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Max Seltmann Heft 11

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    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Heft 11. Das neue Leben im Menschen

    01. Das neue Leben im Menschen02. Das neue Leben im Menschen03. Das neue Leben im Menschen04. Das neue Leben im Menschen05. Das neue Leben im Menschen06. Das neue Leben im Menschen07. Das neue Leben im Menschen08. Das neue Leben im Menschen09. Das neue Leben im Menschen10. Das neue Leben im Menschen11. Das neue Leben im Menschen

    12. Das neue Leben im Menschen

    In der Heilsttte des Markus.*)Siehe Gr. Evang. Joh. II, 174/175, V, 167.

    01. Das neue Leben im MenschenAuf dem Wege nach Caesarea Philippi bewegte sich ein aus gyptenkommender merkwrdiger Zug; an der Spitze ein paar Kamele, geritten vonschwarzen unbewaffneten Mnnern; dann beladene Wagen, und zum Schluberittene rmische Soldaten.Gefhrt wurde diese Karawane von einem jungen, aber beraus krftigenRmer, welcher auf einem arabischen Hengste sa.Auf seinem Gesicht lag leiser Unmut, denn er wollte lngst am Ziel sein, dochdie Versptung lie sich nicht einholen.Er hatte Auftrag, seinen Herrn und Gebieter, einen reichen rmischenGrokaufmann, aus der Heilsttte des alten Markus abzuholen.Die Sonne schien hei, und Menschen und Tiere sehnten sich nach Labung.Mit Freude bedeutete er den Schwarzen, da sie sich endlich dem Zielenherten, und zeigte nach einem jetzt sichtbar werdenden groen Anwesen.

    Da kamen ihnen zwei Juden entgegen; neugierig betrachteten sie die Kamelemit ihren schwarzen Reitern und fragten den Rmer, ob er mit all denMenschen und Tieren zum alten Markus wolle?Als er bejahte, sprach einer von den Templern mit hhnischem Lachen: Dannkommt ihr ja gerade recht, denn bei denen ist all ihr Glauben und Hoffenzunichte geworden!Der Rmer antwortete erstaunt: Ich verstehe euch nicht und will ja von euchnichts wissen, denn mein Ziel kenne ich; dein Gesicht aber sagt mir, da dumit keiner guten Absicht bei diesem Menschenfreunde gewesen bist! Dochgehet uns aus dem Wege, damit ich mich nicht ber euch rgere!Mit auffallend schadenfrohen Gesten ihm antwortend setzten die beiden Judenihren Weg langsam fort. Der Rmer hielt sein Pferd an und blickte ihnen

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    scharf nach, dann gab er seinem Hengst einen leichten Schenkeldruck, undim schnellsten Galopp ritt er pltzlich den ndern voran, der Heilsttte zu.Ist alles wohl?, fragte er sogleich den Sohn des Markus, der ihn willkommenhie. Ich habe das Gefhl, als sei euer Friede oder eure Besitzung in

    Gefahr!Es ist, wie du sagtest! antwortete der Angesprochene, doch komm undsiehe selbst, mein Vater ist im groen Wohnraum.Der junge Fhrer bergab sein Pferd dem herbeieilenden Knecht und gingzum alten Markus, der ihn schon bemerkt hatte und nun beraus herzlichbegrte.Meine Leute knnen gleich hier sein, sprach Ursus, der Rmer, aber wasist hier geschehen? Ich traf zwei Juden, deren Zuruf mir nichts Gutes zubedeuten schien, darum meine Eile!Mein Freund und junger Bruder, antwortete Markus bekmmert, ja, man

    berbrachte mir vor kurzem eine Kunde, wonach Unaussprechliches inJerusalem geschehen sein soll; doch wollen wir noch abwarten, bis Nheres zuerfahren ist! Freilich, die Art der beiden jdischen Priester lt michSchlimmstes befrchten; aber eins ist sicher: Ohne den Willen unseres Herrnund Meisters kann doch nichts geschehen sein!, beruhigte er sich selbst.Ich will Demetrius von deinem Kommen benachrichtigen, und dann wollenwir gemeinsam darber sprechen.Markus und Ursus gingen hinaus. Da kam ihnen ein Knecht entgegen undmeldete schon die nahe Ankunft der Karawane.Markus gab die ntigen Anordnungen, Pferde und Kamele in den Stllen gutunterzubringen, die Leute aber der Obhut seines ltesten Sohnes zubertragen.Komm und erfrisch dich, nimm erst ein khles Bad, sprach er zu Ursus,inzwischen will ich dich bei deinem Herrn anmelden. Und Ursus, der alleRumlichkeiten des groen Anwesens schon kannte, ging mit kurzem Grudavon.02. Das neue Leben im MenschenDer alte Markus begab sich nun hinber in die groe Liegehalle, wo viele

    Kranke sich wohlig ausruhten.Mit freundlichen Gren ging er an ihnen vorber und rief dann dem rmischenGrokaufmann und Handelsherrn Demetrius zu: Soeben ist Ursus mit seinerKarawane angekommen, darum komme ich selbst, um dich zu holen.Mein lieber Freund, entgegnete Demetrius sanft, als ich dich kommen sah,fhlte ich in mir, da du Kummer hast! Denn noch nie sah ich solche Schattenin deinem Angesicht. Betrifft es Ursus, da du selbst zu mir kommst, oder hastdu geheimen Seelenschmerz?Wenn es nur Kummer wre, entgegnete Markus, so wte ich, wohin ich

    zu gehen htte; aber Furchtbares ist mir in der letzten Stunde berbrachtworden, und dies hat mein ganzes Sein erschttert! Doch komme mit mir indie groe Wohnstube, dorthin habe ich Ursus bestellt, und dort wollen wirdieses unter uns besprechen.

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    Der rmische Handelsherr fragte noch: Markus, was ist geschehen? Aber duweit doch besser als ich, wer in allem Geschehen der groe Helfer ist!Lieber Freund, sprach Markus leiser es wird notwendig sein, da wir unsgemeinschaftlich darber beraten, denn es handelt sich hier nicht um uns,

    sondern um Jesus!Schweigend gingen nun beide dem Hause zu; in der groen Stube waren zweiTchter des Markus beschftigt, Brot und Wein fr die Ankommenden bereitzu stellen. Wortlos nahmen beide Freunde Platz. Dem Hausherrn aber wurdegemeldet, ein Freund aus Caesarea wollte ihn sprechen; und so bliebDemetrius eine Weile allein.Dann kam auch schon Ursus; frisch und krftig stand er vor seinemGebieter und wurde herzlich willkommen geheien.Zuerst wurde mancherlei Geschftliches besprochen, bis Markus kam und mittiefem Schmerz im Angesicht sprach: O Freunde! Meine Freunde! Soeben

    erfahre ich es nochmals: Unser Meister Jesus ist nicht mehr! Schon zweiPriester berbrachten mir in hhnischer Art die Kunde! Man soll Ihn inJerusalem gekreuzigt haben! Doch ich konnte es ihnen nicht glauben undnahm an, es sei eine schamlose Lge des Tempels. Aber jetzt wurde es mirnoch einmal berbracht: Jesus ist tot!Ursus war entsetzt aufgefahren; nun erst wurden ihm die hhnischen Blickeder Templer klar! Er rief: Unmglich! Jesus? Das kann nur Tempel-Lge sein! Ist denn die Schlechtigkeit der Templer und ihre Bosheit wirklichso gro, da sie nicht einmal vor dem besten Menschen Halt machen? Omeine Freunde! Nie knnte ich glauben, da ein Mensch, mit gttlichenKrften ausgerstet, sich dmonischen Gewalten unterordnet!Markus sprach bewegt: Ich wollte, du httest recht! Aber es ist das Bitteredabei, fast glauben zu mssen: Es mu dann doch Sein heiliger Wille gewesensein! Doch um all diese schweren Zweifel zu beseitigen, will ich einenBoten nach Bethanien senden; dort bei Lazarus werden wir die reine Wahrheiterfahren!Dann mchte ich hin, rief Ursus, und heute noch, damit uns Gewiheitwerde ber das Schicksal Jesu.Markus beruhigte ihn und sprach: Bruder, ber das Schicksal Jesu knnen

    wir unbesorgt sein. Denn Er ist ja der Herr! Sein Arm reicht weiter dennunsere Gedanken! Wir aber sind sehr kurzsichtig, und so konnte nur meineSchwachheit mich so bermannen! Ich htte aus Seinen Worten wissenmssen: Ohne Sein Opfer bleiben wir die Unerlsten! Erst Sein Erlsungs-Opfer soll uns ja die ungeahnten Mglichkeiten zum freien Gottes-Lebensichern.Schmerzlich rief Ursus: Aber du ahnst nicht, was dadurch in mir zerbricht, daes mir nun wiederum nicht vergnnt sein soll, den Meister zu sehen und zusprechen! Mein gtiger Herr und vterlicher Freund hier wird dir bezeugen,mit welcher Sehnsucht ich hierher eilte, um den nun kennen zu lernen, dermeinen Freunden solch unsagbare Wohltaten erwiesen hat. Nun soll Er totsein? Das bringe ich nicht in Einklang mit Seinem Wissen, Seinen gttlichen

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    Krften! Darum erbitte ich mir Urlaub nach Bethanien, um uns Gewiheit zuverschaffen!Bedchtig sprach Demetrius: Freunde, warten wir noch bis morgen! Solltesich nichts weiter aufklren, dann, mein Ursus, wrde ich selbst dich bitten,

    nach Bethanien zu reisen, damit wir die Wahrheit erfahren. brigens istheute Sabbat, und es wrde rgernis erregen, so du mit einigen Begleiternzu Pferde so wenig Achtung vor dem Sabbat der Juden zeigst.Meine Freunde, entgegnete Markus, berlat mir diese Sorge! Ich habe zweiShne, die mit den Wegen und mit allem, was den Tempel angeht, bekanntsind; die werden uns alles berbringen, was wir wissen mchten. Sollte esaber wider Erwarten doch wahr sein, dann wrden wir wohl alle nachBethanien reisen, um zu erfahren, wie sich solches zutragen konnte!Markus, warum rechnest du nicht mit der Liebe des Lazarus? wendeteDemetrius ein. Hast du nicht bedacht, da Lazarus seine Brder nicht im

    Unklaren lassen wird, wenn so Auergewhnliches mit dem Herrn vorgefallenwre? Darum warten wir doch bis morgen!Ursus bat nun den Markus um Aufklrung ber jene Templer, die kurz vorseinem Eintreffen hier bei ihm gewesen waren. Willig und gern antworteteMarkus: Wohl habe ich manche Freunde unter den Templern, aber seiteinigen Tagen ist wieder ein Wechsel vorgenommen worden, der uns zweifremde Priester brachte. Diese kamen vor zwei Stunden, trotz des Sabbats,hierher in meine Behausung und forderten, alle hier anwesenden Judensollten wieder in die Gemeinschaft mit dem Tempel treten! Denn, so sagtensie, es sei erwiesen, da der Nazarener ein Diener Beelzebubs war. Es seiendlich gelungen, sich Seiner zu bemchtigen und Ihm mit Hilfe der Rmerden wohlverdienten Lohn zu geben. Die Nachwelt werde es dem Tempel undden Dienern Jehovas danken! Halt, was soll das bedeuten? fragte ich, ihrhabt den Nazarner gettet? Ihr, die ihr Gottes-Diener sein wollet, vergreifeteuch an dem Gesalbten? Ich glaube euch nicht! Denn ehe ihr dazu kmet,Hand an Ihn zu legen, wrdet ihr zunichte sein!Aber schadenfroh antworteten sie mir: Mitnichten! Denn im Tempel feiertman schon diesen Tag, wo Jesus von Nazareth am Kreuze endete, alsSiegestag. Uns aber ist es eine Freude, allen denen nun die Botschaft zu

    berbringen, die da glaubten, Er sei Gottes Sohn gewesen! Mit eurem Jesus istes nun aus; der Tempel hat sich als der Strkere erwiesen! So aber, wie esnun vorbei ist mit eurem Nazarener, so mu es auch mit Seiner Lehrewerden! Darum sind wir hier und verlangen von den anwesenden Juden, dasGebot des Tempels zu respektieren!Nicht weiter, rief ich emprt, erstens ist es noch nicht erwiesen; undzweitens bin ich ein kaiserlicher Untertan, ausgestattet mit manchen Rechten.So ihr nochmals versucht, hier in meiner Behausung oder unter meinenKranken und Gsten die Interessen des Tempels zu vertreten, lasse ich euchgefangensetzen und in Eisen legen! Nun sagten sie zwar nichts mehr,verlieen aber zornentbrannt mein Haus; ich aber wute nun doch nicht recht,ob etwas Wahres an ihren Reden sei.

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    Doch mag kommen, was will, alles, was ich von Ihm empfangen habe bleibtmein Eigentum! Jesus bleibt mein Helfer, mein Heiland! Und wenn auchdieser Schmerz mich fast zu Boden drckt, hebt dies aber doch die Tatsachenicht auf, da ich alles, was ich bin und habe, nur Ihm verdanke!

    Alle, die hier Hilfe und Erlsung von ihren Leiden erhielten, mssen es dochdem Umstand danken, da nur der Herr mit Seiner Wunderkraft dieseHeilsttte ins Leben rief! Solange ich noch reden kann, werde ich es lautbezeugen: Er ist unser Retter, unsere Hilfe in jeder Not! Wo wir in unseremMenschlichen nicht mehr Rat wuten, half uns der Herr auf wunderbareWeise. Darum, ob Er lebet oder nicht , solange ich hier lebe, will ich Sorgetragen, da Sein Geist nicht untergeht!03. Das neue Leben im MenschenMarkus stand auf und ging hinaus, und so blieben die beiden Rmer allein.

    Enttuscht sprach Ursus: Herr und Bruder! Mit welch groen Hoffnungenreiste ich hierher, um auch endlich den zu schauen, von dem die Kundeschon in die ganze Welt dringt! Und nun soll Er nicht mehr sein? Wasntzte denn nun mein Hoffen und Sehnen, so es unerfllt bleibt und ewigbleiben mu. Denn es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich greifbareBeweise oder nur Vermutungen ber Jesus habe. Durch dieses Sein Endesind alle meine Hoffnungen zerstrt.Trstend sprach Demetrius: Hier stehen wir vor einem gewaltigen Rtsel.Alles, was du hier siehst, ist ein Werk des groen Meisters Jesus! Wie viele

    Kranke haben dieses Anwesen aufgesucht, um Heilung ihrer Gebrechen zufinden, und ich wte nicht, da ein einziger unbefriedigt von hier gegangenwre, und dies, obwohl der Meister Selbst nicht anwesend war!In diesen Monaten meines Hierseins lernte ich so viele kennen, die den Herrnauch nicht gesehen haben, aber der Glaube an Ihn und das Wissen, dieseHeilquellen sind Sein Werk, schafft schon diese Wunder! Sollte sich widerErwarten das Gercht von Seinem Tod bewahrheiten, so ist trotzdem meinGlaube unerschtterlich: Er ist der Herr und Er allein bleibt meine groeHoffnung! Auch, was ich heute noch nicht an Ihm verstehen kann, wirdsicherlich einst seine Lsung finden!

    Ursus sprach sinnend: Diesen Glaubten verstehe ich wohl von denen, welchediese Segnungen Seines Wirkens und Schaffens hier genieen konnten! Dochich durfte von Ihm nur hren und glaubte auch an Ihn, da in meinem Herzendas Tor offen stand fr Seine Lehren, die alles andere Wissen vom Zweckdes Lebens so hoch berragen! Als ich dich hierher bringen durfte,befreundete ich mich mit dem alten Markus; seine gereiften Erfahrungen undvor allem sein lebendiges Mitfhlen mit allen Kranken, schufen in mir diesebesondere Zuneigung zu ihm, und nach kurzer Zeit waren wir wie zweiBrder. Aber seine wunderbaren Erzhlungen von Jesus, die du ja

    meistens mit anhrtest, weckten in mir das groe Verlangen, diesen Jesusauch kennen zu lernen! Doch die Pflicht forderte Gehorsam! Deine Befehlefhrten mich weit nach gypten und Arabien; doch nun ich endlich am Zielmeiner Hoffnung bin, mu ich erfahren, Jesus sei tot?! Warum drngte es

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    mich denn so gewaltig nach hier? Wohl bin ich noch ein junger Mensch, eskann sich noch manches ereignen, was mir den Frieden und die Ruhe wiedergibt, aber diese Enttuschung ist das Bitterste, was ich je im Leben erfuhr.Demetrius versuchte ihn zu beruhigen und sprach: Ursus, mein Sohn! Du

    beurteilst diese Sache zu menschlich und bereitest dir unntigen Schmerz! Ichsehe dies alles schon mit anderen Augen an, da Jesus doch ein Meister war,der Werke schaffen konnte, die Menschenleben berdauern und damit auchimmer wieder Anla geben werden, von Ihm zu reden! Doch nicht dies istdas so gewaltig berragende an Ihm, sondern Seine Worte, Seine Lehren berdie ewigen Wahrheiten! Himmelhoch ragen sie empor ber alle uns bekanntenPhilosophen! Seine Worte sind ja das Wunder, da sie das Herz so beglckenknnen! Und wenn ich auch persnlich Ihn nicht hren konnte, so erfllenmich doch schon die Erzhlungen anderer von Ihm mit Seligkeit. Fast keineWoche verging, in der wir nicht etwas Neues von Jesus erfuhren, und alle

    fhlten sich glcklich, wenn von Ihm die Rede war! Ja, ich glaube, so wiederjemand kme und erzhlte etwas von Ihm, so wrde es mich auch heutenoch wunderbar froh machen.Nachdenklich fragte Ursus: Wie kommt es aber, da ich nicht glcklich undzufrieden wurde, so ich von dem Heiland etwas hrte, sondern nur immersehnschtiger verlangte, Ihn nur einmal zu sehen und zu sprechen? Dawerden wir den Markus befragen mssen! sprach Demetrius. Ich glaubeaber, wir bekommen wieder neuen Besuch, denn im Hofe ist es so lebendiggeworden.Ursus schaute durch das Fenster auf den Hof und sah, wie zwei Frauen undzwei Mnner einem Wagen entstiegen; ein Sohn des Markus half ihnen,denn es waren Kranke.Kommen hier denn so viele Kranke her in das Bad? fragte Ursus seinenHerrn, und dieser antwortete: Ja, Ursus, sehr viele! Und jetzt wei icherst, wie viel Elend es auf der Welt gibt. Unsere Geschfte lieen uns jakeine Zeit, uns nach unseren Mitmenschen umzusehen; aber diese letztenMonate zeigten mir, wie wir nicht sein sollten! Es ist ein groer Segen frdie Menschen, dieses Heilbad! Ja, es ist ein doppeltes Glck: Ein Glck frden Leib und ein Glck fr die Seele; denn keiner geht von hier, der nicht die

    berzeugung mitnimmt: Dies alles ist ein Werk Jesu! Darum ffne in diesenTagen recht deine Augen und Ohren, aber noch mehr dein Herz! Dann wird,was du heute als Unglck ansiehst, noch zum rechten Glck fr dich werden.Der alte Markus hatte sich berzeugt, da die Karawane seines GastesDemetrius gut untergebracht war; und dann kamen auch schon die neuenGste, noch dazu am Sabbath, also keine Juden. Herzlich begrte er dieFremden im Namen Jesu, des Herrn! Diese dankten unter Trnen, und einersprach: Markus! Du treuer Freund des groen Jesus, den wir leider noch nichtkennen, aber anerkennen! Es ward uns Bedrfnis, zu dir in deine Heilsttte zukommen, denn arge Schmerzen in unseren Gliedern rauben uns manche froheStunde. Wir erfuhren von unseren Freunden, da durch Jesu Wunderkraft hiereine Quelle sei, die allen Kranken und Gebrechlichen Hilfe und Heilungbringt.

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    Freundlich erwiderte Markus: Wenn ihr den rechten Glauben und dasVertrauen auf den wahren Gott habt, dann wird euch geholfen werden! Dochzuerst wollen wir dafr sorgen, da ihr gut untergebracht werdet, denn es sindihrer viele im Hause. Nun aber mchte ich noch wissen, wer ihr seid und

    woher ihr kommt.Da antwortete der eine: Wir sind zwei Freunde; hier Gregor, mit seinemWeibe, und ich bin Philipp, auch mit meinem Weibe. Wir kommen ausDamaskus und sind Hndler und Kaufleute. Seid herzlich willkommen inmeinem Hause, sprach Markus, und fhlet euch wie daheim.04. Das neue Leben im MenschenDann ging Markus wieder zu seinen rmischen Freunden zurck und erzhlte:Soeben sind wieder vier Fremde aus Damaskus angekommen, auch Kaufleute,wie du, mein Bruder Demetrius. In diesen Tagen, die du noch hier bist,

    empfehle ich sie besonders deiner Liebe und Pflege; denn du weit, durchdie Botschaft ber den Meister bin ich noch nicht in die innere Ruhegekommen. Wenn uns nur erst Gewiheit wrde! Ich mchte nach der Stadtgehen; vielleicht erfahre ich dort etwas mehr von diesen Vorgngen.Demetrius sprach: Dann gehe ich mit! Denn mein Ursus hat noch mancherleimit seinen Leuten zu besprechen, und vor Sonnenuntergang sind wir jabestimmt wieder zurck.Beide gingen nun nach der Stadt zu einem befreundeten Priester; doch erfuhrensie, da er nach Jerusalem beordert sei, weil Jesus von Nazareth vom Tempel

    zum Tode verurteilt wrde. Schweigend gingen sie weiter zu einemanderen Freund; doch dieser war ebenso im Unklaren wie sie selber. Somitwaren sie bald wieder auf dem Rckwege, und Demetrius fragte: Bruder, wares richtig, da wir uns der Mhe unterzogen und nach Caesarea gingen?Sollte Jesus uns kein Zeichen geben, daraus wir solche Wahrheit ersehenknnten? Es ist mir, als wenn wir handelten wie zwei Unglubige.Sinnend antwortete Markus: Du magst vielleicht recht haben, aber was tutman nicht alles, um Gewiheit zu erhalten! Der Herr hat zwar versprochen,uns nie ber etwas im Unklaren zu belassen, auch wenn er nicht anwesend sei!Im Gegenteil, nur noch bewuter und sicherer sollten wir dadurch werden!

    Denn der Geist Seiner Liebe wrde unser Denken erfllen mit Klarheit vonoben! Lebhaft stimmte Demetrius dem zu: Siehst du, Bruder Markus, jetzt hast dudas Rechte gesagt! Der Geist Seiner Liebe wird uns mit Klarheit erfllen undmit dieser Klarheit knnen wir erst alles berwinden, was das Gttliche inuns noch hemmt! Mir ist, als wenn du Angst httest um den Herrn, obwohldeine Worte anders klingen; aber bemhe dich einmal, deine menschlicheSchwche mit Seiner Kraft der Klarheit zu berwinden! Dann wirst du dir inallem Geschehen deinen Frieden erhalten und wirst auch deinen Gsten und

    Pfleglingen wieder der rechte Hausvater sein. Siehe, die Lehre Jesu warmir wie eine Kunde aus den Himmeln! Und die Hoffnung auf ein freies,frohes und ewiges Sein lt mich ja nichts Niedriges oder Selbstschtigesmehr denken! Und so mu ich bekennen: durch Jesus habe ich mein Leben

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    in einem ganz ndern Licht kennengelernt! Siehe, wer aus sich heraus solcheWeisheit entwickeln konnte, und mit Seiner Willens-Kraft solche Wunder-Werke vor uns hinstellte, um den ist mir nicht angst, auch wenn Er in denTod gehen will. Gewi, jede Trennung tut weh! Aber sollte Sein Geist die

    Seinen nicht wieder aufrichten knnen? So wir an Ihn glauben, glauben wirauch an Seine Botschaft vom ewigen Leben! Und dieses Leben steht dochber allem Tode! Dieses Sein Leben soll ja den Tod vernichten!Markus sah seinen Freund gro an und sprach nachdenklich bewundernd:Erst gibt man sich die grte Mhe, um euch Fremden einen rechten Gottes-Begriff beizubringen! Und nun seid ihr mehr denn ein Freund und Bruder; ihrwerdet ja zu einem wahren Priester fr uns! Deine Worte taten mir wohl!Nie wollen wir vergessen, was der Herr an uns getan hat!Demetrius aber entgegnete ihm: Lieber Markus! Immer redet ihr von dem,was der Herr an uns getan hat! Sehr wichtig ist mir aber auch: Was soll ich

    nun tun? Sollte Jesus freiwillig von dieser Welt gegangen sein, so drfen wiruns doch nicht so geschlagen fhlen, da wir darber unttig wrden! Eswre ein schlechter Dank Ihm gegenber, so Seine Anhnger nur trauern undden Feinden Seiner Lehre das Feld berlassen! Wir mssen in SeineFustapfen treten und allen nach Wahrheit suchenden Menschen helfen, auchJesus und Seine Lehre kennen zu lernen.Mein Bruder Demetrius! Du hast das Rechte gesprochen! antworteteMarkus. Deine Worte gaben meiner Seele das Gleichgewicht wieder undneuen Mut, von Ihm zu zeugen! Aber denke dir, nun bin ich pltzlichberzeugt davon, da Sein Sterben Wirklichkeit ist! Ja, nun erst verstehe ichSeine frheren Andeutungen darber! Wie werden es aber unsereHausbewohner und all die Kranken aufnehmen? Wenn ich nur wte, ob iches noch verschweigen soll?Demetrius antwortete: Bruder, Bruder! Ist Jesus auch gestorben, so bleibt Erfr mich immer noch derselbe! Denn Sein Werk und Sein Geist leben ja fort!Wie oft rhmtest du Seine Liebe und Sein Erbarmen, so da der groeWunsch in uns allen lebendig wurde: O kme doch der Herr auch zu uns!Wenn wir hier etwas zu beklagen htten, so wre es nur dies, Ihn nichtgesehen und gesprochen zu haben! Doch auch darber kommen wir alle

    wohl hinweg, da ja Seine Liebe und Sein Erbarmen uns die Gesundheitwiedergab, indem Er diese Heilquelle ins Dasein rief! Mehr brauchen wirja nicht von Ihm als das Wissen: Hier hat der Herr und Meister Jesus Sich einDenkmal geschaffen, das weder Seine Feinde noch Sein Tod vernichtenknnen! Darum, lieber Markus, beweise auch du allen, da dein Glaube anJesus und deine Liebe zu Ihm dieselben geblieben sind! Soviel habe ich aberjetzt schon gelernt und auch in mir empfunden, da es ein seltenes Glckbedeutet, von Seinem Geiste beseelt zu sein! Dadurch spre ich ja ein ganzneues Leben in mir, das mir bis dahin noch unbekannt war.Mein lieber Freund und Bruder!, antwortete Markus, wie gut, da du hierbist und das in mir Schwachgewordene strken kannst! Nun fhle ich schon,wie eine neue Freude in mir erwachen will und mir die Seelenstrke gibt,

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    meinen Brdern zu dienen! Ja, ich fhle wieder festen Boden unter meinenFen und frchte nichts mehr.Demetrius antwortete ernst: So wollen wir vereint, solange ich noch hier bin,einander beistehen! Denn ich frchte, du wirst noch einen schweren Stand

    bekommen. Die Templer werden nichts unversucht lassen, den Glauben anunsern Jesus in uns zu erschttern! Schweigend legten sie die kurzeWegstrecke zurck, und bald waren sie wieder im Hause angelangt

    05. Das neue Leben im MenschenMit Spannung erwartete Ursus die beiden Freunde; als er nichts Betrbendesoder Schmerzliches in ihren Mienen sah, fragte er sogleich nach dem, was sieerfahren hatten.Demetrius antwortete etwas ausweichend: Nichts, mein Sohn, haben wirerfahren, was uns unseren Glauben oder unser Vertrauen auf Jesus htte

    erschttern knnen! In Caesarea sind sie zwar ebenso im Ungewissen, wiewir es waren, wir aber wissen nun, der Meister lebt, da ein solcher Geist dochnicht sterben kann! Unglubig sah der junge Rmer seinen Herrn an, denndiese Worte schienen ihm vllig unverstndlich; da sprach Demetrius weiter:Du bist erstaunt ber meine Worte, und doch kommen sie aus meinem Herzen,welches voll Zuversicht und Vertrauen ist. Doch wollen wir dem Hausherrnnicht vorgreifen, er wird die rechten Worte fr alle finden.Die Shne des Markus erwarteten ihren Vater auch, denn die Zeit fr dasgemeinsame Mal im groen Speisesaal war gekommen. Freudigen Herzens

    begrten sich die Gste untereinander; die vier Neuangekommenen wurdenmit ihnen bekannt gemacht, und Markus bat Demetrius, sich der beidenKaufherren besonders anzunehmen. Nach kurzen Gebets-Worten wurde mitdem Essen begonnen; Demetrius unterhielt sich mit Philipp und Gregor berGeschftliches, bis aus der Tafelmitte das Wort Jesus fiel. Und als ob dieserName eine geheime Anziehungskraft auswirkte, schauten alle auf den Sprecher,den ehrwrdigen Greis Jeremias; und als dieser merkte, da aller Augen aufihn gerichtet waren, sprach er weiter: Ja, von Jesus, dem Meister, ist dieRede! Der in Seiner groen Liebe fr alle Kranken dieses Haus der Hoffnungschuf. Mit der Hoffnung auf Genesung kam auch ich hierher, da ich frher nicht

    den Mut besa, mich an Ihn direkt zu wenden. Ihm allein sei gedankt! Ichbin jetzt soweit gesund, da ich bald nachholen kann, was ich bisherversumte. Mein erster Gang, sobald ich von hier scheide, ist, den groenMeister und Heiland zu besuchen und Ihm meinen Dank auszusprechen.Mein Freund und Bruder Jeremias, erwiderte Markus, so du allenErnstes dem guten Heiland danken willst, da bedarf es nicht der Mhe, Ihnaufzusuchen, sondern tief im innersten Herzen kann ein jeder Mensch mit Ihmin lebendige Verbindung treten, auf welchen stillen Weg Jesus uns so ofthingewiesen hat. Darum sprach ja der Meister zu uns die eindringlichen Worte:

    Danket in und mit eurem Herzen! So ihr Mir aber Liebe entgegenbringenwollet, da habet ihr Brder und Arme allezeit um euch, die eurer Liebe sehrbedrfen! Liebe Freunde und Hausgenossen, sprach Markus dannbewegt weiter, schweren Herzens fhle ich mich jetzt verpflichtet, euch

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    mitzuteilen: Unser guter Heiland Jesus weilt nicht mehr als Mensch unteruns! Ja, durch einen gewaltsamen Tod soll Er uns entrissen sein. Dannsetzte er noch hinzu: Der Herr allein wei ja um alle Dinge! Er wird Mittelund Wege finden, uns noch weiter aufzuklren, damit nicht Zweifel, Angst

    und Furcht unseren Glauben an Ihn erschttern.Wie erstarrt schauten alle Anwesenden schweigend auf Markus, bis einzelneum nhere Aufklrung baten, wie solches htte geschehen knnen?Markus aber sprach: Liebe Brder, hret mich an! Auch wir sind noch ohnegenauere Nachrichten! Zwei Templer berbrachten mir heute die kaumglaubliche Kunde, aber offensichtlich nur, um unsern Herzen die Ruhe undden Frieden zu rauben! Und darum konnte ich es zuerst nicht fr Wahrheithalten! Suche ich aber in meinem Herzen, so finde ich, da es dochWahrheit sein kann! Denn einstens sprach zu mir der Meister dieschwerwiegenden Worte: Um das Ma voll zu machen, mu Ich noch das

    Schlimmste erdulden, sonst kann die Menschheit nicht errettet werden! OFreunde, so unbegreiflich wie dieses Geschehen uns auch zuerst erscheinenmag, ahne ich aber doch den Willen Gottes dahinter, dem sich der Meisterstets gern willig beugte! Darum, liebe Brder, beugen auch wir uns in Demutdiesem ber alles erhabenen Gottes-Willen, und Sein Friede wird wiedereinziehen in unsere Herzen.Alle waren im Innersten erschttert und still. Da fhlte Demetrius, wie etwasHeiliges ihn durchstrmte, das wie ein aufleuchtendes Licht volle Klarheit inihm schaffte! Und strahlend rief er voll Leben: Meine Freunde, ich fhlejetzt in mir: Aller Schrecken wird sich noch in Freude wandeln! Dennsehet: Fr das gewaltige Wirken Jesu bei uns Kranken war es doch gleich,ob Er anwesend war oder nicht! Und ebenso wird es jetzt fr Ihn sein, ob Erein Mensch ist oder nicht mehr! Nur fr uns war es wichtig, da Er als Menschunter uns weilte, damit wir mit unsern Sinnen Ihn sehen und hren konnten.Hat uns nicht unser Freund Markus erzhlt, da einst Engel in diesem Hauseweilten, in sichtbarer Menschenform, und dies nach dem Willen Jesu!? Undalso ist Er ja ein Herr auch ber alle Engel in der unsichtbaren Welt. Schonfhle ich in mir etwas von Seinem neuen Leben, das der Herr uns allenschenken will! Warum wollen wir da noch trauern? Auch ich habe Ihn noch

    nicht gesehen oder gesprochen, aber im Herzen fhle ich mich trotzdem innigmit Ihm verbunden! Spricht nicht dieses Werk, diese wunderwirkendeHeilsttte, schon allein von der Gre Seiner Willens-Kraft und ebenso vonSeiner helfenden Liebe zu allen Menschen? Wer aus sich heraus schaffenkonnte, was nur einem Gott allein mglich ist, und selbst Tote auferweckthaben soll, mu wahrlich erhaben dastehen, auch ber den eigenen Tod!Meine Sehnsucht, Ihn zu sehen, ist nicht kleiner, sondern grer geworden!Und so lebe ich jetzt schon in der Gewiheit: Auch ich werde Ihn schauen, wieMarkus und die Seinen Ihn schauten!Zweifelnd richtete der greise Jeremias die Frage an Demetrius: LieberFreund und Freund des Hauses Markus, was berechtigt dich zu solcherHoffnung, auch du wirst Jesus noch schauen? Bist du berzeugt, da Er alsder Herr deinen Wnschen so entgegenkommen wird, wie du es dir vorstellst?

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    Fr mich ist alle Hoffnung zunichte geworden, da ich einst diese Liebe desHeilandes nicht achtete, und Seinen Worten nicht glauben wollte! Erst meinLeiden heilte mich von meinem Unglauben, und darum tut es mir doppelt weh,da ich Ihn nicht mehr um Verzeihung bitten kann.

    Lieber Bruder, antwortete Markus, da sorgest du dich umsonst! Meinst du,da Jesus, der um alle Dinge wute, nicht auch wei, da du deinenUnglauben Ihm gegenber bereut hast? Glaubst du denn wirklich, du wrestgeheilt worden, so dir der Herr alles Lebens deine Lieblosigkeit nochnachtragen wrde? Nicht nur der wird Heilung finden, der an die Wundermachtdieser Quelle hier glaubt, sondern jeder, der an Jesus als den Herrn und andie Kraft Seiner groen Liebe glaubt, kann aller Orten Heilung finden! LiebeBrder und alle Anwesenden! Wie war ich innerlich gebrochen, als diebeiden Templer mir die beraus traurige Kunde brachten und mich nochhhnisch geielten, da sie doch wuten, da Er unser treuester Freund und

    Helfer war! Sehet nun, dem Herrn allein danke ich es, da Er mir diesenmeinen Freund Demetrius zur Seite stellte, dessen Wort mich sogleich wiederaufrichtete und innerlich strkte. Es war Jesu Geist und das Wehen SeinerLiebe, da mir im Herzen die heilende Gewiheit wurde: Er lebt, obwohl Erdem Leibe nach gettet werden konnte! Nun kann auch ich aus dem Innerstenmeines Seins von Ihm zeugen und rufe euch allen zu: Ja, Er lebt! Was allenGeistern, allen Engeln und Menschen unbegreiflich scheinen mag, das istherrliche Tatsache geworden: Der Meister lebt und wird ewig bleiben derHerr ber alles Leben und allen Tod! Siehe, Bruder Jeremias, einst war dirunbegreiflich Seiner Rede Sinn; nun bist du in Unruhe darber und meinst,du mtest Ihn deshalb doch um Verzeihung bitten! Ich aber sage dir heute:Hoffe auf Ihn! Glaube an Seine heilende Liebe zu allen Irrenden und erwhledir diese Liebe zum Vorbild deines Lebens! Dann erwchst auch in dir einneues Leben und Verstehen, welches ganz andere Aufgaben erfllen will,nmlich: Ihm zu dienen und in Seinem Geiste die Brder aufzurichten, die dagebrochen und voller Zweifel noch sind ber Seinen Tod!Ursus horchte auf jedes Wort; pltzlich rief er ganz erregt dem Markus zu:Das ist wahrlich nicht mehr zu verstehen, wie du, lieber Markus, ber denTod Jesu jetzt sprichst! Das klingt ja, als wenn es dir schon etwas

    Selbstverstndliches sei, da Er sterben mute, Er, der euch und so vielengeholfen hat! Ich mu es dir wohl glauben, da Er trotzdem lebt! Aber warumendete Er am Kreuz? Dies ist die traurigste und bitterste Todesart, die mansich nur vorstellen kann, und Verbrecher zitterten, so sie solchen Urteilsspruchvernahmen. Und dieser euer Heiland und Freund endete am Kreuz? Nein,das ist zu viel, das kann ich nicht verstehen! ber manches Schlachtfeldbin ich gegangen, habe manchem Verschmachtenden einen Trunk Wassergereicht, gleich ob Freund oder Feind; und wenn es mich auch tiefbekmmerte, da sich die Menschen mit ihren Waffen gegenseitig erschlugen,so sagte ich mir doch trstend: Im Kampfe um die Interessen eueresVaterlandes seid ihr gestorben! Und ich nhrte in mir die Hoffnung auffriedliche Zeiten. Als ich dann die so herrliche Liebe-Lehre Jesu und dieGro-Taten Seiner Willens-Kraft kennen lernte, keimte in mir eine neue

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    Hoffnung auf segensreiche Friedenszeiten! Und die Liebe und Sehnsucht nachdiesem grten Menschen-Freunde wuchs immer mchtiger, soda ich selbstfern vom Judenlande die frohe Zuversicht in mir trug, Jesus einmal zuschauen! Wie war ich voll Freude, als es nach erfllter Pflicht wieder zurck

    nach Caesarea ging! Spielend wurden alle Unannehmlichkeiten berwunden,denn es ging nun der Begegnung mit Jesu entgegen! Doch die erste Stundeam Sehnsuchts-Ort bringt mir die Kunde: Jesus weilt nicht mehr unter uns!Verzeihet mir meine Erregung, aber ich mute reden, wie es mir ums Herz ist!Mit der Kunde >Der Heiland ist tot ist auch meine Sehnsucht gestorben!Denn einem Lebenden galt meine Liebe und Sehnsucht, einem Toten gehrtaber nur noch die Erinnerung! Ob Sein Werk weiter lebt, stillt nicht meinVerlangen nach Ihm, es kann nur meine Erinnerung, mein Denken an Ihnbeleben! Darum Freunde, verzeihet mir, da ich mich eurer Auffassung nichtanschlieen kann; ich mu erst meinen Schmerz, meine bittere Enttuschung

    berwinden! Lat mich einige Stunden allein, erst in der Einsamkeit werde ichmeine Ruhe wiederfinden!Ursus ging nach dem Stall, zumte seinen Hengst und sprach zu dem Tier:Mein Freund und Kamerad! Auch deine Stummheit ist mir eine teilnehmendeSprache; denn in Freude wie im Schmerz verstehen wir uns. Hre: mein besterFreund ist nicht mehr! Komm, kmpfen wir den Schmerz nieder und, versuchenwir, in der stillen Natur das innere Gleichgewicht wiederzufinden. Es war, alsob das kluge Tier die Trauer seines Herrn mitfhlte; es lehnte den Kopf an seineBrust und wieherte leise. Ursus streichelte es mit beiden Hnden und wute:Mein Freund hat mich verstanden! Er ffnete das Tor und ritt davon.Im Zimmer war man etwas erstaunt ber das Verhalten des jungen Rmers, aberDemetrius sprach: Meine Lieben! Lat ihn mit sich allein fertig werden! Er isteiner von den Starken, die niemanden brauchen, als nur sich selbst! Da dieSehnsucht nach Jesus so riesengro in ihm lebte, kommt daher, da er jedesWort, das er von dem groen Meister hier hrte, so lebendig in sich bejahenmute! Ihm war es weniger um Jesu Wunder-Werke zu tun als um Seine Lehre.Jesu Botschaft von der groen Menschen-Liebe ward ihm eine Leuchte, warihm etwas, was das ganze Leben erst inhaltsreich machte! So wuchs dasgroe Verlangen in ihm, mit dem Schpfer dieser neuen Liebe- und Lebens-

    Lehre in persnliche Verbindung zu treten! Achten wir seinen Schmerz! DerMeister wird auch fr ihn das Rechte finden. Und lange blieben alle nochbeisammen in reger Unterhaltung.06. Das neue Leben im MenschenUrsus aber ritt hinaus in die Nacht, am See entlang, mit schmerzlichemZwiespalt im Herzen. Der Mond leuchtete in matter Helle, und Sternebekundeten ihr Sein durch Flimmern und Leuchten. Er kam an eine Bucht, womehrere Fischer sich abmhten, ihr schweres Netz hereinzuziehen; Ursus

    stieg ab, griff wortlos zu und half, den reichen Fang in Sicherheit zu bringen.Die Fischer dankten mit einfachen Worten, aber Ursus sprach: Liebe Leute!Es war mir ein Bedrfnis, euch zu helfen; denn ich sah, wie euere Krftenicht ausreichten.

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    Herr, sprach einer, heute war Sabbath und noch nichts haben wirgenossen als beim Scheiden der Sonne einen Bissen Brot und einen SchluckWasser. Fische waren bestellt zu einem Festmahl, und da gab es keinZaudern. Mit Beginn der Nacht fuhren wir aus und haben gute Beute

    heimgebracht; Jehova segnete unsere Arbeit! Ist es aber erlaubt zu fragen,Herr, wohin es denn in dieser Dunkelheit noch gehen soll? Die Nacht istgefhrlich zum Reisen, da man leicht irren kann.Ursus erwiderte: Mein Freund, ich habe kein Ziel! Die Nacht lockte mich,zu suchen, was ich am Tage verlor.Herr, sprach der Fischer, Ihr habt eine falsche Vorstellung, kehret um, dennmorgen wird sich das Verlorene leichter finden. Bei Tage wird auch dasGemt wieder froher; denn du, junger Freund, trgst Herzeleid.Mein Freund, fragte Ursus, wie kommst du zu solcher Rede? Wtest du,was mich bedrckt, du wrdest vielleicht genau so leiden! Denn, was ich

    verloren habe, heit: Jesus von Nazareth!Herr, Herr! rief der Fischer, wie knnte dies mglich sein? Denn nichtnur ich, sondern alle, die hier sind, und ebenso mein ganzes Haus kennenJesus von Nazareth und sind Ihm viel Dank schuldig fr all die Wohltaten,die Er uns erwies. Jesus willst du verloren haben? Dies ist eineUnmglichkeit! Denn, wer einmal mit Jesus in innere Berhrung kam unddie ganze Flle Seiner heiligenden Liebe erfahren durfte, verliert denHeiland Jesus nicht wieder! Jeder Gedanke an Ihn macht schon froh! EinGedanke an Ihn ist wie das Auflodern von einem neuen Leben, das erwrmtund alles Kleinliche berwindet! Und dieses Leben ist doch nicht wieder zuverlieren? Immer und immer mu ich an Ihn denken! Ihn verlieren, hiee ja,nicht mehr an Ihn denken knnen!Freund, sprach Ursus, es ist aber doch so, wie ich sagte; ich und auch ihr

    habt nun den verloren, der euch soviel Gutes tat! Denn Jesus ist nicht mehr!Herr! Erlaubt euch keinen Scherz mit uns, rief der Fischer, das wre jader Welt grtes Unglck, so der Heiland Jesus nicht mehr lebte! Doch habteinige Augenblicke Geduld, meine Brder brauchen mich noch, dann bin ichwieder hier.Ursus schaute nun zu, wie die Fischer das zusammengezogene Netz oben an

    einem Pfahl befestigten, so da die Fische darin im Wasser blieben; das Bootaber zogen sie vollends ans Land. Dann kam der alte Fischer und sagte:Herr, nicht weit von hier ist meine Behausung, kehre doch bei uns ein; dennes handelt sich hier ja auch fr uns um das Hchste, um Jesus! Dein Pferdkann einer von uns in Verwahrung nehmen.Gut, antwortete Ursus, eine kleine Weile kann ich noch bei euch bleiben!Doch der alte Markus knnte ngstlich werden, wenn ich die ganze Nachtauer seinem Hause weilte.Nach einigen Minuten kamen sie an das noch matt erhellte Haus. Ursus gabseinem Pferd einen kleinen Schlag auf den Hals und sprach: Bleibe ruhig undwarte hier!

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    Der Fischer konnte es fast nicht glauben, da man einem Pferde auch einenBefehl geben konnte, und fragte: Herr, hat das Tier die Worte wohlverstanden? Es ist das erste Mal, da ich solches erlebe.Mein Freund! sprach Ursus: ,,Es ist unter Wstenvlkern keine Seltenheit,

    da die Tiere fast klger sind als die Menschen. Dieses Tier ist dasGeschenk eines arabischen Herrschers, dem ich groe Dienste erweisenkonnte. Es ist klug und mein bester Kamerad, denn es versteht meine Freudewie auch meinen Schmerz; versuche, das Tier fortzubewegen, es wird dirnicht gelingen.Unglubig schaute der Fischer ihn an, dann sprach er: Herr, es wird schonso sein! Es gibt auch kluge Fische, es liee sich manches davon erzhlen.Das Weib des Fischers ffnete die Tr und sah erstaunt auf den fremdenGast, doch der Fischer sprach: Weib, lasse uns allein, der Herr hat wenigZeit, alles andere erfhrst du am Morgen!

    Nun traten sie in den groen Raum, wo es nach Holz und Fischen roch, aberUrsus bersah mit einem Blick, da alles sauber und ordentlich darin war.Der Fischer lud ihn ein: Kommt Herr, nehmet Platz und erzhlt, was euchso bekmmert.Und Ursus erzhlte, was er von Markus ber Jesus gehrt hatte. Der alteFischer aber sagte: Herr, noch ist dies alles nur eine Kunde, die ebensogutauch nicht wahr sein kann. Jesus ist doch ein Herr und hat einen sehr starkenArm! Fast tglich hren wir von Reisenden oder von denen, die im HeilbadGenesung fanden, Sein Lob! Darum sorge ich mich nicht! Er ist der Herr undbleibt unser groer Helfer in allen Nten. Lieber Freund, sprach Ursus,ihr haltet euch an etwas, was nicht mehr ist! An einen Toten glaubet ihrnoch?Der Fischer aber entgegnete ihm ernst: Er Selber hat uns gelehrt, Er sei dasLeben, und wer an Ihn glaubt, kann dieses Leben von Ihm erhalten! Weitersprach Sein Mund folgende Worte: So ihr in Meinem Geiste verbleibet, sobleiben wir verbunden, und Mein Segen wird euch begleiten bei all euremTun! Herr, siehe den Segen von heute Nacht! Er ist der Beweis: Unser Jesuslebt.Freund, antwortete Ursus, deine Reden sind mir so unverstndlich wie die

    der anderen! Wenn der Mensch, auf den ich meine ganze Hoffnung setzte,nicht mehr ist, was kann ich von Ihm noch erhoffen? Ihr behauptet, Er lebe!Die Templer aber behaupten, Er sei tot! So steht Behauptung gegenBehauptung! Alles, was Er euch auch war, wre mit Seinem Tode dochvon euch genommen.Sinnend sprach der Fischer: Junger Freund, wenn du behauptest, du habestJesus verloren, so ist dies nicht richtig! Denn noch nie wirst du etwas vondem wunderbaren Leben Jesu in dir empfunden haben! Wir sind nureinfache Fischer, aber dies eine sage ich dir: Mir scheint, als wenn duJesum wie einen gewhnlichen Menschen betrachtest, dem man von Herzenzugetan ist, ungefhr wie einer Jungfrau, die man sich zur Braut erwhlt hat.Gewi, die Braut kann sterben-, dann hast du sie verloren! Und der Tod wardie Ursache dazu. Aber der Meister und Heiland Jesus aus Nazareth ist nicht

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    nur ein Mensch, sondern ist Gott der Herr, der da Macht hat ber alleGewalten und ber alle Elemente! Wir waren Seine Zeugen, als Er dem Sturmund den Wogen Ruhe gebot, und rhmen deshalb Seine Kraft und groeHerrlichkeit! Wir wissen, als Seine Feinde ihm nach dem Leben trachteten,

    frchtete Er sich nicht, sondern lie Sturm und Winde kommen, da dieserSee einem brodelnden Kessel glich, so da das feindliche Schiff in hchsteGefahr kam, und die Angst Seiner Verfolger sie eines Besseren belehrte, werEr sei! Er ist ein Herr ber Leben und Tod! Folglich knnen wir nicht anSein Sterben glauben. Es knnte ja sein, da Er alles Menschliche nicht mehrbentigte und deshalb Seinen Leib ablegte; dann aber, junger Herr, dann istEr nur noch pure Herrlichkeit! Seine Liebe aber zu uns wrde doch dieselbebleiben! Denn durch Seinen Tod wird diese Liebe uns ihre wahre Herrlichkeitnur noch mehr offenbaren!Sinnend sprach Ursus: Ihr seid mir ein Rtsel, das ich noch nicht zu lsen

    vermag; Jesus ein Gott? Von dieser Seite habe ich Ihn mir noch nichtvorgestellt.Herr, erklrte der Fischer weiter: ,,Jesus kann man sich nicht vorstellen,weil solche Vorstellung das Wesentliche an Ihm nicht erfat! Aber fhlenkann man Seine Gegenwart oft sehr deutlich! Und, wie ich es jetzt fhle, wirdmein ganzes Innere erfllt mit heiligem Leben von Ihm, und in mirvernehme ich klar Seine Stimme: Habe du rechte Geduld! Dein Bruder liebtMich aufrichtig und innig.Was sagst du da, fragte Ursus erstaunt, in dir vernimmst du Seine Worte?Gehet ihr in eurer Schwrmerei so weit, da ihr, so in euch etwas rege wird,schon glaubt, das msse euer Jesus sein?Der Fischer begtigte: Herr, ihr seid noch so jung und vorschnell urteilend;wir in unserem. Alter sind bedchtiger, lind darum will ich auch dir gegenbergeduldig bleiben; aber bedenke: Ist Jesus gestorben und gleich unserenVorfahren im Grabe geblieben, dann vergehen auch wir einst ohne einenHoffnungsstrahl an ein ewiges Fortleben! Ist aber Jesus durch den Todgegangen, um in das ewige Leben einzugehen, dann bleiben auch wir, diewir an Ihn glauben, einst nicht im Tode, sondern werden leben mit Ihm inSeinem Reiche voll unsagbarer Herrlichkeit! Dies lehrte uns Sein Heiliger

    Mund, und Seine Taten bewiesen, da Seine Worte nicht leere Redenwaren, sondern da Er der Verknder und Darsteller ewiger Lebens-Wahrheitenist! Freilich, noch fehlen fr dich natrliche Beweise; fr mich sind sie nichtntig, denn ich wei: Er lebt und kndet mir Selbst in mir Sein Leben!Ursus bat jetzt: Freund, verzeihe mir meine Hrte! Ich fhle es, dein Mundkndet die Wahrheit! Aber was ist zu tun, damit auch ich die berzeugungerhalte: Er lebt! Markus und mein Herr sprachen von einem Lazarus inBethanien; soll ich zu diesem gehen, um mir Beweise zu holen? Der Fischerantwortete: Junger Freund, um nach Bethanien zu gelangen, braucht maneine halbe Woche; und doch wrde es dir wenig ntzen! Denn so du mir nichtim Ernste glauben kannst, so wrdest du auch dem Lazarus nicht glauben. Diraber lt soeben Jesus, der Herr, durch mich sagen: Suche mit deinemHerzen! Dann sollst du Ihn schauen und sollst auch erfllt werden mit diesem

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    neuen Leben aus Ihm. Komme, so oft dich dein Herz treibet, in unserebescheidene Htte; immer sind wir fr dich da! Jetzt aber brauchen wirRuhe, und auch fr dich wird Ruhe vonnten sein.Mit kurzen Dankesworten trennte sich Ursus von den alten Fischersleuten,

    fhrte sein Pferd am Zgel und ging langsamen Schrittes nach demAnwesen des alten Markus zurck; es dauerte ber eine Stunde. Aber inseinem Innern war der heftige Zwiespalt noch nicht beseitigt: Ein Toter lebtund bekundet, es gibt keinen Tod, weder fr Mich noch fr MeineNachfolger! Von weitem sah er eine brennende Lampe, die Markus an dasTor hatte anbringen lassen, um seinem Gast das Zurechtfinden zuerleichtern. Der lteste Sohn erwartete den Rmer und besorgte sein Pferd;Ursus jedoch fhlte sich einsam und verlassen; lange noch betrachtete erden gestirnten Himmel, bis der kommende Tag die Sterne verblassen lie.In dieser Nacht beschlo er, nicht zu ruhen und zu rasten, bis das Geheimnis

    um Jesus ergrndet sei. Es war ihm undenkbar: Jesus als Mensch und alsGott? Freilich hatte Markus schon fter angedeutet, da Gotteskrfte inaller Macht und Herrlichkeit in Ihm seien! Aber da Jesus Gott sei, davonhrte er noch nicht! Wer Jesu Liebe einmal erfahren hat, wird Ihn niewieder verlieren! Diese Worte beschftigten ihn immer wieder. DieFischer, das Haus Markus, alle waren Mitgenieer dieser herrlichen Jesus-Liebe, weshalb sie sich so eng mit Ihm verbunden fhlten. Aber wie stand erheute zu Jesus? O Jesus! so sprach Ursus zu sich selbst. Warummutest Du sterben und die in Sehnsucht nach Dir sich Verzehrendenzurcklassen? Warum, warum, O Jesus, machtest Du keinen Gebrauch vonDeinen Dir innewohnenden Krften? O Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit!Lasse mich nicht wieder zurckfallen ins Heidentum; denn dann wrde essehr de und finster in mir sein! Deine Gte und Gerechtigkeit mache michwieder zu einem frohen Menschen!07. Das neue Leben im MenschenIm Hause wurde es lebendig, fleiige Hnde bereiteten schon dasFrhmahl; Ursus ging hinunter zu seinen Leuten, die schon die Tiere ftterten.Die Schwarzen konnten nicht genug ihrer Freude Ausdruck geben, da sie

    hier keine Fremdlinge wren, sondern als Menschen-Brder geachtetwrden, und Ursus freute sich mit ihnen ber diese Kunde, dachte aber:Warum bin ich nicht froh wie diese Menschen? und Bitterkeit lagerte sichber seine wunde Seele. Er ging hinaus an den See, wo der ruhige Klangder Wellen und das leise Gesumm der Insekten in das innere Schweigenfhrten. Es war, als ob nun nichts mehr von auen an sein Ohr drang,sondern wie von innen eine Stimme zu ihm aufstieg: Suchest du Gewiheitund Frieden, suche in dir! Alle Menschen und die bestgemeinte Liebe sindfr dich wertlos, so sich nicht das Tor zu deiner Ich-Welt ffnet! Darum

    werde still bis in dein Heiligtum!Ursus drehte sich um: waren dies Worte oder waren es nur Gedanken? Abervon wo, von wem kamen sie? Werde still bis in dein Heiligtum? Ja, dieswill ich ja! sprach er aufatmend zu sich selber, aber hierzu mu wohl der

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    alte Markus mir noch helfen! Da sah er von weitem den alten Fischer Hiramkommen; Ursus ging ihm entgegen, und der Alte begrte ihn: Friede seimit dir!Ursus dankte und sprach: Ja, den knnte ich gebrauchen! Denn ruhelos war

    diese Nacht, und der Schlaf ist mir ferngeblieben. Hiram antwortete: Wollen wir nicht ins Haus gehen und uns mit Markusbesprechen wegen der Kunde von Jerusalem? Noch habe ich niemandemetwas von deiner gestrigen Erzhlung gesagt, denn, es knnte doch auch einTrugmanver des Tempels sein.Ursus fragte erstaunt: Kommen auch dir Zweifel? Diese Nacht hast du andersgesprochen.O nein! antwortete der Fischer. Aber es ist Pflicht eines jeden Mannes,Gerchte zu prfen um des Irrtums willen! Denn ein Irrtum vermag manchessorgsam gehtete neue Leben wieder zu vernichten. Beide gingen nun

    zurck ins Haus und wurden freundlich von Markus begrt: Was bringst duuns, Bruder Hiram? Brauchst du einige meiner Leute? Ohne Grund kommstdu doch nicht in dieser Frhe?Nein, Bruder Markus, sprach Hiram. Dieser dein Gast ist der Grund. Indieser Nacht weilte er in meiner Htte und erzhlte mir von einer kaumglaublichen Begebenheit in Jerusalem.So weit du schon, fragte Markus, was mir die Templer berbrachten?Aber so gewi ist es ja noch nicht. Es ist Gewiheit, Bruder Markus, antwortete Hiram ernst. Der Herr hat esmir in der Frhe geoffenbart! Aber wie schon so oft, trug ich Bedenken; dennich sah den Herrn mit durchbohrten Hnden und Fen, aber mit strahlendemAngesicht! Ich glaubte, es sei nur ein Traumbild! Nun ich aber in deineAugen schaute, Bruder Markus, ist es mir zur inneren Gewiheit geworden!Markus erwiderte ihm: Auch mein ganzes Innere bumte sich auf gegen dieseKunde und wurde durchschttelt bis auf den Grund. Doch da kam mir JesusSelbst zu Hilfe durch einen meiner Gste, und nun bin ich beruhigt, dennich wei, Er lebt und wird uns auch weiterhin mit Seiner Gnade und Liebebeschatten!Hiram sprach: Dann ist alles gut! Auch ich wei: Er lebt und wird ewig

    leben! Aber dieser junge Freund ist noch erfllt mit Gedanken des Zweifels!Darum, Bruder Markus, wollen wir nicht doch jemand nach Bethaniensenden? Du weit, ohne deinen brderlichen Rat mchte ich nichtsunternehmen; hier aber sehe ich die Notwendigkeit, diesem Geschehen aufden Grund zu gehen.Markus entgegnete: Bruder Hiram! Heute Nacht wich der Schlaf von meinemLager, und mein ganzes Sinnen und Denken galt dem Herrn! Dadurch bin ichsoweit im klaren, da ich alles ruhig an mich herankommen lassen kann!Bruder Lazarus wird im Verein mit Seinen Jngern schon Mittel und Wegefinden, alle Freunde zu verstndigen! Warten wir ab und seien wir unsbewut: Der Herr kennt die Seinen! Er wird alle unsere Traurigkeit wiederin Freuden verwandeln!

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    Aber Freunde! rief Ursus erregt, ihr geht mit einer Selbstverstndlichkeitmit Jesu Tod um, als wenn es schon bewiesene Tatsache sei! Es knnte dochsein, da der Tempel diese Nachrichten nur zu seinem Erfolg ausntzen will,um bei den Freunden Jesu das Beste, den Glauben an Ihn, zu erschttern?

    Da irrst du, junger Freund, antwortete Hiram ernst. Der Glaube an Jesumgibt eine lebendige Kraft und eine Gewiheit, die niemand uns nehmen kann!Wo der Feind des Lebens noch trennend wirken kann, dort ist Jesus noch nichtin das Leben eingedrungen! Viele, viele sahen und hrten Jesus, aber inseigene Innen-Leben nahmen sie Seinen Geist und Seine Liebe nicht auf undkonnten somit nichts von Seiner Lebens-Flle erfahren! Die aber an Ihnglaubten, erfuhren Seine Herrlichkeit und wollen ohne dieses gnadenvolleneue Leben aus Ihm nicht mehr sein! Darum sei unbesorgt! Der Herrkennt die Seinen und liebt auch die Seinen! Es kamen nun die Gste undvereinten sich zum Morgenmahle. Sie freuten sich, den alten Hiram zu

    begren, denn manchen schon gab dieser Bruder Brot aus dem Herzen Jesu.Markus bat der Bruder Hiram, den Morgen-Segen zu sprechen; Hiram erhobsich, breitete die Hnde nach oben und sprach: O du gtiger, liebevollerVater! Vorbei ist die Nacht, in der Du uns gndiglich bewahret hast vorbeln. Der Tag ist gekommen und verkndet uns: Das Licht sei DeinGeschenk, damit wir leben! O Herr! Du Licht aus dem Gottes-Leben! Und DuLeben aus der gttlichen Liebe! Sei Du auch an diesem Tage bei uns undin uns! Denn ohne Dich empfinden wir nichts von diesem Leben! Aus DeinerLiebe und Gnade haben wir erkannt: Du Selbst bist dieses neue Leben! Segneuns, damit auch wir wieder segnen knnen! Amen! Die Speisen aber segneuns aus Deiner Kraft und Herrlichkeit! Und Dein heiliger Wille werde immermehr auch unser Wollen! Amen.Amen, erwiderten alle; und nun stimmten die Kinder des Markus einenPsalm an: Herr, Du Ewiger und Du Herrlicher Dein ist alle Macht und allesLeben! Dein sind wir. Und als Dein Eigentum wollen wir nach DeinemWillen leben! Doch sei Du bei uns! Denn ohne Dich vermgen wir nichts!Deine Kraft mache uns stark und Deine Herrlichkeit bekunde sich unsererschwachen Liebe.Nun erst genossen alle von dem bereiteten Mahl; dann? sprach Hiram:

    Meine Freunde und auch meine Brder! Irr mir drngt es gewaltig, euch zubekunden, da Sich unser Gott und ewiger Vater in Seiner unendlichen Liebeund Erbarmung jetzt herabgelassen hat, das Grte und Herrlichste unsMenschen zu geben, Sein Gttliches Leben! In Kraft und vollerLebensfrische drfen wir alle uns als Brder die Hnde reichen, so wir unsaneignen den Geist, den der Meister in Sich trug und der Ihn bewegen hat,Sich Selbst fr uns und alle Menschen zu opfern! Des Meisters Todesstundeist Geburtsstunde eines ganz neuen Lebens fr uns und soll zur Auferstehungall der Geistes-Krfte fhren, die in den Herzen aller Menschen nochverborgen ruhen! Doch alles Werden braucht seine Zeit. Jesus starb alsMensch fr alle Menschen, um fr alle Ewigkeiten dem Tod dasSchreckliche zu nehmen! Doch nur Sein Menschliches ging durch den Tod,Sein Geistes-Leben aber wirkt von jetzt ab in uns! Sein Tod stellt uns vor

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    die groe Aufgabe, mit offenen Augen und weitem Blick die inneren Wegezu Ihm hin weiter zu beschreiten, die Er als unser Menschenbruder uns allenvorgelebt und gezeigt hat! Der Meister will nun auch zu uns kommen, um unsnochmals zu zeigen.

    Sehet: Ich bin das Leben! Weiter zu fhren aber vermag Er uns nicht, dajetzt unser eigenes Tun einsetzen mu! Seine groe Aufgabe, welche dieewige Gottes-Liebe an Ihn stellte, ist jetzt erfllt, weshalb Seine letzten Worteals Mensch und Bruder gerichtet waren an alles, was auf Erden lebt und lebenwird und lauteten: Es ist vollbracht! Alles nun, was Er uns an Liebegab wollen wir Ihm, als frei gewordene Menschen, gern zurckgeben,knnen es aber nur je nach dem Mae Seiner in uns lebendig gewordenenLiebe! Auf diesem Wege erst wird Jesus als der Herrliche uns immer nherentgegenkommen, bis auch wir ausrufen drfen: Nun sind wir vollendetdurch Sein Leben in uns! Und wenn die ganze Welt in Stummheit verharrt

    und nicht verstehen und fassen will, dieses Letzte Seiner groen Liebe, dannsollen wir allen beweisen: Er lebt in uns! Sein Geist ist das ewige Leben!Nach einer Pause sprach Hiram weiter: In mir erklingt soeben Sein HeiligesWort: Alles, was Mein war, sei nun dein! Und alle Kraft und alle Macht, dieMeine Liebe so wunderbar verherrlichten, sei nun auch in dir, je nach demMae deiner Liebe zu deinen Brdern! Frchte nichts! Kein Tod und keineVerhltnisse vermgen mehr das neue Leben aus Mir in dir zu beengen!Denn nun bin Ich Sieger und werde allen zum Siege verhelfen, die inunerschtterlicher Liebe und Treue fortsetzen Mein Werk der helfenden,Leiderlsenden Liebe! Welches Dienen euch allen erst die Vollendungbringt! Amen!Alle lauschten den Worten des Hiram und wurden erfllt von dem neuenGeiste, aus dem Hiram sprach; nur der junge Rmer und die beidenneuangekommenen Kaufleute wuten nicht recht, wie sie die gesprochenenWorte auffassen sollten.Gregor wendete sich an Demetrius und fragte: Hre, du lieber Freund! Dieswar etwas, was ich nicht so recht verstehen konnte, denn ich kenne noch vielzu wenig von Jesus und wei nichts von diesem einfachen Fischer. Betrachteich aber alle die anderen, wie sie erfllt sind von der Wahrheit dessen, was sie

    hrten, so mu ich bekennen: Es mu doch wohl etwas Wahres in seinenWorten gewesen sein! In meinem Leben ist mir kaum ein Ereignisentgegengetreten, das mich derart interessierte wie gerade dieses!Mein Freund! antwortete Demetrius, es ist nicht zu verwundern, so du undvielleicht auch andere dieses nicht gleich fassen und glauben knnen. Auchich habe Jesus nur durch die Erlebnisse anderer kennen gelernt; gesternaber, als ich mit meinem ganzen Wesen fr Jesu eintrat und die Zweifel desBruders Markus widerlegen wollte, fhlte ich eine neue Kraft in micheinstrmen, und ich konnte Worte voll berzeugenden Lebens reden! Es waralso .ein Etwas, was mich so belebte, und diese Lebens-Kraft kann nur JesuGeist gewesen sein.Wenn dem so wre, sprach Gregor sinnend, dann war Jesus mehr als einMensch! Dann mte es Ihm auch mglich sein, sich uns zu offenbaren!

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    Denn auch du hast Ihn Selbst noch nicht gesehen, und doch wirkte in dirSeine lebendige Kraft zum Reden.Inzwischen wandte sich Ursus an Markus: Lieber Freund! Sage mir, war dieswirklich Jesus, der Sich, nach Hirams Worten, in ihm bekundete? Ich kann es

    nicht fassen! Kann aber auch nicht glauben, da Hiram uns etwas erzhlt,was nicht Wahrheit wre. Und sehe ich die ndern an , sie glaubenbestimmt: Er war es!Markus antwortete: Auch ich glaube, es war der Meister, der Sich uns durchdiesen ehrlichen Menschen offenbarte! Es ist nicht das erste Mal, sondernschon fter war Hiram der Mittler zwischen dem Herrn und uns. Bruder, sagemir, warum kannst du solches nicht glauben? Es ist doch ein BeweisSeiner Liebe und Gnade, wenn Jesu Geist Sich als ein neues Leben imMenschen offenbart.Ursus entschuldigte sich: Markus, du mut nicht denken, da ich nicht

    glauben will, sondern ich mchte nur erklrt haben, was mir nicht natrlichvorkommt. So sich Jesus, obwohl Er tot sein soll, noch durch Wortebekunden kann, so mu Er doch hier sein? Warum sieht Ihn nicht einerund spricht: Jesus ist hier, ich schaue Ihn!Markus entgegnete geduldig: Ursus, Ursus, du brdest dir Lasten auf diedich unfrei machen. Es ist eines jeden Menschen Aufgabe, vor allem sichselbst zu befreien von Hemmungen der Seele, die uns den Aufblick nachoben wehren. Es ist aber auch jedem Glauben eigen, da er getrbt werdenkann von Krften, die nicht aus Jesus sind! Und nur darum kann der Herrnoch nicht persnlich zu uns kommen, weil Er Rcksicht auf deinenZustand nimmt. Glaube an Ihn wie du bis gestern an Ihn glaubtest! Hoffeauf Ihn als auf den groen Helfer in allen Nten, und alles wird sich klrenin dir! Keinem wird etwas geschenkt, sondern es mu in uns verarbeitetwerden! Bruder, dein Heiland wartet auf dich!Nun war auch das Mahl beendet, und der alte Markus sprach: LiebeBrder und Freunde! Nun wollen wir danken und im Herzen uns freuen! JederTag bringt ja seine Pflichten, und diese wollen wir nun auch heute in neuerLiebe erfllen!Hiram und Demetrius unterhielten sich ber das eben Erlebte, bis Markus zu

    ihnen kam und nun beschlossen wurde, doch einen Boten nach Bethanien zusenden, um sich nach allen Einzelheiten zu erkundigen. Demetrius stellteUrsus mit einigen Soldaten zur Verfgung; ein Sohn des Markus sowie dessenFreund sollten ihn morgen in der Frhe begleiten. Damit verabschiedete sichHiram.Ursus kam aus einem Nebengebude und bat den alten Fischer: Mein Freund!So du dich einen Augenblick gedulden mchtest, so wrde ich meinen Herrnbitten, dich in einem Wagen heimbringen zu drfen; es wrde mir Freudemachen, da ich doch wei, da du so gut wie nicht geschlafen hast. Ehe Hirametwas erwidern konnte, war Ursus schon bei seinem Herrn. Gern wurde dieErlaubnis erteilt, und rasch verabschiedete sich Ursus, indem er sich zugleichfr den ganzen Tag beurlaubte.

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    08. Das neue Leben im MenschenUnter ernsten Gesprchen erreichten sie bald ihr Ziel, und als Pferd und Wagenuntergebracht waren, fhrte Hiram den jungen Bruder nach der entfernten Httedes Bruders Aziona, welcher in dem Fischerdorfchen der lteste und das

    Oberhaupt der Gemeinde war. Dieser war etwas erstaunt, da Hiram ihmeinen Fremden in der Tracht eines Rmers zufhrte.Der Friede des Herrn sei mit dir! grte Hiram , und mit euch bis inEwigkeit, antwortete Aziona. Kommt ins Haus, euch treibt Wichtiges zumir!Ja, Bruder, nicht nur Wichtiges, sondern auch fr die ZukunftEntscheidendes! Nmlich, um es mit wenigen Worten zu sagen: DemMeister hat man auf grausame Weise das Leben genommen, was viele inTrauer und Erregung versetzt hat!Hiram, mein Bruder, antwortete Aziona, den Weg fr diese Kunde httest du

    dir ersparen knnen! Denn in dieser Nacht erlebte ich schon in einem Gesichtdieses traurige Geschehnis! Doch sagte ich heute noch keinem davon, obwohlich wei, meine Gesichte haben mir noch nichts Falsches gezeigt. Auch sah ich,wie der Meister als Lebender weiter wandelte und groe Scharen verirrterGeistwesen um sich sammelte. Aber trotzdem ist es notwendig, den BruderMarkus davon zu verstndigen, da bei ihm viele Fremde weilen.Heute morgen war ich schon dort, entgegnete Hiram, und dieser jungeBruder, ein Gast des Markus, ward auch dadurch innerlich sehr bedrckt, da erden Meister noch nicht kennt.

    Nicht nur bedrckt, fgte Ursus hinzu, sondern aller Hoffnung beraubt, denHerrn je von Angesicht zu sehen!Junger Bruder, sprach Aziona, da tust du dir selbst Unrecht! Denn Jesus istdie Hoffnung aller, und keiner, der an Ihn glaubt, wird jemals von Ihmenttuscht werden! Nicht Jesus konnte sterben, sondern nur die Form, die Erals Mensch trug! Im Augenblick Seines Sterbens umkleidete Er Sich schon miteiner neuen und viel herrlicheren Form und kann Sich jetzt berall hinbegeben,wie wir es an Engeln schon erlebten! Wenn ich als alter und erfahrenerBruder dir einen Rat geben kann, ist es der: Klammere dich mit deinem ganzenSein, deinem ganzen Hoffen und Denken an Jesus und lasse nicht einen

    einzigen Gedanken lebendig werden, der dir Sein Bild, welches du in dir trgst,trben knnte! Dann wird Er auch zu dir kommen und dich strken undaufrichten! Als Jesus noch in der Menschenform, im Fleische, uns Menschendiente, war auch Er an die Ordnung dieses Lebens gebunden, whrend Er jetztals Herr ber alles Leben und allen Tod Sich in denkbar schnellster Zeit undberall Seinen Getreuen sichtbar offenbaren kann! Solches erlebte ich schon indieser Nacht. Halte dich nicht auf mit irdischen und darum vergnglichenVorstellungen, denn diese sind uns nur zur Probe gestellt fr die innere Reife:Ob Er Sich uns schon sichtbar offenbaren darf, ohne unserer inneren Freiheit

    damit zu schaden. Doch damit dieser junge Bruder zur inneren Ruhe komme,wollen wir in die groe Stille eingehen und des Friedens von oben harren!Dieser Friede aus dem Geiste des Meisters ist die Voraussetzung zur Erfllungaller Seiner Verheiungen! Du siehst, lieber junger Freund, da der Tod Jesu

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    uns nicht das Geringste von Ihm zu nehmen vermag, sondern das Hchste unserst bermitteln kann, nmlich das klare Bewutsein: Wer an Ihn glaubt undvon Herzen sich bemhen will, nur Ihm zu dienen, wird inne werden: Der TodJesu stellt mich nun an die Sttte, wo Seine Liebe wirken will! Darum, Bruder,

    warte auf den Moment, wo du inne wirst: Jetzt fhle ich mich mit dem Herrnverbunden!Nun waren sie still, nach einer Weile jedoch fragte Ursus: Liebe Freunde,nochmals verzeihet, da ich mit Fragen euch belstige; mir scheint, da euerVerhltnis zu Jesus ein mehr innerliches, ein rein geistiges ist! Bis heute warmein grtes Sehnen: Ihn nur einmal zu sehen, Ihm in die Augen zu schauenund Seinen Worten zu lauschen. Ihr aber drngt mich zu einer neuenAuffassung: Ihn innerlich zu erfassen, um das von Ihm Gewollte und Gewirktezu tun! Aber nun werde ich unsicher: Ist das in mir Neu-Erstehende auchwirklich das von Jesus mir Geschenkte? Oder gibt es noch etwas

    Unbekanntes .in mir, was sich an Jesu Stelle setzen knnte? Eins ist sicher:Heute mu ein Wendepunkt in meinem Streben eintreten, da vor meinemLebensweg ein Trmmerhaufen meiner Sehnsucht liegt. Ihr zeigt mir meinZiel, es heit: Jesus! Doch ein anderer ist es jetzt, auf den ich hoffen, demich vertrauen soll!Mein Bruder, antwortete Aziona, hier hast du meine Hand als Zeichenbrderlicher Liebe; sei versichert, da du heute noch aller Zweifel und Sorgenledig wirst! Doch drnge alle Bitterkeit aus deinem Herzen, denn ein Herz, dasJesus liebt, ist nur erfllt von Krften Heiliger Liebe! Bis jetzt hrtest dunur von dem Menschen Jesus, von dem Heiland, dem groenMenschenfreund! Und du bist nicht der einzige, der von der Sehnsucht erflltwar, Ihn zu sehen, um etwas von Seiner inneren Herrlichkeit zu erleben! Eswaren so manche, die Ihn hrten und sahen, aber Er blieb ihnen derMensch Jesus. Siehe, diesen Menschen wird Sein Tod nur Zweifel ber SeineSendung bringen. Dann waren andere, die Ihn hrten, an Seinen Wortensich labten und groe Erwartungen auf Ihn setzten; diesen wird der TodJesu viel Trauer und Enttuschung bringen, da ihre Hoffnungen nicht erflltwurden. Die Seinen Geist aber erkannten in der Tiefe ihres Herzens alsein neues Leben, denen ein Wort aus Seinem Munde war, als wenn es aus

    dem Gottes-Herzen kme, diesen wird Sein Tod zu einem neuen gewaltigenErleben! Denn sie fhlen lebendig werden in sich die heilige Aufgabe, denBrdern alles zu ersetzen, was der Tod Jesu ihnen nahm! So siehst du nununs, die wir wissen: Der Herr ist nicht mehr Mensch! Weil wir uns lngstvon Seinem Menschlichen trennten und uns schon verbunden fhlten mitSeiner Seele und Seinem herrlichen Gottes-Geiste! Sein ganzes Leben warein Ringen um diese Frei-Werdung unserer Seelen! Da wir Ihm nun unsereSeele bergaben, gab Er die Seine uns, so da ich ausrufen mchte: OJesus! Du bist mein Ich! Wenn ich aber doch auch vom Schmerz umJesus schwach wurde, so war es im tiefen Mitleiden mit Seinen Schmerzenam Todespfahl.Bruder, rief Ursus, ich danke dir! Es wirkt dein Wort wie ein neues Lichtin mir! Aber sage mir, du sprichst von Jesu Tod mit einer Bestimmtheit, als

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    wenn du dabei gewesen wrest; wenn es sich nun doch anders verhlt, wasdann?Freundlich antwortete Aziona: Bruder! Der Herr kennt alle, die Ihn lieben,und keinen hat Er vergessen! So schmerzlich es auch in uns klingt: Er ist

    gestorben! um so freudiger wird der Ruf in uns erschallen: Er lebt! Nundrfen auch wir hoffen auf ein ewiges Weiterleben mit Ihm! Denn Jesu Toderweckte in uns dies neue Leben! Bemhe dich, jetzt in deiner Seele nichtsanderes zu denken, da doch auch in dir immer noch Regungen nach auensind, die das hohe, heilige Leben aus Gott uns gering erscheinen lassenwollen!Ursus fragte noch: So wre es wohl nicht mehr ntig, nach Bethanien zureisen, um dort bei den Freunden Gewiheit zu holen?Ntig ist es keinesfalls, antwortete Aziona, da ich wei: bald wird der Herrauch zu uns kommen und wird uns Selbst verknden, da Er den Tod

    berwunden hat, damit wir aufs Neue den Glauben an Ihn festigen. Dochum deinem Sehnen zu gengen, knnte ja das Opfer gebracht werden.Fragen wir jedoch in unserem Herzen den Herrn darnach, dann werden wirgleich die rechte Antwort erhalten.Nach einer kleinen Stille sprach Hiram: Bruder Aziona! Der Herr kndetuns Sein Kommen und wird allen die Augen ffnen, die Ihn noch nicht so rechterkennen konnten. Darum sollen wir allen Brdern mitteilen, da Er siebesuchen will! Doch mu zuvor aller Schmerz, alle Trauer aus ihren Herzenschwinden, auf da keiner erschrecke.Liebe Brder, sprach Ursus jetzt, ich mchte zurckfahren zu meinemHerrn und in mir verarbeiten all das von euch Vernommene! Denn nur so ichallein bin, werde ich erst zur rechten Klarheit gelangen.So tue nach deinem Verlangen, antwortete Hiram, ich werde dir helfen,dein Gefhrt wieder auf den rechten Weg zu bringen; aber denke jetzt nichtso viel, sondern gib deinem Empfinden die Richtung: Jesus!09. Das neue Leben im MenschenDas Gefhrt rollte langsam dahin, nur Spuren zeugten von einem Weg; untereinem schattigen Feigenbaum hielt Ursus an, gab dem wartenden Pferde

    einige Frchte und legte sich unter den Baum, um die innere Unruhe zuberwinden. Alle meinen es wohl gut mit mir, sprach er nachdenklich zu sichselber, aber wo ist fr mich das Tor zur Klarheit? O Jesus, warum mutestdu gerade jetzt sterben? Ich soll still werden? Aber wie soll man dies dennanfangen? Seit gestern wogt es hin und her in mir, und das Ergebnis? Das Pferd schnupperte an seinem Gesicht und brachte seine Gedanken zurckin die Wirklichkeit. Wie man sich vergessen kann in der Sorge um Jesus!sprach er weiter, und dabei soll ich alles Sorgen aufgeben? Wre es nichtbesser, wieder eine Aufgabe zu erfllen? Dadurch wrden meine Gedanken

    wohl am ehesten zur Ruhe kommen. So setzte er sich wieder auf den Wagen,berlie es aber dem Pferd, sich den Rckweg selbst zu suchen.

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    Nach einer geraumen Weile sah er einen Menschen, der auch diesen Wegging, und nun freute er sich, da er nicht ganz allein war. Aber ich wolltedoch allein sein, wunderte er sich, was wird dieser Mann mir sein knnen?Rascher lie er das Pferd laufen und holte den Wanderer bald ein; Ursus hielt

    an und lud nach kurzem Gru den Fremden ein: So du denselben Weg hast,nach dem Heilbad des bekannten Markus, so kannst du gern Platz nehmen undmitfahren!Mit Dank nehme ich dein Anerbieten an, sprach der Fremde, es wird mireine Freude sein, mit dir zu fahren!Ursus half dem Fremden, und als sie nebeneinander saen, fragte er: Wohin indieser Einsamkeit? Es ist, wie es scheint, eine Seltenheit, hier jemandem zubegegnen.Zu Freunden will ich, antwortete der Fremde, die mich schon langeerwarten, da ich ein Versprechen gab, sie zu gegebener Zeit zu besuchen.

    Ursus sprach: .Da nun deine Freunde im Hause des Markus sind, werden siesich wohl freuen, dich zu sehen! Doch kommst du heute zu ungelegenerZeit, denn im Hause des Markus herrscht Trauer.Trauer? fragte der Fremde erstaunt, kaum glaublich, da ich nicht erfuhr, dadort jemand gestorben ist.Im Hause Markus ist zwar niemand gestorben, sprach Ursus, aber derErbauer und Grnder des Heilbades, Jesus von Nazareth!Der Fremde entgegnete: Mir scheint es aber kaum mglich, da deswegen imHause Markus Trauer ist, da doch alle wissen, da Jesus ein Herr ber Lebenund Tod war! Sie alle haben doch den Nazarener so gut gekannt, da die Kundevon Jesu Tod wohl vorbergehenden Schmerz, aber nicht Trauer verursachenkann. Auch kenne ich meinen alten Freund Markus doch gut, der wohl einmalschwach, aber nicht durch Trauer mutlos und verzagt wird. Vielleichtkennst du die ganze Familie noch nicht so recht und nimmst nur an, sietrauern, da du selbst traurig bist.Ursus wunderte sich: Du magst recht haben! Ich bin wirklich voll Traurigkeit,da der Tod Jesu mich erschttert hat bis ins Tiefste, und ich glaubte, allemten davon ebenso erschttert sein. Es haben sich etliche Freunde viel Mhegegeben, mich zu beruhigen, aber ohne Erfolgt Denn es ist zu schwer fr mich,

    zu glauben, da, wer einmal gestorben ist, noch immer im selben Sinne ttigsein kann! Gegen diese Auffassung wehrt sich eben mein Verstand!Der Fremde fragte teilnehmend: So bist wohl auch du ein Freund von Jesusund hast Ihn recht geliebt?Ursus antwortete aufrichtig: Nein, es wre zu viel gesagt, ein Freund von Ihmzu sein! Aber geliebt habe ich Ihn lngst, nur gesehen und gesprochen habeich Ihn noch nicht. Es ist ja eben fr mich der grte Kummer: Ehe ich Ihngefunden habe, ist Er mir verloren gegangen! Fremder: Du redest mitBitterkeit von dem Sterben Jesu, obwohl du so vieles schon von Ihmempfangen hast! Hast du nicht den Ausspruch von Ihm gehrt: Selig sind, dieIhn nicht sehen, noch gesehen haben und doch an Ihn glauben! Es mu dochein Gewaltiges sein um solchen Glauben! Auch der Meister hatte einen

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    Glauben, und zwar den Glauben an Seine Nachfolger! Und dieser Glaubeberwand alle Bedenken, und so ging Er fr sie auch in den Tod!Ursus fragte erregt: Ja, sage mir, wer bist du, da auch du durch die Todes-Botschaft nicht traurig wirst und das Sterben Jesu noch als etwas Groes

    betrachten kannst? Es ist fr mich eben noch so unbegreiflich, da ihr alle, dieihr Nachfolger oder gar Seine Jnger sein wollet, noch immer mit Ihm euchverbunden fhlt und Seine Stimme sogar in euch vernehmen knnt! Warum hatEr euch nicht um Hilfe angerufen, ja, warum offenbart Er euch Sein Sterbenerst nach einigen Tagen? Er mute also besondere Grnde dazu haben, oder esliegt hier noch etwas anderes dahinter! Mit Ernst antwortete der Fremde: Es scheint, als ob du am liebsten mit demMeister rechten mchtest. Merke dir: Nie wird der Meister einem bekunden,der nach auen hin und im Verstand seine Grnde sucht, warum Er in den Todging! Doch die mit Seinem Geiste im Herzens-Leben schon verbunden sind,

    finden diese Lsung in innerer Klarheit! Warum wehrt sich denn dein Verstandgegen das, was doch vor allem das Herz angeht? Und warum kann deinVerstand nicht begreifen, da der Meister doch wohl um anderer Ziele willen,als du dir vorstellen kannst, Sein grtes Liebe-Opfer darbrachte? Wisse: werliebt, bringt gerne Opfer und wer geliebt wird, ist auch zu opfern bereit, dader Geist der reinen Liebe die Kraft in sich birgt, wenn ntig, jedes Opfer zubringen! So nun Jesus Sich opferte und mit diesem Opfer allen Menschenetwas gab, wofr Ihm ewig zu danken ist, meinst du, da da Jesus erstandere fragen sollte: darf und soll ich euch dieses Opfer bringen? Dufragst, wer ich bin und warum ich nicht traurig bin ber diese Trauer-Botschaft? Da sage ich dir: Traurig bin ich schon, aber nicht ber Jesus,sondern ber solche Menschen, welche die Kraft der wahren Liebe nichtwrdigen knnen und sich ber das Wesen rechter Opfer-Bereitschaft nochganz falsche Begriffe machen!Ursus rief bittend: Halte ein, mein lieber Freund, ich wollte dich nichtkrnken mit meiner Rede, die nur meiner inneren Zerrissenheit entsprungenist. Ich bitte dich um Verzeihung, ja, um deinen Beistand bitte ich Dich,damit ich wieder zur inneren Klarheit gelangen kann!Siehe, lieber Ursus, jetzt lt sich eher mit dir reden, sprach der Fremde,

    da du einsiehst, da du zu weit gegangen bist. Verlorenes bringt man durchKritik nicht zurck! Andererseits aber ist diese Sache doch viel zu ernst undzu heilig, um sie mit dem menschlichen Verstand beurteilen zu knnen! Aberich will dir helfen, dir so weit dienen, da du, so du nur ernstlich willst, zurrechten Klarheit kommen kannst! Doch la uns gehen, das Tier findetohnehin seinen Weg, und im Gehen werden wir uns nherkommen.Nun stiegen beide ab, und Ursus sprach: Lieber Freund, noch immer hast dumir deinen Namen verschwiegen! Doch den meinen hast du schon genannt,wie hast du Kenntnis davon erhalten?Hre, was ich dir darber sagen werde, antwortete der Fremde, mir bleibt nichts unbekannt, da der Geist alles Lebens und aller Flle aus Gott,der in mir ist, mich soweit ausgerstet hat, da ich sagen kann: Mir ist alles

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    offenbar! Denn nichts ist mehr in mir, das mich je noch an das Irdische bindenknnte!Ursus staunte: Du wirst immer geheimnisvoller! Ja, ich fange an, michselbst fast nicht mehr zu verstehen. Bei Markus dieser Glaube! Bei den

    Fischern diese Hingabe! Und bei dir dieses wie Eins-Sein mit Jesus? Hre,hier steckt doch ein Geheimnis dahinter? Immer habe ich das Rechtegefunden, aber gerade ber diesen Jesus kann ich zu keiner Klarheitgelangen! Freundlich sprach der Fremdling: Mein Ursus! Deinemenschliche Auffassung, dein allzu menschlicher Begriff von Jesus leidetSchiffbruch, und darber solltest du dich nur freuen! Denn je weniger duhast, an was sich dein Verstand noch halten kann, je weniger Kampf hastdu! Jesus lt sich in Seiner inneren Wesenheit nur erfassen, so du allesVerstandes-Wissen ausschaltest und anfngst, mit den Augen der Liebe unddes Glaubens Ihn zu schauen! Oder meinest du, so Jesus, der Meister und

    Heiland, alle Menschen mit kritischen Augen betrachtet htte, da die Liebein Ihm Sieger geworden, wre? Es ist wohl nicht leicht, Menschen mit solchhohem Gerechtigkeits-Gefhl zu bewegen, die Schwchen ihrer liebenNchsten zu entschuldigen! Und daher stammt dann das mangelndeVerstndnis fr diese Seine Liebe und fr den Opfer-Tod Jesu.Freund! Du bist hart zu mir! rief Ursus, und doch fhle ich deine Liebe,die mich anders sehen mchte. Es ist wahr: Unrecht mag ich nicht tun, aberauch nicht erleiden! Und es ist fr mich das Schwere, es als richtiganzuerkennen, da Jesus, der nur Gutes tat, Gutes brachte, geopfert werdenmute, und dies auf die grausamste Weise! Inwieweit aber nun allen Menschendamit gedient sein soll, dafr fehlt mir jede Erkenntnis. Ein Mensch, der unssolche erhabenen Lehren vom Leben bringt und mit solchen Wunder-Krftenausgerstet ist, kann nach meiner Auffassung eben nicht zu berwindensein! Und darum leide ich um Ihn, als wre Er mein Vater oder Bruder.Der Fremde sprach wie mitfhlend: Ursus, dein Leid ist nicht grer als dasdes Meisters, und so will Ich dir weiter sagen: Eben um alles Leid erlsen zuknnen, mute der Meister durch diesen Tod hindurchgehen! Sage mir, istdie herrlichste Lehre, begleitet von wunderbaren Taten, wohl etwas wert, soder Knder der Lehre das Gegenteil tut? Oder glaubst du, da die reinste

    Lehre Menschen-Leben berdauern knnte, wenn sie keine Seele htte? DieLehre Jesu von einem neuen Leben im Menschen war durchdrungen vomWahrheits-Geiste aus Gott! Aber geboren wurde sie in Seiner Seele! Frhlernte Er das Leid kennen und in sich erfahren! Und frhzeitig begann Seingroes Werk, das allen Seelen die Erlsung vom Leid bringen sollte! MitSeiner Lehre von der gttlichen Kraft der selbstlosen Liebe gab Er derMenschheit Seine Seele! Doch zuletzt konnte Er nicht anders handeln, alsauch noch das Schwerste zu vollbringen, Seine eigene Seele fr alle gottfernenWesen als Opfer darzubringen! Sterben am Kreuze ist gewi nichts Groes,aber freiwillig sterben, um die Brder von allem Leid zu erlsen, ist Groes!Jesu Sterben am Kreuze ward zur vollen Hingabe Seiner Seele in den WillenGottes und offenbart nun allen den Sieg Seiner Liebe ber alle Snden derWelt! Jesu Liebe rang um die durch Irrtum gefesselten Seelen der Menschen;

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    Er wollte sie befreien vom Hang zum irdisch-vergnglichen Schein-Leben undwollte ihnen das ewige Leben zeigen, durch die Erweckung des Geistes derreinen Liebe im Herzen. Ja, Er will Seine eigene, von allen irdischen Fesselnnun befreite Seele allen denen geben, die Seine erprobte Lehre von den inneren

    Wegen zur Erlsung der Seelen anerkennen und Ihm auf diesem Wegenachfolgen wollen!Ursus horchte mit gespannter Aufmerksamkeit, der Fremde sprach weiter:Wenn du nun diese Tatsache richtig erfat hast und durchdrungen bist vonSeinem heiligen Werk des Erlsen-Wollens, dann schenkst du deine Seele Jesuund nimmst dafr die Seine an. Der Opfer-Tod Jesu wird dir dann zumleuchtenden Symbol, allem Erden-Leid Erlsung bringen zu wollen! Und jemehr du erlsend zu wirken versuchst, um so mehr wird deine Seele selbererlst! Diese unberwindliche Kraft der leid-erlsenden Liebe aber ist dasLeben aus Gott in Seiner freigewordenen Seele. Bist auch du bereit, in diesem

    Sinne Jesu und Sein Opfer zu verstehen, so ffnest auch du dein Herzens-Tordiesem Geiste aus Gott, der in Jesu Seele als Kraft und Leben zum Ausdruckgelangte! Und dann erst wirst du verstehen, wie es Jesus erging, in dem diefreiwillige Hingabe Seiner Seele bis in den Tod zum vlligen Eins-Werden mitdem ewigen Gottes-Geiste ward!Immer aufmerksamer hatte Ursus zugehrt; nun rief er bewundernd: O Freund,mut du aber Jesus gut gekannt haben, da du Ihn so vertreten kannst! Dugabst mir ein neues Licht und ich fange an, dies alles nun ganz anders zubetrachten! Aber noch eine Frage! Bis jetzt war nur die Rede vom Geist, vomWesen und von der Aufgabe des Meisters! Er ist tot. Sein Geist und SeineLehre lebt in dir und im Herzen vielleicht vieler Jnger und Freunde! Aberwo lebt Er Selbst? Er in Seiner ganzen Persnlichkeit? Da nun, nach denBelehrungen der Fischer, Jesus einen unzerstrbaren Leib trgt, mu Er dochirgendwo sich aufhalten? Und so frage ich: Bin auch ich fhig, Ihn jetzt nocheinmal zu sehen und zu sprechen?Der Fremde antwortete liebreich: Mein lieber Ursus, es ist immer wiederdeine Sehnsucht, die dich diese Frage stellen lt. So will ich dir sagen: Ja,auch du wirst befhigt werden, Ihn zu sehen und zu sprechen, so du mit dirselber in Ordnung kommst! Dann erst werden deine Sinne gerichtet sein auf das

    neue Leben welches der Meister ja allen vorlebte! Sein Aufenthalt aber istdort, wo liebende Herzen ihr ganzes Wollen geffnet halten fr die ErfllungSeiner Liebes-Aufgaben! Frage aber nun nicht mehr, sondern berschauedich selbst, in deiner inneren Welt; dann wirst du finden, so du ganz demMeister dienen willst, was zu deinem Heile notwendig ist! Siehe, dort in derFerne liegt das Haus des Bruders Markus. Ich aber bleibe noch etwas zurck,da ich wei, deine Freunde erwarten dich und mchten das Resultat deinesBesuches im Fischerdrfchen wissen.Ursus wollte durchaus mit dem Manne noch zusammen bleiben; aber es bliebbei dem Gesagten; so schwang er sich auf sein Gefhrt, und auf baldigesWiedersehen rief er dem Zurckbleibenden nach. War es richtig, dachte er,da ich den Jnger des Herrn zurcklie? Ich htte doch noch bei Ihmbleiben mssen! Und so drehte er sich um, gewahrte aber niemanden mehr!

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    Es ist doch nicht mglich, da er verschwunden ist, fragte er sich; und solenkte er sein Gefhrt um und fuhr zurck; aber nirgends war etwas von ihmzu sehen. Wieder ein neues Rtsel: Ein Mann verschwindet von derOberflche innerhalb weniger Minuten? Er hielt sein Gefhrt an und suchte

    mit scharfen Augen die ganze Umgebung ab, aber nichts war zu entdecken.Es wird sich ja aufklren, denn er hat versprochen, nach dem Heilbad zukommen, dachte er weiter! Aber es war seltsam, welche Ruhe ich in derNhe dieses fremden Mannes empfand, und wie genau er den Meister kannte!10. Das neue Leben im MenschenUrsus fuhr langsam heim; Markus hatte ihn kommen sehen, ging ihm entgegenund fragte: Nun, lieber Ursus, du kommst frh zurck, wolltest du nicht denganzen Tag bei den Brdern bleiben?Ja, so lag es in meiner Absicht, aber es zog mich wieder zurck zu euch,

    erwiderte Ursus. Erzhlen kann ich dir jetzt nicht viel, da ich noch untergewaltigen Eindrcken stehe, doch eins sage ich dir: Einen anderen Heilandhabe ich kennengelernt! Einen Herrn, der nicht mehr sterben kann!Markus freute sich heimlich und forderte ihn auf, in die Liegehalle zu kommen,dort sei ein Bote aus Bethanien, welcher ber alle Vorgnge in Jerusalemberichte.Ursus aber erwiderte: Da bin ich froh, da ich nicht hier war, denn vielSchneres habe ich inzwischen erfahren drfen. Lieber mchte ich gar nichtmehr erinnert werden an diese Vergangenheit, da ich jetzt an meine

    Zukunft denken mu! Es ist mit Worten nicht zu schildern, was ich innerlichempfinde, nachdem mir ein Freund und Jnger des Herrn die heiligenAufgaben des Meisters so lebendig schilderte und mir meine Aufgabenzeigte! Wie doch der Mensch in seinen eigenen Begriffen sichgefangennehmen kann; aber nun hoffe ich, bald auch einer der Euren zuwerden!Mein Bruder, wie du mich froh machst, sprach Markus, denn ich habewahrhaft um dich gebangt. Aber nun hre die frohe Kunde: Der Herr istauferstanden von den Toten und hat mit Brdern und Schwestern schongesprochen! Komm und hre selbst, was der Beauftragte vom Bruder

    Lazarus uns noch knden will.Beide gingen in die Liegehalle. Ursus betrachtete die Anwesenden, sah aberwenig Freude in ihnen; denn ihre Herzen standen noch unter dem Eindruck desschmerzlichsten Leidens auf Golgatha! Zum Gru erhob er den rechten Armund n


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