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NICKERT Whitepaper Handelsbilanzielles Eigenkapital

Date post: 24-Jun-2015
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KANZLEI NICKERT WIR DENKEN SCHON MAL VOR. Cornelius Nickert, Rechtsanwalt und Steuerberater Handelsbilanzielles Eigenkapital In der Krise der Gesellschaft werden regelmäßig Wege gesucht, um das Eigenkapital zu erweitern. Dabei kann tatsächlich Eigenkapital zugeführt werden, z. B. über eine Kapitalerhöhung. Zum anderen aber können Verträge mit Unternehmen so ausgestaltet werden, dass diese als wirtschaftliches Eigenkapital angesehen werden können, ohne aber den strengen Eigenkapitalbindungen des deut- schen Gesellschaftsrechts zu unterliegen. Letztlich ist es eine Frage der Unternehmensfinanzierung, wie Gesellschafterhilfen berück- sichtigt werden sollen. In jedem Fall geht es darum, die Unterneh- mensfinanzierung gesellschaftsrechtlich, steuerrechtlich und be- triebswirtschaftlich zu optimieren. Interessant kann eine derartige Gestaltung aber auch für Fremd- kapitalgeber sein, die in der Krise ihres Schuldners erkennen, dass bei Bewertung des Gesamtkapitals (Unternehmensbewertung mit dem entity approach) ihre Forderung nicht mehr oder nur noch zum Teil durch Vermögen gedeckt ist, ihre Forderung also nicht mehr oder nur noch teilweise „im Geld“ ist. Statt eines Insolvenz- verfahrens mit weiteren Verlusten könnte dann die Forderung in bilanzielles Eigenkapital umgewandelt werden. Eigenkapital im Sinne des § 247 HGB kann allgemein als der Geld- wert des Eigentümers am Unternehmen ausgedrückt werden, Tel- ler in Teller/Steffan Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung einer Überschuldung bei der GmbH 3. Aufl. 2003 Rz. 175. Eigenkapi- tal wird zunächst also mit einer Eigentümerstellung am Unter- nehmen verknüpft. Eigenkapital ist dadurch gekennzeichnet, dass es zunächst einmal von den Gesellschaftern/Aktionären dem Unternehmen zur Verfü- gung gestellt wird. Dies geht einher mit den gesellschaftsrechtli- chen Ansprüchen wie z. B. Stimmrecht, Gewinnbezugsrecht, Ein- sichtsrechten etc. Das Eigenkapital wird langfristig gewährt. Es kann nicht einfach abgezogen werden. In Betracht kommt in der Regel nur die Kündigung der Beteiligung, die nicht selten an länge- re Fristen und an weitere Bedingungen geknüpft ist. Regelmäßig hat der Gesellschafter nur dann einen Anspruch auf Gewinn, wenn ein solcher erwirtschaftet wird. Seine Vergütung ist also ergebni- sabhängig. Zuletzt ist das Eigenkapital Risikokapital. D. h. in der Insolvenz des Unternehmens hat der Gesellschafter erst dann ei- nen Anspruch auf Liquidationserlöse, wenn alle anderen Gläubiger zuvor vollständig befriedigt wurden. Es gibt verschiedene Finanzierungsformen, deren Einordnung als handelsbilanzielles Eigenkapital denkbar erscheint. Dabei handelt es sich um Finanzierungsformen, die nach dem äußern Vertrags- sinn wie Fremdkapital ausgestattet sind, aber eigenkapitalähnliche Züge aufweisen. Es handelt sich also um Mischformen der Finan- zierung (Mezzanine Kapital). Bei diesen Mischformen stellt sich nun die Frage, wann eine solche Finanzierung in der Handelsbilanz als Eigenkapital auszuweisen ist, zumal es eine Zwischenstufe in der Handelsbilanz nicht gibt. D. h. es muss eine eindeutige Zuweisung getroffen werden. Dabei liegt die Interessenlage auf der Hand: Der Finanzgeber, der bereit ist, sein Kapital zu eigenkapitalähnlichen Konditionen zu gewähren, will in der Steuerbilanz sein Kapital im Fremdkapital ausgewiesen sehen, damit die zu zahlenden Zinsen beim steuerlichen Ergebnis abzugsfähig bleiben. Es ist allgemein anerkannt, dass auch Außenstehende (nicht Eigen- tümer) Verträge mit fremden Unternehmen schließen können, die letztlich zur Einordnung als Eigenkapital beim Unternehmen füh- ren. Das IDW hat schon im Jahr 1994 zur Frage der handelsbilanziellen Einordnung von Genussrechten Stellung genommen (IDW HFA 1/ 94). Dabei hat das IDW vier Voraussetzungen ermittelt, die kumu- lativ vorliegen müssen, damit eine Finanzierung in der Handelsbi- lanz als Eigenkapital ausgewiesen werden kann. Handelsrechtliche Ausgestaltung Zunächst muss eine schuldrechtlich vereinbarte Nachrangigkeit im Insolvenzfall vereinbart sein, sogenannter Rangrücktritt. Nach un- serer Auffassung reicht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit durch das MoMiG nicht aus. Die schuldrechtlich vereinbarte Nach- rangigkeit enthält nämlich zugleich einen Verzicht auf die Rück- führung des Darlehens, was der gesetzlichen Regelung nicht ent- spricht. Verstößt der Darlehensgeber gegen diese „Stehenlassen- Whitepaper, 14.Oktober 2010 Seite 1 www.kanzlei-nickert.de
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Page 1: NICKERT Whitepaper Handelsbilanzielles Eigenkapital

KANZLEI NICKERTWIR DENKEN SCHON MAL VOR.

Cornelius Nickert, Rechtsanwalt und Steuerberater

Handelsbilanzielles Eigenkapital

In der Krise der Gesellschaft werden regelmäßig Wege gesucht, um das Eigenkapital zu erweitern. Dabei kann tatsächlich Eigenkapital zugeführt werden, z. B. über eine Kapitalerhöhung. Zum anderen aber können Verträge mit Unternehmen so ausgestaltet werden, dass diese als wirtschaftliches Eigenkapital angesehen werden können, ohne aber den strengen Eigenkapitalbindungen des deut-schen Gesellschaftsrechts zu unterliegen. Letztlich ist es eine Frage der Unternehmensfinanzierung, wie Gesellschafterhilfen berück-sichtigt werden sollen. In jedem Fall geht es darum, die Unterneh-mensfinanzierung gesellschaftsrechtlich, steuerrechtlich und be-triebswirtschaftlich zu optimieren.

Interessant kann eine derartige Gestaltung aber auch für Fremd-kapitalgeber sein, die in der Krise ihres Schuldners erkennen, dass bei Bewertung des Gesamtkapitals (Unternehmensbewertung mit dem entity approach) ihre Forderung nicht mehr oder nur noch zum Teil durch Vermögen gedeckt ist, ihre Forderung also nicht mehr oder nur noch teilweise „im Geld“ ist. Statt eines Insolvenz-verfahrens mit weiteren Verlusten könnte dann die Forderung in bilanzielles Eigenkapital umgewandelt werden.

Eigenkapital im Sinne des § 247 HGB kann allgemein als der Geld-wert des Eigentümers am Unternehmen ausgedrückt werden, Tel-ler in Teller/Steffan Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung einer Überschuldung bei der GmbH 3. Aufl. 2003 Rz. 175. Eigenkapi-tal wird zunächst also mit einer Eigentümerstellung am Unter-nehmen verknüpft.

Eigenkapital ist dadurch gekennzeichnet, dass es zunächst einmal von den Gesellschaftern/Aktionären dem Unternehmen zur Verfü-gung gestellt wird. Dies geht einher mit den gesellschaftsrechtli-chen Ansprüchen wie z. B. Stimmrecht, Gewinnbezugsrecht, Ein-sichtsrechten etc. Das Eigenkapital wird langfristig gewährt. Es kann nicht einfach abgezogen werden. In Betracht kommt in der Regel nur die Kündigung der Beteiligung, die nicht selten an länge-re Fristen und an weitere Bedingungen geknüpft ist. Regelmäßig hat der Gesellschafter nur dann einen Anspruch auf Gewinn, wenn ein solcher erwirtschaftet wird. Seine Vergütung ist also ergebni-sabhängig. Zuletzt ist das Eigenkapital Risikokapital. D. h. in der Insolvenz des Unternehmens hat der Gesellschafter erst dann ei-

nen Anspruch auf Liquidationserlöse, wenn alle anderen Gläubiger zuvor vollständig befriedigt wurden.

Es gibt verschiedene Finanzierungsformen, deren Einordnung als handelsbilanzielles Eigenkapital denkbar erscheint. Dabei handelt es sich um Finanzierungsformen, die nach dem äußern Vertrags-sinn wie Fremdkapital ausgestattet sind, aber eigenkapitalähnliche Züge aufweisen. Es handelt sich also um Mischformen der Finan-zierung (Mezzanine Kapital).

Bei diesen Mischformen stellt sich nun die Frage, wann eine solche Finanzierung in der Handelsbilanz als Eigenkapital auszuweisen ist, zumal es eine Zwischenstufe in der Handelsbilanz nicht gibt. D. h. es muss eine eindeutige Zuweisung getroffen werden. Dabei liegt die Interessenlage auf der Hand: Der Finanzgeber, der bereit ist, sein Kapital zu eigenkapitalähnlichen Konditionen zu gewähren, will in der Steuerbilanz sein Kapital im Fremdkapital ausgewiesen sehen, damit die zu zahlenden Zinsen beim steuerlichen Ergebnis abzugsfähig bleiben.

Es ist allgemein anerkannt, dass auch Außenstehende (nicht Eigen-tümer) Verträge mit fremden Unternehmen schließen können, die letztlich zur Einordnung als Eigenkapital beim Unternehmen füh-ren.

Das IDW hat schon im Jahr 1994 zur Frage der handelsbilanziellen Einordnung von Genussrechten Stellung genommen (IDW HFA 1/94). Dabei hat das IDW vier Voraussetzungen ermittelt, die kumu-lativ vorliegen müssen, damit eine Finanzierung in der Handelsbi-lanz als Eigenkapital ausgewiesen werden kann.

Handelsrechtliche Ausgestaltung

Zunächst muss eine schuldrechtlich vereinbarte Nachrangigkeit im Insolvenzfall vereinbart sein, sogenannter Rangrücktritt. Nach un-serer Auffassung reicht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit durch das MoMiG nicht aus. Die schuldrechtlich vereinbarte Nach-rangigkeit enthält nämlich zugleich einen Verzicht auf die Rück-führung des Darlehens, was der gesetzlichen Regelung nicht ent-spricht. Verstößt der Darlehensgeber gegen diese „Stehenlassen-

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vereinbarung“ kann er nach allgemeinen zivilrechtlichen Kriterien aus Vertragsverletzung in Anspruch genommen werden. Nach der gesetzlichen Regelung kann der Darlehensgeber nur für die Zah-lungen im Jahr vor Insolvenzantragsstellung in Anspruch genom-men werden. D. h. das IDW Schreiben FAR 1/94 ist auch nach In-krafttreten des MoMiG nicht anders zu interpretieren.

Die Nachrangabrede (Rangrücktritt) ist gesetzlich nicht explizit geregelt. In den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 InsO ist aber un-terstellt, dass eine derartige Vereinbarung im Rahmen der Ver-tragsfreiheit geschlossen werden kann. Allgemein wird zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Rangrücktritt unter-schieden. Das BMF hat mit Schreiben vom 8.9.2006 (BStBl 2006 I 497) die beiden Alternativen wie folgt definiert:

Einfacher Rangrücktritt

Bei einem einfachen Rangrücktritt vereinbaren Schuldner und Gläubiger, dass eine Rückzahlung der Verbindlichkeit nur dann zu erfolgen habe, wenn der Schuldner dazu aus zukünftigen Gewinnen, aus einem Liquidationsüberschuss oder aus ande-rem - freien - Vermögen künftig in der Lage ist und der Gläubi-ger mit seiner Forderung im Rang hinter alle anderen Gläubi-ger zurücktritt. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Rangrücktritt, der mit einer Besserungsabrede verbun-den wird.

Qualifizierter Rangrücktritt

Bei einem qualifizierten Rangrücktritt erklärt der Gläubiger sinngemäß, er wolle wegen der Forderung erst nach Befriedi-gung sämtlicher anderer Gläubiger der Gesellschaft und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zu-gleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesell-schafter berücksichtigt, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Forderung um statutarisches Kapital (vgl. Urteil des BGH vom 8. Januar 2001, BGHZ 146, 264 -280). Ziel der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts ist, die Verbindlichkeit in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbi-lanz der Gesellschaft nicht auszuweisen.“

Der Inhalt der Nachrangabrede muss für die Zuordnung ins Eigen-kapital ergeben, dass der Kapitalgeber in der Insolvenz seine An-sprüche erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Ka-

pitalüberlassung nicht den Kriterien für einen Eigenkapitalausweis genügen, geltend gemacht werden kann.

Die Insolvenzordnung kennt für die Verteilung folgende Reihenfol-ge:

Rang Nr. Forderungsart

1. Masseverbindlichkeiten, §§ 55, 209 InsO

2. einfache Insolvenzforderungen, § 38 InsO

3. nachrangige Insolvenzforderungen, § 39 Abs. 1 InsO in der dortigen Reihenfolge zuletzt die Gesellschaf-terdarlehen (Nr. 5)

4. rangrückgetretene Gesellschafterdarlehen, § 39 Abs. 2 InsO

5. Ansprüche auf Liquidationserlös der Eigentümer, § 199 Satz 1 InsO

§ 39 Abs. 2 InsO lautet:

Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, wer-den im Zweifel nach den in Absatz 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.

§ 199 Satz 1 InsO lautet:

Können bei der Schlussverteilung die Forderungen aller Insol-venzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuss dem Schuldner herauszugeben.

Aus der gesetzlichen Regelung folgt, dass selbst rangrückgetretene Forderungen vor den Ansprüchen der Anteilseigner auf Liquidati-onserlös befriedigt werden. Um in den Anwendungsbereich des Eigenkapitals zu gelangen, muss aber das Recht so ausgestaltet sein, dass eine Befriedigung erst nach allen nicht eigenkapitalglei-chen Forderungen gewährleistet ist. Dementsprechend reicht der Rangrücktritt in den Rang des § 39 Abs. 2 InsO oder hinter den § 39 Abs. 2 InsO aber vor § 199 InsO nicht aus. Vielmehr muss der Kapi-talgeber in den Rang des § 199 InsO zurücktreten. Dabei ist es selbstverständlich unschädlich, wenn die „Quasi-Eigenkapitalge-ber“ zusammen mit den statutarischen Eigenkapitalgebern im Verhältnis ihrer Rechte befriedigt werden, also gleichrangig sind.

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Als weitere Voraussetzungen sind die ergebnisorientierte Verzin-sung und die Teilnahme am Verlust bis zur Höhe der Einlage ver-langt.

Zuletzt muss das Eigenkapital langfristig überlassen werden. Dabei geht das IDW und die Literatur von einer Überlassung von mind. 5 Jahren aus.

Alle oben skizzierten Voraussetzungen müssen kumulativ vorlie-gen. D. h. die Eigenkapitalzuordnung fällt weg, wenn nur eines der Merkmale entfällt.

Steuerliche Behandlung bei der Gesell-schaft

Eine Verbindlichkeit ist zu passivieren, wenn sie rechtlich entstan-den und wirtschaftlich verursacht ist. Allein die Tatsache, dass der Schuldner die Verbindlichkeit mangels ausreichenden Vermögens nicht oder nur teilweise tilgen kann, begründet noch keine An-nahme einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung (BFH vom 9. Februar 1993, BStBl II 747).

Zunächst einmal bleibt also auch in der steuerlichen Gewinner-mittlung die Finanzierung Fremdkapital. Allerdings ist § 5 Abs. 2a EStG zu beachten. Das dort normierte Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG greift ein, wenn eine Verpflichtung nur zu erfüllen ist, wenn und soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Die Vorschrift betrifft insb. das Druck- und Verlagswesen und die be-dingte Rückzahlbarkeit öffentlicher Zuschüsse.

Gemäß § 5 Abs. 2a EStG darf weder eine Verbindlichkeit angesetzt noch eine Rückstellung gebildet werden, wenn die Verpflichtung nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfal-len. Eine solche Verbindlichkeit oder Rückstellung darf erst ange-setzt werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne (später) angefal-len sind.

Voraussetzung für die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG ist, dass zwischen dem Ansatz der Verbindlichkeit und Gewinnen und Ein-nahmen eine Abhängigkeit im Zahlungsjahr besteht. Haben Schuldner und Gläubiger eine Vereinbarung im Sinne eines einfa-chen Rangrücktritts geschlossen, besteht die erforderliche Abhän-gigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen nicht, so dass der Tatbestand des § 5 Abs. 2a EStG nicht erfüllt ist;

die Verbindlichkeit ist zu passivieren. Fehlt dagegen eine Bezug-nahme auf die Möglichkeit einer Tilgung auch aus sonstigem frei-en Vermögen, ist der Ansatz von Verbindlichkeiten oder Rückstel-lungen bei derartigen Vereinbarungen ausgeschlossen.

Bei einer Vereinbarung im Sinne eines qualifizierten Rangrücktritts liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG nicht vor, weil eine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Ge-winnen nicht besteht, sondern die Begleichung der Verbindlichkeit zeitlich aufschiebend bedingt - bis zur Abwendung der Krise - ver-weigert werden kann, BMF vom 8.9.2006 BStBl 2006 I 497. Dann bleibt in der Steuerbilanz die Verbindlichkeit bestehen und die Zinsaufwendungen sind steuerlich absetzbare Betriebsausgaben.

Zuletzt ist bei der Vertragsgestaltung mit einer Kapitalgesellschaft zu beachten, dass zur Behandlung als steuerliches Fremdkapital eine Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen sein muss, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

Soweit die Vereinbarung nicht zeitkritsch ist, empfiehlt es sich, eine verbindliche Auskunft (kostenpflichtig) der Finanzverwaltung einzuholen.

Soweit ein Geldbetrag als Eigenkapital hingegeben werden soll, muss dies in der Buchhaltung unverzüglich kenntlich gemacht werden, Einbuchen als Einlage FG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.11.2009 - 10 K 282/06 (für eine atypisch stille Beteiligung).

Gestaltungsempfehlungen

Zivilrechtlich kommt die Nachrangabrede durch einen (formfreien) gegenseitigen Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Schuld-ner zustande (§ 311 Abs. 1 BGB). Die Abrede kann bereits bei Ver-tragsschluss oder auch nachträglich geschlossen werden.

Für die Nachrangigkeit können die üblichen zur Vermeidung der Passivierung im Überschuldungsstatus herangezogenen Rangrück-trittserklärungen in den Rang hinter § 39 abs. 2 InsO verwendet werden.

Für die Teilnahme am Verlust können Klauseln wie bei der atypisch stillen Beteiligung oder bei der Kommanditbeteiligung verwendet werden. Wichtig ist nur, dass die Verlustteilnahme explizit geregelt ist.

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Für die ergebnisorientierte Vergütung kann eine Regelung ähnlich einer Tantiemezusage verwendet werden. Allerdings sollte die Bemessungsgrundlage klar dokumentiert werden. Es bestehen nach unserer Auffassung keine Bedenken, die Verzinsung in einen Festzins, z. B. an den Euribor gekoppelt, und einen Risikoaufschlag im Gewinnfall aufzuspalten. Allerdings muss der Risikoanteil klar überwiegen, weil die Vereinbarung sonst das Merkmal der Ergeb-nisabhängigkeit verliert. Ist der Empfänger einer Beteiligung eine Kapitalgesellschaft, muss die Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen sein, Schulte, Corporate Finance München 2006, S. 151 ff.

Die Längerfristigkeit der Überlassung ist am einfachsten durch eine Vereinbarung eines frühesten Kündigungsdatums sicherzustellen. Wenn ein Darlehen nachträglich in Eigenkapital umgewandelt werden soll, muss die Langfristigkeit ab der Umwandlung gegeben sein. D. h. die Überlassungszeiten aus „Darlehenszeit“ werden nicht angerechnet.

FAQs

Können die Zinsen auf die Finanzierung entnom-men werden?

Bei der Nachrangabrede in den Rang des § 199 InsO in der Form des qualifizierten Rangrücktritts wird vereinbart, dass der Gläubiger seine Forderung in der Krise nicht geltend macht. Er sagt damit zu, dass er die Zinsen stehen lässt. De-mentsprechend dürfen Zinsen während der Krise nicht ent-nommen werden. Sie werden in der Gewinn- und Verlustrech-nung zwar als Aufwand gebucht. Allerdings werden sie nur dem Darlehen gutgeschrieben, ohne dass sie entnommen werden dürfen. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter das Darlehen refinanziert hat uns selbst Zinsen an die finan-zierende Bank bezahlen muss.

Nach Überwindung der Krise aber vor Ende der Laufzeit der Kapitalüberlassung dürfen Zinsen entnommen werden. Das Darlehenskapital kann erst dann entnommen werden, wenn die Laufzeit beendet ist oder wenn die Vereinbarung einver-nehmlich aufgehoben wurde.

Wie ist mit dem Ergebnis bei der Gesell-schaft buchhalterisch umzugehen?

In der handelsrechtlichen Ergebnisermittlung

Handelt es sich um handelsrechtliches Eigenkapital, ist der bezahlte „Zins“ Ergebnisverwendung (keine Betriebsausgabe) bzw. die Kapitalrückzahlung reine Kapitalmaßnahme und da-mit ergebnisneutral. Handelt es sich hingegen um handels-rechtliches Fremdkapital, ist der Zins Betriebsausgabe.

In der steuerlichen Ergebnisermittlung

Handelt es sich um steuerliches Eigenkapital, ist der bezahlte „Zins“ Ergebnisverwendung (keine Betriebsausgabe) bzw. die Kapitalrückzahlung reine Kapitalmaßnahme und damit ergeb-nisneutral. Handelt es sich hingegen um steuerrechtliches Fremdkapital, ist der Zins bei der Kapitalgesellschaft Betriebs-ausgabe. Sofern es sich um eine Personengesellschaft handelt und der Kapitalgeber Mitunternehmer ist, ist die Vergütung Sonderbetriebseinnahme, ansonsten bleibt es beim Betriebs-ausgabenabzug.

Sonderfall: Umwandlung von GmbH-Gesellschaf-terdarlehen in wirtschaftliches Eigenkapital

Insbesondere in Krisenzeiten stellt sich die Frage, wie die Bi-lanz und deren Eigenkapitalquote erhöht werden kann. Zum einen ist letztere eine wesentliche Größe für das Bankenrating. Zum anderen werden bei kleinen GmbHs die Bilanzen nach dem EHUG veröffentlicht und insbesondere von Wirtschafts-auskunfteien und den Warenkreditversicherern ausgewertet. Dementsprechend besteht in der Krisenzeit ein erhöhtes Be-dürfnis, bilanzielles Eigenkapital zuzuführen.

Bei einer Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in sta-tutarisches Eigenkapital (debt equity swap) ist im Rahmen der Sachkapitalerhöhung die Werthaltigkeit der Einlage nachzu-weisen und zu dokumentieren. Andernfalls droht die soge-nannte Differenzhaftung, §§ 56, 9 GmbHG. Die eingelegte Sache muss am Tag der Anmeldung der Sachkapitalerhöhung den zugewiesenen Wert haben. Ein bereits ausgereichtes Ge-sellschafterdarlehen wird aber wegen der Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Krise den Nominalwert der Forderung in der Regel nicht mehr erreichen.

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Bei einer Eigenkapitalvereinbarung zum Zwecke der Begrün-dung wirtschaftlichen Eigenkapitals gelten diese Kapitalerhö-hungsvorschriften nicht. Außerdem ist eine notarielle Beur-kundung sowie eine Anmeldung zum Handelsregister nicht erforderlich.

Fazit:

Die Eigenkapitalbasis kann in der Krise durch eine privatschriftliche Vereinbarung recht einfach erhöht werden. Dabei sind Gestaltun-gen möglich, die die handelsrechtliche Qualifikation als Eigenkapi-tel auch dann ermöglichen, wenn steuerrechtlich Fremdkapital vorliegt.

Checkliste handelsrechtliche Einordnung:

Voraussetzung Erfüllt Nicht erfüllt

Schuldrechtliche Nachrangigkeit □ □

Ergebnisorientierte Vergütung □ □

Vollständige Teilnahme am Verlust □ □

Längerfristigkeit der Überlassung □ □

Checkliste steuerrechtliche Einordnung:

Voraussetzung Erfüllt Nicht erfüllt

einfacher Rangrücktritt □ □

Teilnahme am Liquidationserlös □ □

Mitunternehmerschaft □ □

Offenburg, 14.10.2010

Über KANZLEI NICKERT, Offenburg:

KANZLEI NICKERT ist eine Unternehmerkanzlei im besten Sinne: Sie bietet in den Bereichen Rechtsberatung, Steuerberatung und betriebswirtschaftliche Beratung all diejenigen Dienstleistungen an, die ein Unternehmen / Unternehmer klassischerweise benö-tigt. Zudem hat sie Kompetenzzentren für die Bereiche Bau, Sanierungsberatung sowie Personalwesen eingerichtet. Rechtsanwäl-te, Fachanwälte für Steuerrecht und Steuerberater arbeiten dabei Hand in Hand.

KANZLEI NICKERT ist seit März 2009 zertifiziert nach ISO 9001:2008 und für die Steuerberatung zusätzlich nach dem DStV-Quali-tätssiegel, dem Qualitätsstandard des Deutschen Steuerberaterverbandes. 2009 wurde die Kanzlei von FOCUS MONEY in die Liste der TOP-Steuerberater aufgenommen.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.kanzlei-nickert.de

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Alle Angaben sind sorgfältig geprüft. Durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verordnungen sowie Zeitablauf ergeben sich zwangsläufig Änderungen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts keine Haftung übernehmen.

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