+ All Categories
Home > Documents > Max Seltmann Heft 19

Max Seltmann Heft 19

Date post: 08-Apr-2018
Category:
Upload: norman-hartwigsohn-frenzke
View: 235 times
Download: 2 times
Share this document with a friend

of 40

Transcript
  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    1/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Heft 19. Erwachendes Gottesleben

    I. Ursus und PaulusII. Fhrungen durch innere Welten

    III. Jesus unser VorbildIV. Abschied von BethanienV. Feiertage in Neu-BethaniaVI. Auf der Heimreise nach RomVII. Erwachendes Gottes-LebenGott wohnt in uns (Otto-Hillig)

    I. Ursus und PaulusDa Ursus mit Demetrius vor ihrer Abreise nach Rom noch viele geschftlicheDinge in Jerusalem zu erledigen hatte, so lernte er auch bald den neuen Jnger

    Paulus kennen, der mit seinem Feuereifer berall von dem auferstandenen Jesus,als dem allmchtigen Herrn Himmels und der Erde, predigte, wie er selbst Ihnerlebt hatte.Da die Templer aber diesen Saulus arglistig zu fangen suchten, muten dieFreunde ihn oft heimlich versteckt halten, und deshalb nahm Ursus ihn und dieMutter Maria eines Tages mit nach Bethanien.Sein zum Leben erwachter Geist trieb den Paulus immer mchtiger zur Arbeitfr den Herrn, und doch war Ursus etwas befremdet ber seine feurigen Reden.Er sagte sich: Paulus ist wie ein starker Bergquell, seine Worte sind rein und

    klar, aber oft auch wie ein brausender Wasserfall, der die jungen Saaten bis aufsuerste durchflutet; whrend Theophil nur Liebe ist, und gleich dem JngerJohannes auch ein vom Schicksal zerschlagenes Herz in sanfter Weise wiederaufzurichten wei." Bald schon fand sich eine Gelegenheit, wo Ursus ihn fragte: Bruder, ist es frdich so schwer, Jesus, den Auferstandenen, unsern heiligen Gott, alsliebevollsten Vater anzuerkennen und von Ihm allen deinen Zuhrern zupredigen? Wohl ist dein Zeugnis von Seiner erhabenen Allgegenwart vollLeben, und dein Eifer dabei fr viele nachahmenswert; aber ich habe Jesumganz anders geschaut, anders kennen und lieben gelernt! Siehe, in mir drngt

    alles Leben dahin, Jesum zu verkrpern, am liebsten ohne Worte.In meinem Herzen lebt Er wie eine Kraftquelle, welche die Eigenschaft hat, allemeine Gedanken mit Kraft zu erfllen und zu einen, der in mir meine Weltregiert und dieselbe zu einem Himmel umgestaltet.Lieber Ursus", antwortete Paulus sinnend, ich mchte gern auf jeden eurerWnsche eingehen, aber siehe, was in meiner Wesenseigenart wie eingebranntist, kann ich nicht beseitigen, und ich glaube, wenn der Schpfer mich sozubereitet hat fr Seinen Dienst, darf ich nichts daran ndern wollen, oder sollteich entgegen meiner berzeugung wirken knnen? Alle eure Liebe aber tut

    meinem Herzen so wohl, sie gibt mir oft Mut und Kraft zu neuer Ausdauer."O Paulus", rief Ursus lebhaft, wenn unsere Liebe dir zur Strkung dienenkann, so sage mir doch, worauf grndet sich deine Liebe zu Ihm? Ist sie nur ausdem Glauben an Ihn geboren, oder stammt sie direkt aus dem erwachten

    09.04.2011 Seite 1 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    2/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Heilands-Leben in dir? Ihr Priester und Schriftgelehrten beruft euch immer aufden Glauben, ohne den Schrift und Wort zwecklos wre.Es sei ferne von mir, an deinem Glauben rtteln zu wollen, denn glauben knnen ist Gnade, aber lieben knnen ist erst Leben! Glaube ohne Liebe ist kein

    lebendiger Glaube, wie Liebe ohne Leben keine Kraft enthalten kann! Aber esgibt da groe Unterschiede in dem, was jemand glaubt, und wem sein Glaubegilt.Ich mchte von mir nicht sagen, ich glaube an Gott von ganzem Herzen und vonganzer Seele. Aber ich bekenne gern, da mein ganzes Innere erfllt ist vomseligen Wissen: Ich gehre meinem ewigen Vater!Und als Kind Seiner erlsenden Liebe ist meine Innenwelt zu einem Tempel undGotteshause geworden. Seit dieser Zeit kenne ich nur einen wahren Gott Jesus! Denn Jesus ist mir zum lebendigsten Begriff der allerhchstenVollendung und Vollkommenheit geworden. Sein Geist erst macht alles

    Gebundene und Enge in uns frei, und wir sehen die Welt und alles, was in ihrgeschieht, mit Seinen Augen der Liebe an. Unser Herz wird zur Sttte Seineshimmlischen Friedens, und was nun aus solchem Herzen herausdrngt, kann undwird auch jederzeit wieder zu Herzen gehen.Gib mir keine Antwort, Bruder Paulus, denn Liebe kennt kein Recht-haben, nurdas Verlangen, frei und glcklich zu machen. Solltest du meiner Liebe bedrfen,wie gern schenke ich sie dir! Und das grte Opfer wrde mir nur Dienst frmeinen Jesus bedeuten."Paulus war innerlich still geworden, dann sagte er noch: O Ursus, ich dankedir! Dein Zeugnis war, als htte Gott zu mir gesprochen. Alle deine Worte willich im Herzen bewahren, deine Liebe aber mchte ich gleich in Anspruchnehmen, indem ich dich bitte: Lasset mich bei eurer Heimreise mit euch ziehen,ich habe Sehnsucht nach meiner Heimat, nach Sizilien."Paulus blieb still und nachdenklich in innerer Einkehr. Er fragte sich: Habendenn diese Brder in Bethanien einen ndern Begriff von Jesus als an ndernOrten? Jesus ist Gott! Davon ist hier jedes Menschenkind berzeugt, whrendman anderswo Jesus doch nur als den wahren Christus anerkennt."II. Fhrungen durch innere Welten

    In der Nacht verlie Paulus still das Haus und ging nach der nahen Anhhe, woein kleiner Sulentempel zur Einkehr lockte. Er merkte kaum, da einer von dengroen Wachhunden ihm folgte, doch als derselbe sich im Tempel zu seinenFen niederlegte, streichelte er den stillen Begleiter, und es kam eine groeRuhe ber ihn, so da seine Seele betete:O du mein Herr und Gott! Wie gut lt es sich leben unter Deinem Schutz, undselbst in dieser Einsamkeit meiner Seele stellest Du mir einen treuen Wchterzur Seite! So wage ich es, Dich inbrnstig zu bitten: Hilf mir! Hilf mir in diesenZweifeln ber Deine Wesenheit! Lasse mich tiefer noch hineinschauen in Dein

    Wesen der Gte und Weisheit! Lasse es mich durch Deine Gnade erleben, obich auf dem rechten Wege bin, um erfllt zu werden von dem Heiligen Geiste,den Du mir verheien hast! Nur einen einzigen Beweis erflehe ich von Dir, dugnadenreicher Gott und Herr, und freudig weihe ich Dir mein ganzes Leben!"

    09.04.2011 Seite 2 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    3/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Ruhig war die Nacht, nur im matten Schimmer erglnzten die Sterne. Dawurde es pltzlich hell um ihn. Eine Lichtgestalt stand vor ihm und fragte:Erkennest du mich, Bruder Saulus? Gottes Gru und Friede sei mit dir!"Paulus war leicht erschrocken er erkannte Stephanus; der sprach: Die ewige

    und erbarmende Liebe in Gott, die du noch nicht so recht erfassen kannst, hatmich beauftragt, dir noch einiges nher zu erklren, da du um einen einzigenBeweis geflehet hast. Siehe, ich bin der Beweis: Ich bin selig! ber vielerleiWelten darf ich gebieten, die aber nicht auer mir, sondern in mir liegen. Wenndu willst, werde ich dich in eine meiner Welten fhren, die, so ich es will, nachauen hin fr andere sichtbar werden kann. Denn siehe, ist nicht jeder Menscheine Welt fr sich? Und so du ihn in dein Herz aufnimmst, ihm Heimatrecht indeiner, dir von Gott verliehenen Welt gibst, bringt er dir auch seine eigene,innere Welt mit. Und auch in dieser seiner Welt darfst du dann wirken und vorihm die Gnade und die Wahrheit Gottes bezeugen!

    Wir, auf hoher geistiger Warte stehend, schauen ganz anders in die Weltenunserer Mitmenschen als ihr. Alles, was dich als Mensch entzckt in der Natur,am Menschen oder am Tier, ist ja nur ein ganz schwaches Abbild dessen, waswir hier in seiner innersten Schnheit als vielseitiges Leben erschauen drfen.Erkennest du nun schon etwas von meinen Welten?"Antwortete Paulus: Ich verstehe langsam etwas von deiner Sprache, aber ganzfabar ist mir ihr Sinn noch nicht. Wenn du willst, fhre mich hin in eine solcheWelt deines Innern, damit ich die Wege zu meinem eigenen Heil besser undklarer erkennen lerne!"Stephanus aber antwortete ihm: Nicht nur zu deinem Heile, sondern in derHauptsache zum Heile vieler anderer will der Herr dich mit Seinem HeiligenGeiste erfllen! Ich werde dich nun berhren, dann mag dein Leib hier ruhen,bewacht vom treuen Wchter; denn nur in deiner unsterblichen Hlle wirst dumir folgen knnen."Im nchsten Augenblick schwebten beide als lichte Gestalten davon. Vonferne ward eine Stadt mit vielen Trmen sichtbar, umgeben von einer hohenMauer. Sie kamen nher und sahen ein kleines Tor. Paulus dachte: Damssen wir uns sehr klein machen, denn sonst ist ein Hindurchgehen unmglich.Stephanus aber antwortete ihm: Sorge dich deswegen nicht, denn aus der Feme

    sieht alles Groe nur klein aus! Wir aber wollen, da uns alles von auen kleinErscheinende recht gro und bedeutungsvoll werde! Siehe, das Tor ist schon fruns geffnet. Die Eingangstr in unsere geistige Welt, sonst von hohen Mauernumschlossen, mu von hherer Hand geffnet werden. Dann erst kann unseregeistige Wesenheit, samt ihrem Fhrer, wohl einmal hineingehen und schauen,was Gott uns hier erleben lassen will; doch mssen wir hintereinanderhindurchgehen. Gehe du nur voraus ich folge dir."Nach einigem Zgern ging Paulus hindurch, er hatte eine Stadt erwartet, sahaber nur Bume, einen Wald von Bumen, und fragte Stephanus darber. Dieserantwortete: Wir sind doch erst drei Schritte durch das Tor, wundere dich dessennicht, was du hier stehest, denn auch dein Eintritt in diese Welt kann und mu jaganz deinem inneren Entwicklungs-Zustand gleichen.

    09.04.2011 Seite 3 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    4/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Nun wollen wir weiter gehen, um zu schauen, was uns Gott in dieser deinerSphre wohl zeigen will. Denn hier ist es wie berall auf Erden, alles, was duauch siehst oder erlebst, ist eine Sprache, ist eine bedeutungsvolle Sprache alsOffenbarung aus einer inneren Welt! Beachte dieses, und du wirst berall in die

    geheimen Gemcher des Lebens hineinschauen lernen!"Sie kamen nun an kahlen Hgeln vorber, darauf dunkle Wesen hockten, dieaber die beiden Lichtgestalten nicht wahrnehmen konnten. Als sie an immerneuen Hgeln mit solchen Wesen vorber schwebten, uerte Paulus denWunsch, diese Geistwesen zu belauschen. Sie traten ganz nahe heran und hrtengrliche Verwnschungen von einem, der sich tchtig aufgeblasen hatte. Voneinem ndern Hgel kamen einige Mnner und redeten laut: berall, hier wiedort, nichts als feuchter Boden, kein Brot, kein Dach ber uns. Was ntzte unsnun das Halten der Gebote Mosi und die vielen Opfer?"Sprach ein anderer: Betrogen und verraten kommen wir uns vor, aber wenn es

    vielleicht unsern Priestern auch nicht anders ergeht, sind sie dann Betrger? Werhat uns das Gesetz als Brde auferlegt? Wie mssen die glcklich sein, die keineGebote, keine Gesetze kennen!Belehrte ihn ein anderer: Wie kann denn eine Ordnung bestehen, wenn es keineGesetze zur Aufrechterhaltung der Ordnung gibt? Noch sorgen der Wald und dieWiesen fr unsere Nahrung, und vielleicht kommt auch noch eine Zeit, wo esanders wird!" Hoffe nicht darauf", sprach wieder ein anderer, denn Der unsbessere Zeiten bringen wollte, den haben wir ans Kreuz geheftet! Es geschiehtuns schon recht, darum traget mit Wrde dieses Schicksal!"Ist denen nicht zu helfen?" fragte Paulus voll Mitleid. Da bedarf es nochlanger Zeit und vieler Not", erklrte Stephanus, denn jene liebten den Mammonmehr als alles andere. Siehe, hier um uns ist Licht, alles darfst du schauen undhren. Aber bei all diesen armen Seelen wird die Nacht solange bleiben, bis ihrZorn verraucht ist und sie erkennen und gewillt sind, demtig und geduldig ihrselbst verschuldetes Schicksal zu tragen. Dann erst knnen Engel undGottesboten kommen, um sie zu belehren und an hellere Orte hinzufhren. Hierim Reiche der Ewigkeit mu sich alles im Rahmen der Ur-Gesetze regeln, undkein Wesen kann bervorteilt, aber auch nicht benachteiligt werden."Jetzt kamen sie an Grbern vorbei, worauf abgemagerte Gestalten hockten; wie

    Tiere stierten sie nach dem Erdboden, als suchten sie Verlorenes. Stephanusbelehrte: Hier ist jede Annherung sogar gefhrlich, es sind meistens Priesteraus der Tempel-Kaste, ihr hochmtiger Sinn beherrscht sie ganz. Doch es seihier genug! Wir werden nun nach einer ndern Richtung gehen, und wenn wir hier geistigHherstehende aufsuchen, wirst du ebenso feststellen knnen, da sich alles umsie genau ihrem Wesen gem gestalten mu, weil ihr innerer Zustand sich darinspiegelt.Lieber Saulus, es ist nicht ohne Grund, warum der Herr dich dieses alles erlebenlt. Gottes-Boten mssen klar sehen, sollen in allem Geschehen Klarheit haben,und dazu verhilft ihnen ja der im Menschen erweckte Gottesfunke. Im tiefstenGrunde knnte deshalb jeder Erdenmensch schon diese Welten in sich selbsterleben. Wer sich aber von seinen anerzogenen oder vom Verstande

    09.04.2011 Seite 4 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    5/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    bermittelten Begriffen nicht trennen kann, wird nie die Gnade erleben drfen,in seiner Innenwelt die wahre und ewige Geisteswelt schon auf Erden zuerschauen.Sei dir bewut: Der Herr kann alles, aber deine Innenwelt kann Er nicht

    umstalten! Diese Umwandlung mu jeder Mensch in sich selber vollziehen, undnur dazu hat er seinen so vllig freien Willen erhalten. Hier, in der eigenengeistigen Welt steht jeder auf dem sich zu eigen gemachten Grund und Bodenund mu sich nhren von dem, was er sich als Mensch in seiner Liebettigkeitfr diese Ewigkeit erworben hat."Paulus fragte: Was aber steht allen denen bevor, die da nichts von diesenWahrheiten glauben wollten? Diese Enttuschung nach Ablegung des Leibesmu schrecklich sein."Nur was der Mensch set, wird er ernten!" antwortete Stephanus. Doch nichtder Glaube ist dabei das Bedingende, sondern die gerechte Bettigung danach.

    Berufene Gottesdiener aber mssen diese Gesetze erkennen knnen, und darumlasse jetzt alles, was du hier schauen darfst, zu dir sprechen! Denn es wird dirmehr zeigen, als ich dir erklren knnte!"Beide eilten weiter und kamen an ein breites Wasser. Paulus dachte: Ist dies dieGrenze einer ndern Welt? Aber wie kommen wir ber diesen Strom?"Stephanus antwortete darauf sogleich: Ja, wir wollen hinber, und so wir diesesbewut denken und wollen, wird der Herr uns auch schon Rat und Mittel dazuschaffen. Frchte dich nicht! Hier, im Reiche der Wahrheit und des Lebens istalles mglich dem, der nicht nur etwas glaubt, sondern es auch ernstlich will!Wir wollen! und siehe, dort kommt schon ein Schiffer mit einem Boot, alshtte er nur auf uns gewartet."Der Bootsmann winkte, und Stephanus stieg sogleich ein. Paulus aber sah denMann lange an und war betroffen, er mute ihn kennen aber es lag wieDunkelheit auf ihm, er konnte sich nicht erinnern. Dann stieg auch er ins Boot.Der Fremde gab Stephanus die Stange und sprach: Lieber Freund, Ich werdeam Steuer bleiben, dann kann Ich euch am besten Orte landen."Nach wenigen Sten schon waren sie am ndern Ufer. Stephanus lud denBootsmann zum Mitkommen ein, und die drei stiegen auf eine Anhhe mitweiter Aussicht. Dort sahen sie in der Feme eine Stadt. Eine goldene Kuppel

    berragte alle Huser, und Paulus wunderte sich: Vor der groen Mauer sahenwir auch zuerst eine Stadt, und nun sieht man wieder eine Stadt in der erstenStadt, mir ist das unbegreiflich!"Stephanus belehrte ihn: Wrdest du mit den Augen eines erwachtenGotteskindes in all diese Herrlichkeiten unseres ewigen Vaters schauen, sowrde dir nichts mehr unbegreiflich erscheinen. Nun aber hlt dich noch deinalter Gottes-Begriff gefangen, und du bist erstaunt ber all die Wunder, die sichdir hier offenbaren!"Der Fremde zeigte auf Scharen von Menschen, die nach der Stadt pilgerten undsprach: Kommt Freunde, eilen auch wir dorthin, um uns zu erfreuen an ihrerFreude!" Durch schne, festlich geschmckte Straen ging der Weg und endetean dem groen Weihe-Tempel. In den weiten Hallen knieten viele an den Opfer-Altren und schauten betenden Herzens in die lodernden Flammen. Sie fhlten

    09.04.2011 Seite 5 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    6/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    sich in Andacht glcklich und lauschten und warteten whrend ein zarterWohlgeruch durch die Hallen zog. Auf mehreren Kanzeln segneten Priester dieMenge und heller loderten die Flammen als Zeichen, da ihr Opfer von Gottwohl angesehen war.

    Nach lngerer Betrachtung dieser Art des Gottesdienstes fragte Paulus: Aufwas warten wohl diese Betenden noch? Es ist wohl ein erhebendes Gefhl, dieseMenschen in ihrer Andacht zu beobachten und auch die Schnheiten ihresTempels zu bewundem, aber wollen wir nun nicht weiter gehen?"Bruder", antwortete Stephanus, schauen sie nicht die Gegenwart Gottes indiesen kerzengerade aufsteigenden Opfer-Flammen? Wahrlich, reiner kann dasOpfer Abels auch nicht angesehen worden sein! In ihrem Erdenleben brachtensie jhrlich das grte Opfer, um im Hause des Herrn Ihn anzubeten! Hiernun, im Reiche der Geister, hindert sie nichts mehr, sich ganz dieserAnschauung des Gottes-Seins hinzugeben! Oder hattest du einen ndern

    Glauben?"O Stephanus, mahne mich nicht an meine verkehrten Vorstellungen von Gott",bat Paulus, ich sehe ein: mein Leben war ja ein einziger Irrtum, bis der Herrdem ein Ende machte. Es ist mir unbegreiflich, da ich nicht selber zu einerbesseren Erkenntnis unseres groen Gottes gekommen bin!"Paulus bemerkte einen so wehmtigen Zug im Gesichte des Bootsmannes undfhlte auch auf einmal eine Traurigkeit in sich selber aufsteigen, darum fragteer: Lieber Freund, habe ich dich traurig gestimmt, weil ich dieseWeiheandachten nicht genug wrdigte? 0 verzeihe mir!"Sei ohne Sorge", sprach Dieser nun, siehe an, alle diese Betenden, sie warenfromm und lebten streng nach den Gesetzen Mosis, aber sie knnen ihren vonder Erdenwelt mitgebrachten Gottes-Begriff hier nicht so leicht ablegen, um zudoch viel ntzlicherem Tun sich berufen zu fhlen.Da du, Saulus, dieses nun mit eigenen Augen schauen und mit fhlendemHerzen miterleben darfst, ist eine Gnade, die nur wenigen zuteil wird!"Paulus fragte: Findet sich denn keiner, der ihnen die Wege zu hherenErkenntnissen ber das wahre Leben ebnen knnte?"Oh, Tausende von Helfern warten auf diese Liebesdienste, aber siehe, keinenAugenblick zu frh darf damit begonnen werden, sonst wrde eher Schaden als

    Nutzen fr ihre Seelen angerichtet werden. Diese hier sind in ihrer Art selig undahnen eben noch nicht, da die Seligkeit viele, viele Grade hat. Auch du bistnoch nicht ganz frei von deinen alten Begriffen und wirst auch schwer davonfrei werden so lange du nicht selber den Wunsch empfindest, dir noch hhereStufen der Vollkommenheit zu erringen!"Noch einmal genossen die drei den herrlichen Rundblick von dieser geistigenAnhhe, dann kehrten sie mit dem Boot zurck. Beim Abschied bat Paulus denBootsmann: Lieber Freund, nur Gnade ist es, da ich in dieser Welt weilendurfte; aber mchtest Du uns nicht weiterhin begleiten? Ich mchte gerne nochmit Dir zusammen sein."Stephanus mahnte, die wenige Zeit hier noch recht zu ntzen, und so eilten diedrei dem Morgen zu. Auf einer Anhhe blieb Paulus betroffen stehen, er bat:Freunde, lat mich nicht weitergehen dorthin gehre ich nicht. Noch nie ist

    09.04.2011 Seite 6 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    7/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    mir in den Sinn gekommen, da es solche Schnheiten gibt. Dort knnen nurreinste Seelen leben!"Bruder Saulus", entgegnete Stephanus, wenn du nicht mitkommen willst, somssen auch wir wieder umkehren, wir sind ja nur deinethalben hier. Ich aber

    denke, so der Herr mich berufen hat, dir alles dieses zu zeigen, so hast du dichdessen nicht unwrdig zu fhlen, denn der Herr verfolgt bestimmt einen heiligenZweck dabei. Aber wir wissen: verdient hat noch keiner den Himmel mit allseinen Herrlichkeiten, es sind immer nur Geschenke der heiligen Liebe unseresVaters, und werden nur denen gegeben, die da Seine Kinder geworden sind. Sofrage ich dich: drfen wir dich weiter fhren?"O Freunde, so fhret mich denn! Wenn der alte Saulus noch manchmal in mirvorherrscht, so mahnet mich, da ich doch Paulus sein will."Lieber Saulus, so komm!" spricht Stephanus, aber du mut dich hier nun ganzvon dieser Liebe, die dich rings umgibt, einhllen lassen! Als rechter Paulus

    mu alles in dir zur Liebe werden!Siehe, jetzt kommen wir in sehr schne Gegenden, und du wirst manchenfinden, dem du auf Erden Schweres zugefgt hast. Hier aber wird alles, was derHa einst bewirkte, mit selbstlos gttlicher Liebe vergolten werden! Bedenkeaber auch, da diese Gnade, die du nun hier erleben wirst, ein Beweis fr dichsein soll: was alles dieser reinen Liebe mglich ist! l) und so entstand spterKap. 13, im l. Kor.-Brief.Sie kamen an lieblichen Vorgrten mit bunten Blumenlauben vorber, und dieBewohner winkten ihnen lebhaft zu; doch grend eilten sie rasch vorber.Schon von weitem gewahrten sie einen groen Platz mit vielen Menschen. BeimNherkommen sahen sie schne lichte Gestalten in weien Faltenkleidern mitgoldenen Grteln geschmckt. Jubelnd wurden sie empfangen, alle wollten denPaulus einladen in ihr Heim. Ein junges Paar drckte die Hnde desmitgekommenen Freundes an ihre Brust und bat: Drfen wir Dich mit demBruder Saulus und Stephanus bei uns bewirten?"Ja, ihr drft", antwortete der Freund und hielt dabei den Finger an den Mund.Paulus bemerkte dieses wohl, aber er war so im Innersten ergriffen, da er esnicht weiter beachtete, denn diese beiden kannte er, sie hatten durch seineSchuld, ihres Glaubens wegen, ihr Leben auf grausame Art hingeben mssen!

    Da sagte der junge Mann: Lieber Saulus, erschrecke nicht, da wir uns indieser herrlichen Welt wiedersehen! Was einst auf Erden geschah, diente unsnur zur inneren Vollendung. Und was jetzt hier geschieht, soll noch vielenErdenbrgern zur Reife verhelfen! Darum, geffnet sind die Tore meinesHerzens, und die in mir wohnende Liebe bittet: Kommet in unsere Htte, damitwir dich und deine Freunde in himmlischer Weise bewirten knnen."Tief erschttert sprach Paulus: Du bist Simon, und dein junges Weib istNaeme. Ich mchte vergehen, so ich an die Stunde denke, da ich selbst Hand andich legte und jetzt willst du mich nach himmlischer Art bewirten? 0 Duheiliger Gott! Was vermagst Du alles zu wandeln durch den lebendigen GeistDeiner Liebe!" Kommt Brder, unsere Herzen brennen vor Freude, weil endlich unsere groeSehnsucht erfllt wird", sprach Simon und erfate den Saulus mit der linken,

    09.04.2011 Seite 7 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    8/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    den Freund aber mit der rechten Hand, und sagte zu Naeme: Bringe du denBruder Stephanus, damit unsere Freude vollkommen sei."In wenigen Minuten erreichten sie ihr kleines Huschen; die Blumen duftetenund neigten ihre Kronen, als sie durch den Vorgarten schritten. An der Tr hielt

    Simon inne und sagte: Seid herzlich willkommen! Was Liebe nur erdenkenmag, soll euch beglcken! Unvergelich mge uns diese Stunde bleiben, die unsder Liebe hchste Offenbarung brachte!"Paulus war erstaunt ber die stille Schnheit hier; durch die Fenster war eineweite Aussicht, und im Garten stand alles im Blhen und Reifen.Simon hatte mit seinen Gsten am Tisch Platz genommen und sprach: Heutehaben unsere Trauben ihre Vollreife erhalten! Komm, Naeme, und bringe unsdavon, damit wir unsere lieben Gste recht beglcken!" Und Naeme brachte inihrem Krbchen zwei unwirklich groe Trauben, die wie Gold glnzten, legtejede auf eine goldene Schale und setzte sie auf den Tisch.

    Simon schob nun dem Freunde eine Schale hin und bat Ihn: O Du, der Du bisin mein Inneres schauen kannst, Dein Kommen macht mich zum Glcklichstenin dieser Welt! Und da Du gerade den mitbringst, dem alle unsere Gebetegehrten, ist Seligkeit fr unser Herz! Ich bitte Dich, du Herzensfreund segnediese Trauben! Durch Dein Einkehren hast du mich und Naeme beglckt, o lasseauch Dich beglcken von unserer Dankbarkeit und Liebe.Und du, Bruder Saulus, der du am Tische eines Seligen sitzest, vergi nie mehrdiesen Augenblick, wo viele auf uns schauen und mit uns die Freude empfinden,alles uns einst zugefgte schwere Unrecht vergeben und berwunden zu haben.Ich wei, da du nur durch besondere Gnade des Herrn bei uns weilen darfst,aber nimm unsere Liebe, unsern Segen mit in deine Welt und strke dich mit denFrchten unserer Liebe aus unsern Herzen!"Sprach der Freund: Simon, und du Naeme, euer Heim ist wie eineSchatzkammer, darin der Knig das Edelste und Beste aufbewahrt! Mein Herzist erfllt von groer Freude, es ist aber nicht genug, so wir uns nur freuen,sondern da wir nie mde werden in der Arbeit, auch andere zu erfreuen.Vergessest nicht, da, solange es noch Unglckliche, Verirrte und Abtrnnigegibt euer Vater noch Trauer empfindet. Somit segne Ich euch und diese Frchte. Nehmet hin und esset davon! Sie

    verkrpern die Liebe des Sohnes zum Vater und bewirken heilige Krfte zumHelfen an Armen und Geknechteten! Amen!"Nachdem Paulus wie aus tiefem Sinnen erwachte, kostete er eine Beere, unddabei durchdrang ihn ein so wohltuendes Gefhl, da er beglckt ausrief:Brder! wenn es alle auf der Erde wten, wie berherrlich die gttliche Liebealles Verkehrte in uns ordnet und dann erblhen lt, wenn auch wir, wie hier,unsern Feinden von Herzen vergeben! Wenn wir die segnen lernen, die unsfluchen, und sie ber ihre verirrten Begriffe zu belehren suchen, wahrlich, baldwrden alle harten Herzen schmelzen mit der Sehnsucht: sich solchen Himmelschon auf Erden zu schaffen!"Sprach Stephanus: Recht hast du schon, aber die Welt hat ihren eigenen Herrn!Und solange die Menschen nicht den heiligen Gott als alleinigen Herrn auchber ihre Welten anerkennen wollen, kann es bei ihnen nicht besser werden!"

    09.04.2011 Seite 8 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    9/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Naeme stand auf und sprach: Lieber Saul, ich habe noch eine schne Traubevon einem andern Stock; schon lngst pflegte ich sie mit besonderer Freude frdich, die will ich dir jetzt bringen!" Und Naeme kam mit einer wunderbaren Traube wieder herein und sagte:

    Bruder Saulus, in deine Hnde lege ich diese Frucht, die verzeihende Liebegeheim fr dich reifen lie! Ich bin so glcklich, dir dieselbe nun berreichen zudrfen, weil ich sie direkt von unserm heiligen Vater fr dich erflehte. Nimm sie ist dein!"Erschttert von diesem schlichten Tun ihres Herzens, fiel Paulus auf die Knieeund bekannte laut: O Gott! Du Liebe ohne Maen! Du Vater aller Seligkeiten!Wodurch werde ich Dir je meinen Dank abtragen knnen? Jetzt hast Du meininnerstes Wesen berwltigt! Lasse mich zurck zur Erde gehen, damit ich meinganzes Wirken fr diese Deine Liebe einsetzen kann!"Und dann bat er die Anwesenden: Nun esset auch ihr von diesen Beeren, du

    Naeme, damit du selber schmeckest, wie viel du mir damit gegeben hast, Du,lieber Freund, weil Du mit uns hierhergekommen bist, du Stephanus, weil du dieAufgabe bernommen hast, mich hierher zu fhren, und du Simon, weil deinHerz das Tor in deine schne Innenwelt fr mich offen hielt."Andchtig kosteten alle von dieser Traube Naemes. Dabei wurde Pauluspltzlich innerlich so erleuchtet, da er beglckt ausrief: O Freunde, jetzt erstbeginne ich zu erkennen, da Du, lieber Freund, der Herr Jesus ChristusSelber bist! Der Du mich auf so gewaltige Art vom Wege des Verderbenszurckgerissen hast!"Sprach der Freund: Solange nur dein Erkennen Mich fr Den hlt, wirst dunicht frei von Zweifeln bleiben. Erst wenn du im Tiefsten deines Wesens davonberzeugt bist: Ihm begegnet zu sein! wird dein Herz die wahre Freude undvolle Gewiheit empfinden!Denn nur was das Herz als hchstes Heiligtum festhalten kann, ist fr ewig dein,und nie kann der Feind des Lebens darauf Anspruch erheben. Was du aber nurin deinen Verstand und in dein Wissen aufgenommen hast, kann dir mit der Zeitwieder entgleiten. Wenn nur dein Verstand Mich fr deinen Heiland und Erlserhlt, ist es noch ein weiter Weg, bis in deine Herzenswelt zu gelangen. Mitvielen Widerwrtigkeiten wirst du rechnen mssen, bis du dich ganz

    durchgerungen hast, denn dein Verstandes-Glaube wird erprobt werden mssenbis zum letzten Atemzug deines Erdenlebens!Siehe diese beiden glckstrahlenden Brder samt der Schwester an, sie sinddurchdrungen vom Geiste seliger Gewiheit. Ihr Vater Ist der erste und letzteGedanke, was dazwischen liegt, ist wahres, lebendiges Wissen, da sie ohne Ihnnichts knnen, mit Ihm und durch Ihn aber alles in allem sind.Das Vorrecht der wahren Kinder bestehet eben darin, da sie ber allem Gesetzstehen, und jenen herrlichen Geist in sich wirken und walten lassen, der allesGesetz erfllt und die wahre, reine Liebe zum Urgrund alles Seins und Lebensmacht." Und nun will Ich scheiden! Wenn eure Herzen brennen vor Sehnsucht nachMir komme Ich gern wieder!

    09.04.2011 Seite 9 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    10/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Du, Naeme, hast Mir heute die reife Himmelsfrucht verzeihender berwinder-Liebe dargebracht! Du, Stephanus, kennst deinen Weg, und so vollziehe weiterMeinen Willen. Dir aber, Mein Saulus, gebe Ich Meinen besonderen Segen! Ersei dir Kraft zu deinem Werke, Trost in deinem Herzen und Licht in den Tagen,

    wo es um dich dunkel werden will."Beim Gehen schmiegte sich Naeme an den Freund und geleitete ihn hinaus. Saulhrte noch, wie sie zum Scheidenden sagte: Vater! heute hast Du uns eineschwere Probe auferlegt, da wir Dich nicht gebhrend nach unserer Liebeempfangen konnten. Komme recht bald wieder!"Stephanus sprach noch: Saulus! Saulus! werde ganz Paulus, damit du andir selbst all die herrlichen Verheiungen erfhrst, und der heilige Gott undVater alle Hoffnungen, die Er auf dich setzt, erfllt sieht! Abschied brauchen wirnicht zu nehmen, denn du lebst ja auch in unserer Welt, und wir nehmen groenAnteil an deinem Wirken fr den Herrn.

    So erwache nun in deinem Erdenleibe wieder, doch diese Rckerinnerung solldir bleiben durch des Herrn Liebe und Erbarmung! Amen!"III. Jesus unser VorbildPaulus erwachte. Er schaute um sich alles war dunkel, nur die Sterneverbreiteten ein schwaches Licht. Nun gewahrte er den Hund, der sich an ihnschmiegte, und wie sich erinnernd sprach er: Ein wunderbarer Traum fastmte ich an seine Wirklichkeit glauben! Sollte mir Jesus, der groe Heilandwahrhaft erschienen sein? Diese hnlichkeit! Nur die Augen schauten mich viel

    milder an." Und noch stand Naeme vor ihm mit der Weinrebe. Ihre Worte: Nimm hin, sieist dein, da verzeihende Liebe sie fr dich reifen lie!" ertnen immer wieder inseinem Herzen.Eine seltsame Traurigkeit aber kam ber ihn, als noch einmal die Worte in ihmlebendig wurden, die der liebe Freund zu ihm sagte: Wenn dein Verstand nurMich fr den Heiland und Erlser hlt, dann ist es noch ein weiter Weg bis in deine Herzens-Welt!"Noch einmal lie er alle Begebenheiten an sich vorberziehen und dachte: Dasmit der inneren Welt bleibt mir doch ein Rtsel. Stephanus kann sich nicht von

    mir trennen, weil ich in seiner Welt lebe? Das ist mir dunkel. Ich mu mitLazarus darber sprechen, nahm er sich vor, und Klarheit suchen, sonst kommenmir immer wieder Zweifel."Endlich tagte es. Langsam erwachte alles Leben ringsum und wie mitandern Augen betrachtete er seine Umgebung. Dann sah er Lazarus kommen,der seinen morgendlichen Rundgang machte. Paulus ging auf ihn zu, grte undbat: Darf ich dich begleiten?" Lazarus antwortete froh: So erlebe denn mit miram frhen Tage wie herrlich es ist: nur Handlanger der ewigen Liebe zu sein!"So schritten sie durch die Stlle und ins Gesindehaus wo in den Kchen die

    Frauen schon ttig waren, fr die vielen Bewohner Bethaniens das Frhmal zubereiten. Lazarus erklrte dem aufhorchenden Paulus: Hierher gehe ich amliebsten, denn es ist mir eine liebliche Entsprechung, wie fleiige Frauenhndesich bettigen, um die Schaffenden richtig zu strken. So auch beim

    09.04.2011 Seite 10 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    11/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    himmlischen Vater. In Seiner Kche, wo alles ttig ist, alles darauf eingestelltist, uns tchtig zu machen, fehlt aber auch garnichts! Es ist, als ob die ewigeLiebe Anweisung gegeben htte, doch jedes Herz zu bercksichtigen, damit esfest und tchtig werde!"

    Lnger als sonst blieb Lazarus bei den Frauen, die sich ber den Besuch herzlichfreuten. Seine Anweisungen waren nicht wie Befehle, sondern nur wieRatschlge, und Paulus wurde hierdurch erst gewahr, welchem Geiste inBethanien Rechnung getragen wurde.Nach dem Morgenmahle im groen Wohnzimmer sagte Paulus: Bruder, mir ist,als ob heute alle freudiger und herzlicher wren, ja, als wenn ein ganz neuerGeist mich erfllte, denn ich habe in dieser Nacht ganz unglaubliche Dingeerlebt, die eigentlich ins Reich der Trume gehren."Sprach Lazarus: Dies ist vielleicht jetzt deine Meinung, in Wirklichkeit war esdoch ein seltenes Erleben, wenn auch nur wie ein Traum, jedoch sind es

    Tatsachen, die bestehen bleiben. Nur glauben mu man es knnen, und glaubenwollen, dann hat die gttliche Fhrung ihren Zweck erreicht.Das leise Wirken und Weben der ewigen Liebe an unserer Vollendung ist ja niebeendet. Es ist wie das der Tages-Mutter am Himmel. Alle, auch diegottfernsten Seelen werden von ihr bestrahlt und beleuchtet, Tag fr Tag, fortund fort, bis in alle Ewigkeit, weil die gttliche Liebe ja das Bedingende ist frdie Erhaltung alles Geschaffenen.Siehe, der Herr hat uns ber alle Dinge unterrichtet und uns ber nichts imUnklaren gelassen. Auch dich wird Er ebenso und vielleicht noch tieferunterweisen, aber glauben mut du Seinen heiligen Fhrungen! Du glaubst nunwohl an Jesus, da du von Seinem lichtvollen Sein und Leben berzeugt wurdest.Doch ist es eben fr uns, die wir den Meister so wahrhaftig erkannt haben, wohlviel leichter wie dir, Ihn in Seinen gttlichen Absichten mit der ganzenMenschheit zu verstehen. Denn du bist wohl von Seinem Dasein berzeugt, wiraber von Seinem in Ihm lebenden Liebe-Leben!"Erwiderte Paulus: Aber Bruder, das mchte ich ja gern erfassen, es ist jedochetwas in mir, das mich daran hindern will! Erlaube mir darum, dich zu fragen es ist nicht Neugierde: Du warst doch schon einmal gestorben und somit in eineganz andere Welt entrckt. Bist du dir noch aller Einzelheiten dort bewut und

    hltst du es fr mglich, da auch ich in dieser Nacht, hnlich wie du, in eineganz andere Welt gefhrt ward? Ich habe ja weiter niemanden als dich, den ichdanach fragen mchte, weil du in Wirklichkeit doch irgendwo gewesen seinmut, als dein Krper im Grabe lag."Bruder Paulus du verlangst viel", sprach Lazarus, und doch kann es mitwenigen Worten gesagt sein. Was lag im Grabe? doch nur die Fleischhlle,die meinem Geist- und Seelen-Menschen Wohnung gab.Der Vorgang des Sterbens ist ja nur ein Ablegen dieser schweren Hlle, aberzugleich ein Hineinziehen in die eigene, innere Welt, die jeder Mensch in sichausbauen kann und soll durch die Ttigkeit seiner eigenen Liebe-Bestrebungen.Ein bser Mensch kann, wenn er aufhrt, Mensch zu sein, und anfngt, Geist zuwerden, in seiner Innenwelt keine ndern Produkte finden, als die, welche seineegoistische Eigenliebe als Saat hineinlegte. Ein guter Mensch aber kann sich

    09.04.2011 Seite 11 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    12/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    schon im Kleinen einen Begriff machen, welches Leben ihn erwartet. Es gibt aufErden kein Ma von solcher Genauigkeit, wie eben das, nach dem jeder drbenbemessen wird je nach seiner Liebe-Bettigung.Gewi kann ich mich noch lebhaft entsinnen, wo ich damals in herrlich schnen

    Orten weilte und doch wieder zurckgerufen wurde zum weiteren Dienstauf dieser Erde. Aber, lieber Paulus, nicht deswegen habe ich mein Leben demHerrn geweiht, weil ich von Seiner Gttlichkeit berzeugt bin, sondern weil SeinSterben und Sein Auferstehen mir einen ganz neuen berwindergeistbermittelte, der mich zum wahren Gottes-Kinde machen will.Du selbst als Phariser mut zugeben, eure Moral, die ihr prediget, war gut, abereuer Vorbild um so schlechter! Jesus aber brachte uns keine Moral, sondernoffenbarte uns ein von der wahren Gttlichkeit durchdrungenes Leben alsVorbild. Bei Jesum von Nazareth war alles Offenbarung Seines Innenlebens. Seies Seine Lehre, sei es Seine Arbeit, seien es Seine Wunder oder Seine Hingabe

    an Seine Brder, alles war vorbildlich, und wird auch Vorbild bleiben so langedie Erde Menschen trgt.Darum ist es unsere heilige Aufgabe, da wir Sein Wort und Sein Leben wieeinen Leuchter auf eine erhhte Stufe stellen, da es uns allen als Vorbild voranleuchte: Es bleibe uns Wegweiser auf dem schmalen Wege nach innen underschliee uns das geheime Tor in unsere eigene Innenwelt, damit Jesus darinder Herr und der Knig, der Priester und der Prophet werde, und zuletzt alsder Herrlichste, Der Vater aller, Sich uns offenbare!Entgegnete Paulus: Bruder, ich glaube dir. Nachdem der Herr mich in dieserNacht so vieles aus der kstlichen Innenwelt der Menschen erleben lie, wird Ermir auch die Gnade erweisen, mich mit Kraft und Licht zu erfllen, um die mirzugedachte Aufgabe fr Sein Werk in rechter Weise zu vollenden.Lasse mich noch schweigen, bis alles Denken in mir geordnet ist, dann sollt ihrmeine wunderbaren Fhrungen erfahren."So sei es, Bruder Paulus", sprach Lazarus fest; erst wenn du dich ganz freifhlst und wie getragen von einem seligmachenden Geiste, dann magst du vonden Beweisen Seiner Liebe und Gnade reden, die dein Herz nun ganz erfllthaben!Bei Demetrius und Ursus setzte nun eine grere Ttigkeit ein, denn sie rsteten

    fr die Heimreise nach Rom. Karawanen mit wertvollem Gut waren gekommen,und bei allen Besprechungen wurde Jonas hinzugezogen, um seine Fhigkeiten,ein Geschftshaus in Damaskus zu leiten, zu beweisen.In Pura vollzog sich, unsichtbar fr alle ndern, ein groes Wunder. Sie hatteetwas von dem neuen Leben ihres Gottes-Funkens schon erfat, und die MutterMaria ward ihr zum Vorbild einer Helferin, die allen Leidenden nicht nur Trost,sondern auch rechte Hilfe bringen konnte. Dazu war ihr die neue Heimat ganzwillkommen. Noch sprach sie zu niemanden davon als nur zu ihrem Heiland,und in den Stunden, wo sie mit ihrem Kinde allein war, hielt sie langeZwiegesprche mit Jesus.Der Tag der Abreise ward festgesetzt und ein groes Weihe-Fest sollte denAbschlu bilden. Bei Ursus galt die Pflicht als hchster Gottesdienst, und alsalles Geschftliche endlich bis ins Kleinste geordnet war, wollte er die letzten

    09.04.2011 Seite 12 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    13/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    drei Tage ganz in der Hingabe zu allen noch verleben. Er wute, wenn er einmalnach Rom zurckgekehrt war, wrde eine Reise nach Juda nicht mehr so leichtmglich sein. So lie er am Tage vor dem Fest den Wagen anspannen und batPaulus, mit nach Jerusalem zu fahren, wir knnen in wenig Stunden wieder

    zurck sein."Das ist mir sehr lieb, du treuer Bruder", antwortete Paulus, mit dir bin ichweniger in Gefahr, denn Jerusalem ist jetzt heier Boden fr mich!"0 Bruder, warum witterst du Gefahr?" fragte Ursus unterwegs; es sind doch nurMenschen, vor denen du dich frchtest, und vor Menschen habe ich noch nieFurcht gehabt! Bist du, mit dem Meister fest geeint, nicht mchtiger als alle, diedir schaden wollen. Siehe, deine Furcht ist Schwche, und sie mu in dirberwunden werden!Solange wir noch Furcht vor den Menschen haben, sind sie unsere Feinde. Wennaber das Bewutsein in dir lebendig wird: keiner kann dir schaden, keiner kann

    dir Schmerz zufgen, wenn es die ewige Liebe in Gott nicht will, dann sinddiese Menschen in deiner inneren Welt nur arme, verirrte Hilfsbedrftige, undalle ihre bsen Absichten gegen dich werden unwirksam, ehe sie dieselbenausfhren knnen."Paulus berlegte diese Belehrung ernst und sagte dann: Ursus, du hast meinerSchwche einen mchtigen Sto versetzt, und darum mu ich noch darbernachdenken.Du sagst: Wer mit dem Meister geeint ist, ist mchtiger als alle, die uns schadenwollen! Ich glaubte und hoffte doch, ganz mit dem Meister eins zu sein, diesbewiesen die Gnadenfhrungen und die Taten, die ich schon durch Ihn wirkenknnte. Doch zugleich meldet sich jetzt diese trichte Furcht vor dem Ha derTempler in mir. Da bekommt mein Glaube ja einen gewaltigen Schlag. Irre ichmich oder irrest du?"Ursus antwortete: Gut, da du in dieser Sache noch einmal mit mir sprichst,denn nichts ist schlimmer, als wenn solch ein Gedanke nicht geklrt wird, undJnger Jesu mssen in allen Dingen sehr klar denken. Du und ich, wir beide sindverschieden im Charakter und berhaupt in unserer ganzen Wesenheit.Dir haftet vor allem noch dein frherer Glaube an das Gesetz Mosi an, undfolglich nimmst du die Verheiungen der Propheten fast buchstblich, whrend

    ich ganz frei davon bin. Du lerntest neben deinem Gott an Seinen eingebornenSohn glauben, und darin liegt vielleicht die Ursache deines inneren Zwiespaltes.Bei mir sieht es anders aus.Die Wesenheit Jesu Christi hat jede Faser in mir so durchdrungen, da ich michohne Seinen Geist, ohne Seine Kraft nicht zurechtfinden knnte. Ich bin vondem Bewutsein erfllt, da mein Leben ohne Jesus gnzlich wertlos wre.Wrde aber dieser unser Jesus nur Gottes Sohn bleiben, dann mte eben unserBruder Jesus in groen, entscheidenden Dingen auch bittend zu Gott gehen, wiewir es als rechte Gottes-Kinder auch tun mssen!Nun aber hat sich in mir das Wunder vollzogen: Der Sohn ist mit dem ewigenVater verschmolzen, und ist, gleich wie Feuer und Wrme eins! Und, BruderPaulus, ich sage dir: in der ganzen Unendlichkeit wird sich kein anderer Gottmehr offenbaren knnen als Jesus Christus!

    09.04.2011 Seite 13 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    14/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Obwohl Er Mensch war und irdisches Fleisch trug, ist Er doch in Seineminnersten Wesen Gott geblieben. Wre Er von einem Menschen gezeugt worden,so httest du vollkommen recht! So aber ist Seine Mensch-Werdung dasselbeWunder, wie Er in mir alles in allem werden konnte. Das Wunder Seiner groen

    Liebe zu uns Menschen ist eben das Unbegreiflichste!Um deinetwillen, lieber Paulus, sagte ich dieses, und wer drngte mich dazu?Das ist eben Jesus in mir. Jesus unser aller Vater! Ohne den bin ich nichts,mit ihm aber alles.Paulus bekannte: Zu all deinen Worten, lieber Ursus, kann ich nur sagen, ichwnschte, es wre bei mir ebenso! Nun erst kann ich es mir erklren, weshalbich in voriger Nacht im Traum Jesus nicht gleich erkennen konnte und SeineWorte nicht verstand: Wer Jesum nur erst in seinem Verstande erfat hat, beidem hat Er noch einen weiten Weg, bis in seines Herzens-Welt zu gelangen!"Sei getrost", entgegnete Ursus, der Herr durchschaut dein Inneres und sieht

    dein Wollen und Wnschen! Er gibt dir trotzdem so viel Kraft, als ntig ist, undso viel Weisheit, um in allen Dingen Sein Werk und deine Aufgaben daran zufrdern.Nur Liebe kann Er dir nicht geben, weil diese der Mensch Ihm darbringen soll.Nach dem Mae deiner Liebe erst wchst Sein Ich in dir. So viel Er aber in dirgewachsen ist, mut du folglich von deinem eigenen Ich abgenommen haben.Wir wollen nun nicht weiter darber reden, weil es ja jedes Gotteskind in sichselber finden mu, wie es sich zur herrlichen Vater-Liebe einstellen will."Ursus schwieg und Paulus mute feststellen: Dieser Rmer denkt wie Simonund Naeme", und dabei wurden wiederum all die Erlebnisse im Traum lebendig.Bald waren sie vor dem Hause Marias angelangt. Paulus trat ein, Ursus fuhr erstzu dem rmischen Hauptmann Benno zu kurzem Besuch. Paulus hatte bemerkt,da Maria schon zum Fortgehen gerstet war und fragte: Woher wutest du,da wir kommen, um dich abzuholen?"Lchelnd sagte Maria: Lieber Bruder, darber wundere dich nicht; dennschneller als der Blitz erleuchtet uns der innere Funke auch die Vorgnge in derAuenwelt. Freilich, wer erst alles mit seinem Verstand erfassen will, kann vondem Wehen des Geistfunkens wohl nur wenig in sich verspren!Nur wer in sich, in der wahren Gotteswelt, schon lebt, wird oft auch ber die

    Gedanken anderer Menschen unterrichtet sein. Dieses ist aber nicht eine Fruchtdes bloen Glaubens, sondern ist die volle Einung des in uns wohnendenGottesfunkens mit dem Feuer des ewigen Ur-Geistes!Werde ganz Liebe! Dann kannst du tglich solche Wunder erleben, die aber nurdie natrliche Folge des in dir sich regenden Gotteslebens sind.Um dir dieses noch deutlicher zu machen, sage ich dir: In vergangener Nachtbist du an vielen Seligkeiten vorbeigegangen, und darum betrachtest du all dasErlebte heute nur noch als Traum. berhaupt mchte ich dir noch sagen: JederVorgang, sei es bei Tag oder bei Nacht, ist eine Sprache, die nur das erwachteHerz verstehen kann. Stelle dich auf den Boden reiner, wahrer Kindesliebe zumheiligen Vater und du wirst nie geahnte Wunder erschauen!"Da kam Ursus und holte die beiden ab nach Bethanien. Maria schilderte ihnenunterwegs von den Gnaden-Vorgngen, welche die Brder tglich erlebten, und

    09.04.2011 Seite 14 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    15/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    auch Ursus war ein stiller Zuhrer dabei.Am Abend kam noch Johannes mit einigen Jngern, und nach dem Abendessenbat Lazarus den Paulus, ihnen etwas von seinen herrlichen Gnaden-Fhrungen inder Nacht zu schildern, wozu Paulus auch gern bereit war. Und voller Andacht

    hrten alle zu und erlebten mit ihm die Seligkeit der vergebenden Liebe vonNaeme.Am andern Morgen sang David mit Salome in besonders jubelnder Freude dasMorgengebet, da Lazarus beide eingeladen hatte, mit der Karawane desDemetrius nach Neu-Bethania zu fahren, wo Theophil schon als Gottesdienerwirkte.Nach dem Morgenmahl erschien schon der Hauptmann Benno mit seinemWeibe Verona und seinem Unterfhrer Herminius; und wie immer sah manherzliche Freude und strahlende Gesichter.Lazarus bat Paulus, sich zu diesen Rmern zu gesellen: Dort ist fr dich eine

    besondere Aufgabe, denn diese haben den Meister in Seinem Erdenleben auchnicht gekannt."Verona ging mit Maria zu den Schwestern des Lazarus und dann zu Pura,Miriam und Ruth. Die Mnner hatten sich in ein ernstes Gesprch vertieft berden neuen berwindergeist, der ihnen von dem Auferstandenen berkommenwar, und Herminius, der ein ernster Gott-Sucher geworden war, hrte sehraufmerksam zu.Dann kam die Rede auf die Herkunft des Menschen und die hohen AbsichtenGottes mit der Menschheit, Ursus erklrte: Gewi ist alle Rckerinnerungausgelscht, aber mit dem Reifegrad, wo der Mensch sich erkennt und in innereVerbindung mit seinem ewigen Schpfer tritt, kommt der erwachendeGottesfunke unserm Bewutsein zu Hilfe und offenbart uns Dinge, die uns fastmrchenhaft erscheinen.Mit diesen Offenbarungen aus unserer Vorwelt kommen natrlich auchOffenbarungen fr unsere knftige Mission, und dadurch erst erhlt unserErdenleben seinen bergroen Wert. Der Mensch wei nun, warum und wozu erhier lebt. In ihm wird es licht, und er fngt an, seine Gedanken-Welt zu ordnenund in eine innere Welt zu umgestalten, die ganz sein Eigentum wird, da sie jaaus dem Produkt seiner Liebe-Neigungen entstanden ist.

    Lebt Gott in dir, wenn auch nur nach deinen engen Begriffen, nie wird Er Sichdir anders nahen knnen, als eben diesen deinen Vorstellungen gem. Sehet,dieses ist das ganze Geheimnis mit wenig Worten dargestellt, und doch langt beiden meisten Menschen ihr Erdenleben nicht aus, um dieses zu fassen und sichdarnach einzustellen.Glaube, so du es zu glauben vermagst. Kannst du es nicht, so warte ruhig denZeitpunkt ab, bis der Herr dir die rechte Reife dazu anzeigen wird."Paulus ging auf Ursus zu und sagte: Ich danke dir, mein Bruder! Deine Wortewaren an mich besonders gerichtet mit einem Schlage hast du jeden Zweifelhinweggerissen. Nun sehe ich klar! Sehe meine Aufgaben mit ndern Augen undkann mich ruhig dem Wirken der erlsenden Heilands-Liebe berlassen. Ursus,ich sehe ein, je mehr wir noch nach Worten suchen, um so weiter entfernen wiruns von Seinem Leben in uns. Wenn ich aber ganz stille in mir werde, dann wird

    09.04.2011 Seite 15 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    16/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Er der Herr in meinem Hause sein!"Die Tische waren gedeckt, und Lazarus lud alle zum gemeinsamenMittagsmahle ein. Zwanglos unterhielten sich die Gste, und David und Salomeschufen die Weihe-Stimmung durch Harfe und Gesang.

    Zum Schlu sprach Lazarus: Heute sind wir alle von der Liebe unseres BrudersDemetrius geladen. Seinem Herzen war es Bedrfnis, noch einige schneStunden mit uns zu verleben, die an nichts als nur an Himmlisches erinnernsollen. Bald werden die rmischen Freunde aus Jerusalem kommen, und ichbitte alle: So, wie unser herrlicher Meister zu allen Menschen gleich gut undliebevoll war, so wollen auch wir es sein!Demetrius, du unser treuer Bruder, freue dich dessen: deine Gaste sind auchunsere Gste, und deine Freunde sollen auch unsere Freunde sein. An diesemAbend mge ein Licht von der in uns erstrahlenden Liebe hinaus in andereSphren dringen und die Kunde geben: Der groe Herr und Heiland ist unser

    Licht und Liebe-Leben."Darnach gingen alle voll dankbarer Freude in die schnen Grten. Nur Ruth waretwas ngstlich geworden und bekannte ihrem Ursus: Wenn doch dieser Tagerst vorber wre! Als Gastgeberin soll ich die fremden Gste begren? Ursus,weit du, was es bedeuten will: Hier war ich Kind, nun soll ich gleich einerHerrin wrdevoll erscheinen? Erspare mir diese Aufgabe, ich bin nicht fhigdazu!"Aber Ruth", rief Ursus ernst, bist du nicht das Weib eines Rmers und dieTochter des Kaufherrn Demetrius? Du willst doch Vater nicht betrben, wenn erseine Freunde heute zu seinem Abschiedsfeste einladet. Du hast deine Eltern,hast Lazarus und Maria um dich, alle sind da, um dich zu sttzen. Und, meineRuth, bedenke: auch der Welt gegenber mut du deine Pflichten erfllen!Bleibe einfach und schlicht und sei dir bewut, da es viel besser ist, so manBrcken baut zu den Herzen der Fremden, als sich von ihnen zurckzuziehen!Lazarus will dieses Fest weihevoll gestalten. Dies kann aber nur mglichwerden, wenn aller Herzen dafr eingestimmt sind.Sorge dich nicht, vor unsern Gsten, Freunden und Geschwistern bist du heuteHerrin doch vor unserm liebenden Jesus-Vater bist und bleibst du Kind!"Auch Maria lchelte um dieser Sorge willen, sie sagte: Ach Kind, einmal mut

    du doch zu reprsentieren anfangen, denn Gotteskinder hier auf Erden sollenStellvertreter Gottes werden!Sei dir deiner Wrde als Gotteskind bewut, damit auch du eine bleibende Stattin den Herzen der Freunde erhltst! Wir sind doch noch in Bethamen, wo sichalle freudig als herrliche Gottesgemeinschaft bekunden."Schon kamen die ersten Gste, Kaufherren mit ihren Frauen in festlicher Tracht,und immer neue Wagen kamen angefahren.Demetrius und Ursus sowie Ruth bewillkommneten dieselben und machten dieFremden mit den Angehrigen des Hauses bekannt. Diener brachtenErfrischungen und fhrten die Gste in die schattigen Grten und Plantagen.Der Mittelpunkt ihres Interesses aber blieb Ruth. Alle ihre Scheu war pltzlichberwunden. Ihre Wrde und zarte Schnheit rief Bewunderung hervor; unddoch war sie selbst voller Freude und Heiterkeit, so da Enos und Miriam ber

    09.04.2011 Seite 16 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    17/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    ihre junge Tochter im Stillen erstaunt waren.Lazarus war Sttze des Demetrius und die Seele des ganzen Festes. SeinenAugen entging nichts, denn es galt, den Stand der Christen vor den Rmern zuerhhen und dabei der Gastfreundschaft doch voll gerecht zu werden.

    Im groen Saale wurde zum Festmahl gerichtet. Demetrius staunte selbst berden Reichtum des Lazarus und sagte: O Bruder Lazarus, ich bewundere diesePracht! Woher stammt denn diese berflle von Gold- und Silbergefen?"Sei ohne Sorgen", antwortete Lazarus, dieses alles gehrt nicht mir, sonderndem Herrn, der es mir einst zur rechten Verwendung berreicht hat. Nur beifestlichsten Anlssen, ganz um der Liebe willen, lasse ich die Truhen ffnen unddies auf die Tafeln bringen. Mit diesem Vorgang aber mache ich nun auch denHerrn zum Gastgeber, und ich bin nur Sein treuer Diener.0 Demetrius, so wir beide nun gemeinsam, den Herrn als unsern Gastgeberanerkennen und Gebrauch von Seinem Angebot an kstlichen Schtzen machen,

    dann ist ein Teil unserer Mission erfllt, und wir machen Seinem VaterherzenFreude."Gegen Abend sagte Lazarus: Nun, lieber Demetrius, rufe deine Gste und fhresie in den Speisesaal alles ist bereit."Als alle versammelt waren und auf Anweisung ihrer Pltze warteten, erklrteihnen Demetrius: Meine Freunde, hier in Bethanien gibt es keine Rang-Ordnung; bitte, betrachtet euch wie Brder und nehmet Platz ganz nach eurerWahl."Wohl stutzten die Fremden, aber sie kannten doch Demetrius und Ursus undachteten stets ihre oft besonderen Anschauungen; und als Ursus und Ruth schonmitten im Saal ihren Platz eingenommen hatten, setzten auch sie sich.Alle waren still erstaunt ber die Pracht, die auf gewendet war. GoldeneLeuchter brannten auf allen Tischen, goldene Geschirre, kleinere und groegoldene Becher und silberne Krge funkelten im Kerzenglanz.Demetrius erhob sich, schaute alle Anwesenden freundlich an und sagte: MeineFreunde! Ich habe euch gebeten, heute meine Gste zu sein in dem Hause, woich selber nur Gast bin. Ihr seid gekommen und habt mir eine rechte Freudedamit gemacht. Dieses Fest soll eine Abschiedsfeier sein und soll den Zweckhaben, uns alle in bleibender Erinnerung zu behalten. In zwei Tagen sind wir

    schon auf dem Wege nach unserer Heimat, nach Rom, und wer wei, ob undwann wir uns auf Erden noch einmal begegnen.Ihr wisset alle, da ich und die Meinen hier in Juda ein groes, echtes Glckfr unsere Seelen gefunden haben, und dieses verdanken wir dem groenNazarener Jesus, den ihr fast alle dem Namen nach kennt. Er lebt nicht mehr alsMensch in unsern Reihen, aber in unsern Herzen ist Er eine lebendigePersnlichkeit.Darum mchte ich nicht, ohne Seiner zu gedenken, ja ohne Seine geistigeGegenwart und Seinen gttlichen Segen dieses Mahl beginnen. Ich bitte euchdarum: Erhebet euch von euren Pltzen, damit ich Seinen Segen und SeineGegenwart erflehen kann!"Alle waren aufgestanden dann betete Demetrius: O Jesus, du Herr und Vateraller Menschen! In Deinem Geiste und in Deiner Liebe habe ich meine Freunde

    09.04.2011 Seite 17 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    18/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    hier geladen zu einer Abschiedsfeier. Du aber machest uns das Mahl erst zueinem Liebes-Mahl und unser Beisammensein zu einem heiligen Feste! Sobitten wir Dich: 0 komme, und sei Du unser liebster Gast, und segne mit DeinerLiebe alle unsere Herzen und alle Gaben um Deines groen Werkes willen!

    Amen!" Ich danke euch allen, meine Freunde, und nun strket euch mit dem, wasunsere Liebe euch bereitet hat." Man setzte sich. Lautlos reichten die Dienerdie Speisen; Brot und Wein stand schon auf den Tischen, und so griffen allegern zu. Doch ganz erstaunt schauten sie einander an und bekannten: O welchein kstlicher Geschmack! So etwas Herrliches haben wir noch nie gegessen!"Jetzt erhob sich Ursus von seinem Platze, nahm einen gefllten Becher in dieHand und begann: Meine Freunde, Brder und Schwestern! unsere Liebe hateuch geladen zu diesem Feste, welches Der uns weiht, der, die Ewige Liebe' ist!Mir ist es ein Bedrfnis, euch dieses zu verkndigen, und euch zu bitten, mit mir

    von diesem von unserm gttlichen Vater besonders gesegneten Wein zu trinken.Darum stimmet in euren Herzen mir bei, wenn ich sage: O du gtiger undheiliger Vater aller Menschenkinder! Dein ist die Liebe, Dein ist alle Kraft unddie Herrlichkeit, die wir durch deine Gnade jetzt und immerdar empfangen! Sowollen wir alle von diesem, von Deiner Liebe gesegneten Wein trinken mit demWunsche: da das zarte Band, das Deine Vaterliebe um uns webt einbleibendes werde! Amen!"Die fremden Gste waren betroffen, taten aber nach seinem Wunsch und fhltensich sogleich von dem kstlichen Trunk so beschwingt, da ein stilles Verlangenin allen erwachte, noch mehr von dieser Gttergabe zu genieen!Darnach erhob sich ein Rmer, ein Hne von Gestalt, aber in seiner Stimme lagein wunderbarer Klang als er sagte: Mein Freund Demetrius und du meinlieber Ursus, ich mu vor euch eine Beichte ablegen und scheue mich nicht, vordiesen deinen Freunden und Gsten es zu tun. Ich kenne euch als tchtigeKaufherren, habe euch aber doch manchmal bedauert und auch geuert: 0 dieseLiebes-Schwrmer welche Enttuschungen werden sie noch erleben!Heute nun mu ich euch um Verzeihung bitten, heute habt ihr diese meineMeinungen besiegt. Was eure Worte nicht vermochten, hat dieses Mahl, hat vorallem dieser Wein erreicht. Ich kenne jeden Wein aber diesen noch nicht!

    Darum glaube ich nun euch beiden und mu somit auch an den glauben, dereuch diesen Wein gedeihen lie. Und ich bekenne gern: Ja, bei solch einemVater mu man sich als Kind wohl fhlen knnen! Zum Zeichen nun, da ihrmir alles verziehen habt, bitte ich euch beide, trinket mit mir, ihr lieben unddoch so seltenen Menschen, aus meinem Becher!"Demetrius erhob sich und antwortete froh: Lieber Benito! wie gern erfllen wirdir solchen Wunsch! Aber wir mchten noch unsern Bruder Lazarus einladen zudieser unserer Verbrderung, denn er ist ja der Hter und Herr Bethaniens, undder vollkommene Willens-Ausdruck unseres Meisters Jesu! Komm, lieberLazarus und schliee diesen Bund mit uns um der himmlischen Liebe willen!"Lazarus kam und brachte einen groen goldenen Becher mit, gefllt bis zumRand, und sagte: So, wie wir nun aus diesem Becher trinken wollen, um uns ander Gte dieses gesegneten Weines zu erfreuen, so wollen wir eins sein und

    09.04.2011 Seite 18 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    19/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    bleiben in der Liebe zu unserem guten Vater! Darum segne Du, o Herr, diesenTrunk noch besonders, und ebenso diesen unsern Bund!"Lazarus trank und reichte den Becher dem Rmer; dieser geno langsam undmit Andacht von diesem kostbaren Wein reichte ihn dem Demetrius und

    dieser dann dem Ursus.Als Ursus den Becher an Lazarus zurckgab, sagte dieser: Meine Brder!Einen Bund haben wir beschlossen, der gltig sein soll bis in Ewigkeit. Dir aber,meinem neuen Bruder Benito, schenke ich diesen Becher zum Gedenken andiese Stunde. So oft du aus diesem Becher trinken wirst in dankbarem Gedenkenan den groen Geber Jesus, sollst du diesen Himmelsgeschmack wieder spren!"Ganz berrascht fragte der Rmer: O meine Brder! Womit htte ich diesesberaus kostbare Geschenk verdient? Denn dieser Becher ist ein Meisterwerk,wahrlich, etwas hnliches habe ich noch nicht gesehen."Antwortete ihm Lazarus: Bruder Benito! Dieser Goldbecher mge dir ein

    sichtbares Geschenk der himmlischen Liebe bedeuten, die mich dazuaufforderte, als du deine geringe Achtung vor uns Nachfolgern Jesu bekanntestund sie jetzt in aller ffentlichkeit in Hochachtung fr unsern Glauben an dieMacht gttlicher Liebe umgewandelt hast. Damit ehrtest du uns und die Liebeunseres Gottes."Benito betrachtete schweigend und aufmerksam den schweren, goldenenBecher, und fragte nach einer Weile: Was bedeuten diese Gravierungen?"Da erklrte Lazarus: Ich will es dir ganz kurz andeuten, wenn du Mue dazuhast, wirst du noch viel mehr darin finden. Hier dieser Abschnitt zeigt dieErschaffung des ersten Menschen, und wie er mit seinem Weibe in Harmoniemit allem Geschaffenen im Garten Eden glcklich lebt.Der nchste Abschnitt zeigt den Menschen im Kampf mit seinen Brdern, undwie er dadurch sein Hchstes, seine Gott-hnlichkeit verliert. Hier dieserAbschnitt zeigt die Mensch-Werdung Gottes, wo Tiere zum Zeugen und EngelVerknder an einfache Hirten werden, ob dieses auergewhnlich groen Welt-Geschehens!Der letzte Abschnitt zeigt, die Kreuzigung', als Werk des Hasses, und dann, dieAuferstehung' Jesu als gttlicher Meister! Also eine Geschichte der Menschheitin ihrem Werden, ihrem Abfall von Gott in Irrtum und Wahn, und ihre Erlsung

    durch die Macht der Jesus-Liebe.Danke nicht uns, sondern dein Danken mge ein Dienst an deinenMenschenbrdern werden! Frage auch nicht nach dem Knstler, denn wenn Gottdiese Erde, Sonne, Mond und alle Sternen-Welten geschaffen hat, wird Er wohlauch imstande sein, diesem sieben Pfund schweren Becher ein Dasein zu geben.Nun sei er dein! Behalte ihn in treuem Gedenken an Jesus, und benutze ihnim Dienste Seiner Liebe!"Der starke Rmer war erschttert endlich sprach er laut: Ich danke Dir, Duim Geiste hier weilender Meister Jesus! Lasse Dich auch von mir erkennen,damit ich mich Deines wunderbaren Geschenkes wrdig erweisen kann."Diese Szene hatten alle Anwesenden miterlebt, und alle mchten nun auchdiesen Becher genauer betrachten.Benito mchte am liebsten alle aus diesem Becher trinken lassen, fragte aber

    09.04.2011 Seite 19 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    20/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    erst Lazarus darum. Dieser antwortete ihm: Was knnte dich daran hindern?Ist nicht Wein genug da, um alle zu erfreuen? Fr uns in Bethanien gibt es keinegrere Freudebettigung, als unsere Mitmenschen so recht zu beglcken."So lt Benito den Becher fllen und spricht zu allen: Liebe Freunde! Fast

    mchte ich sagen: Liebe Brder! Dem Herrn und Meister Jesus zu Ehren trinketalle aus diesem Becher, damit auch euer Herz sich erfreuen lerne an dem, wasalles uns von Ihm geschenkt wird! Ihm sei Ehre und Preis!" So tranken alle daraus die Stimmung wurde immer gehobener, und die Gsteunterhielten sich in Gruppen von diesem gttlichen Meister Jesus.Benito hatte erfahren, da die Mutter Jesu hier anwesend sei, und bat, siekennenlernen zu drfen, um sich ein Bild von ihrem Sohn machen zu knnen.Maria aber sagte freundlich: Lieber Freund und nun in Seinem Geiste auch Bruder! Schaue hier auf diese Brder, sie verkrpern ganz Sein Wesen. Dukannst dich mit jedem einzelnen unterhalten und jeder wird dir geben, was dir

    auch Jesus geben wrde.Siehe, du hast den Wunsch ausgesprochen, Ihn nher kennen zu lernen. MitJesum ist es aber eine eigene Sache, denn ich lerne Ihn nicht kennen wennich mich von Ihm, Seinem Wesen, Seinem Tun und Wirken unterrichten lasse,sondern wenn ich Sein groes Wollen, Sein heilig Werk, zu meiner Sachemache, und Seinem Heiligen Geiste mein Herz und meine Innenwelt erschliee.Wenn ich an Seine Erdenzeit zurckdenke, mchte mich wohl Wehmut erfassen,weil wir Seine Sache nicht gleich zu der unsrigen machen konnten. 0 welch einGegensatz war manchmal zwischen unserm alten Glauben und Ihm, bis wirendlich doch einsehen muten: Er war im Recht! Hatte Er doch schon mancheSchwchen in sich berwunden, was uns zu tun unmglich erschien, und vorSeiner herben Offenheit mute uns oft bange werden. So sind wir Stufe umStufe gewachsen, bis die Gewiheit kam: Er ist mehr denn ein Mensch! Ja,was in Ihm lebt und ringt und kmpft ist Gott!Als die Zeit kam, wo Er Seine gttliche Sendung frei und ffentlich bekannte,war die Zahl Seiner Freunde natrlich nur sehr klein, der Gegner Seiner Lehre aber sehr gro!berblicke ich heute Seine Sendung, so mu ich sagen: 0 Jesus! Du hast nichtumsonst unter deinen Menschenkindern gelebt, und Dein Sterben war ja nur das

    Alarm-Zeichen fr Dein heiliges Erlsungs-Werk.Nun aber, wo wir alle erlebten, da Du auch den Tod berwunden hast undSieger ber alles Leben geworden bist, wissen wir, da wir unser Leben an DeinLeben ketten drfen.".Benito suchte alles in sich aufzunehmen, so neu es ihm auch erschien, dannfragte er noch: Maria, wrdest du von Jesus auch so sprechen, wenn Er nichtdein Sohn gewesen wre?"Antwortete Maria: Da ich hier Seine Mutter sein durfte, wird wohl erst in derEwigkeit voll und ganz seine Erklrung finden, hat aber mit meinem Zeugnis frIhn nicht das Geringste zu tun.Mit Seiner Auferstehung ist ja auch zwischen mir und Ihm ein ganz anderesVerhltnis eingetreten, denn von dieser Stunde an bin ich nicht mehr seineMutter, sondern, Kind' wie du! Ich mu bemht sein, jede Gelegenheit

    09.04.2011 Seite 20 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    21/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    wahrzunehmen, um mich nicht ablenken zu lassen, sondern durch Seine Spracheim allerinnersten Herzenskmmerlein stets mit Ihm in Verbindung zu bleiben.Und jeder, der die Bedingungen dazu: Liebe Gott ber alles und deinenNchsten wie dich selbst! gern und freiwillig erfllt, wird bald mit Ihm in

    nhere Beziehungen treten. Denn Gott kann nur da wohnen und wirken, wo Ihmdie Herzens-Welt erschlossen ist."Sprach Benito ernst: Dein Zeugnis von Jesus gengt mir vollkommen, liebeMaria. Und wenn Menschen wie Demetrius und Lazarus ihr Vermgen und ihrLeben in Seinen Dienst stellen, und sich dabei nicht rmer, sondern sichtlichimmer glcklicher fhlen, so wei ich jetzt, was ich Seinen Feinden zuantworten habe."Lazarus brachte ihm jetzt den Becher zurck. Benito stellte noch einige Fragenber dessen Herkunft, und so erzhlte Lazarus: Wie lange dieser Becher schonin den Truhen bei dem ndern Goldgeschirr liegt, kann ich nicht sagen. Ja es

    kommt mir vor, als htte ich denselben heute zum ersten Mal in Hnden. Beiden groen Gnadengeschenken durch den Herrn oder Seine Engel ist man auchnicht begierig, jeden Gegenstand richtig in Augenschein zu nehmen; denn ofthaben Engel im Augenblick alles zum Mahl geordnet. Heute, als ich den Becherbetrachtete, sprach der Herr in mir: So dich dein Herz drngt, einen BeweisMeiner Liebe zu geben, so wird dieser Becher der rechte sein." Siehe, so tat ichnach dem Gehei des Herrn, der in mir lebt, und dem ich alles danke."Lazarus, davon mut du mir noch mehr erzhlen! Aber nicht heute, sondern ichhole dich einmal in mein Haus, um in Gegenwart meiner Familie und einigerFreunde von eurem Jesus und deinen Erlebnissen mit Ihm zu hren."Dieses tun wir gern, Bruder Benito, denn jede solche Bitte ist mir wie einGottes-Ruf! Wenn du aber mit der Mutter Maria und den Brdern in die rechteUnterhaltung ber Jesus gekommen bist, erbrigt sich vielleicht alles andere.Siehe, hier bei uns wird nicht Wissenschaft und Kunst gepflegt, hier ist keinermehr und keiner weniger, sondern wir bemhen uns alle, jedem zu geben, wasdie ewige Liebe fr ihn in steter Bereitschaft hlt. In diesem Bemhen lt unsder Herr auch nie allein, und Sein Wort: Siehe, Ich bin bei euch alle Tage, hatsich bis jetzt immer bewahrheitet! Aber nun kommt unser Snger und mchte auch seine Liebe zu Gott vor allen

    bezeugen!" David hatte seine Harfe bereitgestellt, und seine Hnde lieen soreine Tne aus ihr erklingen, da alle schwiegen. Lauter jubelten die Saiten und er sang zu seinem Spiel ein Loblied auf die groe Liebe Gottes zu allenMenschenkindern. Dann schlo er: Drum Freunde, mcht ich bitten euch vonganzem Herzen, verget die Stunde nicht, wo ihr beim Herrn geweilt! Durchunsre Reihen ist Er ja geschritten, als uns zum Trunk der Becher ward gereicht. Halleluja Amen."Von allen Seiten wurde ihm Dank gesagt. David aber meinte: In meinemHerzen singt es immer fort, seit ich die Liebe unseres Herrn erlebte." Es batennun einige der rmischen Gste um noch ein Lied er gab seiner Tochter einenWink, und beide sangen in ihrer herrlichen Art den Psalm 23: Der Herr istmein Hirte . Waren die vielen Gste zuerst erstaunt ber die schnenStimmen, jetzt waren sie vom gttlichen Hauche berhrt, und ihre Herzen waren

    09.04.2011 Seite 21 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    22/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    zubereitet fr ein Wort aus der Hhe.Demetrius gab bekannt, da der Jnger Johannes zu allen sprechen wolle ausdem Geiste der Gottesliebe, den David eben besungen hatte, und Johannesbegann: Schwestern, Brder, und ihr lieben Freunde! Die Liebe hat uns zu

    diesem Feste geladen und wir sind gern gekommen. Darum war es nicht nur einirdisches Vergngen, da wir uns hier in Bethanien kennen lernten, sondern eswar die hohe Absicht Gottes, mit einem zarten Bande der Liebe alle unsereHerzen zu vereinigen. Keiner von Euch ist ohne Belehrung ber Gttlichesgeblieben, und es ist auch keiner unter uns, dem Gott nicht schon begegnetwre!Aber die meisten von uns werden dieses kaum beachtet haben und ihrengttlichen Fhrungen vielleicht nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt haben.Gott aber, als die ewige Vater-Liebe, grollt jedoch deswegen nicht, sondernsucht nach immer neuen Mitteln, Sich in Seinen unendlichen Liebe-Absichten

    allen Menschenkindern offenbaren zu knnen!Heute ist uns allen ein neuer Beweis Seiner groen Liebe gegeben, doch auchheute wrde mancher achtlos an diesen zarten Schwingungen seiner Seelevorbergehen, wenn Seine Kinder euch nicht so liebevoll daran gemahnt htten!0 meine Freunde und Brder! Sollte je ein Mensch in der grten Gottes-Ferne,ja im tiefsten Schlamm der Snde sich befinden auch dorthin eilt Seinerbarmender Liebe-Geist und wartet auf die freiwillige Umkehr der Verirrten!Der Herr ist wohl Seiner Person nach von uns gegangen, aber Sein HeiligerGeist ist bei uns geblieben, und ist der Schlssel zu allen Himmeln, zu allenSeligkeiten!Dieser Heilige Geist, so Er in eine Seele einziehen darf, bewirkt den Freispruchvon allem Falschen und Verkehrten! Und dieser Sein Geist ist zugleich dieTriebkraft, die mahnt und drngt: nur Seinen heiligen Willen zu erfllen: LiebeGott ber Alles! Deinen Nchsten aber wie dich selbst!Tun wir dieses, dann sind die Bedingungen erfllt, und unser ewiger Gott undVater kann bei uns weilen und die Gaben Seiner Liebe und Seines Segens, jenach dem Mae unserer Liebe, an uns austeilen. Darum freuet euch alle, obSeiner Liebe zu uns, und liebet euch wahrhaftig untereinander, denn Er hat unszuerst geliebet! Sein heiliger Frieden sei mit euch allen! Amen!"

    Tiefe Stille lag ber den Versammelten. Leise sang David noch einen kurzenPsalm als Abschlu, und dann schlo Demetrius diese Feierstunde: Freunde,bald scheiden wir nun aus diesem Lande, wo wir die grte Gnade Gotteserleben durften, den ewig-gtigen Herrn und Vater aller Menschen in demMeister Jesus Christus kennen zu lernen.So habet auch ihr alle, meine Gste, heute einen Vorgeschmack von demerhalten, was allen denen bereitet wird, die mit diesem Vater durch ihrErdenleben pilgern, und sich zu Trgem Seines Geistes der himmlischen Liebeund zu treuen Bewahrern Seines heiligen Wortes machen wollen.So sage ich euch nun frohen Herzens zum Abschied: Dort, in der Ewigkeit,sehen wir uns sicher wieder, und dort erleben wir, was wir hier geset haben!Bewahret mir und meinen Kindern in euren Herzen ein treues Gedenken, wiewir es euch bewahren werden! Alles andere wird der Herr ordnen in Seiner

    09.04.2011 Seite 22 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    23/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    unendlichen Liebe und Erbarmung mit uns!Du aber, Herr und Vater in Jesus Christus, bleibe allezeit bei uns! Lasse DeineAugen leuchten ber uns, und Deine Gnade sei uns stets das Geschenk DeinerLiebe! Amen."

    Lazarus lie noch Frchte, Wein und Brot reichen. Der Geist der Bruderliebehatte in allen Herzen Eingang gefunden, und diese innere Beschwingtheitspiegelte sich auf allen Gesichtern.Was sich in den frhen Morgenstunden beim Abschied abspielte, ward allen einunvergeliches Herzens-Erlebnis denn es ward ein Treue-Gelbnis fr Zeitund Ewigkeit!

    IV. Abschied von BethanienAm andern Tage hatte Lazarus noch eine letzte Unterredung mit dem alten Enosund seinem Weibe Miriam. Ihr meine Freunde! Nur Liebe und Frsorge ist es,

    so ich euch noch einmal den Vorschlag mache: Benutzet die gute Gelegenheitund ziehet mit der Karawane des Ursus zu euren Kindern nach Neu-Bethania!Bedenket, eure Tochter Ruth geht mit ihrem Manne nach Rom, Jonas und Puraziehen nach Damaskus, Salome und David kommen nicht wieder zurck, undeuer Sohn Theophil verwaltet schon sein Amt in Bethania. Bedenket, ihr wrdeteuch hier sehr einsam fhlen und wrdet trauern um die, die da jetzt scheidenmssen.Lieber Enos, der Geist drngt mich, dich zu bitten: Ziehet mit dahin! Sage nicht,du bist alt und mde geworden. Des Herrn Leben in uns ist ja das Erhaltende

    und Strkende. Um des groen Werkes willen bitte ich euch, willigt ein, denn dubist dem Herrn eine rechte Sttze geworden, auf die Er noch groe Hoffnungsetzt! Dort erhlt euer Leben einen neuen Inhalt, und ihr kommt ber dieTrennung von Ruth leichter hinweg.Auf diese dringlichen Bitten antwortete Enos endlich: Lieber Lazarus! Auchich habe in den letzten Tagen schon viel darber nachgedacht, wie einsam eshier fr uns werden wird, und so meine ich, es wird schon das Rechte sein, sowir deinen Rat befolgen und von hier Abschied nehmen. Und auch Miriam wirdsich meiner Meinung anschlieen."O Bruder Enos und liebe Mutter Miriam", sprach Lazarus erfreut, ihr werdet

    mir noch fehlen, denn ihr seid mir und den Meinen lieb geworden. Aber es gehtnicht um uns, sondern um die Sache des Herrn! Hier ist gesorgt in der Seelsorgefr die Brder und Schwestern. Auch wenn noch viele hinzukommen, ist immerGelegenheit, da alle mit der geistigen Kraft gesttigt werden knnen.Aber dort in Neu-Bethania, besonders im Waisenhause, braucht Mutter Elisanoch mancherlei Hilfe bei der rechten Erziehung der Kinder in unserm Geisteder helfenden Liebe. Eure Arbeit wird euch viel Freude machen, und dankbareHerzen werdet ihr um euch sammeln, das ist heute schon meine berzeugung!Also werde ich mit Demetrius und Ursus darber sprechen und heute noch alles

    zu eurer bersiedlung besorgen. Ihr aber besuchet inzwischen noch einmal dieAlten und die Kleinen hier."

    09.04.2011 Seite 23 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    24/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Sehr schnell verging dieser Tag. Es lag Abschiedsstimmung ber allen Herzen,und doch mute noch an vielerlei gedacht werden, sollte die Reise glattvonstatten gehen. So wurde es Abend. Aus Jerusalem kam eine Abteilung rmischer Soldaten unter der Fhrung des

    Herminius, der bestellte: Der Hauptmann Benito betrachte es als seine Pflicht,seine rmischen Freunde mit ihrem groen Wagenzug sicher zu geleiten, denner traue den Templern nicht! Dem Lazarus wurde es bedeutend leichter umsHerz, und er dankte im Stillen dem Herrn fr Seine gtige Vorsorge.Die Glocke rief zum Abendessen und zur Abschiedsfeier. Die Tischeprangten in ihrem Schmuck wie gestern beim Fest. Weihevoll gestaltete sichdiese letzte Andacht ihres Beisammenseins, indem Johannes die Fortziehendennoch einmal segnete: Bleibet getreu! damit die Welt euch nichts raube vondem, was der Herr euch schenkte als neues Leben!Du, Bruder Enos, und du, liebe Miriam, wohl ist es bei euch schon Abend

    geworden, aber des Herrn Liebe und Kraft ist ja euer Teil. Deine frherenweltlichen Begriffe von einem Gottesdiener sind dir, lieber Enos, durch dieerbannende Liebe unseres Meisters nun als sehr verkehrt offenbar geworden,darum gib der irrenden Welt von deinem jetzigen Leben mit Gott zurck, damitsie erfahre: wie man Gott in Wahrheit dient!Gib allen, die zu dir kommen mgen, von diesem Lichte, und viel Segen wirdaus eurem Tun hervorgehen! Eure Liebe mge sein wie ein khler Tau, der allesMde und Matte zu neuem Leben erquickt."Du, Bruder Demetrius und Ursus, eure Sehnsucht ist verwirklicht. Es sieht aus,als ob die Liebe euch berschttet mit ihren Gaben, und doch sage ich euch:Gro und ernst sind eure Aufgaben, die ihr in Rom noch zu erfllen habet!Hier kennen wir alle den Herrn, den Meister und liebenden Vater, aber dort, woihr nun wohnen werdet, sollen die Menschen Ihn durch euch erst kennen lernen.Frchtet euch nicht vor diesen heiligen Pflichten, denn der Herr wird auchhierbei das A und das 0 sein! Der Lenker und Leiter und auch der Vollender.Ein neues Leben soll erstehen! Ein neues Geschlecht soll erfllt werden mit demGeiste aus den Himmeln! Darum Treue um Treue! Liebe um Liebe! Undreichster Segen wird eure Arbeit krnen, euch allen zum Heile!Und du, Ruth, bist gedungen, ber diesen Geist der Liebe zu wachen, weil du dir

    diese Aufgabe erbeten hast."Mein Jonas, und du, Pura! Vor euch liegt nun ein Leben voll neuer Aufgaben!Ihr habt der Liebe Wunder wirkende Kraft erlebt. 0 denket daran, da es nochviele irrende Menschenkinder gibt, denen ihr Wegweiser und Sttze werdensollet!Auch euch rufe ich zu: Bleibet Ihm treu! Irret nicht ab vom Wege der helfendenLiebe, dann seid ihr geborgen fr Zeit und Ewigkeit beim Herrn als euremgtigen Vater!"Du, Bruder David, und du, meine Salome, gleich einem Quell flieet aus euchder Liebe hchstes Gut, um alle Seelen zu beglcken und zu beleben. Bleibetimmer in dieser lieblichen Ttigkeit und in Seinem heiligen Dienste! Ihr habt somanches arme Herz reich gemacht. Ihr seid traurig gewesen, und habt doch so

    09.04.2011 Seite 24 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    25/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    manchen beglckt! Tut es fortan ebenso, und liebet und pfleget jedes neueLeben!"Zu dir, Bruder Paulus, sage ich: Wer wie du die groe Erbarmung und Liebedes Herrn in so besonderer Weise erfahren hat, kann nur noch die eine Aufgabe

    kennen, allen Menschen die groe Wahrheit ber Gottes erlsende Liebe-Absichten zu offenbaren!Nach dem Mae deiner Liebe zu allen Seelen wird dir Kraft zuflieen! Nachdem Grade deiner vollen Hingabe an Gott, Licht und Klarheit! Sein HeiligerGeist erflle dein ganzes Wesen, damit dein Auen-Leben wie deine Innen-Weltnur Jesus Christus verkrpere! Des Herrn Segen und Sein heiliger Friede seimit euch allen! Amen!"Ganz still war es unter den Versammelten dann bat Johannes noch: BruderLazarus, nun sprich du den Segen! Du, als Hausvater, stehest alsStellvertreter Seiner ganzen Wesenheit unter uns! Und dein Wort soll sein als

    segne der Herr Selbst uns alle!"Lazarus erhob sich betete im Innern dann breitete er die Arme aus undsprach: Der Herr segne euch und behte euch!" Der Herr lasse Sein Angesichtleuchten ber euch und sei euch gndig!" Der Herr erhebe Sein Angesicht bereuch und gebe euch SeinenFrieden!" Amen! Amen! Amen!" In der Frhe des nchsten Tages, als das Morgenmahl bereitet war, alle sichnoch einmal im groen Wohnzimmer vereinten, und Lazarus den Segensprechen wollte, kam der Hauptmann Benito in den Hof geritten. Er schautenach seinen Reitern von gestern aus, die sich mit ihren Pferden hinten in denStllen beschftigten, dann stieg er ab und betrat das Haus.Lazarus und Ursus begrten ihn herzlich und luden ihn ein, an ihremMorgenmahl teilzunehmen, das fast schweigsam eingenommen ward; denn dieseTrennungsstunde war schwerer, als man gedacht hatte.Benito sagte zu Lazarus: Lieber Freund, ich wollte euch alle gern noch einmalsehen und dann habe ich noch ein paar sehr zuverlssige Leute mitgebracht,die ich hierlassen mchte, solange du von hier ferne bist, denn ich traue denTemplern nicht, weil sie wissen, da Paulus hier bei euch weilt."Bruder", sagte Lazarus bewegt, mit deiner Frsorge kommst du meinen

    Wnschen zuvor, nun kann ich auch nach auen hin beruhigt sein. Doch an desHerrn Segen ist ja alles gelegen!"Beendet war das Mahl. Noch einmal sprach Johannes, durchdrungen vomGeiste der Liebe: Frchtet euch nicht, meine Geliebten, vor den Augenblicken,wo ihr von Bethamen scheiden werdet, denn des Herrn heiliges, allesdurchdringende Leben pulsiert in uns und macht uns frei von allemBedrckenden. Ihr alle bleibet uns unvergessen, denn der Herr ist das unsVerbindende. Aus diesem .Leben' ruft der Vater euch zu: Kindlein, ziehetfrhlich eure Straen, geleitet von Meinen Engeln, geleitet von Meinen Segens-Krften, die euch jede Schwere berwinden helfen, und geleitet von denSegenswnschen derer, denen ihr hier so viel Gutes erwiesen habt!Ziehet hin in Meinem Frieden! Ich Selbst ersehne die Zeit, wo ihr, getragen undgetrieben von Meinem Geiste, das Fundament zu einer neuen Zeit legen werdet,

    09.04.2011 Seite 25 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    26/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    einer Zeit, wo alle Menschen den gerechten Gott als den liebenden Vatererkennen sollen! Wie ihr Meiner Liebe Leben erfahren und erlebt habet, solasset auch eure Mitmenschen einen Anbruch dieses ganz neuen Lebenserfahren!

    Seid besorgt um die euch anvertrauten Seelen, dann wird euer Tun und Lassenvon herrlichen Frchten gelohnt sein. Bleibet ttig in Meinem Geiste, so wirdder Himmel in euch und auch um euch eine Sttte des Friedens schaffen fr alle,die ihr liebet. So nehmet hin Meinen Segen Meine Gnade und Meinenheiligen Frieden! Amen, Amen, Amen!"Noch eine volle Stunde dauerte es, dann hatten sie allen Abschiedsschmerzberwunden und sich in die bequemen Wagen gesetzt. Demetrius mit Enos undMiriam; Ruth mit Pura, Jonas und dem Kinde, whrend David mit Salome undPaulus einen Wagen fr sich zurichteten, da sie zusammenbleiben wollten.Ursus und Lazarus ritten mit Benito nebenher, um den langen Wagenzug in

    Ordnung zu halten.Es waren aber schon einige Wagen mit Begleitpersonal vorausgefahren, die mitden Anforderungen solcher Reisen vertraut waren;und den Schlu bildeten die rmischen Soldaten, die den ganzen Zug sicherten.Nach zwei Stunden nahm Hauptmann Benito Abschied von Ursus, Lazarus undDemetrius, empfahl seinen Leuten Wachsamkeit, und ritt still nach Jerusalemzurck.V. Feiertage in Neu-Bethania

    Das Wetter war schn, und das Reisen machte allen Freude, da jeder Tag neueAbwechselung brachte. Die groe Karawane, welche all die kostbaren Waren inObhut hatte, fuhr stets zwei Stunden voraus, und die Begleitmannschaftensorgten, da die Zelte schon aufgebaut wren, wenn Ursus mit seinen Lieben amAbend rasten wollte. Nach einem allgemeinen Essen wurde dann mit Gesangund Harfenspiel noch eine Andacht gehalten, an der alle gern teilnahmen.So vergingen acht Tage, als man am Meron-See die Zelte bezog. Hier teiltensich die Wege, der groe Wagenzug sollte direkt nach Damaskus fahren undnahm Jonas und Pura gleich mit. Die ndern fuhren zu Bernhart und hofften, infnf bis sechs Tagen nachzukommen. Die Nacht war schn, Paulus hielt die

    Andacht, und seine Worte klangen aus in dem Psalm: Sehnschtig habe ich aufden Herrn geharrt, da neigte Er Sein Ohr zu uns und erhrte unser Bitten undzog uns aus der Irre und aus dem Verderben! Nun stehen wir auf dem festenGrund und Er ist unser Heil geworden! Dies sollen alle sehen, damit auch sieloben und preisen knnen die Gnade und die Liebe des Herrn ewiglich!Amen."Am andern Morgen nahmen sie Abschied, und Ursus zog mit den Seinen in derRichtung zu Bernhart weiter, wo gegen Nachmittag von weitem schon Neu-Bethania zu sehen war.

    Alle Herzen waren voll Freude bei der unerwarteten Ankunft. Lchelnd sagteLazarus, in Beziehung auf Enos und Miriam: Bruder Bernhart, eine kleineBrde mute ich dir auf deine Schultern legen, denn die Eltern Theophils httensich in Bethanien jetzt sehr einsam gefhlt."

    09.04.2011 Seite 26 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    27/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Bernhart aber unterbrach ihn: O Lazarus, du Lieber, sage nicht ,eine Brde',sondern es wird uns noch groe Freude bereiten, so beide bei uns bleiben; dennTheophil ist oft tagelang nicht anwesend, und geistige Arbeiten im Dienste desHerrn gibt es hier genug."

    Auch Mutter Elisa war hocherfreut, in Mutter Miriam eine rechte Hilfe bei derErziehung ihrer Waisenkinder zu erhalten.Theophil war nicht anwesend; seit einigen Tagen schon weilte er in der Siedlungdes Achibald. Bernhart wollte am ndern Morgen einen Boten zu ihm senden,aber Enos meinte: Ich habe die Ahnung, da er bald kommt, denn unsereSehnsucht nach ihm mte er doch empfinden. Als man am Abend am groen Tische sa, bat Bernhart alle, mit ihm dem Herrnfr dieses Beisammensein zu danken. Dann segnete er das Mahl und schlo:Herr! Du Vater unser aller! Du Geber aller Freude! mit lebendigen Herzendanken wir Dir, weil Du in Deiner heiligen Liebe in unsere Herzen eingekehrt

    bist. So wollen wir nur noch eines erstreben: Dir danken zu lernen mit wenigWorten, aber mit greren Werken. Dein Wille werde allezeit in uns zur Tat!Amen." Nun entzndete Bernhart die Leuchter und lud alle ein: Genieet mit Freude,was der Herr uns gegeben, da es in euch werde zur Kraft im neuen Gottes-Leben."Nach dem Essen wollte David seine Harfe holen da trat Theophil insZimmer. Er war derart erstaunt ber all den Besuch da er zuerst nichts sagenkonnte. Endlich ermannte er sich, umarmte seine Mutter und rief berglcklich:O Lazarus! Dies ist das Werk deiner Liebe! Keinem ndern wre es gelungen,Vater und Mutter von Bethanien fortzubringen. 0 lasse deine Liebeweiterwirken, da beide fr immer hierbleiben, es wre fr uns alle wie einGeschenk aus den Himmeln!"Lazarus aber sprach: Lieber Theophil, jetzt sind wir hier und bleiben einigeTage beisammen, dann wird sich schon eine Lse hierfr finden. Es gilt ja, inallem nicht unsern Willen, sondern Gottes Willen in die rechte Tat umzusetzen!Du bist hier ein Diener Gottes und deiner Mitmenschen und darfst nur eineskennen: Gehorsam! Alles andere aber wirket Gott, unser liebevollster Vater!"Diese weisen Worte machten ihn ruhig. Nun erst konnte Theophil alle begren

    und ging zu seinem Vater, seine Braut Salome drckte er bewegt an sein Herz.Den Bruder Paulus sah er lange an dann sagte er: Mir ist, als ob ich dich vonfrher her kenne, aber es ist lange her, und aus einer Zeit, die ich gernungeschehen machen mchte. Aber da du nun mit hierher gekommen bist, wirstauch du den allein wahren Herrn und Gott gefunden haben."Paulus antwortete: Bruder, aus den Erzhlungen deiner Eltern habe ich deinenWerdegang gengend kennengelernt. Ja, auch ich habe den Tempel verlassen.Mein Leben gehrt nicht mehr mir, sondern Dem, der mich errettet und erlsthat, unserm Meister Jesus Christus! Ihm darum alle Ehre!" Am ndern Morgen, die Sonne hatte lngst ihre belebenden Strahlen der Erdezugesandt, machte Bernhart mit Demetrius, Lazarus und Ursus einen weiten Rittin das umliegende Gelnde.Theophil zeigte inzwischen Vater, Mutter und Salome die Gebude und Stlle

    09.04.2011 Seite 27 von 40

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 19

    28/40

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    der neuen Siedlung und begrte froh die bei der Arbeit weilenden Schwesternund Brder.Die nchsten Tage sollten ganz der Ruhe und Behaglichkeit gewidmet sein,darum wurden erst zum Sabbath die Kinder des Eusebius eingeladen, um dann

    zugleich die Eheschlieung Theophils im Kreise seiner Lieben zu feiern; Priesterwaren ja Enos und Paulus.Der Mutter Elisa


Recommended