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F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische...

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1 Gymnasium Weilheim Kollegstufenjahrgang 2007/2009 F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie Thema: Dopamin als zentraler Neurotransmitter am Beispiel des Segawa-Syndroms und der Schizophrenie Verfasser: Barbara Pfäffl Leistungskurs: Biologie 1 Kursleiter: Susanne Brunner Abgabetermin: 30.01.2009 Erzielte Note: in Worten: Erzielte Punkte: (einfache Wertung) in Worten: Abgabe am: (Stempel des Sekretariats) (Unterschrift des Kursleiters)
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Gymnasium Weilheim Kollegstufenjahrgang 2007/2009

F A C H A R B E I T

aus dem Fach

Biologie

Thema: Dopamin als zentraler Neurotransmitter am Beispiel des

Segawa-Syndroms und der Schizophrenie

Verfasser: Barbara Pfäffl

Leistungskurs: Biologie 1

Kursleiter: Susanne Brunner

Abgabetermin: 30.01.2009

Erzielte Note: in Worten:

Erzielte Punkte: (einfache Wertung)

in Worten:

Abgabe am: (Stempel des Sekretariats)

(Unterschrift des Kursleiters)

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Vorwort ............................................................................................................... 3 1 Einleitung - was bewegt mich diese Arbeit zu schreiben? ........................... 3 2 Dopamin, als zentraler Neurotransmitter ..................................................... 4

2.1 Das zentrale Nervensystem und die Rolle von Dopamin ..................... 4 2.2 Neurotransmitter .................................................................................. 6

Einteilung der Neurotransmitter ................................................................... 6 2.3 Dopamin ............................................................................................... 7

2.3.1 Synthese von Dopamin ................................................................. 7 2.3.2 Wirkung von Dopamin ................................................................... 9 2.3.3 Dopamin-Rezeptoren .................................................................... 9

3 Krankheiten, die mit Dopamin in Verbindung gebracht werden ................. 11 3.1 Segawa-Syndrom als Dopaminmangelerkrankung ............................ 11

3.1.1 Entdeckungsgeschichte des Segawa-Syndroms ........................ 11 3.1.2 Klinik und Symptome der Erkrankung ......................................... 12 3.1.3 Diagnose ..................................................................................... 12 3.1.4 Fehldiagnosen ............................................................................ 13 3.1.5 Therapiemöglichkeiten unter dem Aspekt der Dosierung ............ 15 3.1.6 Genetik ........................................................................................ 18 3.1.7 Epidemiologie, Verbreitung ......................................................... 19

3.2 Schizophrenie, diskutiert als Dopaminüberschusserkrankung ........... 19 3.2.1 Symptome ................................................................................... 19 3.2.2 Verbreitung ................................................................................. 20 3.2.3 Vererbung ................................................................................... 21 3.2.4 Auslösende Ereignisse ................................................................ 21 3.2.5 Mögliche Ursachen und Diagnoseansätze .................................. 22

3.2.5.1 Dopaminhypothese .................................................................. 22 3.2.5.2 Glutamathypothese ................................................................. 24 3.2.5.3 Theorie der neuronalen Entwicklungsstörung ......................... 24 3.2.5.4 Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell ...................................... 25

3.2.6 Therapie ...................................................................................... 25 3.2.7 Volkswirtschaftliche Bedeutung .................................................. 27

4 Ausblick ..................................................................................................... 27 Literatur ............................................................................................................ 28

Bücher: .................................................................................................. 28 Zeitschriften: .......................................................................................... 28 Doktorarbeiten: ...................................................................................... 29 Internet:.................................................................................................. 29

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Vorwort 1971 schob eine 51 Jahre alte Frau nach 43 Jahren Krankheit und 36 Jahren im

Rollstuhl - dieses für sie so notwendig gewordene Fortbewegungsmittel - in jene

Ecke des Heimes, in der sie morgens das Pflegepersonal wieder abzuholen

gewohnt war, nahm den Koffer mit ihren persönlichen Habseligkeiten vom Tisch

und ging langsam den Gang hinunter, an dessen Ende Ihre Enkeltochter stand,

freudig winkte und sich für ihre Oma freute, die das erste Mal seit ihrer Kindheit

wieder laufen konnte. Die Behandelbarkeit ihrer körperlichen Behinderung war

als genetisches Syndrom bei eben dieser Enkeltochter festgestellt worden...

1 Einleitung - was bewegt mich diese Arbeit zu schreiben?

Es gibt zwei Gründe die mich dazu veranlassen, diese Arbeit zu schreiben.

Einer davon ist die Tatsache, dass ich selbst von dem Segawa-Syndrom

betroffen bin. Mithilfe der Informationen und den Erkenntnissen, die ich im Zuge

der Recherche für diese Arbeit sammle, möchte ich mehr über Abläufe im

menschlichen Körper im Allgemeinen und über die Fehlfunktionen speziell in

meinem Körper verstehen. Auch möchte ich den Grund begreifen, warum ich

Tag ein Tag aus meine zwei Tabletten L-DOPA schlucken muss. Dabei habe

ich eigentlich doch sehr Glück, dass ich diese Krankheit habe und nicht

irgendeine andere Bewegungsstörung, welche nicht behandelbar wäre, die den

Rollstuhl und ein sehr eingeschränktes Leben zur Folge hätte.

Ein weiterer Grund ist, dass ich dem Segawa-Syndrom mehr Bekanntheit in der

Bevölkerung und vor allem auch in der Ärzteschaft verschaffen will. Aufgrund

der geringen Inzidenz (Häufigkeit) dieser Erkrankung wird sie meistens nicht

erkannt, obwohl die Bewegungsstörung nach der richtigen Diagnose leicht zu

behandeln ist. Oft wird die Diagnose jahrelang verschleppt und der Patient

macht eine Odysee durch sämtliche Fachbereiche der Medizin, um am Ende

resigniert festzustellen, dass ihm angeblich mit seiner Krankheit nicht zu helfen

ist. Um möglichst vielen verzweifelt Ratsuchenden die Möglichkeit zu geben,

sich zu informieren und sich selbst zu helfen, werde ich mit Beendigung dieser

Arbeit diese unter www.dystonie-segawa.de ins Internet stellen. Vielleicht

ereignet sich die oben im Vorwort geschilderte Geschichte ja wieder ein Mal

oder manch ein Kind muss einige Ärzte weniger als ich selbst konsultieren.

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2 Dopamin als zentraler Neurotransmitter

2.1 Das zentrale Nervensystem und die Rolle von Dopamin

Unter dem Begriff des Zentralen Nervensystems (ZNS) wird das Gehirn und

das Rückenmark zusammengefasst. Man grenzt es so vom peripheren

Nervensystem ab.

Das ZNS wird in die fünf

folgenden

Hauptabschnitte eingeteilt:

Großhirn, Zwischenhirn,

Kleinhirn, Stammhirn und

Rückenmark. Das ZNS ist

in die graue und in die

weiße Substanz unterteilt.

Die graue Substanz

besteht aus den Somata

der Neuronen, die weiße

Substanz aus den Axonen

der Neuronen.

Abbildung 1: Gehirnstrukturen

(aus www.sinnesphysiologie.de 11.03.2008)

Im Stammhirn und hier

insbesondere im Mittelhirn

liegt die Substantia nigra,

welche bezüglich des

Segawa-Syndroms eine

besondere Rolle spielt.

Der Name Substantia

nigra (lat. niger „schwarz“)

stammt vom hohen Gehalt

an Eisen und Melanin, die

dieser Gewebestruktur

des Mittelhirns seine

Farbe verleihen.

Abbildung 2: Strukturen im Stammhirn

(aus www.sinnesphysiologie.de 11.03.2008)

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Abbildung 3: Dopaminerge Bahnen im Gehirn

(www.sinnesphysiologie.de 11.03.2009)

Die Substantia nigra steht über verschiedene Schaltkreise mit anderen

Gehirnstrukturen in Verbindung. Zur Substantia nigra verlaufen zuführende

Nervenfasen (Afferenzen) vom motorischen Cortex (ein histologisch

abgrenzbarer Bereich, der die willkürlichen Bewegungen steuert), aus dem

Nucleus caudatus (Anteil der Basalganglien, der auch für die Kontrolle

willkürlicher Bewegungen verantwortlich ist) und dem Putamen (Teil der grauen

Substanz des Gehirns, ebenfalls Kontrolle der Bewegungen). Die ableitenden

Nervenfasern (Efferenzen) ziehen zum Striatum (Streifenkörper, Teil der

Basalganglien) und zum Thalamus (größter Teil des Zwischenhirns).

Histochemisch lassen sich verschiedene Neurotransmitter in den Neuronen der

Substantia nigra nachweisen, jedoch sticht ein hoher Dopamingehalt besonders

hervor. Über die genannten dopaminergen Neurone werden Signale vermittelt,

die besonders auf die Planung und den Beginn einer Bewegung wirken

(„Starterfunktion“) und ebenso wird von diesem Neuronensystem die Motorik

überwacht. Entstehen hier Gewebeabbau durch Alterung oder neurologische

Krankheiten, verletzungsbedingte Gewebezerstörungen oder Tumoren, führt

dies zu Bewegungs- und Gangstörungen.

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Abbildung 4: Synaptische Übertragung

(aus www.medizininfo.de/kopfundseeele/alzheimer

/synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008)

2.2 Neurotransmitter

Die Evolution hat sich bei der Signalweiterleitung für chemische Schnittstellen

entschieden, damit das Signal, wie bei einer Einbahnstraße nur in eine

Richtung weitergeleitet werden kann. Es gibt afferente Bahnen, z.B. vom

Sensor zum Gehirn und efferente Bahnen, z.B. vom Gehirn zum Muskel. Die

Signalstoffe, die an den Schnittstellen (Synapsen) ihre Wirkung entfalten, nennt

man Neurotransmitter. Dies sind biochemische Stoffe, die durch elektrische

Reize von einer Nervenzelle abgegeben werden und damit die Reizleitung

eines Nervenimpulses modulieren, den Reiz verstärken oder abschwächen.

Nervenzellen verknüpfen sich untereinander mit Synapsen. Die gemeinsame

Verbindungsstelle der Nervenzellen ist der sogenannte synaptische Spalt, der

die Weiterleitung eines Signals reguliert. Wird eine Nervenzelle durch einen

ankommenden elektrischen Impuls (Aktionspotential) erregt, so schütten die

Speicherorte (Vesikel) der

Neurotransmitter ihre

Botenstoffe in den synaptischen

Spalt aus und ermöglichen damit

die Besetzung der Rezeptoren des

nachgeschaltenen Neurons. Die

Wirkung des Aktionspotentials wird

auf diese Art und Weise in ein

chemisches Signal umgewandelt,

welches die Weiterleitung des

Aktionspotentials steuert. Der

Neurotransmitter selbst wird nach

seiner Ausschüttung schnell

enzymatisch abgebaut und der

Wiederverwendung zugeführt.

Einteilung der Neurotransmitter Chemisch gesehen handelt es sich bei den Neurotransmittern um eine sehr

heterogene Gruppe. Sie lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien einteilen.

Eine der möglichen Einteilungen ist die Klassifizierung nach ihren chemischen

Merkmalen in Neuropeptide, biogene Amine, Aminosäuren und lösliche Gase.

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Ebenso ist eine Unterteilung in kleinmolekulare Substanzen und neuroaktive

Peptide möglich.

Zu den Neuropeptiden zählen unter anderem Endorphine, Enkephaline,

Substanz P, Somatostatin und Insulin. Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin,

Acetylcholin, Histamin und Serotonin gehören zu den biogenen Aminen. Zur

Gruppe der Aminosäuren gehören Glutamat, Aspartat, Glyzin und γ-

Aminobuttersäure (GABA). Beispiele für atemgängige lösliche Gase sind

Stickoxid und Kohlenstoffmonoxid (siehe Tabelle). Nicht alle Neurotransmitter

sind in jeder Nervenzelle enthalten, sondern je nach dem Aufgabengebiet der

Nervenzelle verteilt.

Stoffgruppe Neurotransmitter

Neuropeptide Endorphine, Enkephaline, Substanz P, Somatostatin und Insulin

Biogene Amine Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin, Acetylcholin, Histamin und

Serotonin

Aminosäuren Glutamat, Aspartat, Glyzin und γ-Aminobuttersäure (GABA)

Lösliche Gase Stickoxid und Kohlenstoffmonoxid

Tabelle 1: Einteilung der Neurotransmitter in deren Stoffgruppen

2.3 Dopamin

Dopamin ist ein biogenes Amin. Es hat die Summenformel C8H11NO2 und

folgende Strukturformel:

Abbildung 5: Strukturformel von Dopamin

Dopamin kann im menschlichen Organismus aus den Aminosäuren

Phenylalanin beziehungsweise Tyrosin synthetisiert werden. Die für die

Synthese benötigten Reaktionsschritte laufen in den chromaffinen Zellen von

Nebennierenmark, Hypothalamus, Substantia nigra und in anderen Teilen des

Nervensystems ab. Dopamin ist ein Zwischenprodukt der Synthese von

Adrenalin und Noradrenalin, fungiert aber auch selbst als Neurotransmitter.

2.3.1 Synthese von Dopamin

Als Ausgangssubstanz dient die Aminosäure Tyrosin, welche zuerst die

Bluthirnschranke passieren muss, da die Synthese in den dopaminergen

Neuronen der Substantia nigra abläuft.

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Abbildung 6: Synthese von Dopamin

(aus www.wikipedia.org/wiki/Dopamin 11.03.2008)

Abbildung 7: Strukturformel von BH4

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine physiologische Barriere zwischen ZNS und

Blutkreislauf. Sie schränkt den Austausch von verschiedenen chemischen

Substanzen und Krankheitserregern zwischen dem Blutkreislauf und dem

neuronalen Gewebe ein, während sie den Durchfluss von essentiellen

Substanzen (z.B. Sauerstoff) erlaubt. Die Blut-Hirn-Schranke ist wichtig, damit

Milieubedingungen im Gehirn unbeeinflusst vom restlichen Blutkreislauf

aufrecht erhalten bleiben und schützt das Gehirn vor gefährlichen Toxinen.

Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Drogen können diese Schranke

überwinden, weil sie fettlöslich sind. Wasserlösliche Stoffe müssen über die

Transportsysteme der Endothelzellen (Zellen, die die Blutgefäße auskleiden)

ins Gehirn eingeschleust werden. Somit haben Endothelzellen die Kontrolle

darüber, welche Substanzen ins Gehirn eindringen können und welche

ausgesperrt bleiben.

Im ersten Schritt wird Tyrosin

am C3-Atom durch das Enzym

Tyrosin-Hydroxylase mit einer

zweiten Hydroxylgruppe

ausgestattet und liegt damit als

L-DOPA (3,4-Dihydroxyphenyl -

alanin) vor. Danach

decarboxyliert das Enzym L-

DOPA-Decarboxylase das

entstandene Molekül zum

Stoffwechsel-wirksamen Amin

Dopamin.

Die Geschwindigkeit der

Umwandlung von Tyrosin in L-

DOPA wird durch einen

essentiellen Cofaktor, dem

Tetrahydrobiopterin (BH4)

gesteuert.

Tetrahydrobiopterin selbst

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entsteht durch die Umwandlung von Guanosintriphosphat (GTP), welche durch

die GTP-Cyclohydrolase I katalysiert wird. Als weitere Cofaktoren werden

Magnesium und Zink benötigt.

2.3.2 Wirkung von Dopamin

Im Volksmund gilt Dopamin als Glückshormon.

Genauer betrachtet wird es aber für eine Vielzahl von lebensnotwendigen

Steuerungs- und Regelungsvorgängen benötigt:

• Dopamin ist an der Steuerung der Motorik beteiligt. Dopaminerge

Bahnen von der Substantia nigra im Mittelhirn zu den Basalganglien

spielen eine wichtige Rolle bei der Bewegungssteuerung, d.h. Dopamin

gibt die Befehle des Nervensystems an die Muskulatur weiter (siehe

Abbildung 2).

• Dopamin beeinflusst Wahrnehmung und Gefühle.

• Dopamin hemmt in der Hypophyse die Ausschüttung des Hormons

Prolaktin, welches die Produktion von Milch in der Brustdrüse steuert.

• Als Neurotransmitter im vegetativen Nervensystem reguliert es die

Durchblutung innerer Organe. Insbesondere ist Dopamin an der

Steuerung der Urinproduktion in den Nieren beteiligt.

2.3.3 Dopamin-Rezeptoren

Der Dopamin-Rezeptor ist die Empfangseinheit für Signale durch den

Neurotransmitter Dopamin. Der Rezeptor sitzt auf der Zelloberfläche des

postsynaptischen Neurons.

Heutzutage sind uns fünf (in neueren Forschungen sogar 18!) verschiedene

Dopamin-Rezeptoren bekannt.

Aufgrund des intrazellulären Signalwegs und der Wirkungweise werden die

Dopamin-Rezeptoren in zwei Gruppen eingeteilt:

• D1-Familie (D1- und D5-Rezeptoren)

Bei Stimulation der D1-Rezeptorgruppe durch Dopamin erfolgt die intrazelluläre

Signalübermittlung zuerst über ein sogenanntes stimulierendes G-Protein.

Dieses aktiviert das Enzym Adenylatcyclase. Die aktivierte Adenylatcyclase

bewirkt die Umwandlung von intrazellulärem ATP in cAMP (cyclisches

Adenosinmonophosphat). cAMP wiederum aktiviert andere intrazelluläre

Proteine. Sinn dieser Signalkaskade ist vor allem die Verstärkung des Signals,

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das von einem Rezeptor ausgeht, da auf jeder Aktivierungsstufe mehrere

folgende Proteine aktiviert werden. Diese D1-Gruppe wirkt somit aktivierend auf

die Zelle.

• D2-Familie (D2,- D3,- D4-Rezeptoren)

Bei Stimulation dieser Rezeptorgruppe durch Dopamin erfolgt die intrazelluläre

Signalübermittlung zuerst über ein sogenanntes inhibitorisches, d.h.

hemmendes G-Protein. Dieses Protein hemmt die Adenylatcyclase. Dadurch

wird weniger cAMP hergestellt und somit der nachfolgende Signalweg gehemmt

bzw. abgebremst. Außerdem aktiviert diese Gruppe die Kalium-Kanäle.

Dadurch wird z.B. das Ruhepotential von Nervenzellen stabilisiert und eine

Erregung einer Nervenzelle erschwert. Die D2-Gruppe wirkt somit hemmend

auf die Nervenzelle.

Abbildung 8: Diverse Dopaminrezeptoren

(aus Doktorarbeit Stefan Pelz, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, 2005)

Es existieren aber auch präsynaptische Dopaminrezeptoren, welche die

Ausschüttung von Dopamin im Sinne eines Rückkopplungs-Mechanismus

(„Feed back“) steuern.

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Weiterhin gibt es an der präsynaptischen Nervenfaser den Autorezeptor (D2a),

der die Impulsfrequenz dopaminerger Neurone steuert.

Zusammenfassend wirken also die D1-verwandten Rezeptoren stimulierend,

die D2-Rezeptoren jedoch hemmend.

3 Krankheiten, die mit Dopamin in Verbindung gebracht werden

3.1 Segawa-Syndrom als Dopaminmangelerkrankung

Das Segawa-Syndrom gehört in das große Krankheitsbild der Dystonien. Als

Dystonie bezeichnet man Bewegungsstörungen, die durch unwillkürliche,

langsame, anhaltende Muskelkontraktionen charakterisiert sind. Diese führen

zu drehenden, sich wiederholenden Bewegungen oder abnormen Haltungen.

Die einzige, kausal behandelbare Dystonie ist das Segawa-Syndrom, welches

leider oft sogar von Neurologen mit Parkinson verwechselt wird.

3.1.1 Entdeckungsgeschichte des Segawa-Syndroms

Das Segawa-Syndrom und die Dystonien sind innerhalb der Neurologie noch

relativ junge Krankheitsbilder. Der deutsche Neurologe Oppenheim führte 1911

den Begriff Dystonie ein, als er ein Syndrom mit Gangstörung als Dystonia

musculorum deformans bezeichnete. Jedoch schon 1908 wurde dieses

Krankheitsbild von seinem Fachkollegen Schwalbe als „eigentümliche tonische

Krampfform mit hysterischen Symptomen“ beschrieben (Ceballos-Baumann,

1996; S. 89). Hinzugekommen sind viele neue Erkrankungsformen, die nicht

nur Ähnlichkeiten in der Symptomatik, sondern auch Verwandtschaft in der

pathophysiologischen Grundstruktur aufweisen. Eine dieser Erkrankungen ist

das Segawa-Syndrom, eine seltene Dystonie, die der japanische Neurologe

Masaya Segawa erstmals 1970 als eigenes Krankheitsbild beschrieb und somit

Namensgeber dieses Krankheitsbildes wurde. Im Jahre 1976 erschien der erste

englischsprachige Bericht (Segawa et al. 1976). In Fachkreisen ist das Segawa-

Syndrom auch als Dopamin-Responsive-Dystonie (DRD) bekannt. Heute wird

sie häufig als DYT5-Dystonie bezeichnet.

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3.1.2 Klinik und Symptome der Erkrankung

Als früheste Symptome treten in der ersten Lebensdekade dystone Haltungen,

zum Beispiel die Einwärtsdrehung der Füße, auf. Die Erkrankung verläuft

unbehandelt in der Regel fortschreitend und erfasst die gesamte untere

Extremität. In schweren Fällen generalisiert die Erkrankung und führt zu völliger

Bewegungsunfähigkeit. Außer Dystonie finden sich beim Segawa-Syndrom

eines oder mehrere Symptome der Parkinson-Erkrankung wie Rigor (erhöhte

Steifigkeit der Muskeln), Bradykinese (Bewegungsverarmung und

-verlangsamung), Tremor (Zittern), Dyskinesie (plötzlich auftretende

Fehlbewegungen und Verkrampfungen der Muskulatur) und der Verlust von

Haltungsreflexen. Die Ausprägung der Symptome unterliegt häufig einer

tageszeitlichen Schwankung. In etwa 75 % der Fälle ist die Symptomatik in den

Morgenstunden oder nach einer längeren Schlafphase gebessert und

verschlechtert sich dann im Verlauf des Tages.

3.1.3 Diagnose

Für einen mit dem Krankheitsbild vertrauten Neurologen ist die Diagnose

extrem einfach, da der Verdacht des Segawa-Syndroms oft schon durch eine

gezielte Befragung des Patienten bestätigt werden kann. Die Dystonie ist ein

fehlregulierter Spannungszustand bestimmter Muskelgruppen, der durch die

unwillkürlichen Verkrampfungen zu bizarren Körperhaltungen und Bewegungen

führen kann. Im speziellen Fall des Segawa-Syndroms ist eine ausführliche

Befragung von Eltern und betroffenem Kind wegweisend. Kein Labortest oder

funktioneller Nerventest gibt einen spezifischen Hinweis auf die Erkrankung. Die

Untersuchung des Patienten zeigt die für die Dystonie typischen

Muskelverkrampfungen und das Muskelzittern. Der Arzt muss in dieser

Situation nachfragen, ob nach dem Schlafen oder nach längeren Ruhephasen

die Symptome weniger stark ausgeprägt sind und nach stärkeren körperlichen

Belastungen (z.B. Spiel mit Freunden oder spazieren gehen) in ihrer

Ausprägung deutlich zunehmen. Kinder können am Morgen oft selbst essen

und müssen am Abend gefüttert werden. Bei dieser Konstellation von

Symptomen und Krankengeschichte ist der Goldstandard der Diagnosestellung

eine Testdosis von Dopamin zu verabreichen. Die Wirkung von Dopamin setzt

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innerhalb von Stunden ein und beseitigt fast vollständig alle Symptome des

Segawa-Syndroms.

3.1.4 Fehldiagnosen

Beim Segawa-Syndrom handelt es sich um ein sehr seltenes und deshalb leider

bei den Ärzten wenig bekanntes Krankheitsbild. Da die Symptome bei der

Geburt kaum oder gar nicht ausgeprägt sind und keine perinatale Diagnostik

möglich ist, wird die Diagnosestellung oft über Jahre verschleppt. Sollten

Symptome schon bei einem Säugling auffallen, wird in der Regel ein

verzögerter Geburtsverlauf mit einer Sauerstoffschädigung des Mittelhirns

verantwortlich gemacht. Den betroffenen Eltern wird dann oft empfohlen,

intensive Krankengymnastik zu betreiben, da möglicherweise ein

geburtsbedingter Sauerstoffschaden des Gehirns zu irreversiblen Schäden

geführt hat, die man durch physiotherapeutische Übungen in seiner Wirkung

abschwächen kann.

Leichte Symptome nach dem ersten Lebenshalbjahr fallen manchmal einem

aufmerksamen Kinderarzt auf, der eine Bewegungsarmut der Beine, einen

verzögerten Laufbeginn oder die Einwärtsdrehung meist des rechten Fußes

feststellt. Es beginnt dann nicht selten für Eltern und Kind eine lange Odyssee

durch verschiedene Fachgebiete der Medizin. Weil die Einwärtsdrehung des

Vorfußes das häufigste Frühsymptom ist, wird der Kinderorthopäde als Erstes

aufgesucht. Da die Dystonie normalerweise kein typisch orthopädisches

Krankheitsbild verursacht und weitere hinweisgebende Symptome fehlen oder

noch nicht auffallen, ist die häufigste Fehldiagnose eine Schwäche des

sogenannten Peroneusnerven. Meist wird deshalb zunächst eine konservative

Therapie beschritten, bei der durch Anlegen einer orthopädischen

„Thomasschiene“, besonders in der Nacht, der Spitzfußstellung

entgegengewirkt werden soll. Da aufgrund der Fehldiagnose naturgemäß keine

Besserung eintreten kann, wird von orthopädischer Seite oft eine

Verlängerungsoperation der Achillessehne oder eine andere

Sehnenumstellungsoperation des Vorfußes vorgenommen, d.h. im

ungünstigsten Fall wird die Diagnose über Monate und Jahre verschleppt und

schließlich als Verzweiflungstat eine eingreifende, medizinisch nicht indizierte,

verstümmelnde orthopädische Operation gewählt.

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Die vermutete Schwäche des Peroneusnerven ruft oft den Neurologen auf den

Plan.

Da rein statistisch ein normaler Neurologe während seiner Lebensarbeitszeit

nur einmal die Gelegenheit hat, die Erstdiagnose eines Segawa-Syndroms zu

stellen, besteht leider auch hier eine große Wahrscheinlichkeit, dass die

Diagnose nicht auf Anhieb korrekt gestellt wird. Der Patient durchwandert

meistens zunächst einen Irrgarten von neurologischen

Untersuchungsmethoden. Der Besuch beim Neurologen findet naturgemäß oft

in den Vormittagsstunden statt, dann, wenn die Symptome am wenigsten

ausgeprägt sind. Bei vielen Patienten mit Segawa-Syndrom wird die

Nervenleitungsgeschwindigkeit des Peroneusnerven unter Stimulation als völlig

normal gemessen. Eine Nerven- und Muskelbiopsie erbringt häufig auch eine

völlig normale Gewebestruktur. Oft wird auch noch eine Nervenentzündung in

Betracht gezogen, die zu einer Punktion des Gehirnwassers (Lumbalpunktion)

führt. Größeres Glück mit einer früheren Diagnosestellung können Patienten

haben, die glücklicherweise in den Abendstunden untersucht werden, nämlich

dann, wenn zusätzliche Symptome wie Muskelkrämpfe oder Muskelzittern zur

allgemeinen Muskelsteifheit hinzukommen. Überhaupt sorgt das oft

tageszeitlich wechselnde Krankheitsbild zur Verwirrung von Eltern und Ärzten,

da sich morgendliches normales Verhalten (aufgefüllte Dopaminspeicher) mit

Muskelkrämpfen und Zittern nach starken körperlichen Belastungen (entleerte

Dopaminspeicher) in bunter Folge abwechseln. Nicht wenige Patienten landen

deswegen in der Psychiatrie, da ihnen Simulation, vegetative Dystonie oder

versteckte Depression unterstellt werden. Die voreilige Verordnung von

Tranquillizern (Beruhigungsmitteln) führt leider zu einer Abmilderung der

typischen Leitsymptome der Erkrankung und oft zu einer fatalen Verschleierung

der typischen Symptome mit psychiatrischen Fehldiagnosen, die alleine durch

die medikamentöse Therapie zu erklären wären. Ein verschwindend kleiner Teil

der Patienten wird aufgrund des in den Abendstunden vorherrschenden Zitterns

als atypischer Parkinson eingestuft: nur sie erhalten glücklicherweise das

typische Parkinsonmittel L-Dopa und gehen damit einer schnellen Behandlung

entgegen. Sie werden mit dem einzig richtigen Medikament behandelt,

allerdings ohne dass sie jemals ihre wahre Diagnose erfahren. Da das Segawa-

Syndrom auch Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule erzeugen kann, die

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Fehldiagnose in %

Psychogene Ursache, „vegetative Dystonie“, larvierte Depression 28,9

Peroneusschwäche, Spitzfuß 25,2

Essentieller Tremor 8,4

Skoliose / Kyphose 5,8

„atypischer Parkinson“ 2,8

Andere orthopädische Diagnose 39,2

Spinale Muskelatrophie 2,8

„atypische Poliomyelitis“ 2,8

Inadäquate Therapiemaßnahmen in %

Psychotherapie oder Unterbringung in psychiatrischer Einrichtung 22,4

Invasive orthopädische Therapie (Achillotomie, Sehnenumstellung) 16,8

Peroneusschiene, Thomasschiene, Stützkorsett 14,0

Andere konservative orthopädische Therapie 30,8

Betablocker, Tranquilizer 5,8

Tabelle 2: Fehldiagnosen und inadäquate Therapien

(nach Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 24, 14.Juni 1996 (57))

unbehandelt zu Fehlstellungen der Wirbelkörper führen, verbleibt über 1/3 der

Patienten in orthopädischer Behandlung, ohne der Diagnose einen Schritt

näher zu kommen.

3.1.5 Therapiemöglichkeiten unter dem Aspekt der Dosierung

Sollte die Diagnose Segawa-Syndrom gestellt worden sein, so ist die Therapie

einfach. In den meisten Fällen mindert eine Dosis von 20 mg pro kg

Körpergewicht pro Tag von L-DOPA die Symptome vollständig. Da L-DOPA

auch zur Parkinsonbehandlung und zum Eindämmen des „Restless-Legs-

Syndrom“ (Ruhelosigkeit der Beine) verwendet wird, ist es leicht und weltweit

erhältlich. Es ist auch eine vergleichsweise billige Therapie. Die Strukturformel

von L-DOPA ist:

Abbildung 9: Strukturformel von L-DOPA

Page 16: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

16

Als Arzneistoff wurde L-DOPA unter dem Namen Madopar® 1973 von

Hoffmann-La Roche erstmals auf den Markt gebracht. Heute gibt es

verschiedene Präparate, wobei L-DOPA in Kombination mit verschiedenen

Decarboxylasehemmern verwendet wird:

Madopar® (L-DOPA, Benserazid); Roche

Nacom® (L-DOPA, Carbidopa); Bristol-Myers Squibb GmbH

Warum wird L-DOPA und nicht Dopamin verabreicht?

Der eigentliche Wirkstoff Dopamin kann die oben beschriebene Blut-Hirn-

Schranke nicht überwinden.

L-DOPA wird als „Prodrug“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um die Vorstufe

des eigentlichen Wirkstoffs. Die medikamentös wirksame Form Dopamin wird

aus L-DOPA unter CO2-Abspaltung im Körper gewonnen.

Abbildung 10: Wirkmechanismus eines Kombinationspräparates aus L-DOPA und Carbidopa

(nach www.wikipedia.org/wiki/Parkinsonmittel 11.3.2008)

L-DOPA aber muss mit Decarboxylase-Hemmern kombiniert werden, um eine

Abspaltung von CO2 von L-DOPA vor dem Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu

vermeiden. Ohne Decarboxylierungshemmung würde 95 % des verabreichten

L-DOPAs bereits außerhalb des Gehirns decarboxyliert und damit unwirksam

gemacht werden.

Page 17: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

17

Der Decarboxylase-Hemmer wiederum kann die Blut-Hirn-Schranke nicht

passieren, was eine CO2-Abspaltung im Gehirn zur Folge hat. Somit liegt nun

der gewünschte Wirkstoff Dopamin im Gehirn vor.

Die tatsächliche Dosierung des Medikaments muss durch langsames

Herantasten an die optimale Verabreichungsmenge für jeden Patienten

individuell herausgefunden werden. Ist die Dosierung zu niedrig, so treten die

Symptome des Segawa-Syndroms noch in verminderter Form auf. Die

Muskelkrämpfe werden zwar schwächer und das Nachinnendrehen der Füße ist

weniger stark ausgeprägt, jedoch noch deutlich erkennbar. Sollte zu viel des

Medikamentes verabreicht werden, so kommt es zu Hyperaktivität, zittrigen und

fahrigen Bewegungen, welche ruhiges Stillsitzen unmöglich machen. Ist die

richtige Dosierung für den Patienten gefunden worden, so ist dieser völlig

symptomfrei. Bei Kindern, die sich noch im Wachstum oder in der Pupertät

befinden, muss das Medikament immer wieder neu dosiert werden und dem

Köperwachstum angepasst werden.

Es ist von Vorteil, die Tagesdosis auf mehrere Einnahmen zu verteilen. Zum

Beispiel morgens zum Frühstück eine Einheit einnehmen und eine zweite

Einheit zum Mittagessen, welche dann bis zum Abend wirkt. Sollte der Patient

Abends nach einem anstrengenden Tag ein Zittern verspüren, ist es vorteilhaft

eine Tablette einzunehmen, um besser einschlafen zu können.

Nebenbemerkungen zu L-DOPA:

• Im Buch „Awakenings“ (1973, Vintage Books) von Oliver Sacks schildert

der Neurologe sehr anschaulich das Herantasten an die optimale

Dosierung von L-DOPA und die leider nur kurzzeitigen Therapieerfolge

bei Patienten, welche an Europäischer Schlafkrankheit (Encephalitis

lethargica), einer Gehirnentzündung, erkrankt sind.

• Der Nobelpreis für Medizin wurde 2000 an den schwedischen

Wissenschaftler Arvid Carlsson vergeben, der als erster Forscher

Mäusen mit Parkinsonsymptomen L-DOPA verabreichte und somit die

Wirksamkeit des Medikaments L-DOPA im Tierexperiment nachwies.

• Der Nobelpreis für Chemie ging 2001 an William S. Knowles für seine

Arbeit an der Synthese von L-DOPA.

Page 18: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

18

3.1.6 Genetik

Das Segawa-Syndrom wird normalerweise autosomal-dominant vererbt, wobei

Frauen weitaus häufiger betroffen sind als Männer (4:1). Bei den meisten

Segawa-Betroffenen finden sich keine weiteren Familienangehörigen, die auch

betroffen sind. Dies wurde damit erklärt, dass ein Großteil der Segawafälle auf

Neumutationen zurückzuführen ist oder, dass aufgrund der unvollständigen

Penetranz des Merkmals nur sehr wenige Träger des mutierten Gens auch

erkranken.

Verschiedene Gendefekte können zum gleichen Krankheitsbild führen. Das

Segawa-Syndrom ist somit eine heterogene Erkrankung:

• Es fand sich ein Gen auf Chromosom 14, welches für das Enzym GTP-

Cyclohydrolase I (GCH I) codiert (siehe Synthese von Dopamin). Durch

molekulargenetische Untersuchungen konnten Mutationen in dem Gen

für GCH I bei Segawa-Patienten nachgewiesen werden. Diese

Mutationen führen zu einer Verminderung der Enzymaktivität und damit

zu einer verringerten Dopamin-Synthese.

Die GTP Cyclohydrolase I wird durch das Gen GCH I auf Chromosom

14q22.1-q22.2 kodiert. Das Gen besteht aus 6 Exonen, die über 30 kb

verteilt sind. Durch Mutationen in diesem Gen entsteht das

Krankheitsbild des Segawa-Syndroms.

Abbildung 11: Chromosom 14 mit GCH I-Genlocus

(aus http://ghr.nlm.nih.gov/gene=gch1 11.03.2008)

• Es ist auch eine vermutlich autosomal-rezessiv vererbte Form des

Segawa-Syndroms im Gespräch. Bei dieser handelt es sich um eine

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19

Mutation auf Chromosom 11 (Gen besteht aus 14 Exonen), wobei die

Tyrosinhydroxylase nur unzureichend gebildet werden kann.

Abbildung 12: Wirkstellen von GTP I und Tyrosinhydroxylase

(nach Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 24, 14.Juni 1996 (57))

Modus der Vererbung Chromosomale Lokalisation Mutation im Gen codierend für

autosomal-dominant 14q22.1-q22.2 GTP-Cyclohydrolase I

autosomal-rezessiv 11p15.5 Tyrosinhydroxylase

Tabelle 3: Enzyme und korrespondierende Gene

3.1.7 Epidemiologie, Verbreitung

Das Segawa-Syndrom ist eine seltene Krankheit mit geschätztem Vorkommen

von 0,5 bis 1 pro 1 Mio. Einwohner, d.h. in Deutschland gibt es nur knapp 100

Patienten.

Von den meisten Fällen wird in Japan und Südostasien berichtet. Aber mit

steigendem Bewusstsein für diese Krankheit wird man auch in anderen Teilen

der Welt mehr Erkrankungen entdecken. Epidemiologische Studien über das

Auftreten des Segawa-Syndroms fehlen.

3.2 Schizophrenie, diskutiert als Dopaminüber-schusserkrankung

3.2.1 Symptome

Unter dem Sammelbegriff Schizophrenie wird eine Gruppe von Erkrankungen

mit bestimmten Gemeinsamkeiten zusammengefasst, die sich durch

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20

Realitätsverkennung auszeichnet. Sie wirken sich auf das Denken, die

Überzeugung, die Wahrnehmung und die Gefühle des betroffenen Patienten

aus, während die Intelligenz in der Regel nicht betroffen ist.

Bei dieser Krankheitsgruppe unterscheidet man die vielfältigen Symptome nach

zwei Kategorien: der sog. Positiv- und Negativ-Symptomatik. Die Positiv-

Symptomatiken gehen einher mit einer „Mehr“-Wahrnehmung als dem real

Erlebten. Typisch für Positivsymptome sind Wahnvorstellungen, Halluzinationen

und Ich-Störungen, wie z.B. soziales Fehlverhalten. Die Negativ-

Symptomatiken zeichnen sich aus durch ein vermindertes Realitätserleben.

Hierbei typisch sind Symptome wie Motivationsarmut, Affektverflachung,

emotionaler- und sozialer Rückzug (Anti-Sozial), Denkverarmung, sogenannte

Ambivalenz (widersprüchliche Emotionen und Gedanken).

Schizophrenie hat aber - entgegen einer häufigen Meinung - nichts mit einer

gespaltenen Persönlichkeit zu tun. Erkrankte sind auch nicht gewalttätiger als

Personen ohne dieser Erkrankung!

3.2.2 Verbreitung

Schizophrenie ist weit häufigerer verbreitet als allgemein angenommen wird.

Sie betrifft Menschen aller Kulturen und aller Biographien. Unter hundert

Menschen aus einem beliebigen Land findet sich im Durchschnitt einer mit

Schizophrenie, d.h. etwa 1% der Bevölkerung ist von dieser Krankheit betroffen.

In Deutschland sind dies rund 700.000, weltweit 60 Millionen Menschen.

Spricht man vom „Lifetime-Risiko“, so heißt dies, dass statistisch gesehen jeder

Hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Phase durchlebt.

Am häufigsten haben junge Erwachsene mit dieser Krankheit zu kämpfen, die

Krankheit kann aber auch früher oder später beginnen.

Männer und Frauen erkranken in etwa gleich häufig, Frauen (zwischen dem 25.

und 30. Lebensjahr) erkranken aber im Durchschnitt 5 Jahre später als Männer

(zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr).

Das Erkrankungsrisiko beträgt etwa 1:10, wenn bei einem Elternteil oder einem

Geschwister Schizophrenie diagnostiziert wurde. Sind beide Eltern betroffen

steigt das Risiko sogar auf 1:3, bei eineiigen Zwillingen ist das Risiko 1:2, bei

Zweieiigen etwa 1:4. Wenn dagegen Onkel, Tante, ein Cousin oder eine

Page 21: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

21

Cousine betroffen sind, liegt das Risiko zu erkranken, nicht sehr viel über dem

der Normalbevölkerung (1:100).

Dies alles spricht für eine starke genetische Komponente dieser Erkrankung.

Genetische Faktoren

Ohne Familienanamnese ca. 1%

Onkel, Tante 2,4%

Ein Elternteil 5,6%

Geschwister 10%

Zweieiige Zwillinge 15,5%

Eineiige Zwillinge 40%

Tabelle 4: Erkrankungsrisiko der Schizophrenie

3.2.3 Vererbung

Es ist bisher noch niemandem gelungen, ein Gen zu finden, welches für die

Entwicklung einer Schizophrenie verantwortlich gemacht werden könnte.

Wäre Schizophrenie eine rein genetisch verursachte Erkrankung, müsste das

Erkrankungsrisiko bei eineiigen Zwillingen 100% betragen. Vermutlich kann

aber die „Anfälligkeit“ vererbt werden, d.h. die Wahrscheinlichkeit an

Schizophrenie zu erkranken. Dies erklärt die gesteigerte Häufigkeit innerhalb

von Familien.

Man kann dies in Analogie zu Diabetes Typ I sehen, eine Erkrankung, bei der

auch die Veranlagung vererbt wird, aber es zusätzlich Faktoren von Außen

braucht, um die Krankheit zum Ausbruch zu bringen.

3.2.4 Auslösende Ereignisse

Als Auslöser einer Schizophrenie können Lebensereignisse wirken, die mit viel

Stress verbunden sind. Beispielhaft werden oft schulische Veränderungen,

Beziehungsänderungen oder die Geburt eines Kindes angegeben.

Auch andere Faktoren, wie Alkoholkonsum oder Drogen, können diese

Erkrankung auslösen oder verschlimmern.

Bei manchen Patienten treten die Symptome der Psychose auch erstmals bei

hohem Fieber oder während einer anderen Erkrankung auf.

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Risikofaktoren für schizophrene Erkrankungen:

• Positive Familienanamnese • Geburtskomplikationen • Virusinfektion der Mutter in der zweiten Schwangerschaftshälfte • Frühkindliche Infektionen • Frühkindliche Hirnschädigung • Drogen • Konfliktreiche Beziehungen

3.2.5 Mögliche Ursachen und Diagnoseansätze

Die genaue Ursache der Schizophrenie ist bislang nicht geklärt, aber es gibt

verschiedene Forschungsansätze.

3.2.5.1 Dopaminhypothese

Die Dopaminhypothese stellt einen Zusammenhang zwischen dem

Neurotransmitter Dopamin und den psychotischen Krankheitsbildern der

Schizophrenien her.

Die Geschichte der Dopaminhypothese beginnt in den 60er Jahren des 20.

Jahrhunderts und ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Grundlage der

Theorie war es, schizophrene Symptome auf der Basis einer gestörten

dopaminergen Signalübertragung zu erklären. Dies beruht auf der

Beobachtung, dass beim Verabreichen von Chlorpromazin, dem ersten

klassischen Neuroleptikum der Medizingeschichte, die dopaminerge

Signalübertragung geblockt wird und sich eine schizophrene Psychose

verbessern kann.

Die Basis der Dopaminhypothese bildet die Wirksamkeit von D2-blockierenden

Neuroleptika, die zu einer klinischen Verbesserung der Symptome der

Schizophrenie führt. Die Annahme, dass es sich um eine Erhöhung der

zentralen Dopamin-D2-Rezeptoren handelt, konnte durch neuartige

Verfahrensweisen an der Columbia Universität wiederlegt werden.

Die Dopaminhypothese geht davon aus, dass eine überschießende

Verfügbarkeit von Dopamin im Gehirn zu psychotischen Realitätsverkennungen

führt. Dies wird mit verfälschten Reizübertragungen in den Synapsen aufgrund

abnorm hoher Neurotransmitterkonzentrationen erklärt.

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Abbildung 13: Dopaminmodell

(aus www.psychiatrie.uni-luebeck.de/lehre/Schizophrenie 11.03.2008)

Die Beobachtung, dass Neuroleptika zentrale Dopamin D2-Rezeptoren

blockieren, unterstützt diese Hypothese und führte zu einem Therapieansatz

der Schizophrenie (siehe Therapie).

Die Dopaminhypothese wird auch getragen von der Beobachtung, dass

dopaminerge Substanzen eine akute Psychose auslösen können.

So kann die dopaminerge Therapie eines Parkinson-Patienten zu Symptomen

der Schizophrenie führen. Die Schizophrenie-auslösende Eigenschaft von

Drogen kann neurophysiologisch wie folgt erklärt werden: Kokain stimuliert die

Ausschüttung von Dopamin in den synaptischen Spalt und Amphetamine

hemmen die Dopaminaufnahme in präsynaptische Nervenendigungen und

steigern damit ebenfalls die Neurotransmitterkonzentration von Dopamin im

synaptischen Spalt.

Die Dopaminhypothese: Ein Modell mit zu vielen Fehlern?

Gegen die Dopaminhypothese spricht, dass Negativsymptome durch die

Behandlung mit klassischen Neuroleptika entstehen können oder nicht

behandelbar sind. Es werden also nur die Positivsymptome der Schizophrenie

verdeckt.

Die Dopaminhypothese ist aber bis heute eines der beständigsten Konzepte

beim Erklären der Ursachen von Schizophrenien.

Zusammenfassend muss man feststellen, dass die Schizophrenie im

Gegensatz zum Segawa-Syndrom wahrscheinlich eine Dopaminüber -

schusserkrankung darstellt.

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24

3.2.5.2 Glutamathypothese

Im Gegensatz zur Dopaminhypothese steht die Glutamathypothese.

Postuliert wird eine Unterfunktion von Glutamat am NMDA-Rezeptor (dem

Glutamatrezeptor), als deren Folge es zur Ausbildung der Negativ-Symptomatik

bei Schizophrenien kommt.

Bei dieser Hypothese gelingt es mittels NMDA-Rezeptorantagonisten, wie

Phenylcyclidin oder Ketamin eine Modellpsychose hervorzurufen, die

wesentlich größere Ähnlichkeit mit schizophrenen Erkrankungen aufweist, wie

andere Modellpsychosen. In der klinischen Praxis wurde Ketamin bereits als

Provokationstest bei Schizophrenen eingesetzt. Die Patienten berichteten auch,

dass der dabei induzierte Zustand ihrer Psychosen wesentlich ähnlicher sei, als

Zustände, die bei anderen psychoaktiven Substanzen induziert werden.

Die unmittelbaren therapeutischen Verwendungen dieser Hypothese sind aber

deutlich eingeschränkt, da Glycin, ein Glutamatantagonist, neurotoxisch wirkt.

3.2.5.3 Theorie der neuronalen Entwicklungsstörung

Neben der Dopamin- und Glutamathypothese, die einen biochemischen

Erklärungsversuch darstellen, lassen sich manchmal im Gehirn von

Schizophrenen auch organische Veränderungen finden.

Manche schizophrene Patienten weisen leicht erweiterte Hirnventrikel auf. Oft

tritt ein teilweiser Mangel an Nervenfasern und Nervenverbindungen auf, ein

Phänomen, welches im Hirngewebe verstorbener Schizophrener nachgewiesen

werden konnte. Bei Spezialuntersuchungen der Gehirne von Schizophrenie-

Patienten, ist oft eine verminderte Aktivität des Frontalhirns zu erkennen.

Diese messbaren Größen lassen sich durch die Theorie der neuronalen

Entwicklungsstörung erklären. Hier wird ein Zusammenhang von Schizophrenie

und frühkindlichen Hirnschädigungen angenommen, wie sie z.B. bei

Geburtskomplikationen auftreten. Auch sollen frühkindliche Infektionen eine

Rolle spielen können. Es stehen bestimmte Viren (Herpes simplex, Influenza

und Borna-Viren) und andererseits Protozoen, wie Toxoplasma gondii

(Übertragen durch Kontakt mit Katzen) und bestimmte Borellien

(Zeckendiskussion) unter Verdacht Schizophrenie auszulösen.

Diese Theorie der Entstehung der Schizophrenie ist jedoch nicht unumstritten,

da hier mit dem Nachweis von Antikörpern im Blutserum argumentiert wird und

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25

dieses Vorgehen wegen methodischer Unsicherheiten oft angezweifelt wird.

Beide dieser biologischen Faktoren führen zu Entwicklungsstörungen im

Gehirn, welche sich in einer veränderten Vernetzung von Nervenzellen im

Feinaufbau des Gehirns äußern.

Für diese Hypothese spricht der Zeitpunkts des Ausbruchs in der Pubertät, da

es in diesem Lebensabschnitt zur vollständigen Hirnreifung kommt.

3.2.5.4 Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell

Ein weiteres Modell, welches die Entstehung der Schizophrenie erklären soll, ist

das „Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell“.

In der Medizin bezeichnet Vulnerabilität (Verletzbarkeit) die Anfälligkeit, z.B. an

Schizophrenie, zu erkranken. Bei vielen Erkrankungen wird die Anfälligkeit des

Einzelnen durch verschiedene zusammenwirkende Faktoren bedingt.

Eine angeborene, perinatale oder biographisch erworbene Vulnerabilität kann

durch Stress zur Psychose führen. Ist diese Psychose durch Medikation unter

Kontrolle, kann Stress zu einer erneuten Entgleisung führen.

Abbildung 14: Stressabhängigkeit der Psychose

(nach www.psychiatrie.uni-luebeck.de/lehre/Schizophrenie 11.03.2008)

3.2.6 Therapie

Bis heute sind die schizophrenen Störungen nicht heilbar.

Frühere Behandlungen, wie Insulinschock, Elektroschock oder Operationen am

Frontallappen des Gehirns sind veraltet, da ihre Wirksamkeit nicht bewiesen

werden konnte.

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26

Heute unterscheidet man eine medikamentöse und eine nicht-medikamentöse

Behandlung, wobei festgestellt werden muss, in welcher Phase der Erkrankung

sich der Patient befindet.

In der akuten Phase steht häufig die medikamentöse Behandlung im

Vordergrund. Es werden, aufgrund der Dopaminhypothese, Neuroleptika

eingesetzt, welche in den Neurotransmitterstoffwechsel eingreifen und damit

schnell die Akut-Symptomatik mildern oder beseitigen können. Ältere

Neuroleptika greifen in den Dopaminstoffwechsel ein. Hier treten aber oft

gravierende Nebenwirkungen, wie Bewegungsstörungen, parkinsonähnliche

Symptome und Ataxien (quälende Bewegungsunruhen) auf.

Zusätzlich zu diesen Neuroleptika werden oft Antidepressiva oder angstlösende

Medikamente vom Arzt verordnet.

Abbildung 15: Wirkprinzip von Neuroleptika

(aus www.psychiatrie.uni-luebeck.de/lehre/Schizophrenie 11.03.2008)

In der nicht-akuten Phase, welche oft am Beginn der Erkrankung steht, ist eine

nicht-medikamentöse Behandlung zu bevorzugen. Hierbei soll eine Bindung an

den Therapeuten geschaffen werden. Im Vordergrund steht hier eine

psychosoziale Erziehung. Dies kann durch Soziophrenietherapie,

Arbeitstherapie und Ergotherapie erreicht werden, welche helfen sollen dem

Patienten eine Tagesstruktur zu schaffen. Es wird darauf hingearbeitet, den

Erhalt des Arbeitsplatzes oder eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu

ermöglichen. Begleitende Psychotherapie soll dem sozialen Abstieg

entgegenwirken, indem von Betroffenen Eigenverantwortung wiedererlernt

werden soll. Es kann hier aber nur eine konsequente Therapie, die möglichst

früh beginnt die Krankheitsaussichten verbessern. Bei Patienten, welche die

Kontrolle über ihren Krankheitsverlauf verloren haben, führt dies meist zu

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27

schweren psychosozialen Einschränkungen, welche auch eine dauerhafte

Betreuung und die regelmäßigen Gabe von Medikamenten notwendig macht.

3.2.7 Volkswirtschaftliche Bedeutung

Die Schizophrenie ist die kostenintensivste psychiatrische Erkrankung

überhaupt. Die jährlichen Gesamtkosten belaufen sich in Deutschland auf circa

5 Mrd. €. Mit circa 2,5 Mrd. € bringt die gesetzliche Krankenversicherung rund

1,7% ihrer gesamten Ausgaben für die Behandlung der Schizophrenien auf. Die

Gesamtkosten sind damit mindestens vergleichbar mit denen der großen

Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus oder koronare Herzkrankheit. Die

Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft die Schizophrenie weltweit als eine

der teuersten Krankheiten ein. Die Gründe sind ihre Häufigkeit, der chronische

Verlauf und die Beeinträchtigung der Fähigkeit zu selbständigem Leben.

4 Ausblick Wird es in der Zukunft eine Möglichkeit geben diese beiden Krankheiten zu

heilen?

Ethisch nicht unumstritten ist in unser heutigen Gesellschaft die moderne

Gentherapie.

„Unter Gentherapie versteht man alle Verfahren, die Ursache genetisch

bedingter Erkrankungen durch Veränderung des Genoms behandeln. Es gibt

die somatische Gentherapie und die Keimbahntherapie. Letztere ist in

Deutschland verboten, da sie auf Ei- und Stammzellen zugreift. Bei der

somatischen Gentherapie dagegen, werden nur Körperzellen in ihrer

genetischen Zusammensetzung verändert. So ist die Therapie auf ein

Individuum beschränkt.“ (aus

www.stmugv.bayern.de/umwelt/gentechnik/anwendung/therap.htm)

Bei Betrachtung der somatischen Genterapie in den oben diskutierten

Krankheiten, unterscheiden sich diese sehr stark:

Beim Segawa-Syndrom ist ein Genlokus bekannt und es wäre sicherlich in

absehbarer Zeit möglich, diese Krankheit zu heilen. Leider wird es schwierig

sein für die Forschung daran einen Geldgeber zu finden.

Umgekehrt stellt sich dies bei der Schizophrenie dar: aufgrund der hohen

Patientenzahlen ist es vorstellbar, dass viel Geld investiert würde; bei der

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Schizophrenie gibt es aber keine Gendiagnose, weshalb bis heute keine

Heilung in Aussicht ist.

Ob für mich persöhlich die somatische Gentherapie die Heilung meiner

Erkrankung darstellt, ist also noch nicht sicher, jedenfalls werde ich das

Zeitalter der heilbaren Erbkrankheiten noch erleben.

Literatur

Bücher:

• Segawa M., Hereditary Progressive Dystonia with Marked Diurnal

Fluctuation, Verlag Parthenon Publishing, 1993

• Silbernagl S. und Lang F., Taschenatlas der Pathophysiologie, Verlag

Thieme, 2005

• Prof. Dr. Linder H. und Prof. Dr. Knodel H., Linder Biologie, Verlag

Schroedel, 2005

• Netter F. H., Atlas der Anatomie des Menschen, Band 1: Kopf und Hals,

Verlag Novartis, 2003

• Hoffmann G. F. und Assmann B., Stoffwechselerkrankungen in der

Neurologie, Verlag Thieme, 2004, Seite 92 – 101

• Klinke R. und Silbernagl S., Lehrbuch der Pysiologie, Verlag Thieme,

2001

• Masuhr K. F. und Neumann M., Neurologie, Verlag Thieme, 2005

Zeitschriften:

• Steinberger D. und Müller U., Molekulargenetik und Klinik der Dopa-

responsiven Dystonie, in Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 24, 14. Juni 1996,

S.57 – 59

• Heinz A., Dopaminhypothese der Schizophrenien, in Der Nervenarzt,

Januar 2000, S. 54-57

• Segawa M, Hosaka A, Miyagawa F, Nomura Y, Imai H (1976) Hereditary

progressive dystonia with marked diurnal fluctuation. Adv Neurol 14: 215-

233

Page 29: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

29

Doktorarbeiten:

• Moers M. M., L-Dopa responsive Dystonie: Epidemiologische, klinische,

psychosoziale und genetische Aspekte, Technische Universität,

München, 1997

• Pelz S., Beurteilung der striatalen Dopamin-D2-Rezeptorblockade durch

Neuroleptika mit Hilfe der 123Jod-IBZM-SPECT, Martin-Luther-

Universität, Halle-Wittenberg, 2005

• Goertz M., Der Phenylalanin-Belasungstest in der Differentialdiagnose

verschiedener Dystonieformen, Philipps-Universität, Marburg 2003

Internet:

• www.neurologie.uni-duessldorf.de/priv-volkmann/Dystonia/drd.html

(11.03.2008)

• www.segawa.eu/texte/segawa-luebeck.htm (21.09.2008)

• Röhl J.-E., Prof. Dr. med. Einhäupl K. M., Dr. med. Trottenberg Th.,

Dystonie,

www.charite.de/ch/neuro/klinik/patienten/ag_bewegungsstoerungen/pdf/

Dystonie.pdf (11.03.2008)

• www.dystonie.de/v2/index.htm (Deutsche Dystonie Gesellschaft)

(11.03.2008)

• www.dystonia-foundation.org/pages/more_info/64.php (11.03.2008)

• Pfizer, Die Krankheit Schizophrenie, www.schizophrenie-

online.de/patienten/krankheit_schizophreni/index.htm (11.03.2008)

• www.flexikon.doccheck.com/Neurotransmitter (11.03.2008)

• www.flexikon.doccheck.com/Dopamin (11.03.2008)

• www.stmugv.bayern.de/umwelt/gentechnik/anwendung/therap.htm

(19.01.2009)

• http://deposit.ddb.de/cgi-

bin/dokserv?idn=971888078&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=9718

88078.pdf (19.01.2009)

Page 30: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

30

Ich erkläre hiermit, dass ich die Facharbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und

nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benützt

habe.

, den

Ort Datum Unterschrift der Schülerin

Page 31: F A C H A R B E I T aus dem Fach Biologie - segawa- · PDF file6 Abbildung 4: Synaptische Übertragung (aus   /synaptische_uebertragungung.shtml 11.03.2008) 2.2 Neurotransmitter

31

Abbildung 1: Gehirnstrukturen ............................................................................ 4

Abbildung 2: Strukturen im Hirnstamm ............................................................... 4

Abbildung 3: Dopaminerge Bahnen im Gehirn ................................................... 5

Abbildung 4: Synaptische Übertragung .............................................................. 6

Abbildung 5: Strukturformel von Dopamin .......................................................... 7

Abbildung 6: Synthese von Dopamin .................................................................. 8

Abbildung 7: Strukturformel von BH4 ................................................................. 8

Abbildung 8: Diverse Dopaminrezeptoren ........................................................ 10

Abbildung 9: Strukturformel von L-DOPA ......................................................... 15

Abbildung 10: Wirkmechanismus eines Kombinationspräparates aus L-DOPA und Carbidopa ........................................................................................... 16

Abbildung 11: Chromosom 14 mit GCH I-Genlocus ......................................... 18

Abbildung 12: Wirkstellen von GTP I und Tyrosinhydroxylase ......................... 19

Abbildung 13: Dopaminmodell .......................................................................... 23

Abbildung 14: Stressabhängigkeit der Psychose.............................................. 25

Abbildung 15: Wirkprinzip von Neuroleptika ..................................................... 26


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