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Prof. Dr. iur. Walter Fellmann1 Grundlagen des Schadensrechtes Haftungstatbestände und...

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Prof. Dr. iur. Walter Fel lmann 1 Grundlagen des Schadensrechtes Haftungstatbestände und Haftungsarten
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Grundlagen des Schadensrechtes

Haftungstatbestände und Haftungsarten

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Worum geht es?

• Im Schadensrecht geht es um die Frage, wer einen allfälligen Schaden zu tragen hat.

• Es geht um die sachgerechte Zuweisung von Risiken.• Strukturell behandelt das schweizerische Schadensrecht

die Möglichkeit der Abwälzung eines Schadens immer noch als Ausnahme.– Als Grundsatz gilt: „Casum sentit dominus„ (der Geschädigte

trägt seinen Schaden selbst).– Ausnahmsweise kann der Geschädigte seinen Schaden auf

einen Ersatzpflichtigen abwälzen, wenn eine Rechtsnorm oder eine vertragliche Regelung dies vorsieht.

• Das Schadensrecht umfasst das ausservertragliche Haftpflichtrecht und das vertragliche Schadenersatz-recht.

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Und die Rechtswirklichkeit?

• Aufgrund der veränderten Wertvorstellungen in unserer Gesellschaft wird heute vielfach als Unrecht begriffen, was vor Jahren noch als Unglück und Lebensrisiko galt.

• Dem Schadensrecht kommt daher ein enorme wirtschaftliche Bedeutung zu.

• Hinter dem Geschädigten und hinter dem Schädiger stehen vor allem im Bereich der Personenschäden „kollektive Schadensabnahmesysteme“, hinter dem Geschädigten vorab die Sozialversicherungen und hinter dem Haftpflichtigen die Haftpflichtversicherungen.

• Das ausservertragliche Haftpflichtrecht ist daher über weite Strecken zu einem Recht der Regressvoraus-setzungen geworden.

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Die Haftungstatbestände

Haftungs-tatbestände

Tatbestände der vertraglichen Haftung

Tatbestände der unerlaubten Handlungen

Tatbestände des öffentlichen Rechts

Verletzung vertraglicher Haupt-, Nebenleistungs- und Nebenpflichten

Verschuldens- und Kausalhaftungen des OR, ZGB und der Spezialgesetze

Staats- und Beamtenhaftung

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Verschuldens-haftung

milde Kau-salhaftung

scharfe Kau-salhaftung

ausservertragliche Haftung vertragliche Haftung

Verschuldens- haftung

Kausal-haftung

einge-schränkte Haftung

öffentliches RechtPrivatrecht

Haftungsgründe

-Art. 41 OR -Art. 54 OR

-Art. 55 OR

-Art. 56 OR

-Art. 333 ZGB

-usw.

-Art. 58 SVG

-Art. 27 EleG

-Art. 1 EHG

-usw.

-Art. 97 OR

-Art. 208 III OR

-Art. 398 OR

-usw.

-Art. 101 OR

-Art. 208 II OR

-usw.-Art. 248 OR

-Art. 420 OR

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Voraussetzungen der Haftung

Verschuldenshaftung der Art. 41 und 97 OR

Schaden

Widerrechtlichkeit oder Vertragsverletzung

Kausalzusammenhang

Verschulden

immaterielle Unbill

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Voraussetzungen der Haftung

Kausalhaftungen

Schaden

Widerrechtlichkeit

Kausalzusammenhang

Verschulden

immaterielle Unbill

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milde Kau-salhaftung

scharfe Kau-salhaftung

ausservertragliche Haftung

Privatrecht

Haftungsgründe

z.B. Art. 56 OR: Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe (…).

z.B. Art. 58 SVG: Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden.

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Struktur des Deliktsrechtes

• Das Deliktsrecht steht im Spannungsverhältnis zwischen Güterschutz und Handlungsfreiheit.

• Die Ersatzpflicht folgt nicht aus der Schadenszufügung, sondern aus der Widerrechtlichkeit oder Sittenwidrigkeit der Handlung.

• Grundlegend ist also das Einstehen für (verschuldetes) Unrecht.

• Damit betreibt das Deliktsrecht selektiven Rechts-güterschutz: Geschützt sind absolute Rechte (Leib und Leben) und relative Rechte, die durch bestimmte Normen speziell geschützt sind.

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Struktur des vertraglichen Schadenersatzrechtes

• Im Deliktsrecht sind die Rechtgüter objektiv normiert, im Vertragsrecht kann im Rahmen der Privatautonomie jedes Interesse schützenswert gemacht oder der Schutz bestimmter Rechtsgüter vertraglich beschränkt werden.

• Die Parteien können auch die Sanktionen für den Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung autonom regeln.

• Nach heutiger Auffassung haftet der Schuldner nicht nur für Nicht- oder nicht gehörige Erfüllung, sondern auch, wenn seine Leistung in anderer Weise nicht vertrags-konform bewirkt wird.

• Grosse Bedeutung haben hier die Neben- und Ver-haltenspflichten.

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Haftpflichtrecht und vertragliches Schadenersatzrecht

• Haftpflichtrecht und vertragliches Schadenersatzrecht schliessen sich nicht aus. Eine Person (z.B. ein Arzt) kann daher für den gleichen Schaden sowohl ausservertraglich wie vertraglich ersatzpflichtig sein.

• In solchen Fällen besteht vom Geschädigten aus betrachtet Anspruchskonkurrenz. Er kann seine Ansprüche auf beide Haftungstatbestände stützen, muss aber die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen (z.B. unterschiedliche Verjährungsfristen) beachten.

• Die Anspruchskonkurrenz hat grosse praktische Bedeutung.

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Verhältnis zwischen verschiedenen Haftungstatbeständen

Haftung aus Gesetz, z.B. Art. 58 SVG

Haftung aus Vertrag, z.B. Art. 398 OR

Haftung aus Verschul-den nach Art. 41 OR

Anspruchskonkurrenz

Gläubiger kann Ansprüche grundsätzl. alternativ oder kumulativ geltend machen. Keine Anspruchskonkurrenz besteht zwischen Ver-schuldens- und Gefährdungshaftung.

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Grundlagen des Schadensrechtes

Verschuldenshaftung der Art. 41 und 97 OR

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Die Haftungsvoraussetzungen

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Voraussetzungen der Haftung

Verschuldenshaftung des Art. 41 OR

Schaden

Widerrechtlichkeit

Kausalzusammenhang

Verschulden

immaterielle Unbill

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Voraussetzungen der Haftung

Verschuldenshaftung des Art. 97 OR

Schaden

Vertragsverletzung

Kausalzusammenhang

Verschulden

immaterielle Unbill

Beweisthema des Gläubigers

Beweisthema des Schuldners

Exkulpations- beweis

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Das Verschulden

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Verschulden

Ein Verhalten ist schuldhaft, wenn es dem Handelnden persönlich zum Vorwurf gereicht, weil er in der gegebenen Situation anders hätte handeln sollen und anders hätte handeln können. Dabei handelt vorsätzlich, wer den rechtswidrigen Erfolg will oder zumindest in Kauf nimmt. Fahrlässig handelt, wer – bewusst oder unbewusst – aus mangelnder Sorgfalt Schaden verursacht.

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Verschulden

Objektive Komponente

Subjektive Komponente

Urteilsfähigkeit

Vorsatz

Fahrlässigkeit

Fähigkeit, vernunftgemäss zu handeln (Art. 16 ZGB)

Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt

Wollen bzw. Inkaufnahme des Schadens

Ausnahme: Haftung des Urteilsun-fähigen (OR 54)

Verschulden (herrschende Lehre)

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Fahrlässigkeit

grobe Fahrlässigkeit

gewöhnliche (mittlere) Fahrlässigkeit

leichte Fahrlässigkeit

geringfügige Verletzung der erforderlichen Sorgfalt

Verletzung elementarster Vorsichtsgebote

Fahrlässigkeit

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Verschulden als Tatbestandsvoraussetzung des Art. 41 OR

• Merke: Für die Begründung einer Haftung nach Art. 41 OR (und Art. 97 OR) genügt auch eine leichte Fahrlässigkeit.

• Im Zusammenhang mit der Verschuldenshaftung nach Art. 41 OR spielt die Grösse des Verschuldens erst bei der Schadenersatzbemessung nach Art. 43/44 OR eine Rolle.

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Objektivierter Fahrlässigkeitsbegriff

• Bei der Frage nach der Fahrlässigkeit stellt sich die Frage nach dem Massstab für die erforderliche Sorgfalt.

• Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung gilt im Schadenersatzrecht ein objektivierter Fahrlässigkeits-begriff.

• Das Verhalten des Haftpflichtigen wird am hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen („diligens pater familias“) in der Situation des Schädigers gemessen.

• Eine Abweichung vom geforderten Durchschnitts-verhalten gilt als sorgfaltswidrig und damit fahrlässig.

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Kritik am objektivierten Verschuldensbegriff

• Bei den als objektive Seite des Verschuldens hingestellten Umständen handelt es sich bloss um den Massstab, an dem das Verschulden gemessen wird.

• Ein Verhalten ist schuldhaft, wenn es dem Handelnden persönlich zum Vorwurf gereicht, weil er anders hätte handeln sollen und anders hätte handeln können.

• Der Begriff der Urteilsfähigkeit passt nicht für das Deliktsrecht.• Im Vertragsrecht muss allerdings aufgrund des Vertrauensprinzips

ein objektivierter Verschuldensbegriff gelten.• Die Verschuldensbegriffe des vertraglichen und des ausser-

vertraglichen Schadenersatzrechtes sind also verschieden, weil auch die Wertungsmassstäbe verschieden sind.

• Für Einzelheiten vgl. Fellmann, ZSR 106 (1987) I 339 ff.

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Das Selbstverschulden

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Selbstverschulden

Selbstverschulden ist der Vorwurf an den Geschädigten, sich nicht so verhalten zu haben, wie sich ein durchschnittlich sorgfältiger Mensch in seiner Lage verhalten hätte.

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Bedeutung des Selbstverschuldens

• Selbstverschulden kann sowohl Mitursache für die Entstehung des Schadens als auch für dessen Ver-grösserung sein.

• Selbstverschulden ist im Rahmen der Schadenersatz-bemessung nach Art. 44 OR als Umstand, für den der Geschädigte einstehen muss, relevant.

• Selbstverschulden kann auch zur Unterbrechung des Kausalzusammenhanges zwischen dem Verhalten des potentiell Haftpflichtigen und dem Schaden führen. Der Richter kommt alsdann in einer wertenden Betrachtung zum Ergebnis, das Verhalten des Geschädigten sei alleinige Ursache des Schadens.

• Einzelheiten werden im Zusammenhang mit dem Kausalzusammenhang und der Schadenersatz-bemessung behandelt.


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