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Page 1: G E I ANNA CHROMY E MEHR ALS 40€¦ · Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an Dalí erinnernden Gemälden immer wieder auf, hier das Werk «The Door», 200 x

Antwort der Künstlerin. Den Rest seines Le-bens müsse man bewusst dort verbringen,wo man sich am wohlsten fühle.Seit 40 Jahren ist Monaco die WahlheimatAnna Chromys, die sie aber regelmäßig für Ar-beitsaufenthalte in ihrem Atelier im toskani-schen Pietrasanta und für Reisen durch dieganze Welt im Dienste ihrer Kunst verlässt.Bei unserem Gespräch kommt die in Krumauan der Moldau geborene Österreicherin ge-rade aus new York und ist noch voller Ein-drücke aus dem großen Staat jenseits desAtlantiks. Ein Sammler hat einen ihrer Mänteldort in seinen Skulpturenpark aufgenommen.«Denn», so Anna Chromy mit ihrem charman-ten Salzburger zungenschlag, «das Sujet ist inder heutigen zeit so aktuell wie eh und je.»Und vor allem lasse der Anblick des Werkesniemanden unberührt, gleich welcher nationoder Religion der Betrachter sein mag. Darin,das weiß die Künstlerin, liegt der große Erfolgder Skulptur begründet.Während der Mantel leer erscheint, enthält erfür Anna Chromy genau das, was den Men-schen ausmache: die Seele und das Gewis-

Ihr bisher wichtigstes Werk geht, wie esin der Kunst so häufig ist, einher mit demSieg über eine große Lebenskrise. Als

Anna Chromy 1992 einen beinahe tödlichenSturz überlebt hatte und ihr zustand allmäh-lich das Arbeiten wieder zuließ, schuf sie den«Mantel des Gewissens» – einen Vorläufer derMonumentalskulptur auf unserer Titelseite.Damals zuerst in Bronze, mit einer Höhe von1,60 Meter. Heute stehen Variationen dieses inFalten gelegten Umhangs mit menschlicherSilhouette an 19 verschiedenen Orten welt-weit, darunter Monaco, London und Salzburg,aber auch new York und ab diesem novem-ber Jerusalem. Besondere Verehrung genießtdie Künstlerin in China, wo ihr 2015 als ersternicht-Chinesin eine Ausstellung im national-museum in Peking gewidmet war und in des-sen Eingangshalle heute ebenfalls ein bron-zener Mantel steht, bewundert von rund achtMillionen Besuchern im Jahr. Im Reich derMitte liebe man ihre figurative Arbeit, habeman ihr sogar ein großes Atelier angeboten,damit sie ihre Kunst dort weitergeben könne.«Aber ich wollte nicht!» so die entschiedene

ANNA CHROMYMEHR ALS 40 JAHRE SCHAFFEN

Altmeister der Renaissance beherrschten.«Mein Meisterwerk» nennt sie selbst das Er-gebnis jener Arbeit: einen fünf Meter hohen,begehbaren Mantel des Gewissens, der im In-nenraum Platz zum Meditieren biete – diegrößte je aus einem Block erstellte Marmor-statue der Welt, für die sie nun den passendenStandort sucht. «Ich hab mein ganzes Leben nur Kunst ge-macht», zieht Anna Chromy Bilanz und klingtglücklich. Früher malte sie ausschließlich; erstnach dem Unfall hat sie mit der Bildhauereizu ihrem heute wichtigsten Ausdrucksmittelgefunden. Dem ist auch Frédéric Pont verfallen. Er führtdie Continental Art Gallery in Beaulieu-sur-Merunweit von Monaco und vertritt die Österrei-cherin seit Jahren. «Kunst muss mit Men-schen geteilt werden», findet der Galerist. Undbeide gemeinsam arbeiten daran, dass derMantel weiter die Welt erobert.

AUSSTELLUNGEN (AUSWAHL):Nationalmuseum athenvatikan Place vendôme in ParisNationalmuseum Peking

AUSZEICHNUNGENMichelangelo-Preis Kafka-PreisPreis der Nationalakademie ChinaSalvador-Dali-Preis

CONTINENTAL ART GALLERYFrédéric PontTel. +33 (0)6 88 87 52 [email protected]

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NOVEMBER / DEZEMBER 2018

Anna Chromys Mantel taucht auch in ihren im Stil häufig an Dalí erinnernden Gemälden immer wieder auf, hier das Werk «The Door», 200 x 150 cm, Öl auf Leinwand, aus der Serie «Chromatology»

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E sen. «Was man nicht sieht, was man nicht be-rühren kann, ist das Wertvollste im Leben»,sagt sie. «Das wird uns überleben.» An jedemselbst liege es, die Leere seines Mantels sinn-voll auszufüllen – mit guten Taten und Liebe.Der Mantel sei, so die Bildhauerin, ein univer-selles Symbol für Frieden und Solidarität. Später, als der Umhang seinen Eroberungs-feldzug um die Welt begonnen hatte, erhältAnna Chromy die Chance ihres Lebens –eigentlich ein Wahnsinn, den jeder vernünftigeMensch vermutlich ausgeschlagen hätte. Ihrwurde ein 250 Tonnen schwerer Marmorblockaus Carrara zur Verfügung gestellt, jenemSteinbruch in der Toskana, in dem sich schonMichelangelo oder Bernini den kostbarenRohstoff für ihre Skulpturen beschafften. Vier Jahre lang klopfte sie vor Ort an dem Gi-gablock herum, bis sie jene feinen Falten he-rausgearbeitet hatte, die vor ihr zuletzt die

Ihr «Mantel des Gewissens» erobert die Welt Von AILA STÖCKMANN

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