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Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the...

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Page 1: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

Schmerz 2012 · 26:232–246DOI 10.1007/s00482-012-1189-6© Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.  Published by Springer-Verlag -  all rights reserved 2012

W. Häuser1, 2 · K. Bernardy3 · H. Wang4 · I. Kopp5

1 Innere Medizin 1, Klinikum Saarbrücken gGmbH, Saarbrücken2 Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Technische Universität München 3 Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH, Ruhr-Universität Bochum 4 Department für Orthopädie und Unfallchirurgie, Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg 5 AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement, Philipps-Universität, Marburg

Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie

Am 15.06.2010 beschloss das Präsi-dium der Deutschen Interdisziplinä-ren Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS), die interdisziplinäre S3-Leitli-nie zum Fibromyalgiesyndrom (FMS), AWMF-Registernummer 041/004, zu aktualisieren. Dem DIVS-Generalse-kretär PD Dr. W. Häuser wurde die In-itiierung und Koordination der Leitli-nienaktualisierung sowie die Litera-tursuche und Erstellung der Evidenz-berichte übertragen.

Material und Methoden

Grundlagen

Die Aktualisierung der Leitlinie folgte dem Regelwerk der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF; [1]), der Me-thodik der Nationalen Versorgungsleitli-nien [7, 14] und den Anforderungen des Deutschen Instruments zur methodi-schen Leitlinienbewertung (DELBI; [2]).

Die methodische Beratung erfolg-te durch Prof. Dr. I. Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wis-sensmanagement.

Der zeitliche Verlauf des gesamten Entwicklungs- und Konsensusprozes-ses zur Aktualisierung der Leitlinie ist in . Tab. 1 dargestellt.

Zusammensetzung der Leitliniengruppe: Beteiligung von Interessengruppen

Beteiligung von BerufsgruppenDas DIVS-Präsidium beschloss, bezüg-lich einer Teilnahme die Fachgesellschaf-ten anzusprechen, welche Gebiete der Me-dizin vertreten, die Patienten mit FMS be-handeln. Berufsverbände oder Fachgesell-schaften, die kein Gebiet der Medizin ver-treten, wurden nicht zur Teilnahme einge-laden. Im Falle der Zustimmung zur Teil-nahme wurde das Präsidium der Fach-gesellschaft gebeten, das bisherige Mit-glied der Fachgesellschaft in der Steue-rungsgruppe der Leitlinie zu bestätigen bzw. ein neues Mitglied mit Expertise für das FMS in Klinik und Forschung in der Steuerungsgruppe zu benennen. Die Auf-gaben der Steuerungsgruppe bestanden in der Festlegung der Ziele, der inhaltlich zu bearbeitenden Eckpunkte, der Festle-gung der Methodik der Aktualisierung der Leitlinie sowie in der Übernahme des Stimmrechts für die entsendende Fachge-sellschaft in der Konsentierung von Leitli-nieninhalten, Algorithmen und Qualitäts-indikatoren. Alle angesprochenen Fachge-sellschaften der ersten Version der Leitli-nie stimmten mit Ausnahme der Deut-schen Gesellschaft für Allgemein- und Fa-milienmedizin (DEGAM) einer erneuten Teilnahme an der Leitlinienentwicklung zu. Die DEGAM begründete ihre Ableh-nung der Teilnahme mit „konzeptionel-len und prozessualen Aspekten und den mit der Aktualisierung und Implemen-

tierung verbundenen Konsequenzen für das hausärztliche Handeln“ (E-Mail vom 06.10.2010). Die teilnehmenden Fach-gesellschaften und ihre Delegierten der Steuerungsgruppe sind in . Tab. 2 auf-geführt.

Beteiligung von PatientenDie beiden größten deutschen FMS-Pati-entenselbsthilfeorganisationen, die Deut-sche Rheuma-Liga und die Deutsche Fi-bromyalgie-Vereinigung, wurden als Mitglieder der Steuerungsgruppe in die Überarbeitung gleichberechtigt einbezo-gen und erhielten im Konsensusverfah-ren – wie eine wissenschaftliche Fachge-sellschaft – 1 Stimme.

Bildung themenbezogener Arbeitsgruppen: Hinzuziehung weiterer Experten

Die Präsidien der beteiligten Fachgesell-schaften wurden gebeten, die Teilnehmer Ihrer Fachgesellschaft der ersten Ver-sion der Leitlinie zu bestätigen und/oder neue Mitglieder zu benennen. Grundlage der Nominierung sollten klinische und/oder Forschungserfahrungen mit dem FMS sein. Weiterhin wurde darum gebe-ten, bei der Auswahl der Teilnehmer al-le Ebenen der medizinischen Versorgung (ambulant, akutstationär und Rehabilita-tion) zu berücksichtigen und auf ein aus-gewogenes Verhältnis der Hierarchieebe-nen sowie der Geschlechterverteilung zu achten.

D Zusatzmaterial onlineDieser Beitrag enthält zusätzlich eine englische Fassung und die Evidenzbe-richte, sowie die Tabellen 5 bis 7.  Dieses Supplemental finden Sie unter:dx.doi.org/10.1007/s00482-012-1189-6

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Die einzelnen Arbeitsgruppen (AG) und ihre Leiter sind in . Tab. 3 aufgeführt. Zu den Aufgaben der AG-Mitglieder ge-hörten die Überprüfung der Ergebnisse der Literatursuche und Datenextraktionen, die Erarbeitung der Empfehlungen und Hin-tergrundtexte sowie deren Abstimmung als Vorlage für die Konsentierung durch die Steuerungsgruppe und die Teilnahme an den Konsensuskonferenzen.

Bedingung für eine Teilnahme an der Konsensuskonferenz war die Abga-be der Erklärung über Interessenkonflik-te und die aktive Teilnahme in den AG. Als Mindestkriterium für eine aktive Teil-nahme wurde die vollständige Teilnahme an der Abstimmung der Entwurfsvorla-gen für die Konsensuskonferenzen fest-gesetzt. Wegen fehlender aktiver Teilnah-me wurden 5 Personen [3 Vertreter der Deutschen Fibromyalgie-Vereinigung, 1 Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, 1 Vertreter der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS)] vor den Konsensuskonferenzen aus der Leitliniengruppe ausgeschlossen.

Einige Charakteristika der AG-Teil-nehmer sind in . Tab. 4 aufgeführt. Im Vergleich zu Leitlinien anderer medizi-nischer Fachgesellschaften ist das ausge-wogene Geschlechter- und Hierarchiever-hältnis der Teilnehmer der Leitlinienent-wicklung hervorzuheben.

Redaktionelle Unabhängigkeit: Umgang mit Interessenkonflikten

Die Entwicklung von Leitlinien für die medizinische Versorgung verlangt über die fachliche Expertise hinaus eine strik-te Vermeidung kommerzieller Abhängig-keiten, welche Leitlinieninhalte beeinflus-sen können. Die Erklärung der Teilneh-mer der Leitlinienentwicklung ist für ihre Qualitätsbeurteilung und ihre Glaubwür-digkeit in der Öffentlichkeit entscheidend. Alle Teilnehmer der Leitlinienerstellung unterschrieben die Erklärung der AWMF über mögliche Interessenkonflikte. Finan-zielle und sonstige Verbindungen bzw. In-teressenkonflikte der Teilnehmer der Leit-linienerstellung mit möglicherweise an den Leitlinieninhalten interessierten Drit-ten sind in . Tab. 5 (siehe Supplemental) dargestellt.

Tab. 1  Arbeitsschritte und zeitlicher Ablauf des Entwicklungs- und Konsensusprozesses zur Aktualisierung der Leitlinie

Rubrik Inhalte Zeitraum

Vorbereitung Erarbeitung von Vorschlägen zur Methodik (Leitlinienkoordi-nator und Institut für Wissensmanagement der AWMF)

6/2010–8/2010

Einberufung der Leitliniensteuerungsgruppe, Konsensus der Steuerungsgruppe zur Methodik der Leitlinienentwicklung

Bis 30.09.2010

Benennung der AG-Mitglieder durch Vorstände der Fachge-sellschaften und Patientenorganisationen

Bis 30.12.2010

Erarbeitung der Empfehlungen

Erstellen von Suchbegriffen für die systematische Literatur-recherche durch Leitlinienkoordinator

Bis 30.11.2010

Literaturrecherche durch Leitlinienkoordinator (bis 12/2010) Bis 15.01.2011

Datenextraktion durch Leitlinienkoordinator Bis 28.02.2011

Formulierung der Empfehlungen inkl. Quellentext (1. Ver-sion) durch Leitlinienkoordinator und AG-Leiter

Bis 30.03.2011

Überarbeitung der Empfehlungen und Quellentexte durch die jeweilige AG

Bis 30.05.2011

Formulierung der Empfehlungen (2. Version) und Quellen-texte durch AG-Leiter und Leitlinienkoordinator

Bis 30.07.2011

Anonymisierte Online-Abstimmung aller Empfehlungen der zweiten Version durch alle Teilnehmer (Delphi-Verfahren)

Bis 15.09.2011

Formulierung der Empfehlungen (3. Version) durch AG-Leiter und Leitlinienkoordinator

Bis 30.10.2011

Konsensuskonferenzen: Plenarsitzung mit Abstimmung der Empfehlungen (4. Version)

10. und 24.11.2011

  Überarbeitung der einzelnen Kapitel durch Leitlinienko-ordinator, AG-Leiter und Steuerungsgruppe gemäß den Beschlüssen der Konsensuskonferenz und endgültige Verab-schiedung des Texts durch die Steuerungsgruppe im schrift-lichen Verfahren

Bis 31.01.2012

Kommentierung der Leitlinie durch die Vorstände der teil-nehmenden Fachgesellschaften

15.02.–26.03.2012

Einreichung der Leitlinie bei der AWMF 13.04.2012

Annahme der Leitlinie durch die AWMF 19.04.2012

Publikation als Sonderheft in Der Schmerz Juni 2012AG Arbeitsgruppe; AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.

Tab. 2  Beteiligte medizinische und psychologische Fachgesellschaften und Patientenselbst-hilfeorganisationen und ihre Delegierten in der Steuerungsgruppe der Aktualisierung der Leit-linie „Diagnostik, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgiesyndroms“

- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF):  Prof. Dr. I. Kopp

- Deutsche Fibromyalgie-Vereinigung (DFV): M. Settan

- Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): Prof. Dr. C. Sommer

- Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC):  Prof. Dr. M. Schiltenwolf

- Deutsche Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (DGPMR): Dr. A. Winkelmann

- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) und Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM): Prof. Dr. P. Henningsen

- Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN):  Prof. Dr. K.-J. Bär

- Deutsche Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -Forschung (DGPSF):  Prof. Dr. rer. soc. Dipl.-Psych. K. Thieme

- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh): Prof. Dr. W. Eich

- Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS): Dr. B. Arnold

- Deutsche Rheuma-Liga: S. Eis

- Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR): Dr. R. Häfner

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Potenzielle Interessen(konflikte) er-gaben sich durch die Durchführung von oder Teilnahme an Studien über medika-mentöse, physikalische und psychologi-sche Therapieverfahren, durch die Zuge-hörigkeit zu psychotherapeutischen Schu-len und durch die Leitung oder Beschäf-tigung an klinischen Einrichtungen, in denen FMS-Patienten behandelt werden.

Nach Ansicht der Steuerungsgruppe war die Leitliniengruppe bezüglich ihrer Interessen (medikamentöse, psychologi-sche, physikalische und komplementäre Therapien bzw. „Schulenzugehörigkeit“) ausgewogen. Mögliche Interessenkonflik-te einzelner Personen bei den Konsensus-konferenzen wurden weitgehend neutra-lisiert, indem die Mitglieder der Steue-rungsgruppe ihr Stimmrecht im Bedarfs-fall an ein anwesendes, von ihrer Fachge-sellschaft entsandtes AG-Mitglied abtre-ten konnten.

Finanzierung der Leitlinie

Die Finanzierung der Leitlinienerstellung erfolgte durch die DIVS und die beteilig-ten Gesellschaften. Direkte oder indirek-te finanzielle Unterstützungen jedweder Art von kommerziellen Einrichtungen wurden nicht verwendet. Die Kosten für die Leitlinienentwicklung (Internetplatt-form, externe Moderation der Konsensus-konferenzen) wurden von der DIVS mit 10.000 € übernommen. Die Fahrtkosten für die Konsensuskonferenzen wurden von den Teilnehmern bzw. ihren Fachge-sellschaften getragen. Reisekosten und an-dere Auslagen wurden entsprechend dem Bundesdienstreisegesetz bzw. nach den im Hochschulbereich üblichen Richtlinien abgerechnet. Alle Mitglieder der Leitli-niengruppe arbeiteten ehrenamtlich, eine Vergütung erfolgte nicht.

Methodik der Erstellung von Empfehlungen

Technische Unterstützung: internetbasierte Erarbeitung der Vorschläge für die Empfehlungen der LeitlinieAus zeitökonomischen Gründen und auf-grund des knappen finanziellen Budgets wurden die Empfehlungen mithilfe einer Internetplattform erarbeitet (http://www.

Zusammenfassung · Abstract

leitlinienentwicklung.de). Die AG-Leiter und der Leitlinienkoordinator stellten hier alle notwendigen Arbeitsmaterialien zur Verfügung und waren berechtigt, Empfeh-lungen zu formulieren. Diese Vorschläge konnten in getrennten Sektionen von den

Mitgliedern der AG und von den Mitglie-dern der übrigen AG kommentiert und diskutiert werden. Dazu erhielt jede AG ein eigenes Forum auf der Plattform. Er-gänzend wurden Telefonkonferenzen und die E-Mailkorrespondenz genutzt. Durch

Schmerz 2012 · 26:232–246   DOI 10.1007/s00482-012-1189-6© Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published by Springer-Verlag - all rights reserved 2012

W. Häuser · K. Bernardy · H. Wang · I. Kopp

Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie

ZusammenfassungHintergrund.  Die planmäßige Aktualisie-rung der S3-Leitlinie zum Fibromyalgiesyn-drom (FMS; AWMF-Registernummer 041/004) wurde ab März 2011 vorgenommen.Material und Methoden.  Die Leitlinie wurde unter Koordination der Deutschen Interdis-ziplinären Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS) von 9 wissenschaftlichen Fachgesell-schaften und 2 Patientenselbsthilfeorganisa-tionen entwickelt. Acht Arbeitsgruppen mit insgesamt 50 Mitgliedern wurden ausgewo-gen in Bezug auf Geschlecht, medizinischen Versorgungsbereich, potenzielle Interessen-konflikte und hierarchische Position im medi-zinischen bzw. wissenschaftlichen System be-setzt.Die Literaturrecherche erfolgte über die Datenbanken Medline, PsycInfo, Scopus und Cochrane Library (bis Dezember 2010). Die Graduierung der Evidenzstärke erfolgte nach dem Schema des Oxford Center for Evi

dence Based Medicine. Die Formulierung und Graduierung der Empfehlungen erfolgte in einem mehrstufigen, formalisierten Konsen-susverfahren. Wirksamkeit, Risiken, Patien-tenpräferenzen und Umsetzbarkeit von The-rapieverfahren wurden in einer Bilanz zusam-mengefasst. Die Leitlinie wurde von den Vor-ständen der beteiligten Fachgesellschaften begutachtet.Schlussfolgerung.  Die Leitlinie wurde als Lang-, Kurz-, Kitteltaschen- und Patientenver-sion veröffentlicht.

SchlüsselwörterFibromyalgiesyndrom · Leitlinie · Methoden · Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) · Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS)

Methodological fundamentals of the development of the guideline

AbstractBackground.  The scheduled update to the German S3 guidelines on fibromyalgia syn-drome (FMS) by the Association of the Scien-tific Medical Societies (“Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fach-gesellschaften”, AWMF; registration num-ber 041/004) was planned starting in March 2011.Materials and methods.  The development of the guidelines was coordinated by the Ger-man Interdisciplinary Association for Pain Therapy (“Deutsche Interdisziplinären Ver-einigung für Schmerztherapie”, DIVS), 9 scien-tific medical societies and 2 patient self-help organizations. Eight working groups with a total of 50 members were evenly balanced in terms of gender, medical field, potential con-flicts of interest and hierarchical position in the medical and scientific fields.Literature searches were performed using the Medline, PsycInfo, Scopus and Cochrane Library data-bases (until December 2010). The grading of the strength of the evidence followed the 

scheme of the Oxford Centre for Evidence-Based Medicine. The formulation and grad-ing of recommendations was accomplished using a multi-step, formal consensus process. Efficacy, risks, patient preferences and ap-plicability of therapies available were sum-marized into a balance sheet. The guidelines were reviewed by the boards of the partici-pating scientific medical societies.Conclusion.  The guidelines were published in several forms: complete and short scientif-ic versions, clinical practice and patient ver-sions.The English full-text version of this ar-ticle is available at SpringerLink (under “Sup-plemental”).

KeywordsFibromyalgia syndrome · Guideline · Methods · Association of the Scientific Medical Societies in Germany (AWMF) · German Association of Pain Therapy (DIVS)

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diese Organisation der Vorarbeiten konn-te auf persönliche Treffen bis zur Konsen-suskonferenz verzichtet werden.

LeitlinienrechercheEine Recherche über bestehende interna-tionale Leitlinien zum FMS wurde vom Leitlinienkoordinator in den Datenban-ken Guidelines International Network (http://www.g-i-n.net) und http://www.guideline.gov durchgeführt. Weiterhin wurde in PubMed mit den Suchworten „Fibromyalgia“[MeSH] AND (guideline

OR consensus) recherchiert. Die Suche ergab in PubMed 156 Treffer, in http://www.g-i-n.net 3 Treffer und in http://www.guideline.gov 19 Treffer; 10 interdis-ziplinäre Konsensusdokumente zur Diag-nostik und/oder Therapie des FMS wur-den gefunden [3, 5, 6, 8, 11, 12, 13, 16, 22, 27]. Die Evidenzbasierung und Struktu-rierung des Konsensusprozesses waren sehr unterschiedlich. Die Literaturver-zeichnisse der Konsensusdokumente wur-den mit den Ergebnissen der eigenen Lite-raturrecherche abgeglichen.

LiteraturrechercheDie Literaturrecherche wurde anhand der von den AG-Leitern und dem Leitli-nienkoordinator erarbeiteten Suchbegrif-fe vom Leitliniensekretariat in den Daten-banken Medline (über die Suchmaschine PubMed; Beginn bis 31.12.2010), PsycIn-fo (Beginn bis 31.12.2010), Scopus (Beginn bis 31.12.2010) und in der Cochrane Lib-rary [The Cochrane Database of System-atic Reviews, The Cochrane Central Re-gister of Controlled Trials (CENTRAL), Beginn bis 31.12.2010] durchgeführt. Um mögliche unpublizierte Studien zu finden und damit die Möglichkeit eines Publika-tionsbias zu reduzieren, wurde die Daten-bank der U.S. National Institutes of Health (NIH; http://www.clinicaltrials.gov; Be-ginn bis 31.12.2010) durchsucht.

Folgende Suchstrategie in Medline wurde eingesetzt:a) „Fibromyalgia“[MeSH]b) Für die AG zu therapeutischen Ver-

fahren wurde folgender PubMed-Suchfilter (category „therapy“), op-timiert für die sensitive/breite Su-che (Sensitivität/Spezifität: 99%/70%), zur Lokalisation von randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) verwen-det:((clinical[Title/Abstract] AND trial[Title/Abstract]) OR clinical tri-als[MeSH Terms] OR clinical trial[-Publication Type] OR random*[Tit-le/Abstract] OR random allocation[-MeSH Terms] OR therapeutic use[-MeSH Subheading]) (Pubmed 2010).

c) Für die AG „Definition, Klassifikation und Prognose“ wurden die PubMed-Suchfilter Diagnosis/Broad[filter] und (Prognosis/Broad[filter]) verwendet.

d) Für die AG „Ätiopathogenese und Pathophysiologie“ wurde für Studien zur Ätiologie der Suchfilter „Best one term strategy“ risk (T) des Oxford Centre for Evidence Based Medicine verwendet („Review“[Publication Ty-pe] OR „Review Literature“[MeSH]).

Für die Suche in Scopus und PsycInfo wurde „Fibromyalgia“ mit „randomized controlled trial“ in Kombination mit den AG-spezifischen Medline-Suchbegrif-fen verwendet. Die Literatursuche in der Cochrane Library und in der NIH-Daten-bank erfolgte mit „Fibromyalgia“ in Kom-bination mit den AG-spezifischen Med-

Tab. 3  Arbeitsgruppen und ihre Sprecher

- Definition, Klassifikation, Epidemiologie und Diagnose:  Prof. Dr. W. Eich (DGRh), Prof. Dr. P. Henningsen (DKPM)

- Ätiopathogenese und Pathophysiologie:  Prof. Dr. C. Sommer (DGN), Prof. Dr. rer. soc. Dipl.-Psych. K.Thieme (DGPSF)

- Allgemeine Behandlungsgrundsätze und Patientenschulung:  Prof. Dr. W. Eich (DGRh), PD Dr. F. Petzke (DGSS)

- Medikamentöse Therapie: Prof. Dr. K.-J. Bär (DGPPN), Prof. Dr. C. Sommer (DGN)

- Psychotherapie: Prof. Dr. V. Köllner (DGPM), Prof. Dr.rer. soc. Dipl.-Psych. K. Thieme (DGPSF)

- Physiotherapie und Physikalische Therapie:  Dr. M. Offenbächer (DGPMR), Prof. Dr. M. Schiltenwolf (DGOOC)

- Multimodale Therapie: Dr. B. Arnold (DGSS), Dr. M. Offenbächer (DGPMR)

- Alternative und komplementäre Therapien: Prof. Dr. J. Langhorst (DKPM), PD Dr. F. Musial (DGSS)

- Kinder und Jugendliche: Dr. R. Häfner (GKJR), Prof. Dr. B. Zernikow (DGSS)DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie; DGOOC Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie; DGPM Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie; DGPMR Deutsche Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation; DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychia-trie, Psychotherapie und Nervenheilkunde; DGPSF Deutsche Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -Forschung; DGRh Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie; DGSS Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes; DKPM Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin; GKJR Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie.

Tab. 4  Zusammensetzung der Leitlinienarbeitsgruppen

Geschlecht

Frauen 20 (40,0%)

Männer 30 (60,0%)

Versorgungsstufe

Niedergelassen 5 (10,0%)

Regel- und Sekundärversorgung 14 (28,0%)

Maximalversorgung/Universität 21 (42,0%)

Rehabilitation 5 (10,0%)

Betroffene 4 (8,0%)

Hierarchie

Assistenzarzt/wissenschaftlicher Mitarbeiter 8 (16,0%)

Oberarzt/leitender Psychologe 20 (40,0%)

Chefarzt/Lehrstuhlinhaber 13 (26,0%)

Niedergelassen 5 (10,0%)

Betroffene 4 (8,0%)

Gebiete

Medizin 40 (80,0%)

Psychologie 4 (8,0%)

Physiotherapie 2 (4,0%)

Betroffene 4 (8,0%)

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line-Suchbegriffen. Die AG-spezifischen Suchwörter und die Anzahl der Treffer in den einzelnen Datenbanken sind in . Tab. 6 (siehe Supplemental) aufgeführt.

Auswahl und Ergänzung der gefundenen ArbeitenDie Suchergebnisse wurden vom Leitli-nienkoordinator mit den Literaturver-zeichnissen der gefundenen Leitlinien abgeglichen und ggf. ergänzt. Weiterhin wurden randomisierte, kontrollierte klini-sche Studien berücksichtigt, die in den ge-nannten Datenbanken mit den genannten Suchstrategien nicht gefunden wurden, AG-Mitgliedern jedoch bekannt waren. Zusätzlich wurden nach Ansicht des Leit-linienkoordinators und der AG-Mitglie-der für die Fragestellungen relevante Pu-blikationen deutscher Autoren bzw. Stu-dien an deutschsprachigen Patienten be-rücksichtigt, die in den genannten Daten-banken nicht berücksichtigt waren bzw. in den genannten Datenbanken bis zum 31.12.2010 publiziert wurden.

Ein- und AusschlusskriterienDie Suchergebnisse wurden vom Leitli-nienkoordinator und den AG-Leitern auf der Grundlage von Titeln und Abstracts unter Verwendung definierter Ein- und Ausschlusskriterien (Filter) analysiert. Fil-ter 1 schloss Suchergebnisse bei Erfüllung der folgenden Kriterien aus: Fragestellung nicht untersucht; keine kontrollierte Stu-die; Tierstudien; keine vollständige Pub-likation (z. B. Abstract); Fallberichte; Le-serbriefe; Doppelpublikation. Die verblei-benden Studien wurden im Volltext be-

stellt. Filter 2 bedeutete „Ein- und Aus-schluss aufgrund der Kriterien des Fil-ters 1 nach Lektüre der Volltexte“. Konn-te kein Konsens über den Ein- oder Aus-schluss einer Publikation erzielt werden, wurde mit einfacher Mehrheit entschie-den. Die im Konsens als relevant erachte-ten Publikationen wurden für den Leitli-nientext verwendet.

EinschlusskriterienF  Diagnose des FMS nach definierten

KriterienF  Studien zu Therapieverfahren: rando-

misierte Studien mit einer Kontroll-gruppe, in der das jeweilige Therapie-verfahren als alleinige Therapiemaß-nahme überprüft wurde. Für die Kon-trollgruppen wurde folgende Reihen-folge der Auswahl im Falle mehre-rer möglicher Kontrollgruppen ver-wendet: medikamentöses oder psy-chologisches Placebo, übliche Thera-pie, Warteliste, keine Therapie und je-de andere aktive Therapie berücksich-tigt. Falls zu einem Therapieverfah-ren, das nach Ansicht der Leitlinien-gruppe in Deutschland zur Therapie des FMS häufig eingesetzt wird und zu dem eine Stellungnahme sinnvoll erschien, keine RCT vorlagen, wur-den kontrollierte Studien ohne Ran-domisierung oder Fallserien zur Ana-lyse herangezogen.

F  Studien zur Ätiologie und Patho-physiologie: prospektive Kohorten-studien oder systematische Über-sichtsarbeiten von Querschnittstu-dien (Fall-Kontroll-Studien, ökologi-

sche Studien, Fallserien). Falls zu ätio-logischen Faktoren, die nach Ansicht der Leitliniengruppe häufig von Be-troffenen oder Behandlern vermutet werden, die genannten Studientypen nicht vorlagen, wurden Fall-Kontroll-Studien oder Fallserien zur Analyse herangezogen. Es wurden Studienpu-blikationen in allen Sprachen aufge-nommen.

AusschlusskriterienF  Keine definierten Kriterien der FMS-

DiagnoseF  Studien zur Therapie: RCT, in denen

verschiedene Therapieverfahren kombiniert wurden (z. B. Akupunk-tur mit Amitriptylin; mit Ausnahme der Studien zur multimodalen Thera-pie); experimentelle Studien (Dauer <1 Woche und/oder 1- bzw. 2-mali-ge Anwendung eines Verfahrens, z. B. experimentelle Studien zu Medika-menten oder Hypnose)

F  Studien ohne Randomisierung bzw. ohne Kontrollgruppen

F  Studien zur Ätiologie und Pathophy-siologie: Fall-Kontroll-Studien, ökolo-gische Studien, Fallserien

ArchivierungDie Suchstrategien wurden elektronisch gespeichert. Die Treffer der Suchstrate-gien wurden gespeichert. Alle Arbeiten, die in den Empfehlungen der AG ver-wendet wurden, wurden als Volltext allen Teilnehmern der Leitlinienentwicklung auf einer passwortgeschützten nichtkom-merziellen Internetplattform zur Verfü-gung gestellt.

Datenextraktion und -analyseVon der Steuerungsgruppe wurde be-schlossen, dass für die Überarbeitung Evi-denzberichte (systematische Übersichten und Metaanalysen) zu allen therapeuti-schen Verfahren erstellt werden sollten, für die:a) mindestens 2 RCT mit mindes-

tens 50 Teilnehmern (notwendig zur quantitativen Datensynthese) vorlie-gen und/oder

b) die aufgrund ihrer häufigen Anwen-dung in Deutschland nach Ansicht der Betroffenen oder Ärzte bewertet werden sollten. Falls keine oder nur

Tab. 8  Tabellarische Bewertung der Evidenzqualität

Symbol Text Kriterien

Methodische Qualität

+++ Hoch ≥25% der Studien mit hoher und/oder ≥50% der Studien mit mäßiger Qualität

++ Mäßig ≤25% Studien mit hoher und/oder ≥25–50% der Studien mit mäßiger Quali-tät

+ Gering <25% der Studien mit mäßiger Qualität

Externe Validität (Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf Patienten in klinischer Routinever-sorgung)

+++ Hoch ≥50% der Studien mit Einschluss von Patienten mit komorbiden Angst- und depressiven Störungen und/oder entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

++ Mäßig ≥25% der Studien mit Einschluss von Patienten mit komorbiden Angst- und depressiven Störungen und/oder entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

+ Gering <25% der Studien mit Einschluss von Patienten mit komorbiden Angst- und depressiven Störungen und/oder entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

237Der Schmerz 3 · 2012  | 

Page 7: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

1 RCT für ein solches Verfahren ver-fügbar war, wurden auch kontrollierte Studien oder Fallserien zur Beurtei-lung herangezogen. Im Falle, dass nur 1 RCT für ein Therapieverfah-ren mit einem positiven Ergebnis ver-fügbar war, erfolgte die Feststellung „Aufgrund unzureichender Datenlage ist weder eine positive noch negative Empfehlung möglich“. Im Falle, dass nur 1 RCT für ein Therapieverfahren mit einem negativen Ergebnis verfüg-

bar war und das Therapieverfahren mit möglichen essenziellen Schäden für den Patienten verbunden ist, er-folgte eine negative Empfehlung.

Alle für die Empfehlungen verwendeten Studien wurden nach einem einheitlichen Schema analysiert. Die Anzahl der Patien-ten in Experimental- und Kontrollgrup-pen, die Dauer, verabreichte Therapiedo-sen, Ausschlusskriterien sowie die Metho-dik der Studien wurden vom Leitlinien-

sekretariat aus den ausgewählten Stu-dien extrahiert und den AG in Form von Word- und Excel-Tabellen zur Verfügung gestellt. Die Datenextraktion wurde von den AG-Leitern bzw. -Mitgliedern über-prüft. Diskrepanzen der Datenextraktion wurden im Konsens geklärt.

Methodische Grundlagen der Erstellung der Empfehlungen

Kriterien der Evidenzlevel. Zur Klas-sifikation der Evidenzlevel (EL) wur-de die Oxford-Klassifikation verwendet (. Tab. 7 siehe Supplemental, [23]). Im Rahmen einer Evidenzhierarchie stel-len bei dieser Leitlinie für therapeuti-sche Verfahren Metaanalysen und syste-matische Reviews von RCT das höchste Evidenzlevel dar, weil diese das gerings-te Risiko eines Bias des Studienergebnis-ses aufweisen. Da aufgrund der Litera-tursuche und der geplanten Datenanaly-se für viele therapeutische Verfahren ein Evidenzlevel von 1 zu erwarten war, wur-den a priori von der Steuerungsgruppe in einem Delphi-Verfahren Kriterien festge-legt, um die Quantität und Qualität eines Evidenzlevels 1a zu bewerten, um ggf. Ab-stufungen des Evidenzgrads bei unzurei-chender Quantität und Qualität eines Evi-denzlevels 1a vornehmen zu können.

Kriterien der Quantität der Evi-denz. Eine unzureichende Quantität der Evidenz wurde für Therapieverfah-ren bei einer Datenlage von ≤4 Studien mit ≤200 Teilnehmern, eine ausreichende Quantität der Evidenz bei einer Datenla-ge von >4 Studien mit >200 Teilnehmern festgesetzt.

Kriterien der Qualität der Evidenz. Fol-gende Kriterien der internen Validität (methodische Qualität) bzw. der „risks of bias“ wurden von der Steuerungsgruppe festgelegt:F  Randomisierung (1: ausreichend; 0:

nicht ausreichend; bei unpräzisen An-gaben wurde mit „0: nicht ausrei-chend“ codiert);

F  Behandlungszuordnung vor den Teil-nehmern verborgen (1: ausreichend; 0: nicht ausreichend; bei unpräzisen Angaben wurde mit „0: nicht ausrei-chend“ codiert);

Tab. 9  Bewertung der Wirksamkeit und Kriterien der Graduierung der Empfehlung

Kriterien der Wirksamkeit

Symbol Text Kriterien evidenzbasierte Medizin

+++ Hoch Wirksamkeit auf 2 Endpunkte am Therapieende und bei Nachuntersu-chungen im Vergleich zu Kontrollen

++ Mäßig Wirksamkeit auf einen Endpunkt am Therapieende und bei Nachunter-suchungen und/oder auf 2 Endpunkte am Therapieende im Vergleich zu Kontrollen

+ Gering Wirksamkeit auf einen Endpunkt am Therapieende im Vergleich zu Kon-trollen

− Keine Kein Unterschied und/oder Unterlegenheit zu Kontrollgruppen in allen Endpunkten

Eine Wirksamkeit wird angenommen, wenn die standardisierte Mittelwertdifferenz (Therapie vs. Kontrollgruppe) eines klinischen Endpunkts nach den Kategorien von Cohen mindestens gering ist, d. h., >0,2 liegt.

Kriterien von Risiken (Nachteile)

Symbol Text Kriterien Experten

−−− Hoch Schwerwiegende Nebenwirkungen >1% und/oder subjektiv relevante Nebenwirkungen >10% im Vergleich zu Kontrollgruppe

−− Mäßig Schwerwiegende Nebenwirkungen <1% und/oder subjektiv relevante Nebenwirkungen 5–10% im Vergleich zu Kontrollgruppe

− Gering Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen und subjektiv relevante Nebenwirkungen gleich wie in Kontrollgruppe

Kriterien von Patientenpräferenzen

Symbol Text Kriterien

+++ Hoch Abbruchrate der RCT <10% und/oder relatives Risiko des Studienab-bruchs im Vergleich zu Kontrollen signifikant niedriger

++ Mäßig Abbruchrate der RCT 10–25% und/oder kein signifikanter Unterschied des relativen Risikos des Studienabbruchs im Vergleich zu Kontrollen

+ Gering Abbruchrate RCT >25% und/oder relatives Risiko des Studienabbruchs im Vergleich zu Kontrollen signifikant höher

Kriterien der Umsetzbarkeit

Symbol Text Kriterien

+++ Vollständig Zugelassen für FMS in Deutschland (Medikament) bzw. im Leistungska-talog der GKV/PKV enthalten und in Deutschland in Routineversorgung verfügbar (nichtmedikamentöse Verfahren)

++ Einge-schränkt

Zugelassen für häufige Komorbiditäten des FMS in Deutschland (Medika-ment) bzw. in Deutschland in Routineversorgung eingeschränkt verfüg-bar, nicht im Leistungskatalog der GKV/PKV enthalten (nichtmedikamen-töse Verfahren)

+ Gering Nicht zugelassen für FMS (Medikament) bzw. nicht im Leistungskatalog der GKV/PKV enthalten und nicht in der Routineversorgung verfügbar (nichtmedikamentöse Verfahren)

FMS Fibromyalgiesyndrom; GKV gesetzliche Krankenversicherung; PKV private Krankenversiche-rung; RCT randomisierte, kontrollierte Studie.

238 |  Der Schmerz 3 · 2012

Schwerpunkt

Page 8: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

F  Verblindung (1: ausreichend; 0: nicht ausreichend; bei unpräzisen Angaben wurde mit „1: nicht ausreichend“ co-diert);

F  Intention-to-treat-Analyse (1: ja; 0: nein).

Die Angemessenheit wurde anhand der Kriterien des Tulder-Scores [29] über-prüft. Eine angemessene Randomisie-rung wurde bei einer computergene-rierten Zufallsnummernliste oder ver-schlossenen und lichtundurchlässigen Umschlägen mit Behandlungszuteilung angenommen. Eine Randomisierung nach dem Geburtsdatum oder Datum der Krankenhausaufnahme, eine alter-nierende Aufnahme in die Studie und keine Angaben zur Art der Randomi-sierung wurden als unangemessen an-gesehen. Eine angemessene Verborgen-heit der Behandlungszuordnung wurde angenommen, wenn diese von einer un-abhängigen, nicht an der Studie beteilig-ten Institution oder Person (z. B. zentra-le unabhängige Einheit, Krankenhaus-apotheker) oder mittels verschlossener Umschläge vorgenommen wurde. Of-fene Randomisierungstafeln oder keine Angaben wurden als unangemessen be-wertet. Bei pharmakologischen Studien wurde als Kriterium der angemessenen Verblindung die Angabe angesehen, dass Verummedikation und Placebo identisch in ihrem Aussehen waren. Da eine Ver-blindung des Behandlers in nichtmedi-kamentösen Studien nicht möglich ist, wurde als Kriterium der angemessenen Verblindung die explizite Erwähnung ge-wählt, dass der Auswerter der Studien-ergebnisse nicht in die Auswahl der Pa-tienten für die Studie bzw. deren Behand-lung involviert war. Aus den 4 Kriterien wurde ein Summenscore gebildet (0–4). Eine hohe methodische Qualität wurde bei einem Summenscore von 4, eine mä-ßige bei einem Summenscore von 2–3, und eine geringe bei einem Summen-score von 0–1 angenommen.

Folgende Kriterien der externen Va-lidität (Sind die Studienpopulationen re-präsentativ für die die Patienten der kli-nischen Versorgung?) wurden von der Steuerungsgruppe festgelegt:F  Einschluss von häufigen somatischen

Komorbiditäten des FMS (entzünd-

lich-rheumatische Erkrankungen; 0: nein; 1: ja);

F  Einschluss von häufigen seelischen Komorbiditäten des FMS (depressive und Angststörungen; 0: nein; 1: ja).

Die Kategorien der Qualität der Evidenz sind in . Tab. 8 dargestellt.Eine geringe Qualität der Evidenz wur-de bei geringer methodischer Qualität und geringer externer Validität, eine ho-he Qualität der Evidenz bei hoher metho-discher Qualität und hoher externer Va-lidität angenommen, eine mäßige Qua-lität der Evidenz bei allen Qualitätskom-binationen, die nicht die Kriterien gerin-ger und hoher methodischer Qualität er-füllen.

Anhand der definierten Kriterien der Quantität und Qualität eines Evidenz-grads 1a wurden folgende Kriterien für die Abstufung des Evidenzgrads eines Thera-pieverfahrens festgelegt:F  um einen Grad, wenn mindestens

eines der folgenden Kriterien er-füllt war: geringe methodische Quali-tät der RCT, unzureichende Datenla-ge (≤4 Studien mit 200 Teilnehmern), Nachweis einer selektiven Publikation von Studienergebnissen;

F  um 2 Grade, wenn mindestens 2 der folgenden Kriterien erfüllt waren: geringe methodische Qualität der RCT und unzureichende Datenla-ge (≤4 Studien mit 200 Teilnehmern), Nachweis einer selektiven Publikation von Studienergebnissen.

Kriterien der Wirksamkeit. Als End-punkte für die Wirksamkeitsbeurteilung (Nutzen) wurden die in einem Experten- und Betroffenenkonsens (OMERACT 7) festgelegten „key domains“ (Endpunkte) des FMS gewählt: Schmerz, Schlaf, Mü-digkeit und Lebensqualität [20].

Wurden in einer Studie mehrere Maße für die Endpunkte gewählt, wurde folgen-de Reihenfolge gewählt:F  Schmerz: aktuelle numerische oder

visuelle Analogskala, andere Maße bzw. andere Zeiteinheiten (z. B. letzte 7 Tage);

F  Schlaf: validierter Summenscore (z. B. Pittsburgh Sleeping Questionnaire), numerische oder visuelle Analogska-la;

F  Müdigkeit: validierter Summensco-re (z. B. Multidimensional Fatigue In-dex), numerische oder visuelle Ana-logskala;

F  gesundheitsbezogene Lebensquali-tät: Summenscore des Fibromyalgia Impact Questionnaire, anderer Sum-menwert eines validierten Lebens-qualitätsinstruments (wurde kein Summenscore berichtet, wurden Ska-len, die körperliche Lebensqualität bzw. Funktionsfähigkeit gewählt), nu-merische oder visuelle Analogskala des globalen Befindens.

Als Maße für Wirksamkeit wurden die Ef-fektstärken [standardisierte Mittelwertdif-ferenzen (SMD)] des Therapieverfahrens und der Kontrollgruppe am Therapieen-de und falls verfügbar bei Nachuntersu-chungen gewählt.

Im Falle mehrerer potenzieller Kon-trollgruppen erfolgte die Auswahl nach folgender Reihenfolge:F  medikamentöse Therapie: pharmako-

logisches Placebo, nichtpharmakolo-gisches Placebo, andere aktive Thera-pie, übliche Therapie, keine Therapie;

F  nichtmedikamentöse Therapie: Auf-merksamkeitskontrolle, Warteliste, übliche Therapie, andere aktive The-rapie, keine Therapie.

Die Effektstärken wurden mit der Soft-ware RevMan, Version 5.1, der Cochra-ne Collaboration [25] nach einem Ran-dom-effects-Modell berechnet. Die Ein-teilung der Effektstärken erfolgte nach Cohen (0–0,2: nicht substanziell; 0,2–0,5: gering; 0,5–0,8: mäßig; >0,8: stark; [9]). Die Heterogenität der gepoolten Effekt-stärken wurde anhand der I2-Statistik be-stimmt; I2-Werte >50% wurden als subs-tanzielle Heterogenität bewertet [17]. Eine Konsistenz der Studienergebnisse wurde angenommen, wenn im Falle einer Meta-analyse ein signifikanter „test of overall ef-fect“ vorlag bzw. im Falle von nichtkont-rollierten Studien oder Fallserien einheit-liche Ergebnisse vorlagen.

Die Steuerungsgruppe war sich bei der Auswahl der Maße der Wirksamkeit bewusst, dass Gruppendurchschnitts-werte das individuelle Ansprechen nicht genau wiedergeben. Personen mit einem klinisch relevanten Ansprechen (min-

239Der Schmerz 3 · 2012  | 

Page 9: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

destens 30%ige Schmerzreduktion; Re-sponder) haben wahrscheinlich ein we-sentlich höheres Ansprechen auf eine Therapiemaßnahme (einschließlich Pla-cebo) im Vergleich zum Durchschnitts-wert. Responderraten wären daher geeig-neter als Maße der Wirksamkeit und sind für Betroffene und Behandler besser zu verstehen als SMD [21]. Da Responder-raten überwiegend in neueren Medika-mentenstudien (im Rahmen von Zulas-sungsverfahren) und nur in sehr weni-gen nichtmedikamentösen Studien be-richtet wurden, erlaubte die Datenla-ge nicht, Responderanalysen für die Be-urteilung der Therapieverfahren zugrun-de zu legen.

Kriterien zur Bewertung der Wirksam-keit sind in . Tab. 9 dargestellt.

Kriterien der Risiken. Als essenzielle Ri-siken wurden potenziell tödliche bzw. ir-reversible körperliche und seelische Schä-den durch eine Therapie definiert. Als wichtige Risiken wurden subjektiv re-levante Nebenwirkungen mit negativen Auswirkungen auf Aktivitäten des tägli-chen Lebens gewählt. Schwerwiegende und subjektiv relevante Nebenwirkungen wurden anhand der Häufigkeit in den ex-perimentellen Gruppen im Vergleich zu Kontrollgruppen in den analysierten RCT erfasst. Weiterhin wurden bei der Festle-gung des Schadens bei Medikamenten die Warnhinweise in den Verschreibungsin-formationen der U.S. Food and Drug Ad-ministration bzw. die in der Roten Liste genannten Nebenwirkungen verwendet, bei nichtmedikamentösen Verfahren An-gaben aus der den AG-Mitgliedern be-kannten Literatur.

Kriterien der Patientenpräferenzen. Als ein in fast allen kontrollierten Studien identifizierbares Maß wurden die pro-zentuale totale Abbruchrate in der akti-ven Therapiegruppe und der Kontroll-gruppe und das relative Risiko eines Be-handlungsabbruchs mit einem Random-effects-Modell, Methode der inversen Va-rianz, errechnet [17]. Die Abbruchrate wegen Nebenwirkungen wurde nicht als Maß gewählt, da in den meisten nicht-pharmakologischen Studien die Studien-

abbruchgründe nicht detailliert darge-stellt sind.

Kriterien der Umsetzbarkeit bzw. An-wendbarkeit. F  Im Falle von Medikamenten: Ist das

Medikament in Deutschland zur The-rapie des FMS bzw. seiner häufigen Komorbiditäten (z. B. Angststörun-gen, Depressionen) zugelassen?

F  Im Falle nichtmedikamentöser Ver-fahren: Ist das Verfahren in der klini-schen Routineversorgung mit der er-forderlichen Strukturqualität verfüg-bar und im Leistungskatalog der ge-setzlichen Krankenkassen enthalten?

Die o. g. Kriterien der Beurteilung eines Therapieverfahrens wurden in eine Bilanz übertragen.

Ethische Verpflichtungen. Ethische Ver-pflichtungen wurden anhand der Patien-tencharta und des ärztlichen Standes-rechts definiert.

Graduierung von Evidenz und Empfeh-lungen – Kriterien für Abstufung und Höherstufung. Die Graduierung der Empfehlungen (EG; . Tab. 10) erfolgte entsprechend dem Vorgehen der natio-nalen Versorgungsleitlinien [14]. Die Evi-denzebenen sind maßgeblich für die Ab-leitung von Empfehlungsgraden: je höher die Evidenzebene, desto stärker auch die Empfehlung. In der Regel wird ein Emp-fehlungsgrad A (starke Empfehlung) bei einem Evidenzlevel von 1, ein Empfeh-lungsgrad B (Empfehlung) bei einem Evi-denzlevel von 2 und eine offene Emp-fehlung bei einem Evidenzlevel von 3, 4 und 5 ausgesprochen (. Abb. 1). Ande-rerseits berücksichtigt die Vergabe der Empfehlungsgrade neben der Evidenz auch ethische Verpflichtungen, die klini-sche Relevanz der Effektivitätsmaße der Studien und der Effektstärken, eine ex-plizite Abwägung erwünschter und un-erwünschter Effekte (Nutzen und Risi-ken), die Anwendbarkeit der Studien-ergebnisse auf die Patientenzielgruppe, Präferenzen der Patienten und die Um-setzbarkeit in der Versorgung, insbeson-dere in den verschiedenen Versorgungs-bereichen. Entsprechend dieser Konsen-susaspekte kann eine Auf- oder eine Ab-

Tab. 10  Empfehlungsgrade für eine Therapie

Empfehlungs-grad

Formulierung Bedeutung Symbol

Starke positive Empfehlung

„Soll“ Die meisten Patienten sollen die Therapie erhalten.

èè

Positive Empfeh-lung

„Sollte“ Die Mehrheit der Patienten soll die Be-handlung erhalten. Aufgrund medizinischer Gründe und/oder Patientenpräferenzen er-halten viele Patienten die Therapie nicht.

è

Offen „Kann angewen-det werden“

Datenlage unsicher. Einige Patienten kön-nen die Therapie erhalten.

Á

KKP „Standard in der Behandlung“

Empfohlen als gute klinische Praxis im Kon-sens und aufgrund der klinischen Erfahrung der Leitliniengruppe als ein Standard der Behandlung, bei dem keine experimentelle wissenschaftliche Erforschung möglich oder angestrebt ist

KKP

Negative Empfeh-lung

„Sollte nicht“ Die Mehrheit der Patienten sollte die Inter-vention nicht erhalten.

é

Starke negative Empfehlung

„Soll nicht“ Die meisten Patienten sollen die Interven-tion nicht erhalten.

éé

KKP Klinischer Konsenspunkt.

Tab. 11  Klassifikation der Konsensus-stärke. (Aus [18])

- Starker Konsens: Zustimmung von >95% der Teilnehmer

- Konsens: Zustimmung von 75–95% der Teil-nehmer

- Mehrheitliche Zustimmung: Zustimmung von 50–75% der Teilnehmer

- Kein Konsens: Zustimmung von <50% der Teilnehmer

- Ein Minderheitenvotum mit Begründung ist möglich.

240 |  Der Schmerz 3 · 2012

Schwerpunkt

Page 10: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

wertung des Empfehlungsgrads gegen-über dem Evidenzlevel erfolgen. Die Ver-gabe der Empfehlungsstärke enthält expli-zit und implizit wertende Elemente und erfolgte im Rahmen des abschließenden Konsensusverfahrens (nominaler Grup-penprozess). Um vorgenommene Auf- und Abwertungen von Empfehlungen transparent zu machen, wurden von der Steuerungsgruppe a priori Kriterien der Auf- und Abwertung in einem Delphi-Verfahren festgelegt:

Die Kriterien für eine negative Emp-fehlung wurden wie folgt festgelegt:F  negative Empfehlung: kein Nachweis

einer Wirksamkeit gegenüber Kont-rollen in allen 4 Endpunkten;

F  starke negative Empfehlung: Unterle-genheit gegenüber Kontrollen in min-destens einem Endpunkt und keine Überlegenheit gegenüber Kontrollen in den übrigen Endpunkten.

Höherstufung des Empfehlungsgrads eines Therapieverfahrens:F  um einen Grad: mindestens 2 der fol-

genden 3 Kriterien erfüllt: geringe Ri-siken bzw. hohe Patientenakzeptanz (Abbruchrate <10% in Studien), ho-he Umsetzbarkeit in Deutschland und ethische Verpflichtungen;

F  um 2 Grade: alle 3 Kriterien erfüllt

Abstufung des Empfehlungsgrads eines Therapieverfahrens:F  um einen Grad: mindestens 2 der fol-

genden 3 Kriterien erfüllt: hohe Risi-ken bzw. geringe Patientenakzeptanz (Abbruchrate >25% in Studien), ge-

ringe Umsetzbarkeit in Deutschland, ethische Verpflichtungen;

F  um 2 Grade: alle 3 Kriterien erfüllt

Als weitere Empfehlungskategorie wurde den nationalen Versorgungsleitlinien zur unipolaren Depression [14] der klinische Konsenspunkt (KKP) entlehnt, d. h. eine Empfehlung als gute klinische Praxis im Konsens und aufgrund der klinischen Er-fahrung der Leitliniengruppe in Situatio-nen, in denen keine experimentelle wis-senschaftliche Erforschung möglich oder angestrebt ist.

Gesundheitsökonomische Aspekte wurden bei den Empfehlungen nicht ex-plizit berücksichtigt.

Klassifikation der Konsensusstärke. Da aufgrund der Literaturkenntnisse der Mitglieder der Steuerungsgruppe abzu-sehen war, dass einige Themen der Leit-linie nicht auf der Grundlage von Studien nicht zu beantworten sein würden (z. B. Ausmaß der Diagnostik, Art der Versor-gungskette), bzw. weil kontroverse An-sichten bei einigen Themen möglich schienen, wurde beschlossen, zusätzlich zu den Evidenz- und Empfehlungsgra-den die Konsensusstärke bei den einzel-nen Empfehlungen anzugeben [18]. Zur Vereinfachung der Auswertung der Kon-sensusstärke und um den Konsensuspro-zess innerhalb der Fachgesellschaften bzw. Patientenselbsthilfeorganisationen zu för-dern, wurde beschlossen, bei der abschlie-ßenden Konsensuskonferenz jeder Fach-gesellschaft und den Patientenselbsthilfe-organisationen je 1 Stimme (Votum) zuzu-

erkennen. Die beiden psychosomatischen Fachgesellschaften erhielten gemeinsam 1 Stimme. Die Mitglieder der Fachgesell-schaften bzw. Patientenselbsthilfeorgani-sationen sollten dabei ihr Votum nach in-terner Abstimmung mit einfachem Mehr-heitsentscheid bilden. Konnte dabei keine Mehrheit erzielt werden, war das Mitglied der Steuerungsgruppe entscheidungsbe-rechtigt. Die Möglichkeiten, explizit auf eine Stimmabgabe zu verzichten (z. B. bei mangelnder Fachkenntnis) sowie ein begründetes Minderheitsvotum anzuge-ben, wurden eingeräumt. Der Leitlinien-koordinator (PD Dr. W. Häuser) und die Moderatorin der Konsensuskonferenzen (Prof. Dr. I. Kopp) waren nicht stimmbe-rechtigt. Die Konsensusstärke wurde wie in der vorherigen Leitlinie klassifiziert (. Tab. 11; [18]).

Ergebnisse

Konsensuskonferenzen

Die Ergebnisse der individuellen On-line-Abstimmung mit den abgegebe-nen Kommentaren sowie die auf deren Basis vom Leitlinienkoordinator und den AG-Leitern erstellten abschließen-den Konsensusvorschläge wurden den Teilnehmern der Konsensuskonferenz per E-Mail übermittelt. Die abschlie-ßenden Konsensuskonferenzen fanden am 10.11.2011 (24 Teilnehmer) und am 24.11.2011 (22 Teilnehmer) in Heidelberg statt. Teilnehmer der Leitlinienentwick-lung, die nicht an den Konsensuskonfe-renzen teilnehmen konnten, wurden auf-gefordert, ihr Votum bezüglich der abzu-stimmenden Konsensusvorschläge dem Mitglied ihrer Fachgesellschaft in der Steuerungsgruppe zu übermitteln. Die Konsensuskonferenzen hatten folgen-den Ablauf:F  Teil 1: Kurzvortrag

1 Einführung in die Technik des formalen Konsensusverfahrens durch die Moderatorin

1 Gelegenheit zu Rückfragen zum methodischen Vorgehen

F  Teil 2: strukturierte Konsensfindung1 kapitelweises Vorgehen, Aufruf

jeder Kernaussage bzw. jeder Empfehlung einzeln durch die Moderatorin

EvidenzstärkeBezeichnunga

EmpfehlungsgradSymboleb

HochKlasse 1

MäßigKlasse 2

SchwachKlasse 3, 4, 5

Starke Empfehlung

Empfehlung

Empfehlung o­en

Kriterien für die Graduierung (Konsensusaspekte):- Konsistenz der Studienergebnisse- Klinische Relevanz der Endpunkte und E­ektstärken- Nutzen-Risiko-Verhältnis- Ethische Verp�ichtungen- Patientenpräferenzen- Anwendbarkeit, Umsetzbarkeit

A,

B,

0,

Abb. 1 9 Verhältnis Evidenz- und Empfeh-lungsgrad. a Nach Oxford Centre for Evi-dence Based Medi-cine [23]; b Empfeh-lungsgraduierung im Programm für Natio-nale Versorgungsleit-linien [7]. (Adaptiert nach [1])

241Der Schmerz 3 · 2012  | 

Page 11: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

1 Registrierung von Stellungnah-men aus dem Plenum durch die Moderatorin

1 Klarstellung und Begründung alternativer Vorschläge

1 Vorherabstimmung über Erst-entwurf und alle Alternativen

1 Feststellung von Diskussions-punkten und Dissens

1 Debattieren und Diskutieren1 endgültige Abstimmung

Die Diskussion und Abstimmung wurden von Prof. Dr. I. Kopp geleitet. Die Abstim-mung erfolgte mittels Handzeichen. Die Dokumentation der Abläufe und der Er-gebnisse der Abstimmung erfolgte paral-lel durch S. Engels.

Nach Konsentierung der Empfehlun-gen wurden durch den Leitlinienkoor-dinator der Volltextentwurf überarbei-tet, Schlüsselempfehlungen identifiziert, Qualitätsziele formuliert und eine Kurz-version erstellt. Zusätzlich wurden die klinischen Algorithmen der ersten Leit-linie zur Diagnose und abgestuften The-rapie des FMS mithilfe der Software AL-GO [24] einer strukturierten Logikanaly-se („clinical algorithm structural analy-sis“) unterzogen, überarbeitet und in Ab-sprache mit den Mitgliedern der Steue-rungsgruppe modifiziert. Die endgültige Abstimmung erfolgte im Delphi-Verfah-ren durch die Steuerungsgruppe und die AG-Leiter.

Externe Begutachtung und Verabschiedung

Das finale Manuskript wurde den Vor-ständen der beteiligten Fachgesellschaf-ten mit der Bitte um Stellungnahme und Autorisierung gesandt. Die betei-ligten Fachgesellschaften wurden gebe-ten, ein Mitglied ihrer Fachgesellschaft, das nicht Mitglied der Leitliniengrup-pe war, mit der Begutachtung der Leitli-nie zu beauftragen. Eine externe Begut-achtung erfolgte durch Prof. Dr. E. Genth [Deutsche Gesellschaft für Rheumatolo-gie (DGRh)], PD Dr. H.A. Halder [Deut-sche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC)], Prof. Dr. J.P. Haas [Gesellschaft für Kin-der- und Jugendrheumatologie (GKJR)] und Prof. Dr. W. Koppert (DGSS). For-

male Änderungswünsche der Fachgesell-schaften für den Leitlinientext wurden be-rücksichtigt. Die Kommentare der DGRh sind in einem gesonderten Dokument im Anhang des Methodenreports der Leit-linie auf der AWMF-Homepage (www.awmf.org/leitlinien/detail/II/041-004.html) veröffentlicht.

Weiterhin wurden die folgenden Ge-sellschaften und Verbände um Kommen-tierung und Zustimmung gebeten: die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinme-dizin und Familienmedizin (DEGAM) und der Zentralverband der Physiothera-peuten/Krankengymnasten (ZVK). Der ZVK stimmte der Leitlinie zu. Externe Gutachterin war A. Heck-Darabi (Dipl.-Biol. und Physiotherapeutin). Forma-le Änderungswünsche des ZVK für den Leitlinientext wurden berücksichtigt. Die ständige Leitlinienkommission der DE-GAM lehnte die Unterstützung der Leit-linie ab. Das Schreiben der DEGAM und eine Kommentierung durch die Steue-rungsgruppe der Leitlinie sind in einem gesonderten Dokument im Anhang des Methodenreports der Leitlinie auf der AWMF-Homepage (www.awmf.org/leit-linien/detail/II/041-004.html) veröffent-licht.

Pilotversionen der Patientenleitlinie wurden von etwa 80 Betroffenen, die von der Deutschen Rheuma-Liga, der Deut-schen Fibromyalgie-Vereinigung und 3 schmerztherapeutischen ambulanten Einrichtungen angesprochen worden wa-ren, mündlich und/oder schriftlich kom-mentiert. In einem Delphi-Verfahren wurde mit den Patientenvertretern, die an der Erstellung der Patientenleitlinie beteiligt waren, entschieden, welche Än-derungsvorschläge berücksichtigt werden sollten und welche nicht.

Eine Pilotversion der Kitteltaschen-fassung wurde von den 15 Teilnehmern eines interdisziplinären Qualitätszirkels Schmerztherapie mündlich kommentiert. Die vorgebrachten Änderungsvorschläge wurden berücksichtigt.

Annahme durch AWMF

Die Leitlinienaktualisierung wurde am 10.04.2012 bei der AWMF angemeldet und am 19.04.2012 von der AWMF angenom-men (AWMF-Registernummer 041/004).

Diskussion

Anwendbarkeit und Nachvollziehbarkeit

Gesundheitsökonomische Aspekte wur-den bei spärlicher Datenlage nicht um-fassend bearbeitet. Die explizite Berück-sichtigung der Kosten erfolgte nicht. Die Leitliniengruppe erwartet im Falle der Berücksichtigung der positiven und ne-gativen Empfehlungen der Leitlinie eine Reduktion der direkten Krankheitskos-ten durch eine Reduktion der Verschrei-bung von in der Leitlinie nicht empfohle-nen medikamentösen und physikalischen Therapien. Kostenintensive (teil-)statio-näre multidisziplinäre Programme kön-nen möglicherweise mittelfristig zu einer Kostenreduktion führen.

Eine Studie zur Kosteneffektivität der kognitiven oder operanten Verhaltensthe-rapie im deutschsprachigen Raum schätz-te die Einsparungen an Krankenhauskos-ten auf 3933 $ pro Patient und Jahr und die Kostenreduktion im ambulanten Be-reich auf 1840 $ pro Patient und Jahr [26]. Die frühere und die aktuelle Leitlinie ent-halten Angaben zur ambulanten und sta-tionären Behandlung sowie zur Versor-gungskoordination.

Angaben, welche Maßnahmen un-zweckmäßig oder obsolet sind, wurden durch die Empfehlungen zum Umfang der notwendigen und nicht notwendi-gen Ausschlussdiagnostik im Beitrag zur Diagnostik und durch negative Empfeh-lungen in den Beiträgen zur Therapie ge-macht.

Die behandelten Fragestellungen wur-den thematisch gegliedert in den Kapiteln der Leitlinie abgehandelt. Auf die Emp-fehlungen folgen Kommentare, in denen Erläuterungen sowie die Literaturstellen, die als Evidenzbasis herangezogen wur-den, enthalten sind. Die Evidenztabellen (Inhalte, methodische Qualität und exter-ne Validität der Studien) sowie die quan-titativen Datensynthesen (Metaanalysen) mit den zugehörigen Forest Plots sind im Anhang (online) aufgeführt.

Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie (Kitteltaschenversion, Kurz-version, Vollversion), der Methodenre-

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Schwerpunkt

Page 12: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

port und der Evidenzbericht sind auf den Internetseiten der AWMF (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/041–004.html) einsehbar.

Neben der Publikation der vollständi-gen wissenschaftlichen Version der Leit-linie in dieser Zeitschrift werden die für das jeweilige Fachgebiet relevanten Aus-züge der Leitlinie unter Erstautorenschaft der jeweiligen Mitglieder der Steuerungs-gruppe in den Zeitschriften Monatsschrift Kinderheilkunde, Der Nervenarzt, Der Or-thopäde, Der Psychotherapeut und in der Zeitschrift für Rheumatologie veröffent-licht. Eine Zusammenfassung der Leitlinie soll zur Publikation in der Rubrik „Mittei-lungen“ beim Deutschen Ärzteblatt einge-reicht werden.

Eine Patientenversion der Leitlinie wurde von den Vertreterinnen der Deut-schen Rheuma-Liga und der Deutschen Fibromyalgie-Vereinigung in der Leitli-niengruppe zusammen mit dem Leitli-niensekretariat und unter Orientierung am Aufbau der Patientenleitlinien der Na-tionalen Versorgungsleitlinien entwickelt und ist auf den Homepages der Selbsthil-feorganisationen (http://www.rheuma-li-ga.de; http://www.fibromyalgie-fms.de) abrufbar. Die Inhalte der neuen Leitli-nie werden in den Mitgliederzeitschrif-ten der beiden Selbsthilfeorganisationen dargestellt.

Die Präsentation der Empfehlungen der Leitlinie erfolgte in einem Haupt-symposium des Deutschen Kongres-ses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im März 2012 in Mün-chen. Die Leitlinie wird auf einem Sym-posium beim Europäischen Jahreskon-gress für Rheumatologie im Juni 2012 in Berlin, dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie im Sep-tember 2012 in Bochum und dem Deut-schen Schmerzkongress im Oktober 2012 in Mannheim vorgestellt. Die Mitglieder der Leitliniengruppe werden die Leitli-nienempfehlungen in regionalen Fort-bildungsveranstaltungen und Qualitäts-zirkeln vorstellen.

Für die internationale Verbreitung der Leitlinie sind folgende Maßnahmen ge-plant: Ein Vortrag wird auf dem Euro-päischen Jahreskongress für Rheumato-logie im Juni 2012 in Berlin und ein Pos-tervortrag auf dem Weltschmerzkon-

gress im August 2012 in Mailand gehal-ten. Die englischsprachige Zusammen-fassung der Leitlinie soll in German Me-dical Science, einer Open-access-Zeit-schrift der AWMF veröffentlicht werden. Die englischen Übersetzungen der Bei-träge für das Themenheft in dieser Zeit-schrift sind per „open access“ über die Datenbank Medline zugängig. Die aktu-alisierte Version der Leitlinie wird über die Homepage des Guidelines Internatio-nal Network (http://www.g-i-n.net) ver-fügbar sein.

Evaluation der Leitlinie

Die Implementierung der Leitlinie soll die Behandlungszufriedenheit von Be-troffenen und Behandlern sowie die Le-bensqualität der Betroffenen verbessern. Da eine Leitlinie formal als These aufzu-fassen ist, soll sie in einem angemessenen Zeitraum dahingehend evaluiert werden, ob diese Ziele erreicht werden. Folgende Evaluationsmaßnahmen sind geplant:a) Befragung der Mitglieder der Deut-

schen Rheuma-Liga und der Deut-schen Fibromyalgie-Vereinigung im Jahr 2013 dahingehend, ob sich die Akzeptanz des Beschwerdebilds durch Ärzte und leitlinienkonforme Therapieempfehlungen seit der Erst-publikation der Leitlinie 2008 verän-dert haben

b) Analyse der Daten der Barmer Ersatz-kasse [19], ob sich die Häufigkeit leit-linienkonformer Verschreibungen er-höht und die Häufigkeit nichtleitlini-enenkonformer Verschreibungen seit der Erstpublikation der Leitlinie 2008 verändert haben

c) Im Rahmen der Audits von Teilneh-mern der Leitliniengruppe mit loka-len Qualitätszirkeln (Psychothera-pie, Schmerztherapie) sowie stationä-ren Einrichtungen (psychosomatische Medizin, Schmerztherapie) sollen von der Leitlinie nicht bearbeitete Berei-che sowie wahrgenommene Barrieren diskutiert und gemeinsame Strategien für eine bessere Leitlinienimplemen-tierung entwickelt werden.

d) In einer Pilotstudie (lokale Qualitäts-zirkel) soll die Anwendbarkeit der Kurz- und Kitteltaschenversion der Leitlinie in der Praxis getestet werden.

Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Leitlinie hat Gültigkeit bis April 2017, zu diesem Zeitpunkt ist eine Durch-sicht des Gesamtmanuskripts zur Fest-stellung des Überarbeitungsbedarfs vor-gesehen. Zwischenzeitliche Erkenntnis-se, die eine Aktualisierung einzelner Ab-schnitte oder Empfehlungen erforderlich machen könnten, werden von der Steue-rungsgruppe beobachtet. Relevante Abs-tracts aller neuen Publikationen zum FMS in Medline, die über einen elektronischen Literaturagenten angezeigt werden, wer-den vom Leitliniensekretariat hinsichtlich ihrer Relevanz für die Leitlinie gesichtet. Auch Hinweise von den Adressaten der Leitlinie sind ausdrücklich erwünscht und können an den Koordinator ([email protected]) gerichtet wer-den bzw. über die Kommentierungsfunk-tion der AWMF-Homepage eingereicht werden (. Abb. 2).

Bei neuen, relevanten und anerkann-ten Erkenntnissen, die im Gegensatz zur Aussage der Leitlinie stehen, sind Be-nachrichtigungen innerhalb von 3 Mo-naten in den Fachzeitschriften der betei-ligten Gesellschaften sowie ein Adden-dum der Leitlinie auf der Homepage der AWMF vorgesehen. Relevante und an-erkannte Ergebnisse werden angenom-men, wenn der Zulassungsstatus für das FMS sich von in der Leitlinie empfoh-lenen bzw. nicht empfohlenen Medika-menten ändert (z. B. Marktrücknahmen oder Zulassung), bei Warnhinweisen für in der Leitlinie empfohlene Medikamen-te oder wenn über ein Therapieverfahren mindestens 2 neue RCT von hoher me-thodischer Qualität und externer Validi-tät mit mindestens 50 Teilnehmern pro Studienarm vorliegen, die zu einer Ände-rung eines bisherigen Empfehlungsgrads führen könnten.

Das Datum der Veröffentlichung, das Datum der nächsten geplanten Über-arbeitung sowie die Anmeldung der ge-planten und/oder zwischenzeitlichen Aktualisierungen werden im öffentlich zugänglichen Verzeichnis der AWMF (http://www.awmf-leitlinien.de) ausge-wiesen. Gültig ist nur die jeweils neueste Version gemäß dem AWMF-Register.

243Der Schmerz 3 · 2012  | 

Page 13: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

Methodische Unterschiede zur ersten Version der Leitlinie

Die Analyse der zur Verfügung stehenden Literatur wurde im Vergleich zur ersten

Leitlinie [4] verfeinert, die Grundlagen für die Empfehlungen wurden differen-ziert. Die erste Leitlinie beschränkte sich auf die narrative (qualitative) Wiedergabe der vorhandenen Studien und Übersichts-

arbeiten. Grundlage der Beurteilung der Wirksamkeit waren die von den Autoren genannten wichtigsten Untersuchungs-ergebnisse. In der aktuellen Version wur-den die Ergebnisse der Publikationen auf

Abb. 2 8 Screenshot der Kommentarfunktion der AWMF-Homepage

244 |  Der Schmerz 3 · 2012

Schwerpunkt

Page 14: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

von der Leitliniengruppe definierte End-punkte analysiert. Dieses Vorgehen zeigte, dass in einigen Studien positive Ergebnis-se selektiv hervorgehoben wurden (z. B. im Abstract), negative Studienergebnisse jedoch in den Tabellen der Vollpublikatio-nen zu finden waren. Die aktuelle Metho-dik führte zu einer negativeren Bewertung einiger Therapieverfahren im Vergleich zur ersten Version der Leitlinie (z. B. kog-nitive Verhaltenstherapie und therapeuti-sches Schreiben als Monotherapie).

Die A-priori-Definition von Krite-rien der Abstufung des Evidenzgrads und Ab- und Höherstufung des Empfehlungs-grads wurde gewählt, um Entscheidun-gen des Konsensusprozesses transparent zu machen und den Einfluss von Einzel-meinungen bei den Konsensuskonferen-zen zu minimieren.

Das in der ersten Version der Leitli-nie bei einigen komplementären und al-ternativen Verfahren gewählte Vorge-hen, im Falle einer fehlenden Datenlage, aber hohen Patientenpräferenz eine offe-ne Empfehlung im Falle der Integration des Verfahrens in ein multimodales The-rapiekonzept auszusprechen, wurde ver-lassen.

Der aktuelle Therapiealgorithmus ent-hält ein abgestuftes Vorgehen in Abhän-gigkeit vom Schweregrad des FMS in Be-zugnahme auf die S3-Leitlinie zu unspezi-fischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden [15].

Grenzen evidenzbasierter Medizin

Trotz der Suche in der NIH-Datenbank ist es möglich, dass Studien mit negati-ven Ergebnissen nicht veröffentlicht wur-den und die Wirksamkeit einzelner The-rapieverfahren von dieser Leitlinie über-schätzt wird.

Die Datenextraktion bei den Stu-dien war aus folgenden Gründen einge-schränkt: In vielen Studien, auch in eini-gen großen RCT der Medikamente, die von der U.S. Food and Drug Administ-ration zur Therapie des FMS zugelassen wurden, wurde die Art der Randomisie-rung, der Behandlungszuordnung und der Verblindung der Auswerter nicht be-schrieben. Da wir bei vorhergehenden systematischen Übersichtsarbeiten von vielen angeschriebenen Studienautoren

keine Angaben zur Methodik erhielten bzw. Autoren älterer Studien nicht mehr erreichbar waren, nutzten wir die Anga-ben, die in den Publikationen enthalten waren. Die methodische Studienqualität wurde durch diese Vorgehensweise unter-schätzt.

Die Ein- und Ausschlusskriterien sind in vielen Studien nicht präzise definiert. Die Beurteilung der Repräsentativität der Studien ist daher mit Unsicherheiten be-lastet.

Die Zielvariablen Schmerz, Müdigkeit, Schlaf und Lebensqualität wurden in eini-gen Studien zwar erfasst, jedoch nicht be-richtet. Einige Autoren stellten die Daten auf Nachfrage zur Verfügung, andere nicht. Für die Metaanalyse konnten da-her nicht alle erhobenen Daten verwen-det werden.

Standardabweichungen wurden in ei-nigen Studien nicht berichtet und muss-ten aus den Mittelwerten der anderen Stu-dien berechnet werden. In einigen Studien konnte nur der Median für die Metaana-lyse verwendet werden. Die quantitative Datensynthese ist daher mit Unsicherhei-ten behaftet.

In fast allen nichtpharmakologischen Studien wurden nur Gruppenmittelwerte berichtet. Nennungen, wie viele Patienten eine 30%ige bzw. 50%ige Schmerzreduk-tion angaben, fanden sich nur in großen Medikamenten-RCT, die zur Zulassung von einigen Medikamenten durch die U.S. Food and Drug Administration zur The-rapie des FMS führten. Gruppenmittel-werte geben jedoch das individuelle An-sprechen auf ein Medikament nicht kor-rekt wider, da nur wenige Patienten mit ihrem Ansprechen beim Gruppenmittel-wert liegen [21].

Barrieren bei der Umsetzung der Leitlinie und mögliche Lösungsmöglichkeiten

Die generelle Akzeptanz der Leitlinie ist bei Vertretern der psychosozialen Fächer, die das Konstrukt FMS ablehnen und bei den Betroffenen die Diagnose einer soma-toformen Schmerzstörung oder einer lar-vierten Depression stellen, nicht gegeben [28]. Durch den Abgleich der Empfeh-lungen der FMS-Leitlinie mit denen der Leitlinie zu unspezifischen, funktionellen

und somatoformen Körperbeschwerden [15] erhoffen sich beide Leitliniengrup-pen ein Ende der Etikettierungsdebatte in Bezug auf körperbezogene Beschwerden ohne erklärenden somatischen Krank-heitsfaktor.

Vergütungsanreize des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) und der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) för-dern die Durchführung von beim FMS nicht empfohlenen invasiven Maßnah-men. Gesprächsleistungen (Information, gemeinsame Entscheidungsfindung) wer-den für nichtpsychotherapeutische Gebie-te schlecht vergütet. Selektivverträge von Krankenkassen mit einem Team von Leis-tungsanbietern mit einer besseren Bezah-lung von leitlinienempfohlenen Leistun-gen und dem Ausschluss von nicht in den Leitlinien empfohlenen Leistungen kön-nen die Limitationen des Vergütungssys-tems überwinden [19].

Die Verfügbarkeit multimodaler The-rapieprogramme ist in einigen Gegenden Deutschlands eingeschränkt. Die Selbst-hilfeorganisationen können in Zusam-menarbeit mit lokalen interdisziplinä-ren medizinischen Versorgungszentren, eventuell unterstützt durch Selektivver-träge, das Behandlungsangebot vergrö-ßern.

Die Umsetzung der von der Leitlinie mit einer starken Empfehlung versehenen aktiven Therapieverfahren (Herz-Kreis-lauf-Training, meditative Bewegungsthe-rapien) kann durch Patientenpräferenzen (Bevorzugung passiver physikalischer Therapien, unrealistische Hoffnungen auf Medikamente) und Komorbiditäten des Patienten (z. B. depressive Antriebs-hemmung bei „major depression“, fort-geschrittene Kniearthrose) eingeschränkt sein. Die Entwicklung maßgeschneiderter Therapieprogramme für Subgruppen von Patienten ist eine dringliche Forschungs-aufgabe.

Korrespondenzadresse

PD Dr. W. HäuserInnere Medizin 1, Klinikum Saarbrücken gGmbHWinterberg 1, 66119 Saarbrü[email protected]

Interessenkonflikt.  Siehe . Tab. 5.

245Der Schmerz 3 · 2012  | 

Page 15: Methodenreport zur Erstellung der Leitlinie; Methodological fundamentals of the development of the guideline;

Literatur

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  2.  Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Me-dizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) (2006) Deutsches Instrument zur methodischen Leitli-nienbewertung (DELBI). Z Arztl Fortbild Qual Ge-sundhwes 99:468–492

  3.  Atzeni F, Salaffi F, Bazzichi L et al (20008) The eva-luation of the fibromyalgia patients. Reumatismo 60(Suppl 1):36–49

  4.  Bernardy K, Klose P, Üçeyler N et al (2008) Metho-dische Grundlagen der Leitlinienentwicklung (Me-thodenreport). Schmerz 22:244–245

  5.  Brosseau L, Wells GA, Tugwell P et al (2008) Ottawa Panel evidence-based clinical practice guidelines for aerobic fitness exercises in the management of fibromyalgia: part 1. Phys Ther 88:857–871

  6.  Brosseau L, Wells GA, Tugwell P et al (2008) Ottawa Panel evidence-based clinical practice guidelines for strengthening exercises in the management of fibromyalgia: part 2. Phys Ther 88:873–886

  7.  Bundesärztekammer (BÄK), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesell-schaften (AWMF), Kassenärztliche Bundesvereini-gung (KBV) (Hrsg) (o J) Programm für Nationa-le Versorgungsleitlinien – Methodenreport. ÄZQ, Berlin. http://www.versorgungsleitlinien.de/me-thodik

  8.  Carville SF, Arendt-Nielsen S, Bliddal H et al (2008) EULAR evidence-based recommendations for the management of fibromyalgia syndrome. Ann Rheum Dis 67:536–541

  9.  Cohen J (1988) Statistical power analysis for the behavioral sciences. Lawrence Erlbaum Associates, Hillsdale

10.  Cipriani A, Furukawa TA, Salanti G et al (2009) Comparative efficacy and acceptability of 12 new-generation antidepressants: a multiple-treatments meta-analysis. Lancet 373:746–758

11.  Collado A, Alijotas J, Benito P et al (2002) Consen-sus report on the diagnosis and treatment of fibro-myalgia in Catalonia. Med Clin (Barc) 118:745–749 (Spanisch)

12.  Miquel CA de, Campayo JG, Flórez MT et al (2010) Interdisciplinary consensus document for the treatment of fibromyalgia. Actas Esp Psiquiatr 38:108–120

13.  Goldenberg DL, Burckhardt C, Crofford L (2004) Management of fibromyalgia syndrome. JAMA 292:2388–2395

14.  Härter M, Klesse C, Bermejo I et al (2008) Develop-ment of national guidelines for depression. Bun-desgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Ge-sundheitsschutz 51:451–457

15.  Hausteiner-Wiehle C, Schaefert R, Sattel H et al (2012) Nicht-spezifische, funktionelle und somato-forme Körperbeschwerden. Sagen Sie nie: „Sie ha-ben nichts“. MMW Fortschr Med 154:53–57

16.  Heymann RE, Paiva Edos S, Helfenstein M Jr et al (2010) Brazilian consensus on the treatment of fi-bromyalgia. Rev Bras Reumatol 50:56–66 (Eng-lisch, Portugiesisch)

17.  Higgins JPT, Green S (Hrsg) (2011) Cochrane hand-book for systematic reviews of interventions. Ver-sion 5.1.0. http://www.cochrane-handbook.org (letzte Aktualisierung: März 2011)

18.  Hoffmann J (2004) Methodische Basis für die Ent-wicklung der Konsensusempfehlungen. Z Gastro-enterol 42:984–987

19.  Marschall U, Arnold B, Häuser W (2011) Behand-lung und Krankheitskosten des Fibromyalgiesyn-droms in Deutschland. Eine Analyse der Daten der Barmer Ersatzkasse des Jahres 2008–2009. Schmerz 25:402–410

20.  Mease P, Arnold LM, Choy EH et al (2009) Fibromy-algia syndrome module at OMERACT 9: domain construct. J Rheumatol 36:2318–2329

21.  Moore RA, Eccleston C, Derry S et al (Hrsg) (2010) „Evidence“ in chronic pain – establishing best practice in the reporting of systematic reviews. Pain 150:386–389

22.  Rivera J, Alegere C, Ballina FJ et al (2006) Docu-mento de consenso de la Sociedad Española de Reumatología sobre la fibromialgia. Reumatol Clin (Suppl 1):55–66

23.  Sackett DL (1986) Rules of evidence and clinical re-commendations on use of antithrombotic agents. Chest 89(Suppl 2):2S–3S

24.  Sitter H, Prünte H, Lorenz W (1996) A new versi-on of the programme ALGO for clinical algorithms. In: Brender J, Christensen JP, Scherrer JR, McNair P (Hrsg) Medical informatics Europe ‚96. Studies in health technology and informatics, Bd 34. IOS Press, Amsterdam, S 654–657

25.  The Nordic Cochrane Centre (2011) Review Mana-ger (RevMan) [Computer program]. Version 5.1 for Windows. The Cochrane Collaboration, Copenha-gen

26.  Thieme K, Gromnica-Ihle E, Flor H (2003) Operant behavioral treatment of fibromyalgia: a controlled study. Arthritis Rheum 49:314–320

27.  University of Texas at Austin School of Nursing, Fa-mily Nurse Practitioner (2009) Management of fi-bromyalgia syndrome in adults. NGC:007367

28.  Widder B (2009) Visualisierung eines Mythos – die neue S3-Leitlinie zum Fibromyalgiesyndrom. Schmerz 23:72–74

29.  Tulder MW van, Furlan A, Bombardier C, Bouter L (2003) Updated method guidelines for systematic reviews in the Cochrane Collaboration Back Re-view Group. Spine 28:1290–1299

246 |  Der Schmerz 3 · 2012

Wolffram-Preis für Forschungsarbeiten zum Thema „Kopfschmerz“Ausschreibung der Deutschen Mig-räne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)

„Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-

gesellschaft (DMKG) schreibt den Wolffram-

Preis für Forschungsarbeiten zum Thema 

Kopfschmerz aus. Eingereicht werden 

können Diplomarbeiten, Doktorarbeiten 

und Publikationen (Publikationen sollten 

zumindest „im Druck“ sein bzw. nicht älter 

als 12 Monate).

Für den Preis können sich wissenschaft-

liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller 

Fachrichtungen bewerben, die an einer 

akademischen Einrichtung in Deutschland 

tätig sind. Es besteht keine Altersbegren-

zung.

Der erste Preis wird mit 5.000 €, der zweite 

mit 2.500 € und der dritte mit 1.000 € ge-

würdigt.

Die Bewertung nimmt das DMKG-Präsidi-

um vor. Dieses behält sich vor, externe Gut-

achter hinzuziehen.

Der Wolffram-Preis wird anlässlich des 

Deutschen Schmerzkongresses vom 17. bis 

20. Oktober 2012 in Mannheim verliehen. 

Bewerbungen sind in vierfacher Ausferti-

gung bis zum 15. August 2012 (Poststem-

pel) zu richten an:

PD Dr. Stefanie Förderreuther 

Generalsekretärin der DMKG

Neurologische Klinik der Universität  

München

Konsiliardienst am Standort Innenstadt

Ziemssenstraße 1

80336 München.

Quelle:

Deutsche Migräne- und

Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)

Fachnachrichten


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