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G E I ANNA CHROMY E MEHR ALS 40€¦ · Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an...

Date post: 24-Aug-2020
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Antwort der Künstlerin. Den Rest seines Le- bens müsse man bewusst dort verbringen, wo man sich am wohlsten fühle. Seit 40 Jahren ist Monaco die Wahlheimat Anna Chromys, die sie aber regelmäßig für Ar- beitsaufenthalte in ihrem Atelier im toskani- schen Pietrasanta und für Reisen durch die ganze Welt im Dienste ihrer Kunst verlässt. Bei unserem Gespräch kommt die in Krumau an der Moldau geborene Österreicherin ge- rade aus new York und ist noch voller Ein- drücke aus dem großen Staat jenseits des Atlantiks. Ein Sammler hat einen ihrer Mäntel dort in seinen Skulpturenpark aufgenommen. «Denn», so Anna Chromy mit ihrem charman- ten Salzburger Zungenschlag, «das Sujet ist in der heutigen Zeit so aktuell wie eh und je.» Und vor allem lasse der Anblick des Werkes niemanden unberührt, gleich welcher nation oder Religion der Betrachter sein mag. Darin, das weiß die Künstlerin, liegt der große Erfolg der Skulptur begründet. Während der Mantel leer erscheint, enthält er für Anna Chromy genau das, was den Men- schen ausmache: die Seele und das Gewis- I hr bisher wichtigstes Werk geht, wie es in der Kunst so häufig ist, einher mit dem Sieg über eine große Lebenskrise. Als Anna Chromy 1992 einen beinahe tödlichen Sturz überlebt hatte und ihr Zustand allmäh- lich das Arbeiten wieder zuließ, schuf sie den «Mantel des Gewissens» – einen Vorläufer der Monumentalskulptur auf unserer Titelseite. Damals zuerst in Bronze, mit einer Höhe von 1,60 Meter. Heute stehen Variationen dieses in Falten gelegten Umhangs mit menschlicher Silhouette an 19 verschiedenen Orten welt- weit, darunter Monaco, London und Salzburg, aber auch new York und ab diesem novem- ber Jerusalem. Besondere Verehrung genießt die Künstlerin in China, wo ihr 2015 als erster nicht-Chi nesin eine Ausstellung im national- museum in Peking gewidmet war und in des- sen Eingangshalle heute ebenfalls ein bron- zener Mantel steht, bewundert von rund acht Millionen Besuchern im Jahr. Im Reich der Mitte liebe man ihre figurative Arbeit, habe man ihr sogar ein großes Atelier angeboten, damit sie ihre Kunst dort weitergeben könne. «Aber ich wollte nicht!» so die entschiedene ANNA CHROMY MEHR ALS 40 JAHRE SCHAFFEN Altmeister der Renaissance beherrschten. «Mein Meisterwerk» nennt sie selbst das Er- gebnis jener Arbeit: einen fünf Meter hohen, begehbaren Mantel des Gewissens, der im In- nenraum Platz zum Meditieren biete – die größte je aus einem Block erstellte Marmor- statue der Welt, für die sie nun den passenden Standort sucht. «Ich hab mein ganzes Leben nur Kunst ge- macht», zieht Anna Chromy Bilanz und klingt glücklich. Früher malte sie ausschließlich; erst nach dem Unfall hat sie mit der Bildhauerei zu ihrem heute wichtigsten Ausdrucksmittel gefunden. Dem ist auch Frédéric Pont verfallen. Er führt die Continental Art Gallery in Beaulieu-sur-Mer unweit von Monaco und vertritt die Österrei- cherin seit Jahren. «Kunst muss mit Men- schen geteilt werden», findet der Galerist. Und beide gemeinsam arbeiten daran, dass der Mantel weiter die Welt erobert. AUSSTELLUNGEN (AUSWAHL): Nationalmuseum Athen vatikan Place vendôme in Paris Nationalmuseum Peking AUSZEICHNUNGEN Michelangelo-Preis Kafka-Preis Preis der Nationalakademie China Salvador-Dali-Preis CONTINENTAL ART GALLERY Frédéric Pont Tel. +33 (0)6 88 87 52 64 [email protected] www.annachromy.com rivierA SPECIAL KUNST 27 NOVEMBER / DEZEMBER 2018 Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an Dalí erinnernden Gemälden immer wieder auf, hier das Werk «The Door», 200 x 150 cm, Öl auf Leinwand, aus der Serie «Chromatology» AnZEIGE sen. «Was man nicht sieht, was man nicht be- rühren kann, ist das Wertvollste im Leben», sagt sie. «Das wird uns überleben.» An jedem selbst liege es, die Leere seines Mantels sinn- voll auszufüllen – mit guten Taten und Liebe. Der Mantel sei, so die Bildhauerin, ein univer- selles Symbol für Frieden und Solidarität. Später, als der Umhang seinen Eroberungs- feldzug um die Welt begonnen hatte, erhält Anna Chromy die Chance ihres Lebens – eigentlich ein Wahnsinn, den jeder vernünftige Mensch vermutlich ausgeschlagen hätte. Ihr wurde ein 250 Tonnen schwerer Marmorblock aus Carrara zur Verfügung gestellt, jenem Steinbruch in der Toskana, in dem sich schon Michelangelo oder Bernini den kostbaren Rohstoff für ihre Skulpturen beschafften. Vier Jahre lang klopfte sie vor Ort an dem Gi- gablock herum, bis sie jene feinen Falten he- rausgearbeitet hatte, die vor ihr zuletzt die Ihr «Mantel des Gewissens» erobert die Welt Von AILA STÖCKMANN 309RZEIT_27.qxp_Mise en page 1 15/10/2018 09:14 Page27
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Page 1: G E I ANNA CHROMY E MEHR ALS 40€¦ · Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an Dalí erinnernden Gemälden immer wieder auf, hier das Werk «The Door», 200 x

Antwort der Künstlerin. Den Rest seines Le-bens müsse man bewusst dort verbringen,wo man sich am wohlsten fühle.Seit 40 Jahren ist Monaco die WahlheimatAnna Chromys, die sie aber regelmäßig für Ar-beitsaufenthalte in ihrem Atelier im toskani-schen Pietrasanta und für Reisen durch dieganze Welt im Dienste ihrer Kunst verlässt.Bei unserem Gespräch kommt die in Krumauan der Moldau geborene Österreicherin ge-rade aus new York und ist noch voller Ein-drücke aus dem großen Staat jenseits desAtlantiks. Ein Sammler hat einen ihrer Mänteldort in seinen Skulpturenpark aufgenommen.«Denn», so Anna Chromy mit ihrem charman-ten Salzburger zungenschlag, «das Sujet ist inder heutigen zeit so aktuell wie eh und je.»Und vor allem lasse der Anblick des Werkesniemanden unberührt, gleich welcher nationoder Religion der Betrachter sein mag. Darin,das weiß die Künstlerin, liegt der große Erfolgder Skulptur begründet.Während der Mantel leer erscheint, enthält erfür Anna Chromy genau das, was den Men-schen ausmache: die Seele und das Gewis-

Ihr bisher wichtigstes Werk geht, wie esin der Kunst so häufig ist, einher mit demSieg über eine große Lebenskrise. Als

Anna Chromy 1992 einen beinahe tödlichenSturz überlebt hatte und ihr zustand allmäh-lich das Arbeiten wieder zuließ, schuf sie den«Mantel des Gewissens» – einen Vorläufer derMonumentalskulptur auf unserer Titelseite.Damals zuerst in Bronze, mit einer Höhe von1,60 Meter. Heute stehen Variationen dieses inFalten gelegten Umhangs mit menschlicherSilhouette an 19 verschiedenen Orten welt-weit, darunter Monaco, London und Salzburg,aber auch new York und ab diesem novem-ber Jerusalem. Besondere Verehrung genießtdie Künstlerin in China, wo ihr 2015 als ersternicht-Chinesin eine Ausstellung im national-museum in Peking gewidmet war und in des-sen Eingangshalle heute ebenfalls ein bron-zener Mantel steht, bewundert von rund achtMillionen Besuchern im Jahr. Im Reich derMitte liebe man ihre figurative Arbeit, habeman ihr sogar ein großes Atelier angeboten,damit sie ihre Kunst dort weitergeben könne.«Aber ich wollte nicht!» so die entschiedene

ANNA CHROMYMEHR ALS 40 JAHRE SCHAFFEN

Altmeister der Renaissance beherrschten.«Mein Meisterwerk» nennt sie selbst das Er-gebnis jener Arbeit: einen fünf Meter hohen,begehbaren Mantel des Gewissens, der im In-nenraum Platz zum Meditieren biete – diegrößte je aus einem Block erstellte Marmor-statue der Welt, für die sie nun den passendenStandort sucht. «Ich hab mein ganzes Leben nur Kunst ge-macht», zieht Anna Chromy Bilanz und klingtglücklich. Früher malte sie ausschließlich; erstnach dem Unfall hat sie mit der Bildhauereizu ihrem heute wichtigsten Ausdrucksmittelgefunden. Dem ist auch Frédéric Pont verfallen. Er führtdie Continental Art Gallery in Beaulieu-sur-Merunweit von Monaco und vertritt die Österrei-cherin seit Jahren. «Kunst muss mit Men-schen geteilt werden», findet der Galerist. Undbeide gemeinsam arbeiten daran, dass derMantel weiter die Welt erobert.

AUSSTELLUNGEN (AUSWAHL):Nationalmuseum athenvatikan Place vendôme in ParisNationalmuseum Peking

AUSZEICHNUNGENMichelangelo-Preis Kafka-PreisPreis der Nationalakademie ChinaSalvador-Dali-Preis

CONTINENTAL ART GALLERYFrédéric PontTel. +33 (0)6 88 87 52 [email protected]

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NOVEMBER / DEZEMBER 2018

Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an Dalí erinnernden Gemälden immer wieder auf, hier das Werk «The Door», 200 x 150 cm, Öl auf Leinwand, aus der Serie «Chromatology»

An

zEIG

E sen. «Was man nicht sieht, was man nicht be-rühren kann, ist das Wertvollste im Leben»,sagt sie. «Das wird uns überleben.» An jedemselbst liege es, die Leere seines Mantels sinn-voll auszufüllen – mit guten Taten und Liebe.Der Mantel sei, so die Bildhauerin, ein univer-selles Symbol für Frieden und Solidarität. Später, als der Umhang seinen Eroberungs-feldzug um die Welt begonnen hatte, erhältAnna Chromy die Chance ihres Lebens –eigentlich ein Wahnsinn, den jeder vernünftigeMensch vermutlich ausgeschlagen hätte. Ihrwurde ein 250 Tonnen schwerer Marmorblockaus Carrara zur Verfügung gestellt, jenemSteinbruch in der Toskana, in dem sich schonMichelangelo oder Bernini den kostbarenRohstoff für ihre Skulpturen beschafften. Vier Jahre lang klopfte sie vor Ort an dem Gi-gablock herum, bis sie jene feinen Falten he-rausgearbeitet hatte, die vor ihr zuletzt die

Ihr «Mantel des Gewissens» erobert die Welt Von AILA STÖCKMANN

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