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Leselust, die Wissen schafft! - Magazin · PDF fileClive Gamble, John Gowlett, Robin Dunbar...

Date post: 06-Feb-2018
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Wählen Sie das beste Wissen- schafts- buch des Jahres 1 X WISSENS- DINNER Treffen Sie bei einem privaten Abendessen eine/n der Sachbuch- AutorInnen! 3 X WISSENS- BUCHPAKETE Jeweils ein attrak- tives Buchpaket mit ausgewählten Wissensbüchern. 2 X EXKLUSIV- BUCHPAKET Alle Bücher der Shortlist für Ihre Bibliothek zu Hause. 2016 w w w . w i s s e n s c h a f t s b u c h . a t N O M I N I E R T WISSENSCHAFTS BUCH DES JAHRES 20 Top-Bücher in 4 Kategorien sind nominiert! Tolle Preise zu gewinnen! Leselust, die Wissen schafft!
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Page 1: Leselust, die Wissen schafft! - Magazin · PDF fileClive Gamble, John Gowlett, Robin Dunbar Evolution, Denken, Kultur SPRINGER Evolution und menschliches Sozi-alverhalten sind eng

Wählen Sie das beste Wissen-schafts-buch des Jahres

1 X WISSENS-DINNER

Treffen Sie bei einem privaten Abendessen

eine/n der Sachbuch- AutorInnen!

3 X WISSENS-BUCHPAKETE

Jeweils ein attrak-tives Buchpaket

mit ausgewählten Wissensbüchern.

2 X EXKLUSIV-BUCHPAKETAlle Bücher der

Shortlist für Ihre Bibliothek zu Hause.

2016www.wissenschaftsbuch.at

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WISSENSCHAFTS

BUCH DES

JAHRES

20 Top-Bücher in 4 Kategorien sind nominiert!

Tolle Preise zu gewinnen!

Leselust, die Wissen schafft!

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2 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

n a t u r w i s s e n s c h a f t & t e c h n i k Überblick: Die Aus wahlliste in 4 Kategorien

Wählen Sie das beste Wissenschaftsbuch des JahresKategorie 1 ab Seite 5

Naturwissenschaft/Technik

John FreelyKopernikusKLETT-COTTA

Diese Mischung aus Biografi e und Wissenschaftsgeschichte erzählt vom bewegten Leben des Universal-

gelehrten, erklärt dessen revolutionäre Erkenntnis-se und Theorien und zeichnet gleichzeitig ein Bild der Epoche und des Lebens im „Kopernikanischen Zeitalter“.

Clive Gamble, John Gowlett, Robin DunbarEvolution, Denken, KulturSPRINGER

Evolution und menschliches Sozi-alverhalten sind eng miteinander verbunden: Der Kampf ums Überleben forderte größere soziale Gruppen und Beziehungen über weite Distanzen und förderte dadurch das Wachs-tum des Gehirns und die Entwicklung des Geistes.

Gottfried HofbauerDie geologische RevolutionWBG

Die Evolutionstheorie und die Entdeckung, dass Gesteine von einer ereignisreichen Erdgeschich-

te zeugen, führten im 18. und 19. Jahrhundert zu einer Revolution in den Köpfen der Menschen, die das Denken und Lebensgefühl nachhaltig veränderte.

Elizabeth KolbertDas sechste SterbenSUHRKAMP

Dass der Mensch seinen Lebensraum nicht nur gestaltet, sondern auch verunstaltet, kann man mittlerweile als bekannt voraussetzen; dieses akribisch recher-chierte Sachbuch erzählt vom Artensterben und der Bedrohung, die von unserer Spezies ausgeht.

Karl SigmundSie nannten sich Der Wiener KreisSPRINGER

Ein mathematisch-philosophi-scher Zirkel versucht im Gegenwind der Politik der Zwischenkriegszeit die Grundlagen einer wis-senschaftlichen Weltauffassung zu legen. Diese spannende Episode ist aus dem Geistesleben des 20. Jahrhunderts nicht wegzudenken.

Kategorie 2 ab Seite 10

Medizin/Biologie

Ingo FietzeÜber guten und schlechten SchlafKEIN & ABER

In unserer Leistungsgesellschaft kommt Schlaf oft viel zu kurz. Dabei

ist er wichtig für unser Gehirn und unser Immun-system. Wie stark Schlafmangel uns beeinträchtigt und welche gesundheitlichen Risiken Schlafman-gel nach sich zieht, wissen die meisten gar nicht.

Bernhard KegelDie Herrscher der WeltDUMONT

Erst kürzlich erkannten Wissenschaftler die Bedeutung von Mikroben für das Leben auf unserem Planeten und wie eng und vielfältig die Verbindung von Tieren und Pfl anzen mit diesen Winzlingen ist. Dabei geht es vor allem um Koope-ration und Arbeitsteilung.

Stefano Mancuso, Alessandra ViolaDie Intelligenz der Pfl anzenANTJE KUNSTMANN

Was Darwin damals vermutete, scheint sich in den vergangenen Jahrzehnten zu bestätigen: dass

auch Pfl anzen, trotz ihrer Unbeweglichkeit, über „stupende Fähigkeiten“ verfügen. Hier wird gar ein immer noch umstrittenes Wort in den Mund genommen: Intelligenz.

Walter MischelDer Marshmallow-TestSIEDLER

Die Forschungen der letzten 50 Jahre zum Thema Selbstkont-rolle und Belohnungsaufschub zusammengefasst. Ist die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben, angeboren? Kann man sie anderen Menschen beibringen? Hat sie auch eine Kehrseite?

Arnold van de LaarSchnitt!PATTLOCH

Anhand von 28 berühmten Fällen erzählt der Chirurg die Geschichte seines Fachs. Von den dunklen An-

fängen – als noch ohne Betäubung operiert wurde – bis hin zu den heutigen Hightech-OPs wird ein packender Schnitt durch die Historie gezogen.

zusammengefasst. Ist die Fähigkeit,

Kategorie 3 ab Seite 15

Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft

Wolfgang FürwegerVerbrannte KindheitUEBERREUTER

In den Jahren 1677 bis 1679 kam es zu völlig aus den Fugen gera-tenen Hexenprozessen rund um

den „Zauberer Jackl“, die vor allem Kindern und Jugendlichen das Leben kosteten. Ein düsteres Kapitel inneralpiner Pädagogik, hier ganz in den Dienst der Aufklärung gestellt.

Jon MathieuDie AlpenRECLAM

Mit vielen Fotografi en wird die Geschichte der tiefen Verbun-denheit zwischen Mensch und Natur in diesem einzigartigen Kulturraum erzählt: die Besiedelung seit „Ötzi“, das Leben, Arbeiten und Denken in den Bergen und Tälern dieser harten und fordernden Natur.

Peter PayerDie synchronisierte StadtHOLZHAUSEN

In den 1860er-Jahren rückte die Uhr direkt ins Straßenbild. Die neue Wahrnehmung von Zeit

veränderte das Leben in den Metropolen: Die Zeit hörte auf, biegsam zu sein, die Tages- und Arbeitsgestaltung wurde uniform und kontrollierbar.

Saskia SassenAusgrenzungenS. FISCHER

Ausgrenzungen aus dem Berufs-leben, dem Wohnort oder aus der Biosphäre resultieren in krassen Einkommensunterschieden, Flucht, Zerstörung von Land oder Wasserknappheit. Diese Zusammen-hänge müssen begriffen werden, um eine klare Analyse zu ermöglichen.

Klaus TaschwerHochburg des AntisemitismusCZERNIN

Vieles ist bekannt über den Nie-dergang der Universität Wien nach dem „Anschluss“ 1938. Doch liefert

dieses Buch erschreckende Einblicke darüber, wie das universitäre Klima half, dem Nationalsozialis-mus in Österreich den Weg zu bereiten.

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n a t u r w i s s e n s c h a f t & t e c h n i k Überblick: Die Aus wahlliste in 4 Kategorien

Online-Wahl unter www.wissenschaftsbuch.at

Wählen Sie Ihre FavoritenWählen Sie bis 11. Jänner 2016 aus jeder Kategorie ein Buch. Ihre Stimme zählt auch, wenn Sie nur in einer Kategorie abstimmen. Abstimmen können Sie im Internet unter www.wissenschaftsbuch.at oder per E-Mail, Post oder Fax.

❍ Ja, ich möchte am Gewinnspiel teilnehmen. Meine Adresse gebe ich ausschließlich für die Zusendung des möglichen Gewinns unten an.Das Gewinnspiel läuft bis 11. Jänner 2016. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden durch Auslosung unter Ausschluss des Rechtsweges ermittelt und bis Ende Jänner 2016 verständigt. Die oben genannten Teilnahmebedingungen habe ich gelesen und bin damit einverstanden.

❍ Ja, ich möchte am Gewinnspiel teilnehmen und ich möchte zu Veranstaltungen des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) eingeladen werden. Die von Ihnen zur Verfügung gestellten Daten werden vom BMWFW mit Ihrer Zustimmung gespeichert. Die Daten werden ausschließlich dazu verwendet, um Ihnen Informationen über unsere Veranstaltungen zukommen zu lassen. Sie haben jederzeit die Möglichkeit, die Zustimmung zur Speicherung Ihrer Daten sowie die Verwendung Ihrer Daten zu vorstehend genannten Zwecken zu widerrufen.

Name

E-Mail

oder PostadresseEinsenden an: Buchkultur VerlagsgmbH, 1150 Wien, Hütteldorfer Str. 26 Fax: 01/786 33 80-10, E-Mail: [email protected]

Kategorie 1 > Naturwissenschaft/Technik– Freely Kopernikus ❑

– Gamble/Gowlett/Dunbar Evolution, Denken, Kultur ❑

– Hofbauer Die geologische Revolution ❑

– Kolbert Das sechste Sterben ❑

– Sigmund Sie nannten sich Der Wiener Kreis ❑

Kategorie 2 > Medizin/Biologie– Fietze Über guten und schlechten Schlaf ❑

– Kegel Die Herrscher der Welt ❑

– Mancuso/Viola Die Intelligenz der Pfl anzen ❑

– Mischel Der Marshmallow-Test ❑

– Van de Laar Schnitt! ❑

Kategorie 3 > Geistes-/Sozial-/Kulturwissenschaft– Fürweger Verbrannte Kindheit ❑

– Mathieu Die Alpen ❑

– Payer Die synchronisierte Stadt ❑

– Sassen Ausgrenzungen ❑

– Taschwer Hochburg des Antisemitismus ❑

Kategorie 4 > Junior Wissensbücher– Barman Walross, Spatz und Beutelteufel ❑

– Habinger/Schmoiger Aus eins mach viel! ❑

– Horaczek/Wiese Gegen Vorurteile ❑

– Pommaux/Somers Wir und unsere Geschichte ❑

– Trpak/Leitl Willi Virus ❑

Wissen schaffen – Einladung zur Wahl des besten WissenschaftsbuchesAus zahlreichen Studien wissen wir, dass sich weite Teile der Bevölkerung für wissen-schaftliche Ergebnisse interessieren, aber die Inhalte oftmals als komplex empfi nden. Dieses grundsätzliche Interesse müssen wir weiter fördern. Informative und verständliche Sachbücher eignen sich hervorragend, um einer breiten Öffentlichkeit Einblick in aktuelle Forschungsfragen zu geben und Wissenschaft zu vermitteln. Die Bücher auf der Shortlist zum „Wissenschaftsbuch des Jahres“ beherrschen diesen Spagat zwischen Wissens-vermittlung und Lesevergnügen. Mit der Wahl zum „Wissenschaftsbuch des Jahres“ bietet das Bundesministerium für Wis-senschaft, Forschung und Wirtschaft gemeinsam mit dem Magazin Buchkultur hervorragen-den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Bühne, um ihre Arbeiten zu präsentie-ren und den Wissenstransfer in die Gesellschaft zu fördern. Viele Forschende haben dieses Angebot schon wahrgenommen und leisten mit ihren Büchern wertvolle Vermittlungsarbeit. Das anhaltende Publikumsinteresse an der Wahl bestätigt diesen Weg. In diesem Sinn lade ich alle Leserinnen und Leser ein, sich an der Publikumswahl zum „Wissenschaftsbuch des Jahres“ zu beteiligen.

Dr. reinhold MitterlehnerVizekanzler und Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Wählen Sie das beste Wissenschaftsbuch des JahresKategorie 4 ab Seite 20

Junior Wissensbücher

Adrienne BarmanWalross, Spatz und BeutelteufelALADIN (AB 4)

In diesem Sammelsurium werden Tiere nach eigenwilligen Kriterien

angeordnet: die Knallroten oder die Schneeweißen, die Schlauen, Bergbewohner, Nachtschwärmer und Gladiatoren fi nden hier in Bildern zusammen.

Renate Habinger, Christa SchmoigerAus eins mach viel!G & G (AB 6)

Wo kommt unser Essen her? Die Autorinnen zeigen, was Samen sind, welche Arten es gibt, wie wir sie hegen und pfl egen können und wie aus Pfl anzen köstliche Mahlzeiten werden. Dazu jede Menge Rätsel, Bastelanleitungen, Pfl anztipps, Rezepte und Reime.

Nina Horaczek, Sebastian WieseGegen VorurteileCZERNIN (AB 14)

Nehmen uns Ausländer die Arbeitsplätze weg? Ist die EU undemokratisch? Ist das Kopftuch

ein politisches Symbol? Objektive Fakten zu aktuellen Themen helfen, sich und andere mit guten Argumenten gegen unqualifi zierte Vorurteile zu schützen.

Yvan Pommaux, Christophe Ylla-SomersWir und unsere GeschichteMORITZ (AB 9)

Auf allen Kontinenten, zu allen Zeiten waren es Männer, Frauen und Kinder, die die Welt zu dem gemacht haben, was sie ist. Kein Buch der „großen“ Namen, sondern der Menschen, die aus-gehend von Afrika die ganze Welt bevölkert haben.

Heidi Trpak, Leonora LeitlWilli VirusTYROLIA (AB 5)

Eigentlich könnte er einem fast leidtun – niemand mag ihn und alle wollen ihn mög-lichst schnell wieder loswer-

den. Wir dürfen vorstellen: Willi, der Schnupfenvi-rus. Ein Sachbilderbuch, das ein unangenehmes Alltagsphänomen unter die Lupe nimmt.

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Die Jurymitglieder bei der Arbeit: Aus 80 vorausgewählten Büchern wurden letztlich die 20 Shortlist-Titel selektiert.

Alle Bücher, die Sie in diesem Heft finden, wur-den von einer hochkarätig besetzten Jury von Expertinnen und Experten vorab selektiert. Sie haben aus einer langen Liste jene fünf Bücher pro Kategorie nominiert, die nun als Shortlist

für Sie zur Wahl stehen. Wir danken der Jury für ihre Arbeit! Alle Informationen, wie etwa die Jurymitglieder oder die Longlist-, Shortlist- und Siegerbücher der letzten Jahre, finden Sie auf der Website. www.wissenschaftsbuch.at

Die besten Bücher stehen zur Wahl!

4 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

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Tolle Preise zu gewinnen!Unter allen, die bis 11. Jänner 2016 ihre Stimme abgeben und am Gewinnspiel teilnehmen, werden folgende Preise verlost:

2 x Das Exklusiv-BuchpaketAlle Bücher der Shortlist für Ihre Bibliothek zu Hause. Die 20 Nomi-nierungen aus den 4 Kategorien bilden einen repräsentativen Querschnitt aus der Welt des Wissens.

3 x Wissens-BuchpaketeJeweils ein attraktives Buch-paket mit ausgewählten Wissensbüchern.

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11 x Wissens-Dinner

Treffen Sie bei einem privaten Abendessen eine/n der Sachbuch-Autorinnen und -Autoren! Wir laden Sie mit einer Begleit-person Ihrer Wahl in ein exklusives Ambiente zum Dinner in Wien.Preis ohne An-/Abreise und Nächtigung, Termin im Frühjahr 2016 nach Vereinbarung

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Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

Alles dreht sich um die SonneEin bahnbrechendes Werk war ausschlaggebend für die Entstehung der modernen Wis-senschaften: „De revolutionibus orbium coelestium libri IV“. Sein Autor ist der polnische Astronom Nikolaus Kopernikus. Eine großartige Geschichte dieses „revolutionärs des Himmels“ hat der US-amerikanische Autor John Freely geschrieben. VON HOrST STEI N FELT

Es ist die wohl entscheidendste, wich-tigste und einflussreichste wissen-schaftliche Entdeckung der Neuzeit ge-wesen: dass die Erde und alle anderen Planeten um die Sonne kreisen und dass die Erde sich einmal in 24 Stunden um ihre Achse dreht. Der „Erfinder“ dieser revolutionären Erkenntnis ist einer der größten Universalgelehrten der Ge-schichte, Nikolaus Kopernikus.

Kopernikus lebte von 1473 bis 1543. Kurz vor seinem Tod erschien 1543 sein Band „De revolutionibus orbium coelestium libri IV“ (auf Deutsch: Sechs Bücher zu den Umschwüngen der himmlischen Kreise). Und dieses Buch sollte Auswir-kungen zeitigen, die weit über die Ast-ronomie reichten. Schließlich „befeuerte sie im 17. Jahrhundert eine wissenschaft-liche revolution, die im neuen Weltbild

Isaac Newtons, dem Beginn der mo-dernen Naturwissenschaften, gipfelte“, wie das John Freely trefflich in der Ein-führung zu seinem umfangreichen und dichten Werk „Kopernikus“ schreibt.Ein „Buch, das niemand gelesen hat“, so beschreibt Owen Gingerich das Werk des Kopernikus. Gingerich zählt zu den bedeutendsten Kopernikus-Forschern. Und Freely bezieht sich auf Gingerich ebenso wie auf Edward rosen, die maß-geblich am wiedererwachten Interes-se an Kopernikus beteiligt waren. Das begann mit dem 500. Geburtstag von Kopernikus 1973. Damals entstanden auch zwei museen, die dem Leben des Wissenschaftlers gewidmet sind, beide in seiner Heimat; eines in seinem Ge-burtsort Torun (Thorn), eines in From-bork (Frauenburg), wo er sein bahnbre-chendes Werk verfasst hat.

John Freely schildert in dieser Biografie das bewegte Leben des Kopernikus, be-ginnend mit der rom-reise des jungen Studenten Nikolaus, der sich im Herbst 1496 in Bologna an der Universität eingeschrieben hat und damit die ita-lienische renaissance in voller Blüte er-lebte. Und endend mit der Grablegung im Frauenburger Dom, der zweiten übrigens: Am 22. mai 2010 wurden die sterblichen Überreste des Nikolaus Ko-pernikus nämlich zum zweiten mal bei-gesetzt. Eine forensische Untersuchung an einem wiedergefundenen Skelett hatte ergeben, dass es sich um die sterb-lichen Überreste des Univesalgelehrten handelte. Eine spannende wie lehrreiche Ge-schichte ist das geworden, in der Freely sowohl die Kopernikanischen Theorien als auch das bewegte Alltagsleben zur beginnenden Neuzeit einfangen konn-te. Wissenschaftsgeschichte der lesba-ren Art.

Der polnische Astronom Nikolaus Kopernikus beobachtet den Himmel auf seinem privaten Turm im polnischen Frombork. Er hat eine der wichtigsten wissenschaftlichen revolutionen in der Geschichte der Welt eingeleitet. (Gemälde von Jan matejko, 1871)

John Freely wurde 1926 in Brooklyn geboren. Er lebt heute in Istanbul, wo er an der Bosporus University Physik und Wissenschaftsgeschichte lehrt. Freely hat mehrere reisebücher und histori-sche Sachbücher verfasst, etwa über Athen, Venedig, die Türkei und das Osmanische reich. Zuletzt erschien „Platon in Bagdad“.

John FreelyKopernikus. revolutionär des himmels Übers. v. Enrico Heinemann Klett-Cotta 2015, 363 S., EurA 25,70Auch als E-Book

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6 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

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Von Jägern, Sammlern und Facebook-FreundenDie Geschichte unserer Evolution erzählen Archäologen oft anders als Biologen oder Psychologen. Hier tun sie es gemeinsam. VON ANDrEAS KrEmLA

Unsere Urväter hatten die gleichen Pro-bleme wie wir: Schon vor zwei millio-nen Jahren fehlte schlichtweg die Zeit. Immer mehr Sozialkontakte galt es zu pflegen – durch gegenseitiges Kraulen. Aufmerksamkeit für jeden einzelnen war gefragt, bis der mensch das Lachen erfand. Dieses „Kraulen auf Entfernung“ ermöglichte die Interaktion mit mehre-ren Gruppenmitgliedern zugleich.

„From Lucy to Language“ hieß das Pro-jekt, in dem dieses Puzzlestück unse-rer Entwicklungsgeschichte gefunden wurde. Von den Lebzeiten des über drei millionen Jahre alten Lucy-Skeletts bis zum Handelsverkehr der Steinzeit war noch ein weiter Weg zu gehen. Diesen versuchten Forscher verschiedener Dis-ziplinen mit den je eigenen Werkzeugen zu rekonstruieren: Archäologen inter-pretierten fossile Fundstücke, Anthropo-logen das Verhalten von Urformen des menschen, Psychologen experimentier-

ten mit jetzt lebenden menschen. Das Buch der drei Projektleiter berichtet in sieben Kapiteln von den meilensteinen.Ein trockener Forschungsbericht? Kei-neswegs! In bester Tradition angloame-rikanischer Wissensvermittlung darf man hier den Weg zurück in unsere tiefste Vergangenheit miterleben, in leicht verständlichen, locker dahinflie-ßenden Sätzen. Die Autoren nehmen den Leser mit zu den Fundstätten der Archäologen, die sie auch mit etlichen Fotos illustrieren. Was man hier eben-falls live erlebt, ist die Geschichte in-terdisziplinärer Forschung. Denn diese haben die Autoren mitgeschrieben. Die drei Projektleiter gelten als Pioniere an-thropologischer Erforschung mensch-lichen Verhaltens in der Ur- und Früh-geschichte. Die Zusammenarbeit von Archäologie und Psychologie eröffnete ihnen neue Wege.Nach dem Lachen erfanden Lucys Erben das gemeinsame musikmachen, dann

erst die Sprache. mit der Nutzung des Feuers stand plötzlich auch mehr Zeit für Geselligkeit zur Verfügung. „Die Größenbeschränkungen der sozialen Gemeinschaften zu überwinden“, nen-nen die Autoren das Ziel all dieser evo-lutionären Errungenschaften. Die Größe des Gehirns musste mit der Größe der Gruppe mithalten. Das maximum von Beziehungen, die unser Gehirn verar-beiten kann, ist nach einem der Autoren als „Dunbar-Zahl“ bekannt. Hier wird demonstriert, wie sich dieser soziale Grenzwert von der Urhorde bis zu durch-schnittlich 150 „Freunden“ auf Facebook entwickelt hat. Der mensch wurde intel-ligenter, weil er sozialer wurde. Dies zu zeigen, gelang den Autoren im Projekt, und es gelingt ihnen im Buch.

Am Ende hat man eine reise über einen aufregenden Weg gemacht, der nur an einzelnen Stellen aus dem Nebel prä-historischer Vergangenheit auftaucht. Dunbar, Gamble und Gowlett führen den Leser mit sicherer Hand durch die Ungewissheit auf der Hochschaubahn unserer Evolution.

Der Evolutionspsychologie Robin Dunbar hat sich auf das Verhalten von Primaten spezialisiert und erforscht dieses am Institut für Experimentelle Psychologie der Universität Oxford.

Clive S. Gamble leitet als Archäologe und Anthropologe das britische royal An-thropological Institute. Über urgeschichtli-che Gesellschaften hat er bereits mehrere (auch populäre) Bücher geschrieben.

James Gowlett ist Professor für Archäo-logie und Evolutionsanthropologe an der Universität Liverpool und erforscht die Begriffsbildung seit Lucys Artgenossen, den Australopithecinen

C. Gamble, J. Gow-lett, r. Dunbarevolution, Denken, Kultur. Das soziale Gehirn und die entstehung des MenschlichenÜbers. v. Sebastian Vogel. Springer Spektrum 2015, 376 S., EurA 25,70Auch als E-Book

Das Ziel vieler errungenschaften war, die sozialen Gemeinschaften zu erweitern, denn unser Gehirn kann nur eine begrenzte Anzahl an Beziehungen verarbeiten. Der mensch wurde intelligenter, weil er sozialer wurde.

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Die Tiefe der ZeitErdgeschichte ist mehr als nur die Bestimmung von Stei-nen, sondern, was der Geologe Gottfried hofbauer auf-zeigt, auch ein Spiegel der Evolution menschlichen Wissens. VON AlexAn der Kluy

Am 23. Oktober 4004 v. Chr. wurde die Erde geschaffen. Das war eine Tatsache, die bis weit ins 17. und 18. Jahr-hundert kein Englisch spre-chender Christ anzweifelte. 1611 war in England die King James Bible, die maßgebli-che Bibelübersetzung, er-schienen. Im Lauf der Jahre wurden in der randspalte Schlüsselereignisse des Al-ten und des Neuen Testa-ments von Theologen mit präzisen Zeitangaben ver-sehen. So auch vom Bischof Ussher, der über die im Buch der Bücher aufgeführ-ten Herrscher, Propheten, Dynastien und Geschlech-ter die Entstehung der Erde präzise zu datieren glaubte.Umso größer war das Auf-sehen, als der schottische Geologe James Hutton (1726–1797) im märz und April 1785 vor der royal So-ciety of Edinburgh zwei Vorträge hielt, in denen er aufgrund exakter eige-ner Naturbeobachtungen nachwies, dass die Erde weitaus älter als 6000 Jahre sei, ja dass die bisherigen Theorien der Erdentstehung falsch sei-en. Die wichtigsten Annahmen Huttons waren: Die meisten Gesteine bestehen aus erodiertem material, sind also Se-dimentgesteine, und alle Oberflächen der Erde sind ständiger Erosion unter-worfen. Huttons Erkenntnis, dass beide Seiten der Erosion einen Zyklus bilden, war das „Paradox des Bodens“ (Stephen Jay Gould).

Und das Ende der aus der biblischen Schöpfungsgeschichte abgeleiteten

Vorstellung von Zeit und deren denkeri-scher Konsequenz, dass Vergangenheit und Zukunft lediglich von kurzer Dauer seien.

mit der Etablierung einer strikt dies-seitig orientierten Erforschung der Erde, dass in den Gesteinen Zeugnisse einer langen und ereignisreichen Erd-geschichte dokumentiert sind, begann sich die Vorstellung einer theologisch grundierten historischen Geologie ent-scheidend abzuschwächen, um schließ-lich ganz ad acta gelegt zu werden. mit dem Vertrauensverlust in die biblische

Geschichte schwand die Erwartung vom baldigen Ende der Welt. 50 Jahre nach Huttons Vorträgen waren die-se von entscheidendem Einfluss auf Charles Darwins Evolutionstheorien. Der deutsche Geologe Gottfried Hof-bauer zeigt anschaulich, auf welche Art und Weise sich den menschen damit eine heute selbstverständlich geworde-ne Zukunft öffnete.

Der in mittelfranken lebende langjäh-rige Universitätsdozent, freie Autor und Exkursionsleiter führt lebendig vor Augen, wie wissenschaftliche Erkennt-nis das Denken und Lebensgefühl des menschen nachhaltig verändert hat. Die Geschichte der Gesteine, ihrer Schich-tungen und der darin eingeschlossenen Fossilien, die Analyse der tektonischen Bewegungen der Kontinente, von Ge-birgsbildungen und von Paläomagnetis-mus erweist sich so als Geschichte der Emanzipation menschlichen Wissens und wissenschaftlichen Fortschritts und Freiheit und reflektiert das Aufkom-men eines gänzlich anders gearteten, weil neuen und vorurteilsfreier Auf-klärung verpflichteten Lebensgefühls.

Gesteine sind Zeugen der ereignisreichen erdgeschichte. Eine der berühmtesten Fälschungen von Fossilien sind die „Würzburger Lügensteine” von Anfang des 18. Jahrhunderts.

Gottfried Hofbauer, 1955 geboren, hat nach dem Studium der Geologie an Projekten der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) mitgearbeitet und war von 1985 bis 2008 Lehrbeauftragter an der Universität Erlangen-Nürnberg, seither ist er freier Autor mit zahlreichen Publi-kationen, Projekten in der geowissen-schaftlichen Öffentlichkeitsarbeit sowie Exkursionsleitungen in Europa und Australien.

Gottfried HofbauerDie geologische revolution. Wie die entdeckung der erdgeschichte unser Denken veränderteWissenschaftliche Buchgesellschaft 2015, 128 S., EurA 30,80

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Aussterben ist kein ZufallDie amerikanische Journalistin elizabeth Kolbert schreibt vom gravierenden und folgenreichen Einfluss der menschlichen Spezies auf das ökologische Gleichgewicht in der Welt. VON ALEXAN DEr KLUy

Der heutige Verlust an Biodiversität, der Artenvielfalt und ökologischer Systeme ist einer Einschätzung des Evolutionsbio-logen E. O. Wilson zufolge zehntausend-mal höher als der natürliche Schwund. Der Grund dafür ist jene Spezies, die sich selber in lateinischer Sprache als klug und weise bezeichnet: der homo sapi-ens, der Mensch. So wird die zunehmen-de Versauerung der Meere, schreibt die amerikanische Reporterin Elizabeth Kol-bert in „Das sechste Sterben“, für das sie 2015 in den USA mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet wurde, durch gewaltige menschengemachte Kohlendioxidemis-sionen ausgelöst. Diese belaufen sich zur Zeit pro Jahr auf rund neun Milliar-den Tonnen. Sie führt die Ausrottung von Tierarten, die Zerrüttung von Biotopen, die Zerstörung der Natur vor Augen – alles von Menschen gemacht. Und mit verheerenden Folgen verbunden, die auf die Spezies Mensch zurückschlägt. Bei Kolbert mit Händen zu greifen sind die katastrophalen Folgen des Klimawan-

dels und des Aussterbens von Arten. So geht sie detailliert auf das langsame Sterben der Korallenriffe ein. Es besteht kaum ein Zweifel, dass die Zukunftsaus-sichten für diese düster sind.

Unfruchtbare Steppen im Mittleren Westen der USA, ansteigende Meere, untergehende Pazifikatolle, teilgeflutete Länder wie die Niederlande und Bangla-desch, aussterbende Tierarten, zerstöre-rische Wirbelstürme, unüberschaubare Völkerwanderungen und kollabierende Staaten – all das ist Elizabeth Kolbert zufolge keine Zukunftsmusik mehr. Die Reporterin und Redakteurin für Ökologie und Umweltpolitik beim Magazin „The New Yorker“ legte 2006 mit „Vor uns die Sintflut. Depeschen von der Klimafront“ eine informative Großreportage über die globale Erwärmung und ihre Folgen vor. In „Das sechste Sterben“, ebenfalls eine abwechslungsreiche Mischung aus Rei-sereportage, Wissenschaft und Gesell-schaftsanalyse, umreißt sie argumenta-

tiv klar wie sprachlich geschmeidig den gravierenden Einfluss der menschlichen Spezies auf das ökologische Gleichge-wicht in der Welt. Dieser Einfluss wirkt sich mittlerweile so dramatisch aus, dass er den Titel des Buchs voll und ganz rechtfertigt. Die fünf großen Artenster-ben und mehrere kleine Aussterbewel-len der Vergangenheit sind durch ver-schiedene, vom Menschen unabhängige Phänomene durch teils jähe Verände-rungen der Lebenshabitate verursacht worden, durch Eiszeiten oder Meteori-teneinschläge. Die bekannteste war die letzte dieser Wellen: Vor 66 Millionen Jahren segneten nach einem gewaltigen Asteroideneinschlag auf der Erde die Saurier das Zeitliche und mit ihnen zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten. Doch das aktuelle sechste Massenster-ben liegt allein in unserer Verantwor-tung. Elizabeth Kolbert: „Nachdem wir gewarnt wurden, wie wir andere Spezies gefährden, können wir da nicht etwas zu ihrem Schutz unternehmen?“

Die fünf großen Artensterben der Vergangenheit wurden durch verschiedene, vom menschen unabhängige Phänomene verursacht. Das heutige Artensterben und die Zerstörung der Natur ist dagegen auf die Spezies mensch zurückzuführen.

Elizabeth Kolbert wurde 1961 in der Bronx, New york, geboren, studierte Literatur an der yale University, begann als Journalistin bei der „New york Times“, war dort ab 1992 politische redak-teurin und wechselte 1999 zum magazin „The New yorker“, für das sie seither als redakteurin und reporterin die ressorts Ökologie und Umweltpolitik verantwortet.

Elizabeth KolbertDas sechste Sterben. Wie der Mensch Naturge-schichte schreibtÜbers. v. Ulrike BischoffSuhrkamp 2015, 312 S., EurA 25,70Auch als E-Book

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Philosophie in konzentrischen KreisenSie versuchten, Philosophie mit naturwissenschaftlicher Präzision zu betreiben. Ein Wiener mathematiker spürt den Denkern des Wiener Kreises nach – und den weiten Kreisen, die ihr Denken zog. VON ANDrEAS KrEmLA

„Wissenschaftlich philosophieren“, so nannte es einer der Studenten. Gemein-sam mit etwa 20 anderen kam er jeden Donnerstagabend in den kleinen Hör-saal des Physikalischen Instituts in der Boltzmanngasse. Nach allgemeinem Geplauder klatschte Philosophiepro-fessor moritz Schlick in die Hände und verkündete das Thema des heutigen Vortrags. Das Wichtigste war stets die Diskussion. Fragen der Naturwissen-schaft und der Logik verbanden den Wiener Kreis, zuerst in losen, ab 1924 in regelmäßigen wöchentlichen Zusam-menkünften. Neu war die Anwendung naturwissenschaftlicher Präzision in der Philosophie. Vom Student bis zum Professor war jeder willkommen, dessen Denken von Empirie und Logik (und ja nicht von metaphysik!) bestimmt war. Der junge mathematiker Kurt Gödel war Stammgast. Auch Ludwig Wittgenstein folgte einer Einladung. mit Albert Ein-

stein stand man in enger Verbindung. Der Autor hätte wohl selbst gut in die-sen Zirkel gepasst. Karl Sigmund ist ma-thematiker an der Universität Wien und hat es zu etlichen meriten in seinem Fach gebracht. Zur Philosophie kam er über seine Beschäftigung mit dem Wie-ner Kreis. Unter anderem hat er die ge-sammelten Werke von dessen Stamm-mitglied Hans Hahn herausgegeben. Über Kurt Gödel har er ein populäres Buch geschrieben, zur Emigration öster-reichischer mathematiker eine Ausstel-lung kuratiert. Der fundierte Hintergrund schafft Leich-tigkeit. Neu gegenüber anderen Pub-likationen zum Logischen Empirismus ist die mühelosigkeit, mit der Sigmund mathematische Zwickmühlen erklärt – unter Verwendung aller zu Gebote ste-henden mittel, wie etwa dem Cartoon eines verwirrten Bertrand russell oder der Grafik einer optischen Täuschung.

Die mit logischen Gedanken jonglieren-de Darstellung erinnert manchmal an Hofstadters „Gödel, Escher, Bach“. Ähn-lich unbefangen ist auch der Zugang zur Philosophie: Nichts muss letztgültig sein. Der Leser soll verstehen, was die Denker gedacht haben. Punkt.Sigmund zeigt die mitglieder des Wie-ner Kreises als Bewohner einer Welt, die in der Neuordnung nach dem Weltkrieg die Freiheit des Denkens entdeckt; und als menschen, die dieses freie Denken wesentlich prägten. Dafür mussten sie teils teuer bezahlen. Die meisten emig-rierten bereits zu Zeiten des Ständestaa-tes. Schlick wurde 1936 erschossen, sein mörder von den Nazis bald rehabilitiert. Das schändliche Ende des logisch-phi-losophischen Zirkels schildert der Autor ohne emotionale Dramatisierung.Hier gewinnen sowohl die Wellen der Zeit Kontur, die diesen Zirkel bewegten, als auch die Kreise, die das Denken sei-ner Köpfe zog. Sigmund vermittelt nicht nur Einblicke in die philosophische Ar-beit des Wiener Kreises, sondern auch gesellschaftliche Zusammenhänge. Nach den letzten Seiten hat man ein ele-mentares Stück der Welt zwischen den Weltkriegen verstanden.

1924 wurde der Wiener Kreis gegründet. Ein philosophischer Zirkel, der sich zum Ziel setzte, eine wissenschaftliche Weltauffassung zu propagieren. Albert Einstein, im Bild bei seinem Besuch in Wien 1931, wurde zum verehrten Vorbild.

Karl Sigmund arbeitet als mathematikprofessor an der Universität Wien und am International Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg. Er ist mitglied der Österreichischen Akademie der Wissen-schaften. Für seine Forschungen auf dem Gebiet der Evolutionären Spieltheorie wurde er international ausgezeichnet. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist seine Beschäftigung mit der Geschichte der mathematik, insbesondere dem Wiener Kreis.

Karl Sigmund Sie nannten sich Der Wiener Kreis. exaktes Denken am rand des UntergangsSpringer Spektrum 2015, 357 S.EurA 20,60

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10 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

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Gute Nacht. Und schlaf gut.Der deutsche Arzt und Schlafforscher Ingo Fietze hat ein Buch über guten und schlechten Schlaf, Schlafstörungen und die Folgen der um sich greifenden 24-Stunden-Gesell-schaft geschrieben. VON ALEXAN DEr KLUy

„Unausgeschlafen, aus irgendeinem mysteriösen Grunde, die anderen Grün-de kann man mit seiner Weisheit ver-meiden, aber die mysteriösen?! Da ist man das unschuldige physiologische Opfer! Weshalb, Hund, bist du also dennoch, trotz allem nicht ganz aus-geschlafen?!“ Der Dichter Peter Alten-berg, Vertreter einer achtzehnstündigen Schlafenszeit, wetterte gegen das Un-ausgeschlafensein. Denn, so Altenberg: „Niemand ahnt den Wert des restlos von selbst endenden Schlafes, bei weit geöffneten Fenstern, für die Energie-Leistungen des nächsten Tages!“

Was der Wiener Bohemien Altenberg wusste, bestätigt Ingo Fietze, Ober-arzt an der Charité zu Berlin, Europas größtem Klinikum. Fietze hat dort das Interdisziplinäre Schlafzentrum gegrün-det, an dem Internisten, Neurologen, Psychotherapeuten und Kinderärzte arbeiten, und leitet diese Einrichtung.

Zudem ist er an führenden Positionen in Gesellschaften und Stiftungen tätig, die sich mit Schlafforschung und Schlafme-dizin beschäftigen. Genau darum kreist sein Buch „Über guten und schlechten Schlaf“.

In der Nacht werden laut Fietze schla-fend die Grundlagen für den folgen-den Tag gelegt. Die Impressionen des vergangenen werden verarbeitet. Der Tiefschlaf ist das erholsamste Stadium. Wem diese Phase abgeht, der ist mit dem Erwachen müde, zerschlagen, alles, nur nicht erholt. Im Traumschlaf werden auch Inhalte des Gedächtnisses gefes-tigt und das Gehirn von überflüssigen Informationen befreit. Die Nervenzellen kommen nicht ohne diese Erholungs-phase aus. Wer nachts schlecht schläft oder gar nicht erst einschlafen kann, bekommt tagsüber die physische und geistige rechnung. Schlappheit und re-duzierte Arbeits- und Leistungsfähigkeit

sind noch die harmlosesten Folgen. re-aktionsfähigkeit, Agilität und Konzent-ration werden stark in mitleidenschaft gezogen. Zudem nimmt ebenfalls das risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei chronisch schlechten Schläfern zu. Fietze analysiert kritisch die 24-Stun-den-Gesellschaft, in der eine immer größere Zahl von menschen immer länger wach sind, freiwillig oder im Schichtbetrieb eher unfreiwillig. Auch Fallgeschichten präsentiert Fietze: Pati-enten, die sein Schlaflabor aufsuchten, weil sie nicht mehr zur Gänze wach wurden. Andere Patienten schliefen in den unwahrscheinlichsten Situationen ein. Auch auf Schlafkrankheiten wie Schlafwandeln oder Narkolepsie geht Fietze auf dem neuesten Stand der wis-senschaftlichen Forschung ein. Gewis-se Störungen des Schlafrhythmus, der Schlafdauer, der Schlafintensität, der Schlafhygiene lassen sich auf chemi-sche Ungleichgewichte zurückführen oder auf unausgeglichene hormonelle Ausbalancierungen, doch nicht alle las-sen sich medikamentös behandeln. Bei anderen helfen konservative, individuell abgestimmte maßnahmen. Um endlich wieder gut zu schlafen.

In der Nacht werden laut Forscher Ingo Fietze schlafend die Grundlagen für den folgenden Tag gelegt. Wer nachts schlecht schläft oder gar nicht erst einschlafen kann, bekommt tags-über die physische und geistige rechnung.

Ingo Fietze, geboren 1960, ist habilitierter mediziner und Oberarzt für Innere medizin am Klinikum Charité in Berlin. Dort hat er das Interdisziplinäre Schlaf-zentrum mitgegründet, das er heute leitet. Viele Jahre gehörte er dem Vorstand der Deut-schen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin an und ist derzeit Vorsitzender der Deutschen Stiftung Schlaf.

Ingo Fietzeüber guten und schlechten SchlafKein & Aber 2015, 208 S., EurA 20,50Auch als E-Book

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Die Herrscher der WeltNicht die Löwen sind’s oder die mächtigen menschenaffen: die kleinsten Lebewesen bestimmen unser Leben, die mikroben. Bernhard Kegel hat sich ihrer angenommen und kommt auf atemberaubende Ergebnisse. VON HOrST STEI N FELT

Eines ist unumgänglich und klar: Ohne mikroben gäbe es kein Leben auf unse-rem Planeten. Wenn wir an unsere Zun-ge und unseren Darm, an die meeres-fauna oder an die Atmosphäre denken, dann merken wir, dass sie die eigent-lichen Beherrscher der Welt sind, jene Bakterien, Viren und weitere mikroben. Dass die Bedeutung dieser Kleinstlebe-wesen für unser gesamtes Leben gewal-tig ist, das kommt jetzt erst in neuerer Forschung und nach und nach ans Ta-geslicht.Erst einmal also die Killer unterhalb der Wahrnehmungsschwelle: Chole-ra, Typhus, Pest und andere mehr. mit dem Penicillin und anderen Impfstoffen konnte man ihrer Herr werden, wenn auch bisweilen nur eingeschränkt. Aber es geht in diesem Buch nicht um die Gefahren unserer Lebensart, vielmehr steht die Verknüpfung von mikro- und makrokosmos im mittelpunkt.

„mit modernsten methoden sind Wis-senschaftler dabei, den Vorhang vor dem Schauspiel zu lüften, das weniger von Krankheit, Siechtum und Tod als von Gesundheit, Kooperation und Ar-beitsteilung handelt.“ So beschreibt Bernhard Kegel den wahren Sinn seines Buches. Und stellt auch gleich fest: Wir haben keine Wahl, denn entkommen können wir ihnen auf keinen Fall. meh-ren sich doch die Zeichen, dass die Sicht auf jene belebte Welt und auf uns selbst falsch ist. Zumindest in grober Weise unvollständig.Jetzt weiß man inzwischen, dass kein Lebewesen mit sich alleine ist. Und dass man in Zukunft „für jede seiner Lebens-äußerungen, jede seiner Eigenschaften und Fähigkeiten“ auch die Frage nach den mikroben stellen muss. Kegel geht sein Buch mit den Zeiten gro-ßer Entdeckungen an, schreibt von Ko-rallen und menschen, von den dreiein-

halb milliarden Jahren und der Ur erde, schreibt über die Welt der Holobionten und über den dichtest besiedelten Ort der Welt, den Darm. Und schließt mit der Erkenntnis, dass wir unsere Gesund-heit als eine kollektive Art der mit dem menschen verbundenen mikrobiota verstehen müssen. Versöhnlich auch, wenngleich noch schwer zu schlucken: „Der Krieg gegen mikroben“, meint Kegel abschließend, „der uns lange be-schäftigte, wird dagegen in der motten-kiste der Wissenschaft verschwinden.“Und er schreibt, dass „die staunenswer-te Vielfalt der Lebensformen auf der Erde, auch der allergrößten … in mehrfa-cher Hinsicht ein Produkt der kleinsten“ ist, also der mikroben. Turbulente Zeiten für die Biologie und für uns als Leserin-nen und Leser. Im jedem Fall bietet uns der Autor weit mehr als eine vergnügli-che Lektüre: Er zeichnet ein neues, atem-beraubendes Bild von unserer Welt.

Wissenschaftler arbeiten schon seit längerem an der erforschung der mikroben, wie hier an einer Bodenmikroben-Datenbank in Amerika. Heute geht es dabei um neue Erkenntnisse für Gesundheit, Kooperation und Arbeitsteilung.

Bernhard Kegel studierte Chemie und Biologie an der Freien Universität Berlin. Der 1953 ebendort Geborene hatte Arbeit als ökologischer Gutachter und weitere Forschungstätigkeiten, war Lehrbeauftragter. Er veröffentlichte diverse romane und Sachbücher, zuletzt „Die Ameise als Tramp“ und „Tiere in der Stadt“ (beide 2013). Heute lebt er als Autor und Wissenschaftspublizist in seiner Heimatstadt Berlin.

Bernhard KegelDie herrscher der Welt. Wie Mikroben unser leben bestimmenDumont 2015, 382 S., EurA 23,70Auch als E-Book

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12 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

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Es ist angeschnittenDer niederländische Chirurg und medizinhistoriker Arnold van de Laar zeichnet anhand von 28 Operationen die Historie der Chirurgie nach. VON ALEXAN DEr KLUy

Der After des monarchen schmerzte diabolisch. Grund war eine Fistel, an der seine majestät, der französische König Louis XIV., litt. Schließlich wagte sein Arzt Charles-François de Tassy am 18. November 1686 eine überaus heikle Operation – war doch während einer mastdarmfistel-OP 1642 Kardinal riche-lieu verstorben. mit einem Sondenmes-ser schnitt de Tassy die gefährliche Fistel auf und entfernte sie. Die Prozedur war erfolgreich. Als „große Operation“ wur-de sie in ganz Europa bekannt. Doch nicht alle medizinischen Eingriffe, die der aktive Chirurg Arnold van de Laar, der am Slotervaartziekenhuis in Amster-dam tätig ist, in „Schnitt!“ beschreibt, verliefen positiv. Bei der korpulenten bri-tischen Königin Caroline etwa misslang im 18. Jahrhundert eine Nabelbruch-OP spektakulär, sie verstarb noch auf dem OP-Tisch.Van de Laars Buch über 28 Operationen ist eine lebendige, auch blutige Darstel-lung der Geschichte der Chirurgie und deren Entwicklung von den römern bis

heute, wobei es durchaus schmerzhaft zugeht. Ist doch wirksame Narkose re-lativ jung. Lithotomie (die operative Entfernung von Nieren- und Gallenstei-nen), Asphyxie (der berühmteste Luft-röhrenschnitt wurde an John F. Kennedy durchgeführt), Schock (van de Laars Bei-spiel: Kaiserin Elisabeth, die von einem Anarchisten multipel verletzt wurde), Kastration, Aneurysma und Laparosko-pie (Bauchspiegelung), Endoskopie (ma-genspiegelung) und Lungenkarzinom, Gangrän (Gewebs-Nekrose) und Gast-rektomie (die vollständige Entfernung des magens) sowie in jüngster Zeit die minimalinvasive und die Hightech-Chirurgie – das Panorama, das van de Laar abschreitet, ist umfassend, wis-senschaftlich eindrucksvoll und schließt Technik-, Technologie- und mentalitäts-historie ein.

Auch renitenz und Uneinsichtigkeit von Patienten kommt in Fallgeschichten zur Sprache. Etwa die Causa Bob marley. Der jamaikanische reggae-musiker, bei dem

an einem Zeh des rechten Fußes bösar-tiger Hautkrebs diagnostiziert worden war, verweigerte sich aus religiösen Gründen, in die sich allerdings auch Be-denken ob einer weiteren Betätigung als Fußballspieler gemischt haben sollen, hartnäckig einer rechtzeitigen Amputa-tion. Schnell streute der Krebs und war rasch inoperabel; marley verstarb im mai 1981 im Alter von 36 Jahren.

Ein anderer musiker, der französische Barockkomponist Jean-Baptiste Lully, di-rigierte mit einem langen Spazierstock am 8. Januar 1687 eine motette. Diese wurde zu Ehren des von der Fistelopera-tion wieder genesenen Louis XIV. aufge-führt. Dabei verletzte sich Lully mit dem Stock am Fuß. Die Verletzung war an-fangs noch so gering, dass sich der Kom-ponist weigerte, den Zeh operativ ab-nehmen zu lassen. Die Wunde infizierte sich mit Wundbrand, und Lully verstarb drei monate später unter infernalischen Schmerzen.

Van de laars Buch ist eine lebendige, auch blutige Darstellung der Geschichte der Chirurgie und deren Entwicklung von den römern bis heute. Er beschreibt über 28 Operationen, nicht alle davon verliefen jedoch positiv.

Arnold van de Laar, 1969 geboren, studierte medizin an den Universi-täten Leuwen, Niederlande und Heidelberg, Deutsch-land. Seine erste Stelle als Chirurg führte ihn auf die Karibikinsel Sint maarten. Seit 2003 arbeitet er als chirurgischer Chefarzt in Amsterdam. Er hat zahlreiche Beiträge zur Chirurgiege-schichte in der renommierten Fachzeit-schrift „Nederlands Tijdschrift voor Heelkunde“ publiziert.

Arnold van de LaarSchnitt! Die ganze Geschichte der chirurgie erzählt in 28 OperationenPattloch 2015, 432 S. EurA 23,70Auch als E-Book

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Lebewesen wie wir?Dass menschen und Tiere einiges gemein haben, ist allge-mein bekannt. Wie sieht es aber mit Pflanzen aus? Haben sie ein Bewusstsein, eine Intelligenz? Dieser Frage ist Stefano Mancuso nachgegangen und hat entdeckt, dass Pflanzen mehr Fähigkeiten besitzen, als man bislang angenommen hat. VON PAU L HAFN Er

Als „biologische Kränkung“ bezeichnete Sigmund Freud die von der Evolutions-theorie formulierte und längst bewie-sene Behauptung, dass der mensch aus der Tierreihe hervorgegangen ist. Ähn-lichkeiten zwischen Tier und mensch finden sich zuhauf, die bisweilen starke Vergleichbarkeit vermag heute kaum noch zu irritieren. Anders verhält es sich mit der Gegenüberstellung von Pflanze und mensch, die aus vermeintlich offen-sichtlichen Gründen bislang wenig the-matisiert wurde.

Wenn es nach Stefano mancuso geht, einem der profundesten internationa-len Experten auf dem Gebiet der Pflan-zenneurobiologie und der Erforschung der „Intelligenz der Pflanzen“, gibt es keinen Grund, Pflanzen nur aufgrund ihrer scheinbaren Unbeweglichkeit die

Fähigkeit zu intelligentem Verhalten abzusprechen. Er wirft die Frage auf, warum hochkomplexe Organismen wie Pflanzen, ohne die wir nicht einmal Wochen überleben könnten, als Lebe-wesen niederer Ordnung gelten, gerade so über der unbelebten Welt. Der Uni-versitätsprofessor führt zahlreiche als Sinne bezeichenbare Fähigkeiten ins Feld, über die Pflanzen – im Gegensatz zu uns menschen! – verfügen und die ihnen so helfen, in der Umwelt zu be-stehen. Ihr Überleben sichern sie durch eine Art Schwarmintelligenz, die in ihrer Funktion an die Spiegelneuronen bei hö-herentwickelten Tieren und menschen erinnern.

So weit, Pflanzen ein (Selbst-)Bewusst-sein zuzuschreiben, geht mancuso dann nicht – wenn er auch von der Kommu-

nikation zwischen Pflanzen spricht, die vielen Gleichartigkeiten ins Feld führt und metaphorisch Bäumen Leidens-fähigkeit und Betrübnis zuspricht, so darf man annehmen, dass sich mancu-so hier einer gewagten und gewaltigen These annähert. Wie diese konkret aus-sieht oder aussehen könnte, das lässt er, auch mit Verweis auf die noch junge Forschung, offen. Hat mancusos Buch mit einer hochphilosophischen Frage begonnen („Sind Pflanzen intelligent?“), so endet es mit einem moralischen Plä-doyer.

Gerade weil er sich nicht zu einem un-wissenschaftlichen Standpunkt durch-ringen will, folgert er pragmatisch, dass man Pflanzen – wie auch einst den Tie-ren – gewisse Grundrechte eingeste-hen und sie aus ihrem Status als bloße Objekte herauslösen muss. mancuso ist sich der Kühnheit dieses Vorstoßes bewusst; dass er so kühn nicht ist, hat der Forscher aber auf den knapp 150 vorhergehenden Seiten eindrucksvoll dargelegt.

Neueste erkenntnisse lassen darauf schließen, dass Pflanzen Informationen ihrer Umgebung erfassen, verarbeiten und weitergeben. Sie senden zahlreiche elektrische Signale aus, die man mit den geeigneten Geräten auffangen kann.

Stefano Mancuso ist Profes-sor an der Universität Florenz und leitet das Laboratorio Internazio-nale di Neurobiologia Vegetale (LINV). Er ist ein international anerkannter Spezialist zum Thema der Pflanzenneurobiologie und kann auf über 250 wissenschaftliche Publikationen verweisen. Alessandra Viola ist eine italienische Wissenschaftsjourna-listin, die für die italienische rund-funkanstalt rAI Fernsehprogramme entwirft.

Stefano mancuso, Alessandra Viola Die Intelligenz der PflanzenÜbers. v. Christine Ammann Kunstmann 2015, 188 S., EurA 20,60Auch als E-Book

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Über Willenskraft und BelohnungsaufschubIn den 1960er-Jahren führte Walter Mischel erstmals sein berühmtes Experiment zur Selbstbeherrschung durch. Nun fasst er in seinem Buch „Der marshmallow-Test“ die Er-gebnisse seiner Forschungen aus den letzten 50 Jahren zum Thema Belohnungsaufschub und Selbstkontrolle zusammen. VON KATHAr I NA FALGEr

1968 führte der Psychologe Walter mi-schel zum ersten mal den marshmal-low-Test durch. Vier- bis fünfjährigen Kindern wurde ein marshmallow (oder eine andere Süßigkeit, die sie beson-ders gerne mochten) vor Augen geführt. Dann wurden sie vor die Wahl gestellt: Sie konnten entweder das eine marsh-mallow sofort essen oder würden noch ein zweites dazuerhalten, wenn sie bis zu zwanzig minuten alleine mit der Nascherei warteten. Dabei wurden sie durch eine Glasscheibe beobachtet, so-dass mischels Team die verschiedensten Durchhaltestrategien der Teilnehmer untersuchen konnte.

Jene Kinder, die der Verlockung widerste-hen konnten, versuchten sich auf unter-schiedlichste Weise abzulenken: man-che sangen, andere gingen im raum auf und ab oder hielten sich die Augen zu, oder sie zogen ihre Schuhe aus und spielten mit ihren Zehen. Die Kinder, die bei diesen Tests mitmachten, wurden im Laufe der Jahre immer wieder kontak-

tiert, und mischel führte Nachbeobach-tungsstudien durch. Bei diesen stellte er fest, dass diejenigen, welche schon früh lernten, Belohnungen aufzuschieben, im Durchschnitt bessere Noten in der Schule und im Studium erzielten.

Auch mit Frustration und Stress schie-nen sie leichter umgehen zu können. Lange Zeit nahm man an, dass diese Fähigkeit angeboren sei, doch Walter mischels Forschungen zeigen sehr wohl, dass Willensstärke auch antrainiert wer-den kann. Dabei erklärt er die Vorgänge in unserem Gehirn und wie es darauf reagiert, wenn wir unbedingt etwas haben wollen – und mit welchen Stra-tegien man es austricksen kann, wenn uns dieses Etwas daran hindern könnte, ein längerfristig gestecktes Ziel zu errei-chen. Dazu müssen wir lernen, unsere Wahrnehmung zu steuern: Wenn wir zum Beispiel mit dem rauchen aufhö-ren wollen, hilft es uns, wenn wir an die langfristigen, ungesunden Folgen denken, anstatt daran, wie entspannend

eine Zigarette in dem moment wäre, oder wenn wir Diabetiker sind, müssen wir lernen, das Stück Kuchen nicht mehr als leckeres Dessert, sondern als Gift für unseren Körper zu sehen. Doch sei-ne Untersuchungen zeigen auch, dass unsere Disziplin Grenzen haben sollte, denn zu viel davon lässt unser Leben ge-nauso unerfüllt erscheinen wie zu we-nig. Und es geht in seiner Arbeit um viel mehr als bloß um das Widerstehen von Verlockungen und dem Belohnungsauf-schub: Es handelt auch davon, wie wir mit schweren Verlusten besser umge-hen können oder wie wir bei wichtigen Entscheidungen einen kühlen Kopf be-wahren, wie Liebeskummer erträglicher wird und warum es uns in manchen Be-reichen sehr leichtfällt, diszipliniert zu bleiben, während wir in anderen Situati-onen nur schwer die Kontrolle behalten können.

Der Persönlichkeitspsychologe Walter Mischel hat vor rund 50 Jahren einen Test entwickelt, der rund um die Welt Aufsehen erregte. Nun fasst er in seinem Buch die Erkenntnisse und Nachbeobachtungen zusammen.

Walter Mischel wurde 1930 in Wien geboren. 1938 wurde seine Familie von den Nazis vertrieben, er emigrierte mit seinen Eltern in die USA, wuchs in Brooklyn auf und stu-dierte an der Ohio State University Psychologie. Er unterrichtete in Harvard und Stanford, seit 1983 lehrt er an der Columbia University.

Walter mischelDer Marshmallow-Test. Willensstärke, Belohnungsauf-schub und die entwicklung der PersönlichkeitÜbers. v. Thorsten Schmidt. Siedler 2015, 400 S., EurA 25,70Auch als E-Book

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Als es in Salzburg brannteWolfgang Fürweger zeichnet die Verfolgung von Hexen und Zauberern in Salzburg von 1677 bis 1679 nach: ein zeitloses Bild von Ausgrenzung und politischem rechts-missbrauch. VON ALEXAN DEr KLUy

1675 war er verschwunden, spurlos. Viel-leicht irgendwo im Bayerischen. Und so wurde der Zauberer Jackl, auch Schinder Jackl geheißen, der eigentlich Jakob Kol-ler hieß, zur Legende und zur namhaf-testen Sagengestalt Salzburgs, die auch über die Grenzen der Stadt und des Lan-des hinaus bekannt ist.

Dabei war Koller, geboren 1655, gerade einmal 20 Jahre alt. Er war der unehe-liche Sohn eines vagabundierenden Freimannsknechts und der Abdecker-Tochter Barbara Koller. Infolge seiner Geburt und Abkunft gehörte er in der Gesellschaft des 17. Jahrhunderts zu den Ausgestoßenen, zum sozial niedersten Segment. Weder war es ihm gestattet, einen Beruf zu erlernen, noch hatte er Aussicht auf ein bürgerliches Leben. Seiner mutter und ihm, der rasch Halb-waise geworden war, verblieb nur eine möglichkeit: das Betteln. Sie zogen zwi-schen Kärnten und Salzburg hin und her.

Um zu überleben, verlegten sie sich ab den 1670er-Jahren darauf, Opferstöcke in Salzburger Kirchen aufzubrechen. 1675 wurde Barbara Koller verhaftet. Sie gestand unter Folter, ihr Sohn und sie hätten auch Schadenzauber über sie abweisende Bauern ausgesprochen. mit ihrer Hinrichtung im August 1675 setzte der größte Hexenprozess ein, den das Heilige römische reich Deutscher Nati-on erleben sollte.

Den Höhepunkt erreichte die Verfol-gung, vorangetrieben vom fanatischen Juristen Sebastian Zillner und als of-fensichtliches politisches Ventil nach mehreren missernten genutzt vom Salz-burger Fürsterzbischof, zwischen Ende 1677 und mitte 1679. Doch noch bis 1690 loderten Scheiterhaufen im Salzburger Land. Da war im übrigen deutschspra-chigen raum der Hexenwahn vorbei. rund 200 menschen, zumeist minder-jährig, wurden als angebliche Zauberer

verhaftet und gefoltert: Bettler, Land-streicher, Geisteskranke. 158 von ihnen wurden hingerichtet. Die älteste war eine Frau von 80 Jahren, der jüngste ein achtjähriger Bub, der öffentlich geköpft und verbrannt wurde.

Berührend wie informativ ist der 30 Druckseiten umfassende „Anhang I: Die Opfer der Verfolgung“ dieses exakt recherchierten Buches. Darin listet Für-weger die Namen der Exekutierten auf, mitsamt, so weit historisch eruierbar, ei-ner knappen Biografie. Hier ist nachzu-lesen, dass ganze Familien ausgelöscht wurden. Und dass zum anderen nicht wenige ins Schicksal der Obdachlosig-keit, Landstreicherei, Bettelei und des Überlebens durch Kleinkriminalität ge-trieben und gestoßen wurden: vom Va-ter, von der Stiefmutter oder durch das endgültige Verelenden der Eltern, die ihre Kinder nicht mehr versorgen konn-ten und fortschickten.

Dieses Buch ist ein minutiös rekonstru-iertes Lehrstück über die Stigmatisie-rung gesellschaftlicher randgruppen und deren Fanatismus. Dieser gebiert sozial-elitäre Ausgrenzung, amoralische rechtsbeugung und religiös-juridisch legitimierten massenmord.

Im 17. Jahrhundert kam es in Salzburg und Bayern zu den grausamsten Hexenverfolgungen im deutschen Sprachraum. Unter den Opfern waren auch viele Kinder, die unter anderem durch „Strecken auf der Leiter” gefoltert wurden.

Wolfgang Fürweger, 1971 in Wels geboren, ist seit 1996 als Zeitungs- und Fernsehredakteur tätig. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, die auch übersetzt wurden, darunter „Die Swarovs-kis“, „Die red Bull Story“ und „Ferdinand Piëch. Automanager des Jahrhunderts“. Er lebt in Wien und in maishofen, Bezirk Zell am See, Salzbur-ger Land.

Wolfgang Fürweger Verbrannte Kind-heit: 1677–1679. Die vergessenen Kinder der hexen-prozesse um den Zauberer JacklUeberreuter 2015, 208 S., EurA 19,99Auch als E-Book

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Die AlpenAlpenbücher gibt es viele. Der Historiker Jon Mathieu jedoch geht einen neuen, höchst interessanten Weg: Er porträtiert den Alpenraum in der gesamten Vielfalt und be-schreibt die tiefe Verbindung zwischen mensch und Natur in dieser besonderen Kulturlandschaft. VON HOrST STEINFELT

„Wie schreibt man eine solche Geschich-te?“, damit fängt mathieu an, und stellt sogleich fest: Es geht darum, die großen Linien und die wichtigsten Zusammen-hänge auf möglichst plausible und an-schauliche Art herauszuarbeiten. Es ist also ein geschichtswissenschaft-liches Buch herausgekommen, das den Alpenbogen in seiner Gesamtheit in den Fokus der Aufmerksamkeit stellt, das Kultur wie Umwelt wie Wirtschaft, Poli-tik und Gesellschaft in gerechter Band-breite darbringt. Immerhin besteht der Alpenraum aus den Teilen von acht Län-dern, als da sind Frankreich, die Schweiz, monaco ebenfalls, Liechtenstein auch, Italien, Deutschland, Österreich, Slo-wenien. „Ohne Blick über die nationa-len Grenzen und ohne Einarbeitung in andere wissenschaftliche Traditionen konnte und kann man sich in diesem Gebiet nicht bewegen“, stellt mathieu nachdrücklich fest.

Geworden ist es eine überblicksartige Geschichte dieses riesenraums, ange-fangen bei Hannibals Alpenüberque-rung mit Elefanten, und reicht bis in die Gegenwart. mit so witzigen Aperçus wie jener Nachstellung der legendären Al-penquerung durch den amerikanischen Autor Halliburton, der 1935 auf einem Dickhäuter zum Großen St. Bernhard ritt. Inklusive Foto des wagemutigen Abenteurers.mathieu hatte sich schon lange mit his-torischen Alpenstudien befasst. Doch eine Geschichte der Alpen für eine all-gemeine Leserschaft zu schreiben, also für Sie und mich, das hatte noch keiner gewagt. Er bringt auch internationale Forschungsergebnisse in Zusammen-hang und macht sie uns verständlich. Herausgekommen ist eine „einheitliche Überblicksdarstellung“, wie das mathi-eu in seinem Vorwort mit gewissem Un-derstatement beschreibt.

Da geht es, nach Hannibals Elefanten-ritt, um alpine Kulturlandschaft ebenso wie um die Wege zum Nationalstaat, um Hexen ebenso wie um die Wunden durch den schrecklichen Stellungskrieg zwischen Italien und Österreich von 1915 bis 1918. Es geht um Europäisierung und um Ökologisierung, etwa von der Holz-drift zur Hydroenergie. Es geht um die Lebensbewältigung unten und oben; um die ungleiche Urbanisierung; um den Aufschwung der Land- und Alpwirt-schaft; auch um mobilität und migrati-on. Und mathieu schreibt abschließend versöhnlich, aber nicht unkritisch, dass „die Alpen im Vergleich zum flachen Land auch in Zukunft ein abwechslungs-reicher, lebenswerter und faszinierender raum sein werden“.

Achtzig Viertausender, „die uns von fer-ne zulächeln“ – einprägsam und reich-bebildert ist der Band eine transnatio-nale Darstellung der Alpen aus der Feder eines Kenners und Könners geworden.

Die Geschichte der Alpen hat Jon mathieu eindrucksvoll aufgearbeitet. Er beschreibt unter anderem die menschen, die in diesem besonderen Kulturraum leben und arbeiten, wie hier bei der Errichtung einer Berghütte im Jahr 1892.

Jon Mathieu ist Geschichtsprofessor an der Universität Luzern und Forschungsrat im Schweizerischen Natio-nalfonds. Außerdem war er Gründungsdirektor des Instituto di Storia delle Alpi an der Universitá della Svizzeria italiana. Zuletzt erschienen: „Die dritte Dimension. Eine verglei-chende Geschichte der Berge in der Neuzeit“.

Jon mathieuDie Alpen. raum – Kultur – Geschichte reclam 2015, 254 S., EurA 39,90

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17 Wahl zum Wissenschaftsbuch 2016

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Am Puls der ZeitDer Stadthistoriker und museumskurator Peter Payer über urbane Zeitstrukturen und ihre Auswirkungen auf die Ent-wicklung der Stadt Wien und darüber hinaus. VON AlexAn der Kluy

Tempo! Tempo! Das war nicht nur eines der Schlagworte, die das hektische Le-bensgefühl im Berlin der 1920er-Jahre auszudrücken verstand. Sondern so hieß, Symptom dieser Zeit, damals auch eine Zeitschrift, für die auch ein junger Journalist namens Billy Wilder tätig war.Zeit ist buchstäblich das Urthema der Geschichtsschreibung. Zeit als wort-wörtlich konkretes und stadträumlich unübersehbares Thema hat sich Pe-ter Payer als motiv seiner monografie über öffentliche Uhren und Zeitwahr-nehmung in Wien von 1850 bis heu-te erwählt. Zugleich ist dies die erste Untersuchung dieses sozial- und men-

talitätshistorischen Bezie-hungsgeflechts, das auch ökonomisch von hoher Be-deutung gewesen ist für die österreichische Haupt-stadt.

Die hektische Beschleuni-gung in der Stadt verdank-te sich etwas scheinbar Unscheinbarem, das ele-mentar für die wechsel-, schließlich allseitige Ver-einheitlichung, die Syn-chronisierung des Lebens der Stadtbewohner gewe-sen ist: den öffentlichen Uhren. Die Zeit hörte auf, biegsam und ein indivi-dueller Faktor zu sein, die Tages- und Arbeitsge-staltungen wurden uni-form und kontrollierbar, schließlich mit Einführung der Stechuhren normiert und normierbar. Die neue Wahrnehmung von Zeit veränderte auch das Le-ben in den metropolen wie Wien. Diesem Umstand

widmet Payer, Kurator des Technischen museums Wien und durch zahlreiche Publikationen ausgewiesener Stadthis-toriker, seine Geschichte der urbanen Chronometrie.

Die erste freistehende Ständeruhr wur-de in Wien im September 1865 im Hof des Unterkammeramtes, Am Hof 9, auf-gestellt, anfangs noch zur Probe. Das Wiener Stadtbauamt verfügte damals über ein eigenes Uhrenreferat, das sich nach 1900 auch mit einer anderen Vari-ante auseinandersetzte, der Würfeluhr, erstmals im Zuge des Denkmals am Art-haberplatz in Wien-Favoriten zu sehen:

ein vierseitiges Zifferblatt auf der Spitze einer sechs meter hohen Stele.

In den 1860er-Jahren, so Payer in seiner umfassenden Spurensuche, die durch zahlreiche historische Abbildungen und aktuelle Architektur-Uhr-Aufnahmen des Fotografen Alexander Schuppich visuell angereichert ist, rückt die Uhr di-rekt ins Straßenbild. Sie steigt herab von den hohen Kirch- und rathaustürmen und wird Bestandteil des Verkehrs. Nun-mehr hängen Chronometer auf Augen-höhe. Zusammen mit der Autoampel – die erste Lichtsignalanlage wurde 1868 in London eingeführt – rationalisieren sie die Stadt und das Leben in ihr.

Letzteres wird nun stärker ökonomisiert als in allen vorhergehenden Jahrhun-derten zusammen: Zeit ist Geld, Zeit wird Geld. Welche Folgen die konse-quente Zeitgleichschaltung für Alltag, Politik, Verkehr und für die ab 1900 ein-setzende erste Welle der über Wien und Österreich hinausgehenden Globalisie-rung besaß, zeichnet Payer engagiert nach.

Peter Payer, 1962 in Leobersdorf, Niederös-terreich, geboren, ist Historiker, steht einem Büro für Geschichte und Stadtforschung vor und ist Kurator im Technischen mu-seum Wien, dessen Sammlungsbereich „Alltag & Umwelt“ er von 2007 bis 2013 verantwortlich leitete. Er lebt in Wien und Küb, Niederösterreich, und hat zahlreiche Bücher über Wiener Kultur-, Stadt- und Gesellschaftsge-schichte veröffentlicht.

Peter PayerDie synchro-nisierte Stadt. Öffentliche Uhren und Zeitwahrneh-mung, Wien 1850 bis heuteFotos v. Alexander SchuppichHolzhausen 2015, 236 S., EurA 34

Zeit ist buchstäblich das Urthema der Geschichtsschreibung. Die neue Wahrnehmung von Zeit veränderte auch das Leben in den metropolen wie Wien. Diesem Umstand widmet Peter Payer eine informative Stadt-Uhr-Geschichte.

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Ausgrenzung. Brutalität. WirtschaftDie in New york lehrende Soziologin Saskia Sassen untersucht die vielen Ausprägungen des Phänomens der Ausgrenzung, Unterdrückung und Entrechtung. VON AlexAn der Kluy

Erzwungene mobilität, Wegzug also aus der ange-stammten Heimat, und als Folge Armut auslösende migration verdanken sich oft genug ökonomisch be-dingter Vertreibungen, in Afrika etwa dem Aufkaufen ganzer fruchtbarer Land-striche durch Privatfirmen und ausländische Staats-unternehmen, aber auch Korruption, Ungleichheit, ungehindert praktizierter Umweltzerstörung und der

Privatisierung von Wasser. All das zeigt die an der Columbia University in New york lehrende Saskia Sassen mittels ei-ner Fülle von material in ihrem neuen Buch auf, das sich einem mehrjährigen Forschungsprojekt verdankt. Vertreibung und Ausgrenzung haben in den letzten zehn Jahren auf allen Kontinenten sprunghaft zugenommen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren noch nie so viele menschen hei-matlos. Allein seit 2013 sind weltweit, in Südostasien, in Zentralamerika, in Afrika, an die 50 millionen menschen aus ihren angestammten Wohn- und Siedlungs-gebieten vertrieben worden. Die Grün-de lassen sich auf sogenanntes LAND-

GrABBING, auf mINING, auf FrACKING zurückführen. Private Konzerne, aber auch fremde Staaten erwerben frucht-bare Landstriche, um sie, etwa infolge des global massiv erstarkten Bergbaus, ökonomisch auszubeuten, ohne dass die Ergebnisse den menschen vor Ort zugutekommen. Im Gegenteil. Durch ökologischen raubbau werden migrati-onswanderungen erst ausgelöst. Ähn-liches gilt für die Privatisierung von bis dato gesellschaftlichen Grundgütern. Dieser Umbruch ist nicht nur einer der Biosphäre und der Lebensräume. Aus-grenzung besitzt auch ökonomische, fi-nanzwirtschaftliche und soziale Ausprä-gungen. Alle diese analysiert Sassen in ihrem Buch, dem eine starke Zukunftsdi-mension eigen ist, da diese Probleme in den nächsten Jahren nach umfassende-ren und klügeren Lösungen verlangen, um ganze Gesellschaften, Nationen und Staaten am Auseinanderfallen zu hin-dern. „Die räume werden überall enger. Und die Zahl derjenigen, die draußen bleiben müssen, steigt.“

Saskia Sassen, 1949 in Den Haag, Niederlande, geboren, studierte Philo-sophie und Politikwissen-schaften in Frankreich, Italien, Argentinien und in den USA. Dort wurde sie 1974 promoviert und hat seither an zahlrei-chen Universitäten gelehrt. Derzeit ist sie Professorin für Soziologie an der Columbia University in New york. Sie hat zahlreiche Bücher über Stadtsoziologie und Globa-lisierung veröffentlicht.

Saskia Sassen Ausgrenzungen. Brutalität und Komplexität in der globalen Wirtschaft Übers. v. Sebastian Vogel. S. Fischer 2015, 320 S., EurA 25,70Auch als E-Book

Dass heute mehr menschen in Städten leben als auf dem Land, zum ersten mal in der Geschichte, befeuert nicht nur kri-tische öffentliche Debatten über städti-sche Kultur und Kulturen, politisch-juri-dische Diskurse über Komplexitäten des Zusammenhalts von Zivilgesellschaften und urbanistische über Planen, Bauen und zukunftsträchtige Architekturpo-litik. Sondern bei dieser Wanderbewe-gung in die metropolen und megalopo-len wird von der Stadtsoziologie, und zu diesem Fach hat Saskia Sassen selber in den 1990er-Jahren maßgebliche Bücher veröffentlicht und auch den heute uni-versal verwendeten Begriff der „Global City“ geprägt, etwas ausgeblendet – der Grund für Landflucht.

Vertreibung und Ausgrenzung hat in den letzten zehn Jahren auf allen Kontinenten sprunghaft zugenommen. „Die räume werden überall enger“, sagt Saskia Sassen in ihrem Buch, das auf einem mehrjährigen Forschungsprojekt beruht.

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Alma Mater AntisemiticaDer Wissenschaftsjournalist Klaus Taschwer analysiert um-fassend Antisemitismus und den Abstieg von Forschung und Lehre an der Universität Wien zwischen 1920 und 1965. VON AlexAn der Kluy

650 Jahre wurde die Alma mater rudolphina, die Uni-versität Wien, heuer. Ihre wissenschaftliche Hoch-Zeit erlebte sie in den 30 Jahren zwischen dem Be-zug des Hauptgebäudes am ring im Jahr 1884 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Im Jahr 1900 war die Universitätsbiblio-thek die weltweit zweit-größte, 1913 waren nur an drei anderen Hochschulen mehr Studierende inskri-biert. Weithin berühmt damals waren die zweite Wiener medizinische Schu-le sowie die Österreichi-sche Schule der National-ökonomie, deren Ansichten lange sehr einflussreich waren. An der Universität lehrten Ludwig Boltzmann, Ernst mach, moritz Schlick, der Geologe Eduard Suess und Sigmund Freud. Doch nach dem Ersten Weltkrieg setzte ein akademischer Niedergang ein und eine schleichende, schließlich unübersehba-re Zerstörung der wissenschaftlichen Exzellenz, deren Folgen bis mitte der 1960er-Jahre kontinuierlich anhielten.

2001 veröffentlichte Klaus Taschwer, heute Wissenschaftsredakteur der Wie-ner Tageszeitung „Der Standard“, damals freier Journalist und Promotionsstudent an der Universität Wien, der ein Jahr später seine Dissertation über Wissens-vermittlung an der Universität Wien um 1900 vorlegte, zusammen mit dem Ver-haltensforscher Benedikt Föger das Buch „Die andere Seite des Spiegels. Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus“.

Basierend auf der teilweise erstmals er-folgenden Auswertung umfangreicher materialien und extensiver Dokumen-tenbestände in Archiven und Samm-lungen in Österreich, Deutschland, den Niederlanden und in den USA sowie der erstmaligen Auswertung einiger privater Nachlässe zeichnet Taschwer in „Hochburg des Antisemitismus“ ein sehr differenziertes, in die Tiefe gehen-des und vielköpfiges Bild der ideologisch extremistischen Schlagseite rechtskon-servativ-nationalsozialistischer Netz-werke, die weit über 1945 hinaus exis-tierten, Einfluss hatten und so manche Berufung in ihrem Sinne gestalteten.

Und die rückkehr von ins Exil vertriebe-nen österreichischen Wissenschaftlern hintertrieben. Klaus Taschwer: „Nur im Bewusstsein dessen, was sich an der Alma mater rudolphina im ersten Drit-tel des 20. Jahrhunderts zugetragen hat und welche Personen und Netzwerke dort bestimmend waren, lässt sich ver-stehen, was dort nach 1933/34, nach dem ‚Anschluss‘ 1938 sowie nach 1945 geschah.“

So kam es 1938 in Wien zur größten universitären Vertreibungswelle der Ge-schichte, die aus rassistischen und poli-tischen Gründen vollzogen wurde. mehr als 250 Lehrende verloren ihre Dozentu-ren und Lehrstühle. Der Antisemitismus saß dabei tiefer, als bisher vermutet, auch das zeigt Taschwer umfassend und damit einen essenziellen Beitrag zur ös-terreichischen Wissenschaftsgeschichte leistend auf. Das Schild, darauf zu lesen war „Juden Eintritt verboten“, stellten rechtsextreme Studenten vor der Uni-versität auf – im Juni 1931.

Klaus Taschwer, gebo-ren 1967, Studium der So-zial-, Politikwissenschaft und Philosophie in Wien. Wissenschafts redakteur bei der Tageszeitung „Der Standard“. Er unterrich-tete an Hochschulen, war von 1997 bis 2009 Herausgeber des Wissenschaftsmaga-zins „heureka!“ und mitbegründer des Universitätslehrgangs „Scimedia“ für Wissenschaftskommunikation. 2013 erster Journalist-in-residence am max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin.

Klaus Taschwer hochburg des Antisemitismus. Der Niedergang der Universität Wien im 20. JahrhundertCzernin 2015, 312 S.,EurA 24,90Auch als E-Book

heuer feierte die Universität Wien 650 Jahre, einst gab es nur drei Hochschulen weltweit mit mehr Studierenden. 1938 kam es zur größten universitären Vertreibungswelle der Geschichte, die aus rassistischen und politischen Gründen vollzogen wurde.

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Welt der Tiere

Tiere von A–Z oder Tiere sortiert nach Herkunftsland war gestern. In Adri-enne Barmans großem Sammelsurium der Tiere kommen

ganz andere Kriterien zum Tragen. Die Lauten, die Gezähmten, die Treuen, die Schnellen, die Liliputaner oder auch die Verfluchten oder Verschwundenen werden hier in Gruppen zusammengefasst. Unter die Nervösen fällt z. B. der Grizzlybär oder auch die Zecke – denen man ja lieber nicht so gerne begegnen möchte. Und es gibt noch viel mehr Gefleckte außer dem Leopard und dem Dammhirsch. Und wer ist Einzelgänger und wer lebt in einer Großfamilie? mit bunten, kindgerechten Zeichnungen geht’s hier quer durch die Tierwelt, und es werden dem kleinen Leser die Gemeinsamkeiten wie auch die Verschiedenartigkeit der einzelnen Tierarten aufgezeigt. Nicht das detaillierte Sachwissen, sondern eher das Erwecken der Neugierde steht bei diesem Buch im Vordergrund.

Adrienne BarmanWalross, Spatz und BeutelteufelÜbers. v. Susanne Schmidt-WussowAladin 2015, 216 S., EurA 25,60Ab 4 Jahren

Im Garten

Wo kommt eigentlich unser Essen her? Um vorzubeugen, dass Kinder nicht glauben, Essen wachse einfach in den regalen der Supermärkte unter Plastikverpackungen,

hat die österreichische Kinderbuchillustratorin renate Habinger zusammen mit der fachkundigen Kräuter- und Gartenspezialistin Christa Schmoiger dieses wunderbare Gartenbuch für Kinder ge-macht. Wann ist die beste Zeit zum Ansäen, welche verschiedenen Samen gibt es und was passiert eigentlich mit einem Samenkorn, sobald man es in die Erde gesteckt hat? Warum vertragen sich Tomaten nicht mit Gurken? Und was kann man mit den Früchten eigentlich alles machen, wenn man sie geerntet hat? Auf all diese Fragen gibt dieses sehr liebevoll gestaltete Buch Antworten. Außer-dem gibt’s noch Bauernregeln, jede menge leckerer rezepte, eine Anleitung zum radieschenkäfer-Schnitzen, einen Jahresplan für den Garten, lustige Gemüsenamen und vieles mehr.

renate Habinger, Christa SchmoigerAus eins mach viel!G & G 2015, 144 S., EurA 19,90Ab 6 Jahren

Welche Tiere sind besonders schlau?

Anleitung für einen radieschenkäfer!

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Geschichte ohne Langeweile

Gemeinsam mit dem Historiker Christophe ylla-Somers hat der französische Bilder-buchautor und Illustrator yvan Pommaux

dieses herausragende und überhaupt nicht lang-weilige Geschichtsbuch über „uns“, die menschen, gestaltet. Vom Urknall über den ersten aufgerich-teten menschen bis heute zeigt das Buch – immer den „Wir-Gedanken“ im Fokus – den Werdegang des menschen auf den verschiedenen Kontinenten und in den entsprechenden Kulturen. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, aufzuzeigen, dass die Geschichte nicht nur von großen Herrschern, Entdeckern und Feldherren geprägt wurde, sondern dass das Leben und das Tun einfacher Bauern, Handwerker oder Künstler nicht unwesentlich daran beteiligt war, dass das Leben heute so ist, wie es ist. Grandios und reich an Details sind die von Pommaux geschaffenen Illustrationen, die dem Buch eine unmittelbare Lebendigkeit geben.

Meinungsbildung

An Aktualität kaum zu übertreffen ist das von Nina Ho-raczek, der Politologin und Chefredakteurin des „Falter“, und des Juristen und rechtsanthropologen Sebastian

Wiese herausgegebene Nachschlagewerk „Gegen Vorurteile“. mangels seriöser und verständlicher Informationsquellen stehen Jugendliche diversen Äußerungen wie „Ausländer sind weniger gebildet wie wir“, „Der Islam ist eine kriegerische religion“ oder auch „Homosexualität ist eine Krankheit“ oft betroffen und sprachlos gegenüber. Damit wird hier aufgeräumt. In überschau-baren Kapiteln wird Vorurteil für Vorurteil hinterfragt und mit zahlreichen Studien und gut recherchierten Informationen leicht verständlich erklärt. Hintergründe werden nachvollziehbar, und somit wird Jugendlichen die eigene meinungsbildung erleich-tert. In künftigen Diskussionen werden sie klug und selbstbe-wusst gegen so manch dumme Behauptung argumentieren können.

Nina Horaczek, Sebastian WieseGegen VorurteileCzernin 2015, 190 S., EurA 17,90Auch als E-BookAb 14 Jahren

yvan Pommaux , Christophe ylla-SomersWir und unsere GeschichteÜber. v. Thomas Scheffel. moritz 2015, 96 S., EurA 26,80. Ab 9 Jahren

hintergrundwissen ist wichtig für eineGemeinschaft ohne Vorurteile

Die beste-chend schönen Illustratio-nen machen Geschichte lebendig

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Gesundheit!

Heidi Trpak, Kindergartenpädagogin und Kinder-gesundheitstrainerin, greift einen richtig unsym-pathischen Zeitgenossen als Protagonisten für

ihr neues Buch auf: Willi Virus, das miniwinzigkleine rhi-novirus-Ungeheuer, das man nur mit einem Elektronen-mikroskop erkennen kann, das aber schuld an tropfenden und roten Schnupfnasen ist. Schön und anschaulich illustriert von der österreichischen Illustratorin Leonora Leitl, gibt sie kindgerecht Einblick in die mikrowelt der Viren. Wie und wo sie sich am liebsten einnisten, was sie brauchen, um sich zu vermehren, und wie man sich mit ihnen ansteckt. Natürlich informiert es auch, wie man sich am besten vor ihnen schützt und wie man so ein Schnupfenvirus auch möglichst schnell wieder los wird.

Heidi Trpak Willi Virus. Aus dem leben eines SchnupfenvirusIll. v. Leonora LeitlTyrolia 2015, 26 S., EurA 14,95. Ab 5 Jahren

ImPrESSUmMedieninhaber: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, minoritenplatz 5, 1014 Wien, Internet: http://www.bmwfw.gv.atredaktion: Buchkultur VerlagsgmbH., Hütteldorfer Str. 26, 1150 Wien. Grafische Produktion: manfred Kriegleder, Lektorat: Jorghi Poll. Alle Preisangaben ohne Gewähr, Druck: Bauer medien Produktions-&- Handels-GmbH/Druckerei Schmidbauer, 7400 Oberwart, November 2015

Der Wissens-TrolleyJunior-Wissensbücher an Schulen

Der Österreichische Buchklub der Jugend schickt in Kooperation mit dem BmWFW 70 Wissens-Trolleys an Österreichs Schulen. Diese beinhalten die besten Junior-Wissensbücher samt lesedidaktischen Unterlagen.

Schulen können so die besten Jugendsachbücher des Jahres kennenlernen, damit arbeiten, eventuell die Schulbibliothek entsprechend ergänzen und die Bücher gewinnen!

Die Pflichtschul-landesreferentInnen des Buchklubs verwalten diese Aktion, über sie können Schulen den Wissens-Trolley ausleihen. Das Buchpaket kann auch online über den Buchklub bestellt werden: www.buchklub.at

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Gestatten: Willi Virus. Ich komme dich gernbesuchen!

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Das Heroon von Trysa

Alice lAndskron

schriften des Kunsthistorischen MuseuMs Band 13 a

herausgegeBen von saBine haag

Alice LandskronDAS HEROON VON TRYSA

Ein Denkmal in Lykien zwischen Ost und WestSchriften des Kunsthistorischen Museums 13

BD 1TEXTBAND

512 Seiten | 240 × 280 mmHardcover | EUR 74,50

ISBN: 978-3-902976-44-4

BD 2BILDBAND

482 Seiten | 240 × 280 mmHardcover | EUR 74,50

ISBN: 978-3-902976-46-8

Der sogenannte „Antiquus Austriacus“

und weitere auctores antiquissimi

Herausgegeben vonDoris Marth

Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften

im österreichischen Raum

TYCHESonderband 8

Doris MarthDER SOGENANNTE „ANTIQUUS

AUSTRIACUS“ UND WEITERE AUCTORES ANTIQUISSIMI

Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum

560 Seiten | 210 × 297 mm | HardcoverEUR 83,00 | ISBN: 978-3-902976-43-7

Franziska Beutler | Ekkehard WeberDIE RÖMISCHEN INSCHRIFTEN DER

ÖSTERREICHISCHEN NATIONALBIBLIOTHEK

80 Seiten | 148 × 210 mm | SoftcoverEUR 15,00 | ISBN: 978-3-902976-28-4

Christiane Mühlegger-Henhapel | Alexandra Steiner-Strauss

WORTE KLINGEN, TÖNE SPRECHENRICHARD STRAUSS UND DIE OPER

256 Seiten | 170 × 240 mm | Softcover EUR 39,00 | ISBN: 978-3-902976-55-0

Peter PayerDIE SYNCHRONISIERTE STADT

Öffentliche Uhren und Zeitwahrnehmung,Wien 1850 bis heute

240 Seiten | 170 x 240 mm | Hardcover EUR 34,00 | ISBN: 978-3-902868-53-4

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TAFEL 9

Das Heroon von Trysa

Alice lAndskron

schriften des Kunsthistorischen MuseuMs Band 13 B

herausgegeBen von saBine haag

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buch.kultur.wissenschaft.indd 1 05.11.15 08:31

„Wer dieses Buch in die Hand nimmt, den lässt es nicht mehr los.“Detlev Claussen, tageszeitung

Seit Urzeiten war das Pferd der engste Part-ner des Menschen. Es war unverzichtbar in der Landwirtschaft, verband Städte und Länder, entschied die Kriege. Doch dann zerbrach der kentaurische Pakt, und in nur einem Jahrhundert fiel das Pferd aus der Geschichte heraus, aus der es jahrtausende-lang nicht wegzudenken war. Furios erzählt Ulrich Raulff die Geschichte eines Abschieds – die Trennung von Mensch und Pferd.461 S., 121 Abb. Ln. € 30,80[A] / € 29,95[D] ISBN 978-3-406-68244-5

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ALARMIERENDER

REPORTÜBER DIE SELBSTZERSTÖRERISCHEN FOLGEN

EINER UNGEBREMSTEN ERDERWÄRMUNG

»Um jedes Zehntelgrad zu kämpfen« lohne sich, davon ist Hans Joachim Schellnhuber, Deutschlands wichtigster Klimaforscher mit internationaler Reputation, überzeugt. Er streitet seit Jahrzehnten darum, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dem Klimawandel und seinen dramatischen Folgen endlich ins Auge sehen – und alles daransetzen,

ihn aufzuhalten. In einem brisanten Thesenbuch spitzt er seine Kritik noch einmal zu, damit die Politiker auf der »Schicksalskonferenz« in Paris im Spätherbst 2015 die letzte Chance zum Umsteuern ergreifen.

784 Seiten, gebunden,

12 farbige Bildteile à 4 Seiten

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Auch als E-Book erhältlich

Schellnhuber_ANZ_Buchkultur_Sonderheft_WiForsch_190x280.indd 1 09.11.15 10:00


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