2
Das Konzept entstand in Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Fachklinik für Rehabilitation der DIAKO Nordfriesland gGmbH.
Hinweis: Wir sind uns bewusst, dass viele der in diesem Text benutzen Begriffe wie
Rehabilitand, Mitarbeiter, Therapeut etc. grammatikalisch gesehen maskulin (männlich) sind.
Hier verwenden wir sie jedoch als neutrale Begriffe, die eine Funktion und nicht eine Person
meinen. Wir verwenden sie daher für Männer und Frauen. Zudem hat sich in unseren
Erfahrungen auch bestätigt, dass mit der männlichen Wortform eher die neutrale Funktion
verstanden wird, während mit der weiblichen Wortform rasch die Frau in der Rolle als
Leiterin oder Kollegin verbunden wird und nicht die Funktion allein. Auch die Komplizierung
des Lesens bzw. Schreibens durch Formulierungen wie ‚Leiter und Leiterin’ oder
„MitarbeiterIn“ wollen wir den Leserinnen und Lesern ersparen.
Verantwortlich für den Inhalt:
Dr. phil. Rainer Petersen, Leitung Rehabilitation
Dr. med. Christoph Mai, Chefarzt
Dr. rer. nat. Anke Bauer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand:
06.10.2016
Kontakt und weitere Informationen:
DIAKO Nordfriesland gGmbH
Fachklinik für Rehabilitation
Gammeltoft 8 - 15
25821 Breklum
Tel.: +49 4671 408 4200
Fax: +49 4671 408 4039
Homepage: www.diako-nf.de Sitz der Gesellschaft: Breklum, HRB-Nr.: 837 HU,
Handelsregister FlensburgHandelsregister Flensburg Geschäftsführung: Ingo Tüchsen, Dr. med. Christoph Mai
Fotonachweis: Tim Riediger, Anke Bauer, Heike Walter, sonstige Fotos ©: DIAKO Nordfriesland
3
Inhalt
Seite
1 Wir stellen uns vor
5
2 Leitbild
6
3 Krankheitsverständnis und wissenschaftlicher Hintergrund 6
3.1 Alkoholabhängigkeit 9
3.2 Medikamentenabhängigkeit 13
3.3 Abhängigkeit von illegalen Drogen 14
3.4 Pathologisches Glücksspiel 16
3.5 Pathologischer PC-Gebrauch (Medienabhängigkeit) 16
3.6 Therapeutische Ansätze 18
4 Adaption 22
4.1 Definition und Aufgabe der Adaption 22
4.2 Zielgruppen, Zugang und Dauer 23
4.2.1 Zielgruppen und Zugang für die Adaption 23
4.2.2 Behandlungsdauer 24
4.3 Ausschlusskriterien 24
4.4 Inhalte der Adaptionsbehandlung 25
4.4.1 Allgemeine Anmerkungen 25
4.4.2 Ziele der Adaption 25
4.5 Behandlungsinhalte 26
4.5.1 Soziales Umfeld 26
4.5.2 Gruppen- und Einzeltherapie 26
4.5.3 Hauswirtschaftliche Selbstversorgung 27
4.5.4 Rehabilitationsdiagnostik in der Adaption 27
4.5.5 Arbeitserprobung und arbeitstherapeutische Beschäftigung 28
4.5.5.1 Externe Praktika 28
4.5.5.2 Arbeitserprobung und arbeitstherapeutische Beschäftigung Husumer Insel
29
4.5.5.3 Arbeitserprobung im Theodor- Schäfer- Berufsbildungswerk (TSBW) 30
4.5.5.4 Arbeitserprobung in den Husumer Werkstätten 30
4.5.6 Tagesstruktur 31
4.5.7 Freizeitplanung und – gestaltung 31
4.5.8 Ärztliche Versorgung und Medikamente 32
4.5.9 Sozialdienst 32
4.6 Umgang mit Suchtmittelkonsum 32
4.7 Vermittlung von nachgehenden Hilfen und Selbsthilfegruppen 33
4.8 Nachbetreuung 33
4.9 Beendigung der Adaptionsmaßnahme 34
5 Kombinationsbehandlung für Abhängigkeitserkrankungen in
Norddeutschland (Kombi-Nord). 34
5.1 Kurzbeschreibung 34
5.2 Zielgruppe und Zugang 35
5.3 Kontraindikationen 36
5.4 Behandlungsdauer und –pausen 36
5.5 Sondermodule 36
5.5.1 Übergabegespräch 37
5.5.2 Belastungserprobung 37
5.5.3 Ablauf-Controlling (AC), Dokumentation und Qualitätssicherung 38
4
5.6 Strukturelle Merkmale der Einrichtung für die Kombi-Therapie 38
5.7 Vermittlung von nachgehenden Hilfen und Wechsel in ein anderes Behandlungsmodul
39
5.8 Offene Vernetzung und Kooperation nach Außen 39
6 Strukturelle Merkmale der Einrichtung 39
7 Behandlungsteam und -angebote 40
8 Bürozeiten und Bereitschaft 43
9 Kooperationen 43
10 Qualitätssicherung und Dokumentation 44
Anhang 1 Wochenplan 44
Anhang 2 Literatur 45
5
1. Wir stellen uns vor
Die DIAKO Nordfriesland gGmbH ist eine konfessionelle Einrichtung für die Behandlung von
Menschen mit Krankheiten, Störungen und Behinderungen aus den Bereichen der
Allgemeinpsychiatrie
Psychosomatik und Psychotherapie
Abhängigkeitserkrankungen
Unser Angebot umfasst die:
Vollstationäre, tagesklinische und ambulante Behandlung
Stationäre und ambulant fortgeführte Rehabilitation
Nachsorge und Wiedereingliederung:
Vollstationäres, ganztägig ambulantes und ambulantes Wohnen
Arbeitsprojekte, Tagesstätten und Beschäftigungsmöglichkeiten
Beratung, Prävention und Information
Wir sind als mittelständisches Unternehmen mit fast 500 Mitarbeitenden tätig als
Dienstleister im Gesundheitswesen in Schleswig-Holstein mit vielfältigem und innovativem
Angebot an mehreren Standorten. Unsere Vernetzung erlaubt ein umfassendes Angebot auf
allen Stufen einer Behandlungskette. Unsere Partner sind die niedergelassenen Ärzte,
Krankenhäuser, Beratungsstellen, soziale und kirchliche Einrichtungen,
Nachsorgeeinrichtungen, betriebliche Sozial- und Gesundheitsberatung sowie Vereine und
Verbände der Region.
Wir sind in kirchlicher Trägerschaft. Unsere Gesellschafter sind die Evangelisch-Lutherische
Diakonissenanstalt zu Flensburg, der Verein Fachkrankenhaus Nordfriesland e.V., das
Zentrum für Mission und Ökumene Hamburg, der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis
Nordfriesland und der Verein Brücke e.V..
6
2 Leitbild Als Einrichtung der DIAKO Nordfriesland gGmbH orientieren sich die Mitarbeiter am Leitbild
des Trägers: Wir sind der christlich-humanistischen Werteordnung verpflichtet und erfüllen
unseren Auftrag mit tiefem Respekt vor der Würde des Menschen. Unsere Haltung ist
geprägt von Achtsamkeit, Akzeptanz und Anerkennung. Wir arbeiten mit den Rehabilitanden
zusammen.
Unser Angebot dient der Gesundheitsfürsorge und bewegt sich zwischen Maßnahmen der
Prävention, der Behandlung, der Wiedereingliederungshilfe, der Nachsorge sowie der
medizinischen und beruflichen Rehabilitation.
Wir erkennen die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehung und schaffen die Sicherheit
und Verlässlichkeit, die belastbare Beziehungsstrukturen hervorbringt. Wir sehen unseren
Auftrag und die übergeordnete Zielsetzung unseres Handelns in der Befähigung zur
Überwindung von Krisen und in der Erlangung größtmöglicher Lebensqualität und
Zufriedenheit.
3 Krankheitsverständnis und wissenschaftlicher Hintergrund Abhängigkeitserkrankungen und übermäßiger Substanzkonsum stellen ein
epidemiologisches und gesundheitliches Problem ersten Ranges dar. In Deutschland
rechnet man allein unter den Erwachsenen mit ca. 1,6 Mio. Menschen, die alkoholabhängig
sind, 2,7 Mio. mit einem schädlichen Alkoholkonsum (Missbrauch), 1,5 Mio.
Medikamentenabhängigen und 150.000 – 250.000 Menschen mit einer Abhängigkeit von
illegalen Drogen (BAR, 2006, Kraus et al., 2008, Küfner, 2010). Die Zahl der pathologischen
Glücksspieler wird auf mindestens 100.000 geschätzt (BzGA 2010).
Abhängigkeitserkrankungen treten häufig komorbid mit anderen psychischen Erkrankungen
auf, die ebenfalls in der Therapie berücksichtigt werden müssen. Dies sind überhäufig
Depressionen, Angststörungen und verschiedene Persönlichkeitsstörungen (Friboes et al.,
2005). Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen sind aus
den Bereichen der genetischen Prädisposition und der Neurobiologie, der psychischen
Belastung mit Stressoren und aus der sozialen Entwicklung bzw. dem sozialen Umfeld der
Betroffenen bekannt.
Die für die Therapie bedeutsamen Risikofaktoren und neurobiologischen Veränderungen
werden hier am Beispiel des Alkohols verdeutlicht, für andere Abhängigkeitserkrankungen
ergeben sich sehr ähnliche Muster. Die Art der gewählten Droge hängt dabei wesentlich vom
Umfeld und Alter des Betroffenen ab.
7
A. Stressoren und psychische Belastungen/Erkrankungen als Risikofaktoren
Frühe Verlusterlebnisse oder soziale Isolation (Verlust der Mutter,
Heimunterbringung)
psychosozialer Stress
posttraumatische Belastungsstörungen
dissoziale und antisoziale Persönlichkeitsstörungen
Angststörungen
Hyperkinetisches Syndrom im Kindes- und Jugendalter
Depressionen (auch Folge des Missbrauchs von Alkohol)
B. „Soziales Umfeld“ als Risikofaktor
Eintritt von Arbeitslosigkeit
Verwendung des Suchtmittels im nahen sozialen Umfeld
Verwendung des Suchtmittels in bestimmten Situationen zur Verschaffung einer
Erleichterung (z.B. bei Stress, Angst)
C. Neurobiologische und genetische Risikofaktoren
schwache Auswirkung akuten Alkoholkonsums bedingt durch eine bestimmte
genetisch determinierte Leberenzymausstattung (fehlende Warnfunktion)
erhöhte Alkoholtoleranz als Folge einer Unterfunktion neurobiologischer Systeme
(insbes. der serotonergen Neurotransmission). Sie vermindert offenbar die Reaktion
auf sedierende, GABA-erg (GABA, Gammaaminobuttersäure) vermittelte Wirkungen
des Alkohols
erhöhte Stress-Sensitivität; diese kann genetisch bedingt sein oder als Folge früher
sozialer Stressbedingungen/Traumatisierungen (s. u.) auftreten und führt ebenfalls zu
einer serotonergen Funktionsstörung
(Förstl et al., 2006)
Dabei führt nur ein komplexes Zusammenspiel aus biologischen, psychologischen und
sozialen Umständen dazu, dass eine Abhängigkeitserkrankung auch eintritt. Die
Rückfallgefahr nach Entwöhnungsbehandlungen ist aufgrund manifester neurobiologischer
Veränderungen sehr hoch, solange diese nicht wieder normalisiert oder modifiziert werden
können.
D. Wichtige neurobiologische Veränderungen
Die aktuelle Forschung konnte eine Vielzahl jener neurobiologischen Veränderungen
identifizieren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Abhängigkeit beitragen. Die
zunehmende Kenntnis der neurobiologischen Grundlagen der Abhängigkeitserkrankungen
bietet neue Möglichkeiten, die hohe Rückfallgefährdung in integrierten
Behandlungsprogrammen zu reduzieren (Mann, 2001): Die wichtigsten Erkenntnisse
8
betreffen folgende, am Beispiel des Alkohols verdeutlichte, neurobiologischen
Veränderungen:
Es entwickelt sich eine zunehmende Toleranz gegenüber den Auswirkungen des
exzessiven Alkoholkonsums durch gegenregulatorische Maßnahmen des Gehirns zur
Verminderung der GABA-Rezeptoren, über die ein wichtiger Teil der sedativen Wirkungen
des Alkohols vermittelt wird.
Alkohol blockiert zudem die Übertragung am glutamatergen NMDA-Rezeptor (NMDA, N-
Methyl-D-Aspartat). So kann zunehmend mehr Alkohol konsumiert werden, ohne dass eine
exzessive Sedierung erfolgt.
Durch Alkohol steigt die Zahl der in ihrer Funktion behinderten NMDA-Rezeptoren an, dies
bedingt eine hohe Empfindlichkeit gegen eine Unterbrechung der Alkoholzufuhr
(Entzugssymptome).
Durch Konditionierung lösen Umweltreize, die bisher mit dem Alkoholkonsum assoziiert
waren, im Organismus die Erwartung aus, dass jetzt der Alkoholkonsum unmittelbar
bevorsteht. Das zentrale Nervensystem steuert also schon im Vorfeld den erwarteten
Alkoholwirkungen entgegen. Wird dann kein Alkohol konsumiert, führt dies zur
Entzugssymptomatik und zu Alkoholverlangen (konditionierter Entzug).
Alkohol beeinflusst nicht nur die Wirkung inhibitorischer und exzitatorischer Botenstoffe wie
GABA und Glutamat, sondern auch die Ausschüttung von Katecholaminen, wie Dopamin,
Serotonin und Noradrenalin und ihre Interaktion mit dem Neurotransmitter Acetylcholin.
Alkohol stimuliert die Dopaminfreisetzung im dopaminergen Belohnungssystem. Die
dopaminerge Stimulation motiviert dann zu zielgerichteten Handlungen, um Alkohol zu
konsumieren, und verursacht dadurch Verlangen nach Alkohol (Verhaltensverstärkung).
Die alkoholinduzierte Dopaminausschüttung spielt demnach eine wesentliche Rolle in der
Entstehung des Alkoholverlangens („Craving“). In prospektiven Studien war das Ausmaß
der Veränderung der dopaminergen Neurotransmission mit einem hohen Rückfallrisiko
verbunden.
Sensitivierung: Das hirneigene Verstärkungssystem wird durch wiederholten
Alkoholkonsum immer empfindlicher. Selbst kleine Mengen konsumierten Alkohols und auch
Reize, die mit einem früheren Alkoholkonsum verbunden sind, können deshalb eine
verstärkte dopaminerge Neurotransmission auslösen, die sich als Alkoholverlangen und
verminderte Kontrolle über den Alkoholkonsum zeigt.
9
Für die therapeutischen Möglichkeiten bei abhängigen Rehabilitanden bedeutet das Wissen
um Risikofaktoren und neurobiologische Veränderungen, dass
A. verhaltenstherapeutische Verfahren,
B. psychodynamische Verfahren und
C. auf neurobiologische Modifizierungen/Normalisierungen abzielende
Verfahren
gemeinsam bei den Rehabilitanden eingesetzt werden müssen (vgl. Kap. 9.
Behandlungsangebote).
Für diese Verfahren besteht wissenschaftliche Evidenz der Wirksamkeit nach den EBM-
Kriterien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Fachbüchern sowie Therapie-
Übersichtsarbeiten (AWMF, 2001-2006; Schmidt et al., 2006, Förstl et al., 2006, Frieboes et
al., 2005, Berglund et al., 2003, Chambless & Ollendieck, 2001, Preuss et al., 2002, Soyka et
al., 2002, Stohler et al., 2003, Woody, 2003).
Tabelle 1.1 gibt eine Übersicht über die Empfehlungen des AWMF und der Stärke der
Empfehlungen am Beispiel der alkoholbezogenen Störungen (Postakut- Behandlung). Darin
werden die evidenzbasierten therapeutischen Maßnahmen nach den Leitlinien des AWMF
(Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Fachgesellschaften) kurz beschrieben.
Die Stärke einer Empfehlung für ein Vorgehen wird in drei Stufen klassifiziert:
A. Die Empfehlung ist empirisch gut fundiert (durch Metaanalysen, systematische Reviews)
B. Die Empfehlung ist allgemein begründet (durch kontrollierte Studien, Verlaufsstudien).
C. Die Empfehlung beruht auf Expertenmeinung oder ist durch deskriptive Studien
begründet.
3.1 Alkoholabhängigkeit
Als Nahrungs-, Genuss- und Rauschmittel haben alkoholische Getränke eine lange Tradition
und gehören noch heute für viele Menschen selbstverständlich zum Alltag; das Trinken von
Alkohol besitzt weitgehend gesellschaftliche Anerkennung. Alkoholische Getränke sind in
Deutschland wie auch in fast allen westlichen Ländern nahezu unbegrenzt verfügbar.
Einschränkungen finden sich in erster Linie zum Schutze der Jugend. Hier schreiben
Gesetze vor, dass an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren generell keine alkoholischen
Getränke abgegeben werden dürfen und ihnen der Verzehr nicht gestattet werden darf. Für
Spirituosen gilt dieses Verbot bis 18 Jahre.
10
Die Wirkung des Alkohols hängt von der aufgenommenen Menge, der Alkoholkonzentration
des Getränkes sowie der individuellen körperlichen und seelischen Verfassung, der
Trinkgewöhnung und der Toleranzentwicklung des Einzelnen ab. Sie wird in geringen
Mengen meist als angenehm empfunden, wirkt anregend und Stimmung steigernd oder
entspannend und Angst lösend. Mit zunehmender Menge führt es jedoch zu diversen
Störungen, bspw. der Konzentration, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Koordinationsfähigkeit
und Sprache. Müdigkeit und Benommenheit gehen damit einher. Bei sehr hohem
Promillegehalt kann es sogar zum Koma bis hin zum tödlichen Ausgang kommen.
Die besonderen akuten Risiken des Alkoholkonsums, nicht nur im Straßenverkehr, finden
sich vor allem in der Beeinträchtigung der Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, der
Wahrnehmung und der Urteilskraft. Dies kann bereits bei geringen Alkoholmengen der Fall
sein. Weitere Folgen eines erhöhten Konsums können aggressives und gewalttätiges
Verhalten oder Straftaten sein.
Darüber hinaus lassen sich eine Reihe von langfristigen körperlichen Folgeschäden durch
regelmäßigen Gebrauch von Alkohol beschreiben, so dass wissenschaftlich heute spezielle
Grenzwerte für einen risikoarmen Alkoholkonsum beschrieben werden.
Regelmäßiger und erhöhter Alkoholkonsum erhöht das Risiko für unterschiedliche
Erkrankungen deutlich. Hierzu zählen neben Leberentzündungen, Leberzirrhose oder
Bauchspeicheldrüsenentzündungen auch Verletzungen, Unfälle, Krebserkrankungen (z.B.
Tumore der Mundhöhle, des Rachens, der Leber und der weiblichen Brust), Erkrankungen
der Speiseröhre und des Magens (Entzündungen, Geschwüre, Krebs), Erkrankungen von
Herz- und Gefäßsystem (Herzrhythmusstörungen, Herzvergrößerung), Potenzstörungen,
Immunstörungen, Schäden am Nervensystem und weitere.
Darüber hinaus gehören oft Schwierigkeiten in der Familie, Probleme am Arbeitsplatz,
Verlust von Freunden und Bekannten, Führerscheinentzug oder Konflikte mit dem Gesetz zu
den sozialen Folgen. Alkoholsucht führt in vielen Fällen auch zum sozialen Abstieg und
verursacht enorme gesellschaftliche Folgekosten.
Alkohol kann eine psychische und körperliche Abhängigkeit erzeugen. Dabei ist die
unbeschränkte Verfügbarkeit besonders gefährdend. Eine Alkoholabhängigkeit entwickelt
sich in der Regel über einen längeren Zeitraum. Eine Abhängigkeit wird in der Regel dann
diagnostiziert, wenn während des letzten Jahres mindestens drei der nachfolgend
aufgeführten sechs Kriterien der "Diagnostischen Leitlinien für das Abhängigkeitssyndrom"
erfüllt sind:
Es besteht ein starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren.
11
Es besteht eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und
der Menge des Konsums.
Das Auftreten eines körperlichen Entzugssyndroms.
Es kann eine Toleranz nachgewiesen werden, d.h. es sind zunehmend höhere Dosen
erforderlich, um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen
hervorzurufen.
Andere Vergnügungen oder Interessen werden zugunsten des Substanzkonsums
zunehmend vernachlässigt.
Der Alkoholkonsum wird trotz nachweisbarer eindeutiger schädlicher Folgen körperlicher,
sozialer oder psychischer Art fortgesetzt.
Nach einer Repräsentativbefragung aus dem Jahr 2006 (Kraus et al., 2008) weisen
hochgerechnet auf die 15-64-jährige Bevölkerung insgesamt 16,8% der Männer und 9,4%
der Frauen einen riskanten Alkoholkonsum auf (definiert als eine durchschnittliche tägliche
Alkoholmenge von mehr als 30 Gramm reinen Alkohols für Männer und 20 Gramm für
Frauen). Nach Gärtner (2014) liegt in Deutschland der jährliche Verbrauch von reinem
Alkohol in den letzten Jahren bei ca. 10 Litern relativ konstant.
Nach den Kriterien des DSM-IV konsumieren insgesamt 5,1% der 15-64-jährigen
Bevölkerung missbräuchlich Alkohol (=7,4% der Männer, 2,7% der Frauen). Weitere 2,7%
müssen nach DSM-IV als alkoholabhängig bezeichnet werden. Frauen konsumieren nicht
nur weniger Alkohol, sondern sind auch unter den Alkoholmissbrauchern und -abhängigen
geringer vertreten (Küfner, 2010).
Seit 1968 gilt Alkoholismus als Krankheit. Die Behandlung dieser Krankheit fällt seit 1978 in
die Zuständigkeit der Krankenkassen und der Rentenversicherung.
12
Tabelle 1.1: Therapie alkoholbezogener Störungen nach den Leitlinien der AWMF* (Stand 2003: Nr. 076/008,
EBM = Evidenz-Basierte Medizin)
Therapie: Evidenzklasse (AWMF 076/008)
Ambulante Therapie Im Rahmen eines integrierten Behandlungsplanes, in der psychotherapeutische, soziotherapeutische, somatotherapeutische und andere Interventionen in Kombination angewandt werden
Empfohlen mit „B“, wenn
das soziale Umfeld eine ausreichend stützende Qualität bietet
die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit und zur Einhaltung des Behandlungsplans gegeben ist
die Rehabilitanden diese Behandlungsform präferieren
Selbstmanagement bei Substanzkonsum / Rückfallprävention Interventionen zur Identifizierung von Rückfallrisikosituationen und deren Bewältigung
Empfohlen mit „B“
12-Schritte-Programm Empfohlen mit „A“
Psychoedukation Vermittlung von Informationen über Art und Verlauf der Erkrankung und der damit verbundenen möglichen Folgen als integraler Bestandteil einer Komplexbehandlung
Empfohlen mit „C“
Motivierende Gesprächsführung als Interaktionsstil in Kombination mit anderen Methoden. Zielsetzung ist es, die Ambivalenz bezüglich einer Verhaltensänderung zu reduzieren und verbindliche Änderungsentscheidungen zu treffen und umzusetzen.
Empfohlen mit „A“
Klassische Verhaltenstherapeutische Maßnahmen Empfohlen mit „A“
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) kann für die Behandlung des schädlichen Gebrauchs und der Alkoholabhängigkeit, für die Therapie komorbider Störungen, die Rückfallprävention und psychosoziale Probleme angewandt werden
Empfohlen mit „A“
Psychodynamische Therapie (PT) Im Zentrum der psychodynamisch Theorie steht die Annahme, dass Sucht in Verbindung gebracht wird mit psychischen Fixierungen auf frühkindliche Entwicklungsphasen und dass Sucht eine Grundstörung der Persönlichkeit zugrunde liegt.
Empfohlen mit „B“
Soziales Kompetenztraining als integraler Bestandteil einer Komplexbehandlung. Das SKT umfasst das Erlernen von Bewältigungsstrategien bezüglich zahlreicher intrapsychischer und interpersoneller Reizkonstellationen bzw. Belastungsfaktoren.
Empfohlen mit „A“
Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie Empfohlen mit „B“
Verhaltensverträge im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Empfohlen mit „B“
Paar- und Familientherapie im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Empfohlen mit „B“
Suchtspezifische Pharmakotherapie im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Keine generellen Empfehlungen, die Behandlung muss auf den Einzelfall abgestimmt werden
Ergo- und Arbeitstherapie im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Empfohlen mit „C“ (adjuvant)
Sozialtherapie im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Empfohlen mit „C“ (adjuvant)
Körpertherapie (Bewegung, Entspannung) im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
Empfohlen mit „B“ (adjuvant)
*Leitlinien der Dt. Ges. f. Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) und der Dt. Ges. f. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) für das AWMF-Leitlinien-Register (AWMF= Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgeselllschaften)
13
Nach Angabe des Statistischen Bundesamtes (2013) wurde im Jahr 2012 eine psychische
oder verhaltensbezogene Störung durch Alkohol als zweithäufigste Einzeldiagnose in
Krankenhäusern mit 345.034 Behandlungsfällen diagnostiziert.
26.673 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren wurden 2012
aufgrund eines akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt. Die registrierten
Behandlungsfälle von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (vollstationäre
Krankenhauspatienten und -patientinnen 10 bis 20 Jahre wegen einer psychischen Störung
durch Alkohol oder wegen der toxischen Wirkung von Alkohol) stiegen in den letzten Jahren
deutlich. Waren es 2000 noch 9514 Fälle, stieg die Zahl 2005 auf 19449 und zuletzt 2012 auf
26.428 Fälle. Eine Steigerung zum Vorjahr um weitere 1,2 %.
Eine gesundheitsökonomische Schätzung für das Jahr 2007 ergab, dass sich die durch den
Alkoholkonsum verursachten direkten und indirekten Kosten auf 26.7 Mrd. Euro belaufen
(Adams & Effertz, 2011)
3.2 Medikamentenabhängigkeit
Die meisten Menschen denken bei Sucht an Alkoholabhängigkeit oder Drogenabhängigkeit.
Doch auch Medikamente können zu einer psychischen Abhängigkeit, bei längerer Einnahme
auch zu einer körperlichen Abhängigkeit führen. Etwa 4 bis 5 % der häufig verordneten
Arzneimittel besitzen ein eigenes Suchtpotenzial, dazu sind die psychotropen Medikamente
wie z. B. Benzodiazepine, zentral wirkende Schmerzmittel oder codeinhaltige Medikamente
wie auch Psychostimulantien rezeptpflichtig. Jedoch werden nach allgemeinen Schätzungen
ein Drittel bis die Hälfte dieser Medikamente nicht allein wegen akut medizinischer Probleme,
sondern langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen
verordnet.
In etwa 80 % der Fälle handelt es sich bei Medikamentenabhängigkeiten um
Benzodiazepine. Schätzungen zur Medikamentenabhängigkeit gehen von etwa 1,5 bis 1,9
Millionen Medikamentenabhängigen in Deutschland aus (Küfner, 2010). Einen positiven
Befund im KFM (Kurzfragebogen zur Medikamentenabhängigkeit) weisen nach
repräsentativen Befragungen 5% der Männer und 6,3% der Frauen auf (Kraus et al., 2008).
Darüber hinaus muss eine vergleichbar große Anzahl von Menschen als mittel- bis
hochgradig gefährdet eingeschätzt werden, eine Medikamentenabhängigkeit zu entwickeln.
Bei einer Repräsentativerhebung in der erwachsenen Bevölkerung (Hoffmann, 2005) zeigten
sich bei 4,3 % der Befragten Hinweise auf einen problematischen oder bereits abhängigen
Medikamentengebrauch. Dabei lag der Prozentsatz der gefährdeten oder abhängigen
Frauen deutlich über dem der Männer (5,5 % vs. 3,2 %). 16,8 % der erwachsenen
14
Bevölkerung gaben in derselben Befragung an, mindestens einmal pro Woche ein
psychotrop wirkendes Medikament einzunehmen.
Im Gegensatz zu den anderen psychotropen Substanzen werden Medikamente von Frauen
häufiger als von Männern und von Älteren häufiger als von Jungen konsumiert (Friboes et
al., 2005; Kraus, 2008; Küfner, 2010). Ein hohes suchterzeugendes Potential weisen dabei
insbesondere die Schlaf- und Beruhigungsmittel auf, die (zusammen genommen) in der
Altersklasse der 50-64-jährigen eine 30-Tages-Einnahme-Prävalenz von 8% und eine 12-
Monats-Einnahme-Prävalenz von mehr als 17% der Bevölkerung aufweisen (Kraus et al.,
2008).
Benzodiazepine zeichnen sich bspw. durch eine Angst lösende, beruhigende und Schlaf
anstoßende Wirkung aus und können aufgrund ihrer kurzfristigen zentralnervösen Wirkung
ein rauschartiges Gefühl hervorrufen, das über die subjektive Wohlbefindlichkeit hinausgeht.
Problematisch ist zudem, dass viele Benzodiazepine eine sehr lange Halbwertszeit besitzen
und es teilweise über Tage im Organismus zu einer Anreicherung der Substanz kommen
kann.
Folgen können Gedächtnisstörungen sowie verminderte Wahrnehmungs- und
Reaktionsfähigkeit sein. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit, die
stark eingeschränkt werden kann. Bei einer längeren Einnahmedauer, entsteht die Gefahr
der Gewöhnung und Toleranzbildung und schließlich einer Abhängigkeitsentwicklung. Auch
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kann die Einnahme schleichend in einen
Dauerkonsum übergehen, der letztendlich weniger dem ursprünglichen therapeutischen
Zweck, sondern eher einer Beeinflussung der eigenen Befindlichkeitsmanipulation dient.
Aber auch das abrupte Absetzen der Medikamente kann mit erheblichen Risiken
einhergehen und kann zu Schlafstörungen, innerer Unruhe sowie schwere Angst- und
Spannungszustände bis hin zu einer erhöhten Suizidneigung hervorrufen.
3.3 Abhängigkeit von illegalen Drogen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt den Anteil illegaler Drogen an der
Gesamtmortalität weltweit auf 0,4%. Dies entspricht einer Gesamtzahl von 2.5 Mio. Fällen im
Jahr 2004. Der Konsum psychoaktiver Substanzen verursacht darüber hinaus 0,9% der
globalen Krankheitsbelastung gemessen am Anteil gesunder Lebensjahre, die durch
Krankheit oder frühzeitigen Tod verloren gehen.
In den wirtschaftlich wohlhabenden Ländern gehört der Gebrauch illegaler Drogen zu den
zehn bedeutendsten Risikofaktoren für die Gesundheit und belegt bei Männern und Frauen
jeweils den achten Rangplatz. Bei Männern gehen etwa 3% und bei Frauen etwa 1% aller
15
durch Krankheit verlorenen gesunden Lebensjahre auf den Konsum illegaler Substanzen
zurück. Deutschland gehört dabei mit geschätzten 4,1 problematischen Drogenkonsumenten
pro 1.000 Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren zu den Ländern mit niedrigerer Prävalenz
(Orth, 2012)
In einem Zeitraum von zwölf Monaten vor einer Repräsentativbefragung konsumierten rund
10,8% der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands illegale Drogen (Kraus et al., 2008). Die
30-Tagesprävalenz lag bei 6,9% und die Lebenszeitprävalenz bei 37%.
Der Gebrauch illegaler Drogen ist geschlechtsspezifisch. So gaben in der
Repräsentativerhebung 13,4% der Männer und 8,2% der Frauen an, illegale Drogen zu
konsumieren. Weiterhin ist der Konsum illegaler Drogen auch altersspezifisch, denn jüngere
Erwachsene unter 30 Jahren konsumieren häufiger illegale Substanzen als ältere
Erwachsene. In der Altersgruppe der 18- bis 29jährigen werden mit rund 27% am häufigsten
illegale Drogen konsumiert.
Jeder vierte Erwachsene (26,5%) im Alter von 18 bis 64 Jahren hat schon einmal eine
illegale Droge probiert (ESA, 2009). Dabei handelt es sich überwiegend um
Cannabisprodukte. 7,4% der Erwachsenen probierten bereits andere illegale Substanzen wie
Heroin, Kokain oder Amphetamine.
Unabhängig vom Geschlecht zeigt sich bei jüngeren Konsumenten die Tendenz, dass
Konsumenten legaler Suchtmittel wie Alkohol oder Zigaretten häufiger bereits illegale
Substanzen probierten oder regelmäßig konsumieren. Nach Cannabis steht der Konsum von
Ecstasy, Kokain und Amphetaminen bei den jüngeren Konsumenten im Vordergrund.
Nach Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung im Jahre 2012 wiesen ein
Drittel der Personen, die wegen Drogenproblemen 2011 eine Suchtberatungsstelle
aufsuchten, einen problematischen Cannabiskonsum auf. Viele von ihnen fangen bereits im
Teenageralter mit dem Konsum an (Durchschnittsalter 15 Jahre). Bei denjenigen, die das
erste Mal in Suchtbehandlung sind, liegt der Anteil der Cannabiskonsumenten bei 56,6 %.
Die Bedeutung von Stimulanzien (Amphetamine, Ecstasy) bekam in den letzten Jahren
bundesweit eine wachsende Bedeutung, dagegen ist die in den Medien beschriebene
steigende Verbreitung von Crystal bislang noch hauptsächlich auf den Süden und Osten der
Bundesrepublik begrenzt.
16
3.4 Pathologisches Glücksspiel
Nach einer repräsentativen Erhebung der BzGA (2010) über das Glücksspielverhalten in
Deutschland liegt die Prävalenz des pathologischen Glücksspiels bei 0,45% und des
problematischen Glücksspiels bei 0,64%. Andere Untersuchungen und Schätzungen
kommen auf ähnliche Prävalenzwerte des pathologischen Glücksspiels zwischen 0,2 und
0,6%.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerung
zwischen 28 und 65 Jahren ergeben sich rein rechnerisch ca. 100.000 bis 290.000
Betroffene (Brodbeck et al. 2008, Becker 2010). Demgegenüber steht eine Anzahl von etwa
4.300 Patienten, die mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel in Deutschland jährlich
ambulant und stationär behandelt werden (Datenschätzung für 2006). Demnach liegt die
Nachfrage nach Therapieplätzen nur bei 3-5% der pathologischen Spieler in Deutschland
(Meyer, 2006; Becker, 2010).
Im Alltag charakterisieren nach Petersen (2012) zwei Dinge pathologische Spieler besonders
treffend: Zum einen haben sie keine Zeit. Sie spielen immer häufiger und länger, versäumen
wegen des Spiels Verabredungen und Verpflichtungen. Und sie haben kein Geld, so dass
Kredite aufgenommen werden oder Geld im Freundeskreis geliehen oder anderweitig
beschafft wird. Beide zentralen Charakteristika werden in der Behandlung mit besonderem
Augenmerk fokussiert und stehen neben der Aufarbeitung der die Suchtentstehung
begünstigenden Faktoren im Vordergrund. Studien belegen, dass bestimmte
Glücksspielformen ein höheres Gefährdungspotential aufweisen. Die Verfügbarkeit
erleichtert und regt zur erstmaligen Spielteilnahme an. Dagegen sind Ereignisfrequenz und
Gewinnstruktur konkrete Eigenschaften, die für Verstärkungseffekte und damit die Förderung
eines exzessiven Spielverhaltens verantwortlich sind (Meyer et al., 2010).
2010 wurde erstmalig vorgeschlagen in der fünften Ausgabe des Klassifikationssystems
„Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) der American Psychiatric
Association (APA) den früheren Oberbegriff „Substanzbezogene Störungen“ durch die neue
Bezeichnung „Sucht und zugehörige Störungen“ zu ersetzen. Subsumiert werden hier
sowohl stoffgebundene als auch nicht-stoffgebundene Störungen. Als erste nicht
stoffgebundene Störung wurde das pathologische Glücksspielen aufgenommen.
3.5 Pathologischer PC-Gebrauch (Medienabhängigkeit)
Der pathologische Gebrauch von Internet und Computerspielen nimmt mit der sich
ausweitenden Verbreitung dieser Technologien zu (Jerusalem & Meixner, 2004). Allein die
Bedeutung sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter, Google Plus oder businessorientiert
LinkedIn und XING erleben in den letzten Jahren eine zunehmende Nachfrage. Facebook
wird von über 20 Millionen Deutschen und weit mehr als 750 Millionen Menschen weltweit
17
genutzt (Dinse, 2012). Die Definition der Internetabhängigkeit ist derzeit nicht einheitlich
(Byun et al., 2009) und es kursieren allein in Fachkreisen mehr als 20 Begriffe für das neue
Phänomen (Wlachojiannis, 2012). Gebräuchliche Begriffe sind „Mediensucht“, „Onlinesucht“,
„Internet-Sucht“ oder „Internet-Abhängigkeits-Syndrom“ (Willnow et al., 2012).
Petry (2010) schlägt zur Abgrenzung der Pathologie die Begrifflichkeiten „Funktionaler
Gebrauch“, „Dysfunktionaler Gebrauch“ und „Pathologischer Gebrauch“ vor. In Anlehnung an
die zweite große stoffungebundene Suchterkrankung, das Pathologische Glücksspiel, eignet
sich der Begriff „Pathologischer PC-Gebrauch“ gut als Arbeitsgrundlage.
In einer Studie zur Prävalenz des Pathologischen PC-Gebrauches (hier untersucht: Internet)
(Rumpf et al., 2011) wurden auf der Basis einer repräsentativen Stichprobe 15.024 Personen
befragt. Es ergab sich eine geschätzte Prävalenz für das Vorliegen eines Pathologischen
PC-Gebrauches von 1,5% (Frauen 1,3%, Männer 1,7%). In der Altersgruppe 14-24 steigt die
Prävalenz auf 2,4% an (Frauen 2,5% Männer 2,5%). Bei alleiniger Betrachtung der 14-16-
jährigen finden sich 4,0% Internetabhängige (Frauen 4,9%, Männer 3,1%).
Die auffälligen Mädchen und Frauen (14-24 Jahre) nutzen vorwiegend Soziale Netzwerke im
Internet (77,1% der Abhängigen nach LCA) und eher selten Onlinespiele (7,2%). Die jungen
Männer nutzen ebenfalls, aber in geringerer Ausprägung, Soziale Netzwerke (64,8%), und
häufiger Onlinespiele (33,6%). Neben den vermutlich Abhängigen lässt sich eine weitere
Gruppe mit problematischem Internetgebrauch identifizieren, die insgesamt 4,6% der
Befragten betrifft (Frauen 4,4%, Männer 4,9%). Auch hier zeigen sich hohe Raten bei jungen
Kohorten und dort in besonderem Maße bei weiblichen Personen (Petersen et al., 2010;
Rumpf et al., 2011).
Betroffen sind insbesondere Jugendliche und Menschen aus niedrigeren sozialen
Statusgruppen, zudem häufiger Männer und Personen ohne festen Lebenspartner und/oder
feste Arbeitsstelle. Im Durchschnitt verbrachten die betroffenen Personen 34 Stunden pro
Woche im Internet (Jerusalem & Meixner, 2004; BUSS, 2011). Nach einer Erhebung des
BUSS (2011) wurden im Jahr 2010 1,4% der Rehabilitanden von 15 Rehakliniken für
Abhängigkeitserkrankungen aufgrund einer Mediensucht behandelt. Die Zahl schwankte
zwischen 0 und 4,5%.
Die Ergebnisse der Studien illustrieren das hohe Abhängigkeitspotenzial von PC und
Internet. Die Therapie setzt voraus, dass sich die behandelnden Ärzte und Psychologen für
die virtuellen Lebenswelten ihrer Rehabilitanden interessieren und diese in die Behandlung
mit einbeziehen (Jerusalem & Meixner, 2004; Willnow et al., 2012).
18
3.6 Therapeutische Ansätze Die Lerntheorie sieht in der Sucht ein erlernt fehlangepasstes Verhalten. Im Zentrum des
Suchtgeschehens stehen inadäquate Kognitionen, welche zur Suchtentwicklung
prädisponieren und in vielfältigster Art den Substanzmissbrauch unmittelbar bzw. mittelbar
auslösen und aufrechterhalten. So konnte nachgewiesen werden, dass unrealistische, positiv
verzerrte Wirkerwartungen die Entwicklung von Suchtmittelmissbrauch begünstigt. Weiterhin
führen suchtbezogene Grundannahmen ("Mit Alkohol geht es mir besser") vor dem
Hintergrund persönlichkeitsspezifischer Grundüberzeugungen ("Ich bin nichts wert") dazu,
dass diese in Konsumsituationen automatisch reaktiviert werden, ohne dass eine situative
Angemessenheit vorliegen muss. Suchtmittelkonsum wird weiterhin konditioniert, wenn
andere Verhaltensalternativen zur Beherrschung negativer Gefühle nicht zur Verfügung
stehen und im Laufe der individuellen Entwicklung entsprechende verstärkende
Lernprozesse am Modell im sozialen Umfeld und im den eigenen Erfahrungen stattgefunden
haben. Weitere wichtige Beiträge der kognitiven Theorie sind die Erklärung von
Alkoholreagibilität als klassisch-konditionierte Reaktion auf Auslöser (sog. Trigger) zur
Verminderung aversiver Zustände, die die Rückfallgefahr für erneutes Trinken selbst nach
langen Abstinenzphasen erhöhen. Marlatt und Gordon (1985) entwickelten ein
sozialkognitives Rückfallmodell, in dem der Zusammenhang zwischen drei
Bestimmungsstücken des Rückfallgeschehens spezifiziert wird: Rückfallrisikositationen,
Bewältigungsfertigkeiten und Abstinenzzuversicht (Arend 1994, Lindenmeyer 1999,
Schuhler, Vogelgesang 2006).
Aus den lerntheoretischen Ansätzen lassen sich vielfältige Behandlungsansätze ableiten.
Besonders die Nutzung psychoedukativer Elemente, die kognitive Umstrukturierung zentraler
inadäquater Grundüberzeugungen, gezielte störungsspezifische Fertigkeitentrainings und die
strukturierte Rückfallprophylaxe im Bereich Sucht wie psychischer Komorbiditäten speisen
sich aus diesen theoretischen Konzepten.
Im Zentrum der tiefenpsychologischen Theorie steht die Annahme, einer in den ersten
Lebensjahren entstandenen strukturellen Störung des Ichs, die aus der mangelnden
Entwicklung von stabilen Selbst- und Objektbildern in dieser frühen Entwicklungsphase des
Individuums resultiert. Diese betrifft vor allem die gestörte Selbstwertregulierung, die
adäquate Auseinandersetzung mit der Realität, Über-Ich-Störungen sowie das beschädigte
Gefühls- und Affektleben. Abhängigkeit wird verstanden als Abwehr- bzw.
Kompensationsversuch struktureller Defizite des Ich (wie Wahrnehmungsfunktion,
Differenzierung von Affekten, Abwehrfunktion, Kommunikation, Bindung), Suchtverhalten
wird als Selbstheilungsversuch eingesetzt. Das unbewusste Ziel von Drogenmissbrauch
kann aber auch autoaggressiv die eigene Zerstörung sein (Sucht als protrahierter Suizid). So
trägt neben der Ich-Psychologie (Sucht als Selbstheilungsversuch einer Ich-Schwäche) die
19
Objektbeziehungstheorie (Sucht als Ausdruck verinnerlichter pathologischer
Objektbeziehungen) zum Begreifen der Frühstörungen entscheidend bei und ermöglicht
darauf aufbauende Therapiestrategien. Die Droge fungiert als ständig verfügbares Objekt,
um unmittelbare Befriedigung von andrängenden, unspezifischen Bedürfnissen zu
gewährleisten (differenzierte Wünsche sind (noch) nicht erlebbar), um die Stabilisierung des
Selbstwertgefühls zu gewährleisten (narzisstische Gratifikation), um Unlustreize (wie
Alleinsein, Leere, Ablehnung) auszuschalten (Rost 1986; Lürssen 1974, Heigl-Evers, Streeck
1985, Krystal, Raskin 1983, Wurmser 1987, 1997).
Neurobiologischen Theorien ergänzen die mit zunehmender Forschung gewonnen
Erkenntnisse und stellen ein weiteres wichtiges theoretisches Grundelement für die
Ausgestaltung des Behandlungsansatzes dar. Neben gezielter Pharmakotherapie (etwa zur
Rückfallprophylaxe in der frühen Abstinenz) wird der Einsatz von EMDR als bilaterale
Hemisphärenstimulation in Verbindung mit der Aktivierung suchtspezifischer und
abstinenzerhaltender neuronaler Netzwerke als Konsequenz neurobiologischer Erkenntnisse
für die Suchttherapie gesehen. Weiterhin erweisen sich die Erkenntnisse über die Funktion
des Suchtgedächtnisses als hilfreich in der Rückfallprävention. Die neurobiologisch
fundierten Erkenntnisse über die Wirkung von Psychotherapie geben zusätzlich Hinweise zu
Bahnungsvorgängen, deren gezielter Motivationsförderung sowie zur Wichtigkeit von
Wiederholung und Training. Behandlungen können zu Verhaltens- und
Einstellungsveränderungen führen. Ergebnisse von Psychotherapien werden nachweislich
neben persönlichkeitsbedingten Faktoren wesentlich von motivationalen, d.h. ressourcen-
und selbstwertstärkenden, transparenz- sowie bindungsfördernden Aspekten des
therapeutischen Vorgehens (s. Grawe 2004) bestimmt.
Studien über die Wirksamkeit und Effektivität von Behandlungsstrategien im Bereich der
Abhängigkeitserkrankung haben in den letzten Jahren die Bedeutung von Ansätzen
verdeutlicht, die die Motivationssteigerung in den Fokus der Betrachtung rücken (Project
MATCH Research Group 1997, Miller, Hester 1986, Miller, Rollnick 1991, Petry 1993).
Hierbei lieferte das in vier Phasen gegliederte Veränderungsmodell von Prochaska und
DiClemente (1992) einen wesentlichen Impuls für die Weiterentwicklung des Verständnisses.
Abstinenz- und Behandlungsmotivation wird demnach nicht mehr als Voraussetzung für eine
Suchtbehandlung angesehen, sondern die Motivationsarbeit stellt mittlerweile einen
zentralen Teil des gesamten Behandlungsprozesses mit entsprechenden
Interventionsformen dar. Als weiteres Behandlungsinstrument im Bereich der
Motivationsförderung hat sich die Motivierende Gesprächsführung nach Miller & Rollnick
(1991) mit ihren Grundprinzipien (Empathie ausdrücken, Diskrepanzen entwickeln,
20
Beweisführung vermeiden, Widerstand aufnehmen, Selbstwirksamkeit fördern) und
Basisstrategien (Selbstmotivierende Sprache, aktives Zuhören, offene Fragen, Bestätigung
des Gegenübers, Umgang mit Widerstand, Umformulierung) als effektiv erwiesen (vgl. auch
Brueck, Mann 2007). Diese wird entsprechend jeder Veränderungsphase eingesetzt. Die
Förderung der Motivation durch Ermöglichung von möglichst vielen positiven und
selbstwertsteigernden Wahrnehmungen und die Minimierung von Widerstand zugunsten von
Kooperation und Selbstwirksamkeit stellen eine zentrale Säule unseres
Behandlungsverständnisses dar.
In systemisch-familientherapeutischer Sicht wird der Abhängigkeitskranke als Teil eines oder
mehrerer Systeme gesehen, die jeweils ein funktionales Gleichgewicht anstreben. So zeigt
die Suchterkrankung des betroffenen Familien- oder Systemmitgliedes eine
systemstabilisierende Funktion und kann als ein Lösungsversuch des Systems verstanden
werden (Feuerlein 1998). Weiterhin werden eine Reihe von typischen Mechanismen
beschrieben: Abschottung des Systems (Familie) nach außen, Veränderung der
Rollenaufteilung und Verantwortlichkeiten, Konfliktvermeidung. Vielfach wird dies Verhalten
der System- (Familien-) mitglieder als "co-abhängig" bezeichnet mit der Hauptfunktion, den
Betroffenen vor dem Erleben der Konsequenzen seiner Abhängigkeit zu schützen. Obwohl
eine empirische Überprüfung dieser Konzepte bisher nicht vorliegt, ist aber die Einbeziehung
von Partnern, nahen Angehörigen oder wichtigen Personen in die Behandlung in ihrer
Wirksamkeit erwiesen, wenn der Patient dies wünscht (AWMF Leitlinie 2006). In der
Ambulanten Rehabilitation wird die Einbeziehung wichtiger Bezugspersonen aus dem
Bereich Familie, sozialer Bezugssysteme oder Arbeitsbereiche systematisch und strukturiert
von Beginn der Behandlung an gefördert.
Soziale Modelle der Abhängigkeitsentwicklung rücken Störungen in der Sozialisation, d.h.
Störungen bei der Vermittlung sozialer Rollen und Normen sowie der Entwicklung sozialer
Kompetenzen und Selbstkontrollfähigkeiten in den Mittelpunkt der Betrachtung. Neben der
Gesamtgesellschaft stellen die Familie und die Peer-Group, in Abstufung dann die Schule,
Arbeitsstelle oder Vereine die wichtigsten Sozialisationsinstanzen dar. Die in der Familie
erlebten Einstellungen gegenüber Suchtmittelgebrauch, das aktuelle Suchtmittelverhalten
sowie die Familienstruktur, der Erziehungsstil und die Eltern-Kind-Beziehung werden dabei
für die Entwicklung einer Suchtproblematik mit hoher Bedeutung belegt (vgl. Arend 1999).
Weiterhin ist das Ausmaß sozialer Integration bzw. Desintegration ein wesentlicher
Prognosefaktor. So zeigen Menschen ohne Arbeit oder ohne Wohnung deutlich schlechtere
Behandlungsergebnisse (Henkel et al. 2004). Für die Behandlung bedeutet dies eine genaue
Überprüfung des sozialen, familiären wie beruflichen Umfeldes auf Tragfähigkeit, zum Teil
21
Einbeziehung des Umfeldes, zum Teil aber auch Aufbau eines neuen Umfeldes. Hierzu hat
sich der Besuch von Selbsthilfegruppen schon während der Behandlung als außerordentlich
hilfreich erwiesen. Indikationsgeleitete berufsintegrierende Maßnahmen sowie die
Zusammenarbeit mit Institutionen der Arbeitsverwaltung, mit Arbeitgebern und
Leistungsträgern der beruflichen Förderung bilden weitere wirkungsvolle Bausteine der
Behandlung.
Die hier näher geschilderten Theorieansätze schließen jedoch die Begegnung und
Auseinandersetzung mit anderen Erklärungsmodellen nicht aus. Theorieentwicklung, die
Fortentwicklung von Forschungsansätzen und das Einfließen in die Behandlungspraxis
befinden sich in einem steten dynamischen Prozess von Veränderung.
Die Behandlung der Abhängigkeit ist am Individuum orientiert. Auf der Grundlage von
kontinuierlicher Motivationsförderung über Ressourcenaktivierung, Selbstwertstärkung,
Bindungsförderung, Transparenz der Behandlungsschritte, geschulte motivierende
Gesprächsführung baut die störungsspezifische Behandlung der Sucht wie der
Komorbiditäten im psychischen, somatischen wie im beruflichen Bereich auf. Hierbei spielen
in einem strukturierten und zunehmend an Manuale angelehnten Vorgehen die Arbeit an der
Beziehung, Problemvertiefung und –klärung, störungsspezifische Fertigkeitentrainings,
Erlernen von Krisen- und Notfallmanagement, Psychoedukation und Selbsthilfe eine
tragende Rolle.
22
4 Adaption In der Adaption Husum, eine Abteilung der Fachklinik für Rehabilitation in Breklum, stehen
für die Adaptionsphase 16 Plätze für abhängigkeitskranke Menschen zur Verfügung.
4.1 Definition und Aufgabe der Adaption Nach dem Rahmenkonzept des Verbandes der Rentenversicherungsträger von 1994 für die
Adaption, reicht für einen Teil der Abhängigkeitserkrankten eine rein suchtklinisch
ausgestaltete Leistung zur medizinischen Rehabilitation allein nicht aus. Ziel der Adaption ist
die Stabilisierung und Verselbstständigung durch allmähliche Verringerung von Therapie und
Betreuung. Die Adaption bietet Rehabilitanden einen Rahmen und konkrete Hilfen zur
Erprobung und zum Training der Fähigkeiten zur suchtmittelfreien Bewältigung von alltags-
und arbeitsrelevanten Anforderungen und Bedarfen.
Die Adaptionsphase, als eine spezielle Form der Anpassung an die Realität, wird am besten
durch eine soziomilieutherapeutische Vorgehensweise erfolgreich umgesetzt. Im
Wesentlichen wird dies durch die Auseinandersetzung mit der Realität im Alltag erlebt.
Dabei ist die gezielte Wahrnehmung, Hervorhebung und Unterstützung der gesunden,
regelhaften und stabilen Anteile des Rehabilitanden, mit dem Ziel der Integration und
Nutzung dieser Anteile zentral. Eine wachsende Stabilisierung führt zur Umsetzung des
Erlebten im Alltagsgeschehen.
In der Adaption treten die Auseinandersetzung mit dem Arbeitsleben, dem Freizeitverhalten
und den menschlichen Beziehungen in den Vordergrund. Dies führt zu konkret
aufzeigbaren alltagsnahen Möglichkeiten, aber auch Grenzen des Einzelnen, die in der
Behandlung mit ihren Auswirkungen auf den Alltag integriert werden müssen.
Es ist erklärtes Ziel, dem Rehabilitanden die Möglichkeit zu geben, Erkenntnisse und
Erfahrungen aus der vorausgegangenen Entwöhnungstherapie in konkretes Handeln
umzusetzen. Hierbei wird der Rehabilitand gemäß seinen Bedürfnissen durch ein
interdisziplinäres Mitarbeiterteam unterstützt. Die Belastungsfähigkeit im beruflichen und
psychosozialen Bereich wird begleitend überprüft und trainiert. Überforderung soll möglichst
vermieden, Herausforderungen als solche definiert und angenommen werden. Als
Kernkompetenzen für das Erwerbsleben sollen wieder gesunde, aktive, eigenverantwortliche
und selbstständige Fähigkeiten angeeignet werden.
Der Rehabilitand soll wieder lernen, sein Leben und seine Zeit selbstständig zu gestalten
bzw. einzuteilen. In der Adaption wird eine Belastungserprobung unter realitätsnahen
Bedingungen ermöglicht und ein therapeutisch begleitetes Heranführen an die Belastungen
des Alltags- und Erwerbslebens gewährleistet. Ziel der Adaptionsbehandlung ist die
23
Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit auf der Basis einer abstinenten Lebensführung in
einem tragfähigen sozialen Umfeld.
Die Adaption soll den Transfer der Abstinenzfähigkeit aus der Suchtklinik in die individuellen
Bedingungen des Alltags unterstützen. Sie stellt eine Übergangssituation mit deutlich
größerer, aber noch nicht vollständiger Eigenverantwortung der Rehabilitanden dar. Dies
findet seinen Ausdruck in der Ausgestaltung der Strukturangebote hinsichtlich Umfang und
Verbindlichkeit sowie der therapeutischen Haltung.
So steht neben der Suchterkrankung in der Adaption die berufliche Situation im besonderen
Maße im Fokus der Behandlung. Den Rehabilitanden sollen im Rahmen der beruflich
orientierten Rehabilitation Möglichkeiten aufgezeigt werden, die ihnen helfen, die
Anforderungen ihres unter Umständen noch vorhandenen aber gefährdeten Arbeitsplatzes
zu bewältigen und ggf. einen Umgang mit persönlichen und beruflichen Belastungen zu
finden oder bei nicht vorhandenen Arbeitsplatz Möglichkeiten zur Reintegration zu
entwickeln.
Arbeits‐ und berufsbezogene Orientierung in der Adaption und damit einhergehend deren
Umsetzung in therapeutischen Ansätzen bedeutet, Elemente der Arbeitswelt in die
Strukturen und Prozesse der medizinischen Rehabilitation zu integrieren, um arbeits‐ und
berufsbezogene Problemlagen frühzeitig zu identifizieren und zeitnah geeignete
Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Neben internen und externen Praktika sowie
Belastungserprobungen ist die Beratung im beruflichen und sozialen Kontext ein
Kernelement der Adaption, um beruflichen Problemlagen entgegenzuwirken.
4.2 Zielgruppen, Zugang und Dauer 4.2.1 Zielgruppen und Zugang für die Adaption Die Adaptionsbehandlung kommt für weibliche und männliche Abhängigkeitskranke (Alkohol,
Drogen, Medikamente, Path. Glücksspiel, Path. PC-Gebrauch) sowie für Rehabilitanden aus
der substitutionsgestützten Entwöhnungsbehandlung und Personen mit Komorbidität nach
Abschluss einer Entwöhnungsbehandlung in Frage. In begründeten Einzelfällen besteht
nach Absprache mit dem Leistungsträger auch die Möglichkeit, Patienten zeitversetzt
aufzunehmen. Voraussetzung ist, dass die stationäre Entwöhnungsbehandlung nicht länger
als drei Monate zurückliegt, ausreichende Abstinenzfähigkeit besteht und bei Aufnahme kein
zusätzlicher Entwöhnungsbedarf erkennbar wird.
Vor einer möglichen Aufnahme wird interessierten Patienten die Gelegenheit zu einem
Informationsgespräch und/oder „Probewohnen“ gegeben, um die Einrichtung und Angebote
kennen zu lernen. Seitens der Deutschen Rentenversicherung wird darum gebeten, dass zur
24
Eignungsprüfung der Rehabilitanden dem Wunsch des Leistungsträgers nach Durchführung
eines Vorstellungsgespräches möglichst entsprochen wird.
Die Kostenübernahme ist vor Aufnahme durch die zuweisende Einrichtung zu klären. Für die
Antragstellung sind folgende Punkte wichtig:
o Erfolgreichen Abschluss einer stationären Entwöhnungsbehandlung,
o Keine ausreichende Stabilität um ein Alltags- und Arbeitsleben zu bewältigen gegen
Ende der Entwöhnungsbehandlung,
o Entlassung in das alte Umfeld birgt eine erhebliche Gefährdung, da die
eigenverantwortliche Lebensführung ohne weitere Hilfe für eine abstinente
Lebensführung nicht ausreichend erscheint,
o Für das Erreichen des Rehabilitationszieles der Wiedereingliederungsfähigkeit in Beruf,
Arbeit und Gesellschaft reicht eine ambulante Betreuung (ambulante Rehabilitation,
Selbsthilfegruppe oder evtl. Betreutes Wohnen) allein nicht aus,
o Langjährige Suchterkrankung mit schweren psychosozialen Störungen.
Die Adaption Husum ist aufgrund ihrer modernen baulichen Gestaltung auch für Rollstuhlfahrer und schwerer gehbehinderter Menschen geeignet.
4.2.2 Behandlungsdauer Die Adaptionsphase ist in die Regelbehandlung in die Entwöhnungsbehandlung integriert.
Die Behandlungsdauer wird im Regelfall für zunächst 3 Monate gewährt und kann im
Einzelfall bis zu 6 Monate verlängert werden.
4.3 Ausschlusskriterien Adaptionsbehandlung setzt grundsätzlich die Rehabilitationsfähigkeit voraus. Die
Behandlung ist für Patienten kontraindiziert, die durch ihre langanhaltende Suchterkrankung
bereits so starke körperliche Schädigungen aufweisen, dass sie an den Angeboten in der
Adaption nicht mehr aktiv teilnehmen können. Kontraindiziert ist die Behandlung auch bei
fortgeschrittenen geistigen Abbauerscheinungen oder schwerwiegenden psychiatrischen
Erkrankungen, wie beispielsweise floriden Psychosen oder akuter Suizidalität.
25
4.4 Inhalte der Adaptionsbehandlung
4.4.1 Allgemeine Anmerkungen Auch nach einem erfolgreichen Abschluss einer Entwöhnungsbehandlung können einige
Rehabilitanden den üblichen Anforderungen des Alltags- und Berufslebens nicht ohne
erhöhte Gefahr erneuten Konsums widerstehen. Dazu sind häufig durch langjährigen
Suchtmittelkonsum gesundheitliche Folgeschäden gegeben. Die Frustrationstoleranz ist oft
reduziert und die emotionale Belastbarkeit eingeschränkt. Schon scheinbar unbedeutende
Widrigkeiten des täglichen Lebens können Krisenreaktionen auslösen. Wenn dann die
Lebenssituation zusätzlich besondere Schwierigkeiten aufweist wie z.B. Arbeitslosigkeit,
Wohnungslosigkeit, finanzielle und justizielle Belastungen oder ein Mangel an stützenden
Sozialkontakten, sind eine Überforderung und erneuter Suchtmittelkonsum vorhersehbar.
Beruflich ist nach der stationären therapeutischen Behandlung oft noch nicht der Grad der
Erwerbsfähigkeit erreicht, der Betroffene auf dem leistungsorientierten Arbeitsmarkt
bestehen lässt. Fehlende berufliche Qualifikationen, Langzeitarbeitslosigkeit, Arbeits-
entwöhnung und Wohnungsprobleme führten zu einer objektiven oder subjektiv erlebten
Distanzierung vom Arbeitsmarkt und den damit verbundenen Anforderungen.
Die bestehenden Angebote des freien Ausbildungs- und Arbeitsmarktes sowie die Berufstrai-
ningssysteme sind mit ihren Anforderungsprofilen - bezogen auf Leistung, Belastbarkeit und
Flexibilität - in der Regel für den genannten Personenkreis nur bedingt geeignet. Das
Anforderungsprofil muss sich nach den Möglichkeiten der Patienten richten und
vorhersehbare Schwankungen im Krankheitsbild berücksichtigen.
4.4.2 Ziele der Adaption o Das zentrale Ziel der Adaption besteht in der eigenständigen Bewältigung des
erhöhten Rückfallrisikos und der Bewahrung einer in der Entwöhnung gewonnen
Abstinenz im Alltags- und Arbeitsleben. Dazu gehören:
o Anregungen, den Tagesablauf selbst zu gestalten,
o Bewährung und Erprobung der Fähigkeiten unter moderierten Alltagsbedingungen,
insbesondere im Zusammenhang mit Arbeitsbelastungserprobungen,
o Erarbeitung einer realitätsangepassten eigenverantwortlichen Lebensführung,
o Unterstützung beim Übergang von einer vorrangigen Gruppen- und Einzeltherapie zu
eher begleitenden und ergänzenden therapeutischen Leistungen.
Weitere individuell abzustimmende Ziele sind u.a.:
o Stärkung der Frustrationstoleranz,
o Verbesserung der Belastbarkeit,
o Verbesserung der Beziehungs- und Konfliktfähigkeit,
26
o Transfer der in der Entwöhnungsbehandlung erworbenen Coping-Strategien in den
Alltag
o Erarbeitung einer realistischen Lebensplanung,
o Soziale Integration und (Wieder)Aufnahme stützender sozialer Beziehungen.
Die Ziel- und Maßnahmeplanung erfolgt individuell mit Bezug auf die besondere Situation
(hinsichtlich Stärken und Schwächen, aber vor allem hinsichtlich zu erwartender zukünftiger
Lebenssituationen) jedes einzelnen Patienten.
4.5 Behandlungsinhalte
4.5.1 Soziales Umfeld Voraussetzung für weitere Entwicklungsschritte im Rehabilitationsprozess ist die
Bereitstellung und Aufrechterhaltung eines abstinenten Umfeldes. Insofern sind der Konsum
und die Beschaffung von illegalen Drogen, Alkohol, Medikamenten oder anderen
Suchtmitteln während der Adaptionsmaßnahme grundsätzlich verboten. Dies gilt
ausdrücklich auch für gewinnorientiertes Glücksspiel.
Nahrungsergänzungspräparate und Medikamente jeglicher Art werden ärztlich verschrieben
und sind nur in Absprache mit behandelnden Ärzten einzunehmen.
Während der Adaptionsphase werden regelmäßig differenzierte Abstinenzkontrollen
durchgeführt.
Der Besuch von Angehörigen, Freunden oder Bekannten ist, sofern keine Angebote aus
diesem Grund ausfallen, grundsätzlich erwünscht. Die Besuche sind möglichst vorab mit
dem Behandlungsteam abzusprechen.
4.5.2 Gruppen- und Einzeltherapie In der Adaption kann die in der Klinik begonnene Entwöhnungsbehandlung unter
alltagsähnlichen Bedingungen fortgeführt werden. Aufbauend auf den erworbenen
Fähigkeiten aus der fachklinischen Entwöhnungsbehandlung werden gruppentherapeutische
Sitzungen zur Lösung von Konflikten unterschiedlicher Art eingesetzt. Einmal wöchentlich
findet für alle Rehabilitanden verpflichtend eine Therapiegruppe statt, in denen die aktuelle
Befindlichkeit jedes einzelnen sowie auftretende Schwierigkeiten und Probleme in der
Gruppe und im Alltag angesprochen werden. Darüber hinaus können anlassbezogene
Gruppensitzungen durchgeführt werden (z. B. zur Aufarbeitung von Rückfällen oder bei
schwerwiegenden akuten Krisen). Die Therapiesitzungen dienen auch der notwendigen
Pflege des therapeutischen Milieus zur Aufrechterhaltung gegenseitiger Wertschätzung und
Toleranz. Je nach Gruppensituation werden auch geschlechtsspezifische oder
themenbezogene Gruppen als freiwilliges Angebot gemacht.
27
Einzeltherapeutische Gespräche werden wöchentlich (nach Bedarf auch häufiger)
angeboten. Auch Angehörigengespräche gehören nach Bedarf zum Angebot.
4.5.3 Hauswirtschaftliche Selbstversorgung Eine Annäherung an die Belastung des normalen Alltagslebens ergibt sich u.a. aus dem
gegenüber der Klinik verringerten Betreuungs- und Versorgungsgrad. Die Rehabilitanden
sind für die Reinigung und Ordnung in ihren Zimmern sowie den Gemeinschaftsräumen
selbst verantwortlich. Die Verpflegung ist eigenständig zu organisieren. Die Rehabilitanden
kaufen selbstständig ein und sollen lernen, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Geld
auszukommen. Die hauswirtschaftliche Organisation wird mit therapeutischer und
hauswirtschaftlicher Unterstützung in der Gruppe umgesetzt und die unterschiedlichen
Aufgabenbereiche werden verantwortlich den Rehabilitanden zugeordnet.
Für die Wäsche stehen Waschmaschine und Trockner zur Verfügung. Im gesamten
Hauswirtschaftsbereich erfahren sie fachliche Anleitung. Unter anderem erfolgt eine
Vertiefung des Themas gesunde Ernährung unter dem Gesichtspunkt einer finanz- und
ressourcenorientierten Haushaltsführung.
4.5.4 Rehabilitationsdiagnostik in der Adaption Für eine erfolgreiche berufliche Integration der Rehabilitanden in der Adaption, ist es wichtig,
die Rehabilitation an den Anforderungen des Berufes oder eines angestrebten Arbeitsplatzes
sowie den Möglichkeiten der Rehabilitanden auszurichten.
Die Aufgabe einer angemessenen Rehabilitationsdiagnostik in der Adaption besteht in erster
Linie in der konkreten Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben. Da eine
vorausgehende stationäre Entwöhnungsbehandlung der Phase in der Adaption in der Regel
direkt vorgeschaltet war, ist es wichtig, die hier erhobenen ICF orientierten Befunde und
Daten aus der Rehabilitationsdiagnostik (Suchtspezifische Diagnostik, Somatische
Diagnostik, Psychische Diagnostik, Soziale Diagnostik, Arbeits- und berufsbezogene
Diagnostik, Ressourcenorientierte Diagnostik) bei der weiteren Planung zu berücksichtigen.
Hier sollten gezielt die erwerbsbezogene Problemlagen Berücksichtigung finden. Sollten
keine ausreichenden Befunde vorliegen, ist eine enge Abstimmung und vertiefende
Diagnostik in der Fachklinik für Rehabilitation der DIAKO Nordfriesland ergänzend möglich.
Aus dem Abgleich der individuellen subjektiven Ziele und Einschätzungen eigener
Fähigkeiten der Rehabilitanden bezogen auf deren erwerbsbezogenen Fähigkeiten und den
vorliegenden Ergebnissen einer in der Regel multiprofessionellen Diagnostik ergeben sich
häufig Hinweise auf realistische oder diskrepante Selbsteinschätzungen. In der weiteren
Therapieplanung sind dann einerseits realistische Möglichkeiten und andererseits
28
subjektiven Sichtweisen der Rehabilitanden (ihr eigenes Erleben, ihre Erwartungen, ihre
Maßstäbe und Ziele) zu beachteten und fortlaufend in die Beratung bei der Berufs- oder
Tätigkeitswahl einzubeziehen.
4.5.5 Arbeitserprobung und arbeitstherapeutische Beschäftigung Insbesondere mit dem Ziel der zügigen Reintegration in den Arbeitsmarkt werden zur
Arbeitserprobung Praktika in ortsansässigen Betrieben vermittelt. Weiter stehen
Arbeitsangebote zur Erprobung und Beschäftigung in der Husumer Insel sowie im Theodor-
Schäfer Berufsbildungswerk zur Verfügung. Um ein möglichst breites Angebot zur
Gewährleistung der Adaptionsziele zu erreichen, werden laufend weitere Angebote erarbeitet
und in das Adaptionskonzept integriert. So werden seitens der Adaptionseinrichtung
Kontakte zur örtlichen Agentur für Arbeit und den zuständigen Sozialzentren des Kreises
unterstützt und vorbereitet.
Zur Aufnahme einer Arbeitserprobung bzw. der Erlangung einer regulären Beschäftigung
erhält der Rehabilitand fachlich sozialarbeiterische Hilfestellungen.
Die Arbeitserprobungen und Beschäftigungen werden von gemeinsamen Gesprächen
zwischen Teilnehmern, Mitarbeitern der Adaptionseinrichtung und Anbietern der Maßnahme
flankiert, um realistische berufliche Perspektiven zu entwickeln und vorzubereiten.
4.5.5.1 Externe Praktika Die bei persönlicher Eignung des Rehabilitanden primär anzustrebende Möglichkeit zur
Erprobung und zum Training beruflicher Belastbarkeit besteht in der Aufnahme eines
externen Praktikums in einem der umliegenden Handwerks- oder Gewerbebetriebe. In der
Regel können Arbeitszeiten so vereinbart werden, dass die Teilnahme an der
Therapiegruppe möglich bleibt. Die Praktika werden sozialarbeiterisch und therapeutisch
begleitet und durch Übernahme von Fahrtkosten unterstützt. Wunsch ist es allgemein, in den
ersten zwei bis drei Wochen mit einem externen Praktikum zu beginnen.
Die wichtigsten Ziele der externen Belastungserprobung als Vorbereitung auf die (Re-)
Integration ins Erwerbsleben sind die Berufsorientierung und Berufsfindung, die Überprüfung
von Belastbarkeit, Ausdauer und Leistungsvermögen, die realitätsnahe Überprüfung bisher
erworbener sozialer Kompetenzen und Behandlungserfolge, die realitätsnahe
Konfliktbewältigung sowie die Überprüfung und Anerkennung der berufsspezifischen
Kompetenzen und Ressourcen.
Insbesondere über den Sozialdienst der Adaption bestehen Kontakte zu diversen
Arbeitgebern in der Stadt Husum sowie dem Kreis Nordfriesland. Zu unterschiedlichen
Branchen und Gewerben (Handwerk, Kaufmännischer Bereich, Gastronomie, Pflege etc.)
29
und ergänzt durch die Kooperation mit dem Handwerker-Fond Suchtkrankheit e.V. bestehen
enge Verbindungen, durch die Rehabilitanden der Adaptionsphase Möglichkeiten für
Praktika erhalten. Mit Abschluss des Praktikums erhielten Rehabilitanden der Adaption in der
Vergangenheit oftmals die Möglichkeit, im gleichen Unternehmen eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen.
Auch bei der Wahrnehmung von Betriebspraktika sollten im Vorfeld mit dem Sozialdienst,
unter Berücksichtigung der sozialmedizinisch definierten Leistungsmöglichkeiten, individuelle
Arbeitsfeldwünsche und tägliche Arbeitszeiten (zwischen 4 und 8 Stunden) sowie die Dauer
des Praktikums festgelegt werden. In Gesprächen zwischen dem Praktikumsanbieter, dem
Sozialdienst der Adaption und dem Rehabilitanden können wertvolle Hinweise und
Erfahrungen zur besseren Erfassung der sozialmedizinischen Leistungsfähigkeit
ausgetauscht sowie Erkenntnisse über Voraussetzungen für eine besser berufliche
Integration gewonnen werden. Letztere fließen in die sozialmedizinische Leitungsbeurteilung
ein.
4.5.5.2 Arbeitserprobung und arbeitstherapeutische Beschäftigung Husumer Insel Die Arbeitsprojekte der Husumer Insel ermöglichen die Durchführung eines Arbeitstrainings
zur Entwicklung der Arbeitsfähigkeit und einer beruflichen Perspektive in folgenden
Werkbereichen:
o Holzwerkstatt,
o Textilwerkstatt,
o Hauswirtschaft,
o Fahrradservice und –verleih.
Es besteht die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit weiter zu entwickeln und zu stabilisieren.
Ziele der Arbeitsprojekte sind:
o Entdecken der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten,
o Arbeiten in der Gemeinschaft,
o Auseinandersetzung mit eigenen Sozialen Kompetenzen,
o Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Werkmaterialien,
o Entwicklung einer Arbeitsfähigkeit und weiterführenden beruflichen Perspektive,
o Strukturierung des Wochenablaufes,
o Aufbau von Selbstwert über die geleistete Arbeit.
Für die Erreichung der Ziele steht in den einzelnen Gewerken verantwortliches Fachpersonal
zur Verfügung.
30
4.5.5.3 Arbeitserprobung im Theodor- Schäfer- Berufsbildungswerk (TSBW) Das TSBW verfügt über Lehrwerkstätten und Ausbildungsplätze für über 50 verschiedene
Berufe u.a. aus technischen, kaufmännischen, Dienstleistungs- und Handwerksbereichen.
Entsprechend der Neigung und Eignung des Einzelnen ist eine Tätigkeit in diesen Bereichen
möglich. Neben den jeweiligen Ausbildungsmeistern ist eine sozialpädagogische Fachkraft
für die Betreuung der Rehabilitanden zuständig, die auch Koordinationsaufgaben wahrnimmt
und gegebenenfalls notwendige weitere arbeitsmedizinisch, psychologische Diagnostik
begründet veranlasst.
Ziele sind vor allem:
o Auseinandersetzung mit speziellen beruflichen Anforderungen,
o Training der beruflichen Grundfertigkeiten,
o Entwickeln von Verantwortungsbewusstsein im Arbeitsbereich,
o Sammeln von Erfahrungen mit der eigener Kompetenz,
o Auffrischen von Grundlagen fachpraktischer Fertigkeiten bzw. theoretischer
Kenntnisse.
Am Ende der Maßnahme im TSBW kann ein qualifizierter Abschlussbericht mit individuellen
Förderempfehlungen aus berufspädagogischer Sicht erstellt werden. Kommt eine
Vermittlung in weiterführende berufliche Hilfen oder Rehabilitation in Betracht, kann ein
Antrag auf dieser Grundlage schon aus der Adaption heraus gestellt werden.
4.5.5.4 Arbeitserprobung in den Husumer Werkstätten
Die Husumer Werkstätten sind eine Einrichtung für Menschen mit eingeschränkter
Teilhabemöglichkeit, die entsprechend ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten gefördert
werden. sollen Ziel ist die Eingliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt oder die
Integration in einen der vielen Arbeitsbereiche der Husumer Werkstätten. Somit ermöglichen
die Husumer Werkstätten eine schrittweise Eingliederung in das Arbeits- und damit auch in
das gesellschaftliche Leben. Die Rehabilitanden bekommen im Vorgespräch mit einem
Mitarbeiter einen Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche und haben die Möglichkeit
zunächst in einem zweiwöchigen Arbeitspraktikum die Erwerbsfähigkeiten auszuprobieren.
Unter Beachtung der prognostizierten Erwerbsfähigkeit erfolgt im Einzelfall eine Beratung zur
Beantragung einer sich an die Adaptionsmaßnahme anschließenden beruflichen Reha-
Maßnahme.
Vor dem Hintergrund der eigenen Leistungsfähigkeit haben die Rehabilitanden derzeit die
Möglichkeit folgende Arbeitsbereiche kennen zu lernen:
31
o Garten- und Landschaftspflege,
o Folienbeschriftung und Digitaldruck,
o Holzbearbeitung,
o Industriemontage,
o Hauswirtschaft und Teeküche,
o Kreativ-handwerklicher Bereich,
o EDV.
Durch die Teilnahme an den Arbeitsangeboten der Husumer Werkstätten sollen folgende
Ziele erreicht werden
o Stärkung des Selbstwertgefühl,
o Tagesstruktur,
o Entwicklung einer beruflichen Perspektive,
o Entdecken der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten,
o Stärkung der persönlichen Leistungsfähigkeit.
Während des Arbeitspraktikums werden die Rehabilitanden unter Beachtung der eigenen
Leistungsfähigkeit durch geschultes Fachpersonal begleitet.
4.5.6 Tagesstruktur
Anders als in der Entwöhnungsbehandlung wird für den Rehabilitanden keine feste
Tagesstruktur mehr vorgegeben. Zur Einübung und Findung einer alltagsnahen und
abstinenzförderlichen Tagesstruktur dient u.a. vorrangig die schnellstmögliche Aufnahme
einer Arbeitserprobung, Beschäftigung oder eines Praktikums. Hierzu erhält der Rehabilitand
die notwendige sozialarbeiterische Unterstützung. Für Rehabilitanden, die noch nicht oder
vorübergehend nicht in einer Arbeitsmaßnahme eingebunden sind, findet morgens eine
verbindliche „Morgenrunde“ zur Tagesplanung statt. Zur Entwicklung einer alltagstauglichen
Tagesstruktur wird bei einer fehlenden Arbeitsmöglichkeit bzw. bei noch nicht vorhandener –
fähigkeit die Möglichkeit einer Beschäftigung vorgehalten und zu deren Teilnahme motiviert.
Darüber hinaus sind die Rehabilitanden in unterschiedlichem Maße selbst gefordert, ihre
Tagesstruktur zu finden. Dabei sollen sie sich erproben und voneinander lernen.
4.5.7 Freizeitplanung und – gestaltung
Der Wegfall sowie das Erkennen der Funktionalität des Suchtmittels sind für viele Patienten
nicht nur mit Gefühlen der inneren Leere verbunden, sondern führen auch objektiv zu einem
hohen Maß an freier und unstrukturierter Zeit. Dieser wichtige Aspekt ist oft nicht alleine mit
Beschäftigungsmaßnahmen zu überbrücken.
32
Somit besteht ein weiteres wichtiges Ziel im Motivieren und Wecken von Interessen sowie
Unterstützen von Eigeninitiativen zur Gestaltung einer aktiven und konsumunabhängigen
Haltung. Hierfür kann die Freizeitplanung und -gestaltung untermauert und weiter
herausgearbeitet werden. Zur Förderung der sozialen Integration werden die Rehabilitanden
angehalten, Freizeitaktivitäten wie Sport, Musik und kreative Hobbys im normalen
gesellschaftlichen Umfeld (Sportverein, Kino, Volkshochschule u.a.) auszuüben. Während
der Adaptionsphase ist die Mitgliedschaft in einem ortansässigen Verein erwünscht. Weiter
werden die Rehabilitanden ermutigt, an Freizeitangeboten der bestehenden
Selbsthilfegruppen teilzunehmen.
4.5.8 Ärztliche Versorgung und Medikamente
Eingangs- und Abschlussuntersuchungen werden durch einen Facharzt für Psychiatrie
durchgeführt. Weitere fachärztliche Visiten findet einmal monatlich und bei Bedarf statt. Für
eine ggf. noch begleitend erforderliche Substitutionsbehandlung besteht eine
Zusammenarbeit mit einem zur Substitution ermächtigten Facharzt der DIAKO Nordfriesland
gGmbH. Die durch den Facharzt für Psychiatrie verordneten Medikamente werden seitens
der Einrichtung bereitgestellt und entsprechend der Verordnung verabreicht. Die weiter
gehende ärztliche Versorgung erfolgt in Eigenverantwortung und auf der Grundlage der
freien Arztwahl der Adaptionspatienten über die zahlreichen Arztpraxen der Umgebung.
4.5.9 Sozialdienst
Neben der Begleitung und Vermittlung im berufspraktischen Bereich, wird durch einen
qualifizierten Sozialdienst die Klärung sozialrechtlicher Ansprüche und Unterstützung in
Schriftsachen gewährleistet. Bei der für die Rehabilitanden oft unübersichtlichen
Gesetzeslage sowie unterschiedlichen Zuständigkeitsregelungen besteht häufig ein hoher
Unterstützungsbedarf zur Sicherstellung des Einkommens und der Krankenversicherung.
Darüber hinaus werden Hilfen zur Schuldenregulierung, in Wohnungsangelegenheiten sowie
Unterstützung im justiziellen Bereich angeboten.
6 Umgang mit Suchtmittelkonsum
Die Einnahme von Alkohol, Medikamenten oder Drogen sowie pathologisches Glücksspiel
und pathologischer PC-Gebrauch sind Verhaltensweisen, die grundsätzlich zur Beendigung
der Adaptionsmaßnahme führen können. Eine Weiterbehandlung auf Probe ist bei
Bewertung des individuellen Falls möglich.
Im Sinne der chronischen Suchterkrankung wird eine erneute Suchtmitteleinnahme oder
pathologische Verhaltensweise aber auch als eine Entwicklungsmöglichkeit gesehen.
Voraussetzung hiefür ist, dass die Hintergründe sowie die aktuelle Situation des Betroffenen
33
therapeutisch aufarbeitet werden können und sich der Betroffene dazu bereit erklärt. Die
Bewährung in der Probezeit ist durch eine aktive Teilnahme im Adaptionsprozess zu
dokumentieren.
Konkret wird von Suchtmittel konsumierenden Rehabilitanden die Bereitschaft zu einer
stationären Entgiftung erwartet. Durch die Kooperation mit der DIAKO Nordfriesland gGmbH
ist eine Aufnahmemöglichkeit zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich. Nach der von dort
erfolgten Entlassung wird im Rahmen von Einzelgesprächen und Teilnahmen an der
Abstinenzsicherungsgruppe über die Möglichkeit der Behandlungsfortsetzung entschieden.
War bereits ein Suchtmittelkonsum vorausgegangen, bleibt im Falle einer positiven
Verlaufsbeurteilung die Entscheidung des Leistungsträgers zur Fortsetzung der
Adaptionsbehandlung abzuwarten.
4.7 Vermittlung von nachgehenden Hilfen und Selbsthilfegruppen
Zur Gewährleistung einer eigenverantwortlichen und abstinenten Lebensführung nach
Beendigung der Adaption werden Rehabilitanden bei Bedarf motiviert, nachfolgende Hilfen
wie ambulante Fortführung der Entwöhnungsbehandlung oder andere Angebote in Anspruch
zu nehmen. Bei der Antragsstellung wird seitens der Adaptionseinrichtung unterstützt. Der
Besuch von Selbsthilfegruppen ist während der Adaption verpflichtend. Die Teilnahme am
Selbsthilfesystem soll auch zur Außenorientierung und als Möglichkeit zum Aufbau
abstinenter Kontakte dienen.
4.8 Nachbetreuung
Trotz grundsätzlich gegebener Rehabilitationsfähigkeit und positivem Verlauf der Adaption
sind aufgrund lebensgeschichtlicher Einflüsse und langjähriger Krankheitsbilder für einen Teil
der Rehabilitanden auch nach Abschluss der Maßnahme weitere Hilfen notwendig. In
Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Rehabilitanden und Kooperationspartnern wie die z.B.
die Husumer Insel können sich individuell abstinenzsichernde und stabilitätsfördernde
Maßnahmen anschließen. Hierzu können bspw. ambulante Fortführung der
Entwöhnungsbehandlung mit oder ohne Verkürzung der vorherigen Phase, ambulante
Psychotherapie oder vergleichbare Angebote zählen. Die Rehabilitanden werden bei einer
entsprechenden Antragsstellung durch die Mitarbeiter der Adaption unterstützt. Ziel ist es,
eine Fortsetzung der in Biografien von Suchtkranken häufig zu findenden Folge von
Beziehungsabbrüchen zu vermeiden und ein in der Adaptionsphase entstandenes Vertrauen
und die soziale Bindung für die Nachsorge zu nutzen.
34
4.9 Beendigung der Adaptionsmaßnahme
Die Adaptionsmaßnahme ist regulär zu beenden, wenn die Rehabilitationsziele erreicht sind.
Die Adaptionsmaßnahme ist nicht regulär zu beenden, wenn
o störende und nicht behebbare Einflüsse aus dem sozialen Umfeld den
Rehabilitationserfolg gefährden,
o die Teilnahme am Rehabilitationsprogramm nicht regelmäßig erfolgt,
o die Mitarbeit weder tragfähig noch ausreichend ist,
o ein Suchtmittelkonsum bagatellisiert oder geleugnet wird,
o anhaltender Suchtmittelkonsum besteht und/ oder
o eine andere Behandlungsform angezeigt ist
und somit die Rehabilitationsziele durch die Adaptionsmaßnahme nicht erreichbar sind.
Bei Unterbrechung der Adaptionsmaßnahme ist innerhalb von zwei Wochen zu klären, ob
die Rehabilitation fortgesetzt wird.
Eine vorzeitige Beendigung wird dem zuständigen Leistungsträger mitgeteilt und ggfs.
erörtert. Der Abschlussbericht wird in der vorgeschriebenen Frist erstellt.
5 Kombinationsbehandlung für Abhängigkeitserkrankungen in Norddeutschland (Kombi-Nord)
5.1 Kurzbeschreibung
Die drei norddeutschen Sozialversicherungsträger Deutsche Rentenversicherung
Braunschweig-Hannover, Deutsche Rentenversicherung Nord und die Deutsche
Rentenversicherung Oldenburg-Bremen (DRV) haben die Grundlagen für die Durchführung
einer Kombinationstherapie für abhängigkeitskranke Menschen abgestimmt. Mit dieser Form
der Behandlung abhängigkeitserkrankter Menschen soll die bisherige Trennung zwischen
ambulanten und stationären Angeboten überwunden werden. Durch die
Kombinationstherapie ist eine flexiblere Gestaltung von ambulanten, ganztägig
ambulanten und stationären Therapieangeboten in Form von Modulen - insbesondere im
Sinne eines möglichst wohnortnahen Gesamtbehandlungsangebotes - möglich und führt zu
einer höheren Qualität in der Zusammenarbeit zwischen den ambulant, ganztägig ambulant
und stationär arbeitenden Einrichtungen sowie den Leistungsträgern.
35
5.2 Zielgruppe und Zugang
Mit dieser Form der Kombinationsbehandlung abhängigkeitskranker Menschen soll die
bisherige vergleichsweise starre Regelung zwischen den Angeboten ambulanter und
stationärer Therapie überwunden und folgende Ziele erreicht werden:
o eine flexiblere Gestaltung der ambulanten, ganztägig ambulanten und stationären
Therapiemöglichkeiten in Form von Modulen,
o die Realisierung eines möglichst wohnortnahen Gesamtbehandlungsangebotes,
o eine wirtschaftlichere Gestaltung der Entwöhnungsbehandlung,
o eine Senkung der Quote derjenigen, die nach regulärem Abschluss einer Maßnahme
rasch wieder instabil werden,
o eine Verminderung der Schnittstellenproblematiken,
o die bessere Berücksichtigung aller Kontextfaktoren der Lebenswirklichkeit der
Rehabilitanden,
o eine höhere Qualität der Zusammenarbeit zwischen den ambulant, ganztägig
ambulant und stationär arbeitenden Einrichtungen sowie mit den Leistungsträgern,
o die Einführung eines vereinfachten Antrags- und Verwaltungsverfahrens,
o die Vermeidung von Tendenzen zur Diskriminierung von Suchtkranken mit
komplexen Krankheits- und Rehabilitationsverläufen.
Zielgruppe für die Kombinationsbehandlung sind alkohol-, medikamenten- und
drogenabhängige Patienten, bei denen eine ambulante oder stationäre Behandlung alleine
nicht Erfolg versprechend erscheint, bei denen subjektiv und/oder objektiv eine längere
stationäre Behandlungszeit nicht möglich ist, aber ein größerer Therapiebedarf als bei einer
ambulanten Therapie vorliegt. Weiter Patienten, bei denen prospektiv eine Überforderung in
der Aufrechterhaltung der Abstinenz zu erwarten ist und ein sich späterer Bedarf für eine
Behandlungsfortführung abzeichnet.
Als Voraussetzung für die Aufnahme im Rahmen der Kombi-Therapie muss eine
Kostenzusage eines der drei Rentenversicherungsträger (Nord, Braunschweig-Hannover
oder Oldenburg-Bremen) vorliegen.
Für die Beantragung einer Kombi-Nord sind Formantrag, Arztbericht, Sozialbericht und
Behandlungsplanung Kombi-Nord nebst weiterer Anlagen und Erklärungen an den
Kostenträger zu übersenden.
Eine Antragsstellung für Kombi-Nord aus Haft, Entgiftung oder von betrieblichen
Suchtberatern ist in Ausnahmen möglich, wenn im Vorfeld Kontakt zu einer an Kombi-Nord
beteiligten ambulanten Suchtbehandlungsstelle aufgenommen und besprochen wurde, ob
36
Kombi-Nord für den Versicherten geeignet ist. Die Behandlungsplanung muss vollständig
ausgefüllt und von der ambulanten Suchtbehandlungsstelle unterschrieben werden.
I.d.R. wird ein vorheriges Informationsgespräch für den eine Aufnahme wünschenden
Patienten empfohlen. Bei einem vereinbarten Wechsel des Behandlungsmoduls und der
Aufnahme in die Ambulante Rehabilitation oder Adaption erfolgt zeitnah ein standardisiertes
Übergabegespräch. Teilnehmer des Übergabegespräches sind aufnehmender und
abgegebender Therapeut sowie der Rehabilitand.
5.3 Kontraindikationen
Es gelten die in den beteiligten Einrichtungen gültigen Kontraindikationen, z.B.:
o Psychosen im akuten Stadium,
o akute Suizidalität,
o Pflegebedürftigkeit,
o erhebliche Intelligenzminderung (Siehe auch Pkt 5.3).
5.4 Behandlungsdauer und –pausen
Der Behandlungsrahmen von Kombi-Nord beträgt insgesamt 52 Wochen bzw. 1 Jahr.
Innerhalb dieser Gesamtbehandlungszeit können konzeptionell abgestimmte, ambulante,
ganztägig ambulante, stationäre und adaptive Interventionsformen nach Maßgabe des indivi-
duellen Verlaufs des Therapieprozesses zielorientiert eingesetzt werden. Für jede
Interventionsform ist ein eigenes Zeitbudget vorgesehen.
Für das ambulante Modul stehen bis zu 80 Therapieeinheiten für den Versicherten sowie 8
Bezugspersonentermine zur Verfügung. Die maximale stationäre Behandlungsdauer für das
adaptive Modul beträgt bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit 10 + 2 Wochen bzw. bei
Drogen- und Mehrfachabhängigkeit 12 + 3 Wochen.
Eine eventuell mit dem behandelnden Bezugstherapeuten vereinbarte Therapiepause
(innerhalb von 52 Wochen maximal 6 Wochen) wird hierbei nicht mit eingerechnet.
5.5 Sondermodule
Wesentliche Grundlage der Vernetzung der unterschiedlichen Therapieformen ist eine
Abstimmung von Diagnostik und Dokumentation. Um dieses Ziel zu erreichen sowie die
Nichtantrittsquote zwischen den unterschiedlichen Behandlungsformen zu senken bzw.
möglichst gegen Null zu reduzieren, sind einige Sondermodule geschaffen worden. Hierbei
handelt es sich um
o das Übergabegespräche,
o die Belastungserprobung,
37
o die Qualitätszirkel,
o das Ablaufcontrolling.
5.5.1 Übergabegespräch
Dieses Qualitätsmerkmal dient insbesondere der Vernetzung der unterschiedlichen
Therapiemodule. Darüber hinaus soll es den erreichten Therapiestand für die
Teilnehmenden veranschaulichen und eine genauere und differenzierten Therapieplanung
im Rahmen des Settingswechsels ermöglichen.
Zur Sicherung eines reibungslosen Ablaufs der Kombitherapie wird der bisherige
Behandlungsbericht (Patientendaten, erreichte und angestrebte Therapieziele, zeitliche
Planung) zeitnah von der abgebenden Einrichtung für die aufnehmende Einrichtung
vorbereitet und dieser vor Aufnahme der Weiterbehandlung zugestellt. Somit wird eine
Auseinandersetzung mit den Vorbehandlungsergebnissen durch die aufnehmende
Einrichtung ermöglicht.
Der Behandlungsbericht wird über den gesamten Behandlungszeitraum fortlaufend erstellt
und gegebenenfalls ergänzt bzw. in Abstimmung der Behandler bzw. des Rehabilitanden
korrigiert. Dieses dient der Vermeidung von Mehrfacherhebung anamnestischer und
biographischer Daten.
Das Übergabegespräch wird persönlich zwischen Rehabilitand sowie vorbehandelnden und
nachbehandelnden Therapeuten geführt. Es ist bei jedem Wechsel des
Behandlungssettings zu führen.
5.5.2 Belastungserprobung
Im Rahmen der „Kombi-Nord“ gibt es zur weiteren Unterstützung des Therapieerfolges
maximal dreimalig die Belastungserprobung für ambulante Therapie (BEAT). Sie soll dem
Versicherten einen krisenarmen Übergang vom stationären Setting in die ambulante
Behandlung erleichtern. Hierzu kann der Rehabilitand noch während des stationären
Therapiemoduls in seiner zukünftigen ambulanten Suchtbehandlungsstelle an einer
Therapiegruppe teilnehmen und seine zukünftigen Gruppenmitglieder, die Therapeuten, die
Räumlichkeiten, den Weg dorthin etc. kennen lernen. Auf diese Weise sollen eventuell
vorhandene Ängste abgebaut und mögliche Schwierigkeiten bei einer ambulanten
Rehabilitation, die sich im Vorfeld abzeichnen könnten, aufgearbeitet werden. Die
Belastungserprobung für ambulante Therapie ist ein indikatives und optionales
Behandlungsmodul. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht nicht. Voraussetzung für die
Teilnahme an einer „BEAT“ ist die grundsätzliche Abstinenzfähigkeit des Rehabilitanden.
Dieser sollte ohne Rückfall an der Belastungserprobung für ambulante Therapie teilnehmen
können.
38
5.5.3 Ablauf-Controlling (AC), Dokumentation und Qualitätssicherung
Das gesamte Verfahren wird durch ein Ablauf-Controlling (AC) begleitet. Hierzu fungiert ein
Mitarbeiter der Einrichtung als Ansprechpartner, der nicht auch Bezugstherapeut ist. Der
Mitarbeiter steht während des gesamten Behandlungsprozesses als Ansprechpartner und
Ablaufverantwortlicher gegenüber Leistungsträger, -anbieter und Rehabilitand zur
Verfügung. Dieses beinhaltet auch, dass jederzeit eine Transparenz und verbindliche
Auskunft bezüglich der bereits absolvierten „Behandlungsmodule“ und der damit in
Zusammenhang stehenden Zeitkontingente möglich ist.
Im Rahmen der Kombi-Nord erfolgt zur Abstimmung von Diagnostik und Dokumentation
sowie für die Besprechung und Behebung von Schnittstellenproblemen die regelmäßige
Teilnahme an den vierteljährlichen Qualitätszirkeln (QZ). Im Rahmen der Sicherung und
kontinuierlichen Weiterentwicklung der Qualität der Behandlung suchtkranker Menschen
besteht eine Einbindung der DIAKO Nordfriesland gGmbH als Mitglied beim BUSS
(Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.) und somit u.a. die Teilnahme an den
regelmäßigen Treffen unterschiedlicher Qualitätszirkel und Arbeitskreise.
Darüber ist sowohl das Qualitätssicherungsprogramm der Deutschen Rentenversicherung
implementiert, wie auch über die Verbandsrichtlinien des BUSS die Struktur-, Prozess und
Ergebnisqualität der Behandlung verbindlich festgelegt. Hierzu gehören u.a. folgende
Merkmale:
o Einrichtungsvisitationen.
o KTL.
o Peer Review.
o regelmäßige Qualitätszirkel.
5.6 Strukturelle Merkmale der Einrichtung für die Kombi-Therapie
Die strukturellen Merkmale der Einrichtung orientieren sie sich an den Vorgaben der
Kombinationsbehandlung für Abhängigkeitserkrankte in Norddeutschland (Kombi-Nord) im
Rahmen eines gemeinsamen Kombitherapiemodells der drei norddeutschen Rentenver-
sicherungsträger DRV Braunschweig-Hannover, DRV Oldenburg-Bremen und der DRV
Nord.
39
5.7 Vermittlung von nachgehenden Hilfen und Wechsel in ein
anderes Behandlungsmodul
Bei Rehabilitanden erfolgt die Vermittlung in die ambulante Rehabilitation auf der Grundlage
des noch bestehenden Behandlungskontingents von insgesamt 52 Wochen. Wenn z.B.
keine Behandlungswochen mehr zur Verfügung stehen, erfolgt die Beantragung einer
ambulanten Fortführung der Entwöhnungsbehandlung nur in begründeten Einzelfällen. Der
Übergang in ein anderes Behandlungsmodul wird ca. 10-14 Tage vorher dem Kostenträger
angezeigt. Des Weiteren erfolgt die Weitergabe der Statistikblätter 1 und 1 a des
Entlassungsberichtes an den Rentenversicherungsträger.
5.8 Offene Vernetzung und Kooperation nach Außen
Zur Umsetzung einer fachlich fundierten und an den realitätsorientierten Bedürfnissen der
Rehabilitanden angelegten Kombitherapie, erfolgt die Zusammenarbeit sowohl im offenen
Verbund des 2005 gegründeten Suchthilfeverbundes Nord wie auch mit allen anderen
Einrichtungen, die seitens des Rentenversicherungsträger hierzu zugelassenen sind.
6 Strukturelle Merkmale der Einrichtung
Die Adaptionseinrichtung befindet sich in der Kreisstadt Husum in Nordfriesland. Hier finden
sich ausreichend Einkaufsmöglichkeiten sowie Post, Banken, Ärzte, Bücherei, Sportvereine,
Schwimmbäder, Bahnhof sowie verschiedene mittelständische Gewerbe- und
Handwerksbetriebe. Durch die zentrale Lage der Einrichtung können größtenteils alle
öffentlichen Angebote und Institutionen zu Fuß bzw. mit dem Fahrrad erreicht werden.
Husum ist zentraler Ausgangspunkt des öffentlichen Nahverkehrs des Kreises Nordfriesland
und gut integriert in das schleswig-holsteinische und bundesdeutsche Schienennetz.
Als Transportmittel stehen bei Bedarf Leihfahrräder zur Verfügung, im Einzelfall auch
notwendige Fahrdienste.
Die Adaptionsteilnehmer wohnen in hellen, modernen abschließbaren Einzelzimmer-
Appartements mit eigenem Küchen- und Sanitärbereich auf zwei Etagen direkt am
Schlosspark. Für die Erreichbarkeit der oberen Etage steht neben dem Treppenhaus ein
Fahrstuhl zur Verfügung. Jedes Zimmer ist mit einem eigenen Küchenbereich, Telefon und
Fernseher ausgestattet. Auf den Fluren im Wohnbereich sowie im Gemeinschaftsbereich
befinden sich W-Lan bzw. Lan-Zugänge zur Internetnutzung. Zur gemeinschaftlichen
Nutzung stehen im Erdgeschoß zudem eine weitere große Küche mit entsprechender
Ausstattung und ein Gemeinschaftsraum mit Literatur und Fernseher zur Verfügung. Im
40
Erdgeschoss befindet sich ein Wasch- und Trockenraum, im Kellerbereich zudem ein Raum
zur Freizeitgestaltung.
Für die therapeutischen Sitzungen sind im Erdgeschoß zwei angemessen ausgestattete und
große Multifunktionsräume / Gruppenräume vorhanden. Mitarbeiterräumlichkeiten, in denen
auch die Einzelgespräche angeboten werden, liegen im Altbau sowie im Erdgeschoß des
Neubaus. Eine niedrigschwellige und schnelle Kontaktaufnahme zwischen dem
therapeutischen Personal und den Rehabilitanden ist gewährleistet.
Ein von der Straßenseite abgewandter und an den städtischen Park angrenzender
großzügiger Innenhof dient, neben den vielfältigen Angeboten der Stadt und ihrer
Umgebung, weiter der Freizeitgestaltung. Die Anordnung der Anlage ermöglicht geschützte
motorische Aktivität zum Spannungsabbau bei akuten Krisensituationen. Die Möglichkeit der
gesicherten Unterstellung von Fahrrädern u.ä. ist gegeben.
Die Adaption ist mit einem speziellen Schließsystem, die Außentür mit einem Kamerasystem
ausgestattet, so dass grundsätzlich nur der berechtigte Zugang in die Räumlichkeiten
sichergestellt ist.
Außerhalb der regulären Dienstzeiten ist sowohl über Telefon wie auch einen in den
Zimmern installierten Notruf in Krisensituationen sowie Notfällen eine Kontaktaufnahme zur
DIAKO Nordfriesland gGmbH jederzeit möglich. In der DIAKO Nordfriesland gGmbH ist 24
Stunden täglich eine ärztlicher Bereitschaftsdienst und/oder Pflegepersonal erreichbar.
Darüber hinaus kann bei Bedarf ein fachärztlicher Hintergrunddienst und/oder eine
therapeutische Bereitschaft vor Ort eingebunden werden.
Arbeitserprobungen werden wie beschrieben in externen Praktika, der Husumer Insel
(DIAKO NF) und dem Theodor-Schäfer Berufsbildungswerk in Husum durchgeführt. Weiter
besteht durch Anbindung an die Fachklinik für Rehabilitation der DIAKO Nordfriesland
gGmbH die Möglichkeit, Kenntnisse in der elektronischen Mediennutzung zu vertiefen und
an weiteren Bewerbungstrainings o.ä. Angeboten teilzunehmen.
7 Behandlungsteam und -angebote
Die Adaption Husum ist dem Bereich Fachklinik für Rehabilitation in der DIAKO
Nordfriesland gGmbH zugeordnet und untersteht verantwortlich dem Leiter der Fachklinik für
Rehabilitation. Einrichtungsleiter ist ein/e SozialtherapeutIn mit VDR anerkannter
Zusatzausbildung, der/die die Gewährleistung der einzel- und gruppentherapeutischen
Angebote verantwortet.
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Folgendes Personal steht zur Verfügung:
Die Adaption und Nachsorge wird durch einen sucht-medizinisch erfahrenen Arzt für
Psychiatrie und Psychotherapie der DIAKO Nordfriesland gGmbH fachärztlich geleitet. Der
Arzt führt Aufnahmeuntersuchung, Zwischenuntersuchung und Abschlussuntersuchung
durch, beteiligt sich im Rahmen der Teamsitzungen und Fallbesprechungen an der
Therapieplanung, -durchführung und -überwachung. Im Bedarfsfall und zur
Krisenintervention (z. B. bei einem Suchtmittelkonsum) wird ebenfalls ein Arzt der DIAKO
gGmbH hinzugezogen.
Für sonstige fach- oder allgemeinärztliche Behandlungsnotwendigkeiten sind die
Rehabilitanden im Interesse ihrer Wiedereingliederung gehalten, in Absprache mit dem Arzt
der DIAKO Nordfriesland, hausärztliche oder fachärztliche Angebote zu nutzen. Der Arzt ist
ebenfalls verantwortlich für die regelmäßig und unangekündigt veranlassten
Abstinenzkontrollen sowie Abstinenzkontrollen bei Rehabilitanden.
Therapeutische und sozialtherapeutische Gruppen- und Einzelgespräche werden durch
approbierte Psychologische Psychotherapeuten und Ärzte sowie VDR anerkannte
Sozialtherapeuten wahrgenommen. Ziel ist die Verselbstständigung der Rehabilitanden und
ihre berufliche und soziale Integration.
Die erfolgende Konfrontation mit den Anforderungen der abstinenten Alltagsbewältigung, der
berufspraktischen Anforderung, ggf. der Wohnungssuche, Behördenkontakte usw. stellt für
viele Rehabilitanden eine erhebliche Belastung dar.
Die psychotherapeutische Gruppen- und Einzeltherapie begleitet Rehabilitanden in ihrem
Behandlungsprozess, indem sie diese in ihrer Bewusstheit und Reflektionsfähigkeit fördern
möchte. Sie bietet, wo notwendig, positive Korrektiverfahrungen zur Persönlichkeitsentwick-
lung und Nachsozialisation und dient der Verbesserung der emotionalen
Differenzierungsfähigkeit. Sie versucht für den Einzelnen ressourcenaktivierend den
Erlebens- und Ausdrucksspielraum zu erweitern, sowie die Fähigkeiten zur abstinenten und
funktionalen Problem- und Alltagsbewältigung zu verbessern. Sie bietet im Rahmen der
Gruppentherapie eine Basis für Solidaritätserfahrungen, gegenseitige Unterstützung und
alltagspraktische Hilfen und dient letztendlich dem Ziel, die persönliche Souveränität und
somit langfristige Abstinenzstabilität der Rehabilitanden zu fördern.
Für alle Belange der beruflichen und sozialen Rehabilitation (Umgang und
Korrespondenz mit Behörden, Verschuldungsproblematiken, Unterhaltsfragen,
sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Fragen, Vermittlung von Eingliederungshilfen,
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Kontakte zu Wohnungsgesellschaften usw.) besteht die Möglichkeit der sozialen
Beratung und Unterstützung. Hierfür stehen die Mitarbeiter des Sozialdienstes der
Einrichtung und der Fachklinik für Rehabilitation der DIAKO Nordfriesland zur Verfügung.
Weiter werden durch Vermittlung fachspezifische Beratungsdienste (Schuldnerberatung,
Reha- oder Vermittlungsabteilung der Arbeitsämter, Rehafachberatung der Deutschen
Rentenversicherung Bund und Regionalträger der DRV, Bewährungshilfe usw.)
angeboten.
Ziel der Sozialberatung ist die Sicherung und Entwicklung von selbstverantwortlicher
Handlungskompetenz und Handlungssicherheit des Rehabilitanden in seinen sozialen
Belangen, sowie die Entwicklung der größtmöglichen Unabhängigkeit gegenüber
professioneller Hilfe, soweit es im Einzelfall angezeigt und möglich ist.
Sowohl in der Zusammenarbeit mit der Husumer Insel wie auch dem Theodor-Schäfer
Berufsbildungswerk (TSBW) stehen für die Arbeitstherapie und -erprobung Ausbildungsleiter
der jeweiligen Fachabteilungen und Arbeitstherapeuten als Ansprechpartner zur Verfügung.
Für den hauswirtschaftlichen Bereich und die Ernährung wird entsprechend geschultes
Personal vorgehalten.
Der Bereich der Verwaltung, hierzu zählt auch die Abrechnung, Buchhaltung, Technik etc.,
wird überwiegend durch die Zentrale Verwaltung der DIAKO Nordfriesland gGmbH
verantwortet und besetzt.
Das Behandlungsteam besteht somit aus erfahrenen Mitarbeiterinnen folgender Berufs-
gruppen:
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
Psychologische Psychotherapeuten,
Sozialtherapeuten (VDR),
Diplom-Sozialarbeiter/-pädagoge,
Arbeits- und Ergotherapeuten.
Weiter stehen im Rahmen der Teilnahme an den indikativen Angeboten der Fachklinik
für Rehabilitation die zuständigen Therapeutinnen der Therapiemodule anteilig zur
Verfügung. Durch die enge Kooperation mit der DIAKO Nordfriesland gGmbH ist Tag
und Nacht die Möglichkeit zur Krisenintervention gegeben.
43
8 Bürozeiten und Bereitschaft
Mitarbeiter der Einrichtung sind in ausgewiesenen Kernarbeitszeiten von Montag bis Freitag
präsent. Am Wochenende und außerhalb der regulären Dienstzeiten ist jederzeit die
Erreichbarkeit von einschlägig erfahrenen Mitarbeitern der DIAKO Nordfriesland gGmbH
gewährleistet.
9 Kooperationen
Kooperationspartner sind neben diversen externen Praktikumsstellen bei unterschiedlichen
Arbeitsgebern der Region vor allem die Husumer Insel (DIAKO Nordfriesland), die Husumer
Werkstätten, das Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerk, der Handwerkerfond-Suchtkrankheit
und das Diakonische Werk Husum. Weiter besteht eine enge Verflechtung und
Zusammenarbeit mit der DIAKO Nordfriesland gGmbH. Die DIAKO Nordfriesland gGmbH ist
Mitglied der Industrie und Handelskammer Flensburg.
10 Qualitätssicherung und Dokumentation
Die DIAKO Nordfriesland gGmbH ist nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert, die Fachklinik für
Rehabilitation und Adaption nach BAR und DIN EN ISO 9001. Die Struktur-, Prozess- und
Ergebnisqualität der Fachklinik für Rehabilitation wird durch das
Qualitätssicherungsprogramm der Rentenversicherungsträger gewährleistet. Die
Qualitätssicherung der laufenden Behandlungen erfolgt einerseits durch regelmäßige
Fallbesprechungen und fachärztliche Visiten andererseits durch regelmäßig durchgeführte
interne und externe Teamsupervisionen.
Die DIAKO Nordfriesland haben sich zur Aufgabe gesetzt, dem Bereich der Schulung und
Fortbildung ihrer Mitarbeiter breiten Raum und Aufmerksamkeit zu widmen. Fortbildungen
sind intern und extern möglich.
Klinikinterne Fortbildung
Einzelvorträge zu bestimmten Themen
Einzelvorträge im Rahmen ärztlicher Fortbildung
Hausinterne Fachtagungen
Fortbildungen außerhalb der Klinik
Tagesseminare
Wochenend- und Wochenseminare
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Längerfristige Schulungen und Fortbildungen
Zum Beginn eines Kalenderjahres werden Fortbildungswünsche beim jeweiligen
Bereichsleiter eingereicht.
Dem Mitarbeiter bleibt ein weiter Spielraum zur eigenen Schwerpunktsetzung.
Längerfristige Fortbildungen werden ausführlich im Kollegenkreis erörtert und teilweise durch
die DIAKO Nordfriesland finanziell gefördert.
Anhang 1: Wochenplan
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Anhang 2 Arend, H (1994). Alkoholismus. Ambulante Therapie und Rückfallprophylaxe. Belz-Verlag AWMF (2006). Leitlinien: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Register Nr. 076/008). Brueck, R & Mann, K (2007). Alkoholismusspezifische Psychotherapie. Manual mit Behandlungsmodulen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Bürkle, S. (2004). Hrsg.: Nachsorge in der Suchthilfe. Lambertus Verlag, Freiburg
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