NomoreLippenbekenntnisse!VielfaltverteidigenDie3.BundeskonferenzderNeuendeutschenMedienmacher
EsistschoneinFortschritt,dassmittlerweilemehrüberVielfaltindenMediengeredetwird.
Dazu haben die Neuen deutschen Medienmacher (NdM) mit ihren zahlreichen Projekten
etwafürdifferenzierteBerichterstattung,demMentoring-Programmoderdemimmerwie-
deraktualisiertenGlossarzumrichtigenWordinginderEinwanderungsgesellschaftbeigetra-
gen.DochRedenalleinreichtschonlangenicht.Es istZeit,deutlicheAnsprüchezustellen,
MedienunternehmenindieVerantwortungzunehmenundVielfaltzuverteidigen.„Nomore
Lippenbekenntnisse!“ lautetedeshalbdasMottoder3.BundeskonferenzderNeuendeut-
schenMedienmacher,dieam3.Dezember2016imBerlinerPodewilstattfand.
Am3.Dezember2016fanddiedritteNdM-BundeskonferenzinBerlinstatt.
SeitgutsiebenJahrensetztsichderVereinfürmehrVielfaltinderMedienlandschaftundin
derBerichterstattungein.EsisteineGraswurzelarbeit,dielangsamFrüchteträgt.Nachwie
vor sindMenschenmitMigrationsgeschichte indermedialenWeltunterrepräsentiert – je
nachSchätzung stammengeradeeinmal zweibis vierProzentderMedienschaffendenaus
einerEinwandererfamilie.EgalobModerator*innenimFernsehenoderRedakteur*innenim
PrintundHörfunk–bisaufwenigeprominenteAusnahmenhabennicht-oderneudeutsche
Journalist*innennachwievorSeltenheitswert.
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Mit der konkret vorgetragenen Forderung nach mehr Vielfalt beziehen die NdM Stellung
gegenrückwärtsgewandteTendenzen,diederzeitzubeobachtensind:DasVertrauenindie
Medienschwindet,dasUn-Wortvonder„Lügenpresse“istwiederda,Rechtspopulistenfei-
ern Wahlerfolge, die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen verunsi-
chernvieleKolleg*innen,VerlageundRedaktionen.BeimThemaDiversityindendeutschen
MediendrohteinkolossalerRückschrittausAngstvorShitstorms,Hasspostsundpopulisti-
schenKommentaren.
Umhiergegenzusteuern,habendieNdMu.a.unterdemTitel„Wirwärendannsoweit“eine
40-seitigeHandreichungfürmehrVielfalt indenMedienveröffentlichtmithieb-undstich-
festenArgumentesowiekonkretenZahlen,FaktenundBeispielen.Zudemhabendie80Teil-
nehmer*innenderBundeskonferenzeinPositionspapiermitihrenForderungenandiedeut-
schenMedienhäuserineinerkontroversenundlangenDebatteentwickelt,anschließendin
der Podiumsdiskussion mit namhaften Medienvertreter*innen dem Praxistest unterzogen
undschließlichveröffentlicht.
BeiderNdM-BundeskonferenzwurdeauchdieHandreichung„Wirwärendannsoweit.“vorgestellt.
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AufbauderLokalenNetzwerke
OhnedieLokalenNetzwerkewürdesichdieArbeitderNdMstarkaufBerlinkonzentrieren.
Diese-mittlerweilegibteselfdavon–helfen,diePositionenundForderungenindieRedak-
tionenvorOrtunddieÖffentlichkeitzutransportieren.ZweivonihnenwurdenaufderBun-
deskonferenzvorgestellt:
1. DasFrankfurterNetzwerkgibtesseitvierJahren.CananTopcustelltedieArbeitvor.
Es fing als ein runder Tisch für deutsche, türkische und deutsch-türkische Journa-
list*innenan.AlledreiMonatefindenVeranstaltungenstatt,andenendurchschnitt-
lich20bis40Menschenteilnehmen.ZuletztgingesumgeflüchteteJournalist*innen
ausderTürkei.EinVertretervonderOrganisation„ReporterohneGrenzen“lieferte
dieerforderlichenZahlenundFakten,türkischeJournalistenu.a.von„Zaman“berich-
tetenüber ihrepersönlichenErfahrungenundwiePressefreiheiteingeschränktund
Medienbedrohtwerden.
ImMittelpunktdesFrankfurterNetzwerksstehenderAustauschunddieVernetzung
unterdenKolleg*innen„Es istwichtigzuerfahren, ichbinmitmeinenFragen,mei-
nenPositionen,Gedankennichtallein“,betonteCananTopcu.SierätanderenNetz-
werken,dieTreffenzuinstitutionalisieren,ThemenimVorfeldzuüberlegenundre-
gelmäßigReferent*inneneinzuladen.
2. EllaSchindlerstelltedassehraktiveNetzwerkinNürnbergvor.EinmalimMonattref-
fensichhierumdie15MedienschaffendenimKulturzentrumNordkurveunddisku-
tierenübereinvorabfestgelegtesThema,wievorkurzemübereinBurka-Verbot.„Da
kannmanauchdieeigeneEinstellungdazuüberdenken“,sagteSchindler,„umdann
gefestigt nach außen aufzutreten.“ Regelmäßigwerden auch Expert*innen eingela-
den.WasdieDiversity imMedienunternehmenangeht,nannteSchindlereinpositi-
vesBeispielausdemVerlag,beidemsiearbeitet:Beider„NürnbergerZeitung“und
den „NürnbergerNachrichten“ sowie den angeschlossenen Partnerverlagen gibt es
mittlerweileeinenFortbildungstagfürVolontär*innenzumThema„Berichterstattung
überMenschenmitMigrationshintergrund.
Ella Schindler präsentierte auch ein Projekt für Nachwuchsförderung. Die NdM-
Mitglieder,siealsRedakteurinundJeanFrancoisDrozak,Sozial-undTheaterpädago-
ge,organisierenseitzweiJahrendie„Druckerschwärze“.MitSchüler*innender8.,9.
und10.KlassewerdenzweiArtenvonZeitungproduziert:eineklassischesowieeine
dreidimensionale,welcheaufdieBühnekommt.InnerhalbvonvierTagenentstehen
so ein Theaterstück und eine Zeitungsseite. Die Schüler*innen – viele von ihnen
kommenaus FamilienmitMigrationsgeschichte - besuchenauch aneinemTagdie
Redaktionder „NürnbergerZeitung“und sehen,wieeineSeite imkomplettenPro-
duktionsprozessinklusivederKonferenzenentsteht.DasProjektwirdvonBundesamt
fürMigrationundFlüchtlingegefördertundmedialbegleitet.Auchbundesweitfand
esAnerkennungundwurdebeispielsweise imWirtschaftsmagazin„brandeins“vor-
gestellt.NunwerdenweitereMitstreiter*innenfürdasProjektgesucht,dassichnicht
nuraufNürnbergbeschränken,sondernbundesweitstattfindensoll.DankderFörde-
rungentstehendemjeweiligenVerlagkeineKosten.
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EineandereAktion,dieauchunterderBeteiligungdesNürnbergerNdM-Netzwerkes
stattfand,istderpolitischeAdventskalender.UnterdemMotto„MeinungstattScho-
kolade“ sprach vom1. bis zum24.Dezember jedenAbend inderAdventszeit eine
anderePerson -keinePolitiker*innen,sondern„normaleMenschen“,wieetwader
Vatereinesbehinderten Jungen.AlleSprecher*innengabeneinenkurzen Input zur
Frage,wiesichDeutschlandinzehnJahrenvorstellen.
DasPublikumbeteiligtesichregeandersichanschließendenDiskussion.DassProjektewie
„Druckerschwärze“ oder der Fortbildungstag die Einstellungspraxis von den Personalchefs
ändern,wurdenangezweifelt.AllerdingssindwenigerBerührungsängsteundgrößereOffen-
heitdadurchzubeobachten.
ZurSprachekamerneutdasWording.„Könnt ihrnichtendlichvondiesemverfluchtenBe-
griff ‚Migrationshintergrund’ wegkommen?“ fragte einer der Teilnehmer. Das Glossar der
NeuendeutschenMedienmacher liefert dazuVorschläge. So könneman zumBeispiel von
MenschenausEinwandererfamilienodermiteinerMigrationsgeschichtesprechen.
Das sei immer wieder auch ein Thema bei Redaktionsbesuchen, erklärte die NdM-
VorsitzendeSheilaMysorekar.VonMigrantenzusprechen,wennessichumMenschenhan-
delt,dieniemigriertsind,seiSchwachsinnundschlichtundergreifendfalsch.„UnsereAuf-
gabeistes,daraufhinzuweisenundsichdamitauseinanderzusetzen.DasGlossaristdafürda
undauchumzusensibilisieren.“DieGeschäftsführerinderNdM,KonstantinaVassiliou-Enz,
betonte,beianderenThemenwerdeauchaufpräziseFormulierungengeachtet:„Daswün-
schenwirunsauchzumGroßthema‚MigrationundIntegration’.“
AuchfernabdesForumswurdediskutiert.
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Forum: „Vielfalt verteidigen – jetztwird’s konkret. Unsere Forderungen fürmehrVielfaltindendeutschenMedien“
BeidemForum,geleitetvonSheilaMysorekar,KonstantinaVassiliou-EnzundAliceLanzke,
ging es zunächst umdieDiskussion und Formulierung der Forderungen und den anschlie-
ßendenBeschlusseinesPositionspapiers,dasandieMedieninFormeinerPressemitteilung
verschicktwerdensollte.DiedruckfrischeBroschüre„Wirwärendannsoweit“,eineHand-
reichungmitArgumentenfürmehrVielfaltindenMedien,dientealsEinstieg.DassdieFor-
mulierung gemeinsamer Forderungen der NdM im Forum kein einfaches Unterfangen ist,
zeigtendieunterschiedlichenMeinungenundeinelebhaftgeführteDebatte.
DerAnlassfürdasPositionspapiermitdenkonkretenForderungenistdieverändertegesell-
schaftlich-politischeSituation.„WirwollendieDiskussionnichtderAfDüberlassen,sondern
rausgehenundzeigen,wirsindda,wirhabenForderungenundAnsprüche.Wirhabenund
wollen einenBeitrag zu dieserAgenda leisten. Vor allemauch angesichts der 2017 anste-
hendenBundestagswahl“,betonteKonstantinaVassiliou-Enz.
Die Forderungen sollten um verschiedene Bereiche gruppiert werden. Nicht nur Personal
einschließlichderRekrutierungundFörderungjungerJournalist*innen,sondernauchInhal-
te,Haltung,Sichtbarkeit,FortbildungundAuswahlderThemenstandenzurDebatte.
IntensiveDiskussionenzurFrage„Quoteodernicht?“
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Quote
Für eine lange und kontroverse Diskussion sorgte das Thema „Quote“. Es hieß, wenn die
NdMfürVielfaltindenMedien,alsoauchVielfaltindenRedaktionenstehenundtrotzder
bisherigen Debatten nichts passiert ist,müsse die Frage nach der Quote gestellt werden.
ÄhnlicheinerFrauenquotesollteeseine„Vielfaltquote“geben.
20ProzentderdeutschenGesellschafthabeneineMigrationsgeschichte,indenMedienbe-
trägtderAnteilvon Journalist*innenausEinwanderfamilienallerdingsnur2bis4Prozent.
Die letztenZahlendazugibtesvon2009.Für2015 liegennurSchätzungenvor.DerGrund
ist,dasssolcheDatenindenRedaktionennichterhobenwerden.Undwenn,werdensieoft
geschönt.AlsBeispielwurdederSWRgenannt,derjede*nMitarbeiter*in,die*dereinJahr
imAuslandwar,alsinterkulturellkompetenteinstufthabe.
AngemerktwurdeinderDiskussion,dassesauchdarumgeht,wodieQuoteanzusetzenist.
EsgehtumEntscheidungsträger*innen.„Esmagsein,dassvieleMenschenmiteinerMigra-
tionsgeschichteihrenWegindieRedaktionengefundenhaben,dochindenEntscheidungs-
positionensitzenalte,weißeMännerunddahilftnurdieQuote“,sagteeineTeilnehmerin.
Gegenstimmenwiesendaraufhin,dassdannwenigerQualifizierteeingestelltwerdenkönn-
ten,nur,umdieQuotezuerfüllen.„EineQuote funktioniertnur,wennmangleichqualifi-
zierteLeuteeinstellt“,entgegneteKonstantinaVassiliou-Enzdem.
VeraBlock,eineRundfunkjournalistin, sprachsich fürdieQuoteaus.Sie seigefördertund
rekrutiertworden,danachseisieaberandiegläserneDeckegestoßen.„Seitknapp20Jah-
renbin ichdabei,Beiträgezumachen.EineKarriere indendeutschenMedienzumachen,
wurdemiraberverwehrt,undesliegtnichtanmeinenFähigkeiten,sondernanbestimmten
Strukturen“,sagteBlock,diebereitsmehrereRadiopreisegewonnenhat.
SheilaMysorekarerinnerteandenWegvonFrauenindieRedaktionen,derauchkeineinfa-
ches Unterfangen gewesen sei. „Willman noch 40 Jahrewarten, bismehr Vielfalt in den
Medienist“,fragtesieindieRundeundsagte:„EsgibtArgumentefürundgegendieQuote,
dieseistabereineMöglichkeitzuzeigen:HiergibteseinProblem,sowirdeineDiskussion
angestoßen.“AlsBeispielfüreinegutfunktionierendeQuotewurdeKanadagenannt.
KlausBadesprachvonderGefahrderpositivenDiskriminierung,diedurchQuotepassieren
könnte.„AndererseitsgehtesindiesemLandnichtsohnePolitisierung“,meintederMigrati-
onsforscher.„EineQuotebringtdieDinge indiepolitischeDiskussion.“Soauchgeschehen
mitderGleichstellungsbeauftragtenandenUnis,dankdereresimEndeffektmehrweibliche
Professorinnengebe.
Während es schon kaum weibliche Chefredakteure gebe, seien solche mit Migrationsge-
schichtepraktischnichtexistent:HierfalleeinemnurGiovannidiLorenzovonderZEITein.
DieQuoteseinotwendig,umdasThemainsGesprächzubringen,einSignal,umAufmerk-
samkeitzuerregen–ohnedieQuotealsDiskussionsansatzseiesnichtzumachen,meinte
ein Kollege vom ZDF. Der Protest kam von einer Nebensitzerin, einer jungen Journalistin:
„IchwillaberkeinQuotenmigrantsein“.SiemöchtenichtübereineQuoteindieRedaktion
hineinkommen,dasfühlesichfalschan.
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RelativiertwurdedieseGegenstimmemiteinemBeispielausBerlin,daseinKollegevorstell-
te.DieStadthateineQuoteimöffentlichenDienst.DasZielist,denAnteilderMenschenmit
Migrationsgeschichte in der Verwaltung an den anzugleichen, der in der Bevölkerung
herrscht. 2008 fing das Projektmit Auszubildenden an. Die Personalchefs sind dadurch in
Legitimationsdruckgekommen,wieundwensieeinstellen,beigleicherQualifikationwohl-
bemerkt.DieReflexionsprozessebeidenPersonalchefswurdendankderentstandenenDis-
kussionausgelöst.WennesfürdieForderungnachVielfalteinebreiterepolitischeBasisgibt,
dannwerdendieRedaktionen,dieVerlage legitimierenmüssen,wiediepersonelleZusam-
mensetzungineinerRedaktionaussieht.DerpolitischeImpulseinerQuotenachaußen,und
auchderpraktischepersonalpolitischeImpuls,seiennichtzuunterschätzen.DieQuotierung
imöffentlichenDienst isteinsehrwichtiges InstrumentundhatunglaublichstarkenDruck
ausgelöst.
Hingewiesenwurde zudemdarauf, dass es keineQuotierung in den Strukturen der Rund-
funkrätegibt. EswürdenParteien,Gewerkschaftenoder Journalistenorganisationen reprä-
sentiert,aberkeineMenschenmitMigrationsbiografie.DasseieinerstespolitischesSignal,
daseszusetzengelte.
AmEndederDiskussionimForumherrschtekeineeinvernehmlicheMeinungbezüglichdes
Quoten-Themas,eswurdeaberdieNotwendigkeiterkannt,darüberöffentlich zudiskutie-
ren.
RegeBeteiligungamForumderNdM-Bundeskonferenz
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Wording,Inhalte,Haltung
Journalist*innen sind Spracharbeiter*innen, es ist wichtig, wie wir uns ausdrücken. Das
NdM-Glossar liefertentsprechendeHilfestellungdazu.DabeigehtesnichtumVorschriften
fürbestimmteBegriffeoder Formulierungen, sondernumdasAufzeigenvonpräzisenund
vorurteilsfreienAlternativen.Wichtig istdenNeuendeutschenMedienmacherndieVielfalt
derPerspektivenunddieHaltung, die sich inder Themenauswahl zeigt.Man sprichtüber
etwas,dieFrageistnurwie.MitmehrVielfaltgebeesmancheDiskussionengarnicht.
KonstantinaVassiliou-EnzwiesaufeinenwichtigenpolitischenPunkthin:dieHaltung.„Wir
müssenwieder dazu auffordern, dassmehr Vielfalt herrscht“, sagte sie. „Unsere Haltung,
daswaswir inden letzten JahrenerreichthabenzuDiversity,dassmehrKonsensdarüber
herrscht,dassDeutschlandeinEinwanderungslandist-dasistnichtzufälligpassiert,sondern
eswareinechterFortschritt,eineechteEntwicklung.“ImMomentfühleessichan,alsobes
wieder rückwärtsgehe. „Als ob die Themenüberhaupt nichtmehr aus unserenAugen be-
trachtetwerdenmitVielfalt,Humanismus,gleichenRechten.JetztmussmanRassistenbes-
serzuhören,ichweißnicht,wasmansichdavonverspricht.“Eswärezudemgut,Dingebeim
zuNamen nennen, also beispielsweise von Rassisten und nicht von besorgten Bürgern zu
sprechen.
DieBerichterstattungsolltekonstruktiversein,meinteeineTeilnehmerin.Eine,dieauchpo-
sitive BeispielemitMenschenmitMigrationsgeschichte ins Licht rückt. Eine, die klar und
klarermacht,dasseinFünftelderBevölkerunginDeutschlandWurzelninanderenLändern
hat.DazugehörtenebenfallsExpert*innen,dienichtzwangsläufigundnurzuMigrationsfra-
gen befragt werden sollen, sondern als Psycholog*innen, Jurist*innen oderWissenschaft-
ler*innenihreExpertisezurVerfügungstellen.„SiesindinallenTeilenderGesellschaftver-
treten und selbstverständlicher Teil der Gesellschaft. Solange aber die Redaktionen nicht
vielfältig besetzt sind, habenwir nicht das Bewusstsein in denRedaktionen, dass auch je-
mandmiteinemausländischenNachnameneinExperteinderGesundheitspolitik ist“,hieß
es.HieristbeispielsweisederVielfaltfinderderNeuendeutschenMedienmachereinhilfrei-
chesTool.
Forderungen
Nacheiner langenDiskussionwurde eine Listemit Forderungen aufgestellt, die einen Tag
nach der Bundeskonferenz derNdMkonkretisiert und als Pressemitteilung an dieMedien
verschicktwurde.(Hiernachzulesen)
NebenderumstrittenenFragederQuote,diemiteinemAusruf„MehrHusseinsindenRe-
daktionen“pointiertwurde,machtendieTeilnehmer*innendesForumsdeutlich,dass sie,
MenschenmitMigrationsgeschichte,einTeildesAlltagsundnichteinTeildesProblemssein
wollen.EineGrundforderung,die zwar selbstverständlichscheint,aberangesichtsderder-
zeitigenpolitischenundgesellschaftlichenStimmungdennochformuliertwerdenmuss.
AngesprochenwurdenwirtschaftlicheArgumentevonVerlagen,diemitderAngstvorVer-
lustderLeser*innenargumentieren,wennsieihreBerichterstattungoderdasPersonal„viel-
fältigergestalten“.AndererseitsistesaucheinSich-verschließenvorneuenGruppen.Diese
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LeserschaftmussmanimAugebehalten,dennaufgrundderdemographischenEntwicklung
werdenin20Jahren50ProzentderGesellschaftMigrationsgeschichtehaben.Medienhäuser
sollenperspektivischdenkenundMutzuneuenZielgruppenhaben.UndauchimBereichder
AusbildungundFortbildunggehöreninterkulturelleInhaltemithinein,beigleichbleibender
QualitätkönntenKriteriengeändertwerdenundnichtnurdasWissendesBildungsbürger-
tumsrundumBarbarossaabgefragtwerden-auchFaktenzuRamadangehörtendazu.
DieForderungenderNeuendeutschenMedienmacher fürmehrVielfaltindenMedien
• Mut zu neuen Zielgruppen! Heute lebenmehr als 20 ProzentMenschenmit
Einwanderungsgeschichte in Deutschland – eine wachsende demographische
Gruppe,diederzeitvondeutschenMedienkaumangesprochenwird.
• SchlussmitderMonopolisierungdes„besorgtenBürgers“:NichtnurdieSorgen
vomrechtenRandsindernstzunehmen–auchüberdieSorgenvonmehrals
20 Prozent der Bevölkerung, die von Rassismus bedroht sind,muss berichtet
werden.
• WirforderneineBerichterstattung,dieMenschenausEinwandererfamilienals
TeildesdeutschenAlltagsundnichtnuralsProblemzeigt.
• Wir fordern interkulturelle Kompetenz in der journalistischen Ausbildung, zur
ProfessionalisierungvonMedienmachernineinerMigrationsgesellschaft.
• Wirfinden,esistanderZeit,übereineQuotenfürMedienschaffendeausEin-
wandererfamilienzureden.
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Podiumsdiskussion:„Wirwärendannsoweit“
mitderVorsitzendenderNdM,SheilaMysorekar;derChefredakteurindesOnlinemagazins„VICE“, LauraHimmelreich; der stellvertretendenProgrammchefin von Funkhaus Europa(WDR),SchiwaSchleiunddemTürkei-KorrespondentenderWeltN24-Gruppe,DenizYücel.DieModerationübernahmdertaz-JournalistJanFeddersen
AuchbeideranschließendenPodiumsdiskussion,beiderdieaufgestelltenForderungendem
ersten Praxistest unterzogen wurden, spielte das kontroverse Thema „Quote“ eine große
Rolle.ZunächstfragteJanFeddersendiePodiumsteilnehmer*innenallerdingsnachderPar-
tizipation vonMenschen, dienicht „einenurdeutschenGartenzaun-Hintergrundhaben“ in
denjeweiligenRedaktionen.
JanFeddersen(taz)moderiertediePodiumsdiskussionbeiderNdM-Bundeskonferenz.
LauraHimmelreichbemerkte,dassessichbeiVICEumeininternationalesTeammiteinem
40-prozentigenAnteilvonMenschenmitMigrationsgeschichtehandele.150Menschenar-
beitendort,davon50inderRedaktion.DennVICEseiaucheineEvent-undWerbeagentur.
„WirsindeininternationalerKonzernundbrauchenkeineFörderprogramme“,sodieChef-
redakteurindesOnlinemagazins.DieFrage,obsichdasvielfältigeTeambeiderLeserschaft
bemerkbarmache,konnteHimmelreichnichtbeantworten.GelesenwerdeVICEabermeis-
tens von Großstädter*innen, die aufgeschlossen und tolerant seien. Berlin bilde einen
Schwerpunkt.ImOstenfändensicheherwenigerLeser*innen.
EtwasprovokativmeintederModeratorFeddersen,dassbeiderARDMigrant*innenkaum
vertretenseien.„Ichfinde,einIngoZamparonireichtnicht“,sagteer.DasseibeiFunkhaus-
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Europa vonWDR anders, entgegnete Schiwa Schlei. ZweiDrittel derMusikredaktion habe
keinendeutschenBackground.Seit2005gibtesbeiWDRzudemdasProjekt„Grenzenlos“,
bei dem gezielt nach journalistischem Nachwuchs aus nicht klassischen deutschen Her-
kunftsfamiliengesuchtwird.
DenizYücelsprachvon„Quotentürken“imHausSpringer.Wievieleesseien,wissederTür-
kei-Korrespondentnicht.DemChefredakteurder„Welt“habeerkürzlicherklärt:„DieseZei-
tungheißt‚DieWelt’undnicht‚Hinterland’.DubrauchstTürkeninderZeitung“.Erhabedas
nichtgesagtausGründenderpolitischenRepräsentation,erklärteYücel,sondernweilman
diebessereReportagevoneinerAKP-DemonstrationinKölnschreibe,wennmandasMilieu
kenneunddieSprachespreche.
NdM-VorsitzendeSheilaMysorekar
SheilaMysorekar arbeitet bei der Akademie derDeutschenWelle. DieDW sendet in fünf
Sprachen(TV),Radioundonlinewerdenin30Sprachenangeboten.DergroßeTeilderBe-
legschaftistschondeshalbinternational,siestammenaus53Ländern.Dasinteressanteist:
ObwohldieBelegschaftso„gemischt“ ist,sindalleChefs,bisaufganzwenigeAusnahmen,
weißeDeutsche.„DagibtesvielUnmutauchunterdenMitarbeiterndarüber.Warumkön-
nendie Leute,die seit30 JahrenguteArbeitmachen,nichtdieChefs sein?“, sodieNdM-
Vorsitzende.SiewürdenichtsoweitgehenundeinebewussteStrategiederDWunterstellen,
allerdings sei die Politik zumindest so, dass sie eine gleichmäßige Durchlässigkeit für alle
nichtfördere.Dasseisymptomatisch,auchwasFrauenangehe.JeweitermandieKarriere-
leiteraufsteige,destoweißerundmännlicherwerdees.
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AlsesweiterumdieeinzelnenForderungenderNdMging,kamdiekontroversdiskutierte
QuotezurSprache.SiesollalseinnützlichespolitischesInstrumentfungieren.SchiwaSchlei
betontemehrmals, sie sei dagegen. In jeglicherHinsicht, ob bei Frauenquote oder in den
Chefetagen:„WirlebenineinerZeit,woesnichtnotwendigist.IchmöchteauchkeinenJob
haben,denichaufgrundvoneinerQuotebekommenhabe.“DaraufhinkonterteMysorekar:
„MöchtestdunichtdenJobbekommen,weildudiebist,diedubist?“Schleinehmeesnicht
sowahr:Essolleselbstverständlichsein,dassmaneineStellebekommewegenderQualifi-
kationen.LauraHimmelreichvonVICEsprachsichauchgegendieQuoteaus,aberausande-
renGründen. SeitMai sei sie aufder SuchenachPersonal und findet keins.DasProfil sei
spezifisch. Der Ansatz: Junge Leutemachen Journalismus für junge Leute. Der jüngste im
Teamist19,derälteste36-entsprechendderZielgruppe.Esseischwer,Personalzufinden.
WenndanocheineQuotealsEinschränkungdazukäme,würdesienochmehrSchwierigkei-
tenhaben,dieStellenzubesetzen.
LauraHimmelreich(VICE),SchiwaSchlei(WDR),DenizYüvel(DieWelt),SheilaMysorekar(NdM,DeutscheWelle)
„KultursensibleBerichterstattung“,hießesauchineinerderForderungen.DenizYücelmiss-
fieldieFormulierung.„Ichfindeesvölligfalsch,inmehrererHinsicht“,meinteer.Auchwenn
erdasZiel,mehrMenschenmitMigrationshintergrundindenRedaktionenzuhaben,ansich
begrüße, seidieHerangehensweise falsch.AlsdaspolitischgrößteProblemseheYüceldie
„kultursensibleBerichterstattung“:„Ichweißnicht,wasdasseinsoll.“InIstanbulbeieinem
HintergrundgesprächbeklagtedieAKP,dassausländischeJournalistensounsensibelgegen-
überderTürkeiseien.Siesolltenkultursensiblersein:„Alsoauch‚kultursensibel’berichten,
wenndieVergewaltigungvonZwölfjährigenstraffreiwird,wennderTäterdasOpferheira-
tet? Das ist deren Argumentation, die westlichen Medien haben kein Verständnis dafür.
MeineHaltungzudenDingenistnichtausderkultursensiblenPerspektive,sonderninTradi-
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tion derAufklärung unduniversalistischer humanistischerWerte.Diesen Ethnopluralismus
findeichgrundfalsch“,meinteYücelundernteteBuhrufeausdemPublikum.Erprovozierte
indes weiter und sagte, mit dem Begriff „kultursensibel“ könneman vieles rechtfertigen.
UndweilebendieserfüreinesolcheInterpretationoffensei,habeerdamitgroßeSchwie-
rigkeiten.
AusdemPublikumkamenempörteStimmen,diekritisierten,solcheExtremfällezurRecht-
fertigungzunutzen.Problematischseies,wennmandieVergewaltigungeinesMädchensals
ArgumentinsSchlachtfeldführebeieinerDiskussionzuVielfaltundQuote.„Vorallem,wenn
esoffensichtlichist,dasseseinegläserneDeckegibt.DassdieMedienlandschaftvonweißen
Männern,nichtbehindert,nichtmigrantischdominiertwird“,hießes.„Esgehtdarum,dass
wirzuwenigvertretensind.“Hochproblematischseies,sichindiesenFragenzurPartizipati-
onundRepräsentanzspaltenzulassen.„Dassolltenwirüberwinden,denndassindauchdie
ArgumentederGegner,derenJobswireigentlichwollen“,meinteeinTeilnehmer.
SheilaMysorekarerklärteerneut,worumesbeidemBegriff„kultursensibel“eigentlichgeht.
Eigene Vorurteile sollten nicht als Filter benutzt werden. „Zu oft sehenwir, dass es nach
SchemaFzugeht,BebilderungistimmerdietürkischeMuttimitdemKopftuchundderAldi-
Tüte“,sagtesie.DieDifferenzierungunddieKontextualisierungfehlten,imPrinzipwerdemit
simplenVorurteilenoperiert,da„woichvonJournalistenausderhandwerklichenArgumen-
tation heraus verlange, dass sie differenziert und im Kontext überMenschen, Situationen
undüberpolitischeLageberichten“.
JanFeddersenwolltewissen,obdieBerichterstattungzurSilvesternachtinKölnbesserund
kontextualisierter gewesen wäre, wenn mehr Menschen mit Migrationsgeschichte in den
Redaktionengewesenwären.„DerPunkt ist,manmusskeineMigrationsgeschichtehaben,
umdifferenziertzuberichten“,meinteMysorekar.AlsfrüherRedaktionenjedochausschließ-
lichmännlichbesetztwaren,habeesbeieinemBerichtzueinerVergewaltigungpassieren
können,dassmancheKollegensagtenodergar schrieben: „GuckmalderRockwarviel zu
kurz, selber schuld“.Wenn genügend Frauen in den Redaktionen sitzen,würden sie dann
sagen:„Momentmal,vielleichtistdieseSichtnichtunbedingtrichtig,sozuberichten“.Der
BlickwinkelinvielfältigbesetztenRedaktionenseianders,eskämenMeinungenundandere
Perspektivenhinzuundmandiskutieredifferenzierter.Der„KölnerStadtanzeiger“habeüber
dieKölnerSilvesternachtunaufgeregtundausgewogenberichtet,sachlichkorrektundnichts
verschwiegen. Nordafrikanische Männer seien nicht per se verdammt und als Grabscher
dargestelltworden,diesichnuranweißeFrauenranmachenwollen.BeianderenMediensei
nicht differenziertworden, eine ganzeGruppewurdepauschal vorverurteilt,was für viele
Menschen,dienordafrikanischerHerkunftsindundinDeutschlandlebenundarbeiten,kata-
strophalwar.SiefandensichineinerGruppewiedermitLeuten,mitdenensienichtszutun
habenwollten:„Wirsolltendahinkommen,dasssolchGeneralisierungen,dieinhaltslossind,
aberRessentimentsschüren,verhindertwerdensollen.“
Esseiwichtig,dasKölnerBeispielzunehmen,denndiesesseimassivvonAkteur*innender
extremenRechteninstrumentalisiertwordenalsangeblichesErgebnisderAufnahmezuvie-
ler Flüchtlinge,Migranten undMuslime.Wennman sich die Berichterstattung überMen-
schen mit Migrationsgeschichte anschaut, dann müsse diese im Kontext einer erstarkten
rechtenBewegunggesehenwerden.Dieseberichtetnichteinfachso(vorallemindensozia-
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lenNetzwerken),sonderntuteszueinempolitischenZweck.Vondaherseieswichtig,sich
hierzuzupositionierenundwiedieNdMdarüberdiskutieren.„Esmusseinemklarsein,wie
bestimmte Diskurse instrumentalisiert werden. Das ‚Wie’ entscheidet dabei“, meinte die
NdM-Vorsitzende.
Ein wichtiger Punkt sei dabei die Aufweichung des Pressekodex, vor allem der Richtlinie
12.1.,nachdereineHerkunftsnennungderTäterbeiStraftatennichterfolgt,wenneskeine
Relevanzhat.„WozuhatmandanndenPressekodex,wennernichternstgenommenwird,
was bedeutet es,wenn er langsam aufgeweichtwird, aus politischenGründen.Oderweil
vonrechtsDruckkommt.WasbedeutetesfürunsJournalisten,wennwirdasmachen,sich
demDruckbeugenunddenPressekodexnichtbeachten?“fragteMysorekarindieRunde.
DenBogenzurQuoteschlugerneutderModerator.„IchbinfüreineGenerationQuote.Und
in den Journalistenstudiengängen, diemit Steuergeldern finanziert werden, sollte es eine
Quote geben.Das ist ein Zeichender Ermutigung“, sagte Feddersen. Bei einerQuote ver-
sprecheer sich,dass sichdieWahrnehmung inRedaktionskonferenzändere,dass sichdas
bessermischeundandereHintergründemithineinkämen.SchiwaSchleibehauptete,dass
wahrscheinlichnicht sovieleMenschenmitMigrationsgeschichte Journalist*innenwerden
wollten:„WarumsolltenwirdieHälftealleJournalistik-Studienplätzefreihalten?“Sinnvoller
wärenachzudenken,wiedieverschiedenenBackgroundseineRedaktiondurchKompetenz
bereichernkönnten–unddamitseinichtnurSprachkompetenzgemeint.LautstarkerProtest
kamausdemPublikum.„WirwollenJournalistenseinundüberalleThemenberichten,un-
abhängig von unserer Herkunft“. Davon auszugehen, dass Menschen mit Migrationsge-
schichteüberhauptnicht Journalistenwerdenwollen, sei genaudie falscheAnnahme.Die
Argumente dafür finden sich in derHandreichung „Wirwärendann soweit“. Konstantina
Vassiliou-EnzverwieszudemaufeineStudievon2015.Demnachkönntensich 30Prozent
derjungenMenschenmitMigrationsgeschichtevielleichtvorstellen,Journalist*inzuwerden
–genausovielewieunter„Biodeutschen“.HiergebeeskeinenUnterschied,Journalismussei
generellnichtsobeliebt.DieStudiezeigte,dassjungeMenschensicheinenBerufaussuchen,
wenn sie Vorbilder dafür haben, in der Familie, im Bekanntenkreis.Wenn darunter keine
Journalist*innensind,wirdderBerufnichtgewählt.
Mansolltezudemimmerwiederdaraufhinweisen,dassJournalist*innenmitMigrationsbio-
grafienichtzwangsläufigExpert*innenfürMigrationsthemenseien.Oftpassiereesaber in
den Redaktionen, dass jemand, der eineMigrationsgeschichte hat, alle Themen rund um
Migration,TerrorismusundIslammachenmüsse–oderumgekehrtnichtmachendürfe,weil
erangeblichzubefangensei.„EsgehtumKompetenzunddiekannsichjedererarbeiten“,
betonteMysorekar.
EinArgument für die Vielfalt biete das Beispiel einerUmfrage,wie eine Teilnehmerin aus
demPublikumerklärte.Wenneinbiodeutscher Journalistdiesemache,würdennur„Stan-
dard-Deutsche“,aberkeinenicht-weißenoderetwabehinderteMenschenbefragt.DasBild,
das indenMediendadurchkreiertwerde,bleibe sobiodeutschundweiß,20Prozentder
Bevölkerung fühlten sich nicht repräsentiert. Allein da würde es schon eine Veränderung
bringen,wennJournalist*innenmitMigrationsgeschichtedieseUmfragemachten,weildiese
aufganzandereLeutezugehenwürden.WenndieseUmfragensofunktionierenwürdenund
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wirunsalsNdModerMenschenmitMigrationsgeschichtewiederfänden,bedürfteeskeiner
Quote.
DiskussionenüberbrisanteThemenfehlten,meinteeineKollegin.„Wennwirunsnichtdazu
positionieren,etwazupatriarchalenStrukturen,dannüberlassenwiresdenanderen,auch
denPopulisten“DenizYücelgingaufdemPodiumeinenSchrittweiter:„Journalismusbedeu-
tet:Schreiben,was ist“.BestimmteBegriffehättensich imlinksliberalemDiskursverfestigt
undmanbenützesie,ohnesiezuhinterfragen.EsgebezumBeispieleingewalttätiges,gro-
ßesRassismusprobleminOstdeutschland.„EssinddieOssis,dassinddieSachsenundesist
richtig,dasbeiNamenzubenennen.Nichtrelativieren.“Demwurdeentschiedenausdem
Publikumwidersprochen:Wennsogeneralisiertberichtetwerde,führeesdazu,dassgenau
dieseRessentimentsimOsterzgebirgegeschürtwerden.„Dagegensolltenwirunsalsvielfäl-
tige Journalisten positionieren.“ Sheila Mysorekar sagte: „Ich verlange von Journalisten,
nichtalsPrivat-Personen,aberwennwirarbeiten,dasswirdieDingedifferenzierterbetrach-
ten. Dasmüssen wir auch.Wir können nicht mit Hau-drauf-Argumenten hantieren, ohne
genauzugucken.Wennwirberichten,dannmüssenwiresvernünftigtun.“Yücelentgegne-
te,mitderDifferenzierungwürdemankeinerichtigenAussagenmehrtreffenkönnen.„Man
mussdifferenzieren,abermanmussauchgeneralisieren“,meinteer.Differenzierenalleine–
dasseienAbwertungen.
LebhafteDiskussionzumAbschlussderNdM-Bundeskonferenz
EineTeilnehmerinappellierte,dieDiskussionumVielfalt,DifferenzierungundQuotezuver-
sachlichen:„WirsprechenausderpersönlichenOpferhaltung.WirsindmitdemThemagroß
geworden, da ist es schwierig, die Emotionen zurück zu halten. Es wäre begrüßenswert,
sachlichdaraufzuschauen“.DemwidersprachFeddersen:„JournalismusohneEmotionenist
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keiner.“AußerdemfehleesihmanRadikalismusbeidenNdM.„Warumseidihrsonichtra-
dikal?Warumsagtihrnicht:WirwerdendenMedienhimmelerobern,obeseuchpasstoder
nicht.MitunserenErzählungen,unserenPerspektivenundwirsindnichtnurfürMigrations-
themenda.“KonstantinaVassiliou-Enzerklärte,dassdieForderungeninderDiskussionund
im Konsens entstanden seien. Die Forderung und Analyse zugleich klaffe allerdings ausei-
nander,merkteDenizYücelkritischan.„Alswassprecht ihr?Bewertet ihroder fordert ihr
JobsundPartizipation?“SheilaMysorekarerklärte:„WirfordernundgebendazuZahlenund
Begründungen.“DerpolitischeKontext sei schwierigergeworden. „Wirmüssenunsdage-
naueraufstellen,überlegen,wieundwowasberichtenundwelcheVerantwortungwirals
Journalistenhaben.EsgehtnichtmehrnurumVielfalt,inzwischengehtesumvielmehr.“
DokumentationverfasstvonNdM-VorstandsmitgliedJoannaMariaStolarek.Fotos:MosjkanEhrari
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