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Kuriere des Todes

Date post: 07-Jan-2017
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  • Kuriere des Todes"

    FW 200 Condor" - die Fernbomber der Luftwaffe. - Einstze des

    Kampfgeschwaders 40

    In der Luftwaffe des II. Weltkrieges nannte man die viermotorigen FW 200 Condor" Riesenvgel", whrend der seinerzeitige britische Gegner sie nach bitteren Erfahrungen mit ihren Einsatzerfolgen Kuriere des Todes" oder Geieln des Atlantik" bezeichnet hatte. Flugzeuge mit gewaltigen Ausmaen waren sie fr damalige Verhltnisse gewi, betrug ihre Spannweite doch ber 32 Meter und ihre Rumpflnge nahezu 24. Nach einem Plan von Kurt Tank schon 1936 konstruiert, sollten die Condors" als Mittelstrecken-Verkehrsflugzeuge Passagiere der Lufthansa befrdern, und schon im Juli 1937 hatte der Erstflug des Prototyps FW 200 V-1 D-Acon stattgefunden. In der Folgezeit wurden mit den FW 200 einige aufsehenerregende Weltrekorde erzielt, darunter im August 1938 ein Flug von Berlin nach New York in 24,56 Stunden. Doch dann kam der Krieg und damit bei der Luftwaffenfhrung die Erkenntnis, da kein Fernaufklrer oder Fernbomber mit groer Reichweite zur Verfgung stand. Notgedrungen entsann man sich des Verkehrsflugzeuges Condor", das dann ab 1940 als FW 200 C zur militrischen Verwendung umgerstet wurde und danach jenen Besatzungen als Kampfmittel diente, von deren Flgen ber den Seeraum um Irland und den Nordatlantik im vorliegenden Band die Rede ist. Im Mittelpunkt stehen die Aktionen der bei Bordeaux stationierten I. Gruppe des Kampfgeschwaders 40. ber Tausende von Kilometern flogen die Besatzungen der FW 200 1940/41 und auch spter von der westfranzsischen Kste zu norwegischen Flugbasen und wieder zurck. 6 - 8 Mnner versahen in den Treibstofflagern hnelnden Groflugzeugen ihren strapazisen Dienst, fungierten als Fernaufklrer, fhrten U-Boote an gegnerische Geleitzge und griffen selbst feindliche Schiffe an - mit groem Erfolg. Was zu jener Zeit geschah, hat der Verfasser - aus dem Blickwinkel beider Seiten - in der nachfolgenden Dokumentation zusammengefat.

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  • 26. Oktober 1940, 04.00 Uhr, Bordeaux-Mrignac. Graue Nebelschwaden wallten trge ber den groen Flugplatz an der

    Girondemndung. Oberleutnant Jope*) gab Gas auf die beiden Backbordmotoren. Sie

    heulten auf. Die dreiblttrigen Luftschrauben sirrten rasend schnell. Die viermotorige Focke-Wulf FW 200 Condor" schwenkte herum. Der Pilot trat auf die Bremsen. Der Grobomber stand mit einem Ruck still.

    Das grellweie Licht der ausgefahrenen Tragflchenscheinwerfer zerri das Dunkel der Nacht und die grauen Nebelschwaden. Es zauberte dnne silberne Streifen auf den mit Wasser bedeckten Beton der Start-und Landebahn. Die vier je 1000-PS-starken Bramo-9-Zylinder-Motoren tuckerten im Leerlauf.

    Der Oberleutnant bremste**) einen Motor nach dem anderen ab. Dabei blickten er und der in der Kanzel befindliche Kopilot auf die Tourenzhler. Die Triebwerke liefen einwandfrei.

    Alles klar?" fragte Oberleutnant Jope dann ber die Bordsprechanlage.

    In dem Augenblick flammten die Lichterketten rechts und links der Startbahn sowie auch alle brigen roten Lampen der Platzbefeuerung auf.

    Nach den Klarmeldungen donnerte der mit Bomben, Munition und Treibstoff beladene Grobomber ber den breiten Betonstreifen. Nebel schwirrte drauen vorbei. Der Kopilot blickte auf den beleuchteten Geschwindigkeitsmesser und gab dessen Anzeigewerte laut durch. Kurz vor der Platzgrenze hatte die Condor" die Startgeschwindigkeit erreicht. Jope hob ab.

    Fahrwerk und Landeklappen einfahren!" befahl er, whrend die Maschine zum dunklen Himmel hoch stieg. Er drehte eine Platzrunde und flog dann auf einem Kurs von 270 Grad (Westkurs) ab.

    Hinter der FW 200 erloschen die Lichterketten der Startbahn und die brige Befeuerung des Flugplatzes Bordeaux-Mrignac. Er war Standort der I. Gruppe des Kampfgeschwaders 40 (I./KG 40), der Oberleutnant Bernhard Jope und seine Besatzung angehrten.

    Jope blickte auf die beleuchteten Instrumente, nach denen er blind" flog. Denn rings um die Condor" herrschte vllig Dunkelheit. Am Himmel war kein Stern zu sehen, auf der Erde kein Blinkfeuer; terrestrische Navigation war deshalb unmglich.

    Bleiben Sie auf dem Kurs, der gerade anliegt, Herr Oberleutnant", sagte der Kopilot. Dann rutschen wir genau in der Mitte durch die Schneise."

    Die Schneise"! Das war ein etwa zehn Kilometer breiter Streifen an der Kste. Rechts und links davon lagen Sperrgebiete, die von deutschen Flugzeugen nicht berflogen werden durften. Geschah dies aus irgendwelchen Grnden doch, dann setzten sich die fliegenden Besatzungen der deutschen Luftwaffe der Gefahr aus, von der eigenen Flak beschossen zu werden.

    Wir berfliegen die Kste!" stellte der Kopilot kurz darauf fest. Der in der groen Bodenwanne unter dem Rumpf liegende Naviga

    *) Der Name ist identisch; andere, auer solchen von Persnlichkeiten der Zeitgeschichte, knnen frei gestaltet sein.

    **) berprfen

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  • tor*) blickte nach unten. Von der Kste war nichts zu sehen. Die Dunkelheit hllte sie vllig ein.

    Die Condor" flog direkt nach Westen auf den Golf von Biskaya hinaus.

    Oberleutnant Jope und seine Besatzung sollten folgenden Kampfauftrag durchfhren: Bewaffnete Aufklrung ber dem Atlantik im Raum nordwestlich und nrdlich von Irland!"

    Fnfzehn Minuten nach dem Kstenberflug drehte die FW 200 auf einen Kurs von 300 Grad ein, der vom Wendepunkt in der Biskaya direkt in den Seeraum sdwestlich von Irland fhrte.

    Stunde um Stunde verging. An Bord sagte niemand ein Wort. Monoton brummten die Motoren.

    Gegen 08.00 Uhr**) lichtete sich die Dunkelheit. Die riesige Wasserwste des Atlantischen Ozeans zeigte ein graues, verschwommenes Gesicht.

    Irland rechts von uns!" sagte der Kopilot und deutete mit der Hand zur Seite.

    Im grauen Dunst war die zerklftete, steile Kste der Grnen Insel" zu sehen, an der weie Brandung hochschumte.

    Die Viermot flog in nordwestlicher Richtung weiter. Der neue Tag zog mit immer grer werdender Helligkeit herauf. Sie verschluckte das dunkle Grau ber dem Atlantik, bis es schlielich ganz verschwunden war. Nur noch dnner Dunst schwebte ber der Wasseroberflche, auf der sich die weien Schaumbnder der Wellen hinzogen.

    Zehn Minuten spter kamen dicke dunkle Wolken auf die Condor" zu. Sie flog in sie hinein. Regen schlug gegen die Maschine. Die Sicht verschlechterte sich.

    Aufpassen, Leute! Augen offenhalten!" schrfte der Pilot seiner Besatzung ein. Wir fliegen in wenigen Minuten in den Seeraum ein, in dem die englischen Schiffe und Geleitzge herumfahren!"

    Ein groer, dunkler Schatten an Backbord voraus! In dreihundert Grad!" rief der in der Bodenwanne liegende Navigator, der bei Angriffen auch als Bombenschtze fungierte und auch noch die Bordkanone in der Wanne bedienen mute.

    Tatschlich!" stie der Kopilot aus, nachdem er sowie der Pilot und gleichzeitig Kommandant der Condor" in die angegebene Richtung geblickt hatten.

    Den Vogel sehen wir uns mal nher an!" entschied Oberleutnant Jope. Er steuerte den schweren Bomber auf den weit hinten am Horizont befindlichen Schatten zu.

    Alle Mann auf Position!" befahl er, als das dunkle, unfrmige Gebilde nher kam.

    Immer mehr und immer deutlichere Umrisse und Einzelheiten waren im Nieselregen zu erkennen. Es handelte sich um ein groes Schiff mit drei Schornsteinen, das mit grauer Tarnfarbe gestrichen war. Position: 130 Kilometer nordwestlich der Donegalbucht an der Nordwestseite von Irland. Es fuhr auf einem Kurs von 62 Grad nach Nordost in Richtung Irland.

    Es war - was die deutschen Flieger in dem Augenblick noch nicht wuten - die Empress of Britain" (42 500 tons) von der Canadian Pacific Company. Sie war im Auftrag des britischen Transportministeriums

    *) damalige Bezeichnung: Beobachter **) Alle militrischen Zeitangaben erfolgten damals vierstellig

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  • von Kapstadt nach Liverpool unterwegs. An Bord befanden sich 640 Personen; neben der Besatzung Soldaten und Zivilisten. In den Laderumen 700 Tonnen Gter verschiedener Arten.

    An und fr sich war die Empress" ein Passagierdampfer. Auf deutscher Seite aber nahm man an, da es sich um einen Truppentransporter handelte. Es kam aber noch etwas hinzu, wodurch dieses Schiff in die Kategorie der militrischen Seefahrzeuge eingereiht werden konnte: Es war bewaffnet! Das war kriegsrechtlich fr die nun erfolgenden militrischen Aktionen wichtig.

    Bewaffnung der Empress of Britain": Eine Kanone vom Kaliber 6 Inch*) zur Bekmpfung von U-Booten. Ein 7,62 cm Geschtz am Heck zur Abwehr von Luftangriffen. Auf dem Oberdeck waren auerdem noch vier Lewis-Maschinengewehre stationiert. Das alles war fr damalige Verhltnisse eine ganz beachtliche Bewaffnung.

    Wir greifen an!" rief Oberleutnant Jope. Er trat ins Seitensteuer und legte die FW 200 nach links. Sie flog eine

    180-Gradkurve und ging dann wieder in den Geradeausflug ber. Das britische Schiff lag nun vor ihr auf Anflugkurs.

    Der Pilot drckte**) die tonnenschwere Maschine bis auf 150 Meter ber der Wasseroberflche herunter. Im Tiefflug raste sie auf den Dampfer zu.

    Auf der Empress of Britain" heulten die Sirenen Fliegeralarm. Alle Passagiere eilten, mit Schwimmwesten versehen, zum D-Deck.

    Die Bedienungen der Geschtze und MG standen schon seit einigen Stunden an ihren voll einsatzbereiten Waffen.

    Schiffsfhrer Sapsworth stand im Ruderhaus hinter dem Steuerrad. Er, seine Offiziere und die gesamte Besatzung hatten zuvor beobachtet, wie um 09.20 Uhr pltzlich ein Flugzeug in der Nhe der Empress" auftauchte. Freund oder Feind? Das war die entscheidende Frage, die zu jenem Zeitpunkt auf der Brcke und dem ganzen Schiff noch niemand beantworten konnte.

    Wegen der ungnstigen Sichtverhltnisse war anfangs nur zu erkennen, da es sich um einen groen Eindecker mit vier Motoren handelte. Gespannt blickten sie dorthin, wo das Flugzeug auf die Empress" zukam.

    Pltzlich kurvte es ein, flog einen Halbkreis und strzte auf das Heck des Dampfers herunter.

    Eine ,Condor'!" rief in dem Augenblick ein Schtze, der an einem MG stand. Ein deutsches Flugzeug!"

    Sofort darauf heulten die Alarmsirenen! Der Funkoffizier schickte eine Alarmmeldung in den ther: Em

    press of Britain wird von einem viermotorigen deutschen Flugzeug angegriffen." Dazu die genaue Position.

    Captain Sapsworth signalisierte an den Maschinenraum: uerste! Holt aus den Bcken alles raus, was in ihnen steckt!"

    Die Kolben der Maschinen hmmerten immer schneller. Der mchtige Schiffsrumpf zitterte und bebte. Die weie Bugsee schumte hher auf.

    *) 1 Inch = 2.54 cm **) Sinkflug

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  • Innerhalb kurzer Zeit rauschte die Empress" mit der Hchstgeschwindigkeit von 24 Knoten (44,44 km/h) durch das Wasser.

    Captain Sapsworth fuhr Zickzack-Kurse. Dabei blickte er wiederholt nach hinten auf das deutsche Flugzeug, das immer nher herankam.

    Nur noch 3000 Meter Abstand zwischen dem britischen Heckgeschtz und dem deutschen Verfolger!

    Feuer frei!" befahl der Geschtzfhrer. Die erste 7,62-cm-Granate donnerte aus dem Rohr! Sie detonierte mit

    einem grellen Blitz direkt vor dem Bug der FW 200! Ein Ruck ging durch die schwere Maschine. Sie rutschte zur Seite

    weg . . .

    Beschaffen Sie der Luftwaffe einen geeigneten Langstreckenbomber!" Diesen Auftrag erhielt etwa ein Jahr vor diesen Geschehnissen Hauptmann Edgar Petersen. Genauer gesagt geschah das im September 1939 nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Das war zugleich auch die Geburtsstunde des spteren Kampfgeschwaders 40, das ein ganz spezieller und erfolgreicher fliegender Verband werden sollte.

    Der Luftwaffenhauptmann Edgar Petersen war ein ausgezeichneter Experte im Langstrecken- und Blindflug. Er hatte schon in Friedenszeiten Langstreckenflge durchgefhrt. Im Herbst 1939 war er Angehriger des in Hamburg neu aufgestellten X. Fliegerkorps, das unmittelbar dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Hermann Gring, unterstellt war. Spezielle Aufgabe dieser Einheit: Bekmpfung von Seezielen aus der Luft. Kommandeur: Generalleutnant Hans Geisler. Chef des Stabes: Major Martin Harlinghausen.

    Petersens direkter Auftraggeber aber war der damalige Generalstabschef der Luftwaffe, Generalmajor Heinz Jeschonnek. Denn die oberste Fhrung der deutschen Luftwaffe hatte nach Ausbruch des Krieges erkannt, da beim Aufbau der Luftwaffe in der Mitte der dreiiger Jahre Fehler gemacht worden waren. Unter anderem auch auf einem sehr wichtigen Sektor: Die Luftwaffe hatte keine Langstreckenbomber, die ber groe Strecken fliegen, aufklren und auch Bombenangriffe durchfhren konnten! Besonders die Kriegsmarine und bei der wiederum die ber riesige Entfernungen operierende U-Bootwaffe bentigten aber unbedingt eine weitreichende Luftaufklrung, um anfangs die britische und spter auch die gesamte alliierte Schiffahrt empfindlich zu stren oder sogar vllig zu lhmen.

    Deshalb mute nach Kriegsausbruch zunchst einmal ein geeigneter Langstreckenbomber gefunden werden. Danach mute ein Spezialverband fr Langstreckenflge, Luftaufklrung, Zusammenarbeit mit der U-Boot-Fhrung und selbstndige Kampfhandlungen aufgestellt und mit den entsprechenden Flugzeugen ausgerstet werden. Und mit all dem wurde Hauptmann Edgar Petersen beauftragt.

    Er beschftigte sich nun intensiv mit seinem Auftrag sowie dem damit verbundenen Problem und fand eine Lsung. Spter berichtete er wie folgt: Ich suchte nach einem geeigneten Flugzeug. Da gab es die Ju 90.*) Davon waren aber nur zwei Exemplare vorhanden. Es war nicht ersicht

    *) Ein viermotoriges Verkehrsflugzeug, das spter zum Militrflugzeug Ju 290 weiterentwikkelt wurde und zum Einsatz kam.

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  • lich, ob der Typ in Serie gehen wrde. Bei den Flugzeugwerken Focke-Wulf standen aber sechs FW 200 bereit, die nach Japan geliefert werden sollten."

    An und fr sich war die FW 200 Condor" ein reines Zivilflugzeug. Der Entwurf stammte von Dipl. Ing. Kurt Tank, Technischer Direktor der Focke-Wulf-Flugzeugwerke in Bremen.

    Die sechs FW 200 waren von Tank fr die Lieferung an die Japaner aber zu Aufklrungsflugzeugen mit groer Reichweite umgebaut und mit drei 7,9-mm-Maschinengewehren ausgerstet worden. Eins davon in der Kuppel auf dem Rumpfrcken, zwei an beiden Enden der Bodenlafette (Bodenwanne) unter dem Rumpf. Zur Erzielung von greren Reichweiten waren im Rumpf zustzlich Treibstoffbehlter eingebaut worden.

    Diese FW 200 wollte Petersen nun bernehmen und noch weiterhin als Langstreckenaufklrer und -bomber ausbauen. Er ging mit seinen Plnen und Absichten zu Major Harlinghausen.

    Die beiden berprften und berechneten, ob und wie das ursprngliche Verkehrsflugzeug FW 200 militrisch eingesetzt werden knnte. Sie kamen zu folgendem Ergebnis: Die FW 200 konnte mit zustzlichen Tanks soviel Flugbenzin an Bord nehmen, um damit 15 Stunden fliegen zu knnen. Und das mit einer Bombenzuladung von 1000 Kilogramm, einer Bewaffnung von drei MG und einer Reisegeschwindigkeit von 270 km/h. Das ergab eine Reichweite von ber 4000 Kilometern - damals eine sehr groe Flugstrecke.

    Hauptmann Petersens Plne wurden schlielich von der obersten Luftwaffenfhrung genehmigt. Er erhielt auerdem den Auftrag zur Aufstellung eines neuen fliegenden Spezialverbandes zur Bekmpfung von feindlichen Schiffen. Zugleich aber auch die Genehmigung, die FW 200 fr seine Zwecke umbauen zu lassen.

    Die sechs FW 200 wurden nicht mehr an Japan ausgeliefert und zusammen mit sechs weiteren Zivilflugzeugen umgebaut. Typenbezeichnung: FW 200 C-Os. Einige nderungen: Das Fahrwerk der zivilen Verkehrsflugzeuge bestand auf jeder Seite aus einem gummibereiften Rad. Die militrische Version erhielt wegen des schweren Gewichts auf jeder Seite zwei luftbereifte Rder. Maschinengewehre wurden eingebaut. In die bisherigen Passagierrume kamen zustzliche Treibstofftanks.

    Am 1. Oktober 1939 stellte Hauptmann Petersen die 1. Staffel der I. Gruppe des neuen Kampfgeschwaders 40 (KG 40) auf. Die Besatzungen waren zum grten Teil vorher Lehrer an der Blind- und Langstrekkenflugschule in Celle gewesen. Kommandeur und Leiter dieser Schule war ebenfalls Hauptmann Petersen. Er hatte von dort aus Instrumentenflge*) ber fr damalige Begriffe sehr groe Flugstrecken durchgefhrt.

    Eine Meisterleistung seiner Schule: Ein Fluglehrer fhrte mit seinen Schlern in einer Ju 52 einen Nonstopflug von Celle nach Castel Benito in Libyen ber eine Entfernung von 2407 Kilometern durch. Und das nicht nach Erdsicht und terristrischer Navigation, sondern nur nach Koppelnavigation**) Astronavigation***) und Anpeilung elektromagnetischer Wellen von Funkbaken. Dabei wurden auch Rundfunksender

    *) Blindflge **) Uhrzeit, Kurs, Geschwindigkeit

    ***) Anpeilung von Himmelskrpern

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  • benutzt, die Musik sendeten und deren Standorte bekannt waren. An Bord befand sich ein Peilempfnger mit drehbarer Ringantenne auf dem Rcken der Ju 52. Diese war auerdem noch mit zustzlichen Treibstofftanks ausgerstet.

    Hauptmann Petersen war nahezu stndig anwesend, als die FW 200 in den Focke-Wulf-Flugzeugwerken umgebaut wurden. Kurz darauf wurden die Maschinen ausgeliefert und in das bungsprogramm der 1. Staffel des KG 40 eingeschaltet. Die Besatzungen fhrten Navigations-, Aufklrungs- und Angriffsflge ber der Nord- und Ostsee durch.

    Das Symbol des KG 40 war brigens eine Weltkugel in einem breiten Ring. Die Condor" bekamen Namen von Planeten und Sternen wie Mars, Jupiter, Wega, Deneb und anderen. Das KG 40 war auch der einzige fliegende Verband der deutschen Luftwaffe, der mit viermotorigen Flugzeugen ausgerstet war.

    Am 9. April 1940 begann das Unternehmen Weserbung". In kombinierten See-, Land- und Luftoperationen besetzten deutsche Truppen Dnemark und Norwegen. In allen greren norwegischen Hfen von Oslo ber Bergen und Trondheim bis Narvik wurden deutsche Einheiten von Schiffen an Land gesetzt. In Narvik waren es Soldaten, die Generalmajor Dietl befehligte.

    Britische Seestreitkrfte griffen bei Narvik in den Kampf ein, kesselten deutsche Zerstrer im dortigen Hafen ein, griffen sie an und versenkten sie im Zeitraum vom 10. - 13.4.1940.

    Deshalb rief Generalmajor Jeschonnek am 10. April 1940 Hauptmann Petersen an und frage ihn: Knnen Sie einen Nonstopflug von Deutschland nach Narvik und zurck durchfhren?" Jeschonnek erklrte auch, warum dieser Flug ber eine fr damalige Begriffe geradezu riesige Strecke von etwa 4800 Kilometer stattfinden sollte. Hauptmann Petersen stimmte zu.

    Einen Tag spter starteten drei FW 200 vom Flugplatz von Lneburg. Sie drehten die bliche Platzrunde, formierten sich und flogen unter Fhrung von Petersen als Dreierverband in Richtung Narvik ab.

    Stundenlang zogen sie mit brummenden Motoren ihre Bahn am grauen Himmel. Sie erreichten schlielich den Fjord, an dessen Ende Narvik lag, kurvten in ihn ein und durchflogen ihn im Tiefflug. Sie luden ihre Bomben auf die dort stationierten britischen Kriegsschiffe ab, konnten aber keine entscheidenden Treffer erzielen und damit auch nicht die Vernichtung der deutschen Zerstrer durch die Krfte der Royal Navy (brit. Marine) verhindern.

    Der Feindflug der drei Condor" hatte aber trotzdem einen moralischen Erfolg. Er gab General Dietls Soldaten das Gefhl, da sie nicht vergessen worden waren und nicht auf verlorenem Posten kmpften. Diese Wirkung wurde noch durch folgende Aktion erhht: Hauptmann Petersen warf einen Sack mit Post fr sie auf einem Platz in Narvik ab!

    Nach 17 Stunden Flugzeit landeten die drei FW 200 wieder in Lneburg. Das war zu jener Zeit wirklich ein Rekordflug, zugleich ein Beweis dafr, da die FW 200 tatschlich d a s Langstreckenflugzeug der deutschen Luftwaffe werden konnte.

    Verlegen nach Norwegen! Dieser Befehl erging kurz darauf an die 1. Staffel des KG 40. Neuer Standort: Flugplatz Gardamoen in der Nhe von Oslo.

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  • Von dort aus flogen die Besatzungen zum erstenmal fast jeden Tag sogenannte bewaffnete Aufklrung und Wetterflge ber sehr groe Strecken. Es waren Flge zu den folgenden See- und Landrumen: Nordsee, polare Seen und Meere, Grnland, Spitzbergen, Island, Jan Mayen und Farer-Inseln. Die dabei ermittelten meteorologischen Werte waren sehr wichtig fr die Kriegsfhrung.

    Am 10. Mai 1940 begann die sogenannte Westoffensive. Die deutsche Wehrmacht besetzte Holland, Belgien und Frankreich.

    Die Besatzungen des KG 40 bekamen den Befehl, sofort nach Deutschland zurckzufliegen.

    Sie muten von nun an Minen an der Ostkste von Grobritannien abwerfen! Fnf FW 200 flogen nachts zum Minenlegen hinaus. Jeweils eine kam vom Feindflug nicht zurck.

    Hauptmann Petersen war es deshalb klar, da sein gesamter Verband innerhalb kurzer Zeit vernichtet sein wrde. Er protestierte gegen die Minenflge bei Generalmajor Jeschonnek persnlich. Mit Erfolg! Kurz darauf erging an die FW-200-Einheit der Befehl: Ab sofort ist das Minenlegen einzustellen!" Das war auch dringend ntig; denn die Staffel verfgte nur noch ber zwei einsatzbereite Viermotorige.

    Kurz darauf wurde der fliegende Verband mit neuen FW 200 C-1-Typen ausgerstet. Der Fhrungsstab erhielt zustzlich Junkers Ju 88 A-l.

    Die neuen Viermotorigen waren mit einer 20-mm-Kanone in der Bodenwanne unter dem Rumpf zum Schieen in Flugrichtung ausgerstet; ferner mit 7,9-mm-MG in den Kuppeln auf dem Rcken und zu beiden Seiten im hinteren Rumpf; darunter auch MG 15 mit Munitionstrommeln.

    Bombenzuladung: Vier 250-kg-Bomben, Je eine davon in Aufhngevorrichtungen unter den Gondeln der beiden ueren Motoren und je eine unter der Tragflche direkt neben den Auenmotoren. Eine fnfte Bombe konnte noch in einer Aufhngevorrichtung in der Gondel unter dem Rumpf mitgefhrt werden. Folgende Bombenzuladungen waren auch noch mglich: Zwei 500-kg- und zwei 250-kg-Bomben. Auch 1000-kg-Bomben konnten eingesetzt werden.

    Die normale Besatzung bestand aus sechs Mann: Pilot, Kopilot, Navigator, Bordfunker, zugleich auch Bordschtze, Bordmechaniker, im Ernstfall ebenfalls auch Bordschtze und dem Bordschtzen im Heckstand.

    Nach dieser Neuausrstung schlug Hauptmann Petersen der Luftwaffenfhrung vor, die I./KG 40 wieder zur weitreichenden Luftaufklrung und Bombardierung von feindlichen Schiffszielen auf dem Atlantischen Ozean einzusetzen.

    Das war mglich, nachdem Frankreich inzwischen weitgehend von der deutschen Wehrmacht besetzt worden war. Hfen und Flugpltze an der franzsischen Atlantikkste standen nun zur Verfgung, von denen aus die Kriegsmarine - vor allem die U-Boote - und auch die Luftwaffe gegen die feindliche Schiffahrt operieren konnten.

    Petersens Vorschlag wurde akzeptiert. Am 12. Juli 1940 verlegte seine Einheit auf den Flugplatz Bordeaux-Mrignac an der sdfranzsischen Atlantikkste.

    Von dort aus flogen die FW-200-Besatzungen auf den Golf von Biskaya hinaus und auf die Wasserwste des Atlantiks bis zu den Azoren, bis zum 20. und 25. Lngengrad und nordwrts hinauf bis nach Island.

    Sie erzielten auch sofort Erfolge!

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  • Am 14. Juli 1940, um 08.00 Uhr, patrouillierte eine FW 200 etwa 240 sm (444 km) nordwestlich von Kap Finisterre an der Nordwestkste Spaniens ber dem Atlantik. - Die Besatzung sichtete den griechischen Dampfer Frossoula" (1282 tons), der von Barcelona nach Glasgow unterwegs war. An Bord eine wertvolle Ladung Dngemittel fr die britische Landwirtschaft.

    Die Condor" griff an, warf Bomben und versenkte das Schiff, Dessen Besatzung war vorher in die Rettungsboote gegangen.

    Weitere Versenkungen durch das KG 40: Am 15. und 17. Juli 1940 wurden in den Western Approaches*) die Dampfer Alpha" (853 tons) und Leola" (554 tons) versenkt.

    Beschdigt wurden am 18. Juli 1940 sdwestlich von Irland der britische Fischdampfer Loddon" und am 30. Juli 1940 der belgische Trawler John" auf etwa gleicher Position.

    Der August 1940 brach an. Die Jagd der FW 200 des KG 40 ging weiter. Sie begann mit der Versenkung des schwedischen Dampfers Varia" am 10. August 1940.

    Es folgten viele weitere Luftangriffe der Condor"-Besatzungen, bei denen feindliche Schiffe beschdigt und auch versenkt wurden.

    Am 25. August 1940 sichtete eine Besatzung den britischen Dampfer Goathland" (3821 tons) sdwestlich von Irland. Der Bombenschtze warf drei Bomben auf das mit Eisen beladene Schiff, die es schwer beschdigten. Eine Stunde nach dem Angriff sank es fr immer auf den Meeresgrund.

    Weitere Aktionen des KG 40 im August 1940: Bomben- und Bordwaffenangriffe auf die drei britischen Schiffe Tielbank" (5084 tons), Waynegate" (4260 tons) und Baron Tweedsmouth" (3357 tons) im Seeraum westlich von Irland. Drei Schiffe, die schwer beschdigt und fr lngere Zeit auer Betrieb gesetzt wurden. Am 29. August 1940 griffen Condor"Flieger die britischen Fischdampfer Phoebe" und Bianca" sdlich von Irland an. Alle genannten Schiffe wurden mehr oder weniger schwer beschdigt, berstanden aber die Angriffe.

    Insgesamt gesehen ergab sich aber folgende Bilanz fr das KG 40: Im August 1940 versenkten die Besatzungen 15 Schiffe mit 53 283 tons. Viele andere wurden angegriffen und beschdigt.

    5. September 1940, vormittags. Auf dem britischen Schiff Melbourne Star" (12 806 tons) heulten die Alarmsirenen! Der Ozeanriese kam von Australien und wollte nach Glasgow. An Bord viele Tonnen tiefgekhltes Fleisch und Obst. Position: 370 km westlich Irland.

    Die Kanoniere eilten an das Fla-Geschtz und machten es einsatzklar! Eine Condor" griff trotz des heftigen Abwehrfeuers der Flak und der

    MG an, warf Bomben und feuerte mit den Bordwaffen zurck. Die Melbourne Star" wurde bei den mehrmaligen Angriffen schwer beschdigt, konnte aber trotzdem ihren Bestimmungsort Glasgow erreichen. Whrend des Monats September 1940 fhrten die Besatzungen des KG 40 immer wieder Feindflge gegen die feindliche Schiffahrt auf den von Westen nach England fhrenden Seewegen durch. In jenem Zeitraum standen nur sieben einsatzbereite FW 200 zur Verfgung. Trotzdem wurden ungewhnliche Erfolge erzielt.

    *) Seewege westlich von England

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  • Sofort nach dem Aufflammen des Detonationsblitzes der Granate aus dem 7.62-cm-Geschtz am Heck der Empress of Britain" reagierte Oberleutnant Jope.

    Er fing die abrutschende Condor" ab, legte sie wieder gerade und steuerte sie weiter im Tiefflug auf das Ziel zu, das jetzt wieder genau vor ihm lag.

    Dabei lie er sich von dem Feuer der Schiffsflak nicht beirren. Captain Sapsworth steuerte die Empress" zu dem Zeitpunkt genau geradeaus. Das 7,62-cm-Geschtz feuerte pausenlos.

    Granaten detonierten in der Nhe der Condor". Schwarze Rauchwlkchen bauschten sich auf und zerflatterten schnell im Nieselregen und khlem Wind. Aber die britischen Kanoniere erzielten keinen entscheidenden Treffer.

    Nur noch 1000 Meter Distanz zwischen der Viermot und der Empress"!

    Auf dem Schiff visierten die Schtzen hinter den vier Maschinengewehren das Flugzeug an!

    Nur noch 500 Meter! Der Navigator in der Bodenwanne feuerte mit der 2-cm-Kanone! Auf

    der Empress" ratterten die Lewis-MG. Leuchtspurstriche flitzten auf die FW 200 zu und zischten ber sie hinweg.

    Der Navigator in der Wanne stellte den Beschu ein, beugte sich ber das Bombenzielgert und visierte den Dampfer an.

    Das britische Heckgeschtz schwieg pltzlich. Die deutschen Flieger sahen, wie die Kanoniere nach allen Seiten auseinanderspritzten und in Deckung gingen.

    Der deutsche Bombenschtze drckte auf die Auslsung, als das Schiff voll im Revi*) stand. Eine 250-kg-Bombe lste sich aus dem Rack unter der Tragflche. In parabelfrmigem Bogen fiel sie auf das Schiff zu.

    Nach dem berflug zog Oberleutnant Jope die Machine stark an. Freies Schufeld fr den Bordschtzen im Heckstand! Sein MG 15 ratterte! Geschoketten sprhten auf die Empress" hinunter.

    Auf dem Schiff feuerten jetzt wieder die Lewis-MG, die geschwiegen hatten, als die FW 200 ber sie hinwegdonnerte. Geschoketten flitzten hinter der abfliegenden Condor" her, richteten aber keinen Schaden an.

    Die 250-kg-Bombe durchschlug das Oberdeck direkt neben dem mittleren Schornstein auf der Backbordseite und detonierte in dem darunter befindlichen Gesellschaftsraum. Einige Passagiere wurden gettet, andere verwundet. Die hlzerne Vertfelung des kostbar und geschmackvoll ausgestatteten Raumes begann zu brennen. Panikartig flchteten die Menschen aus dem Raum. Das Feuer griff immer mehr um sich. Dunkler Rauch quoll aus dem aufgerissenen Deck und stieg zum Himmel.

    Die FW 200 flog in etwa zwei Kilometer Entfernung an dem brennenden Schiff vorbei. Die deutschen Flieger sahen zu ihm hinber.

    Fertigmachen zum zweiten Angriff!" gab Oberleutnant Jope ber die Bordsprechanlage an seine Besatzung durch. Er flog einen Halbkreis und blickte dabei auf das Schiff.

    Captain Sapsworth hatte die Empress" mit dem Bug in den Wind gedreht. Der schwarze Qualm strmte deshalb ber das Achterschiff

    *) Reflexvisier

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  • 21

  • und das Heck hinweg. Er versperrte den Kanonieren am 7,62-cm-Geschtz die Sicht.

    Das war gnstig fr Oberleutnant Jope und seine Mnner. Wir greifen an!" rief Jope sofort. Diesmal vom Bug zum Heck!" In einem weiten Kreis flog die FW 200 um das brennende Schiff herum.

    Jope kurvte dann pltzlich scharf nach links ein. Die Condor" flog jetzt auf den Bug der Empress" zu, die noch etwa 2000 Meter entfernt war.

    Oberleutnant Jope drckte die Maschine wieder an, rauschte in die Tiefe, fing sie ab und drhnte abermals im Tiefflug auf das britische Schiff zu.

    Die britischen Lewis-MG jagten feurige Leuchtspurketten hinaus, die an der Condor" vorbeizischten. Jope ging noch tiefer herunter.

    Kurz vor dem Schiff lste der Bombenschtze wieder eine 250-Kilo-Bombe aus. Sie verschwand im dunklen Rauch, der ber dem Schiff schwebte.

    Als Jope die Condor" wieder anzog, sahen der Bombenschtze und der Heckschtze, da die Bombe hinter dem Heck der Empress" ins Wasser gefallen war. Eine dicke Sule aus weiem Schaum und dunklem Wasser brach aus dem Meer, stieg hoch und fiel wieder in sich zusammen.

    Die FW 200 umrundete das brennende und qualmende Schiff im Dreikilometerabstand. Dann traten Jope und seine Mnner nochmals zum Angriff an.

    Wieder raste die Condor" im Tiefflug auf die Empress" zu. Wieder schlug ihr heftiges Abwehrfeuer entgegen. Geschosse und Granatsplitter drangen in den Rumpf des Flugzeuges ein. So weit es mglich war, Schossen Jopes Mnner zurck. Er selbst blieb nach wie vor auf Anflugkurs. Der am Abwurfgert liegende Navigator lste die beiden letzten 250-Kilo-Bomben aus.

    Sie fielen auf das Heck der Empress". Eine detonierte nicht, rutschte ber das Deck und fiel ins Wasser.

    Die andere durchschlug das Oberdeck und detonierte in den direkt darunter befindlichen Rumen. Die heftige Explosion ri das 7,62-cmFla-Geschtz aus der Halterung und schleuderte es in die Luft. Unbrauchbar geworden, krachte es wieder auf das verwstete Deck zurck.

    Sekunden spter explodierte die in einem Heckraum liegende Granate fr das Geschtz zur Abwehr von U-Booten. Mit donnerndem Getse und zuckenden Blitzen flog alles in die Luft. Das Heck wurde aufgerissen. Ein groes Loch tat sich auf. Feuer brach aus und breitete sich schnell aus.

    Oberleutnant Jope zog die FW 200 an, ging auf Hhe und umkreiste nochmals das brennende und qualmende britische Schiff. Die Empress" war schwer angeschlagen und hatte etwas Schlagseite nach Steuerbord, aber sie sank nicht.

    Die FW 200 Besatzung konnte wegen Bomben- und Munitionsmangel keine weiteren Angriffe mehr fliegen. Der in den Tanks befindliche Treibstoff reichte gerade noch fr den Rckflug aus. Deshalb drehte die durch das britische Abwehrfeuer leicht beschdigte Condor" ab, ging auf Heimatkurs und landete wieder in Bordeaux-Mrignac.

    Whrend dieser Zeit liefen auf britischer Seite Manahmen zur Rettung der Passagiere und des brennenden Schiffes an. Voll besetzte Ret

    22

  • tungsboote wurden zu Wasser gelassen und setzten sich von dem Havaristen ab. Aufgrund der in den ther gefunkten Notrufe eilten andere Schiffe zur Hilfe herbei. Ein Flugboot vom Typ Sunderland" brauste heran, umkreiste die Empress" und warf Schlauchboote ab.

    Am Nachmittag erschienen die Zerstrer Echo" und Burza" sowie der bewaffnete Fischdampfer Cape Argona". Die Besatzungen dieser schwimmenden Einheiten beteiligten sich an den Rettungsmanahmen und nahmen Schiffbrchige an Bord.

    Die Schlepper Seaman", Thames" und Raider" bekamen per Funk den Auftrag, sofort zur Unglcksstelle zu laufen, um die brennende Empress" abzuschleppen.

    Aber auch auf deutscher Seite herrschte im Zusammenhang mit der bombardierten Empress of Britain" emsige Ttigkeit.

    Sofort nach der Landung erstattete Oberleutnant Jope Bericht ber das, was auf dem Feindflug geschehen war und auf welcher Position die brennende Empress" lag. Hinzu kamen weitere Details. Alle Fakten wurden auch an das Hauptquartier der deutschen U-Boote im franzsischen Atlantikhafen Lorient weitergegeben.

    Diese Kommando- und Fhrungszentrale des Befehlshabers der U-Boote (BdU) informierte am Nachmittag des 26. Oktober 1940 den Kommandanten des U-Bootes U 32, Oberleutnant zur See Hans Jenisch, in einem Funkspruch darber, da die als Truppentransporter eingesetzte Empress of Britain" von einem deutschen Flugzeug durch Bomben in Brand gesetzt worden sei. Die Position des britischen Schiffes und weitere wichtige Einzelheiten wurden dem Kommandanten ebenfalls mitgeteilt.

    Oberleutnant Jenisch war einen Tag zuvor mit seinem 626-t-U-Boot von Lorient ausgelaufen. Er sollte im Raum nordwestlich von Irland gegen die britische Schiffahrt operieren.

    Aufgrund von Miverstndnissen und unrichtigen Positionsangaben, die spter aber berichtigt wurden, ging Jenisch erst am Morgen des 27. Oktober 1940 auf Kurs zu der Stelle, an der nach von ihm persnlich angestellten Berechnungen die Empress" nun stehen mute. U32 rauschte nun mit hchster Geschwindigkeit im berwassermarsch durch die See.

    Die Ausgucks auf der Brcke suchten stndig den See- und Luftraum ab. Gegen Mittag des 27. Oktober 1940 tauchten tatschlich die Mastspitzen der Empress" am Horizont auf.

    U 32 pirschte sich nher heran. Die Masten wuchsen hher aus der Kimm heraus. Durch die Glser erkannten der Kommandant und die Brckenwchter weitere Einzelheiten. Sie stellten fest, da die Empress" abgeschleppt und von zwei Zerstrern*) begleitet wurde. In der Luft kreiste ein Sunderland"-Flugboot um den kleinen Konvoi herum.

    Tauchen!" befahl Oberleutnant Jenisch. Die Brckenwchter sprangen ein. Als letzter verlie der Komman

    dant die Brcke und schlug hinter sich das Turmluk dicht. U 32 ging auf Tiefe und lief unter Wasser weiter auf die britischen

    Schiffe zu. Der Kommandant beobachtete durch die Sehrohre den See- und Luft

    *) ,,Broke" und Sardonyx"

    23

  • raum. Er stellte fest, da das Sunderland"-Flugboot den ganzen Nachmittag ber stndig am Konvoi blieb. Deshalb mute das Boot unter Wasser bleiben.

    Die Abenddmmerung senkte sich ber das Meer. Sehrohr aus!" befahl Oberleutnant Jenisch. Die Sehrohrsule stieg nach oben. Jenisch blickte durch die Optik in

    die Runde. Nur Grau in Grau war zu sehen. Nirgendwo ein Schiff. Nirgendwo der Schatten eines solchen.

    Auftauchen! So schnell als mglich auftauchen!" rief der Kommandant.

    Preluft zischte in die Tanks. Wasser gurgelte und schmatzte. U 32 schwebte nach oben und durchbrach die Wasseroberflche.

    Der Kommandant hastete auf die Brcke. Direkt hinter ihm sein Eins WO*). Danach folgten sofort die Ausgucks, die ihre Positionen auf der Brcke besetzten und ihre Sektionen mit bloen Augen und Glsern absuchten.

    Nichts war in der grauen Dmmerung zu sehen! Gar nichts! Die britischen Schiffe waren verschwunden.

    Wir mssen sie wiederfinden!" entschied der Kommandant und gab die fr die nun kommende Suchaktion entsprechende Befehle.

    U 32 lief auf wechselnden Kursen ber Wasser hin und her. Das Boot hielt aber dabei auch noch einen Generalkurs ein, der von dem Kommandanten berechnet worden war und auf dem er wieder auf die Empress" samt Begleitung stoen wollte.

    Aber alle Bemhungen waren vergeblich. Die Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1940 hatte den britischen Schiffsverband sozusagen verschluckt.

    Tauchen!" befahl der Kommandant nach stundenlanger Suche. Die Entlftungen knallten auf. Wasser strmte in die Tauchzellen.

    U 32 verschwand im Wasser. Horchgert einsetzen!" Das war der nchste Befehl, als U 32 mit leise

    summenden E-Maschinen unter Wasser weiter lief. Der Maat am Horchgert suchte die Skala ab. Es dauerte nicht lange,

    da stellte er Schraubengerusche fest Entfernung: Etwa 37 Kilometer. Er nannte die Richtung und sagte zum Schlu: Es handelt sich um mehrere Schiffe, die ziemlich langsam laufen."

    Das sind bestimmt die Tommys!"**) rief einer der Mnner, die in der Zentrale standen und gespannt zum Horchschapp hinbersahen.

    Auftauchen!" befahl der Kommandant. Minuten spter durchbrach U 32 die Wasseroberflche. Die Wache zog

    auf. Mit hchster Fahrstufe und hmmernden Dieseln rauschte das Boot auf die Position zu, an der die britischen Schiffe stehen muten.

    Mitternacht! Da sind sie!" rief pltzlich ein Ausguck auf der Brcke.

    Alle starrten hinber. Mit ihren gebten Augen erkannten sie die dunklen Schatten der britischen Schiffe, die mit einer Geschwindigkeit von etwa vier Knoten***) durch die Nacht zogen.

    In der Mitte die Empress", rechts und links von ihr je ein Zerstrer; vorneweg die Schlepper.

    *) Erster Wachoffizier **) Spitzname fr Englnder ***) 7,5 km/h

    24

  • U 32 blieb ber Wasser und lief mit langsamer Fahrt etwa zwei Stunden hinter dem britischen Verband her.

    Oberleutnant Jenisch beobachtete genau dessen Kurs, die Geschwindigkeit und das Verhalten der Begleitschiffe. Die Zerstrer liefen auf wechselnden Kursen hin und her.

    Auf einmal setzten sie sich ziemlich weit ab. Zwischen ihnen und der Empress" entstand eine groe Lcke. " Jenisch ntzte die fr ihn gnstige Situation sofort aus. U 32 tauchte, glitt unter Wasser in die unbewachte Zone und kam schlielich bis auf rd. 600 Meter an das groe britische Schiff heran.

    Zwei Torpedos zischten aus den Rohren! Einer von ihnen versagte. Der andere aber detonierte in Hhe des

    vorderen Schiffmastes. Ein Kessel explodierte. U 32 lief noch nher auf das Ziel zu. Die Empress" war riesengro und

    deutlich im Periskop zu sehen. Sie brannte immer noch. Oberleutnant Jenisch lie einen dritten Torpedo abfeuern. Dumpf

    rollte der Detonationsknall durch das Meer. Treffer in Hhe des mittleren Schornsteins! Die Empress" neigte sich an Steuerbord zur Seite!

    U 32 setzte sich mit Hchstfahrt ab, um den herankommenden Zerstrern zu entgehen. Denn diese suchten mit Scheinwerfern die See ab und feuerten auf Schatten, die sie fr feindliche U-Boote hielten.

    Die Schlepper kappten die Trossen, die sie noch immer mit dem Havaristen verbanden. Die noch an Bord des zum Untergang verurteilten Schiffes befindliche Restbesatzung ging in die Rettungsboote und setzte sich ab.

    Durch das Sehrohr beobachtete der U-Bootkommandant, wie sich das britische Schiff immer mehr zur Seite neigte. Zehn Minuten nach dem letzten Torpedotreffer verschwand es fr immer in der Tiefe des Atlantik.

    Durch einen Funkspruch wurde der BdU in Lorient darber informiert, was auf See geschehen war: Ein beachtlicher Erfolg fr Oberleutnant Jope, seine Besatzung und die Crew von U 32.

    Bei der I./KG 40 herrschte - wie das in einer hnlichen Situation auch im gegnerischen Lager der Fall gewesen wre - Freude, als die Nachricht von der endgltigen Versenkung der Empress of Britain" eintraf. Oberleutnant Jope und seine Besatzung waren die Helden des Tages! Der Kommandant der erfolgreichen Condor" erhielt schlielich das Ritterkreuz.*)

    Die Mnner von U 32 dagegen wurden vom Unglck verfolgt. Zwei Tage spter griffen sie im Atlantik den Nachzgler eines groen Schiffsverbandes an. Der britische Zerstrer Harvester" trat zum Gegenangriff an, warf Wasserbomben und vernichtete das U-Boot. Oberleutnant Jenisch und der grte Teil seiner Besatzung gerieten in Kriegsgefangenschaft.

    Der Kampf der viermotorigen Bomber der I./KG 40 ging weiter. Von nun an erfolgte bei ihnen Schlag auf Schlag.

    Fast gleichzeitig (27.10.1940) mit dem Geschehen bei der Empress of Britain" griff eine andere Condor" den Frachter Alfred Jones" (5013 tons) 277 km nordwestlich von Malainn an der Nordspitze Irlands an.

    *) am 30. 12.1940; 431. Eichenlaub am 24.3.1944

    25

  • Das Schiff fuhr in dem Geleitzug mit der taktischen Bezeichnung OB 234. Die Buchstaben OB bedeuteten, da dieser Konvoi von Liverpool, Grobritannien, ber den Atlantik nach Halifax, Neuschottland, Kanada, unterwegs war.

    Ein Bombentreffer beschdigte die Alfred Jones" schwer, aber sie sank nicht. Begleitschiffe eilten zur Hilfe herbei. Sie kreisten den angeschlagenen Frachter ein. Die FW 200 drehte ab und trat den Rckflug an.

    Am selben Tag schlug die Besatzung einer dritten FW 200 an einer ganz anderen Stelle gegen die britische Schiffahrt zu. Und zwar im Golf von Biskaya, etwa 833 km westlich von ihrem Heimatflughafen Bordeaux-Mrignac. Mit ihren Bomben beschdigten sie das alleinfahrende Frachtschiff Newlands" (1556 tons).

    Zwei Tage nach der Versenkung der Empress of Britain" kam es nochmals zu einer Zusammenarbeit zwischen einem Grauen Wolf"*) und einer Condor".

    Der britische Konvoi SLS 51 stand an diesem Tag etwa 160 Seemeilen**) westlich der Donegalbucht. SLS bedeutete: Der Geleitzug war von Westafrika nach Grobritannien unterwegs.

    Auf der gerade genannten Position scherte der griechische Dampfer Victoria" (4202 tons) pltzlich aus dem Verband aus. Das war ein groer Fehler!

    Aber der Kapitn wute nicht, da ausgerechnet auf dieser Position ein deutsches U-Boot auf der Lauer lag. Es feuerte einen Torpedo auf den Griechen" ab.

    Dumpf grollte die Detonation! Eine Treffersule stieg an dem Dampfer hoch und brach wieder in sich zusammen. Unter der Wucht der Explosion verstummten Maschinen. Das Schiff glitt aus und lag schlielich still.

    Das deutsche U-Boot meldete den Vorfall per Funk an die BdU-Zentrale in Lorient. Von dort aus wurde sofort der Condor"-Sttzpunkt in Bordeaux-Merignac alarmiert!

    Eine Viermot des KG 40 rollte kurz darauf ber die Betonpiste, hob ab und ging auf Nordwestkurs. Die Besatzung entdeckte schlielich den beschdigten und still liegenden Griechen". Sie warf Bomben und versenkte ihn. Die Besatzung war bereits vorher in die Rettungsboote gegangen.

    Ein weiterer Erfolg der FW 200 einen Tag spter: Die Starstone" (5702 tons) wurde mit Bomben angegriffen, beschdigt, aber nicht versenkt!

    3. November 1940. Bombardierung und Versenkung des Dampfers Windsor Castle" (19 141 tons)!

    6. November 1940.11.45 Uhr morgens. Der britische Dampfer Nalon" (7222 tons) stand 220 sm westlich von Irland. Er gehrte zu einem Konvoi, der von Westafrika nach Grobritannien unterwegs war. In den Laderumen befand sich unter anderem ein damals sehr wichtiger Rohstoff fr England: Kupfer!

    Eine FW-200-Besatzung griff an, warf Bomben und versenkte das Schiff!

    7. November 1940, 11.20 Uhr. Das britische Schiff Melrose Abbey" wurde von einer Condor" bom

    bardiert und beschdigt, aber nicht versenkt.

    *) Bezeichnung fr deutsche U-Boote **) 1 Seemeile (sm) = 1852 m

    26

    http:1940.11.45

  • Am gleichen Tag geschah noch folgendes: Eine FW 200 griff den britischen Dampfer Empire Dorado" (5595 tons) mit Bomben und Bordwaffen an. Das Schiff wurde schwer beschdigt, konnte aber weiterlaufen.

    An diesem Novembertag (7.11.1940) griff noch eine andere FW 200 das im Atlantik stehende britische Schiff Cornish City (500 tons) an und beschdigte es. Keine Versenkung.

    9. November 1940. Bombenangriff auf die Empress of Japan" (26 032 tons) 175 sm westlich der Galwaybucht von Westirland. Das Schiff wurde zwar beschdigt, aber nicht versenkt.

    11. November 1940. Der Trawler Iwate" wurde 35 sm sdwestlich von Cean Saile an der Sdostkste Irlands zum drittenmal von einer FW 200 angegriffen und beschdigt.

    An diesem Tag bewiesen die Condor"-Flieger wieder einmal, da sie sich inzwischen auf Einzelfahrer, Nachzgler und Versprengte aus Konvois spezialisiert hatten. Sie griffen 275 sm westlich von Cathair Saidhbhin an der Sdwestkste Irlands den vom Konvoi HG 46 stammenden Frachter Balmore" (1925 tons) an und versenkten ihn. Der Geleitzug war von Gibraltar nach Grobritannien unterwegs.

    Am 12. November 1940 um 10.28 Uhr erfolgte ein Condor"-Angriff auf den griechischen Dampfer Lily" (5719 tons). Er wurde beschdigt, konnte aber weiterfahren und erreichte etwa zwei Tage spter den Firth of Clyde an der Westkste Englands.

    Die Aktivitt des KG 40 und die Zahl der Angriffe konnten noch durch folgende Manahmen erhht werden: Die Maschinen starteten in Bordeaux-Mrignac, absolvierten ihren Feindflug und landeten danach auf einem Flugplatz bei Stavanger in Norwegen. Dort wurden sie aufgetankt und gewartet. Ein oder zwei Tage spter starteten die Besatzungen von dort, griffen - falls mglich - Ziele an und landeten wieder in Bordeaux-Mrignac. Dieses Verfahren konnte, wenn erforderlich, beliebig oft wiederholt werden.

    13. November 1940. 250 sm westlich von Irland stampfte der Dampfer Empire Wind" (7459 tons) durch die aufgewhlte See. Es war ein Nachzgler des Konvois OB 240, der von Liverpool nach Halifax an der Ostkste Kanadas unterwegs war.

    Eine Condor"-Besatzung griff den Einzelgnger mit Bomben und Bordwaffen an und besiegelte sein Schicksal.

    Einen Tag spter griff eine Besatzung des KG 40 das Motorschiff ,.Fishpool" (4950 tons) nordwestlich von Irland an. Es war ein Nachzgler des Konvois OB 242. Er wurde durch den Luftangriff beschdigt, konnte aber weiterfahren.

    Dann kam der 15. November 1940, ein ganz besonderer Tag in der Geschichte des KG 40, der alliierten Schiffahrt, aber auch fr die oberste militrische Fhrung in London.

    Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die,Kuriere des Todes"*) nur einzelne Schiffe, Nachzgler und Versprengte aus Konvois angegriffen.

    Jetzt aber nahmen sie sich zum erstenmal einen ganzen Geleitzug vor.

    Dreiundzwanzig alliierte Schiffe in acht Marschkolonnen nordwestlich von Irland! Das war der Konvoi LS 53, der von Sierra Leone in

    *) brit. Bezeichnung fr die FW 200

    27

  • Westafrika nach Grobritannien unterwegs war. Geschwindigkeit: acht Knoten.*)

    An der Spitze der fnften Marschkolonne lief das Motorschiff Apapa" (9333 tons). Es war zugleich auch das Fhrungsschiff von Commodore Elder Dempster, der den Konvoi befehligte. Kapitn der Apapa" war Captain Vaughan Davies.

    Ihm folgten die Mary Kingsley", dahinter der Dampfer Celtic Monarch" und zum Schlu das Rettungsschiff Boulderpool".

    Der Himmel ber dem Konvoi war mit einer zerlcherten Wolkenschicht bedeckt Das Brummen von Flugzeugmotoren war pltzlich auf den Schiffen zu hren. Die Besatzungen blickten nach oben. Aber dort war - auer den grauen Wolken - noch nichts zu sehen.

    Um 08.45 Uhr morgens strzte pltzlich eine FW 200 aus einem Wolkenloch. In etwa 200 Meter Hhe raste sie mit drhnenden Motoren auf den Bug der Apapa" zu.

    Kurz darauf feuerten leichte Fla-Geschtze und Maschinengewehre des am Rand des Konvois fahrenden Zerstrers Broke" auf den Angreifer. Er drehte sofort bei und lief auf das Fhrungsschiff zu. Dabei ratterten seine Waffen. Geschoketten zwischten durch die Luft, aber sie verfehlten die Condor".

    Ausweichkurse fahren!" rief Commodore Dempster auf der Brcke der Apapa".

    Captain Davies stie den Rudergnger zur Seite und stellte sich selbst hinter das groe Steuerrad. Es blieb ihm jedoch keine Zeit mehr zur Steuerung von Zick-zack-Kursen. Etwa 240 Meter vor der Apapa" drckte der Bombenschtze in der Condor" nmlich bereits auf die Auslsung.

    Aus den Racks**) unter den Tragflchen lsten sich die Bomben in Abstnden von wenigen Sekunden, whrend die FW 200 lngsseits ber die Schiffe der fnften Konvoi-Kolonne hinwegraste. Die Znder der Bomben waren auf eine Verzgerung von fnf bis acht Sekunden eingestellt.

    Die erste Bombe krachte in die Apapa", detonierte, beschdigte das Schiff schwer und setzte es in Brand. Es bekam Schlagseite, blieb liegen und begann zu sinken. Die FW 200 umkreiste im Feuer der Zerstrerwaffen den Havaristen in weitem Abstand und ging dann auf Rckflug.

    Auf der Apapa" heulten die Alarmsirenen. Passagiere und Besatzungsmitglieder gingen in die Boote, die zu Wasser gelassen und vom sinkenden Schiff weggerudert wurden.

    Die Mary Kingsley" und das Rettungsschiff Boulderpool" eilten herbei und nahmen Schiffbrchige an Bord. Dann beteiligten sich auch noch die New Colombia" und der Zerstrer Broke" an dem Rettungswerk. Der gesamte brige Konvoi marschierte weiter.

    Als letzter verlie Captain Davies die sinkende Apapa", ging an Bord der Mary Kingsley" und blickte zu seinem Schiff hinber. Sechs Minuten spter brach es auseinander. Der Bug stieg immer mehr in die Hhe. Dann rauschte das Wrack in die Tiefe. . .

    Der Kampf der Condor"- Maschinen ging weiter. Am 18. November 1940 griff eine FW 200" den Dampfer Nestlea" (4274

    *) 1 Knoten (kn) = 1 Seemeile pro Stunde = 1,852 km/h **) Aufhngevorrichtungen fr Bomben

    28

  • tons) an und versenkte ihn. Es war ein Nachzgler aus dem Konvoi SLS 53*).

    Die Condor"-Besatzungen hatten im November 1940 18 Schiffe mit 66 438 BRT (Bruttoregistertonnen) versenkt. Viele weitere wurden beschdigt.

    Aufgrund dieser Versenkungserfolge machten sich fhrende militrische Persnlichkeiten in England wieder einmal Gedanken darber, wie die Konvois gegen Luftangriffe besser geschtzt werden knnten. Es fanden hierzu Konferenzen und Besprechungen statt. Dabei wurde auch darber diskutiert, wie man die Geiel des Atlantiks"**) wirkungsvoll bekmpfen, vernichten oder auf irgendeine andere Art endgltig ausschalten konnte.

    Schlielich glaubte man, eine Lsung des Problems gefunden zu haben . . .

    22. November 1940, abends. Die Royal Air Force***) trat zum ersten groen Schlag gegen das KG 40

    an! In schneller Folge starteten in der Abenddmmerung insgesamt

    32 Bomber von englischen Flugpltzen. Sie formierten sich zu einem aus Dreiergruppen bestehenden Verband und flogen auf Sdkurs ab.

    Von Norden nach Sden berquerten sie schlielich die Biskaya ohne weitere Zwischenflle, denn die deutsche Nachtjagd war damals erst im Aufbau.

    Danach drehten die Bomberbesatzungen auf einen Kurs von 90 Grad ein und berflogen die franzsische Kste. Kurz darauf lag das Ziel vor ihnen, das angegriffen und so weit wie eben mglich zerstrt werden solle: der Hauptsttzpunkt des KG 40 - der Flugplatz Bordeaux-Merignac!

    Die Bombenklappen der RAF-Flugzeuge sprangen auf. Am Boden zuckten Mndungsflmmchen von Maschinengewehren. Leuchtspurgeschoketten flitzten auf die Bomber zu. Die Geschosse von 2-cm- und 3,7-cm-Fla-Geschtzen flogen in schneller Reihenfolge zum nchtlichen Himmel hinauf.

    Der hellweie Lichtstrahl eines einzelnen Scheinwerfers geisterte dort herum und streifte hin und wieder einen Feindbomber.

    Die RAF-Besatzungen feuerten Leuchtkugeln ab. Zischend verbreiteten sie grelles Magnesiumlicht. In diesem diffusen Schein luden die Bombenschtzen der Royal Air Force ihre Sprenglasten ab. Donnernd, blitzend und krachend gingen sie auf dem Flugplatz des KG 40 hoch!

    Die RAF-Piloten drehten sodann nach Norden ab, gingen auf einen Kurs von 270 Grad und flogen auf den Golf von Biskaya hinaus. Dort kurvten sie an einem vorher festgelegten Wendepunkt nach Norden ein und flogen zur englischen Insel zurck.

    Was sie mit ihrer Bombardierung erreicht hatten, wuten sie nicht. Denn whrend des Angriffes hatten sie nicht genau beobachten knnen, was auf der Erde von ihren Bomben getroffen worden war.

    *) Das letzte S" bedeutete Slow" (= langsam); es handelte sich also um einen langsam fahrenden Geleitzug.

    **) So wurden die FW 200 in England auch genannt. ***) britische Luftwaffe

    29

  • War das KG 40 weitgehend ausgeschaltet oder nicht? Das war die entscheidende Frage bei den britischen Fhrungsstben.

    Tage vergingen. Der fr Grobritannien bestimmte oder von dort auslaufende Schiffsverkehr ging weiter.

    Die Grauen Wlfe" jagten hinter feindlichen Konvois und Einzelschiffen her. Dabei kam es zu vielen Versenkungserfolgen, die aber manchmal auch mit Verlusten bei der U-Boot-Waffe bezahlt werden muten.

    Von den Kurieren des Todes" war aber nichts mehr zu sehen und zu hren. Es sah ganz so aus, als htte der Angriff des Bomber Command*) vollen Erfolg gehabt

    Aber das war ein I r r tum. . .

    3. Dezember 1940, 11.10 Uhr. 200 sm westlich von Irland marschierte ein Konvoi in Richtung Grobritannien. Er bestand aus 18 Handelsschiffen mit wertvoller Ladung an Bord. Darunter die W. Hendrik" (4360 tons). Begleitschutz: Zwei Zerstrer und ein Patrouillenboot.

    Pltzlich tauchte eine FW 200 am Horizont auf, die genau auf den Konvoi zuflog. Sie umrundete die Marschkolonnen und setzte denn zum Angriff an. Die Bomben lsten sich aus den Racks unter den Tragflchen, knallten in die W. Hendrik", detonierten und beschdigten das Schiff so schwer, da es kurz darauf sank.

    Das KG 40 existierte also noch! Denn an diesem Tag versenkte eine andere FW 200-Besatzung den Einzelfahrer Quebec City" (4745 tons). Auerdem erfolgten weitere Angriffe und Versenkungen von alliierten Schiffen Anfang Dezember 1940.

    Das Bomber Command der Royal Air Force schlug wieder zurck. Am Abend des 8. Dezember 1940 starteten 48 Bomber und gingen auf

    Kurs nach Bordeaux-Merignac. Vorausfliegende Beleuchter warfen ber dem Ziel an kleinen Fall

    schirmen hngende Leuchtkugeln ab. Die Bombenschtzen lsten kurz darauf ihre Bomben aus.

    Vom Boden zngelten nur ein paar Leuchtspurgeschoketten hoch. Granaten von leichter Flak**) flitzten zum in grelles, weies Licht getauchten Himmel hinauf. Aber das war schon alles, was die deutsche Flugplatzabwehr von sich gab. Denn zwei Tage vorher war der grte Teil der Flak abgezogen und zum Hafen von Bordeaux gebracht worden. Die wenigen noch am Flugplatz stehenden leichten und mittleren Geschtze hatten auerdem noch innerhalb kurzer Zeit keine Munition mehr.

    Die Bomber konnten deshalb fast ungestrt angreifen. Sie trafen Flugzeughallen und zerstrten zwei FW 200. Der Platz und sonstige Einrichtungen wurden mehr oder weniger schwer beschdigt.

    Dadurch trat abermals eine kurzfristige Beeintrchtigung der Feindflugttigkeit ein. Sie dauerte aber nicht lange, dann waren die FW 200 wieder am Feind. Sie griffen an, versenkten und beschdigten feindlichen Schiffsraum.

    *) Bomberkommando, Spezialabteilung der Royal Air Force. **) Flugabwehrkanonen

    30

  • Daher griff das britische Bomber Command in der Nacht zum 27. Dezember 1940 den Flugplatz Bordeaux-Mrignac zum drittenmal an. Die Nacht war dunkel, die Sicht schlecht. Auch die abgeworfenen Leuchtkugeln und -bomben konnten diesen Zustand nicht wesentlich abndern. Die Bombenschtzen warfen ungenau. Kaum eine Bombe traf das eigentliche Ziel.

    Kurz darauf aber trat das KG 40 wieder zum Angriff an. Zwei Tage spter bombte und versenkte eine Condor"-Besatzung den Dampfer Trevarrack" (5270 tons) aus dem Konvoi SLS 58. Die genannten Erfolge wurden diesmal von nur zwlf FW 200 erzielt. Sie waren aber niemals alle auf einmal auf Feindflug im Atlantikraum. Sie traten nur jeweils zwei und drei - meistens dann in verschiedenen Seerumen - zum Angriff an. Alle brigen standen in den Hallen und Werften und wurden fr erneute Einstze gewartet und vorbereitet.

    Das KG 40 war zu diesem Zeitpunkt stndig ein Hauptthema vieler Besprechungen und Diskussionen bei der obersten britischen Kriegsfhrung.

    Es stand aber auch im Mittelpunkt einer Kontroverse, die auf deutscher Seite zwischen dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsmarschall Hermann Gring, und dem Befehlshaber der U-Boote (BdU), Admiral Karl Dnitz, entstanden war.

    24. Dezember 1940, vormittags. Befehlszentrale des BdU in einer Villa im Ort Kernevel in der Nhe

    des deutschen U-Boot-Sttzpunktes Lorient an der Westkste Frankreichs. Kalter Wind brauste um das wei gestrichene Sardinenschlchen".*)

    Krisensitzung im Lagezimmer, durch dessen breite Fenster die Einfahrt zum Hafen von Lorient zu sehen war.

    An der breiten Rckwand des groen Raumes hingen Seekarten. An ihren oberen Rndern waren Soffitten angebracht, deren helles Licht sich ber die Quadratkarten ergo.

    Vor ihnen stand ein groer hagerer Mann - Admiral Dnitz. Um ihn herum hatten sich die Astos (Admiralstabsoffiziere) gruppiert, die engsten Mitarbeiter des BdU.

    Meine Herren", begann der Admiral die Besprechung, seit fnf Monaten haben wir die franzsischen Sttzpunkte besetzt. Aber die U-Boote werden immer noch nicht durch Luftaufklrung untersttzt. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, da wir im Frieden in der Nord- und Ostsee erfolgreich mit der Luftwaffe zusammengearbeitet haben. Es gab damals noch keine Flugzeuge fr Atlantikreichweiten. Die vorhandenen Typen hatten nicht die erforderliche Eindringtiefe. Die Seekriegsleitung hat mich dann sofort nach der Besetzung Frankreichs Anfang Juni 1940 angefordert, Vorschlge ber die Zusammenarbeit zwischen BdU und Luftwaffe einzureichen. Das habe ich getan. Aber wie ging das Ganze weiter?"

    Der Groe Lwe"**) legte eine Pause ein und bltterte in schriftlichen Unterlagen, die ihm whrend des Vortrages von einem Asto berreicht

    *) Besitzer war ein franzsischer Produzent von sardinenkonserven. Daher der Spitzname.

    **) Spitzname fr Dnitz.

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  • worden waren. Er sah sie kurz ein und fuhr dann fort: Die Luftwaffe hat uns im Sommer und Herbst nur hin und wieder vier Maschinen zur Verfgung gestellt Man hat mich immer wieder mit dem Versprechen hingehalten und vertrstet, da diese oder jene Gruppe mit diesen oder jenen Typen demnchst Aufklrung fr mich fliegen wrde. Und was ist daraus geworden? Nichts."

    Dnitz schwieg wieder und sah in die Runde. Nur das KG 40 untersttzt uns", sprach er dann weiter. Aber das

    geschieht nicht durch Befehl. Nur aufgrund persnlicher Kontakte fliegt eine FW 200 tglich Aufklrung fr uns. Ein einziges Langstreckenflugzeug fr die gesamte U-Boot-Waffe! Sie geben an ,technische Mngel', ,keine Krfte'. Ich wei nicht, was die mit ihren Flugzeugen machen!"

    Admiral Dnitz hatte recht. Im Sommer 1940 begann die Schlacht auf dem Atlantik. Sie fand auf einem der grten Kriegsschaupltze des Zweiten Weltkrieges statt. Auf einem riesigen Schachbrett von 82,2 Millionen Quadratkilometern, mit einer Lnge von 16 500 km - mit Nordpolarmeer sogar 21 000 km - und einer Breite von etwa 5500 km spielte sich die lngste und erbittertste militrische Auseinandersetzung ab. In der frchterlichen Klte der Polar- und Eismeerregion; in der entsetzlichen Hitze im Groraum quator, vor West- und Sdafrika; vor den Ostksten Kanadas, Neufundlands, der USA und der sdamerikanischen Staaten.

    In diesen gewaltigen Rumen liefen Schiffe und Konvois, die Gter aller Arten nach Grobritannien brachten und von dort wieder zurckliefen. Auf diese Zufuhren war Grobritannien dringend angewiesen. Das Leben auf der englischen Insel, die Ernhrung der dortigen Millionen von Menschen, die Produktion der Industrie und ganz speziell die Kriegsfhrung Englands gegen das damalige Deutsche Reich hingen voll und ganz davon ab. War die deutsche Kriegsmarine in der Lage, diese Zufuhren zu lhmen oder sogar vllig abzuschneiden, dann wre England sozusagen ausgehungert worden und htte keinen Krieg mehr gegen Deutschland fhren knnen. Das Land htte kapitulieren mssen!

    Und genau das war damals Hitlers politisches Ziel, das er mit militrischen Mitteln und Aktionen erreichen wollte. Grobritannien sollte auf diese Art und Weise zu Fall gebracht und zum Abschlu eines Friedensvertrages mit dem Deutschen Reich gezwungen werden.

    Das Abschneiden der Importe, die immer weitergehende Isolierung der englischen Insel von der Auenwelt besorgten - neben den FW 200 zu einem sehr groen Teil die deutschen U-Boote. Sie waren deshalb die grte Gefahr fr England. Ihnen konnte es tatschlich gelingen, den Nachschub fr England vllig zum Erliegen zu bringen. Denn sie erzielten im Atlantischen Ozean, aber auch in anderen Seerumen, ungewhnlich hohe Versenkungszahlen. Das waren zugleich riesige Verluste an Zufuhren und Nachschub, die England tatschlich an den Rand des Unterganges brachten.

    Zum besseren, genaueren und wirkungsvolleren Ansatz und Einsatz der U-Boote verlangte die Fhrung der Kriegsmarine bei Beginn der Atlantikschlacht die Untersttzung der U-Boote durch Luftaufklrung, Die Luftwaffenfhrung lehnte das aber generell vllig ab.

    Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe vertrat stur und starr die Behauptung: Alles, was fliegt, gehrt mir!" Und nicht der Marine!

    Monatelang wurde dieses Problem unter den Teppich gekehrt. Es

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  • geschah so gut wie nichts. Bis zu jenem 24. Dezember 1940, an dem die Krisensitzung in der Befehlszentrale des BdU stattfand.

    Am Abend dieses Tages diktierte Dnitz routinemig das Kriegstagebuch des BdU. Er fixierte darin nochmals seine Ideen von der Zusammenarbeit zwischen Flugzeugen und U-Booten. Wrtlich fhrte er unter anderem aus: Jede Waffe verfgt ber ihr eigenes Aufklrungsmittel, nur das U-Boot nicht. Die Luftwaffe kann uns durch weitreichende Aufklrung Klarheit verschaffen, wo der Gegner fhrt."

    Aufgrund dieser Ausfhrungen lie der Oberbefehlshaber der Marine, Groadmiral Erich Raeder, Dnitz nach Berlin kommen. Er wute schlielich, da der BdU recht hatte.

    Am 2. Januar 1941 fand die Besprechung zwischen Dnitz und Raeder statt. Dnitz wies dabei wieder eindringlich darauf hin, da der U-Boot-Fhrung unbedingt weitreichende Flugzeuge fr die Luftaufklrung zur Verfgung gestellt werden mten.

    Raeder schickte den Groen Lwen" sofort zum Chef des Wehrmachtfhrungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht, General Alfred Jodl. Dieser war Hitlers engster militrischer Berater und Mitarbeiter.

    Admiral Dnitz schilderte auch ihm die Situation bei der U-Boot-Waffe und forderte den tglichen Einsatz von zwlf Flugzeugen mit grter Reichweite. Das waren die FW 200 des KG 40, die bereits in Bordeaux-Mrignac stationiert waren.

    Die eindringlichen Ausfhrungen des BdU berzeugten auch Jodl. Er setzte sich deshalb fr diese spezielle Forderung der U-Boot-Fhrung bei Hitler, dem obersten Befehlshaber aller Wehrmachtteile, ein.

    Auch er erkannte, da die U-Boot-Fhrung unbedingt Augen" in der Luft ber dem Atlantik haben mute. Er befahl deshalb am 7. Januar 1941: Das KG 40 mit zwlf Maschinen vom Typ FW 200 Condor" wird dem Befehlshaber der U-Boote unterstellt!

    Kommandeur der Viermot-Gruppe wurde schlielich der erfahrene und bewhrte Bombenflieger Oberstleutnant Martin Harlinghausen. Er war allerdings kein Pilot, sondern Beobachter. Seine Bezeichnung ab 15. Mrz 1941: Fliegerfhrer Atlantik. Seine Befehlszentrale befand sich im Chateau Branderion, etwa 20 km vom U-Boot-Sttzpunkt Lorient entfernt.

    Admiral Dnitz schrieb damals ber diese Geschehnisse in sein Kriegstagebuch: Die Kriegsfhrung der U-Boote ist mit diesem Befehl einen sehr entscheidenden Schritt vorwrtsgekommen. Es ist zwar der erste Schritt in dieser Richtung. Seine sichtbaren Auswirkungen werden wegen der zur Zeit geringen Anzahl von Flugzeugen und zahlreichen technischen Einzelfragen, die noch gelst werden mssen, nicht sehr gro sein. Ich verspreche mir jedoch von der grundstzlich eingeschlagenen Richtung den hchsten Erfolg."

    Dnitz behielt recht. Anfangs klappte die Zusammenarbeit zwischen dem KG 40 und den U-Booten nicht richtig. Es gab zum Beispiel Schwierigkeiten beim Funkverkehr zwischen den Viermotorigen, der Befehlszentrale des BdU in Kernevel - auch Leitzentrale" genannt - und den auf See befindlichen U-Booten. Aber auch aus noch anderen Grnden.

    Etwa zehn Tage nach der Unterstellung des KG 40 unter den Befehl des BdU setzte dieser die FW 200 zur Luftaufklrung ber dem Atlantik und damit auch zur Zusammenarbeit mit seinen U-Booten ein. Erfolg: Null!

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  • Weitere zehn Tage spter, am 27. Januar 1941, erfolgte der zweite Versuch.

    Er wurde wieder ein Fehlschlag! Neben dieser Ttigkeit fr die U-Boot-Waffe gingen die Condor"-Be

    satzungen weiterhin noch auf Jagd nach Feindschiffen. Dabei war das Kriegsglck immer noch auf ihrer Seite. Im Januar 1941 versenkten sie 20 Schiffe mit 78517 Bruttoregistertonnen. Daraus ergab sich folgende Gesamtbilanz: Vom 1. August 1940 bis Ende Januar 1941 hatten die FW-200-Besatzungen 53 Schiffe mit ber 210 000 BRT versenkt. Bis etwa Mitte Februar 1941 schnellte die Versenkungsziffer auf 85 Schiffe mit insgesamt 363 000 BRT hoch. 125 weitere Schiffe wurden angegriffen und zum Teil schwer beschdigt. Viele von ihnen muten wochenlang repariert werden und fielen deshalb fr den Nachschubtransport aus.

    Eine andere Quelle gibt die Erfolgszahlen fr das KG 40 im Januar und Februar 1941 so an: Versenkt insgesamt 147 690 BRT, beschdigt 82 300 BRT-Schiffsraum.

    Dann aber kam es zu einem einmaligen Ereignis. In seinem Mittelpunkt standen ein alliierter Geleitzug, Besatzungen des KG 40, ein U-Boot und ein Kreuzer.

    8. Februar 1941, abends. Schatten am Horizont! An Steuerbord voraus! Kommandant auf die

    Brcke!" rief ein Ausguck auf U 37. Das Boot lag etwa 400 sm sdwestlich von Lissabon an der britischen Hauptschiffsahrtsroute Gibraltar-England auf der Lauer.

    Dreiig Sekunden spter stand Kapitnleutnant Nikolai Clausen auf der Brcke und blickte durch das Glas in die Richtung, die der Brckenwchter angegeben hatte.

    Er orientierte sich. Dann gab er seine Befehle. Die Maschinentelegraphen schnarrten. Die Diesel gingen auf hhere Touren. Das Boot zitterte und bebte.

    Kursnderungsrufe von der Brcke zum Rudergnger im Turm! Das Boot drehte hart bei und ging auf einen Kurs von 80 Grad, also nach Nordost.

    Die Diesel hmmerten und stampften. Mit Hchstgeschwindigkeit lief U 37 auf die dunklen Schatten am Horizont zu.

    Der Kommandant, der I WO*) und alle brigen Brckenwchter starrten mit ihren lichtstarken Glsern nach Nordosten. Dort wuchsen whrend der hereinfallenden Dmmerung Rauchfahnen, Mastspitzen, Schornsteine und Schiffsaufbauten immer hher vor dem helleren Hintergrund heraus.

    Eine ganze Dampferherde, Herr Kaleu!" stie der I WO hervor, der neben dem Kommandanten stand.

    Bevor die Dunkelheit sich ber das Meer senkte, konnten die Mnner auf der Brcke von U 37 feststellen, da es sich um einen feindlichen Konvoi handelte. Er bestand aus 16 Dampfern, die in mehreren ungeordneten Marschkolonnen liefen. Um sie herum als Bewacher neun Eskortschiffe.

    Es war der Konvoi HG 53, der von Gibraltar nach England unterwegs

    *) I. Wachoffizier

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  • war. Kommodore dieses Geleitzuges war Captain Alex Holburn. Er stand auf der Brcke seines Befehlsschiffes Dagmar I" (2471 tons), das mit Apfelsinen beladen und mit Geschtzen und MG bestckt war.

    Sofort darauf setzte der Funkmaat von U 37 auf Befehl des Kommandanten ein verschlsseltes FT*) an die Leitstelle in Kernevel ab. Die Meldung von dem gesichteten Konvoi wurde sofort an den BdU weitergegeben. Dnitz berprfte die Situation anhand der im Lagezimmer befindlichen Seekarte. Auf ihr waren die Positionen aller auf See befindlichen U-Boote markiert. Der BdU stellte fest, da sich kein anderes Boot in der Nhe des Feindkonvois befand, den die Besatzung von U 37 gesichtet hatte. Damit war die U-Boot-Waffe allein nicht in der Lage, diese Ziele anzugreifen.

    Der BdU und sein Fhrungsteam fanden trotzdem eine Lsung. Denn sie stellten fest, da der feindliche Geleitzug im Aktionsbereich der Langstreckenbomber des KG 40 stand.

    Obwohl bis dahin die Zusammenarbeit zwischen U-Booten und dem KG 40 bekanntlich nicht richtig funktioniert hatte, entschlo sich Dnitz, dies noch einmal zu versuchen.

    Der BdU lie deshalb sofort folgenden Befehls an den Kommandanten von U 37 per Tastfunkspruch durchgeben: U 37 angreifen! Fr eigene Luftangriffe Fhlung halten! Fr die Heranfhrung der Flugzeuge Peilzeichen auf Langwelle senden!**)

    Der Befehl wurde von der Funkstelle des BdU in Kernevel sofort an U 37 abgesetzt.

    Mit erhhter Fahrtstufe rauschte das Boot auf die Dampferansammlung zu. Die Nacht senkte sich ber den Atlantik. Aber durch Horchpeilung mit dem GHG***) und auch durch Sichtverbindung hielt U 37 Kontakt mit dem Konvoi, dessen Fhrung und Besatzungen noch nicht ahnten, welche Gefahr auf sie zukam.

    Das Boot marschierte auf einem ganz bestimmten Kurs und mit einer ausgerechneten Geschwindigkeit, so da es am Morgen des 9. Februar 1941 in gnstiger Schuposition stehen mute.

    Die Entscheidungen des BdU waren zwischenzeitlich an den Kommandeur des KG 40 im Chateau Branderion weitergegeben und von dort die Condor"-Besazungen in Bordeaux-Mrignac alarmiert worden.

    In den Hallen, in denen die viermotorigen Riesenvgel standen, wimmelte es von Mnnern des Bodenpersonals. Fnf FW 200 wurden fr den langen Feindflug vorbereitet, Bomben in die Racks unter den Tragflchen und Motorengondeln eingehngt. Waffen-, Funk- und Motorenwarte waren bei der Arbeit. Die Rumpf- und Flchentanks wurden schlielich mit Treibstoff gefllt.

    Die Besatzungen kamen zur Flugbesprechung zusammen. Darunter die Piloten Hauptmann Fritz Fliegel, die Oberleutnante Adam, Buchholz, Jope und Schlosser. Und mit ihnen ihre Beobachter, Bordfunker, Bordmechaniker und Bordschtzen. Alle waren bewhrt und kampferprobt in der Langstreckenfliegerei und der Bekmpfung von Schiffszielen.

    *) Funktelegramm, Funkspruch **) Langwelle = Long Frequency. Frequenzbereich 3000-1000 m; 100-300 kHz

    ***) Gruppenhorchgert

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  • Wieder einmal wurden sie mit dem vertraut gemacht, was drauen auf dem Atlantik zwischen den Azoren und der Westkste Portugals im Gange war. Einzelheiten des Angriffs wurden festgelegt.

    Noch einmal war das Ziel ein grerer Konvoi, der diesmal aber nicht von einer einzelnen FW 200, sondern von mehreren gleichzeitig angegriffen werden sollte. Ein Novum beim KG 40!

    Die Besatzungsmitglieder machten sich Notizen und die Navigatoren rechneten aufgrund der voraussichtlichen Windverhltnisse die Anflugkurse aus. Die Bordfunker erhielten Geheimunterlagen fr den Funkverkehr und auerdem nhere Informationen ber das Anfliegen der schwimmenden Funkbaken". Das waren die Funksignale von U-Boot-Sendern, die mit Hilfe der an Bord der FW 200 befindlichen Peilgerte angeflogen werden konnten.

    Um 05.00 Uhr trillerte die Pfeife des UvD.*) Nach dem Frhstck im groen Speisesaal stiegen die Besatzungen 45 Minuten spter in die vor den Hallen stehenden, von den Warten flug- und einsatzklar gemeldeten Viermotorigen und nahmen ihre Funktionspltze ein.

    Die Motoren sprangen an. Dicht hintereinander rollten die fnf FW 200 zum Start.

    Um 06.00 Uhr am 29. Februar 1941 brllten die Motoren der ganz vorn am Startpunkt stehenden Condor" auf. Die mit Bomben, Treibstoff und Munition berladene Maschine klebte" lange auf der Betonpiste. Der Lrm der vier Motoren schwoll an. Dann aber steigerte sich ihre Geschwindigkeit. Wenige Meter vor der Flugplatzgrenze hatte sie jene Startgeschwindigkeit, mit der der Pilot abheben konnte und stieg, immer noch schwerfllig, in den grauen Dunst des Februarmorgens hoch.

    In Abstnden von zwei Minuten starteten die brigen vier FW 200. ber dem Platz formierten sie sich und flogen auf Sdwestkurs ab. An

    der Spitze Hauptmann Fritz Fliegel, Kapitn der 2. Staffel des KG 40. Bei diesem Feindflug war er auch Fhrer des Sonderkommandos, das den feindlichen Konvoi HG 53 mit Funkpeilhilfe von U37 angreifen sollte.

    Wrde die Zusammenarbeit diesmal erfolgreich sein oder wieder scheitern? Das war die entscheidende Frage an diesem Februarmorgen, als die Condor"-Besatzungen auf das noch sehr weit entfernte Seeziel zuflogen.

    Nur etwas war zu diesem Zeitpunkt sicher: U 37 hatte sich inzwischen an den feindlichen Geleitzug herangeschoben.

    Mit hoher Fahrt stie das U-Boot weiter vor. Die Brckenwchter starrten durch die Glser zu den dunklen Schatten hinber, die in dem Licht des heraufkommenden neuen Tages immer deutlicher zu sehen waren.

    Glck fr uns! Pech fr die!" kam es aus dem schmalen Mund des Kommandanten, der immer noch auf der Brcke stand.

    Wie soll ich das verstehen, Herr Kaleu?" fragte er I WO. Keine Ordnung in dem ganzen Haufen. Lang auseinandergezogen.

    Die Wachhunde laufen ganz weit vorn und auf der uns abgewandten Seite. Fr mich unverstndlich. Aber das ist deren Bier. Vor uns stehen zwei dicke Brocken. Und genau die nehmen wir uns vor. Klar?" *) Unteroffizier vom Dienst

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  • Jawohl, Herr Kaleu!" stimmte der hagere Mann neben dem Kommandanten zu.

    Wir schleichen uns aber erst noch nher an sie heran", schlo der Kommandant seine Anweisungen ab.

    Das Stampfen der Diesel wurde leiser. U 37 ging mit der Fahrt zurck. Langsam lief es auf die beiden Frachter zu. Es waren die Courland" und Estrellano"; je etwa 1500 BRT gro.

    Kurz darauf tnte es aus den Bordlautsprechern von U 37: Auf Gefechtsstationen !"

    Die Torpedomixer im Bugraum drehten die Mndungsklappen der Ausstorohre auf. Gespannt standen oder saen alle Mnner auf ihren Stationen.

    Laufend wurden jetzt die Entfernungen durchgesagt. 1000 Meter Distanz noch zwischen U37 und den beiden Frachtern, die gemchlich dahinzogen, ohne den Kurs oder die Geschwindigkeit zu ndern. Wieder ein Zeichen dafr, da die Gefahr von den Besatzungen der Konvoischiffe und denen der Bewacher noch nicht erkannt worden war.

    Nur noch 800 Meter Abstand! Wenig spter 600 Meter! Rohr eins fertig!" rief der Kommandant. Rohr los!" Der Kommandant wartete den Treffer nicht ab! Er drehte das Boot

    sofort auf den nchsten Frachter ein, der etwas nher stand. Rohr zwo: los!" Der zweite Aal" zischte aus dem Ausstorohr und raste auf das Ziel

    zu. Die Mnner auf der Brcke blickten gespannt zu den beiden Feind

    schiffen hinber. Keiner sagte ein Wort. Sekunden verrannen. Dann knallte es pltzlich zweimal hintereinander dumpf. Wassersulen stiegen an beiden Zielen hoch und fielen wieder in sich zusammen.

    Die torpedierten Schiffe gingen mit der Fahrt herunter, lagen schlielich still und begannen zu sinken.

    Drei Zerstrer stoppten pltzlich, drehten bei und liefen mit Hchstgeschwindigkeit auf die Havaristen zu.

    Ich halte es fr besser, da wir jetzt Mcke machen, Herr Kaleu", schlug der I WO vor.

    Ganz meine Meinung", gab der Kommandant zurck. Dann rief er laut: ,Brcke rumen!"

    Die Brckenwchter sprangen ein. Als letzter verlie der Kommandant die Brcke und schlo das Turmluk.

    U 37 ging in den Keller" und setzte sich im Unterwassermarsch vom Feindkonvoi ab.

    Die feindlichen Zerstrer rauschten heran und warfen an der Stelle Wasserbomben, an der sie das deutsche U-Boot vermuteten. Dumpf drhnten die Detonationen. Brodelndes Wasser stieg aus der Tiefe empor und zauberte runde Schaumteppiche auf das Meer. Aber das U-Boot hatte sich bereits weit von der Versenkungsstelle abgesetzt, so da ihm die explodierenden Bomben keinen Schaden zufgten. Die Zerstrerbesatzungen waren auch weiterhin nicht in der Lage, es genau zu orten. Deshalb fielen die Wasserbomben weit von U 37 entfernt ins Wasser.

    Schlielich gaben sie die Jagd auf und kmmerten sich um die Besatzungen der torpedierten und gesunkenen Schiffe. Dann eilten sie hinter dem Konvoi her, der inzwischen weitergelaufen war.

    Weit von ihm entfernt, an der uersten Grenze des Sichtkontaktes,

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  • hielt U 37 auch weiterhin Fhlung mit dem HG 53 und meldete dessen Position an den BdU in Kernevel

    Durch ein FT von diesem war der Kommandant inzwischen darber verstndigt worden, welche Aufgaben er und seine Besatzung noch zu erledigen hatten. Bis auf Abruf durch den BdU muten sie stndig in der Nhe des Konvois bleiben. Sie wurden ferner verstndigt, da die Viermotorigen vom KG 40 zum Einsatz kommen wrden und U 37 dazu ,,Peilzeichen gem Kriegsbefehl 211 Abschnitt 1a ohne Funksignal auf 852 m" zu senden habe. Das bedeutete: Die U-Boot-Fhrer sollten auf Langwelle von einer bestimmten, durch den BdU festgelegten Zeit an sehr hufig das Morsezeichen V" (...-) auf Langwelle senden.

    Dieser Morsebuchstabe war unauffllig, und feindliche Funkhorchdienste konnten damit so gut wie nichts anfangen. Denn dieses Funksignal allein war kein Anhaltspunkt dafr, da sich dahinter etwas Besonderes verbarg. Es kam in dieser Hinsicht noch folgendes hinzu: Die Reichweite des Langwellensenders lag bei etwa 150 sm. Das bedeutete, da die Funker an den Peilgerten in den FW 200 die V"-Signale des U-Boot-Senders erst dann empfangen konnten, wenn sie bis auf etwa 150 sm an U 37 und damit auch an den feindlichen Konvoi herangekommen waren.

    Diese begrenzte Reichweite des Langwellensenders war aber auch eine Garantie dafr, da er von weiter entfernten feindlichen Funkaufklrungsstellen nicht empfangen und damit auch nicht abgehrt werden konnte.

    Befanden sich aber die FW 200 dann im Funktionsbereich des U-Boot-Senders, dann war ein stndiges Anpeilen der schwimmenden Funkbake mglich. Die Piloten brauchten dann nur noch die Kurse steuern, die ihnen von den Funkern aufgrund der Peilungen angegeben wurden.

    Die Besatzungen des KG 40 fanden den feindlichen Geleitzug! In weiten Kurven kreisten die viermotorigen Flugzeuge in der Nhe

    des Konvois. Die Besatzungen blickten auf das Meer hinab. Von U 37 war nichts zu sehen, von den feindlichen Schiffen dafr um so mehr. Obwohl ber dem Wasser eine leichte Dunstschicht schwebte, waren sie deutlich zu erkennen.

    Auf den Bewachern zuckten erste Mndungsfeuer auf. Flak-Granaten zerplatzten mit hellen Blitzen in der Luft und hinterlieen schwarze Rauchwlkchen. Doch die Kanoniere auf den Zerstrern und Korvetten Schossen ungenau.

    Whrenddessen gab Hauptmann Fliegel ber Bord-zu-Bord-Sprechfunkverkehr bekannt, welche Ziele die einzelnen Besatzungen anzugreifen hatten. Danach rckte er seine Condor" an und scho auf die Breitseite eines Transporters zu.

    Fnfzig Meter Hhe! Noch 1000 Meter Distanz zwischen der Condor" und dem Konvoischiff!

    Von allen Seiten feuerten Geschtze und Maschinengewehre der Konvoi- und Eskortschiffe auf die Maschine von Hauptmann Fliegel und die brigen FW 200, die ebenfalls zum Angriff auf den HG 53 angesetzt hatten.

    Geschoketten flitzten durch den grauen Himmel. Granaten detonierten! Die Hlle war los.

    Die Condor"-Besatzungen feuerten zurck. Die 2-cm-Bordkanonen in den Bodenwannen ratterten. Geschosse zngelten auf die feindlichen Schiffe zu. Die Bordschtzen standen hinten an den ffnungen in den

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  • Rumpfwnden und feuerten nach beiden Seiten mit ihren Maschinengewehren. Die Schtzen unter den Kuppeln in den drehbaren Waffenstnden auf den Rcken der Condor" griffen ebenfalls in das Gefecht ein, wenn sich eine Mglichkeit zum Schieen bot.

    In Hauptmann Fliegels FW lag der Navigator auf der letzten Strecke des Anfluges am Bombenzielgert. Nur noch 400 Meter Abstand zwischen der tieffliegenden Condor" und dem Konvoischiff!

    Sekunden spter: Auslsung der ersten 500 kg-Bombe! Die MG und die Heckkanone des Transporters feuerten auf die FW 200,

    die in Masthhe ber das Schiff hinwegdonnerte. Sekunden spter drckte der Pilot den schweren Bomber an. In nur zehn Meter Hhe raste er ber die Wasseroberflche und kam so aus dem Schubereich der Schiffswaffen heraus.

    Die Bombe knallte auf das Oberdeck, durchschlug es und detonierte. Das Abwehrfeuer des Konvois steigerte sich. Die Bewacher kurvten

    hin und her, versuchten in den Bereich der Schiffshecks zu kommen, um schon dort die Angreifer abzufangen. Ein Vorhaben, das bei dem Chaos, das bei den Konvoischiffen jetzt herrschte, nicht gelang. Die Dampfer zackten und fuhren kreuz und quer durcheinander.

    MG-Geschosse flitzten auch auf die im Tiefflug angreifende Condor" zu, in der Oberleutnant Adam hinter der Steuersule sa.

    Mehrere Treffer in einem Flchentank! Benzin strmte aus! Die Maschine schwankte hin und her.

    Bomben raus! Bomben raus!" rief der Pilot, der die Condor" mit Mhe und unter groer krperlicher Anstrengung wieder in den Griff bekam.

    Ein Ruck ging durch die angeschlagene FW 200, als sich alle schweren Bomben auf einmal im Notwurf aus den Halterungen lsten und ins Wasser fielen.

    Im Kreuzfeuer mehrerer Maschinengewehre steuerte Oberleutnant Adam nach links und drckte die Viermot noch dichter an die See heran. So kam er aus dem Wirkungsbereich der Schiffswaffen heraus.

    Die Mnner in der beschdigten FW 200 atmeten auf, als zwischen ihnen und dem Geleitzug ein paar Kilometer Abstand lagen und niemand mehr auf sie scho.

    Oberleutnant Adam und der Bordmechaniker berprften schnell die Situation und stellten Berechnungen an. Der beschdigte Tank wurde von dem brigen Treibstoffversorgungssystem abgetrennt. Dann nahmen alle an Bord erleichtert zur Kenntnis, da die noch vorhandenen Benzinvorrte fr den Rckflug ausreichten. Adam drehte deshalb sofort bei, ging auf Heimatkurs und flog nach Bordeaux-Mrignac zurck.

    Die brigen FW 200 griffen - obwohl einige von ihnen leicht beschdigt waren - weiter an. Hauptmann Fliegel und Oberleutnant Schlosser erzielten zwei Bombentreffer, Oberleutnant Bernhard Jope einen. Oberleutnant Buchholz beschdigte einen Frachter schwer.

    Unter den immer wieder um den Konvoi kreisenden und angreifenden FW 200 legten sich die ersten getroffenen Schiffe auf die Seite und begannen zu sinken. Rettungsboote wurden zu Wasser gelassen. Besatzungsmitglieder sprangen von den sinkenden Schiffen ab, trieben an ihren Schwimmwesten im Wasser und wurden von Bewachern aufgefischt.

    Und noch einmal drhnten die Viermotorigen ber die Dampfer hin

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  • weg. Bordwaffen ratterten. Geschoketten zischten auf die Schiffe zu. Wieder fielen Bomben - und trafen.

    Danach drckten die deutschen Piloten ihre Maschinen herunter und setzten sich im Tiefflug ab. Als sie aus dem Aktionsbereich der Abwehrwaffen heraus waren, traten sie den Rckflug an.

    Sie hinterlieen ein Inferno. In den mit Eisen beladenen Dampfer Jura" (1759 tons) waren zwei Bomben eingeschlagen und detoniert. Eine am Heck auf der Steuerbordseite; die zweite an der Brcke. Der Kapitn wurde verwundet. Das Schiff sackte sofort ber das Heck ab.

    Siebzehn Mann besetzten an der Steuerbordseite ein Rettungsboot, in dem sich auch der verwundete Kapitn befand. Das Boot wurde heruntergelassen. Als es die Wasseroberflche berhrte, sank das schwer beladene Schiff in Sekundenschnelle und ri auch das Rettungsboot samt Insassen mit in die Tiefe, weil dieses noch mit der Jura" verbunden war.

    Die Condor"-Besatzungen hatten drei Bomben auf die Dagmar I" geworfen, auf der der Konvoi-Kommodore fuhr. Eine davon schlug in den Kesselraum ein, richtete schwere Verwstungen an und ttete fnf Mann. Da das Schiff nicht mehr seetchtig war, ging die Besatzung von Bord und gab es auf.

    Die FW 200 hatten insgesamt fnf Schiffe mit einer Gesamttonnage von 9200 BRT versenkt. Darunter die Britannic" (2490 BRT), versenkt durch Bomben und Bordwaffenbeschu von der Besatzung Oberleutnant Schlosser.

    Das immer noch am Konvoi stehende U-Boot U 37 torpedierte und versenkte auerdem noch den Dampfer Brandenburg" (1473 tons).

    Auf Befehl des BdU blieb U 37 noch weiterhin in der Nhe des Konvois HG 53. Der Kommandant informierte den BdU in Kernevel stndig ber die weiteren Positionen des Geleitzuges. Die U-Boot-Funker sendeten Peilzeichen, die diesmal von dem Kreuzer Admiral Hipper" angepeilt wurden. Dadurch wurde diese schwere schwimmende Einheit an den Konvoi herangelotst. Hipper" versenkte dort einen Nachzgler.

    Das war die erste und einzige kombinierte deutsche Operation von Luftwaffe, Unter- und berwasserstreitkrften im Zweiten Weltkrieg auf dem Kriegsschauplatz Atlantischer Ozean. Sie verlief zudem erfolgreich.

    Um die Schlagkraft des KG 40 zu verstrken, wurde im Mrz 1941 der Flugzeugbestand auf 21 viermotorige Condor" erhht. Damit bestand die I. Gruppe aus drei vollen Staffeln (1., 2. und 3. Staffel) zu je sieben Maschinen.

    Davon waren jeden Tag etwa vier bis neun einsatzfhig. Allerdings variierten diese Zahlen, weil es bei Reparaturen oft an Ersatzteilen mangelte und deren Beschaffung lngere Zeit dauerte.

    Auerdem machte sich zu diesem Zeitpunkt ein Mangel an gut ausgebildeten Besatzungen fr die Langstreckenfliegerei bemerkbar. Deshalb richtete man fr Trainingszwecke ein Ausbildungszentrum auf dem Flugplatz Cognac - etwa 100 km nordstlich von Bordeaux an dem Flu Charente - ein.

    Das Kampf geschwader 40 wurde jetzt auch noch erweitert und vervollstndigt. Es kamen zusammen: Die mit Do 217 ausgerstete II. Gruppe

    40

  • auf dem hollndischen Flugplatz Soesterberg. Die III. Gruppe in Nantes (Westkste Frankreichs) und auch in Bordeaux ausgerstet mit He 111. Ferner die bereits bestehende I. Gruppe unter Hauptmann Petersen in Bordeaux-Mrignac. Das alles war nun das vollstndige KG 40. Jede Gruppe bestand aus drei Staffeln mit je acht Flugzeugen. Die Do-217- und He-111-Besatzungen kamen im Nah- und Mittelstreckenbereich zum Einsatz. Fr die Flge ber weite Strecken war immer noch die I. Gruppe zustndig.

    Dem Fliegerfhrer Atlantik" wurden auerdem noch weitere fliegende Einheiten mit Flugzeugen vom Typ He 115, Ju 88 und Arado 196 unterstellt.

    Das war das Flugzeugpotential, mit dem von Mrz 1941 an unter der Befehlsgewalt des Fliegerfhrer Atlantik und des BdU die feindliche Schiffahrt bekmpft sowie Aufklrungs- und Wetterflge durchgefhrt wurden.

    Das KG 40 flog weiterhin Aufklrung auf den zwei Hauptrouten der alliierten Schiffahrt. Das waren - immer noch - die Route von Halifax/Neuschottland nach England und zurck und von Sierra Leone (Westafrika) bzw von Gibraltar nach England; gegebenenfalls auch zurck.

    Zur berwachung der zuerst genannten Route starteten fast jeden Tag eine oder auch mehrere FW 200 in Bordeaux-Mrignac und flogen in den Seeraum westlich von Irland. Dann ging es weiter nach Norden hinauf. Sie umrundeten die Shetland-Inseln und flogen nach Norwegen. Dort landeten sie in Stavanger-Sola oder Gardemoen in der Nhe von Oslo. Rckflug ein bis zwei Tage spter.

    Auf der zweiten Hauptroute konnten bis zum Raum Sdspitze Irland, etwa 500 km auf den Atlantik hinaus, Ju 88, He 111 und Do 217 eingesetzt werden.

    Die FW 200 und auch die brigen Flugzeuge des KG 40 konnten sich bei einem Schiff aufhalten und dort Peilzeichen senden. Sie waren sozusagen fliegende Funkbaken, die von den Funkern der U-Boote mit ihren Peilgerten geortet werden konnten. Aufgrund der dadurch ermittelten Gradzahlen konnten dann die U-Boot-Kommandanten den Standort der Flugzeuge und damit auch die jeweiligen Seeziele ansteuern.

    Dieses Ortungssystem hatte aber auch eine Schwche. Denn die Flugzeit der Maschinen war begrenzt und damit auch die Funktion der fliegenden Baken".

    Um dieses bel zu beseitigen, entwickelten und bauten Technische Offiziere des KG 40 eine spezielle Funkbake. Diese bestand aus einer Boje, in der sich - wasserdicht verpackt - ein batteriebetriebener Sender befand. Er sendete automatisch Peilzeichen, die von den U-Boot-Peilgerten empfangen werden konnten. Diese Funkbojen wurden von den Besatzungen des KG 40 etwa 20 Kilometer vor einem Konvoi abgeworfen. Inwieweit die U-Boot-Waffe dadurch Versenkungserfolge erzielte, ist nicht berliefert.

    Die FW 200 des KG 40 griffen weiterhin mit Bomben und Bordwaffen Seeziele an.

    19. Mrz 1941. Die Condor"-Besatzungen sprten an diesem Tag den alliierten Geleitzug OB 298 etwa 30 sm westlich von Irland auf und

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  • griffen an. Es kam wieder zu einem heftigen Gefecht zwischen den Viermotorigen und der Schiffsabwehr. Der Dampfer Benvorlich" (5193 tons) wurde trotzdem versenkt, der groe Motor-Tanker Mamura" (8245 tons) schwer beschdigt.

    25. Mrz 1941. Das 10 000-Tonnen-Schiff Beaverbrae" durchpflgte den Atlantik. Pltzlich tauchte eine Condor" auf und griff an. Der mit mehreren Geschtzen und Maschinengewehren bestckte Dampfer feuerte auf den Angreifer, die Kanoniere erzielten aber keine entscheidenden Treffer.

    Zwei schwere Bomben fielen auf das Achterdeck, durchschlugen es, detonierten und richteten schwere Beschdigungen an. Feuer brach aus, das sich schnell ausbreitete. Aufgrund des nicht zu lschenden Brandes und anderer Verwstungen ging die Besatzung von Bord und gab das Schiff auf.

    Mit diesen und noch weiteren Versenkungen bewiesen die Condor"Besatzungen, da sie immer noch der Schrecken des Atlantik" waren. Kapitne und Seeleute der Handelsschiffe frchteten die viermotorigen g


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