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Künstliche Gelenke -...

Date post: 18-Sep-2018
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Wieder nutzten viele Leserin- nen und Leser die Gelegen- heit, am KN-Telefon Exper- tenrat rund um das Thema künstliche Gelenke einzuho- len. Hier lesen Sie Auszüge aus ihren Gesprächen mit Gerald Dubber, Endoprothe- tik-Chefarzt im Lubinus Cli- nicum Kiel, und Dr. med. Wolfgang Hunger, niederge- lassener Orthopäde in Kiel. Anrufer: Ich bin 90 Jahre alt, habe zwei künstliche Hüften und zwei künstliche Kniegelen- ke. Ich gehe seit 13 Jahren zweimal wöchentlich zum Muskelaufbautraining. Ist das in meinem Alter sinnvoll? Oder reicht ein Heimtrainer? Hunger: Krafttraining ist im- mer gut. Denn die Gelenke müssen muskulär stabilisiert werden. Nur ein Heimtrainer – das wäre in Ihrem Fall ein we- nig einseitig. Das Training im Fitnessstudio ist umfassender. Anrufer: Wie sind die Chancen, dass man mit einem künst- lichen Knie besser laufen kann? Ich bin verunsichert von Bekannten, bei denen das nicht so gut gelaufen ist. Wie lange ist man außer Gefecht? Hunger: Realistisch gesehen, drei Monate, manche brau- chen etwas länger, wenn das Knie postoperativ anschwillt. Das hängt von einigen Fakto- ren ab. Darf ich erfahren, wie alt und wie schwer Sie sind? Anrufer: Ich bin 57 und wiege jetzt noch 120 Kilo. Zehn Kilo habe ich dadurch abgenom- men, dass ich seit einigen Mo- naten morgens und abends un- gefähr eine Stunde mit dem Hund gehe, weil mir nach einem MRT gesagt wurde, ich hätte Verschleiß und einen Knorpel- schaden im Knie. Das hat mir zu denken gegeben. Hunger: 57 ist jung. 120 Kilo – das spielt eine Rolle. Wenn Sie sich entscheiden, eine Gelenk- ersatz-OP zu machen, dann gehen Sie gut trainiert in die OP, und nehmen Sie möglichst vorher noch weiter ab. Wenn Sie einen guten Muskelstatus haben, umso besser. Besorgen Sie sich einen Heimtrainer, dieses Training ist fürs Knie sehr gut, es wird dann nur in ei- ner Achse bewegt. Gut, aber nicht so leicht zu bewerkstelli- gen, ist auch Rückenschwim- men und Kraulen. Nicht: Brustschwimmen. Versuchen Sie, ein künstliches Gelenk noch etwas hinauszuzögern. Anruferin: Ich bin 61 Jahre alt und meine beiden Knie sind kaputt. Knorpelschaden Stufe 3 bis 4. 2012 wurden aus dem rechten Knie Knorpel entfernt und der Knochen angefräst. Seitdem kann ich keine Stufen mehr gehen. Das linke Knie schlackert und schmerzt. Ich habe stark zugenommen, brauche Krücken, einen Rolla- tor und bin in die Erwerbs- minderungsrente gekommen. Man hat mir nun zu künstlichen Gelenken geraten, aber ich habe Angst. Was meinen Sie? Dubber: Erst wenn alle ande- ren Möglichkeiten der Thera- pie nicht mehr dazu führen, dass Sie als Patientin sagen „Ich komme ganz gut damit klar, so wie es ist“, sollte man zu einer Prothese greifen. Nach Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass dies alles mit Ihnen besprochen wurde, und denke, dass man in einem gewissen zeitlichen Abstand Ihre beiden Knie mit künstli- chen Gelenken versorgen soll- te. Man würde vorher alle Be- funde noch einmal prüfen, aber so, wie ich es heraushöre, denke ich, dass dies Ihnen hel- fen würde. Anruferin: Kann man beide Knie gleichzeitig machen? Also in einer Operation? Dubber: Theoretisch ja, man- che machen es. Aber nach mei- ner Erfahrung ist es sehr, sehr belastend für den Patienten und das Risiko sehr viel höher. Anruferin: Gut. Eines zuerst. Und wie ginge es dann weiter? Dubber: Am Tag nach der Operation dürfen Sie mit dem ganzen Gewicht belasten. Darf ich wissen, wie schwer Sie sind? Anruferin: Zurzeit 118,5 Kilo bei 1,74 Meter. Dubber: Da Sie relativ groß sind, ist das keine Zahl, die mich schreckt. Mich schreckt es, wenn kleine Menschen 130 oder 140 Kilo wiegen. Bei Ih- nen würde man nicht sagen, dass Sie zuerst einmal abneh- men müssen, bevor man Sie operiert. Anruferin: Was kommt denn nach der OP auf mich zu? Dubber: Sie bekommen am Tag der OP Schmerzkatheter, sodass Sie weniger Schmerzen haben. Sie fangen am Tag nach der OP an, bei voller Be- lastung das Laufen zu lernen und Übungen auf einer Bewe- gungsschiene durchzuführen, unterstützt von einem Kran- kengymnasten. Sie lernen das Treppensteigen innerhalb der ersten Woche, das ist festes Ziel der Physiotherapie schon in der Klinik, in der sogenann- ten chirurgischen Phase, die insgesamt etwa zehn Tage dauert. Danach folgen in der Regel zwei Wochen Rehabili- tation. Anruferin: Das klingt ja sehr, sehr positiv. Wie lange würde so eine Prothese halten? Dubber: Sehr gute Frage. Die modernen Prothesen sollen 15 Jahre halten. Ich kann Ihnen Daten aus dem Schweden-Re- gister nennen. In Schweden werden alle Prothesen erfasst. Eine dort gemachte, völlig un- abhängige Studie ergab, dass von 84 000 Patienten, die mit der im Hause Lubinus erfun- denen und von der Firma Link in Norderstedt hergestellten Prothese SP2 versorgt worden waren, noch 94 Prozent nach 20 Jahren das erste künstliche Gelenk hatten. Die Fragen, die Sie sich stellen sollten, sind: Wie sehr sind Sie beeinträch- tigt? Und wie beschwert wer- den Sie die nächsten fünf Jah- re Ihres Lebens sein? Ob Sie warten oder nicht: Sie ent- scheiden. Das sogenannte Pro- thesenalter, in dem es gemacht werden muss, weil es danach zu spät wäre, gibt es nicht. Anruferin: Ich komme gerade vom Orthopäden und bin un- schlüssig. Wie stellt man ei- gentlich ohne Eingriff fest, ob das schmerzende Knie be- schädigt ist oder ob es eher auf Fehlstellungen im Rücken und in den Füßen reagiert. Hunger: Man schaut sich den Patienten zunächst einmal an. Wie kommt der Patient ins Be- handlungszimmer? Wie läuft er durchs Zimmer? Man guckt sich die Statik an: Wie steht die Wirbelsäule auf dem Becken? Hat der Patient einen Becken- schiefstand? Wie ist die Bein- achse? Wenn das Knie das Pro- blem ist, so kann es geschwol- len sein. Bei der Hüfte ist dies von außen schwieriger zu se- hen. Wenn die Fußpflege oder das Sockenanziehen nicht mehr so leicht von der Hand gehen, ist das ein Hinweis auf Probleme im Hüftgelenk. Und man sieht sich die Füße an: Hat der Patient einen Knick- oder Senkfuß, zeigen ein Fuß oder beide Füße irgendwelche De- formationen, die weiter oben Probleme machen können? Anrufer: Kann man O- oder X-Beine eigentlich mit einer Operation korrigieren? Dubber: Ja. Die sogenannte Umstellung ist eine durchaus bewährte Methode, die vor dem Einsatz einer Prothese be- dacht und vorgenommen wer- den kann. Man muss aber ge- nau prüfen, ob es schon zu spät für eine Umstellung ist, also ob die Arthrose schon so weit fort- geschritten ist, dass eine Um- stellung dem Patienten nicht mehr helfen würde. Hunger: Für eine Umstellung von O-Beinen muss der äußere Gelenkabschnitt okay sein, für eine Umstellung von X-Beinen der innere. Und in beiden Fäl- len darf die Kniescheibenrück- seite, also der dortige Knorpel- belag, nicht zu sehr abgenutzt sein. Dubber: Man durchsägt den Knochen und richtet das Bein. Es ist eine große Operation, man darf sie nicht unterschät- zen. 2 Mehr Fragen / Antworten auf www.kn-online.de/gelenkersatz Künstliche Gelenke – warten oder operieren? Telefonaktion Orthopädie und Gelenkersatz: Alternativen prüfen, erst dann eine Prothese abhängig von Schmerzen und Einschränkungen VON CHRISTIAN TRUTSCHEL ........................................................................... Vor der Implantation in den menschlichen Körper: Kunstgelenke für Hüfte, Knie und Schulter FOTO: LUBINUS Die beiden in Kiel aktiven Ärzte Wolfgang Hunger (links) und Gerald Dubber kurz vor Beginn der Tele- fonaktion FOTO: THOMAS EISENKRÄTZER Nach dem Einsatz eines künstlichen Kniegelenkes: Das Bild ent- stand während der Operation. FOTO: LUBINUS Sie fangen am Tag nach der OP an, bei voller Belas- tung das Laufen zu lernen. Gerald Dubber, Ltd. Arzt Endoprothetik Lubinus Clinicum Versuchen Sie, ein künstliches Gelenk noch et- was hinauszuzögern. Dr. Wolfgang Hunger, niedergelassener Orthopäde in Kiel Nach einer Hüftprothesenope- ration ist die Gehfähigkeit meist deutlich verbessert, ob- wohl Kraftdefizite weiterhin zu erkennen sind. Eine Sportthe- rapie vor der Operation er- möglicht in der Regel eine schnellere Rückkehr zur vor- herigen Aktivität. Ob Operier- te mit einer Teil- oder Vollbe- lastung anfangen, hängt da- von ab, ob eine zementierte oder nicht zementierte Hüft- prothese gewählt wurde. In der postoperativen Sport- und Bewegungstherapie soll- ten Übungen Vorrang haben, die zu einer muskulären Siche- rung des Gelenkes beitragen. Bei erlaubter Vollbelastung und in Anlehnung an die Schmerzintensität können Be- weglichkeit, Ausdauer und Koordination trainiert werden. In der sogenannten Remode- lierungsphase können das Training weiter forciert und die funktionellen Voraussetzun- gen für das Sporttreiben erar- beitet werden. Eine entscheidende Voraus- setzung für das Sporttreiben mit einem Gelenkersatz ist der korrekte Sitz der Prothese und deren festes Einwachsen in den Knochen (Osteointegrati- on), das nach etwa sechs bis zehn Wochen abgeschlossen ist. Selten kann vor Ablauf ei- nes halben Jahres nach OP mit dem ursprünglichen Sport be- gonnen werden. Die Studienlage auf die Haltbarkeit und Lockerungs- raten von Hüftendoprothesen bei verschiedenen Sportarten ist sehr konträr und aufgrund der unterschiedlichen Studi- endesigns nicht hilfreich. Eine Studie zu diesem Thema be- richtet von einer Schädigung des Knochenzements und des Prothesenschafts durch ein vermehrtes Treppensteigen (10 % des täglichen Bewe- gungsumfangs) gegenüber dem Gehen auf einer Ebene. Die Berechnungen gingen von 25 Millionen Schrittzyklen aus, eine Zahl, die viele Menschen nicht in 20 Jahren erreichen. Diese Berechnungen verdeut- lichen, dass Studienergebnis- se nicht ohne Weiteres auf den Alltag von Patienten übertra- gen werden können und sol- che Ergebnisse auch unnötig Ängste schüren können. Im Sinne des Patienten sollten ne- ben der rein mechanischen Be- trachtung soziale und psy- chische Bereiche bei der Sport- empfehlung in Betracht gezo- gen werden. Empfehlungen, die Patienten zu stark ein- schränken, können Unzufrie- denheit und einen Bewe- gungsmangel mit möglicher- weise weiteren Erkrankungs- bildern hervorrufen. Bei der Wahl der Sportart ist wichtig, ob der Patient vor der OP eine Sportart ausgeübt hat und wel- che. Oft ist die Belastung an sich nicht schädigend, aber die zu schnelle Steigerung der In- tensität, führt zu Fehlbean- spruchung der passiven Struk- turen des Bewegungsappara- tes, die sich langsamer adap- tieren. Nach einer Hüftprothesenoperation: Wann ist wie viel Sport gesund? Prof. Dr. med. Burkhard Weisser (rechts), Leiter der Sportmedizin am Institut für Sport und Sport- wissenschaften der Kieler Univer- sität (CAU), und Dr. phil. Thorsten Schmidt, Leiter Supportivangebo- te Sport- und Bewegungstherapie am UKSH, Campus Kiel FOTOS HFR VON THORSTEN SCHMIDT UND BURKHARD WEISSER ........................................................ Intensität darf nicht zu schnell gesteigert werden Entscheidend sind korrekter Sitz und gutes Einwachsen
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Wieder nutzten viele Leserin-nen und Leser die Gelegen-heit, am KN-Telefon Exper-tenrat rund um das Themakünstliche Gelenke einzuho-len. Hier lesen Sie Auszügeaus ihren Gesprächen mitGerald Dubber, Endoprothe-tik-Chefarzt im Lubinus Cli-nicum Kiel, und Dr. med.Wolfgang Hunger, niederge-lassener Orthopäde in Kiel.

Anrufer: Ich bin 90 Jahre alt,habe zwei künstliche Hüftenund zwei künstliche Kniegelen-ke. Ich gehe seit 13 Jahrenzweimal wöchentlich zumMuskelaufbautraining. Ist dasin meinem Alter sinnvoll? Oderreicht ein Heimtrainer?Hunger: Krafttraining ist im-mer gut. Denn die Gelenkemüssen muskulär stabilisiertwerden. Nur ein Heimtrainer –das wäre in Ihrem Fall ein we-nig einseitig. Das Training imFitnessstudio ist umfassender.

Anrufer: Wie sind die Chancen,dass man mit einem künst-lichen Knie besser laufenkann? Ich bin verunsichert vonBekannten, bei denen dasnicht so gut gelaufen ist. Wielange ist man außer Gefecht?Hunger: Realistisch gesehen,drei Monate, manche brau-chen etwas länger, wenn dasKnie postoperativ anschwillt.Das hängt von einigen Fakto-ren ab. Darf ich erfahren, wiealt und wie schwer Sie sind?

Anrufer: Ich bin 57 und wiegejetzt noch 120 Kilo. Zehn Kilohabe ich dadurch abgenom-men, dass ich seit einigen Mo-naten morgens und abends un-gefähr eine Stunde mit demHund gehe, weil mir nach einemMRT gesagt wurde, ich hätteVerschleiß und einen Knorpel-schaden im Knie. Das hat mir zudenken gegeben.Hunger: 57 ist jung. 120 Kilo –das spielt eine Rolle. Wenn Siesich entscheiden, eine Gelenk-ersatz-OP zu machen, danngehen Sie gut trainiert in dieOP, und nehmen Sie möglichstvorher noch weiter ab. WennSie einen guten Muskelstatushaben, umso besser. Besorgen

Sie sich einen Heimtrainer,dieses Training ist fürs Kniesehr gut, es wird dann nur in ei-ner Achse bewegt. Gut, abernicht so leicht zu bewerkstelli-gen, ist auch Rückenschwim-men und Kraulen. Nicht:

Brustschwimmen. VersuchenSie, ein künstliches Gelenknoch etwas hinauszuzögern.

Anruferin: Ich bin 61 Jahre altund meine beiden Knie sindkaputt. Knorpelschaden Stufe3 bis 4. 2012 wurden aus demrechten Knie Knorpel entferntund der Knochen angefräst.Seitdem kann ich keine Stufenmehr gehen. Das linke Knie

schlackert und schmerzt. Ichhabe stark zugenommen,brauche Krücken, einen Rolla-tor und bin in die Erwerbs-minderungsrente gekommen.Man hat mir nun zu künstlichenGelenken geraten, aber ichhabe Angst. Was meinen Sie?Dubber: Erst wenn alle ande-ren Möglichkeiten der Thera-pie nicht mehr dazu führen,dass Sie als Patientin sagen„Ich komme ganz gut damitklar, so wie es ist“, sollte manzu einer Prothese greifen.Nach Ihrer Schilderung geheich davon aus, dass dies allesmit Ihnen besprochen wurde,und denke, dass man in einemgewissen zeitlichen AbstandIhre beiden Knie mit künstli-chen Gelenken versorgen soll-te. Man würde vorher alle Be-funde noch einmal prüfen,aber so, wie ich es heraushöre,denke ich, dass dies Ihnen hel-fen würde.

Anruferin: Kann man beideKnie gleichzeitig machen? Alsoin einer Operation?Dubber: Theoretisch ja, man-che machen es. Aber nach mei-ner Erfahrung ist es sehr, sehrbelastend für den Patientenund das Risiko sehr viel höher.

Anruferin: Gut. Eines zuerst.Und wie ginge es dann weiter?Dubber: Am Tag nach derOperation dürfen Sie mit demganzen Gewicht belasten. Darfich wissen, wie schwer Siesind?

Anruferin: Zurzeit 118,5 Kilo bei1,74 Meter.Dubber: Da Sie relativ großsind, ist das keine Zahl, diemich schreckt. Mich schrecktes, wenn kleine Menschen 130oder 140 Kilo wiegen. Bei Ih-nen würde man nicht sagen,dass Sie zuerst einmal abneh-men müssen, bevor man Sieoperiert.

Anruferin: Was kommt dennnach der OP auf mich zu?Dubber: Sie bekommen amTag der OP Schmerzkatheter,sodass Sie weniger Schmerzenhaben. Sie fangen am Tagnach der OP an, bei voller Be-lastung das Laufen zu lernenund Übungen auf einer Bewe-gungsschiene durchzuführen,unterstützt von einem Kran-kengymnasten. Sie lernen dasTreppensteigen innerhalb derersten Woche, das ist festesZiel der Physiotherapie schonin der Klinik, in der sogenann-ten chirurgischen Phase, dieinsgesamt etwa zehn Tagedauert. Danach folgen in derRegel zwei Wochen Rehabili-tation.

Anruferin: Das klingt ja sehr,sehr positiv. Wie lange würdeso eine Prothese halten?Dubber: Sehr gute Frage. Diemodernen Prothesen sollen 15Jahre halten. Ich kann IhnenDaten aus dem Schweden-Re-gister nennen. In Schwedenwerden alle Prothesen erfasst.Eine dort gemachte, völlig un-

abhängige Studie ergab, dassvon 84 000 Patienten, die mitder im Hause Lubinus erfun-denen und von der Firma Linkin Norderstedt hergestelltenProthese SP2 versorgt wordenwaren, noch 94 Prozent nach20 Jahren das erste künstlicheGelenk hatten. Die Fragen, dieSie sich stellen sollten, sind:Wie sehr sind Sie beeinträch-tigt? Und wie beschwert wer-den Sie die nächsten fünf Jah-re Ihres Lebens sein? Ob Siewarten oder nicht: Sie ent-scheiden. Das sogenannte Pro-thesenalter, in dem es gemachtwerden muss, weil es danachzu spät wäre, gibt es nicht.

Anruferin: Ich komme geradevom Orthopäden und bin un-schlüssig. Wie stellt man ei-gentlich ohne Eingriff fest, obdas schmerzende Knie be-schädigt ist oder ob es eherauf Fehlstellungen im Rückenund in den Füßen reagiert.Hunger: Man schaut sich den

Patienten zunächst einmal an.Wie kommt der Patient ins Be-handlungszimmer? Wie läufter durchs Zimmer? Man gucktsich die Statik an: Wie steht dieWirbelsäule auf dem Becken?Hat der Patient einen Becken-schiefstand? Wie ist die Bein-achse? Wenn das Knie das Pro-blem ist, so kann es geschwol-len sein. Bei der Hüfte ist diesvon außen schwieriger zu se-hen. Wenn die Fußpflege oderdas Sockenanziehen nichtmehr so leicht von der Hand

gehen, ist das ein Hinweis aufProbleme im Hüftgelenk. Undman sieht sich die Füße an: Hatder Patient einen Knick- oderSenkfuß, zeigen ein Fuß oderbeide Füße irgendwelche De-formationen, die weiter obenProbleme machen können?

Anrufer: Kann man O- oderX-Beine eigentlich mit einerOperation korrigieren?Dubber: Ja. Die sogenannteUmstellung ist eine durchausbewährte Methode, die vordem Einsatz einer Prothese be-dacht und vorgenommen wer-den kann. Man muss aber ge-nau prüfen, ob es schon zu spätfür eine Umstellung ist, also obdie Arthrose schon so weit fort-geschritten ist, dass eine Um-stellung dem Patienten nichtmehr helfen würde.Hunger: Für eine Umstellungvon O-Beinen muss der äußereGelenkabschnitt okay sein, füreine Umstellung von X-Beinender innere. Und in beiden Fäl-len darf die Kniescheibenrück-seite, also der dortige Knorpel-belag, nicht zu sehr abgenutztsein.Dubber: Man durchsägt denKnochen und richtet das Bein.Es ist eine große Operation,man darf sie nicht unterschät-zen.

2 Mehr Fragen / Antworten aufwww.kn-online.de/gelenkersatz

Künstliche Gelenke – warten oder operieren?Telefonaktion Orthopädie und Gelenkersatz: Alternativen prüfen, erst dann eine Prothese abhängig von Schmerzen und Einschränkungen

VON CHRISTIAN TRUTSCHEL...........................................................................

Vor der Implantation in den menschlichen Körper: Kunstgelenke für Hüfte, Knie und Schulter FOTO: LUBINUS

Die beiden in Kielaktiven ÄrzteWolfgang Hunger(links) und GeraldDubber kurz vorBeginn der Tele-fonaktion FOTO:THOMAS EISENKRÄTZER

Nach demEinsatz eines

künstlichenKniegelenkes:Das Bild ent-

stand währendder Operation.

FOTO: LUBINUS

Sie fangen am Tag nachder OP an, bei voller Belas-tung das Laufen zu lernen.Gerald Dubber,Ltd. Arzt Endoprothetik Lubinus Clinicum

Versuchen Sie, einkünstliches Gelenk noch et-was hinauszuzögern.Dr. Wolfgang Hunger,niedergelassener Orthopäde in Kiel

Nach einer Hüftprothesenope-ration ist die Gehfähigkeitmeist deutlich verbessert, ob-wohl Kraftdefizite weiterhin zuerkennen sind. Eine Sportthe-rapie vor der Operation er-möglicht in der Regel eineschnellere Rückkehr zur vor-herigen Aktivität. Ob Operier-te mit einer Teil- oder Vollbe-lastung anfangen, hängt da-von ab, ob eine zementierteoder nicht zementierte Hüft-prothese gewählt wurde.

In der postoperativen Sport-und Bewegungstherapie soll-ten Übungen Vorrang haben,

die zu einer muskulären Siche-rung des Gelenkes beitragen.Bei erlaubter Vollbelastungund in Anlehnung an dieSchmerzintensität können Be-weglichkeit, Ausdauer undKoordination trainiert werden.In der sogenannten Remode-lierungsphase können das

Training weiter forciert und diefunktionellen Voraussetzun-gen für das Sporttreiben erar-beitet werden.

Eine entscheidende Voraus-setzung für das Sporttreibenmit einem Gelenkersatz ist der

korrekte Sitz der Prothese undderen festes Einwachsen inden Knochen (Osteointegrati-on), das nach etwa sechs biszehn Wochen abgeschlossenist. Selten kann vor Ablauf ei-nes halben Jahres nach OP mitdem ursprünglichen Sport be-gonnen werden.

Die Studienlage auf dieHaltbarkeit und Lockerungs-

raten von Hüftendoprothesenbei verschiedenen Sportartenist sehr konträr und aufgrundder unterschiedlichen Studi-endesigns nicht hilfreich. EineStudie zu diesem Thema be-richtet von einer Schädigungdes Knochenzements und desProthesenschafts durch einvermehrtes Treppensteigen(10 % des täglichen Bewe-

gungsumfangs) gegenüberdem Gehen auf einer Ebene.Die Berechnungen gingen von25 Millionen Schrittzyklen aus,eine Zahl, die viele Menschennicht in 20 Jahren erreichen.Diese Berechnungen verdeut-lichen, dass Studienergebnis-se nicht ohne Weiteres auf denAlltag von Patienten übertra-gen werden können und sol-che Ergebnisse auch unnötigÄngste schüren können. ImSinne des Patienten sollten ne-ben der rein mechanischen Be-trachtung soziale und psy-chische Bereiche bei der Sport-empfehlung in Betracht gezo-gen werden. Empfehlungen,die Patienten zu stark ein-

schränken, können Unzufrie-denheit und einen Bewe-gungsmangel mit möglicher-weise weiteren Erkrankungs-bildern hervorrufen. Bei derWahl der Sportart ist wichtig,

ob der Patient vor der OP eineSportart ausgeübt hat und wel-che. Oft ist die Belastung ansich nicht schädigend, aber diezu schnelle Steigerung der In-tensität, führt zu Fehlbean-spruchung der passiven Struk-turen des Bewegungsappara-tes, die sich langsamer adap-tieren.

Nach einer Hüftprothesenoperation: Wann ist wie viel Sport gesund?Prof. Dr. med. Burkhard Weisser(rechts), Leiter der Sportmedizinam Institut für Sport und Sport-wissenschaften der Kieler Univer-sität (CAU), und Dr. phil. ThorstenSchmidt, Leiter Supportivangebo-te Sport- und Bewegungstherapieam UKSH, Campus Kiel FOTOS HFR

VON THORSTEN SCHMIDT UNDBURKHARD WEISSER........................................................

Intensität darf nicht zu schnellgesteigert werden

Entscheidend sind korrekterSitz und gutes Einwachsen

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