EUTERGESUNDHEIT
Die Diagnose der Mastitis Ein wesentlicher, die Milchqualität beeinflussender Faktor stellt die Euterentzündung (Mastitis), insbesondere deren subklinische Form, dar. Die klinische Mastitis besitzt unter ökonomischen Gesichtspunkten eine hohe Relevanz, wobei zusätzlich der Tierschutzaspekt berücksichtigt werden muss. Da es ebenfalls zahlreiche verschiedene Erreger gibt, ist eine Diagnostik unbedingt notwendig, um eine erfolgreiche Therapie zu gewährleisten.
Michael Zschöck, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, Gießen
Hohe Anzahl verschiedener Erreger macht Diagnostik unverzichtbar
Allgemein zählen Mastitiden zu den wichtigsten Erkrankungen im Rinderstall und sind nach den Fruchtbarkeitsstörungen zweithäufigste Abgangsursache von Kühen. An der Krankheitsentstehung sind neben der Kuh selbst auch zahlreiche Umweltfaktoren sowie spezifische Krankheitserreger, die sogenannten Mastitiserreger, beteiligt. Es gibt Unterschiede zwischen den verschiedenen Erregerarten, auch innerhalb einer Art wurden unterschiedliche Stämme mit unterschiedlichen Virulenzfaktoren beschrieben. Prinzipiell kann man klassische oder kontagiöse (z. B. Streptococcus agalactiae) sowie umweltassoziierte oder konstitutionelle (z.B. Streptococcus ube-
ris) Erreger unterscheiden. Diese variieren bezüglich ihrer krankmachenden Wirkung zum Teil erheblich. Zur Beurteilung des Eutergesundheitsstatus einer Milchviehherde sowie zur Einleitung von Sanierungs- oder Therapiemaßnahmen ist eine eingehende vorausgehende Diagnostik daher alternativlos. Die Grundlage der Diagnostik der Mastitis bildet eine Kombination aus Erregernachweis und Entzündungsnachweis im Euterviertel.
Sowohl die Probenahmetechnik als auch die Labormethoden für diese sogenannte zytobakteriologische Untersuchung wurden auf der Grundlage internationaler Empfehlungen vom Sachverständigenausschuss der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) in Form von Leitlinien zusammengestellt und ergänzt.
Ein geschwollenes und gerötetes Euter sind äußerer Symptome einer Mastitis. Foto: Reinecke
2 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •
Die Ergebnisse bakteriologischer Untersuchungen von Viertelanfangsgemelksproben sind als fundamental für die Beurteilung des Status der Eutergesundheit und für die Einleitung spezifischer Sanierungsmaßnahmen anzusehen. Zudem wird zunehmend der Einsatz von Chemotherapeutika bei landwirtschaftlichen Nutztieren infrage gestellt. Daher sollten antibiotische Therapiemaßnahmen nur bei strengster Indikationsstellung und möglichst gezielt erfolgen und nur auf die notwendigen Fälle beschränkt bleiben. Auch dabei unterstützt die bakteriologische Untersuchung.
Wie erfolgt eine bakteriologische Untersuchung?
Um eine aussagekräftige bakteriologische Untersuchung durchfü hren zu können, muss genauestens darauf geachtet werden, dass möglichst keine Keime aus der Umgebung der Tiere (Haarkleid) in die zu untersuchende Milch gelangen. Wird dies nicht beachtet, können Schmutzkeime die bakteriologische Auswertung erheblich erschweren bzw. unmöglich machen. Weiterhin wird die Interpretation des Befundes erschwert. Dann kann - insbesondere beim Nachweis umweltassoziierter Mastitiserreger - im Nachhinein nicht mehr sicher beurteilt werden, ob der isolierte Keim die Ursache der Euterentzündung ist oder ob es sich um eine Kontamination aus der Umwelt handelt. Für die Milchprobenentnahme sind unbedingt sterile Probenröhrchen zu verwenden.
Im Labor werden die Viertelgemelksproben mittels eines sterilen Glasspatels auf einen geeigneten Nährboden aufgebracht. Diese Agar-Platten enthalten alle notwendigen Nähr- und Wuchsstoffe,
um das Bakterienwachstum in der Kultur zu ermöglichen. Es erfolgt die Bebrütung in einem Brutschrank bei 37 °C, zunächst für 18-24 h. Nach einer 1. Beurteilung müssen die Kulturen für weitere 18-24 h in den Brutschrank. Bestimmte Bakterienarten zeigen erst nach 36-48 h ihr charakteristisches Wachstum. Die meisten Mastitiserreger können aufgrund ihres charakteristischen Aussehens bereits in der Kultur identifiziert werden. Gelegentlich sind jedoch noch weitergehende Untersuchungen (Biochemie, MALDI-TOF, Molekularbiologie) notwendig, um die Bakterienart bis auf Spezies- oder sogar Stammebene zu bestimmen. Dabei werden zum Beispiel bestimmte Stoffwechselleistungen der Bakterienisolate geprüft, um anhand dieser Einzelergebnisse eine Diagnose des vorliegenden Mastitiserregers zu erhalten. Diese kulturelle Anzüchtung der Mastitiserreger bietet zudem den Vorteil einer sogenannten In-Vitro-Resistenztestung, also der Antibiotikaempfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm). Dabei wird die Wirksamkeit der verschiedenen Wirkstoffe im Labor (in vitro) überprüft und es erfolgt eine Einteilung des Erregers in empfindlich, mäßig empfindlich oder resistent. Durch die Erstellung von Antibiogrammen kann das betroffene Euterviertel gezielt mit einem wirksamen Präparat behandelt werden und die Entstehung von Resistenzen kann durch die direkte Wahl eines geeigneten Antibiotikums minimiert werden.
Neue Techniken zur kurzfristigen Diagnose
Diese zuvor beschriebene mikrobiologische Diagnostik dient der Identifizierung ggf. auch Isolierung pathogener Mikroorganismen, wobei derzeit in der Bakteriologie kulturelle Untersuchungsverfahren nach wie vor dominieren. Abhängig von der Wachstumsdauer der Erreger nimmt die Untersuchung einige Tage (i. d. R. 2) in Anspruch. Demgegenüber erfordert therapeutisches Handeln i. d. R. eine kurzfristige Diagnosestellung. Auch aus diesem Grund werden moderne Nukleinsäure-gestützte Verfahren (z.B. die Polymerase-Kettenreaktion - PCR) zunehmend auch in der mikrobiologischen Diagnostik eingesetzt.
Diese Methoden ergänzen bzw. komplettieren zurzeit kulturelle Untersuchungstechniken. Auch in der veterinärmedizinischen Mastitisdiagnostik lässt sich die PCR prinzipiell zur Untersuchung von Milchproben (Viertelgemelksproben/Einzelmilchproben/Sammelmilchproben) anwenden. In der internationalen Literatur wurden bereits einige PCR-Nachweisverfahren zu den wichtigsten Mastitiserregern veröffentlicht. Aktuell sind sogar bereits kommerzielle Testkits auf dem Markt verfügbar. Der DVG-Sachverständigenausschuss hat mögliche Einsatzgebiete in der Mastitisdiagnostik benannt. Unter Würdigung der · bisher publizierten PCR-Untersuchungsverfahren zu den verschiedenen Mastitiserregern wurden Empfehlungen für den zukünftigen Einsatz dieser Techniken gegeben.
Bei der klinischen Mastitis kommen prinzipiell verschiedene Erreger bzw. Erregergruppen in Betracht, die aufgrund des Krankheitsbildes allein nicht unterscheidbar sind. Da aktuell nicht für alle potenziell infrage kommenden Mastitiserreger PCR-Tests zur Verfügung stehen, kann derzeit auf eine kulturelle Untersuchung nicht verzichtet werden.
Demgegenüber sind bestimmte Mastitiserreger (z.B. Mycoplasmen, Chlamydien und Rikettsien) schwer kultivierbar und werden im Rahmen der Routinediagnostik bisher nicht oder
EUTERGESUNDHEIT
Bei der bakteriologischen Untersuchung streicht das Labor die Viertelgemelksproben auf einen Nährboden. Im Brutschrank wachsen dann - bei Vorhandensein - die Bakterienkulturen an, die
Flocken in der Milch weisen auf eine klinische Mastitis hin.
anschließend identifiziert werden können. Foto: Zschöck
nur auf besondere Anforderung erfasst. Im Hinblick auf das diagnostische Spektrum und die Schnelligkeit der Testdt1rchführung ergeben sich hier klare Vorteile beim Einsatz dieser PCR-Tests.
Therapie hängt von Erregern ab
Auch im Falle antibiotisch vorbehandelter Patienten könnte die PCR vorteilhaft eingesetzt werden. Aufgrund derbesonderen Gegebenheiten bei der Untersuchung von Milchproben sind jedoch Kriterien zur Ergebnisbeurteilung dringend erforderlich. Während z.B. allein der qualitative Nachweis kontagiöser Mastitiserreger (S. agalactiae, S. aureus) positiv zu bewerten ist, bedarf es bei den umweltassoziierten Mastitiserregern einer quantitativen Beurteilung. Um Fehlbewertungen durch Kontaminationen der Proben - umweltassoziierte Erreger sind in der Umgebung der Tiere weit verbreitet - oder Strichkanalbesiedlung sicher auszuschließen, sind entsprechende Beurteilungsstandards notwendig. Gleiches gilt für die Bewertung von Mischkulturen.
Bei der subklinischen Mastitis handelt es sich um eine Leitkeim- und Herdendiagnostik. Welche Mastitiserreger können als Ursache in dem betreffenden Betrieb angesprochen werden? Abhängig von den nachgewiesenen Erregern kommen unterschiedliche Therapie- und Prophylaxekonzepte zur Anwendung. Es gelten prinzipiell die bereits bei der Diagnostik der klinischen Mastitis angeführten
Argumente. Schwer kultivierbare Erreger haben hier allerdings ebenso wie der Faktor „Zeit" eher eine untergeordnete Bedeutung. Auch die Antibiotikatherapie besitzt gegenüber der Umsetzung des Sanierungskonzepts meistens eine geringere Priorität. Dementsprechend wird aktuell im Bereich der subklinischen Mastitis, nicht zuletzt nach Abwägung der Kosten-Nutzen-Relation, keine vordringliche Indikation für den Einsatz der PCR gesehen.
Tan~milchscreening als Uberwachung
In der Tank-/Bestandsmilch können verschiedenste Bakteriengattungen und -arten nachgewiesen werden. In Verbindung mit Fragen zur Eutergesundheit deutet der Nachweis von kontagiösen oder klassischen Mastitiserregern immer auf ein vorliegendes Mastitisproblem hin. Demgegenüber bedeutet der Nachweis von coliformen Erregern (E. coli, Enterobacter sp., Citrobacter sp.) oder sogenannten Umweltstreptokokken (S. uberis, S. dysgalactiae) sowie Koagulase-negativen Staphylokokken nicht zwingend eine erhöhte Mastitis-Vorkommenshäufigkeit.
Eine Untersuchung der Tank- oder Bestandsmilch kann allerdings niemals eine Viertelgemelksprobenuntersuchung ersetzen . Vielmehr dient das Verfahren lediglich als laufende Überwachung der Eutergesundheitssituation (Screening). Auch in diesem Bereich könnte ein mög-
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Foto: Reinecke
liches Einsatzgebiet für die PCR liegen. Bestandsmilchproben könnten regelmäßig sensitiv und spezifisch auf kontagiöse Mastitiserreger untersucht werden. Auch wäre die Möglichkeit der Automatisierung der PCR hier ein Vorteil. «
• Fazit Bei der Diagnostik der klinischen Mastitis und beim regelmäßigen Tankmilchscreening auf kontagiöse Erreger ergeben sich somit mögliche Einsatzgebiete der PCR. Das Untersuchungsverfahren stellt somit eine sinnvolle Ergänzung, auch in der Mastitiserregerdiagnostik, dar. Allerdings werden gegenwärtig noch nicht alle möglichen Erreger abgedeckt, sodass auf die herkömmliche l<ulturuntersuchung nach wie vor nicht verzichtet werden kann .
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Michael Zschöck
Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL), Gießen
EUTERGESUNDHEIT
Was leistet der Eutergesundheitsbericht?
Eine Euterentzündung ist sowohl für die Milchkuh als auch für den Landwirt keine Bagatelle. Für das Tier bedeutet es starke Schmerzen mit der Gefahr von Folgeschäden bis hin zum Abgang, für den Landwirt bedeutet es erhebliche finanzielle Verluste durch Behandlungsaufwendungen und Milchgeldausfall. Um das zu vermeiden, stellt die Milchleistungsprüfung die Grundlage für die Überwachung der Eutergesundheit dar. Was aber bietet der sogenannte Eutergesundheitsbericht?
Dr. Ute Philipp, TVL, Meiningen
Nicht zu unterschätzen ist neben dern finanziellen Verlust auch die emoti
onale Belastung, wenn ein Tier, welches man viele Jahre gefüttert und versorgt hat, schwer erkrankt und gegebenenfalls den Bestand verlassen muss. In 'föüringen, wie auch in anderen Bundesländern, resultieren die meisten Abgänge der vergangenen Jahre aus Eutererkrankungen - sie bilden somit den größten monetären Verlust und verursachen einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden.
Eutergesundheitsbericht erweitert M LP
Voraussetzung für die Einschätzung der Eutergesundheit einer Herde ist die
regelmäßige und umfangreiche Erfassung von Daten. Die Milchleistungsprüfung bietet hierfür die Grundlage und liefert die notwendigen Informationen für den monatlichen MLP-Bericht. Allein dieser Bericht ist für ein erfolgreiches Herdenmanagement mit dem Fokus auf eine gute Tiergesundheit unerlässlich. Die Erweiterung des MLP-Berichtes um den Eutergesundheitsbericht ist ein gelungener Schritt, aus den monatlichen Zellzahlen jeder Milchkuh zusätzliche Kennzahlen und Vergleichswerte für das innerbetriebliche Management zu generieren.
Milchkuhbetriebe in Thüringen verfügen in den meisten Fällen über Herdenmanagementprogramme, die be-
reits umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten zur Eutergesundheit liefern. Die Nutzung dieser Module ist jedoch sehr differenziert und geht gehäuft im Alltagsgeschehen unter. Darüber hinaus ist ein überbetrieblicher Vergleich nicht gegeben. Die Kennzahlen des Eutergesundheitsberichtes sind für uns als Berater durch die Nutzung von spezieller Agrarsoftware nicht neu. Viele Kennzahlen wie z.B. Heilungsrate, Neuinfektionsrate oder Erstlaktierendenmastitisrate konnten bereits betrieblich genutzt werden . Der Eutergesundheitsbericht fokussiert aber auf ein grundsätzliches Problem, bereitet vorhandene Daten für alle Betriebe einheitlich auf und liefert Vergleichskennzahlen. Diese „Bewusstseinsschmiede" ist ein eindeutiges Be-
Eine saubere und trockene Abkalbebucht ist Voraussetzung für einen eutergesunden Start in die Laktation. Foto: Philipp
• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 5
EUTERGESUNDHEIT
0 Botrlab: M. Oplus
Eutergesundheitsbericht B•zlrk. S3lll mllch plus !1LP: 11.10.2011,
> Zellzahlverlauf der vergangenen 1.2 Monate (in 1.000 Zellen/ ml)
180
160
140
120
100
80
60
40
" Ok1 2013 No, "" ''" Feb Mä, Ap, Mai '"" Aug s,p Okt2014
- Kühe ~ 2. Laktation (Okl: a 1 so.ooo Zellen/rn!) - Erstla~tierende (Okt: O 102.000 Zellen/ml)
> Anteil Tiere in Zellzahlklassen (in °/, )
100
80
60
40
20
April Mol '"" A"g ,,, - s l00.000 > 100.000 · s 200.000 - > 200.000. s400.000 - > 400.000
> Newinfektionsrate in der Laktation'
o) noch Prllfmonaten (in %)
,0 1
• 1 ·-- ~- -~----~-~
- ~ b - - =
Okt
> Eutergesunde Tiere'
Zellzahlklassen Anuhl Anlell (%1 Tendenz Spitzen-zum belriebe
Vo1mona1 1%1
ZZ .s 100.000 166 55 .,.
76
U > 100.000 - s 200.000 60 20 ,1.
zz > 200.000 • < 400.000 52 17 t 22 > 400.000 22 ,1.
--------Total 300
1 Ant!;!li derTie<c mir .s: 100.000 Zel11m/ n1l ;in "lle.n laktlerend1m Tieren In der aktuellen MLP
b) nach Loktotlonstogen (Okt 2014)
Laktal lan!lage s 100 101-200 lOl-300 > 300 ----Anzahl eutergesunde Tiere im Vormonat 80 40 20 lO
Am:ahl Neuinfektionen 10 0
Anteil Neuinfektionen (%) 13 0 20
- Neuinfektions,.ite (%) in den Prürmonaten
- Neuinfektionsrate (-111) der besten Belllebe
2 Anteil de, n e,e mit > 100.000Z(!llen/mll11 der aktueUenMLP an a1ll'nTleren mil s 100.000Ze!len/ml In der vorhe1l9en MLP
Total
160
16
10
Der Eutergesundheitsbericht bietet zusätzliche Kennzahlen und verbessert damit die Über-wachung der Gesundheit. Foto: mi/chQp/us
kenntnis zur Verbesserung der Gesundheit und Robustheit unserer Milchkühe und liegt damit im Interesse der Milcherzeuger.
Die Nutzung und Interpretation des Eutergesundheitsberichtes ist für erfahrene Milchproduzenten und Berater einfach und teilweise selbsterklärend. Voraussetzungen sind zum einen Kenntnisse über betriebsspezifische Managementstrategien und zum anderen Besonderheiten der verschiedenen Prüfmethoden. Die geringeren Zellzahlen im Morgengemelk und die leicht erhöhten Zellzahlen im Abendgemelk müssen mit der Anwendung der alternierenden Prüfmethode bei der Interpretation des Eutergesundheitsberichtes Berücksichtigung finden.
Welche neuen Kennzahlen gibt es?
Ein verringerter Anteil eutergesunder Tiere in Kombination mit einer gestiegenen Neuinfektionsrate in der Laktation sollte den Betrieb veranlassen, nach aktuellen Schwachstellen z.B. in der Melktechnik oder im Melkprozess zu suchen. Dazu hat sich Thüringen eine eigene Checkliste „Verfahrensanalyse Milchgewinnung" erarbeitet. Fehlerhafte Melkroutine birgt Gefahren, die oft kostenfrei reguliert werden können. Durch erfahrene Außendienstmitarbeiter wird hier gemeinsam mit den Melkern während des Melkprozesses nach Schwachstellen in der Technik bzw. im Melkablauf und der Melkhygiene gesucht. Weitere Analysen in den Bereichen Herdenmanagement
6 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •
und Fütterung sollten zusätzliche Berücksichtigung finden. Auch hier bieten wir in Thüringen neutrale Beratungsleistungen an. Der Eutergesundheitsbericht ist in jedem Fall Bestandteil dieser Beratungen. Gerade in größeren Milchkuhbeständen gilt es, objektive Bewertungsmaßstäbe zu ermitteln, um den subjektiven Blick betrieblicher Mitarbeiter zu klären und eventuell alte Gewohnheiten und Erfahrungen neu zu prüfen.
So vielfältig wie die Kälber- und Jungrinderaufzucht ist in den verschiedenen Betrieben das Management der Trockenperiode. Hier unterscheiden sich die Betriebe im Verfahren des Trockenstellens, der Haltung, Fütterung und Länge der Trockenstehzeit erheblich. Die Neuinfektions- und Heilungsrate in der Trockenperiode sind Kennzahlen, die das gesamte Verfahren objektiv bewerten. Die Anwendung prophylaktischer Maßnahmen, wie antibiotische Trockensteller und Zitzenversiegler, geraten genauso auf den Prüfstand wie die Haltungshygiene in der gesamten Trockenperiode bis h in zur Abkalbung.
Die Erstlaktierendenmastitisrate ist nach zwei Jahren Aufzucht die erste Kennzahl zur Eutergesundheit einer Milchkuh. Die Ursachen einer diesbezüglich bestehenden Problematik sind vielfä ltig und setzen voraus, dass man den Milchkuhstall verlässt, um die ,,Blackbox" der Kälber- und Jungrinderaufzucht transparenter zu gestalten. Bereits hier sind mögliche Ursachen einer späteren Euterproblematik in einer mangelnden Versorgung der Milchkälber zu finden. Natürlich spielen auch insbesondere bei den Färsen alle Faktoren der Haltung und Fütterung im Abkalbebereich eine Rolle.
Ab wann ein Tier als chronisch euterkrank gilt, war in der Vergangenheit im Beratungsgespräch oft ein strittiger Diskussionspunkt. Erst einheitliche, wissenschaftlich fundierte Vorgaben machen eine Bewertung des Anteils euterkranker Tiere mit schlechten Heilungsaussichten im mon atlichen Verlauf innerbetrieblich und im Vergleich überbetrieblich sinnvoll. Die Darstellung der Einzeltiere fokussiert sowohl den Landwirt als auch den Tierarzt auf die entsprechenden Tiere und erleichtert gemeinsam mit den einzeltierbezogenen zusätzlichen Diagnose- und Behandlungsdaten die Entscheidung für ein weiteres Vorgehen.
Welche Kennzahlen liefert der Eutergesundheitsbericht?
1. Anteil eutergesunder Tiere = Anteil der Tiere mit::; 100.000 Zellen/ml an allen laktierenden Tieren in der aktuellen MLP.
2. Neuinfektionsrate in der Laktation = Anteil der Tiere mit> 100.000 Zellen/ml in der aktuellen MLP an allen Tieren mit::; 100.000 Zellen/ml in der vorherigen MLP.
3. Neuinfektionsrate in der Trockenperiode = Anteil der Tiere mit> 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Tieren mit::; 100.000 Zellen/ml zum Trockenstellen.
4. Heilungsrate in der Trockenperiode = Anteil der Tiere mit::; 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Tieren mit> 100.000 Zellen/ml zum Trockenstellen.
5. Erstlaktierendenmastitisrate = Anteil der Erstlaktierenden mit> 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung an allen Erstlaktierenden in einem Jahr.
6. Anteil chronisch euterkranker Tiere mit schlechten Heilungsaussichten = Anteil der Tiere, die jeweils > 700.000 Zellen/ml in den letzten 3 MLP aufweisen, an allen aktuell laktierenden Tieren.
M edikamenteneinsatz optimieren
Neben der Zielstellung, die Gesundheit und Robustheit der Milchkühe zu verbessern, ist es ein weiteres allgemeines betriebliches Bestreben, den Medikamenteneinsatz zu optimieren. In Thüringen werden bereits seit 10 Jahren in zahlreichen Betrieben Gesw1dheitsdaten erfasst, aktuell bereits von 30 % aller Thüringer Milchkühe. In diesen Betrieben wissen wir insbesondere wie viel Prozent des Bestandes eine Euterentzündung, d . h. Mastitiserkrankung in den letzten 12 Monaten hatten und vor allem, wie häufig und intensiv eine Behandlung notwendig war. Gemeinsam mit dem Eutergesundheitsbericht und den Diagnosen zur Mastitiserkrankung kann der Betrieb konkrete Aussagen zum Status der Eutergesundheit treffen und gemeinsam mit dem Tierarzt Behandlungsstrategien prüfen. So ist ein Milchkuhbestand mit geringen Zellen, aber einem hohen Anteil an Tieren mit Mastitisdiagnose genauso wenig erwünscht wie ein Milchkuhbestand mit hohen Zellen und einem nur geringen Behandlungsaufwand. In beiden Fällen sind gezielte Maßnahmen über den Tierarzt und Herdenmanager einzuleiten. Hier werden theoretische Kennzahlen mit praktischen Daten verknüpft. Diese liefern gerade hinsichtlich des sinnvollen Medikamenteneinsatzes, d. h. bezüglich
der Intensität und des Erfolges, einen Mehrwert an Informationen.
Fazit
Der Eutergesundheitsbericht ist in jedem Fall eine gelungene Investition in die Zukunft. Das Bestreben der Landwirte, sich nicht mehr mit den 25 % besten Betrieben in der Milchleistung, sondern mit den 25 % Betrieben mit der niedrigsten Herdenzellzahl zu vergleichen, wird in zahlreichen Beratungsgesprächen deutlich. Der Eutergesundheitsbericht und speziell in Thüringen der Gesundheitsbericht, der u. a. den Anteil aller behandelten Mastitisdiagnosen ausweist, sind gemeinsam ein erfolgreiches Instrument, die Gesundheit und Nutzungsdauer unserer Milchluihbestände zu verbes-sern.
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Dr. Ute Philipp
Thüringer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e. V. (TVL), Meiningen
Telefon: 0163 7497738 [email protected]
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EUTERGESUNDHEIT
Welche Kosten verursachen Mastitiden?
Störungen der Eutergesundheit gehören zu den häufigen Erkrankungen der Milchkühe. Auch wenn die deutschen Milchkühe in den letzten Jahren messbar eutergesünder werden, treten noch immer Eutererkrankungen auf. Diese können subklinisch (nicht direkt sichtbar - nur anhand der Zellzahl identifizierbar) oder klinisch (direkt sichtbar z.B. durch Flocken in der Milch oder andere Veränderungen der Milch, der Milchdrüse oder der Allgemeingesundheit des Tieres) sein. Verursacht werden Störungen der Eutergesundheit überwiegend durch Mikroorganismen, aber auch durch Verletzungen oder chemische Reize.
Volker Krömker und Jan-Hendrik Paduch, Hochschule Hannover
Subklinische und klinische Mastitiden verursachen hohe Kosten, die
sich aus Verlusten und direkten Ausgaben zusammensetzen. Wesentliche Positionen stellen die Kosten einer reduzierten Milchleistung, die Verluste durch nicht lieferfähige Milch, Merzung bzw. Remontierung, Verbreitung eines Infektionserregers in einem Bestand, für die Therapie (Arzneimittel, Tierarztkosten) sowie das erhöhte Risiko für ein Tier, an anderen Gesundheitsstörungen zu erkranken, dar (IDF, 2005).
Verluste
Euterentzündungen führen zu Milchleistungsminderungen der betroffenen Drüsenkomplexe, die bis zur totalen Stagnation der Milchproduktion auf diesem Viertel führen können. Im Mittel sinkt die produzierte Milchmenge von erkrankten Drüsenvierteln um ca. 30 %. Im Gegenzug können die benachbarten Drüsenviertel diesen Verlust durch Mehrleistung von bis zu 15 % in 14 Tagen zum Teil kompensieren. Der Umfang des Milchleistungsrückganges ist von der Art des verursachenden Erregers, dem Umfang der Schädigung, dem Zeitpunkt der Schädigung, dem Alter der Kuh und der Anzahl erkrankter Euterviertel abhängig. Neben dem Leistungsrückgang fallen Verluste durch Hemmstoffrnilch, durch Mehrarbeit und durch eine erhöhte Remontierungsrate aufgrund von Störungen der Eutergesundheit sowie ggf. Abzüge vom Auszahlungspreis der Milch aufgrund der Überschreitung von Zellzahlgrenz-
Gesunde Euter führen zu deutlichen Kostenreduktionen, da Mastitiden die teuersten Erkrankungen in Milchviehbetrieben darstellen. Eine klinische Mastitis kostet zwischen 200 und 550 Euro. Foto: AgroConcept
werten an (Krömker 2000, Seegers et al. 2003).
Den ökonomischen Verlusten durch nicht abgelieferte Milch, die aufgrund einer klinischen Mastitis oder von Hemmstoffen nicht in die Lieferkette gelangen darf, stehen jedoch die weiterlaufenden Kosten für die Fütterung gegenüber (IDF 2005). Nicht lieferfähige Milch wird allerdings häufig zur Fütterung der Kälber als „kostengünstige" Alternative zum Milchaustauscher verwendet (IDF 2005), obgleich durch diese Praxis möglicherweise Antibiotika-Resistenzen entstehen
und - falls kein Milchpasteur eingesetzt wird - die Eutergesundheitsstörungen verursachenden Mikroorganismen (insbesondere Streptococcus agalactiae und Mycoplasmen) in einem Betrieb verbreitet werden können.
Aufgrund von Verarbeitungsbeschränkungen und Produktionsbelastungen durch zellzahlhohe Milch kommen weitere, nur schwer einschätzbare Verluste hinzu. So können auf der Ebene der Molkerei Ausbeuteverluste und sensorische Fehler, auf der Produktebene Haltbarkeitsprobleme entstehen.
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Einen beispielhaften Überblick über die wirtschaftlichen Verluste dmch Mastitiden gibt die Abbildung (siehe Seite 10).
Ausgaben
Erhöhte Ausgaben entstehen für notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen.
Verschiedene Arbeiten aus unterschiedlichen Ländern beziffern die Mastitiskosten pro Kuh und Jahr einer Milchviehherde mit Werten von 60 bis 100 € (Huijps et al. 2008, Halasa et al. 2009, Hagnestam-Nielsen et al. 2009, Bar et al. 2012). Jeder klinische Mastitisfall verursacht Kosten zwischen 200 und 550 €(z.B. Steeneveld et al. 2011). Dabei entstehen die höchsten Kosten, wenn Mastitiden im ersten Laktationsdrittel auftreten.
Hinzu kommt, dass Mastitiden die Entstehung anderer Gesundheitsstörungen begünstigen können. So kommt es nach Mastitiden z.B. zu Störungen der Fruchtbarkeit (längere Güstzeit, höherer Besamungsindex, niedrigere Träch-
EUTERGESUNDHEIT
Eine langfristige Senkung der l<osten von Mastitiden gelingt nur, wenn die Neuinfektions-rate in der Laktati~n und in der Trockenperiode sinkt. Foto: landpixel
tigkeitsraten und höhere Embryosterblichkeit (Barker et al. 1998, Schrick et al. 2001, Chebel et al. 2004, Santos et al. 2004, McDougall et al. 2005, Lavon et al. 2011)).
Untersuchungen aus Niedersachsen kommen zu dem Ergebnis, dass die mastitisbedingten Kosten jeden Liter produzierter Milch mit 1,5 bis 2 Cent belasten (EGD 2003, Krömker 2015). Damit sind
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EUTERGESUNDHEIT
Abbildung: Kalkulation der durch Mastitiden verursachten wirtschaftlichen Verluste für einen Beispielbetrieb mit 100 Künen
Tierarztkosten 1 %
Hemmstoffmilch 3 %
Arzneimittel 4 %
Remontlerungskosten 37%
Mehrarbeit 1 %
verringerte Milchproduktion 54 %
Beispiel bei 9.000 kg laktationslelstung, 30 % Remontierungsrate, ca. 200.000 Zellen/ml HSM, 40 % klln. Mastitisfälle = 19.800 € Mastltisgesamtkosten
die Kosten durch Mastitiden pro Kuh einer Herde größer als die Kosten von Lahmheiten oder Fruchtbarkeitsstörungen.
Auch wenn eine vollständige Realisierung dieser Beträge sicher nicht wahrscheinlich ist, zeigen Spitzenbetriebe, dass eine Realisierung von mindestens 1 Cent pro kg Milch bei sehr hohen Leistungen möglich ist.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei Wiederholungsfällen in einer Laktation die direkten Kosten für die Behandlung und durch die Verluste durch nicht lieferfähige Milch höher sind als bei Erstfällen. Zurückzuführen ist dies vermutlich auf die schlechtere Heilung der Wiederholungsfälle und eventuell auf die längere Therapie (Pinz6n-Sänchez et al. 2011, Grieger et al. 2014).
Untersuchungen aus den Niederlanden zeigen, dass Landwirte die wahren
Kosten von Mastitiden häufig unterschätzen. Nur 8 % der Landwirte schätzen die Kosten von Mastitiden für ihre Betriebe richtig ein und 71 % der Landwirte unterschätzen diese (Hogeveen et al. 2014).
Maßnahmen der Verbesserung
Eine langfristige Verringerung der Kosten von Mastitiden gelingt nur, wenn die Neuinfektionsraten der Milchdrüsen in der Laktation und in der Trockenperiode sinken. Diese Größen lassen sich einfach kontrollieren, da sie im Rahmen der Milchleistungsprüfung ermittelt und ausgewiesen werden.
Eine Senkung der Neuinfektionsraten kann durch verbesserte Standards der täglichen Arbeit erreicht werden. Hierzu gehören vor allem:
1 0 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.)
• die Stall- und Boxenhygiene, • die Melkarbeit und Melkhygiene, • die Fütterung und • die Behandlungs- und Merzungskon
zepte.
Die Qualität dieser Standards ist messbar und somit bewertbar. Beim Vergleich von Betrieben mit geringen und mit durchschnittlichen Kosten durch Mastitiden ist feststellbar, dass Arbeitsstandards mit etwas höheren zeitlichen Aufwendungen für die oben genannten Bereiche einhergehen - diese betreffen zum einen die Verrichtungen selbst, aber auch die Zeit, die zur Festlegung von Arbeitsabläufen und zur Kontrolle und Bewertung dieser erforderlich ist (Volli ng 2011). Für die Festlegung der optimalen Konzepte ist eine externe Hilfe sinnvoll . Investitionen in Standardverbesserungen gehen nahezu immer mit reduzierten Mastitiskosten einher. Für jeden hier investierten Euro kommt es zu verringerten Mastitiskosten von 1,5 € bis 5,0 €.
Die Literatur ist bei den Verfassern erhältlich. «
• Fazit Mastitiden sind wahrscheinlich die teuersten Erkrankungen in Milchviehherden . Die Verbesserung der Eutergesundheitssituation eröffnet Möglichkeiten zur deutlichen l<ostenreduktion . Die Verbesserung der Arbeitsstandards ist dabei der effektivste Schlüssel. Der dabei unter Umständen notwendige höhere Zeitaufwand wird in der Regel deutlich ökonomisch kompensiert.
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Prof. Dr. Volker l<römker Dr. Jan-Hendrik Paduch
Hochschule Hannover - Mikrobiologie [email protected]
EUTERGESUNDHEIT
Einfluss des Betriebsmanagements auf die Eutergesundheit
Mit größer werdenden Herden nimmt auch die Komplexität der Arbeit rund um die Tiere zu. Während das Einzeltier in vielen Betrieben nach wie vor im Mittelpunkt der Arbeit steht, gewinnt bei zunehmenden Tierzahlen die Vorbeugung von Erkrankungen auf Herdenebene an Bedeutung. Diese Veränderung des Managements lässt sich am Beispiel der Eutergesundheit sehr gut darstellen, da sowohl vermehrte Einzeltiererkrankungen (also klinische Mastitis) ebenso wie insgesamt erhöhte Zellzahlen den wirtschaftlichen Erlös, die Herdenstruktur und nicht zuletzt die Arbeit an den Tieren, beispielsweise im Melkprozess, stark bestimmen.
Dr. Joachim Lübbo Kleen, Cowconsult, Uplengen
Relevante Faktoren
So vielfältig das Betriebsmanagement eines Milcherzeugers ist, so verschieden sind auch die Einflüsse auf die Eutergesundheit der Herde. Eine erschöpfende Darstellung erscheint kaum möglich, aber es sollen im Folgenden einige besonders wichtige Aspekte beleuchtet werden, die die zwei relevanten Faktoren der Eutergesundheit beeinflussen: Die Neuinfektionsrate und den Anteil auffälliger Tiere. Diese Faktoren stellen gewissermaßen die zwei Seiten der Eutergesund-
heit einer Herde dar: Während die Neuinfektionsrate angibt, wie viele Tiere innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine neue Euterinfektion erleiden, wird der Anteil euterkranker Tiere maßgeblich von der Heilung und Entfernung der auffällig gewordenen Tiere bestimmt, denn je weniger euterkranke Tiere durch Selbstheilung, erfolgreiche Therapie oder letztlich auch zielgerichtete Merzung aus dieser Gruppe herausfallen, umso stärker wird der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtherde steigen. Es mag hierbei zunächst erstaunen, Merzung als Maßnah-
In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt sollte ein Betrieb regelmäßig seinen Leitkeim bestim-men lassen, damit man bei Bedarf gezielte Therapien durchführen kann. Foto: /andpixel
me aufgelistet zu sehen, doch sollte die Entfernung von Tieren aus der Milchproduktion als Teil des Eutergesundheitsmanagements verstanden werden.
Regelmäßige Datenanalyse
So geben die Eutergesundheitsberichte innerhalb der Milchleistungsprüfung (MLP) mittlerweile regelmäßig die Tiere an, die dreimal in Folge eine Zellzahl von mehr als 700.000 Zellen/ml aufweisen. Diese Tiere sind als unheilbar anzusehen, daher sollten Therapieversuche bei diesen Tieren unterbleiben und die Tiere baldmöglich gemerzt werden. Diese Maßnahme kann nicht nur schnell die Gesamt-Zellzahl der Herde senken, sie reduziert je nach Erregerlage unter Umständen auch das Ansteckungsrisiko für andere Tiere und kann dabei helfen, Ressourcen des Betriebes auf die Tiere zu lenken, bei denen eine Heilungsmöglichkeit besteht. üblicherweise wird mit Heilung erkrankter Tiere natürlich die Behandlung euterkranker Tiere verbunden. Auf die Einzelheiten der Mastitistherapie kann und soll hier nicht im Detail eingegangen werden, allerdings betreffen die Voraussetzungen einer erfolgreichen und zeitgemäßen Behandlung von Eutererkrankungen auch unmittelbar das Betriebsmanagement: Eine regelmäßige Analyse der Eutergesundheitsdaten, wie sie in der MLP erhoben werden, lenkt den Blick auf die Tiere, die einer Unterstützung bedürfen, und schafft Klarheit über die kurz- und langfristigen Veränderungen in der Eutergesundheit.
• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/201 6 (50. Jg.) 11
EUTERGESUNDHEIT
Melkhygiene: Zitzen mit speziellen Eutertüchern reinigen, saubere Handschuhe tragen und
Kühe mit hoher Zellzahl zuletzt melken. Foto: agrarfoto
Zusammenarbeit mit dem Tierarzt betreuenden Tierarzt erfolgen, um so auch den Erfolg bisher durchgeführter Maßnahmen besser abschätzen zu können. Ebenso in Abstimmung mit dem
Idealerweise sollte diese Auswertung der Daten in Zusammenarbeit mit dem
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Tierarzt sollte regelmäßig die Bestimmung des sogenannten „Leitkeims" der Herde erfolgen. Hierbei wird anhand einer passenden Stichprobe von bakteriologisch zu untersuchenden Milchproben auffällig gewordener Tiere festgestellt, welche Erreger die Erkrankungen in der Herde verursachen und welche Maßnahmen, insbesondere in der Therapie, daraus abzuleiten sind: Diese sind bei sogenannten „kuh-assoziierten" Erregern grundsätzlich anders als bei den „um- t weit-assoziierten" Erregern. Auch für die Auswahl passender Arzneimittel durch ij den Tierarzt ist die Information über den Leitkeim von überragender Bedeutung. Dies spielt insbesondere im Trockenstehermanagement eine Rolle.
Besonderes Augenmerk gilt der Trockenperiode
Die Trockenperiode kann allgemein als die Phase im Laktationszyklus angesehen werden, in der eine echte Heilung von euterkranken Tieren am besten möglich ist. Ein vom Tierarzt zielgerichtet ausgewählter antibiot ischer Trockensteller kann die Heilungswahrscheinlichkeit ebenso erhöhen wie der Einsatz von nicht antibiotischen Zitzenversieglern. Der Effekt von Maßnahmen rund um die Trockenperiode lässt sich ebenfalls gut mithilfe des Eutergesundheitsberichtes der MLP-Auswertung beobachten. Die Grundlage einer eutergesunden Herde mit einem gerin-
Dermatologisch getestet
gen Anteil euterkranker Tiere und entsprechend niedriger Gesamt-Zellzahl ist also vor allem das-Monitoring der Gesamt-Situation durch MLP-Auswertung und die Kenntnis der Erregerlage. Nur diese Informationen ermöglichen ein zielgerichtetes und wirksames Management der Eutergesundheit auf Betriebsebene.
Melkhygiene
Auch die Neuinfektionsrate ist von besonderer Bedeutung: Je mehr Tiereineinem bestimmten Zeitraum, also etwa von MLP zu MLP, ein Eutergesundheitsproblem entwickeln, desto mehr klinische Euterentzündungen werden auftreten, und auch die Gesamt-Zellzahl wird umso schneller steigen. Das Betriebsma-· nagement kann die Neuinfektionsrate in verschiedener Weise reduzieren. Hierbei ist wiederrum der Leitkeim innerhalb der Herde zu berücksichtigen, da euterpathogene Organismen wie z.B. Stdphylococcus aureus insbesondere während des Melkvorgangs übertragen werden. Die bekannten Elemente einer guten Melkhygiene sind hier von besonderer Bedeutung: Die Vorreinigung der Zitzen mit kuh-individuellen Tüchern, saubere Handschuhe und eine sinnvolle Melkreihenfolge, die Kühe mit hoher Zellzahl zuletzt in den Melkstand lässt, sind als Maßnahmen auf jedem Betrieb umzusetzen und zu relativ geringen Kosten wirksam in der Verringerung von Neuinfektionen.
W ie steht es um die Fütterung?
Die Fütterung spielt sicherlich eine wichtige Rolle in der Tiergesundheit allgemein, jedoch sollte die unmittelbare Wirkung von Fütterungsfehlern auf die Eutergesundheit nicht überschätzt werden. In jedem Fall ist die Fütterung aber dort von höchster Wichtigkeit, wo diese die Stoffwechselgesundheit beeinflusst. Kommen Tiere also beispielsweise mit einer ungünstigen Körperkondition (engl.: body condition score, BCS) zur Abkalbung, so steigt ihr Risiko, eine klinische oder subklinische Stoffwechselstörung (Ketose) zu entwickeln. Diese hat auch Einfluss auf die Infektionsabwehr im Euter und begünstigt so vermehrte Neuinfektionen in der Transitperiode. Eine regelmäßige Überprüfung des BCS und damit verbunden der Trockensteherfütterung als Teil der Stoff-
wechselkontrolle ist daher auch als zentrales Element des Eutergesundheitsmanagements zu sehen.
Worauf kommt es bei der Stallhygiene an?
Insbesondere bei Eutererkrankungen, die durch sogenannte „Umweltkeime" verursacht werden, gewinnt die Stallund Tierhygiene eine besondere Bedeutung. Auch hier kann, z.B. durch regelmäßige Hygienescores, eine Überprüfung als Teil des Managements erfolgen. Die Liegeflächen der Tiere beeinflussen deren Hygienestatus unmittelbar. Allgemein ermöglichen Tiefboxen, die mit Strohmischungen, Sand oder auch angetrockneten Produkten wie z.B. Gärresten gefüllt werden, eine bessere Hygiene am Tier und insbesondere am Euter. Für alle Einstreusubstrate gilt allerdings, dass sie eine regelmäßige Pflege der Liegebox durch Glätten und Nachstreu verlangen, insbesondere um ein „Versumpfen" der Box zu verhindern. Insbesondere Restprodukte werden häufig kritisch gesehen, ermöglichen aber bei guter Boxenpflege eine hervorragende Eutergesundheit des Bestandes. Zu beachten ist hierbei die Kategorisierung dieser Substrate als biologischer Produktionsrest. Auch „Hochboxen", also erhöhte Liegeflächen mit einer Auflage, ermögl.ichen grundsätzlich eine gute Hygiene am Tier. Hier gilt umso mehr, dass Pflege die Voraussetzung für den Erfolg ist. Bei der Wahleiner Ein- bzw. Aufstreu ist hierbei vor allem auf eine feuchtigkeitsbindende Wirkung des gewählten Substrates zu achten, um die Entstehung eines stark haftenden Schmierfilms zu verringern. Sägemehl ist wegen der oft hohen Keimbelastung und abrasiven Wirkung kritisch zu sehen, bewährt hat sich dagegen fein gemahlenes (nicht gehäckseltes!) Stroh. Dies kann, z.B. in Kombination mit anderen Substraten regelmäßig nachgestreut, auch auf Gummi- oder Kunststoffflächen für eine gute Hygiene am Euter sorgen und so die Neuinfektionsrate reduzieren. <<
aKONTAl<T •••
Dr. Joachim Lübbo Kleen
Cowconsult , Uplengen
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Höhere Konzeptionsrate bei der ersten Besamung
Weniger Besamungen bis zur Trächtigkeit
Höhere Trächtigkeitsrate am Tag 120 nach der Kalbung
Außerdem: erhöhte bakteriologische Heilungsrate
Fragen Sie Ihren Tierarzt.
Quelle: ' McDougall er ol. Addition or meloxicam lo the
treatment of clinical mastllis lmprolles subsequent reproductive perfermance. Akzeptiert Im Journal of Dalry Sclence.
EUTERGESUNDHEIT
Ein verdrehtes Melkzeug führt zu einer ungleichmäßigen Viertelbelastung und somit zu langen Blindmelkzeiten einzelner Euterviertel.
Wie beeinflusst die Melktechnik die Eutergesundheit?
Während des Melkvorgangs gibt es viele Faktoren, die Einfluss auf die Milchqualität bzw. damit einhergehend Einfluss auf die Eutergesundheit nehmen. Was vor, während und nach dem Melkprozess genau zu beachten ist, erläutert der folgende Beitrag.
Jürgen Oe/gesch/äger, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Die Gewinnung von Qualitätsmilch · hat in der heutigen Zeit auf den
Milcherzeugerbetrieben einen hohen Stellenwert erreicht. Dies beginnt schon mit dem Eintrieb in den Melkstand und sollte mit der nötigen Ruhe und Gelassenheit erfolgen. Bei einem vorgelagerten Vorwartehof sollte dieser nicht größer sein, dass die Wartezeit nicht über 1,5 Stunden hinausgeht. Für den Platzbedarf sind min. 1,5 m2 pro Kuh zu kalkulieren. Bei einer Nachtreibehilfe sollte diese mit einem akustischen Signal ausgerüstet sein. Auf den Einsatz von Strom sollte in diesem Bereich verzichtet werden.
Richtiges Anmelken
Bekanntermaßen handelt es sich bei Das Vormelken erfolgt korrekterweise in der Milchabgabe um einen neurohor- den Vormelkbecher.
14 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •
monell gesteuerten Vorgang, dem durch eine entsprechende Stimulation Rechnung getragen werden muss. Beim Vormelken mit Melkerhandschuhen reichen 2-3 kräftige Milchstrahlen aus, um die Zitzenzisternenmilch abzumelken und diese dann auf sinnfällige Veränderungen prüfen zu können. Für die Zitzenreinigung haben sich trockene oder schleuderfeuchte Mehrwegtücher bewährt, die in der Zwischenmelkzeit gewaschen werden und zur nächsten Melkzeit wieder zur Verfügung stehen. Selbstverständlich wird jeweils ein Tuch pro Kuh benutzt. Bei der Verwendung von gebrauchsfertigen, feuchten Eutertüchern sollten Sie darauf achten, dass die Reinigungslösung keinen Alkohol enthält, da dieser zum Austrocknen der Zitzenhaut neigt und diese auflange Sicht spröde und rissig werden lässt.
Positionierung des Melkzeuges
Nach dem Ansetzen der Melkzeuge ist eine gute Positionierung des Melkzeuges von großer Bedeutung. Ist eine ausreichende Positionierung bei herkömmlichen 30°-Melkständen oder Tandemmelkständen durch den Einsatz eines Servicearms gegeben, mehren sich diesbezüglich die Probleme bei den Melkstandformen, bei denen das Melkzeug durch die Hinterbeine der Kühe angesetzt wird! Hier sind insbesondere der 50°-Fischgrätenmelkstand, der Side-bySide-Melkstand und der seit mehreren Jahren vermehrt installierte Swing-OverMelkstand zu nennen. Es gilt, durch geeignete Maßnahmen das Gewicht des langen Milchschlauches abzufangen und durch eine gute Milchschlauchführung ein Verdrehen des Melkzeuges zu verhindern. Beides führt bei Nichtbeachten zu einer ungleichmäßigen Viertelbelastung des Euters und somit zu einem unterschiedlich schnellen Ausmelken der einzelnen Euterviertel.
Zitzengummis
Grundsätzlich wird bei Zitzengummis nach Größe, Material, Festigkeit, und Form unterschieden. Um den für die Herde passenden Zitzengmmni zu finden, sollte in regelmäßigen Abständen eine Zitzenbonitur durchgeführt werden. Bei der Größe des Zitzengummis sind der Kopflochdurchmesser und der Schaftdurchmesser entscheidend. Ein passendes Kopfloch vermeidet Einschnürungen an der Zitzenbasis der Zitze, ein passender Schaft sorgt für eine möglichst lange Haftreibung zur Zitze und verhindert ein vorzeitiges „Klettern" des Zitzenbechers.
Vakuum und Pulsation
Das Betriebsvakuum ist die Vakuumhöhe, die auf dem Manometer im Melkstand regelmäßig abgelesen wird bzw. werden sollte. Um die richtige Einstellung zu bestimmen, bedarf es jedoch einer Messung unter Melkbedingungen ! Um zügig und gleichzeitig euterschonend zu melken, sollten im kurzen Milchschlauch, bei vollem Milchfluss, Werte zwischen 35-40 kPa erreicht werden (siehe Abb. 1). Hohen Einfluss haben in diesem Zusammenhang die Lage der Milchleitung - hoch oder tief verlegt -und der Einfaltdruck (Festigkeit) des Zitzengummis.
EUTERGESUNDHEIT
c,r~-_r-y-:~·lr"~~-:-~---- - -~-.. -~-- ! Abb. 1: -~Q soJLe_ine ~ulskurv~1el:!sse~e11•- zu-erkennen -am gle1chmaß1gen ~ erlauf der,einzelnen _P.ulsp.~aseri_j!...aL: _,. ~··-- __ __ .:. __ 1 ~- 'I
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Grundsätzlich wird bei der Pulsation zwischen Wechsel- und Gleichtaktpulsation unterschieden. Weitere Kennzahlen sind die Taktzahl, die besagt, wie oft das Zitzengummi pro Minute öffnet und schließt, und sie gibt das Pulsverhältnis an. Das Pulsverhältnis gibt Auskunft darüber, wie lange das Zitzengummi pro Takt geöffnet bzw. geschlossen ist, und wird in Prozentpunkten angegeben - Öffnen und Schließen pro Zeiteinheit ergeben immer 100 %, z.B. 60:40 oder 65:35. Probleme bereiten in der Praxis Pulsatoren, die vornehmlich in der Melkphase keine ausreichende Vakuum-
Dauer [ms]
stabilität erreichen. Das heißt, es kommt zu einem kurzen Vakuumabfall und in der Druckphase, wo eigentlich Nullvakuum herrscht, ist ein kurzzeitiger Vakuumanstieg zu verzeichnen.
Die beschriebenen Einflussfaktoren der Mell<technik auf die Eutergesundheit - Auswahl des Zitzengummis, Höhe des Betriebsvakuums, Einstellung der Pulsation - spiegeln sich in der Zitzenkondition wider, die unmittelbar nach der Melkzeugabnahme und in regelmäßigen Abständen beurteilt werden sollte. Dieses Scoring beinhaltet die Ringbildung an der Zitzenbasis, Rot-
Der Luftfilter der Pulsatorfrischluftleitung - angebracht im Kopfbereich der Kuh - kann dafür sorgen, dass Kühe den Melkstand nicht gern betreten.
• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 15
EUTERGESUNDHEIT
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Turbulenz
IMPRESSUM Herausgeber und Verlag:
DLG • AgroFood medien gmbh
Max-Eyth-Weg 1, 64823 Groß-Umstadt Telefon: 069 247 88 488 Telefax: 069 247 88 8488 E-Mail: [email protected]
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Dr. Heinz-Peter Pütz (Chefredakteur und V.i.S.d.P. verantwortlich für den Inhalt), Dipl.- Ing. agr. Günter W eiß (stellv. Chefredakteur), M.Sc. agr. Vanessa Aufmkolk, E-Mail: [email protected]
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und Blaufärbungen der Zitzen und den Grad der Hyperkeratosen. Zitzenkonditionsstörungen mindern die Erregerabwehr der Zitzen und lassen so Mastitiden entstehen. Ist die Melkanlage gut eingestellt, sollten die Zitzen nach dem Melken genauso aussehen wie vor dem Melken.
Reinigung und Desinfektion
Nicht zuletzt die Reinigung und Desinfektion aller milchföhrenden Anlagenteile und Geräte direkt nach dem Melken ist ein Grund für das hohe Maß an Qualität. In der Regel übernehmen Reinigungsautomaten diese Aufgabe, die aus Vorspülen, Reinigung und Desinfektion sowie Nachspülen besteht (siehe Abb. 2), aber auch hier gilt: ,,Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser".
Verschiedene Reinigungsarten kommen heutzutage zum Einsatz. Dies sind
16 Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •
die Zirkulationsreinigung, die Kochendwasserreinigung und die Stapelreinigung. Bei der Zirkulationsreinigung durchströmt die Reinigungslösung (Wasser+ Reinigungs- und Desinfektionsmittel) mehrmals die Anlage. Bei der Kochendwasserreinigung durchläuft das heiße Wasser unter Zusatz einer Salzlösung einmalig die Anlage. Bei der Stapelrein igung handelt es sich auch um eine Zirkulationsreinigung, mit der Besonderheit, dass das Nachspülwasser aufgefangen und für die darauffolgende Vorspülung genutzt wird. Grundsätzlich gilt es zunächst, die Milchreste aus der Anlage zu entfernen, danach zu reinigen und zu desinfizieren, um anschließend mit klarem Wasser von Trinkwasserqualität nachzuspülen.
Um alle milchführenden Teile einer Anlage zu reinigen, ist es notwendig, dass das Wasser bzw. die Reinigungslösung das Milchleitungssystem und die angeschlossenen Bauteile (Melkzeuge) mit ausreichender Turbulenz durchströmt. Im Gegensatz zum Melken, wo der Schichtenmilchfluss einen schonenden Milchabtransport gewährleistet und die Vakuumversorgung zum Melkzeug sicherstellt, muss bei der Reinigung ein Spülpfropfen im Milchleitungssystem erzeugt werden, der unter anderem durch die Luftförderleistung der Vakuumpumpe bestimmt wird. Gerade bei großen Milchleitungsquerschnitten oder Anlagenerweiterungen ist diese Leistung wichtig. Die DIN/ISO spricht hier vom „Luftbedarf der Reinigung". Zusätzlich werden bei größeren Anlagen Luftinjektoren eingesetzt, die durch Einströmen atmosphärischer Luft diesen mechanischen Reinigungseffekt unterstützen.
Die bei der Reinigung von Melkanlagen verwendeten Reinigungsmittel benötigen eine ausreichende Einwirkzeit. Bei der üblichen Zirkulationsreinigung sind während der Hauptreinigung meist 15-20 min notwendig. Da in dieser Zeit Wärmeverluste auftreten können, ist entweder eine hohe Ausgangstemperatur oder aber eine Nachheizeinrichtung erforderlich. Bei älteren Reinigungsautomaten, die während der Hauptreinigung die Reinigungslösung aufheizen, ist die Einwirkzeit entsprechend länger. Eine Ausnahme bildet die Kochendwasserreinigung, deren gesamte Dauer ca. 7 Minuten beträgt. Bei dieser Art der Reinigung muss in allen milchführenden Anlagenteilen über einen Zeitraum von mind. 2 Minuten eine Temperatur von 77 °Cer-
Kontrolle der Reinigungsmittelmenge.
reicht werden, um eine desinfizierende Wirkung durch das heiße Wasser zu gewährleisten.
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Mehrkanalmessung am Melkzeug.
Für die Reinigung von Melkanlagen kommen alkalische (z.B. Kali- oder Natronlauge) und saure (z.B. Phosphor-
EUTERGESUNDHEIT
Melkanlagen müssen regelmäßig gepflegt und gewartet werden - hier eine verdreckte Vakuumregeleinheit. Fotos: Oe/geschläger
säure) Mittel zum Einsatz, wobei meist kombinier te Reinigungs- und Desinfektionsmittel verwendet werden. Die
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Wartungscheckliste Mel kan lagen
Täglich
Lufteintrittsbohrung am Milchsammelstück auf freien Durchlass überprüfen - WICHTIG: auch bei viertelspezifischem Lufteinlass (z.B. BioMilker, Zitzengummis mit Kopfbelüftung oder Belüftung an den kurzen MIichschiäuchen)
Kontrolle des Betriebsvakuums - zusätzliches Vakuummeter im Melkstand zur Kontrolle während des Melkens
Zitzengummis sowie Milch- und Luftschläuche auf Beschädigungen prüfen
Melkzeugpositionierung während des Melkens (Schläuche verdreht?)
Exemplarische Funktionskontrolle einer Melkeinheit (Taktzahl Pulsator)
Kontrolle des Milchfi lters nach dem Melken
Wiedereinsetzen eines gereinigten bzw. sauberen Filters vor Beginn der Anlagenreinigung, bei der Installation eines Rohroder Plattenkühlers
14-tägig
Ölstand und Keilriemenspannung der Vakuumpumpe kontrollieren - Wasserstand bei Wasserringpumpen
Automatische Entwässerung am Vakuumbehälter kontrollierefl
Halbjährlich
Zitzengummiwechsel entsprechend den Herstellerangaben -i.d. R. nach 750 Betriebsstunden bei Nbr-Zit zengummis bzw. 1500 Betriebsstunden bei Silikonzitzengummis, das entspricht in etwa 2500 bzw. 5000 Melkungen
WICHTIG: bei zusätzlich verwendetem Kannenmelkzeug Gummialterung der Zitzengummis, Milch- und Luftschläuche und der Deckeldichtung berücksichtigen!
Frischluftversorgung der Pulsatoren kontroll ieren - Luftfi lter reinigen
Luftfilter am Vakuumregelventil reinigen - je nach Staubbelastung auch öfter
Melkanlagenreinigung kontrollieren:
Dosierung der Reinigungsmittel
Rücklauftemperatur der Reinigungslösung
Kontrolle des Milchlagertanks und der Kühlung
Lager- und Reinigungstemperatur
Frisch luftzufuhr am Kühlaggregat
Jährlich
Alle milchführenden Gummiteile ersetzen
Melkanlagenprüfung entsprechend gültiger Norm -DIN/ISO 6690
Anlagenservice und Austausch von notwendigen Verschleißteilen durch autorisiertes Fachpersonal
18 Milchoraxis Soecial Eutere-esundheit 4 /2016 (50. Je-.l
erledigt
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wird erledigt bis ...
alkalische Rein igungslösung versei ft Milchfett und löst Proteine, die saure Reinigungslösung entfernt m ineralische Ablagerungen. Das DLG -Gütezeichen gibt einen Anhaltspunkt für die Qualität der R + D-Mittel, denn diese Mittel werden kontinuierlich auf d ie Einhaltung ihrer Rezeptur, die rein igende und desinfizierende Wirksamkeit, die Materialvert räglichkeit und das Schaumverh alten getestet.
Bei der Zirkulationsreinigung werden mit „handwarmem" Wasser die M ilchreste aus der Melkanlage entfernt (Vorspülen). Die Hauptreinigung sta rtet -wie bereits beschrieben - mit einer hohen Ausgangstemperatur (z.B. 55-60 ~C), wobei hier norm alerweise das vorgewärmte Wasser aus der Wärmerückgewinnung genutzt wird. Das Heizsystem im Rein igungsautomat soll te eine Rücklauftemperatur von mindestens 40 °C sicherstellen. Das Nachspülen erfolgt mit klarem, kaltem Wasser von Trinkwasserqualität. «
• Fazit .
Ein ruhiger und tiergerechter Umgang mit den Kühen, eine praktikable und zweckmäßige Melkroutine sowie eine gut eingestellte Melkanlage mit entsprechender Reinigung und Desinfekt ion verhelfen zu einem zügigen und g leichzeit ig euterschonenden , maschinellen Milchentzug und gewährleisten so die Voraussetzungen fü r eine hohe Eutergesundheit.
KONTAKT•••
Jürgen Oelgeschläger
Fachberater Melktechnik Landwirtschaftskammer Niedersachsen [email protected]
EUTERGESUNDHEIT
Welchen Einfluss hat die Fütterung?
Gesunde, fruchtbare und leistungshomogene Färsen sind das Kapital der Zukunft. Von daher muss schon in der Färsenaufzucht ein entsprechendes Augenmerk auf die Fütterung gelegt werden. Dieser Beitrag beschreibt fütterungsbeeinflussende Faktoren auf die Eutergesundheit und gibt Tipps zur gezielten Vorgehensweise bei der Eingliederung von Erstkalbskühen.
Thomas Bonseis, Landesbetrieb Landwirtschaft Kassel
Durch die Kosten der Färsenaufzucht tritt der Milch produzierende Be
trieb in Vorlage und erwartet eine entsprechende Amortisation. Dies bedeutet, dass Erstkalbskühe mind. 3,5 Laktationen mit einer Lebensleistung von über 40.000 kg Milch (gemerzter Bestand) oder besser mehr als 15 kg Milch je Lebenstag erbringen müssen, um letztendlich wirtschaftlich zu sein.
Hoher Jungkuhanteil
Die Situation in den Milchvieh-haltenden Betrieben stellt sich häufig anders dar. Betrachtet man die Zusammensetzung unserer Milchkuhherden nach Laktationen, liegt der Anteil der Erstkalbskühe bei knapp 35 %, der Anteil der ersten und zweiten Laktation zusammengefasst bei etwa 60 % an der Gesamtherde.
Dieser hohe Jungkuhanteil kann, ausgelöst z.B. durch „oxidativen Stress", negative Auswirkungen auf die Immunität und damit auf eine erhöhte Infektionsanfälligkeit der Herde haben, wie z.B. die Entwicklung der somatischen Zellzahlen zeigt. Zellzahlgehalte der Kühe in der 1. Laktation von über 150.000, bei den 2. laktierenden Kühen über 200.000 deuten auf Defizite sowohl in der Aufzucht als auch der Haltung und Fütterung hin. Eutergesunde Herden liegen bei unter 100.000 Zellen. Zudem mindern hohe Zellzahlgehalte über 200.000 den Milchertrag um bis zu 2,0 kg/Tier/Tag! Die Gründe, warum Kühe aus der Produktion ausscheiden, sind vielfältig. Allerdings sind Merzungen aufgrund von ,,Eutererkrankungen" nach „Unfruchtbarkeit" und „Klauen und Gliedmaßen" mit etwa 13- 15 % die dritthäufigste Abgangsursache.
In der Jungrinderaufzucht beugt ein Erstkalbealter von mindestens 24 Monaten und tägli
chen Zunahmen von unter 900 g im 2 . Lebensjahr Stoffwechselprobleme und Verfettung
vor. Foto: landpixel
Zum anderen hat der hohe Anteil an Färsen natürlich auch Auswirkungen auf das Fütterungsregime dieser jungen Herden und damit auf die benötigten Futterqualitäten, insbesondere bei Grobfutter, zumal die Milchleistung gegenüber den letzten 10 Jahren uin etwa 1000 bis 1200 kg je Laktation angestiegen ist.
Aufzuchtintensität prägt
Die pränatale und früh-postnatale Energie- und Nährstoffversorgung beeinflusst nach Metges (2008) die weitere Entwicklung der Jungtiere. An der LLFG Iden wurde 2002 ein Aufzuchtversuch mit Kälbern durchgeführt und die Auswirkungen eines „tränkereduzierten" mit einem „herkömmlichen" Tränkeverfah ren auf die Milchleistung und die Ab-
gangsrate in der l. und 2. Laktation verglichen. Die Kühe aus dem „herkömmlichen Tränkeverfahren" hatten eine um knapp 900 kg höhere Laktationsleistung sowie mit 40 % eine um 33 % niedrigere Abgangsrate in der 1. und 2. Laktation. Die Versorgung der neugeborenen Kälber unmittelbar nach der Geburt mit Kolostrum in ausreichender Menge und Qualität führt zu einem Antikörperspiegel von mehr als 8,0 Gramm je Liter Blutserum. Wird dieser Antikörperspiegel nicht erreicht, kommt es zu einer erhöhten Erkrankungsrate und deutlich höheren Verlusten während der Aufzucht (Trilk u. Münch, 2010). Zudem hat die Erkrankungshäufigkeit negative Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Tiere und damit auf das Erstkalbealter. Auch die Intensität der weiteren Aufzucht zeigt deutliche Unterschiede. So
• Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) • 19
EUTERGESUNDHEIT
Abb. 1: Erkrankungszeitpunkte wirtschaftlich relevanter Milchkuhkrankheiten
'Abb. 2, Problemkreis Acidose - - - :
Nachgeburtsverhaltung • Ketose Labmagen • Gebärmutterentzündung . • Mastitis Klauen/Gliedmaßen
100
90
80
70 Pansen
~ 60
0 - • .... 50 C: ., N e 40 0.
wenig Essigsäure
• 30 Östrogenmangel
20 • Stillbrunst, schlechte
10 Follikelreifung
0
Strukturmangel in der Ration
• Übersäuerung der Schleimhäute
• Gebärmutter
f übermäßige
Keimbes iedlung
• Gebärmutter-enhündung
• Ausfluss
Milchdrüse
• Euter-entzündungen
0-30 Melktage 31-60 Melktage > 60 Melktage
Weigel. Universität Wisconsin in NL 1/2004
Störung des Allgemeinbefindens, Auftreten von Klauenkrankheiten (Mortellaro, Klauengeschwüre, Klauenrehe) etc.
wurde ebenfalls an der LLFG Iden (Fischer 2007) in einem Vergleich des Erstkalbealters (EKA) bei Tieren mit einem EKA von 22,7 Monaten mit 15,8 % eine doppelt so hohe Totgeburtenrate wie bei Tieren mit einem EKA von 24,4 Monaten festgestellt. Zu ähnlichen Ergebnissen kam man an der LLFG Köllitsch. Auch hier hatte die intensiv aufgezogene Gruppe (EKA 24,8 Monate) mit 13,4 % eine doppelt so hohe Totgeburtenrate wie die Kontrollgruppe (EKA 25,3 Monate). Fette Färsen haben gegenüber fetten Kühen ein höheres Risiko hinsichtlich Totgeburten, wobei das Risiko bei fetten und gleichzeitig alten Färsen am höchsten ist (I. Steinhöfel 2011).
Auch hinsichtlich der Stoffwechselparameter zeigten die intensiv aufgezogenen Tiere im Zeitraum um die Kalbung gegenüber der Kontrollgruppe deutlich höhere ß-Hydroxybutyrat-Gehalte, die für eine stärkere Mobilisation von Körperfett sprechen.
Insgesamt waren die intensiver aufgezogenen Tiere stoffwechselmäßig instabiler. Die Verluste der Intensiv-Gruppe in Form von Jungkuh-Abgängen lagen gegenüber der Kontrollgruppe um knapp 12 % höher.
Insgesamt bedeutet dies, die Jungrinderaufzucht zu optimieren mit einem Erstkalbealter von mindestens 24 Monaten mit einem intensiven Kälberwachstum und täglichen Zunahmen im 2. Lebensjahr unter 900 Gramm, um einer Verfettung und damit verbundenen Problemen rund um die Kalbung vorzubeugen.
Aus Abbildung 1 wird deutlich, dass Erkrankungen wie Nachgeburtsverhal-
ten, Ketose, Labmagen oder eine Gebärmutterentzündung in den ersten 30 Tagen nach dem Abkalben zu einer insgesamt instabilen Immunitätslage führen, in deren Folge sich Erkrankungen der Milchdrüse oder der Klauen und Gliedmaßen aufsatteln (Weigel, 2004).
Immunsystem stärken
Auslösender Faktor für eine Schädigung des Immunsystems kann oxidativer Stress bei Milchkühen, hervorgerufen z.B. durch eine zu geringe Futteraufnahme, ein Struktur- und/oder Energiedefizit mit anschließender Acidose oder Ketose, sein.
Eine Acidose, vor allem im subklinischen Verlauf, betrifft nicht nur den Pansen, sondern hat gleichzeitig negative
Leckschalen ergänzen das Mineral- und Spurenelementangebot. Foto: Bonseis
2 0 • Milchpraxis Special Eutergesundheit 4/2016 (50. Jg.) •
Auswirkungen auf die Gebärmutter und die Milchdrüse (siehe Abb. 2).
Ebenso negativ wirkt sich eine Unterversorgung mit Calcium, Phosphor und Schwefel, Vitamin E, ß-Carotin oder Selen, ein Mangel an Zink, Kupfer oder Mangan aus.
Aber auch Verletzungen und Schmerzen z.B. durch Klauenerkrankungen oder Geburtsstress sowie sub-optimale Haltungsbedingungen (Überbelegung, Hitze, Wasserversorgung etc.) und mangelnde Futterhygiene schädigen das Immunsystem.
Die Auswirkungen von oxidativem Stress zeigen sich in einem Rückgang der Futteraufnahme, einer erhöhten Infektionsanfälligkeit wie Zellzahlanstieg, Mastitis und Klauenerkrankungen sowie schlechter Fruchtbarkeit, fötaler Fri:ihtot, Totgeburten, Gebärmutterentzündungen, Nachgeburtsverhaltungen, ungenügender Folikelreifung bzw. -entwicklung bis hin zu Leberschädigungen und unspezifischen Erkrankungen.
Fütterung am Bedarf ausrichten
Die Auswirkung von Fütterungsfehlern, ihre Wirkung und die Folgen für die Eutergesundheit sind vielfältig. Tabelle 1 zeigt verschiedene Faktoren auf. Neben den „alten Bekannten" wie der Ketose infolge einer mangelnden Energieaufnahme nach dem Abkalben, einer überhöhten Proteinversorgung und damit verbundener Leberbelastung, einer Pansenacidose aufgrund nicht angepasster Kohlenhydrateversorgung, einem Calcium-Mangel mit Auswirkungen auf einen
nicht mehr funktionierenden Schließmuskel des Strichkanals treten auch Faktoren in den Vordergrund, die zu einer Immunsuppression und damit zu Folgeerkrankungen der Milchdrüse führen.
Von daher erfordern Färsen in Verbindung mit hohen Einsatzleistungen und zudem noch nicht abgeschlossenem Wachstum spezielle Fütterungskonzepte. In einem Versuch an der LVZ Futterkamp wurde das Fressverhalten von Färsen und Kühen mit 2'. 2 Laktationen untersucht. Die Färsen hatten im Zeitraum der 1.-15. Laktationswoche 0 7- 8 Futterschalenbesuche pro Tag, ältere Kühe realisierten ihre Futteraufnahme in 0 5- 6 Besuchen. Die durchschnittliche Futteraufnahme der Färsen betrug 17,3 kg TM/ Tag, die der älteren Kühe 21,8 kg. Bezogen auf das Lebendgewicht war die Futteraufnahme der Färsen damit um ca. 13 % niedriger.
Einen positiven Einfluss auf die Futteraufnahme hat eine eigene Färsengruppe, auch in Kombination mit frischlaktierenden Kühen. Frischlaktierende Kühe haben in den ersten 4-5 Wochen nach dem Abkalben ebenfalls eine um 20-25 % geringere Futteraufnahme, sodass hier eine speziell auf diesen Abschnitt abgestimmte Ration vorgelegt werden kann. Nicht zuletzt lassen sich Spezialfuttermittel wie Hefen, Propylenglykol, Glycerin, pansenstabile Aminosäuren oder geschützte Fette bei einer Gruppenfütterung leistungsspezifisch und damit kostenoptimiert einsetzen.
Hochleistende Kühe mit einer Milchleistung von 40 kg müssen, um einem Abbau von Körpermasse entgegenzuwirken, eine Futteraufnahme von etwa 24 kg TM mit einem Energiegeh alt von 7,0 MJ NEL/kg TM sicherstellen. Für die gleiche Leistung ist bei Färsen eine TM-Aufnahme von knapp 22 kg mit einer Energiekonzentration von 7,3 MJ NEL/kg TM notwendig (Tabelle 2). Sowohl für Färsen als auch Kühe ergibt sich in den ersten etwa 70 Laktationstagen eine negative Energiebilanz, die allerdings -10 MJ NEL/Tag nicht überschreiten sollte.
Während im Laktationsverlauf die Milchleistung etwa in der 9. Laktationswoche ihren Gipfel erreicht, trifft dies für die Futteraufnahme erst deutlich später zu. Die Kunst besteht nun darin, dieses auftretende Energiedefizit so gering wie möglich zu gestalten und dem Abbau von Körperreserven, in dieser Phase vermehrt Körperfett, entgegenzuwirken. Das Einschmelzen von Körperreserven,
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Tab. 1: Fütterungsfehler und ihre Folgen
Faktor Wirkung
Energieversorgung p.p. i Leberschaden Ketose Phagozytose -subklinisch -klinisch
Immunsuppression
Proteinversorgung t NH,-N im Pansen Leberbelastung
Kohlenhydrateversorgung t Pansenacidose
Rohfaserversorgung i Ca ! Mykotoxine Immunsuppression
Nitrat/Nitrit Immunsuppression
ß-Carotin ! Immunsuppression
Vit. E/Selen Antioxidantlen
gerade zu Laktationsbeginn, sollte auf max. 500 Gramm pro Tag (etwa 10 MJ NEL) begrenzt werden, um einer ketotischen Stoffwechsellage vorzubeugen. Ketonkörper und Ammoniak in der Milch hemmen die Barriere des Euters gegen eindringende Mikroorganismen (Klucinski et al., 1988) und gehen in der Regel mit erhöhten Zellzahlen einher (Jacobi, 1999).
Ab dem 150. Laktationstag erhalten die Färsen einen „Energiezuschlag" von 5, ab dem 251. Laktationstag von 10 MJ NEL/ Tag für Wachstum, Kalb und Energie-ausgleich. ·
Dies erfordert als Rationsbasis qualitativ und hygienisch einwandfreie Grobfutter, vor allem Grassilagen, mit Energiegehalten von rnind. 6,2-6,4 MJ NEL/kg TM, damit die Eckdaten der Gesamtration hinsichtlich Grobfutter-KraftfutterVerhältnis von max. 50 % Kraftfutteranteil, bezogen auf TM, eingehalten werden können.
Zur exakten Rationskalkulation ist der TM-Gehalt der Grobfutterkomponenten und der vorgelegten Trogration wichtig. Fehlinterpretationen, z.B. 40 statt 45 % TM führen zu Abweichungen in der TMAufnahme von 1,0 kg, entsprechend etwa 7,0 MJ NEL/kg TM bzw. knapp 2,0 kg Milch!
ECM-Milch TM-Aufnahme NEL kg/Tier/Tag kg/Tier/Tag MJ/kgTM
10 12,5-13,5 6,0
15 14,0- 15,0 6,2
20 15,5-1 6,5 6.4
25 17,0-18,0 6,7
30 19,0- 20,0 6,9
35 20,5- 21,5 7,1
40 21,5-22,5 7,3
!
Folgen
Mastitis Zel lzahl t Fettabbau
t subklinische Mastitis klinische Mastitis
Zellzahl t klinische Mastitis
Zellzahl t Zellzahl t subklinische Mastitis
latente Infektionen
Das Ermitteln der täglichen Futteraufnahme sollte die Basis einer gezielten Fütterungsstrategie sein, um einem eventuellen Mangel auf die Spur zu kommen. Ein Indikator kann die Berechnung der ,,Futtereffizienz" (FE), also der Milchleistung je kg Trockenmasseaufnahme (TM), sein. Die FE gibt u. a. auch einen Hinweis auf Stoffwechselstörungen. Eine FE von> 1,7 kg Milch/kg Futtertrockenmasse in der Färsen- und Frischmelkergruppe signalisiert einen zu starken Körpermasseabbau, ansonsten liegt die Zielgröße der Futtereffizienz bei 0 1,4-1,5 in einer gesamt-laktierenden Herde mit etwa 150-220 Laktationstagen. «
• Fazit Die Eutergesundheit von Färsen ist neben anderen Einflussfaktoren sehr eng verknüpft mit deren Aufzucht und der nachfolgenden Ernährung. Der begrenzten Futter- und damit Energieaufnahme dieser noch im Wachstum befindlichen Tiere kann nur durch Rationen mit Top-Silagen begegnet werden . Eine Gruppenhaltung der Färsen zusammen mit frischlaktierenden Kühen kommt deren Bedürfn issen nahe und lässt ein gezieltes Controlling für diesen sensib len Bereich zu.
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Thomas Bonseis Landesbetrieb Landwirtschaft Kassel
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EUTERGESUNDHEIT
Haltungsbedingungen und Eutergesundheit
Durch Züchtung auf Leichtmelkbarkeit und hohe Leistung haben die heutigen Milchkühe kürzere und weitere Strichkanäle sowie schwächere Schließmuskeln. Dies erleichtert das Eindringen von Krankheitserregern maßgeblich. Saubere, trockene Liegeboxen und Laufgänge sind daher eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für eutergesunde Kühe.
Dr. Hans-Joachim Herrmann, LLH Hessen, Wetzlar
75 % der Erlöse stammen bei deutschen Milcherzeugerbetrieben aus dem
Milchverkauf. Daher sind gesunde Euter und die Produktion von Qualitätsmilch ein wesentlicher Beitrag zur Einkommenssicherung.
Euterentzündungen führen zu einem Mehrkostenaufwand von 60 € je Durchschnittskuh und Jahr. Die Hauptverluste entstehen dabei durch verminderte Milchleistung und nicht verwertbare Milch. Dazu kommen erhöhte Remontierungskosten, erhöhter Arbeitsaufwand, erhöhte Tierarzt- und Medikamentenkosten.
Welche Faktoren begünstigen Euterentzündungen?
Mastitis wird nicht allein durch Krankheitserreger wie Bakterien, Hefen und andere Mikroorganismen verursacht. Vor allem unzulängliche Haltungsbedingungen, unsachgemäßes Melken und eine beeinträchtigte körpereigene Abwehr der Kuh können die Erkrankung begünstigen. Die Mastitis wird daher als Faktorenkrankheit bezeichnet.
Ein weiterer äußerst wichtiger Grund für die Minimierung von Euterentzündungen ist die Vermeidung von Schmerz und Leiden bei akuten Eutermastitiden.
Spaltenroboter führen dazu, Verschmut
zungen der Euter so gering wie möglich
zu halten, da sie die Laufgänge ständig
abschieben.
Ob ein Erreger ins Euter gelangt, sich dort einnistet und krank machend wirken kann, hängt zum größten Teil von der gesundheitlichen Verfassung der Kuh ab. Die Gesundheit wiederrum hängt vor allem von den Lebensbedingungen der Milchkuh ab.
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Tab. 1: Die häufigsten l<uhassozi ierten Mastitiserreger (Quelle; Re1necke, 2015) I - -
Erreger S. aureus S. agalactiae Koagulase-negative Staphylokokken (KNS)
Vorkommen Euter, Haut, Wunden Milch Haut
Symptome hohe Zellgehalte In der Herdenmllch und Häufig zu beobachten; subkllnische Mas- Es überwiegen subklinische Mastitiden mit viele subklinische Mastitisfälle. titiden, d. h. abrupte, deutliche Anstiege /eichten Zellgehaltserhöhungen. Werden Die Viertel weisen meist tastbare, im Zellgehalt auf Einzeltierebene mit Mastitissymptome sichtbar, so gehen die abgegrenzte Verhärtungen auf oder sind kurzfristigen Effekten auf Tankmilchebe- Mastitisfälle meist mit Eiterflocken einher. insgesamt verhärtet. ne. Seltener sind klinische Mastitiden mit Auch Mastitiden mit Sekretveränderung, Se0kretveränderungen. vorrangig in Form von Eiterflocken, und sogar Fieber und gestörtes Allgemeinbe-finden sind möglich
Infektionsweg Euter über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter
Zielort milchbi/dendes Gewebe (Alveolen) Milch, Milchgänge Milchgänge
Nachweis kulturell oder PCR kulturell oder PCR kulturell oder PCR
Infektionsdauer Monate bis Jahre Monate bis Jahre Wochen
Fokus der Infektion Die meisten Infektionen finden während Es besteht ein sehr hohes Ansteckungs- Während KNS bei Färsen zu den häufigsten, der Laktation statt, wobei Melkerhände, potenzial, wobei die meisten Infektionen rund um die Abkalbung nachgewiesenen das Melkgeschirr, Eutertücher usw. die wie auch bei 5. aureus während der Lak- Erregern gehören, kann bei Kühen zwar Übertragung vom infizierten auf das nicht tation stattfinden. Warum bereits Färsen ebenfalls eine Häufung von Infektionen zu infizierte Viertel begünstigen. Es besteht den Erreger mit der Milch ausscheiden, Laktationsbeginn festgestellt werden. Einen eine hohe Ansteckungsgefahr ist bislang nicht ausreichend geklärt. Eine speziellen Fokus auf Trockenstehzelt oder
Ansteckung von Kälbern über das Kolost- Laktation gibt es jedoch nicht. rum wird immer wieder diskutiert.
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EUTERGESUNDHEIT
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Tab. 2: Die häufigsten umweltassoziierten Mastitiserreger (Quel le: Reinecke, 2015) 1
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Erreger coliforme Keime Umweltstreptokokken
Vorkommen Kot, Einstreu, Wasser Einstreu, ,Kot, Haut
Symptome Häufige Symptome sind: schwere klinische Mastitis mit stark geschwollenem, öde- Häufige Symptome sind : klinische Mastitis mat isiertem Euter, wässrigem Milchsekret, Fibrinflocken, Fieber, teils Festliegen mit mit Eiterflocken, teils mit, teils aber auch Todesfolge ohne Schwellung des Eutergewebes
Achtung: Achtung: Auch Staphylokokken oder Streptokokken können entsprechende Symptomatik verur- Auch Mastitiden infolge von Infektionen sachen. Ebenso können subkl inische Mastitiden oder milde klinische Mastitiden ohne mit Umweltstreptokokken können mit Störung des Allgemeinbefindens durch coliforme Keime verursacht werden . Fieber, gestörtem Allgemeinbefinden und
Sekretveränderungen mit Fibrinflocken einhergehen.
Infektionsweg Euter • hauptsächlich über den Zitzenkanal in das Euter über den Zitzenkanal in das Euter • selten über den Blutstrom in das Euter (über Wunden an der Körperoberfläche, über
den Magen-Darm-Trakt oder über die Gebärmutter bzw. die Geburtswege gelangen Erreger in das Blutgefäß und vermehren sich dort. Über den Blutstrom werden sie dann unter anderem zum Euter abgeschwemmt
Zielort Blutkreislauf
Nachweis kulturell oder PCR
Infektionsdauer Tage bis Wochen
Fokus der Infektion Die meisten Infektionen finden in der Trockensteherzeit statt.
Auf die Eutergesundheit wirken drei Haupteinflussfaktoren ein. Dazu zählt das Tier selbst, die Haltungsumwelt und die Art der Mastitiden und Anzahl (siehe Tab. 1 und 2).
Genetik und Laktationsstadium
Zu den tierbedingten Faktoren gehören eine Reihe von Einflüssen. Dazu zählen unter anderem die erblichen Veranlagungen der Eutergesundheit. Dies beinhaltet die Rasse, Kuh- und Bullenfamilie. Die züchterischen Hilfsmerkmale für die Eutergesundheit haben nur einen mittleren bis niedrigen Erblichkeitsgrad. Durch die große genetische Streuung ist jedoch eine langfristige Selektion möglich.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Laktationsstadium, in dem sich die Kühe gerade befinden. Besonders die erste Woche nach dem Trockenstellen stellt ein erhöhtes Infektionsrisiko dar, da in dieser Phase keine Keime mehr über die Milch ausgeschwemmt werden. Auch die letzte Woche vor der Abkalbung stellt ein erhöhtes Risiko dar.
Kühe mit tief hängendem Euter haben eine erhöhte Verletzungsgefahr. Durch offene Stellen und Wunden können die Keime leichter eindringen und es besteht bei diesen Kühen eine erhöhte Infekti onsgefahr. Aufgrund der heutigen Zucht auf Leichtmelkbarkeit kommt es häufig zu kürzeren und weiteren Strichen, was den Erregereintritt in das Euter erleichtert.
Umwelt- und Haltungsbedingungen
Ein weiterer wichtiger und oftmals noch vernachlässigter Einfluss auf die Entstehung von Euterentzündungen sind die Umwelt- und Haltungsbedingungen der Tiere.
Das Stallklima wirkt sich direkt und indirekt auf Gesundheit, Kuhkomfort und Produktivität aus. Dies zeigt sich vor allem im Sommer, wenn die Tiere bei zu niedriger Luftgeschwindigkeit und gleichzeitig zu hoher Luftfeuchte durch fehlende Ventilatoren Hitzestress erleiden müssen. Dies führt häufig zu einer erhöhten Zellzahl und geringeren Milchleistungen.
Die Laufgänge sind durch automati sche Schieber oder Spaltenroboter sauber zu halten. Verschmutzte Laufgänge führen zu Kotanhaftungen an den Klauen und damit zu verschmutzten Liegebereichen . Dies verursacht eine erhöhte Schmutzanhaftung im Bereich des Euters und der Zitzen. Der Verschmutzungsgrad des Euters wiederrum steht in enger Beziehung zum Neuinfektionsrisiko mit Umwelterregern. Vor allem automatische Reinigungssysteme in Robotern stoßen bei einem hohen Verschmutzungsgrad des Euters an ihre Grenzen. Im konventionellen Melkstand führen stark verschmutzte Euter ebenso zu einem erhöhten Arbeits- und Zeitaufwand.
Bei den Liegeboxen sollte darauf geachtet werden, insbesondere das hintere Drittel der Box sauber und trocken zu halten. Nasse Liegeflächen sind nicht nur verdichtet und unbequem, sie beherbergen außerdem mastitiserregende Keime.
Milch, Milchgänge
kulturell oder PCR
Tage bis Monate
Zum Sauberhalten der Liegeboxen müssen diese mindestens einmal pro Tag gereinigt werden. Nachgestreut werden sollten die Boxen, wenn die Schicht in der Liegebox im vorderen Bereich niedriger als hinten ist. Die Steuereinrichtungen, wie Bugschwelle und Nackenrohr der Liegeboxen, sollten korrekt eingestellt werden. Falsch eingestellte Steuereinrichtungen führen zu einer schlechteren Akzeptanz der Liegeboxen und im schlimmsten Fall zu Spaltenliegern. Durch schlecht gemanagte Liegeboxen kommt es zu geringeren Liegezeiten und Intervallen. Dies wirkt sich negativ auf die Milchbildung und Eutergesundheit aus, da vorrangig im Liegen neue Milch produziert wird. Auch auf die Klauengesundheit hat das längere Stehen einen negativen Einfluss.
Durch Fütterungsfehler wie eine Energieunterversorgung, Rohfaser- bzw. Strukturmangel (Ketose und Acidose) sowie Unterversorgungen mit Wirkstoffen, vor allem Vitamin A, E und Selen und anderen, kommt es zu einer erhöhten Infektionsgefahr. Dies wiederrum begünstigt das Risiko einer Mastitis. «
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Dr. Hans-Joachim Herrmann
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), Wetzlar [email protected]
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