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Kontrastmitteluntersuchungen des Venensystems

Date post: 19-Aug-2016
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| Der Radiologe 7·98 Diagnostik und Interventionen am Venensystem 570 K. Herrmann · T.Waggershauser · H. Bonél · Ch. Glaser · H. Sittek · M. Reiser · Institut für Radiologische Diagnostik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität München Kontrastmitteluntersuchungen des Venensystems fende Vene kontrastiert. Dieser Metho- de bedient man sich bei der Gefäßdar- stellung von Organen des Abdomen und des Thorax, zur Darstellung der ve- nösen Blutleiter des Gehirns und bei der Darstellung von arteriovenösen Fi- steln, die zur Dialyse dienen. Technische Ausstattung und Geräte Phlebographien sollten grundsätzlich an einer Durchleuchtungsanlage mit Bildverstärker-Fernsehkette oder an ei- ner digitalen Subtraktions-Angiogra- phie-Anlage durchgeführt werden. Die- se erlauben unter Durchleuchtung eine zeitgleiche Beobachtung der Hämody- namik und des Befundes, so daß für die Bilddokumentation der optimale Zeit- punkt gewählt werden kann. Die kon- ventionelle Blattfilm-Angiographie ist weitgehend durch digitale Verfahren verdrängt worden. Die digitale Sub- traktions-Angiographie hat v.a. die dia- gnostische Beurteilung der großen Körpervenen und der Organvenen er- heblich verbessert [10]. Sie erlaubt dank der digitalen Bilddatenerfassung eine Beurteilung des Befundes ohne Zeitverzögerung noch während der Se- rie. Die gepulste Durchleuchtung an modernen Anlagen ermöglicht darüber hinaus ein wesentlich strahlensparen- deres Arbeiten als mit kontinuierlicher Bildgebende Verfahren haben für die Diagnostik pathologischer Verände- rungen des venösen Gefäßsystems ei- nen wichtigen Stellenwert. Technische Fortschritte in der Entwicklung der Röntgengeräte und der Kontrastmittel haben die kontrastmittelgestützte an- giographische Diagnostik der arteriel- len und venösen Gefäße entscheidend verbessert. Wenngleich heute nichtin- vasive Verfahren wie Ultraschall und MR-Angiographie zunehmend an Be- deutung gewinnen, wird doch die Phle- bographie weitgehend noch als Gold- standard akzeptiert [17, 20, 24]. Die vorliegende Arbeit möchte ei- nen Überblick über die Technik und Durchführung kontrastmittelgestützter Untersuchungen und die Diagnostik ei- niger pathologischer Veränderungen am Venensystem im Vergleich zu ande- ren diagnostischen Verfahren geben. Die Phlebographie ist die Untersu- chung eines venösen Gefäßabschnittes mit wasserlöslichem Kontrastmittel. Verteilung und Abflußverhalten des Kontrastmittels werden unter Durch- leuchtung beobachtet und dokumen- tiert. Grundsätzlich muß die direkte und indirekte Phlebographie unter- schieden werden. Bei der direkten Phle- bographie wird eine zuführende Vene punktiert und das Kontrastmittel di- rekt in das venöse Stromgebiet injiziert. Dieses Verfahren wird v.a. bei der Phle- bographie der Extremitäten ange- wandt, da der Zugang zu den entspre- chenden Venen oberflächlich gelegen ist. Bei der indirekten Phlebographie wird das Kontrastmittel in eine Arterie injiziert, und nach arterieller und pa- renchymatöser Passage wird die betref- Diagnostik und Interventionen am Venensystem Radiologe 1998 · 38:570–577 © Springer-Verlag 1998 Zusammenfassung Die konventionelle Phlebographie mit jod- haltigen Kontrastmitteln gilt in vieler Hin- sicht noch als Goldstandard. Die Diagnose von akuten und chronischen Thrombosen, Gefäßverschlüssen, hämodynamischen Dys- funktionen oder angeborenen Anomalien im Venensystem gehört zu den Aufgaben von Phlebographie mit Kontrastmittel. Sie kann in nahezu allen venösen Gefäßabschnitten des Körpers eingesetzt werden. Nachteile sind die Exposition mit ionisierenden Strah- len und die mit jodhaltigen Kontrastmitteln verbundenen Nebenwirkungen. Nichtinva- sive Verfahren wie der Ultraschall und die MR-Phlebographie gewinnen zunehmend an Bedeutung und können bei bestimmten Fragestellungen die Phlebographie ersetzen. Alternative Verfahren wie die CT-Phlebogra- phie oder die Verwendung von CO 2 als Kon- trastmittel sind eher die Ausnahme. Letztere kommt bei Kontraindikationen gegen Kon- trastmittelgabe zum Einsatz. Bei der Aus- wahl der Untersuchungsverfahren muß deren diagnostische Aussagekraft einerseits und mögliche Risiken und Limitationen an- dererseits berücksichtigt werden. Schlüsselwörter Phlebographie · Kavographie · Kontrastmittel · Thrombose · DSA Dr. Karin Herrmann Institut für Radiologische Diagnostik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians- Universität München, Marchioninistraße 15, D-81377 München& / f n - b l o c k : & b d y :
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Page 1: Kontrastmitteluntersuchungen des Venensystems

| Der Radiologe 7·98

Diagnostik und Interventionen am Venensystem

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K. Herrmann · T.Waggershauser · H. Bonél · Ch. Glaser · H. Sittek · M. Reiser · Institut für

Radiologische Diagnostik, Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität München

Kontrastmitteluntersuchungendes Venensystems

fende Vene kontrastiert. Dieser Metho-de bedient man sich bei der Gefäßdar-stellung von Organen des Abdomenund des Thorax, zur Darstellung der ve-nösen Blutleiter des Gehirns und beider Darstellung von arteriovenösen Fi-steln, die zur Dialyse dienen.

Technische Ausstattungund Geräte

Phlebographien sollten grundsätzlichan einer Durchleuchtungsanlage mitBildverstärker-Fernsehkette oder an ei-ner digitalen Subtraktions-Angiogra-phie-Anlage durchgeführt werden. Die-se erlauben unter Durchleuchtung einezeitgleiche Beobachtung der Hämody-namik und des Befundes, so daß für dieBilddokumentation der optimale Zeit-punkt gewählt werden kann. Die kon-ventionelle Blattfilm-Angiographie istweitgehend durch digitale Verfahrenverdrängt worden. Die digitale Sub-traktions-Angiographie hat v.a. die dia-gnostische Beurteilung der großenKörpervenen und der Organvenen er-heblich verbessert [10]. Sie erlaubtdank der digitalen Bilddatenerfassungeine Beurteilung des Befundes ohneZeitverzögerung noch während der Se-rie. Die gepulste Durchleuchtung anmodernen Anlagen ermöglicht darüberhinaus ein wesentlich strahlensparen-deres Arbeiten als mit kontinuierlicher

Bildgebende Verfahren haben für dieDiagnostik pathologischer Verände-rungen des venösen Gefäßsystems ei-nen wichtigen Stellenwert. TechnischeFortschritte in der Entwicklung derRöntgengeräte und der Kontrastmittelhaben die kontrastmittelgestützte an-giographische Diagnostik der arteriel-len und venösen Gefäße entscheidendverbessert. Wenngleich heute nichtin-vasive Verfahren wie Ultraschall undMR-Angiographie zunehmend an Be-deutung gewinnen, wird doch die Phle-bographie weitgehend noch als Gold-standard akzeptiert [17, 20, 24].

Die vorliegende Arbeit möchte ei-nen Überblick über die Technik undDurchführung kontrastmittelgestützterUntersuchungen und die Diagnostik ei-niger pathologischer Veränderungenam Venensystem im Vergleich zu ande-ren diagnostischen Verfahren geben.

Die Phlebographie ist die Untersu-chung eines venösen Gefäßabschnittesmit wasserlöslichem Kontrastmittel.Verteilung und Abflußverhalten desKontrastmittels werden unter Durch-leuchtung beobachtet und dokumen-tiert. Grundsätzlich muß die direkteund indirekte Phlebographie unter-schieden werden. Bei der direkten Phle-bographie wird eine zuführende Venepunktiert und das Kontrastmittel di-rekt in das venöse Stromgebiet injiziert.Dieses Verfahren wird v.a. bei der Phle-bographie der Extremitäten ange-wandt, da der Zugang zu den entspre-chenden Venen oberflächlich gelegenist. Bei der indirekten Phlebographiewird das Kontrastmittel in eine Arterieinjiziert, und nach arterieller und pa-renchymatöser Passage wird die betref-

Diagnostik und Interventionen am VenensystemRadiologe1998 · 38:570–577 © Springer-Verlag 1998

Zusammenfassung

Die konventionelle Phlebographie mit jod-

haltigen Kontrastmitteln gilt in vieler Hin-

sicht noch als Goldstandard. Die Diagnose

von akuten und chronischen Thrombosen,

Gefäßverschlüssen, hämodynamischen Dys-

funktionen oder angeborenen Anomalien im

Venensystem gehört zu den Aufgaben von

Phlebographie mit Kontrastmittel. Sie kann

in nahezu allen venösen Gefäßabschnitten

des Körpers eingesetzt werden. Nachteile

sind die Exposition mit ionisierenden Strah-

len und die mit jodhaltigen Kontrastmitteln

verbundenen Nebenwirkungen. Nichtinva-

sive Verfahren wie der Ultraschall und die

MR-Phlebographie gewinnen zunehmend

an Bedeutung und können bei bestimmten

Fragestellungen die Phlebographie ersetzen.

Alternative Verfahren wie die CT-Phlebogra-

phie oder die Verwendung von CO2 als Kon-

trastmittel sind eher die Ausnahme. Letztere

kommt bei Kontraindikationen gegen Kon-

trastmittelgabe zum Einsatz. Bei der Aus-

wahl der Untersuchungsverfahren muß

deren diagnostische Aussagekraft einerseits

und mögliche Risiken und Limitationen an-

dererseits berücksichtigt werden.

Schlüsselwörter

Phlebographie · Kavographie ·

Kontrastmittel · Thrombose · DSA

Dr. Karin HerrmannInstitut für Radiologische Diagnostik,

Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-

Universität München, Marchioninistraße 15,

D-81377 München&/fn-block:&bdy:

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K. Herrmann · T.Waggershauser · H. Bonél

Ch. Glaser · H. Sittek · M. Reiser

Contrast studies of the venous system

Summary

Purpose:To give an overview of various

diagnostic techniques and indications for

phlebography in different parts of the body.

Methods: Procedures of conventional

phlebography of the lower and upper ex-

tremity and cavography are described and

their indications in comparison to alternative

techniques are discussed.The literature is re-

viewed with regard to specific advantages

and disadvantages of the different methods.

Results: Conventional phlebography with

iodine contrast media is still considered to

be the gold standard in many regards.The

diagnosis of acute and chronic thrombotic

disease, venous vascular occlusions, hemo-

dynamic malfunctions and anatomic vari-

ants of the venous system can readily be

established with contrast phlebography.

Discussion: Main disadvantages of contrast

studies of the venous system are radiation

exposure and adverse effects of contrast

media. Non-invasive methods such as ultra-

sound and MR-phlebography are becoming

more and more popular and may replace

venography. Other techniques such as CT-

phlebography and the use of CO2 as contrast

medium are under investigation.The latter

can be indicated in the case of contraindica-

tions against iodine contrast media.

Conclusion: When choosing diagnostic

methods for the venous system, their sensiti-

vity and specificity for specific diagnoses and

vascular territories have to be balanced

against the risks and disadvantages.

Key words

Phlebography · Cavography · Contrast media ·

Thrombosis · DSA

Zwischenfälle 0,22% bzw. 0,04% [10, 16].Zwischen unterschiedlichen nicht-ioni-schen Kontrasmitteln scheinen keinenennenswerten Unterschiede in derKontrastierung und in der Inzidenz vonNebenwirkungen zu bestehen.

Die postphlebographische Throm-bose bzw. Thrombophlebitis ist einewichtige Komplikation von ionischenKontrastmitteln. Sie wurde nach derBeinphlebographie in 9% bis 31% derFälle beobachtet [1, 17]. NichtionischeKontrastmittel können dieses Risikoauf 3% senken [18], bei manchen Präpa-raten liegt es noch darunter [1, 4]. Auf-grund dieser Ergebnisse wird heute all-gemein die Verwendung nichtionischerKontrastmittel für die Phlebographieempfohlen. Die Injektion eines Hepa-ringemisches in die entsprechende Ve-ne nach der Phlebographie hilft diepostphlebographische Thrombose zuvermeiden [1]. Kurze Kontaktzeiten desKontrastmittels mit der Venenwandund die schnelle Durchführung derPhlebographie reduzieren gleichfallsdas Thromboserisiko [10]. Echte Kon-traindikationen für die Anwendungjodhaltiger Kontrastmittel sind dienicht behandelte latente oder apparenteHyperthyreose und die Niereninsuffi-zienz. Im Falle der Hyperthyreose kanndie Jodapplikation eine thyreotoxischeKrise auslösen.

Eine Alternative stellt das CO2 alsKontrastmittel dar [11, 13, 29]. Zu CO2-Angiographien ist eine DSA erforder-lich. CO2 als Kontrastmittel bietet meh-rere Vorteile: es ist relativ billig und hatkeine allergenen oder nephrotoxischenEigenschaften. Aufgrund der geringenViskosität können sehr dünne Katheterverwendet werden. Dank des gasförmi-gen Zutandes kann auch bei liegendemDraht über einen Katheter injiziertwerden. Kollateralen, kleinere Blu-tungsquellen, arteriovenösen Shuntsund Abschnitte mit einer umschriebe-nen Stase, z.B. in einem kavernösenHämangiom, werden mit der CO2-An-giographie besser als mit jodhaltigenKontrastmitteln dargestellt [13].

Sullivan fand eine gute Korrelationder Diagnose im Vergleich zu jodhalti-gen Kontrastmitteln und eine signifi-kant bessere Darstellung der zentralenAbschnitte der Venen der oberen Extre-mität [29]. Hahn setzte die CO2-Phlebo-graphie erfolgreich als Orientierungs-hilfe beim Einbringen zentraler Venen-

Durchleuchtung an konventionellenDurchleuchtungsarbeitsplätzen [14, 30].

Kontrastmittel

Die ersten Kontrastmittel im Jahre 1923waren mit einer hohen Letalität und To-xizität verbunden. Die späteren Produk-te aus organischen Verbindungen, derTrijodbenzoesäure, waren besser ver-träglich und wegen der mehrfachen Jod-substitution besser sichtbar. Diese ioni-schen organischen Kontrastmittel ha-ben eine hohe Osmolalität von bis zu1500 mOsmol/kg H2O, was für eine Rei-he von Nebenwirkungen verantwortlichist. Aus den ionischen Kontrastmittelnentstanden durch Entfernung der Car-boxylgruppe die nichtionischen Kon-trastmittel. Sie dissoziieren nicht undsind infolge einer geringeren Protein-bindung und Enzymhemmung besserverträglich. Sowohl ionische als auchnichtionische Monomere können zu Di-meren verbunden werden, so daß siepro Kontrastmittelmolekül den doppel-ten Jodgehalt haben. Die Nebenwirkun-gen der Dimere sind denen der jeweili-gen Monomere vergleichbar. Die nicht-ionischen Kontrastmittel haben mit et-wa 470 bis 620 mOsmol/kg H2O einedeutlich niedrigere Osmolalität als diemeisten ionischen Kontrasmittel. Sie nä-hern sich dem physiologischen Bereichder Osmolalität des Blutes. Dies könnteihre geringere Toxizität auf das Gefäß-endothel und auch die geringere Inzi-denz von Schmerzreaktionen erklären[10]. Für die Anwendung im venösenGefäßsystem haben verschiedene Ar-beitsgruppen die Vorteile der nichtioni-schen Kontrastmittel gezeigt [4, 18, 20].

Eine der größten Studien zum Ver-gleich der Nebenwirkungen ionischerund nichtionischer Kontrastmittel wurde1990 vom Japanischen Komitee für Si-cherheit von Kontrastmitteln veröffent-licht [16]. Bei 337647 Patienten wurdendie Nebenwirkungen einer intravenö-sen Kontrastmittelgabe analysiert, dievon geringfügigen Reaktionen wieÜbelkeit, Hitzegefühl, Erbrechen, Juck-reiz, Urtikaria und Flush bis zu schwer-wiegenderen Reaktionen wie Gesichts-ödem, Dyspnoe, Blutdruckabfall, Herz-stillstand und Bewußtlosigkeit reichten.Die Prävalenz von Nebenwirkungen be-trug bei den ionischen Präparaten12,6%, bei den nichtionischen Präpara-ten 3,13%. Davon entfielen auf schwere

Radiologe1998 · 38:570–577 © Springer-Verlag 1998

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katheter ein. 20–30 ml CO2 pro Serie er-geben dabei in der Regel einen ausrei-chenden Kontrast [11]. Die CO2-Phlebo-graphie wird als relativ komplikations-arm beschrieben. Nach Literaturanga-ben werden bis 200 ml CO2 toleriert,ohne daß eine klinisch bedeutsameGasembolie festgestellt werden kann.Auch eine große CO2-Gesamtmengewird leicht toleriert, wenn nicht zuvielim Bolus injiziert wird [11, 13]. Theore-tisch besteht bei einem Volumen von et-wa 2,4 l die Gefahr eines kardialenSchocks [11, 13, 29].Abgesehen von gele-gentlich im Injektionsgebiet auftreten-den Schmerzen werden keine weiterenNebenwirkungen angegeben [29]. BeiPatienten mit Niereninsuffizienz undschweren allergischen Reaktionen aufjodhaltige Kontrastmittel ist die CO2-Venographie eine sichere und billigeAlternative.

Phlebographieder unteren Extremität

Tiefe Beinvenenthrombose

Die wichtigste Indikation zur kontrast-mittelgestützten Untersuchung der Ve-nen der unteren Extremität ist der Ver-dacht auf eine tiefe Beinvenenthrombo-se (TBVT). Die klinischen Symptomeeiner TBVT wie Schmerz, Rötung,Schwellung und Umfangdifferenz derbetroffenen Extremität erweisen sichhäufig als unspezifisch und sind nurschwer von anderen Ursachen abzu-grenzen [17, 23, 24, 26]. Lediglich 20 bis30% aller Patienten mit klassischenZeichen der TBVT haben wirklich eineVenenthrombose in der Phlebographie[17]. Daher sind die bildgebenden Ver-fahren für die Diagnose der akutenoder chronischen TBVT entscheidendwichtig. Die Phlebographie mit Kon-trastmittel gilt noch immer als Refe-renzverfahren.

Die Technik der Beinphlebogra-phie wurde 1972 von Rabinov [25], dieder aszendierenden Preßphlebographie1974 von Hach [10] beschrieben. Nacheinem warmen Fußbad zur Dilatationder oberflächlichen Venen wird der Pa-tient in Schräglage mit angehobenemKopf auf dem Untersuchungstisch gela-gert. Direkt supramalleolär wird einStauschlauch angebracht und mög-lichst die V. hallucis dorsalis tibialispunktiert, da von dieser ein gleichmä-

zeichnet man einen nicht dargestelltenAbschnitt, bei dem dann auch derThrombus nicht direkt zu sehen ist.

Eine adäquate Untersuchungsme-thode muß eine TBVT nachweisen undden Ursprung, die Lokalisation und dieAusdehnung und möglichst das Altereiner Thrombose sicher bestimmenkönnen [17]. Der Nachweis einer fri-schen TBVT oberhalb oder unterhalbder Knieebene, das Rezidiv einer TBVTund die Unterscheidung von akutenund chronisch-thrombotischen Verän-derungen oder der Ausschluß einerTBVT beim asymptomatischen Patien-ten mit hohem Risiko einer TBVT sindwichtige Anforderungen.

Die Phlebographie besitzt in derDiagnostik der TBVT eine hohe Sensi-tivität und Spezifität [22] und kannnoch immer als Referenzmethode an-gesehen werden [26]. Allerdings unter-liegt die Methode einer gewissen Un-tersuchervarianz [15, 27]. Die Phlebo-graphie erfordert somit eine standardi-sierte Technik. In bis zu 21% allerUntersuchungen muß mit einer inad-äquaten Venenfüllung gerechnet wer-den [15, 17]. Bei 1,3% aller Patienten mitnormalen Phlebographien tritt im wei-teren Verlauf eine TBVT auf [17]. In29% schreitet eine isolierte Unterschen-kelthrombose nach proximal fort [27].

Eine unauffällige Phlebographiekann bei gedoppelter V. femoralis su-perficialis (VFS) vorgetäuscht werden,wenn der zweite Schenkel thrombosiertist und nicht zur Darstellung kommt.Die Doppelung der VFS ist eine Norm-variante, die in ca. 17–20% gefundenwird und in 1/3 der Fälle bilateral auf-tritt. Das Lumen eine Schenkels der VFSist dann jeweils um 25% reduziert, wasein indirekter Hinweis auf eine Doppe-lung ist [9].

Der Ultraschall als nichtinvasivesVerfahren gewann in den letzten Jahrenerheblich an Bedeutung. Mit der Kom-pressionstechnik als besonders sichererMethode [17], mit der direkten Visuali-sierung des Thrombus und der Flußbe-stimmung in der Farbdoppler-Sono-graphie und Duplex-Sonographie konn-te besonders oberhalb der Poplitea einehohe Treffsicherheit erreicht werden(zwischen 83% und 100% bzw. 86%)und 100% [17, 22], wobei die Duplex-So-nographie in der Regel etwas schlechterabschneidet [24]. Weniger zuverlässigsind die Ultraschallverfahren im Nach-

ßiger Abstrom in das tiefe Venensystemzu erwarten ist. Je weiter proximal derPunktionsort gewählt wird, um so grö-ßer ist die Gefahr, daß die tiefen Unter-schenkelvenen nur inkomplett gefülltwerden. Unter Durchleuchtungskon-trolle werden ca. 30–50 ml eines nicht-ionischen Kontrastmittels der Dichte270 mg/ml oder 300 mg/ml Jod manuellinjiziert, um einen dichten Bolus zu er-halten [10]. Die Beine sollten entspanntund frei herabhängen, damit die Hämo-dynamik nicht durch Muskelkontrak-tionen beeinflußt wird und das Kon-trastmittel durch die noch geöffnetenVenenklappen in Nebenstromgebietezurückfließen und diese retrograd kon-trastieren kann. Behutsame Kompressi-on des Fußrückens bzw. der Planta pe-dis kann den Abfluß des Kontrastmit-tels in die Unterschenkelleitvenen un-terstützen. Die Durchleuchtung dientder Einstellung der Aufnahmen und derVerfolgung des Kontrastmittelstroms.

Die Standardaufnahmen sind imUnterschenkel und in Höhe der Popli-tea jeweils eine Aufnahme in Innenro-tation, in p.a. Position und in Außenro-tation, mindestens jedoch in 2 Ebenen,am Oberschenkel eine Aufnahme der V.femoralis superficialis mit Konfluensund eine Aufnahme der Beckenvenenmit der V. cava inferior (VCI) [15, 25].Für die Darstellung der Beckenstrom-bahn mit VCI wird der Tisch gesenktund das Bein angehoben, was für einenvermehrten Kontrastmitteleinstromnach der Schwerkraft sorgt. Einegleichzeitige tiefe Inspiration des Pati-enten erhöht den Druck in der VCI undverbessert zusätzlich den Kontrast. Beieiner Thrombose sind ein Valsalva-Preßversuch, eine Bauchpresse oder dasAuspressen des Unterschenkels wegender Gefahr einer Lungenembolie kon-traindiziert.

Venographische Kriterien einerfrischen Thrombose sind [17, 25] eine in2 Ebenen konstant nachweisbare Kon-trastmittelaussparung gleicher Formund Lokalisation, die Nichtfüllung oderder abrupte Abbruch eines Segmentesmit Kontrastmittelfüllung distal undproximal davon und/oder die Nicht-Füllung des tiefen Venensystems impoplitealen und femoralen Abschnitt(Abb. 1). Das Kuppelzeichen und dasKonturzeichen beschreiben die Formeines flottierenden, umspülten Throm-bus.Als „Radiergummi-Phänomen“ be-

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weis von Thrombosen der Unterschen-kelvenen.Wenngleich der Nachweis vonMuskelvenenthrombosen gelegentlichbesser gelingt als in der Phlebographie,ist die hohe Rate inadäquater Untersu-chungen ein limitierender Faktor [27].Da die Beckenvenen durch Darmgasüberlagert sein können und oft auchnicht ausreichend komprimierbar sind,kann die isolierte Beckenvenenthrom-bose dem sonographischen Nachweisentgehen [22]. Gerade bei nicht okklusi-ven Thrombosen der Beckenstrombahnist die Phlebographie häufig überlegen(Abb. 2). Auch im Adduktorenkanalkann bei erheblicher Beinschwellung dieEinsehbarkeit und Komprimierbarkeiteingeschränkt sein.

Bei asymptomatischen Patientenzeigt der Ultraschall eine geringe Sensi-tivität [5, 15, 17, 22]. Miller weist daraufhin, daß seine günstigen Ergebnisse(93,9% Sensitivität und 99,2% Spezifi-tät) nicht auf ein asymptomatisches Pa-tientenkollektiv übertragen werdendürfen [22]. Naidlich et al. betonen, daßsowohl Patienten mit bilateralen als

men vorliegen.Wand- und Konturunre-gelmäßigkeiten, Klappendestruktionenund wirre Kollateralisation sind Zei-chen chronisch-postthrombotischerVeränderungen [10, 17].

Mit der CT-Phlebographie konntedie TBVT zuverlässig nachgewiesen wer-den (Sensitivität 100%, Spezifität 96%),insbesondere dann, wenn das Kontrast-mittel über eine Fußvene injiziert wird[3, 28]. Dazu wird nur eine kleine Kon-trastmittelmenge benötigt [3]. Throm-ben werden dreidimensional abgebildet,so daß flottierende von wandadhärentenThromben unterschieden werden kön-nen. Es kann allerdings zu Schichtungs-phänomenen kommen, was zu einersuboptimalen Kontrastierung führt unddie sichere Diagnose erschweren kann.

Als weitere nichtinvasive Alternati-ve zur konventionellen Phlebographieist die MR-Phlebographie zu nennen.Beide Extremitäten können gleichzeitigund ohne Kontrasmittel untersuchtwerden. Mehrere Publikationen bele-gen, daß mit der MR-Angiographie dieTBVT mit einer Sensitivität von 90% bis100% und einer Spezifität zwischen 92%und 100% [6, 7, 19] nachgewiesen wer-den kann. Dabei ist die Diagnostik fürdie Abschnitte oberhalb der V. popliteasicherer als für die weiter caudal gelege-nen Anteile [19]. Die MR-Phlebographiekann bei Niereninsuffizienz, allergi-

auch mit unilateralen Symptomenbeidseitige bzw. sogar kontralateraleThrombosen zeigen können und eineUltraschalluntersuchung beider Beinedurchgeführt werden sollte [23]. Wiefür andere Ultraschalluntersuchungengilt, daß die Ergebnisse des Venen-schalls in hohem Maße von der Erfah-rung des Untersuchers und von der Ge-räteausstattung bestimmt werden.

Die Unterscheidung eines frischen,flottierenden Thrombus von einerchronischen Thrombose ist mit allenTechniken besonders schwierig. DieseDiagnose ist wichtig für die Entschei-dung zur Lysetherapie oder mechani-schen Thrombektomie, aber auch fürdie zuverlässige Beurteilung des Erfolgseiner Lysebehandlung bei Kontrollun-tersuchungen. Die Phlebographie als ei-ne Summationstechnik kann eine be-ginnende Wandadhärenz nur in tan-gential getroffenen Abschnitten dar-stellen [8]. Bei rezidivierendenThrombosen kann die Abgrenzung ge-genüber postthrombotischen Residuenschwierig sein, wenn keine Voraufnah-

1a 1b 2

Abb. 1a, b m Vergrößerung: Thrombose der Unterschenkelvenen bis in die distale V. poplitea mitumspültem frischem Thrombus

Abb. 2 m Nicht okkludierender Thrombus in der V. iliaca communis (Pfeil), der vermutlich aus derV. iliaca interna li. entspringt. 65jährige Patientin mit großem Tumorrezidiv eines Cervixcarcinoms imkleinen Becken

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(VSM) oder V. saphena parva (VSP)über eine insuffiziente Mündungsklap-pe oder aus Perforansvenen nachweis-bar. Durch das Valsalva-Preßmanöverund die Bauchpresse sowie das Aufrich-ten des Patienten wird der Reflux desKontrasmittels provoziert.

Radiologische Zeichen der Insuffi-zienz einer Venenklappe sind die An-gleichung des Lumens vor und nach ei-ner Venenklappe, was als Verlust des Te-leskopzeichens (physiologischer Kali-bersprung in der Umgebung einersuffizienten Klappe) bezeichnet wird.Zeichen einer schwerwiegenden Er-krankung sind die infravalvuläre Dila-tation und die Degeneration der Klap-pensegel sowie die Dilatation der VSMmit Schlängelung [10]. Die Stammvari-kose der VSM schreitet von proximalnach distal fort und wird in vier Stadieneingeteilt. Der distale Insuffizienzpunktliegt im Stadium I in der Leistenregion,der des Stadiums II im Bereich des di-stalen Oberschenkels, der Punkt IIIliegt handbreit unterhalb des Knies undder Punkt IV am Knöchel oder Fuß.

Auch die Insuffizienz der VSP wirdin verschiedenen Stadien eingeteilt. BeiStadium I ist die Insuffizienzstelle ander Mündung der VSP in die V. poplitea,beim Stadium II im Bereich der Wade.Stadium III bedeutet die Degenerationder gesamten Vene. Es ist für die chirur-gische Therapie wichtig, die Lokalisati-on des tiefsten distalen Insuffizienz-punktes der Venenklappen und dieAustrittspunkte insuffizienter Vv. per-forantes genau zu bestimmen. Der Stel-lenwert der Preßphlebographie liegt inder genauen Diagnose des Typs der Ve-neninsuffizienz.

Präoperative Phlebographie

Die VSM wird häufig als autologes Ve-nentransplantat für Bypassoperatio-nen, meist den aortokoronaren Venen-bypass, eingesetzt. Vor der Saphenekto-mie muß die Tauglichkeit der Vene fest-gestellt und ein postthrombotischesSyndrom ausgeschlossen werden, dadie V. saphena magna in diesem Fallkompensatorisch den venösen Abflußübernimmt.

Die Kavographie

Die Beckenstrombahn und der distaleAnteil der C. cava inferior (VCI) kön-

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schen Reaktion auf Kontrastmittel,Schwangerschaft und für die Verlaufs-kontrolle nach Lysetherapie als wertvol-le Alternative zur Kontrastmittelphlebo-graphie angesehen werden [19].

Die Vorteile der kontrastmittelge-stützten Phlebographie der unteren Ex-tremität liegen also in der Darstellungdes gesamten Venensystems, in der zu-verlässigen Darstellung auch nichtob-struierender Thromben und in der Zu-verlässigkeit beim Ausschluß einerTBVT bei asymptomatischen Patienten.Nachteilig sind die Invasivität des Ver-fahrens, die eingeschränkte Durchführ-barkeit bei multimorbiden, schwerkran-ken Patienten und Kontraindikationenwie die schwere Niereninsuffizienz, frü-here schwerwiegende allergische Reak-tionen auf Kontrastmittel und die Hy-

perthyreose. Die Schwangerschaft kannals eine relative Kontraindikation gel-ten. Zwar ist es möglich, die Strahlenex-position auf ein für Fetus und Mutterakzeptables Maß zu reduzieren [17], je-doch sind nichtinvasive Untersuchun-gen wie der Ultraschall und die MR-Phlebographie gerade in diesen Fällenals eine ausreichend zuverlässige dia-gnostische Alternativmethode vorzu-ziehen.

Varikose der unteren Extremität

Die primäre Varikose ist eine Erkran-kung der extrafaszialen oberflächlichenVenen und der Vv. perforantes. Bei derPhlebographie ist die retrograde Fül-lung bzw. der Reflux aus dem tiefen Ve-nensystem in die V. saphena magna

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Abb. 3 m Kontrastmittelaussparung in der V. cava inferior (großer Pfeil) mit deutlichem Konturphäno-men (kleiner Pfeil): Frischer umspülter Thrombus in der V. iliaca communis links, der in die distaleV. cava inferior reicht

Abb. 4 m Digitale Subtraktions-Phlebographie in Schrittverschiebetechnik: Darstellung eines Tumor-zapfens (Pfeile) in der rechten V. renalis bei Nierentumor

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nen meist bereits bei der aszendieren-den Beinphlebographie ausreichenddargestellt werden. Eine genauere Dia-gnose von pathologischen Veränderun-gen im Bereich der VCI erfordert je-doch nicht selten eine direkte Kontrast-mittelinjektion, da eine bessere Kontra-stierung erreicht und Flußphänomenevermieden werden können, die mitun-ter die Diagnostik erschweren.

Die Kavographie wird zum Nach-weis oder Ausschluß von Thrombosen,extrinsischen Kompressionen, Tumor-zapfen aus der V. renalis oder hepaticaund Anlagevarianten herangezogen. Ei-ne frische Thrombose stellt sich mitden typischen Kriterien, einer Kon-trastmittelaussparung, dem Kuppel-phänomen etc. dar (Abb. 3). Bei einemVerschluß der VCI bricht die Kontrast-mittelsäule ab, und es zeigt sich in derRegel ein Kollateralkreislauf über dieVv. lumbales ascendentes, die V. azygosund die V. hemiazygos.

Die inferiore Kavographie wird ambesten an einer DSA-Anlage durchge-führt. Dazu wird die V. femoralis com-munis unter Aspiration punktiert undüber einen Draht wird meist ein Pigtail-Katheter eingeführt. Eine automatischeInjektion von ca. 30 ml Kontrastmittelmit einem Flow von ca. 20 ml/s führtbei einer Bildfrequenz von 1–2 B/s zueiner kräftigen Kontrastierung und gu-ten Beurteilbarkeit der VCI. Die Kavo-graphie als invasive Untersuchung hatgegenüber den nichtinvasiven Verfah-ren wie der MR-Angiographie und ge-genüber der kontrastmittelverstärkten

einem sog. „Long-leg-display“ zusam-mengefügt, was eine Gesamtschau dervenösen Strombahn der unteren Extre-mität mit VCI ermöglicht. Lensing hatfür die Blattfilm-Phlebographie in kon-ventioneller Technik nachgewiesen,daß die Long-leg-Darstellung die dia-gnostische Abweichung mehrerer Be-obachter von 20% auf 2% zu senkenvermag [17, 20]. Bei diesem Verfahrensind die Unterschenkelvenen wegen derliegenden Position des Patienten oftnur inkomplett gefüllt, während die VCIgut dargestellt wird (Abb. 4).

Phlebographieder oberen Extremität

Schwellungen, Bewegungseinschrän-kung und Schmerzzustände des Armeskönnen auf eine Thrombose oder einenVenenverschluß hinweisen [21, 24]. Ver-glichen mit der TBVT sind Thrombo-sen in den Venen der oberen Extremitätmit 1% bis 2% aller Venenthromboseneher selten [21]. Hinsichtlich der Embo-liegefahr kommt ihnen jedoch die glei-che Bedeutung zu wie der TBVT [24].Thrombosen und Verschlüsse der venö-sen Strombahn der oberen Extremitätsind meist Komplikation multiplerPunktionen und von zentralen Venen-kathetern. Eine extrinsische, z.B. tu-morbedingte Kompression, ein Paget-von-Schroetter-Syndrom, aber auch einspontanes Auftreten von Thrombosen

Computertomographie an Bedeutungverloren [2, 6, 19].

Eine neue Technik ist die beidseiti-ge simultane DS-Phlebographie inSchrittverschiebetechnik. Hierzu wer-den dem liegenden Patienten beidseitsje 50 ml Kontrastmittel in die dorsaleFußvene injiziert. Die Aufnahmen dereinzelnen Etagen werden dem Kon-trastmittelbolus folgend in DSA-Tech-nik mit Schrittverschiebung angefer-tigt. Aufgrund des bilateralen Kontrast-mittelangebotes kann eine gute Kontra-stierung der VCI erreicht werden. DieEinzelbilder werden auf dem Film zu

Abb. 5 b Gedoppelte V. cavasuperior als seltene Anlageva-riante (Pfeil)

Abb. 6 m Verschluß der Vv. brachiocephalicae bds. und der V. cava superior mit ausgedehntemKollateralkreislauf. 56jähriger Patient nach Knochenmarktransplantation und mehrfacher Anlagezentraler Venenkatheter

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Diagnostik und Interventionen am Venensystem

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nach besonderen Anstrengungen kön-nen durch die Phlebographie sicherdiagnostiziert werden. Das Paget-von-Schrötter-Syndrom ist die plötzliche,akute Thrombose der V. axillaris und V.subclavia. Sie tritt bevorzugt an derEngstelle zwischen Klavikula und er-ster Rippe auf. Außerdem kann diePhlebographie in speziellen Fällen alswichtige Orientierungshilfe bei der An-lage zentralvenöser Zugänge dienen[11] und präoperativ vor der Anlage ei-ner arteriovenösen Fistel zur Dialyseoder vor Implantation von Schrittma-chern die anatomische Situation klären(Abb. 5).

Die Phlebographie der oberen Ex-tremität ist einfach und schnell durch-führbar und ergibt überwiegend ein-deutige diagnostische Ergebnisse [21].Die Sonographie der Venen der oberenExtremität ist v.a. in den zentralen Be-reichen durch knöcherne Strukturenund die anatomischen Gegebenheitenim Bereich des Schultergürtels er-schwert. Der Real-time-Ultraschall

gleichzeitig in beide Arme Kontrast-mittel zu spritzen. Ist die V. mediana cu-biti nicht zu punktieren, kann auch eineweiter lateral gelegene Vene gewähltwerden, die allerdings in die V. cephalicamündet. Mit einer Stauung am Ober-arm kann eine Kontrastierung des tie-fen Venensystems erreicht werden. EineVene des Handrückens sollte punktiertwerden, wenn ein Dialyseshunt geplantist und die anatomische Situation prä-operativ geklärt werden soll, ggf. mitStauung am Handgelenk, um auch diedistalen, oberflächlichen Venengeflechtedarzustellen [21].

Für die Armphlebographie ist derArm horizontal und in einer mittlerenAbduktionsstellung zu lagern. Bei zustarker Adduktion kann die V. axillarisvon Muskelsträngen in der Axilla kom-primiert werden, so daß eine Stenosevorgetäuscht wird [21]. Bei zu starkerAbduktion können die erste Rippe unddie Klavikula die V. subclavia einengen.Für eine gute Kontrastierung sind ca.30 ml eines nichtionischen, iodhalti-gen Kontrastmittels (240 mg/ml bis300 mg/ml Jod) pro Extremität und In-jektion ausreichend.

Die frische Thrombose wird phle-bographisch wie an der unteren Extre-

weist nach Prandoni eine Sensitivitätund Spezifität von 96% bzw. 93,5% auf,der Farbdoppler von 100% bzw. 93%.Die Doppler-Sonographie schneidetmit 81% bzw. 77% etwas ungünstiger ab.Die MRT erreicht zwar im Bereich derV. cava superior und der V. jugularis in-terna und externa eine Sensitivität von100%, fällt jedoch in der Schulterregionauf 83% ab. Nichtokklusive, wandstän-dige Thromben können mit der MRT indieser Region nicht zuverlässig darge-stellt werden [12].

Die Phlebographie der oberen Ex-tremität sollte möglichst an einer DSA-Anlage durchgeführt werden. Prinzi-piell kann jede Vene zur Punktiongewählt werden, die distal des darzu-stellenden Abflußgebietes liegt. ZurDarstellung der zentralen Strombahnsollte die V. mediana cubiti punktiertwerden, die in der Ellbeuge schräg nachmedial verläuft und die ihren Abstromdirekt über die tiefen Venen des Ober-arms hat. Zur besseren Beurteilung me-diastinaler Prozesse empfiehlt es sich,

a b

Abb. 7a, b m Vermutlich alter Verschluß der V. cava superior und der V. azygos mit Abbruch der Kon-trastmittelsäule (schwarzer Pfeil): Kollateralkreislauf über die V. hemiazygos (weiße Pfeile) und dieV. cava inferior in den rechten Vorhof. Patientin, 56 Jahre, nach mehrfacher Anlage eines zentralenVenenkatheters. Aktuell neuer eingebrachter Katheter (Dreiecke) nur schwach rückläufig

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mität dargestellt. Bei einem komplettenVerschluß eines Segmentabschnitteskommt es zum Abstrom des Kontrast-mittels über ein Kollateralnetz: ist die V.anonyma oder die V. subclavia ver-schlossen, bilden sich Kollateralen zurkontralateralen Seite über die Vv. mam-mariae, die Intercostalvenen, die Vv. ju-gularis externa et interna und anderecervicale und oberflächliche Venensy-steme (Abb. 6). Beim Verschluß der V.cava superior fließt das Kontrastmittelmeist über Kollateralen zur V. azygosund hemiazygos in die V. cava inferiorund rechten Vorhof ab (Abb. 7).

Schlußbemerkungen

Die venösen Gefäßregionen des Körperskönnen in angiographischer Technikmit Kontrastmittel zuverlässig darge-stellt werden. Die Phlebographie kannin vieler Hinsicht noch als Goldstan-dard angesehen werden. Die Ultra-schallverfahren, MR- und CT-Venogra-phie sind Alternativverfahren mit spezi-ellen Vorzügen und Nachteilen. Durchdie Einführung der nichtionischen Kon-trastmittel und dosissparender digitalerDurchleuchtungssysteme wurden dieNebenwirkungen und die Belastung desPatienten deutlich reduziert. Ihr beson-derer Vorteil ist die objektive Dokumen-tation der Untersuchungsergebnisseund die detailgenaue und übersichtlicheanatomische Information.

Nachteile der Kontrastmittelunter-suchungen sind ihre Invasivität und dieKontraindikationen. Dann ist der Ein-satz nicht-invasiver Verfahren indiziert.In bestimmten Situationen und Gefäß-gebieten kann CO2 als alternatives Kon-trastmittel verwendet werden. UnterBerücksichtigung dieser Aspekte kön-nen die Kontrastmitteluntersuchungenam Venensystem dennoch als eine rela-tiv universelle Methode angesehen wer-den.

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