arbeit wurde bisher keiner
anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und noch nicht veröffentlicht.
Zittau, den 05.03.2011