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PUNKTQUELLE SPITAL - Hunziker Betatech€¦ · System «Pharmafilter» eine p rüf enswerte A...

Date post: 23-May-2020
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Um Einträge von Mikroverunreinigungen in die Gewässer zu vermeiden, sind neben dem Ausbau der Schweizer Abwasserreinigungsanlagen weitere Anstrengungen nötig. So gelten auch Spitäler als Punktquelle für ausgewählte Stoffe. Im Sinne einer umfassenden Entsorgungslogistik ist das System «Pharmafilter» eine prüfenswerte Alternative zur traditionellen Abfall- und Abwasserent- sorgung in einem Spital. Das Universitätsspital Zürich hat sich gegen die Einführung von «Pharma- filter» entschieden, da kein idealer Standort für die ARA gefunden werden konnte. Ruedi Moser*, Hunziker Betatech AG; Susanna Caravatti-Felchlin, Universitätsspital Zürich PUNKTQUELLE SPITAL MACHBARKEITSSTUDIE ZUM KONZEPT «PHARMAFILTER» IM UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH AUSGANGSLAGE USZ Das Universitätsspital Zürich (USZ) ist heute ein Ensemble von Spitalbauten, das viel prozessuales Geschick abverlangt, damit in der Intralogistik effizient gearbeitet werden kann. Einige der USZ-Gebäude sind in einem schlechten baulichen Zustand. Die Infrastruktur entspricht in vielen Bereichen nicht mehr den An- forderungen der zeitgemässen Bewirtschaftung. Das Ziel des Generationenprojekts «Gesamterneuerung USZ» ist die bauliche Erneuerung des Universitätsspitals auf dem bestehenden Areal. Die strategischen Grundsätze fordern von den Neubauten eine hohe Flexibilität, effiziente Prozesse und die Berücksichtigung von zukunftsorientierten Technologien und Konzepten. Auf Besichtigungen in Spitälern im In- und Ausland wurden die Facility-Management-Verantwortlichen für die Gesamter- neuerung USZ auf das implementierte Entsorgungssystem Pharmafilter im Hospital Reinier de Graaf in Delft (NL) aufmerk- sam. Figur 1 und 2 zeigen die dort installierten Abfallschred- der, so genannte Tonto. Diese sind die zentralen Elemente der Entsorgungslogistik. Einwegartikel und Abfälle werden in die Einwurföffnung geworfen und direkt auf den Abteilungen, also am Ort des Verursachers, geschreddert und gelangen mit dem Abwasser über die Hauskanalisation zur Pharmafilter -Abwas- RÉSUMÉ CONCEPT DE FILTRES PHARMACEUTIQUES – FAISABILITÉ À L’HÔPITAL UNIVERSITAIRE DE ZURICH Au cours des trois dernières années, le concept de «filtres pharmaceutiques» a, dans le contexte des eaux usées des hôpitaux, suscité un réel intérêt également en Suisse. Les hôpitaux néerlandais de Delft, Terneuzen et Zaandam, et depuis 2018 également l’hôpital universitaire de Rotterdam, sont passés au système de filtres pharmaceutiques pour l’élimination de leurs déchets. Ce système constitue une logistique d’élimination complète qui s’éloigne fortement du procédé actuel utilisé dans les hôpitaux suisses. Il s’agit avant tout de réduire les transports au sein de l’hôpital et d’améliorer l’hygiène des déchets dans les services. Une station d’épuration (STEP) d’hôpital traite non seulement les eaux usées mais aussi une part importante des déchets. Ces déchets sont broyés dans les services, donc sur le lieu du pollueur, et sont acheminés avec les eaux usées jusqu’à la STEP dotée de filtres pharmaceutiques. La STEP est équi- pée des étapes usuelles de nettoyage mais également d’une étape d’ozonation et d’une étape de filtration au charbon ac- tif. Les eaux usées purifiées sont ainsi débarrassées dans une large mesure des résidus médicamenteux. Conformément au concept de filtre pharmaceutique, les eaux sont ensuite en grande partie réutilisées dans l’hôpital comme eau grise pour > S. 71 * Kontakt: [email protected] AQUA & GAS N o 10 | 2018 FACHARTIKEL | 65
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Page 1: PUNKTQUELLE SPITAL - Hunziker Betatech€¦ · System «Pharmafilter» eine p rüf enswerte A lternative zu r tradition ellen A bfall- u nd A bwasserent - sorgung in einem Spit al.

Um Einträge von Mikroverunreinigungen in die Gewässer zu vermeiden, sind neben dem Ausbau der Schweizer Abwasserreinigungsanlagen weitere Anstrengungen nötig. So gelten auch Spitäler als Punktquelle für ausgewählte Stoffe. Im Sinne einer umfassenden Entsorgungslogistik ist das System «Pharmafilter» eine prüfenswerte Alternative zur traditionellen Abfall- und Abwasserent-sorgung in einem Spital. Das Universitätsspital Zürich hat sich gegen die Einführung von «Pharma-filter» entschieden, da kein idealer Standort für die ARA gefunden werden konnte.

Ruedi Moser*, Hunziker Betatech AG; Susanna Caravatti-Felchlin, Universitätsspital Zürich

PUNKTQUELLE SPITAL

M AC H BA R K E I TS ST U D I E Z U M KONZEP T «PH A RM A FILTER» IM UNI V ERSITÄT S SPITA L ZÜRICH

AUSGANGSLAGE USZ

Das Universitätsspital Zürich (USZ) ist heute ein Ensemble von Spitalbauten, das viel prozessuales Geschick abverlangt, damit in der Intralogistik effizient gearbeitet werden kann. Einige der USZ-Gebäude sind in einem schlechten baulichen Zustand. Die Infrastruktur entspricht in vielen Bereichen nicht mehr den An-forderungen der zeitgemässen Bewirtschaftung.Das Ziel des Generationenprojekts «Gesamterneuerung USZ» ist die bauliche Erneuerung des Universitätsspitals auf dem bestehenden Areal. Die strategischen Grundsätze fordern von den Neubauten eine hohe Flexibilität, effiziente Prozesse und die Berücksichtigung von zukunftsorientierten Technologien und Konzepten.Auf Besichtigungen in Spitälern im In- und Ausland wurden die Facility-Management-Verantwortlichen für die Gesamter-neuerung USZ auf das implementierte Entsorgungssystem Pharmafilter im Hospital Reinier de Graaf in Delft (NL) aufmerk-sam. Figur 1 und 2 zeigen die dort installierten Abfallschred-der, so genannte Tonto. Diese sind die zentralen Elemente der Entsorgungslogistik. Einwegartikel und Abfälle werden in die Einwurföffnung geworfen und direkt auf den Abteilungen, also am Ort des Verursachers, geschreddert und gelangen mit dem Abwasser über die Hauskanalisation zur Pharmafilter-Abwas-

RÉSUMÉ

CONCEPT DE FILTRES PHARMACEUTIQUES –FAISABILITÉ À L’HÔPITAL UNIVERSITAIRE DE ZURICHAu cours des trois dernières années, le concept de «filtres pharmaceutiques» a, dans le contexte des eaux usées des hôpitaux, suscité un réel intérêt également en Suisse. Les hôpitaux néerlandais de Delft, Terneuzen et Zaandam, et depuis 2018 également l’hôpital universitaire de Rotterdam, sont passés au système de filtres pharmaceutiques pour l’élimination de leurs déchets. Ce système constitue une logistique d’élimination complète qui s’éloigne fortement du procédé actuel utilisé dans les hôpitaux suisses. Il s’agit avant tout de réduire les transports au sein de l’hôpital et d’améliorer l’hygiène des déchets dans les services.Une station d’épuration (STEP) d’hôpital traite non seulement les eaux usées mais aussi une part importante des déchets. Ces déchets sont broyés dans les services, donc sur le lieu du pollueur, et sont acheminés avec les eaux usées jusqu’à la STEP dotée de filtres pharmaceutiques. La STEP est équi-pée des étapes usuelles de nettoyage mais également d’une étape d’ozonation et d’une étape de filtration au charbon ac-tif. Les eaux usées purifiées sont ainsi débarrassées dans une large mesure des résidus médicamenteux. Conformément au concept de filtre pharmaceutique, les eaux sont ensuite en grande partie réutilisées dans l’hôpital comme eau grise pour

> S. 71

* Kontakt: [email protected]

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Fig. 1 Abfallschredder «Tonto» im Hospital Reinier de Graaf

Fig. 2 «Tonto»-Ausrüstung mit Sichtfenster

serreinigungsanlage, wo das Abwasser mehrstufig behandelt wird.Das Pharmafilter-Konzept bietet für den Umgang mit Spital-abwasser einen komplett neuen Ansatz [1]. Deshalb wurde es als vielversprechende und prüfungswerte Alternative zur heutigen ressourcenintensiven Abfallentsorgungslogistik über das Abwassersystem des USZ erachtet. Aufgrund von Recher-chen sowie ersten Gesprächen mit den Verantwortlichen der Pharmafilter-Anlagen im Hospital Reinier de Graaf in Delft so-wie im Medical Center Erasmus in Rotterdam wurde 2015 die Erstellung einer Machbarkeitsstudie von der Spitaldirektion des USZ gutgeheissen und vom Spitalrat unterstützt [2]. Die Projektgruppe «Pharmafilter» des USZ hat daraufhin das neu gebaute Hospital Reinier de Graaf besucht, um die Anlage zu besichtigen und auch spezifische Fragen dazu zu erörtern. Ein wichtiger Punkt, der zu beachten ist, falls ein Pharmafilter-System in Erwägung gezogen wird, ist der Flächenbedarf und der neue Entsorgungsprozess. Deshalb muss eine Abfallentsor-gung mit Pharmafilter frühzeitig (idealerweise mit einer Vor-studie) geprüft und mit allen Beteiligten im Spital diskutiert werden. Es ist zu spät, erst mit dem Bauprojekt dieses Entsor-gungssystem in Betracht zu ziehen.

ABFALLENTSORGUNG IM USZ

HER AUSFORDERUNGEN Für den Bereich der Abfallentsorgung im USZ stecken die He-rausforderungen in unterschiedlichen Bereichen, vor allem in den folgenden:

H y g i e n e– Infektionsrate bei Patienten als wichtiger Kennwert– Spitalhygiene mit Fokus auf Infektionsgefahr bei den Spital-

mitarbeitenden.

P r o z e s s e– Einheitliche Prozesse für die Abfallentsorgung in Bestandes-

sowie Neubauten während der langen Phase der Gesamter-neuerung

– Zusammenführung langer Transportwege auf verschiedenen Ebenen (Hanglage), Vermeidung von Aufzügen

– Verzicht auf Abwurfschächte aus baulichen und sicherheits-bedingten Gründen

Ö k o l o g i e– Es ist nicht auszuschliessen, dass mit dem Abwasser heute im

Universitätsspital Zürich ungefiltert Medikamentenrückstän-de etc. in die öffentliche Kanalisation fliessen. Bei verschärf-ten Regulationen könnte das USZ künftig zu erheblichen Massnahmen in der Abwasserbehandlung vor Austritt des Spitalareals verpflichtet werden. Solche verschärften Mass-nahmen sind momentan jedoch nicht in Sicht.

– Das USZ ist der Ökologie verpflichtet. Mit der Gesamterneue-rung sind wirtschaftliche und innovative Massnahmen zum Schutz der Umwelt zu verfolgen.

Ö k o n o m i e– Hoher innerbetrieblicher Verkehr mit steigenden Anforderun-

gen an Personen- und Materialströme (höhere Frequenzen, höhere Liftkapazitäten u. a.)

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ABFÄLLE UND ABWASSERIm Jahr 2012 entsorgte das USZ täglich ca. zehn Tonnen Abfälle. In der Aufstel-lung nicht berücksichtigt sind Sperrgut-, Altmetall- und Gartenabfälle (Tab. 1). Von den zehn Tonnen könnten täglich in einer ersten Phase ca. 4,8 t (Kehricht und bioge-ne Abfälle) – somit rund 50% – über das Pharmafilter-System entsorgt werden.Der jährliche Abwasseranfall (bzw. Frisch-wasserverbrauch) liegt bei ca. 280 000 m3 und soll in Zukunft dank Grauwassernut-zung um 30% vermindert werden. Aktuell gibt es keine Grauwassernutzung im USZ. Praktisch der gesamte Abwasseranfall würde über Pharmafilter entsorgt werden. Ausnahme bilden die Abwässer aus den Abklingbehältern der Nuklearmedizin, die auch weiterhin über die Neutralisationsan-lage der ETH entsorgt werden würden.

KONZEPT «PHARMAFILTER» IM USZ

Zentral ist die Tatsache, dass das gerei-nigte Abwasser aus dem Pharmafilter für die Grauwassernutzung im USZ genutzt werden könnte. Die Qualität ist sogar besser als im Auslauf des Zürcher Klär-werks Werdhölzli. Figur 3 illustriert dies anhand der unterschiedlichen Verfah-renstechnik.Im Klärwerk Werdhölzli erfolgt nach dem Belebtschlammbecken die Wasser-

Schlamm-Trennung in einem Sedimen-tationsbecken, der Nachklärung. Darauf folgt die Ozonung zur Entfernung von organischen Spurenstoffen und als letzte Stufe eine 2-Schicht-Sandfiltration.In der Pharmafilter-ARA erfolgt nach dem Belebtschlammbecken die Wasser-Schlamm-Trennung mit einer Memb-ranfiltration. Organische Spurenstoffe werden danach sowohl mit der Ozonung als auch mit dem Aktivkohlefilter weitge-hend entfernt.Der Hauptunterschied in der Qualität des gereinigten Abwassers liegt bei den Partikeln bzw. den gesamten ungelösten Stoffen (GUS). Im Ablauf des Klärwerks Werdhölzli beträgt 2016 der Anteil GUS im Mittelwert Tiefe 2–3 mg/l. Im Phar-mafilterablauf ist der GUS wegen der Membranfiltration null. Ähnlich verhält es sich mit den gelösten, organischen Stoffen (DOC). Wegen dem zusätzlichen

Abfallkategorie Anteil

Kehricht 40%

Biogene Abfälle 8%

Medizinische und chemische Sonderabfälle (exkl. Gewebeabfälle) 11%

Karton 8%

Papier 7%

Recycling 26%

Tab. 1 Zusammensetzung des Abfalls im USZ [3]

Fig. 3 Schema Verfahrenstechnik im Klärwerk Werdhölzli (oben) und im USZ mit Pharmafilteranlage (Soll-Zustand). BB = Belebtschlammbecken, NKB = Nachklärbecken, SF = Sandfiltration, MF = Membranfiltration, O3 = Ozonung, AK = Aktivkohlefilter

Aktivkohlefilter ist die DOC-Elimination im Pharmafilter etwas grösser als im Klärwerk.Die Fest-Flüssig-Trennung vor der Ab-wasserreinigung geschieht im Pharma-filtersystem mit redundanten Schlamm-filterpressen. Diese sind mit einem Keil-Drahtschirm von 1 mm ausgerüstet.Das gereinigte Abwasser aus dem Phar-mafilter könnte als Grauwasser für WC-Spülungen, Kühlungen und die Bewäs-serung im USZ eingesetzt werden. Das überschüssige, gereinigte Abwasser würde in die öffentliche Kanalisation ab-gegeben. Dies einerseits aus Sicherheits-gründen und weil eine Ableitung in ein Oberflächengewässer aktuell nicht bewil-ligungsfähig ist.Um die Anforderungen von Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ) an die Beschaf-fenheit des Klärschlammes aus dem Phar-mafilter zu erfüllen, wäre für die Anlage

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im USZ zusätzlich der Einsatz von Strain-pressen vorgesehen. Mit diesen würden vor (oder alternativ nach) der anaeroben Faulung Plastik und andere Störstoffe entfernt und in einen Container oder eine Mulde abgeworfen. Die Abfälle aus den Strainpressen würden zusammen mit dem entwässerten Klärschlamm aus dem Pharmafiltersystem zur zentralen Klärschlammverwertungsanlage (KSV) im Werdhölzli transportiert und dort ver-brannt.

AUSLEGUNG PHARMAFILTER ANL AGEFür die Anwendung im USZ galten in der Machbarkeitsstudie die Ausbauschritte gemäss Tabelle 2. Die Pharmafilter-Anla-ge im USZ sollte in zwei Etappen erstellt werden. Die Abwassermenge zum Phar-mafilter beträgt beim Vollausbau max. 200 000 m3/a, dies entspricht 30% weni-ger als die aktuelle Abwassermenge von 280 000 m3/a. Die Durchsatzleistung mit 25 m3/h kann für Spitzen auf 50 m3/h er-höht werden. Die Anlage ist zweistrassig angelegt.

ENTSORGUNGSLOGISTIK Figur 4 zeigt den IST-Prozess entlang der involvierten Prozessschritte (Orte). Die rot durchkreuzten Prozessschritte ent-fallen mit der Konzeptveränderung.Ein grosser Teil der In-House-Entsor-gungstransporte würden bei der Konzep-tänderung entfallen. Der geschredderte Kehricht und Kompost würde über das Abwasser direkt in die zentrale Reini-gungsanlage (Pharmafilter) geschwemmt (grün, Fig. 5). Zu der zentralen Sammel-stelle würden somit nur noch ungefähr-liche Recyclingartikel und in der ersten Phase Sonderabfälle in verschlossenen Spezialbehältern transportiert. Damit wäre der Flächenbedarf in der zentralen Sammelstelle kleiner.

Mit dem Wechsel von Mehrweg- auf Ein-wegartikel für Bettpfannen und Urinale würde das Materialvolumen der kom-missionierten Anlieferung ansteigen. Der Anstieg gemäss der prognostizierten Menge würde keine zusätzlichen Versor-gungsaufwendungen verursachen.

GRAUWASSERNUTZUNG UND STANDORT DER ARA

Die für die Grauwassernutzung notwen-digen zusätzlichen wassertechnischen Installationen (z. B. zweites Netz Garten-wasser, zweites Netz Toilettenspülung) werden auch unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und kantonaler Vor-schriften (Nutzung von Regenwasser auf

Ausbauschritt Abwassermenge zum Pharmafilter

Durchsatzleistung Pharmafilter

Anzahl Pumpwerke

Anzahl Tonto

1. Etappe 100 000 m3/a 12,5 m3/h 2 100

2. Etappe 100 000 m3/a 12,5 m3/h 2 60

Total 200 000 m3/a 25,0 m3/h 4 160

Tab. 2 Ausbauschritte der Pharmafilter-Anlage und der «Tonto»

Fig. 4 Entsorgungs- und Recyclingprozess IST (ohne Pharmafilter)

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dem eigenen Gelände) erforderlich. Die hierbei entstehenden Kosten der Grau-wasserleitungen werden im Rahmen des Neubaus USZ somit sowieso anfallen. Damit entstünden beim Konzept Phar-mafilter ausschliesslich Kosten für den Anschluss an das Grauwassersystem. Mit Beginn des Neubaus ist somit ein separates Leitungsverteilnetz für das Grauwasser in die Wasserinstallation zu integrieren.Das Grauwasser aus dem Pharmafilter könnte im USZ wie folgt wiederverwendet werden (auszugsweise in Fig. 6 illustriert):– Spülung der «Tonto»– Toilettenspülung– Einspeisung für Wasseraufbereitungs-

anlagen (Osmose, Enthärtung)– Verwendung für adiabate Kühlzwecke– Kühltürme (soweit noch vorhanden)– Wassernachspeisung für Dampferzeu-

gung (sofern noch erforderlich)– Gartenbewässerung

Für die Anwendung des Pharmafilter-systems ist ein striktes Trennsystem

dicht bebauten USZ-Areal für eine Ent-sorgungslogistik mit Pharmafilter zum Stolperstein wird.

STÄRKEN-SCHWÄCHEN-ANALYSE

Mit einer Stärken- und Schwächenana-lyse des Entsorgungssystems mit Phar-mafilter wurden die internen Faktoren, d. h. Fähigkeiten und Ressourcen, unter-sucht.

STÄRKEN– Reduktion der Transporte in der Ent-

sorgung, d. h. Entlastung der Liftanla-ge und Korridore

– Prozessoptimierung durch vereinfach-te Abfalllogistik sowie Wegfall der Reinigung von Mehrwegartikeln und damit Ressourcenreduktion

– Wegen schnellerer Abfallbehandlung höhere Sicherheit für Patienten und Mitarbeitende, d. h. verbesserte Hygie-ne und reduziertes Infektionsrisiko

– Reduktion des «In-Berührung-Kom-mens» mit verschmutzten Mehrwegge-

unabdingbar. Es darf lediglich Schmutz-wasser zur Pharmafilteranlage gelangen, sonst wäre sie sofort überlastet. Dieses Trennsystem ist heute nur teilweise um-gesetzt. Im Hinblick auf den Ausbau des USZ ist diese Trennung von Schmutzwas-ser und Regenwasser Projektbestandteil und führt damit zu Ohnehin-Kosten, die nicht direkt mit dem Pharmafiltersystem zu tun haben.

ERWÄGUNGEN ZUM STANDORT DER AR AWegen der ausgeprägten Hanglage des USZ-Areals ist ein Standort für die Pharmafilter-Anlage am tiefsten Punkt vor dem Eintritt in die öffentliche Ka-nalisation naheliegend. Dieser Standort widerspricht allerdings dem Gestal-tungsplan, der geändert werden müsste. Vier alternative Standorte auf dem USZ-Areal für die unterirdisch angelegte Pharmafilter-Anlage kollidieren mit der Bauetappierung und logistischen Nach-teilen. Es zeigte sich in der Machbarkeits-studie, dass die Standortwahl auf dem historisch gewachsenen sowie stark und

Fig. 5 Entsorgungs- und Recyclingprozess SOLL (mit Pharmafilter)

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binden durch Mitarbeitende mit dem Einsatz von Einwegprodukten, d. h. verbesserte Hygiene und reduziertes Infektionsrisiko

– Einsparungen von Frischwasser durch Nutzung von Grauwasser

– Einsparung der Gebühren für Frisch-wasser bzw. Abwasser

– Reduktion von Geruchsquellen, z. B. beim Transport von Abfällen oder bei den Entsorgungssammelstellen

– Gewinnung von erneuerbarer Energie und entsprechende Nutzung

– Positiver PR-Effekt, Imagegewinn im Sinne eines Leuchtturmprojektes

Mit der Einführung des innovativen Phar-mafiltersystems könnten somit wichtige Zielsetzungen des Facility Management im USZ unterstützt werden. Für das neue Entsorgungssystem sind jedoch auch Schwächen identifiziert worden:

SCHWÄCHEN– Zusätzliche Fachkompetenz für den

Betrieb und Unterhalt der Pharmafil-teranlagen

– Redundanzen müssen sichergestellt und zusätzliche Sicherheiten können als Auflagen gefordert werden.

– Risiko von Verstopfungen im Abfall-schredder (Tonto) oder in den Abwas-

serleitungen, d. h. zusätzlicher Unter-haltsbedarf

– Akzeptanz der Pharmafilteranlage auf dem Gelände

– Abhängigkeit von einer Unternehmung mit Patentschutz

WIRTSCHAFTLICHKEIT

Bei der Kosten- und Nutzenbetrachtung der neuen Entsorgungslogistik sind quan-titative und qualitative Aspekte zu unter-scheiden.

QUALITATIVE ASPEKTE

A u s S i c h t H y g i e n e– Einwegartikel eliminieren den Auf-

wand, um Mehrwegartikeln zu reini-gen (Bettpfannen, Urinflaschen, Nie-renschalen u. a.).

– Einwegartikel reduzieren das Risiko des Verschleppens von Keimen aus dem Intimbereich bedeutend.

– «Tonto» ersetzen Steckbeckenspüler. Die Hygieneinstruktionen und Richtli-nien können vereinfacht werden.

A u s S i c h t Ö k o l o g i e– Einsparungen des Frischwasserbe-

darfs um einen Drittel– Maximale Nutzung des Grauwassers

QUANTITATIVE ASPEKTE

A u s S i c h t P r o z e s s e– Bis zu 50% der täglichen Abfallmenge

kann über Pharmafilter entsorgt wer-den, d. h. Reduktion der entsprechen-den Ressourcen.

– Vereinfachungen im Pflegeprozess sen-ken die Prozesskosten.

– Gebühren für Frischwasserbedarf re-duzieren sich um ca. 30%.

A u s S i c h t Ö k o n o m i e– Zusätzlicher Flächenbedarf von ca.

1600 m2 (9600 m3) für die Reinigungs-anlage (unterirdisch)

– Reduzierter Flächenbedarf auf den Ab-teilungen von 1300 m2 aufgrund redu-zierten Bedarfs an Entsorgungsfläche (oberirdisch)

Bei der in Figur 7 dargestellten Wirtschaft-lichkeit wurden nur die durch den System-wechsel betroffenen Prozesse und Res-sourcen betrachtet. Die Investitionskosten für das Pharmafiltersystem für Etappe 1 mit 12,5 m3/h Durchsatz und der Installa-tion von 100 «Tonto» betragen ca. 26 Mio. Franken exkl. MwSt. Dargestellt in Figur 7 ist der heutige Zustand «IST» (mit Abwurf-schächten) sowie der Ausbau USZ ohne Pharmafilter, ohne Abwurfschächte und

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Fig. 6 Wasser-/Abwasserkreislauf USZ SOLL-Zustand mit Pharmafilter

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der Ausbau USZ mit Pharmafilter/ohne Sonderabfälle, ohne Abwurfschächte. Neben der Einsparung von Frischwasser- und Abwassergebühren ist es vor allem der kleinere Raumbedarf und der gerin-gere Transportaufwand, die ins Gewicht fallen. Die jährliche Einsparung zwi-schen dem konventionellen Ausbau und dem Ausbau mit Pharmafilter beträgt ca. 0,3 Mio. Franken. Die Investitionen sind auf 30 Jahre abgeschrieben.

BEWILLIGUNGSFÄHIGKEIT

Die Pharmafilteranlage müsste so erstellt werden, dass sie bezüglich Mehrstras-sigkeiten und Redundanzen dem techni-schen Standard einer kommunalen ARA entspricht. Das heisst, der Ausfall von einzelnen Komponenten müsste durch redundante Anlageteile kompensiert werden. Die Anforderungen im Rahmen des Bewilligungsverfahrens wären hoch.Die Firma Pharmafilter würde eine Anlage im USZ professionell betreiben (analog Be-triebsmodell MC Erasmus in Rotterdam). Falls später eine Direkteinleitung des gereinigten Abwassers zur Anwendung käme, würde das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) die Anstellung einer Klärwerkfachperson SBFI (Staatsse-kretariat für Bildung, Forschung und In-novation) fordern. Ohne Direkteinleitung handelt es sich beim Pharmafilter aus Sicht des Abwassers um eine Vorbehand-lung, dort ist es eher der VSA-Ausweis für Klärwerkfachpersonen, der gefordert würde. Generell wäre aus heutiger Sicht die Bewilligung für eine Direkteinleitung in ein Gewässer ausgeschlossen. Dies auf-grund der frühen Projektphase und feh-lenden Betriebserfahrungen.Bei einem Notfall müsste die Entsorgung des unbehandelten Abwassers über die öf-fentliche Kanalisation erfolgen. Wichtig wäre, dass dabei keine geschredderten Feststoffe vor oder nach der Vergärung in die Kanalisation gelangen würden.Mit dem Verzicht der Entsorgung von Sonderabfällen über das Pharmafilter-system (und damit der Vermischung von Abfällen) wäre das Konzept gemäss ers-ten Abstimmungen mit den Behörden sowohl abwasser- als auch abfallseitig bewilligungsfähig. Die Entsorgung von Sonderabfällen im Pharmafilter bedingte weitergehende Abklärungen und Ana-

lysen. Die Abfallverordnung VVEA gibt dazu den rechtlichen Rahmen. Für eine Bewilligung wären die kantonalen Fach-stellen im Rahmen eines Baugesuchs zu involvieren. Wesentliche Voraussetzung wäre zudem die Festlegung des ARA-Standorts im kantonalen Richtplan.

FAZIT

Die Machbarkeitsstudie zeigte die Mög-lichkeiten und Grenzen des Pharmafilter-Systems im USZ auf. Die Eingriffe in die heutigen und gewohnten Prozesse sind einerseits bedeutend. Andererseits ist die Wirtschaftlichkeit bei einem Neubau durchaus interessant. Entscheidend ist ein geeigneter (freier Abwasserfluss) und gut zugänglicher und zonenkonformer Standort für die ARA. Ein entsprechen-der Standort konnte auf dem innerstäd-tischen USZ-Areal mit Hanglage leider nicht gefunden werden. Deshalb musste sich das USZ gegen das Entsorgungskon-zept mit Pharmafilter entscheiden.Das Konzept ist in der Schweiz insbeson-dere bei Spitalneubauten mit ausreichen-der Platzreserve realistisch. Dies zeigte sich auch im Hospital Reinier de Graaf in Delft, das sich als Prototyp zur Verfü-gung gestellt hatte und heute überzeugter Anwender ist. Dazu hat die umfassende Machbarkeitsstudie des USZ wertvolle

Erkenntnisse geliefert. Bedeutend ist die Erwägung in einer sehr frühen Projekt-phase und die Einbindung aller Stakehol-der im Spital mit ihren unterschiedlichen Anforderungen und Interessen.

BIBLIOGR APHIE[1] Zimmermann-Steffens, S.; Schärer, M. (2016):

«Innovativer Umgang mit Spitalabwässer», Aqua

& Gas 5/16

[2] UniversitätsSpital, Geschäftsbericht 2015

[3] Statistik Direktion und Betrieb BTR 2012

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Fig. 7 Jahreskosten mit Pharmafiltersystem (SOLL) und dem konventionellen Ausbau USZ (AUSBAU) sowie dem IST-Zustand

les chasses d’eau, eau d’irrigation et eau de refroidissement. Les boues d’épuration sont traitées en anaérobiose et évacuées.La vaste étude de faisabilité de 2015 – 2017 de l’hôpital universitaire de Zurich a permis d’acquérir de précieuses connaissances sur les adaptations de processus, l’hygiène, l’écologie et la rentabilité. Les clarifications relatives à un site idéal n’ont toutefois pas abouti à une solution réaliste. L’hôpital universitaire a donc dû abandonner l’idée d’introduire des filtres pharmaceutiques.

SUITE DU RÉSUMÉ>


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