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Dominik Skala Urbanität als Humanität
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Dominik Skala

Urbanität als Humanität

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Dominik Skala

Urbanität als Humanität

Anthropologie und Sozialethik

im Stadtdenken Richard Sennetts

Ferdinand Schöningh

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Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der (Erz-)Diözesen Freiburg und Mainz

Umschlagabbildung:

Fernand Leger, La Ville (A. E. Gallatin Collection, 1952)

D25

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich

geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne

vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags nicht zulässig.

© 2015 Ferdinand Schöningh, Paderborn

(Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)

Internet: www.schoeningh.de

Einbandgestaltung: Anna Braungart, Tübingen

Printed in Germany

Herstellung: Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Paderborn

ISBN 978-3-506-78394-3

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1 Einleitung: Zu Themenstellung und Gang der Arbeit . . . . . . . . . 111.1 Die »Stadt« als »locus theologicus« . . . . . . . . . . . . . . . 131.2 Stadt und Person: Richard Sennett als Stadt-Denker . . . . . . . 151.3 Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.4 Sozialethik und Kulturwissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . 25

I Kontextualisierende Erkundungen 31

2 Fokus Philosophie: »Pragmatismus« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.1 Paradigmen pragmatistischer Tradition . . . . . . . . . . . . . . 35

2.1.1 »Interaktion«: Erkenntnis und ihre Vermittlung . . . . . 362.1.1.1 Erkenntniskritik . . . . . . . . . . . . . . . . 372.1.1.2 Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2.1.2 Kontingenz und Solidarität . . . . . . . . . . . . . . . . 422.1.2.1 Kontingenz als Form des Liberalismus . . . . . 432.1.2.2 Sozialer Wandel als Anpassung . . . . . . . . 442.1.2.3 Solidarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2.1.3 Eine »pragmatistische« Ethik? . . . . . . . . . . . . . . 482.1.3.1 Situative und flexible Ethik . . . . . . . . . . . 492.1.3.2 Recht und Menschenrechte . . . . . . . . . . . 50

2.2 Anknüpfungspunkte für die Sennett-Lektüre . . . . . . . . . . . 512.2.1 Widerständigkeit und ethisches Bewusstsein . . . . . . . 52

2.2.1.1 Widerständigkeit des Sozialen . . . . . . . . . 532.2.1.2 Ethische Sensibilität in der Kontingenz . . . . . 54

2.2.2 Spiel und Narration: Pragmatistische Konkretionen . . . 56

3 Fokus Soziologie: »Stadt« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.1 Weber, Simmel, Spengler: Deutsche Stadtsoziologie . . . . . . . 62

3.1.1 Der Idealtyp der Stadt: Max Weber . . . . . . . . . . . . 633.1.2 Die Stadt und die Psyche: Georg Simmel . . . . . . . . . 64

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6 INHALTSVERZEICHNIS

3.1.2.1 Psychologie und Interaktion . . . . . . . . . . 653.1.2.2 Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . 663.1.2.3 Kreativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.1.3 Werden und Vergehen der Stadt: Oswald Spengler . . . . 683.2 Robert Park und die ›Chicago School‹ . . . . . . . . . . . . . . 703.3 Sennettsche Beerbungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

4 Fokus Politische Theorie: »Öffentlichkeit« . . . . . . . . . . . . . . 774.1 Rationalität und öffentlicher Raum: Reflexe der »Vita activa« . . 79

4.1.1 Die »Gesellschaft« zwischen »Dingen undMenschen« . . 814.1.1.1 »Ungreifbarkeit« des Gesellschaftlichen . . . . 824.1.1.2 Intimität versus Konformismus . . . . . . . . . 834.1.1.3 Familiale Regression: »Verhalten« statt »Han-

deln« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844.1.2 Eine normative Idee von »Öffentlichkeit« . . . . . . . . 86

4.1.2.1 Die Allgemeinheit des Öffentlichen . . . . . . 874.1.2.2 Weltbildende Kraft . . . . . . . . . . . . . . . 884.1.2.3 Möglichkeitsraum und Freiheit zur handelnden

Sinnstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904.1.3 Objektivierung von Interessen? . . . . . . . . . . . . . . 914.1.4 Zusammenschau: »Rationalität« als Bedingung und

Bremse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934.2 »teatro mundi« und öffentliche Performativität . . . . . . . . . . 944.3 Lob des Unpersönlichen: Sennetts Öffentlichkeit . . . . . . . . . 96

5 Zwischenfazit: Zu Methode und Anspruch Richard Sennetts . . . . . 995.1 »Verstehen« als Grundmotiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015.2 »Kulturmaterialismus« zwischen Totale und Fragment . . . . . . 1045.3 »Soziologie als Literatur« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

II Paradigma »Stadt«: Exemplarische Rekonstruk-tionen 109

6 »Stadt« als soziale Bühne: »Verfall und Ende des öffentlichen Le-bens« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116.1 Ausgangsdiagnose: »Die Tyrannei der Intimität« . . . . . . . . . 1126.2 Historische Rekonstruktion: Ausdruck als Kommunikation . . . 114

6.2.1 Säkularität und Industriekapitalismus . . . . . . . . . . 1156.2.2 Öffentlicher Ausdruck – Ritual und Konvention . . . . . 1176.2.3 Im Fokus: Die »Persönlichkeit« . . . . . . . . . . . . . 121

6.3 Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1236.3.1 Narzissmus oder: Das Ende des Spielens . . . . . . . . . 125

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INHALTSVERZEICHNIS 7

6.3.2 Triumph des »säkularen Charismas« . . . . . . . . . . . 1286.4 Diskursperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

6.4.1 Jenseits der Intimität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1326.4.2 Narzissmus und Subjektivierung . . . . . . . . . . . . . 134

7 »Stadt« als geplante Begegnungsfläche: »Civitas« . . . . . . . . . . . 1377.1 Rekonstruierende Problemanzeige: »Innerlichkeit« . . . . . . . 139

7.1.1 Der Fluch Augustins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1397.1.2 Stadtplanung, anti-human? . . . . . . . . . . . . . . . . 141

7.1.2.1 Die »christliche Stadt« . . . . . . . . . . . . . 1417.1.2.2 »Gitternetz« und »Neutralisierung« . . . . . . 144

7.1.3 Das »anti-soziale Bauwerk« . . . . . . . . . . . . . . . 1467.2 Exemplarische »Flucht nach ›Außen‹« . . . . . . . . . . . . . . 148

7.2.1 Exil und Entschließung: Hannah Arendt . . . . . . . . . 1487.2.2 Narrative Identität im Fragment: James Baldwin . . . . . 150

7.3 Re-Humanisierung der Stadt: »Selbstpreisgabe« . . . . . . . . . 1527.3.1 Raum und Zeit: Ein Lob des Präsens . . . . . . . . . . . 1527.3.2 Die »Schwäche« der Narration als Stärke des Sozialen . . 155

7.3.2.1 »Anfang« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1567.3.2.2 Konflikt und »Wiedererkennung« . . . . . . . 157

7.3.3 Zusammenschau: Autonomie durch Selbstpreisgabe . . . 1587.3.3.1 Stadt der Konkretion . . . . . . . . . . . . . . 1597.3.3.2 Stadt der Ungewissheit . . . . . . . . . . . . . 1607.3.3.3 Stadt der Empathie . . . . . . . . . . . . . . . 161

8 »Stadt« als körperlicher Interaktionsraum: »Fleisch und Stein« . . . . 1658.1 Ausgangsdiagnose: Schmerz und Passivität . . . . . . . . . . . 1668.2 Exemplarische Rekonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

8.2.1 Athen und der Raum der Demokratie . . . . . . . . . . . 1698.2.1.1 Prinzip »Körperwärme« . . . . . . . . . . . . 1698.2.1.2 Agora und Pnyx: Modelle der Demokratie . . . 1708.2.1.3 »Creating a modern Pnyx«? Demokratie heu-

te . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1748.2.2 Rom und das Ritual des Christentums . . . . . . . . . . 177

8.2.2.1 Der Christ und das Fleisch . . . . . . . . . . . 1788.2.2.2 Der Christ und der Stein . . . . . . . . . . . . 181

8.3 Bleibende Kontingenzen oder: Vom Ursprung und Sinn desSchmerzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

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8 INHALTSVERZEICHNIS

III Systematisierende Konkretionen: Urbanität alsHumanität 189

9 »Charakter« und »Handwerk«: Eckdaten urbaner Selbstbehauptung . . 1919.1 »Charakter« und »ontologische Sicherheit« . . . . . . . . . . . 1929.2 Anthropologischer Ausgang: »Fremdheit« . . . . . . . . . . . . 1969.3 »Flexibilisierung« als Risiko für das »Humane« . . . . . . . . . 1999.4 Aktualisierende Selbsterschaffung: »Handwerk« . . . . . . . . . 203

10 »Respekt« als »Solidarität«: Elemente des Sozialen in ethischer Ab-sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20710.1 »Respekt« als soziale Formatierung von »Charakter« . . . . . . 208

10.1.1 Vom »Respekt« zur »Autonomie« . . . . . . . . . . . . 20910.1.2 »Autonomie« konkret: »Sozialhilfe« . . . . . . . . . . . 211

10.2 »Kooperation« statt »Solidarität« . . . . . . . . . . . . . . . . . 21310.2.1 Gemeinschaft und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 21410.2.2 Kooperation als ›Handwerk des Sozialen‹ . . . . . . . . 21610.2.3 Städtische Modi der Differenz . . . . . . . . . . . . . . 218

10.3 Politische Konkretionen städtischer Humanität . . . . . . . . . . 221

11 Urbanität als Humanität. Zusammenfassende und perspektivierendeThesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

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Vorwort

Richard Sennett finde in der christlichen Sozialethik immer noch zu wenigBeachtung, monierte zum Jahreswechsel 2012/13 anlässlich von dessen 70. Ge-burtstag das »Münsteraner Forum für Theologie und Kirche«1 und verwiesgleichzeitig auf die neueste Monographie Sennetts: »Zusammenarbeit. Wasunsere Gesellschaft zusammenhält«. Die Frage nach den angesprochenen Kri-terien gesellschaftlichen Zusammenhalts wurde mir zum hinreichenden Grund,mich mit dem Werk dieses Denkers genauer auseinanderzusetzen und mich umAnsätze einer ethisch-theologischen Einholung zu bemühen.

Das hier nun vorgelegte Ergebnis dieses Unterfangens wurde im Sommerse-mester 2015 als Inauguraldissertation an der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angenommen. Für die Betreuung und das Erstgut-achten zeichnet Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer verantwortlich. An ihremArbeitsbereich war ich in den vergangenen Jahren als Akademischer Mitarbei-ter beschäftigt und ihrer jederzeit großzügigen Unterstützung ist es zu verdan-ken, dass ich das Promotionsprojekt in überschaubarer Zeit abschließen konnte.Prof. Dr. Magnus Striet hat freundlicherweise das Zweitgutachten übernommen.

Bei der Korrektur der Druckvorlage durfte ich auf die Unterstützung von Han-nah Bohnert und Julia Senner bauen – auch Ihnen danke ich von Herzen. DieVeröffentlichung der Arbeit ermöglichen namhafte Zuschüsse der (Erz-) Diö-zesen Freiburg und Mainz. Auf Freiburger Seite danke ich dem BischöflichenBeauftragten für Hochschulen und Hochschulpastoral, Dr. Karsten Kreutzer. InMainz geht der Dank für die wohlwollende Unterstützung an meinen Heimatbi-schof Karl Kardinal Lehmann.2

Freiburg, im Juni 2015 Dominik Skala

1 Vgl. Münsteraner Forum für Theologie und Kirche. Das Internet-Portal für Theologie imdeutschsprachigen Raum. url: http://www.theologieundkirche.de (besucht am 15. 06. 2015).

2 Karl Kardinal Lehmann verdankt die deutschsprachigen Theologie mit die ersten Hinweise aufdas Werk Sennetts überhaupt. Vgl. Karl Kardinal Lehmann. Neue Zeichen der Zeit. Unterschei-dungskriterien zur Diagnose der Situation der Kirche in der Gesellschaft und zum kirchlichenHandeln heute. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz 26. Bonn, 2005.

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1 Einleitung: Zu Themenstellung undGang der Arbeit

Dass das Großthema »Stadt« in den vergangenen Jahrzehnten mehr denn je zu-vor in das Blickfeld von Sozialwissenschaftler_innen aller Interessensrichtungengeraten ist,1 verdankt sich einer Vielzahl von Gründen:

As the centers of contemporary economic power and influence, cities arenow home to more than half of humanity. They are sites of global connec-tions and interactions across basic lines of cultural and social difference.They reveal new forms of cooperation but also new conflicts. And perhapswhat is most significant in these laboratories of the contemporary world isthat they can reveal the process of making in all its nuances.2

Die nicht nur in diesem Kontext gerne bemühte Rede von der Stadt als einem»Laboratorium« verweist dabei auch auf den experimentellen Charakter vonStadtleben. Die Stadt scheint Begegnungsfläche par excellence für das Mitein-ander von Fremden – hier treffen unterschiedlichste Ansprüche aufeinander:Divergenzen in Kultur, Wirtschaftskraft, politischer Ausrichtung und religiöserÜberzeugungen. Fragen der kulturellen Differenz verweisen dabei auf die Not-wendigkeit einer verständlichen Kommunikation, die ökonomischen Ungleich-heiten werfen – nicht zuletzt durch ihr scharfes Nebeneinander – eine ›SozialeFrage‹ erster Güte auf. Politische und religiöse Gestaltungsansprüche wollen soarrangiert sein, dass ein gesellschaftliches Auskommen möglich ist. In all diesenBereichen spiegeln sich gleichzeitig wirtschaftliche und kulturelle Vernetzungen›von außen‹. Und schließlich – jenseits oder doch gerade im Innersten der großenSachbereiche und ihrer Mechanismen – finden sich Menschen, die ihre Existenzsinnvoll zu gestalten versuchen zwischen expliziten und anonymen gesellschaft-lichen Ansprüchen und individuellen Imperativen von einem ›guten‹ Leben.3

1 Vgl. für die jüngere Vergangenheit und die in der vorliegenden Untersuchung tangierten The-men und Autoren exemplarisch und einführend die Sammelbände Richard Burdett und DeyanSudjic, Hrsg. The endless city. The Urban Age Project by the London School of Economics andDeutsche Bank’s Alfred Herrhausen Society. London, 2010; Richard Burdett und Deyan Sudjic,Hrsg. Living in the endless city. The urban age project by the London School of Economics andDeutsche Bank’s Alfred Herrhausen Society. London, 2011.

2 Craig J. Calhoun, Richard Sennett und Harel Shapira. »Poiesis Means Making«. In: Public Cul-ture 25.2 (2013), S. 195–200, 195 f.

3 Vgl. Gerhard Droesser. »Stadterzählungen. Auf der Suche nach Verstehenskategorien für einekompakte Wirklichkeit«. In: Medienheft Dossier »Städtische Öffentlichkeiten« 17 (2002). url:

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12 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

Dabei ist davon auszugehen, dass es den einen Typ »Stadt« nicht geben kann.Jede Agglomeration behält auch in Zeiten globaler Interdependenzen und öko-nomisch bedingter Nivellierungstendenzen ein charakteristisches Gefüge, dassich aus den verschiedensten geschichtlich-kulturellen Quellen speist. Gleicher-maßen jedoch scheint es thematische Felder zu geben, die so etwas wie einenKern von »Urbanität«4 umreißen. Zu denken wäre neben den artikulierten Dif-ferenzen etwa an die Frage nach einer spezifisch urbanen Form der Konstitutionvon Subjektivität, die sich gerade im Fremden der Stadt vollzieht, oder – damitfreilich zusammenhängend – an Überlegungen zur Notwendigkeit der Gestal-tung eines gemeinschaftlichen und/oder gesellschaftlichen Miteinanders.

Das einende Moment in der Frage nach der »Stadt« als »Laboratorium« kannaber auch aus demBewusstsein um deren quantitative Bedeutung für das GesamtderMenschheit erwachsen.Wenn – freilich als einer nur von vielen – etwaGeorgPfleiderer davon spricht, dass »[d]ie Zukunft der Menschheit im 21. Jahrhundertsich an der Gestaltung ihrer urbanen Lebensformen [entscheidet]« und er in der»Urbanität […] unser Schicksal und unsere Chance«5 sieht, so begründet sichdas sozial, ökonomisch und ökologisch.

Gleichzeitig ist »Stadt«, sieht man von den genannten harten Faktoren des Ge-sellschaftlichen, genauerhin des Wirtschaftlichen und Politischen, ab, immerauch eine kulturell spekulative Größe gewesen, sei es als Gedankenkategorie indystopischer oder Projektionsfläche in utopischer Hinsicht.6 Auch im Hinblick

http : / /www.medienheft . ch /dossier /bibliothek /d17%5C_DroesserGerhard .pdf (besucht am09. 03. 2015).

4 Nicht zu verleugnen ist, dass »›Urbanität‹ […] bekanntlich ein vieldeutiger Begriff [ist]; er schil-lert vor allem zwischen der empirischen und summarischen Beschreibung des modernen Groß-stadtlebens in seiner Vielgestaltigkeit, seiner Diffusität und den Ungleichzeitigkeiten und nichtselten auch Unvereinbarkeiten seiner Lebensformen auf der einen Seite und einer – nicht min-der diffusen und in gegensätzliche Extreme ausschlagenden – wertenden Qualifizierung diesesbehaupteten Integrals der Lebensformen als eines entweder erstrebenswerten oder aber hoch-problematischen Zustands moderner Gesellschaften und des kollektiven Sozialverhaltens ihrerMitglieder auf der anderen Seite. Im Urbanitätsbegriff schwingt ferner ein nicht immer mitge-nanntes Gegenüber mit, von dem her er einen guten Teil seiner Konturen bezieht: das Ländliche,das Rurale als das Traditionale, Kommunitäre, Übersichtliche, das – wenn Urbanität positiv undmodernistisch konnotiert werden soll – entsprechend das Rückständige, Antiliberale, ja Xeno-phobe wäre, bzw. im Falle negativer Konnotierung das Ursprüngliche, Reine, ›Authentische‹.›Urbanität‹ ist vor diesem unklaren Konnotationshintergrund, so scheint es, vor allem als einerhetorische Kategorie zu gebrauchen.« (Georg Pfleiderer. »Urbanität als Zukunft der Universi-tätstheologie. Ein Beitrag zur theologischen Selbstverständigungsdebatte«. In: Universität ohneGott? Theologie im Haus der Wissenschaften. Hrsg. von Helmut Hoping. Freiburg i. Br., Baselund Wien, 2007, S. 205–238, S. 224).

5 Ebd., S. 221.6 Negativ wäre die »Hure Babylon« (vgl. Joh 17–18) als Chiffre für das antike Rom vielleichtdas prominenteste kulturgeschichtliche Beispiel, in zeitlich ›jüngerem‹ Kontext wäre positiv zudenken beispielsweise an die zentrale Ordnungsfunktion der Städte in ThomasMorus’ »Utopia«,vgl. dazu ebd., 228: »[D]as Sozialkonstrukt der europäischen Stadt [wäre] als soziokulturelleUtopie anzusprechen. Der Utopiebegriff ist dabei nicht nur Metapher, denn seine Entstehung ist

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DIE »STADT« ALS »LOCUS THEOLOGICUS« 13

auf die mögliche Artikulation und Konkretion von ›Moderne‹ ist die »Stadt«Scheidungspunkt von Affirmation und Kritik. Als »das Verderben und de[n]Tod des Volkes« ordnete Ferdinand Tönnies – als einer von vielen – »Großstadtund gesellschaftliche[n] Zustand«7 um die Wende zum 20. Jahrhundert ein undsuchte damit den moralisch degressiven Charakter einer ihm zunehmend unper-sönlicher erscheinenden Gegenwart zu dokumentieren. Die hier nur angedeuteteAmbivalenz von »Stadt« zieht sich insofern durch die Jahrhunderte; ihr Bild

oszilliert zwischen einem himmlischen Jerusalem einer modernen Heils-geschichte und demmenetekelnden Babylon fortgeschrittener Unordnungund Uneigentlichkeit, wobei Ersteres heute eher unmerklich, eher prak-tisch und alltäglich daherkommt und die Routinen der entscheidenden Trä-gergruppen des urbanen Lebens widerspiegelt, während Zweiteres offen-bar höhere Aufmerksamkeits- und Informationswerte erzeugt und die Re-flexion des Urbanen in Presse, Funk und Fernsehen bestimmt.8

In der Interpretation von »Stadt« lässt sich also nicht nur ein kulturell schillern-der, sondern auch – hierin wiederum die letztlich nur schwer aufhebbare Verzah-nung von Projektion und Empirie dokumentierend – ein gesellschaftsgeschicht-lich normativ gewordener Anspruch extrapolieren: Mit guten Gründen lässt sichbeispielsweise konstatieren, dass die Lösung des Sozialen »aus den Fesseln un-mittelbarer Reziprozität ganzer Lebensformen und Haushalte« ein dezidiert ur-baner Prozess ist, der »die Moderne und ihre Trägergruppe, das bürgerliche In-dividuum, erst hervorgebracht […] haben«9.

1.1 Die »Stadt« als »locus theologicus«

So nimmt es in dieser Vielgestaltigkeit der Aspekte nicht wunder, dass im Kon-text offenkundig werdender gesellschaftlicher Verschiebungen – wenn auch invergleichsweise geringem Umfang – auch seitens der wissenschaftlichen Theo-logie die Frage nach der »Stadt« immer wieder in den Blick gerät und nach ihrenspezifischen Qualitäten als locus theologicus der Gegenwart gefragt wird. Mitt-lerweile als »Klassiker« gelten darf die Studie des Baptisten Harvey G. Cox mit

seinerseits mit der Heraufkunft des Erfahrungsraums der neuzeitlichen europäischen Stadt engverflochten.«

7 Ferdinand Tönnies.Gemeinschaft undGesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. 8. Aufl.Darmstadt, 1935, S. 250; vgl. auch die weiteren Zitate bei Armin Nassehi. »Fremde untersich. Zur Urbanität der Moderne«. In: Lebensraum Stadt. Eine Vortragsreihe der WestfälischenWilhelms-Universität zur Ausstellung Skulptur. Projekte in Münster 1997. Hrsg. von Ernst Helm-städter. Worte – Werke – Utopien 10. Münster, 1999, S. 143–155, S. 143.

8 Nassehi, »Fremde unter sich«, s. Anm. 7, S. 144.9 Ebd., S. 148.

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14 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

dem Titel »The secular city«10, die auf eine positive christliche Lesart von »Sä-kularisierung« zielte, indem sie diese im Anschluss an Dietrich Bonhoeffer als»Mündigwerden des Menschen« deutete und im »Begriff der Urbanisierung denKontext, in dem sich diese Mündigwerdung vollzieht«11 beschrieb. »Säkulari-sierung« als »echte Konsequenz biblischen Glaubens« begreifend, war es Coxein Anliegen, dieser »nicht zu widerstehen, sondern [sie] zu unterstützen undvoranzutreiben«12, indem er für die Stadt als Freiheitsraum der Moderne eineDifferenzierung der Ebenen des Sprechens über ›Gott‹ anmahnte und somit eineintellektuelle und glaubende Anschlussfähigkeit an eine ausdifferenzierte Wis-senschaftskultur zu ermöglichen suchte.13

Dass eine ›städtische Kultur‹ als dezidiert ›säkulare‹ auch tiefgreifendeKonsequenzen in theologischem Selbstverständnis und äußerer Formatierungkirchlich-institutionellen Selbstvollzugs zeitigen muss, macht unter dem Be-griff der »Selbstbeschränkung« in jüngerer Zeit etwa Knut Wenzel deutlich:»Die Anerkennung der Sphäre der Säkularität, deren Benutzbarkeit geradedurch ihre Unverfügbarkeit ermöglicht wird, erfordert von allen Parteien denDurchgang durch die Lektion der Selbstbeschränkung.«14 In einem solchen Ver-ständnis buchstabiert sich etwa Schöpfungstheologie zu einer Rede von Gottesunbedingter Anerkenntnis menschlichen Freiheitsraumes und sich darin reali-sierender unbedingter Anerkennung des Menschen als eines sich freiheitlichvollziehendem Wesen aus. Im Vollzug dieser Freiheit projiziert ein historischgeneriertes und biblisch bezeugtes Narrativ eine »Lebendigkeitsordnung«15, diedarauf hinweist,

dass es reklamierbare Strukturen und appellierbare Institutionen der ge-rechtigkeitsorientierten Vermittlung zwischen den Menschen und zwi-schen ihren zueinander unverrechenbaren Lebensbedürfnissen gebenmuss – […] nicht als Garantie erfüllten Lebens der Menschen in Ge-meinschaft, aber als notwendige Bedingung hierfür.16

10 Harvey G. Cox. The secular city. Secularization and urbanization in theological perspective.25. anniversary ed., 1. Collier ed. Collier books. New York, 1990; vgl. auch den ›Folgeband‹Harvey G. Cox. Religion in the secular city. Toward a postmodern theology. New York, 1984;der deutsche Titel, »Stadt ohne Gott?«, droht die Pointe von Cox zu unterlaufen, vgl. Harvey G.Cox. Stadt ohne Gott? 6. Aufl. Stuttgart und Berlin, 1971.

11 Cox, The secular city, s. Anm. 10, S. 14.12 Ebd., S. 28.13 Vgl. ebd., 259–288.14 Knut Wenzel. »Gott in der Stadt. Zu einer Theologie der Säkularität«. In: Aufbruch in die Urba-nität. Theologische Reflexion kirchlichen Handelns in der Stadt. Hrsg. von Michael Sievernichund Knut Wenzel. Quaestiones disputatae 252. Freiburg i. Br., 2013, S. 330–389, 353; vgl. auchdie anderen Beiträge in diesem Band.

15 Ebd., S. 365.16 Ebd.

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STADT UND PERSON: RICHARD SENNETT ALS STADT-DENKER 15

Christologie dagegen wird in dieser Lesart zu einer Würdigung der »Welt ausdem Inneren ihrer Selbstvollzüge« und macht aus der Selbstoffenbarung Got-tes in der geschichtlichen Person Jesus von Nazareth das »Anerkanntsein« zueinem »Maßstab der konkreten Lebensvollzüge«17. Die selbstbeschränkende In-tegration dieses Säkularitätsgedankens führt, ekklesiologisch gewendet, zu ei-nem »produktiven, gestaltenden Engagement für die und in der Sphäre der Sä-kularität, denn diese kann als nicht-bestimmte nicht aus eigener Substanz lebenund bedarf der permanenten, aktiv-gestaltenden Sorge all derer, die ihrer bedür-fen«18. Die städtische Kultur ist ein solcher Aktivposten; die »Lebendigkeit derStadt, die sich aus dem Versprechen einer (räumlich, sozial, kulturell) freizü-gigen, selbstbestimmten, genussvollen, wohlstandsproduktiven, inklusiven Le-bensverwirklichung der unbegrenzt Vielen speist«19, wird zu einem Exemplumchristlicher Weltpräsenz.20

1.2 Stadt und Person: Richard Sennett alsStadt-Denker

Mit Richard Sennett (* 1943) gerät in der vorliegenden Arbeit das Werk einesprominenten US-amerikanischen Soziologen in den Blick, der seit vielen Jahr-zehnten den Raum der »Stadt« zum Ausgangangspunkt und Gegenstand seinerBeobachtungen macht.21 Bereits seine frühen historischen Untersuchungen überdie Wechselwirkungen von Arbeit, Familienleben und Gemeinschaft im Chica-

17 Wenzel, s. Anm. 14, S. 371; vgl. dazu auch Pfleiderer, s. Anm. 4, 226: »Erst in der modernenGroßstadt ist die Kontingenz aller sozialen Bindungen des Individuums, ihre Abhängigkeit voneigener Kommunikationsaktivität, damit aber auch ihre prinzipielle Fragilität zur allgemeinenErfahrung geworden.«

18 Wenzel, s. Anm. 14, S. 380.19 Ebd., S. 389.20 Darüber hinaus richtet sich der Fokus theologischer Thematisierungen der »Stadt« bevorzugt

auch auf die konkreten pastoralen Konsequenzen, die eine zunehmende Verstädterung (gera-de auch in nicht-europäischen oder US-amerikanischen Kontexten), ein spezifisch »städtischer«Lebensmodus und auch die damit zusammengehörigen ökonomischen und geistigen Herausfor-derungen mit sich bringen, vgl. dazu exemplarisch aus jüngerer Zeit den Sammelband MargitEckholt und Stefan Silber, Hrsg. Glauben in Mega-Citys. Transformationsprozesse in latein-amerikanischen Großstädten und ihre Auswirkungen auf die Pastoral. Forum Weltkirche 14.Ostfildern, 2014.

21 Zur wissenschaftlichen und persönlichen Biographie Richard Sennetts vgl. einführend Ri-chard Sennett. A Brief Biography. 2008. url: http : / /www . richardsennett . com (besucht am24. 03. 2014); Richard Sennett. Respekt im Zeitalter der Ungleichheit. Aus dem AmerikanischenvonMichael Bischoff. Berlin, 2004;Melissa Benn. »Inner-city scholar«. In: The Guardian (2001-02-03). url: http://www.theguardian.com/books/2001/feb/03/books.guardianreview4 (besuchtam 28. 01. 2015); Armin Pongs. In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Gesellschaftskon-zepte im Vergleich. Gesellschaft X. München, 2000, S. 266; Jürgen Raab. »Sennett, Richard«.In: Metzler Philosophen Lexikon. Von den Vorsokratikern bis zu den Neuen Philosophen. Hrsg.von Bernd Lutz. Stuttgart und Weimar, 2003, S. 667–669; zur breiten Rezeption Sennetts vgl.

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16 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

go der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts22 berühren jene Komplexe, die sichals inhaltliche Leitlinien durch sein gesamtes Schreiben ziehen: »[W]o Men-schen leben und wie Menschen arbeiten.«23 Diese Interdependenz von lokalenund ökonomischen Aspekten und ihre Auswirkungen auf eine (groß-)städtischeKultur setzt sich zunächst fort in der Studie »The Uses of Disorder«24 (1970),die ausgehend von Interviews in amerikanischen Vorstädten eine erste psycholo-gische Interpretation von urbanen Segregationstendenzen unternimmt. Sodannliefert das gemeinsam mit Jonathan Cobb verfasste Werk »The Hidden Injuriesof Class«25 (1972) eine Diskussion über die zunehmenden Fragilitäten des Klas-senbegriffs und die interpretative Auswertung der unter Angehörigen der Arbei-terklasse qualitativ erhobenen Empfindung gesellschaftlicher Missachtung.

In »Verfall und Ende des öffentlichen Lebens«26 (engl. »The Fall of PublicMan«, 1977) unternimmt Sennett schließlich den großangelegten Versuch, diehistorischen und gegenwartsrelevanten Dimensionen der bislang untersuchtenKonstituenten zusammenzuführen und auf das Phänomen der ›Tyrannei der In-timität‹ hin zu interpretieren – eine Konstellation, die sich in der anbrechendenModerne aus der Verschiebung der gesellschaftlichen Sphären von Öffentlich-keit und Privatheit ergibt und deren ordnende Funktion im 20. Jahrhundert voll-ends zu kollabieren droht und entsprechende Rückwirkungen wiederum für Ge-sellschaft und Einzelmensch zeitigt. Die städtische Szenerie ist hier Bedingungund Kulminationspunkt zugleich: Das Zusammenleben unüberschaubar vielerMenschen zwingt historisch gesehen zu einer Neukonfiguration der ordnendenStrukturen und eröffnet gleichzeitig erst jene Begegnungsfläche, auf der sich›Moderne‹ und ›Gegenwart‹ in all ihren Konfliktlinien entfalten.

Auch Sennetts drei in den 1980er-Jahren verfassten Romane nehmen immerwieder die Stadt selbst und die Bedingungen urbanen Zusammenlebens ins Vi-

u. a. Markus Schroer. »Richard Sennett«. In: Aktuelle Theorien der Soziologie. Von Shmuel N.Eisenstadt bis zur Postmoderne. Hrsg. von Dirk Käsler. München, 2005, S. 250–266.

22 Vgl. die Dissertation Richard Sennett. »A Study of Family Life and Social Mobility in the Nine-teenth Century«. Diss. Ann Arbor: Harvard University, 1969; außerdem die damit zusammen-hängenden Publikationen Richard Sennett. »Middle-Class Families and Urban Violence. TheExperience of a Chicago Community in the Nineteenth Century«. In: Nineteenth-century cities.Essays in the new urban history. Hrsg. von Stephan Thernstrom und Richard Sennett. Yale Stu-dies of the City 1. New Haven, 1969, S. 386–420; Richard Sennett. Families Against the City.Middle Class Homes of Industrial Chicago, 1872–1890. Cambridge (Mass), 1970.

23 Richard Sennett. »Kulturmaterialismus«. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 5(2007), S. 585–590, S. 585.

24 Vgl. Richard Sennett. The Uses of Disorder. Personal Identity and City Life. New York u. a.,1992.

25 Vgl. Richard Sennett und Jonathan Cobb. The Hidden Injuries of Class. New York und London,1993.

26 Vgl. Richard Sennett. Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Ausdem Amerikanischen von Reinhard Kaiser. Berlin, 2008; engl. Richard Sennett. The Fall of Pu-blic Man. Cambridge, 1977.

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STADT UND PERSON: RICHARD SENNETT ALS STADT-DENKER 17

sier und versuchen Entwicklungsmöglichkeiten des einzelnen darin zu ergrün-den.27 Die sich 1990 anschließende Studie »Civitas«28 (engl. »The Conscience ofthe Eye«) fokussiert architektonische und städtebauliche Faktizitäten und unter-sucht deren Interaktionen mit dem gesellschaftlichen Leben, ihre Beförderungenund Behinderungen öffentlicher Kommunikation. »Fleisch und Stein«29 (engl.»Flesh and Stone«, 1994) weitet diese Untersuchungen aus und unternimmt ex-emplarische Rekonstruktionen des Verhältnisses und der Wechselbeziehungenvon menschlichem Körper und baulicher Substanz der Stadt; Fragen nach demEinfluss von gelebter Religiosität auf öffentliches Leben finden hier genausoBerücksichtigung wie die Interaktionen von Stadtplanung und dem Leben auföffentlichen Plätzen.

Nachdem Sennett vor allem in den beiden letztgenannten Werken einen starkkulturwissenschaftlich-historischen Zugang bedient, setzt er mit Untersuchun-gen zu Hintergründen und Folgen einer sich immer stärker dynamisierendenund weltweit vernetzenden Ökonomie nochmals einen anderen Ansatzpunkt30:Das Regime eines »flexiblen Kapitalismus«, das er in »Der flexible Mensch«31

(engl. »The corrosion of character«, 1998) und »Die Kultur des neuen Kapita-lismus« (2005) diagnostiziert und interpretiert, zwingt den Einzelnen vor allemaufgrund einer veränderten Zeitstruktur zu einer Neubeschreibung eigener Le-bensplanung. Dezidiert darin eingeschlossen ist auch die Frage nach einer Neu-bewertung des Orts, an dem jeweils dieses einzelne Leben als gesellschaftlichesgestaltet werden soll. So spielt auch hier die Frage nach der »Stadt« eine zentraleRolle, insofern sie gerade jener exemplarische Ort ist, an dem die ökonomischenVerschiebungen eine kritische gesellschaftliche Masse zur gleichen Zeit zu be-treffen drohen.

27 Vgl. Richard Sennett. The frog who dared to croak. NewYork, 1982; Richard Sennett.An eveningof Brahms. London u. a., 1984; Richard Sennett. Palais-Royal. New York, 1986.

28 Vgl. Richard Sennett. Civitas. Die Großstadt und die Kultur des Unterschieds. Aus dem Ameri-kanischen von Reinhard Kaiser. Berlin, 2009; 1992b.

29 Vgl. Richard Sennett. Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation.Aus dem Amerikanischen von Linda Meissner. Berlin, 1995; engl. Richard Sennett. Flesh andStone. The Body and the City in Western Civilization. New York, 1996.

30 Vgl. die Deutung dieses methodischen und inhaltlichen ›Schwenks‹ bei Schroer, »Richard Sen-nett«, s. Anm. 21, S. 261.

31 Vgl. Richard Sennett. Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Aus dem Ame-rikanischen von Martin Richter. 8. Aufl. Berlin, 2010; engl. Richard Sennett. The corrosion ofcharacter. The personal consequences of work in the new capitalism. New York, 1999.

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18 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

Als »Projekt über materielle Kultur«32 betitelt Sennett schließlich sein jüngs-tes und noch unabgeschlossenes33 Unterfangen. Der Band »Handwerk«34 (engl.»The Craftsman«, 2008) versucht auf einer ›pragmatistischen‹35 Ebene mensch-liche Fertigkeiten als auch gesellschaftlich sinnstiftende zu ergründen, während»Zusammenarbeit«36 (engl. »Together«, 2012) in einer vergleichbaren Stoßrich-tung »rituals, pleasures and politics of cooperation« in den Blick nimmt unddamit die Kultur der Stadt als eine dezidiert ›materielle‹ zu verorten sucht.

Was macht nun die Besonderheit dieses Denkens und Schreibens über die Stadtaus? Sich selbst sieht Sennett als »Gesellschaftsessayist«37. Er verbinde, so führter aus, als »eine Mischung aus Robert Musil und Max Weber […] Alltagsge-schichten und soziologische Theorie« und sei dabei getragen von der Überzeu-gung, dass »Schriftsteller die Gesellschaft auf eine sehr spezielle Art undWeise«verstünden. Der Anspruch, der damit formuliert wird, greift weit aus. Jenseits derPfade »formeller Soziologie«38 unternimmt er in dieser ›essayistischen‹ HaltungGrenzgänge in Literatur- und Geschichtswissenschaften, er interpretiert gesell-schaftliche Phänomene im Rahmen psychologischer Konzepte, integriert ethno-logische Forschungen, zeigt sich von Entwicklungen in Technik und Handwerkfasziniert und scheut sich dabei nicht, diese Erkenntnisse auch im Lichte seinereigenen Biographie zu deuten.39

32 Richard Sennett. Handwerk. Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff. Berlin, 2008, 18–26, hier: 25.

33 Zu erwarten ist noch eine Untersuchung zum Thema »Stadtplanung«, womit sich in gewisserWeise der Kreis der im Rahmen der vorliegenden Arbeit behandelten Thematik erst wiederschließt. Erste Ergebnisse und Ideen hat Sennett aber in den vergangenen Jahren schon ver-öffentlicht. Diese werden, wo es ansteht, in die hiesigen Untersuchungen aufgenommen; vgl.dazu insbesondere die historisch orientierten Ausführungen in Richard Sennett. The foreigner.Two essays on exile. London, 2011, Systematisierungsversuche in Richard Sennett. The OpenCity. 2006. url: http : / / v0 . urban - age . net / 0 _ downloads /Berlin _Richard _Sennett _ 2006 -The_Open_City.pdf (besucht am 25. 03. 2014) und die Gegenwartsbeschreibung am Beispiel Is-tanbul in Richard Sennett. »The Hinge City«. In: Living in the endless city. The urban age projectby the London School of Economics and Deutsche Bank’s Alfred Herrhausen Society. Hrsg. vonRichard Burdett und Deyan Sudjic. London, 2011, S. 218–223.

34 Vgl. Sennett, Handwerk, s. Anm. 32; engl. Richard Sennett. The Craftsman. New Haven, 2008.35 Vgl. dazu unten Kapitel 2.36 Vgl. Richard Sennett. Zusammenarbeit. Was unsere Gesellschaft zusammenhält. Aus dem Ame-rikanischen von Michael Bischoff. München, 2012; engl. Richard Sennett. Together. The rituals,pleasures and politics of cooperation. New Haven, 2012.

37 Pongs, s. Anm. 21, S. 271.38 Ebd.39 Vgl. z. B. auch Rolf Dahrendorf. »Bericht der Jury«. In: How I write: Sociology as Literatu-re. Verleihung des Gerda Henkel Preises 2008, 10. November 2008, Kunstsammlung NRW-K21,Düsseldorf = Wie ich schreibe: Soziologie als Literatur. Hrsg. von Richard Sennett. Münster,2009, S. 21–23, 22: »Richard Sennett ist ein Bücherschreiber und zudem einer, der sich zwarSoziologe nennt, aber damit vor allem kundtut, dass er sich nicht in das Gefängnis wissen-schaftlicher Fächer sperren lässt.« vgl. auch Jürgen Kaube. »Gediegendes Handwerk, gute Ge-

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STADT UND PERSON: RICHARD SENNETT ALS STADT-DENKER 19

Man mag einen solchen methodischen Zugang spontan und kritisch anfragen.Es könnte sich mit Blick auf Sennett aber auch lohnen, zunächst jenseits allerFachkritik40 dem Anspruch des ›Essayistischen‹ auch innerhalb der traditionel-len fachwissenschaflichen Kategorisierungen würdigend Raum zu geben. Einesolche Haltung würde das fragende und kritisierende Moment, das »nicht auf al-les eine Antwort besitzt«, legitimieren und jene Denkanstöße positiv aufnehmen,die »den Leser an unvermutete Randzonen«41 führen. Nimmt man in diesem Sin-ne die Fährte auf, scheint der breitgefächerte Zugriff Sennetts auf das Feld der»Stadt« und ihrer Gesellschaft in mindestens zweierlei Hinsicht faszinierend undeiner genaueren Untersuchungwert: Erstens wird dieWeite der integrierten sozi-alwissenschaftlichen, literarischen und philosophischen Aspekte möglicherwei-se der Komplexität des Phänomens »Stadt« in einem nochmals anderem Maßegerecht als eine einzelwissenschaftliche Untersuchung (die dadurch freilich kei-nesfalls ihre Berechtigung und Notwendigkeit einbüßen muss). Zweitens richtetsich der Blick Sennetts immer auch zentral auf die Folgen von urbanen Entwick-lungen in diesem weiten Sinn für den konkreten Menschen, der vor der Fragenach der Sinnhaftigkeit seiner gesellschaftlichen Existenz steht und sich diesein der Alltäglichkeit seines Lebens zu erschließen hat. Dass hier mit der Thema-tisierung von ›Gesellschaft‹ und ›Individualität‹ zwei Größen nicht synthetisiert,aber vermittelt werden sollen, die ohne weiteres auch streng antagonistisch zulesen wären, macht gerade den Reiz und die Herausforderung dieser Auseinan-dersetzung aus. Dies gilt auch insofern, als Sennett die Settings seiner Untersu-chungen dergestalt konfiguriert, dass sich bei aller notwendigen und deutlichenGesellschaftskritik auch ein dezidiert konstruktiver Aspekt immer wieder Bahnbricht: Wie und durch welche Elemente kommunikativer und expressiver Art,so könnte eine in dieser Absicht durch ihn gestellte Leitfrage lauten, könnte dergesellschaftliche Austausch und die zwischenmenschliche Zusammenarbeit ge-stärkt werden? Ob ihm in der Vielfalt undWeite seines Ansatzes tatsächlich eineüberzeugende Klärung der Voraussetzungen für den gesellschaftlichen Zusam-menhalt gelingt – so wie es der deutsche Untertitel seiner letzten Monographie»Zusammenarbeit« suggeriert – soll nicht zuletzt im Rahmen der vorliegendenStudie deutlicher werden.

sellschaft. Ein Sozialphilosoph, der schöne Werte vertritt«. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung(31.12.2012), S. 32.

40 Vgl. zu einigen zentralen Anfragen an die Methode Sennetts unten Kapitel 5.41 So die pointierte Formulierung über den Zwecks des Essays bei Christoph Vratz.ÜberraschendeQuerverbindungen. 2015. url: http://www.swr.de/- /id=15054104/property=download/nid=10748564 / rrb5w4 / index .pdf (besucht am 13. 02. 2015); vgl. vertiefend Theodor W. Adorno.»Der Essay als Form«. In: Noten zur Literatur. Gesammelte Schriften 2. Frankfurt a.M., 1984,S. 9–33.

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20 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

1.3 Ziel und Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit greift die vielfältigen Auseinandersetzungen RichardSennetts mit dem Thema »Stadt« auf und perspektiviert sie insofern, als ver-sucht werden soll, jene ethisch normativen Aspekte freizulegen, die sein Werkinsgesamt prägen. Die leitende These ist dabei, dass die jeweiligen Blickwinkel,die Sennett auf den urbanen Komplex einnimmt, strukturell und inhaltlich Hin-weise darauf geben, welche Anthropologie, genauer vielleicht: welches ›Men-schenbild‹ seinem Denken zugrunde liegt.42 Eine solche Untersuchung scheintaus der Perspektive christlicher Sozialethik vor allem deshalb lohnenswert, weildas – hier noch ganz unspezifisch formulierte – ›Unbehagen‹ an Voraussetzun-gen und Praxis gegenwärtigen städtischen Lebens in Sennetts Diagnose auf daspraktische Selbstverständnis des Menschen selbst zu zielen scheint. Offensicht-lich erkennt er in gewissen gesellschaftlichen Konstellationen kultureller, po-litischer und/oder ökonomischer Art Hinderungsgründe für die Entfaltung derbesten menschlichen Möglichkeiten in individueller und sozialer Hinsicht. So-zialethik christlicher Provenienz ist dankbar für eine solche ›kritische Zeitgenos-senschaft‹ – nicht aus Lust an kulturpessimistischer Krisendiagnostik, sondernaus dem konstruktiven Impuls heraus, dass ihrer Überzeugung nach die mensch-liche Person als »Grund, Träger und Ziel aller gesellschaftlichen Institutionen«43

gelten soll. In dieser Ausrichtung befragt sie gesellschaftliche Strukturen auf ih-re Zwecksetzung hin und unternimmt aus theologischen Motiven heraus eineAufklärungsarbeit zur je gerechteren Gesellschaft hin.44

42 Die Problematik eines allzu unbedachten Rekurses auf ein scheinbar fixes »Menschenbild« istdem Verfasser bewusst. Verwiesen sei exemplarisch auf die Äußerung Friedrich Wilhelm Grafs,der in einem Interview einmal zugespitzt formuliert hat: »Ich lehne die Rede vom ›christlichenMenschenbild‹ als gedankenlos ab. Denn Bilder geben keine Orientierung, sie entstehen viel-mehr, indem wir sie malen. Und Probleme, die im politischen Raum entstehen, lösen wir nichtdurch den Rekurs auf ein Menschenbild, sondern durch rationale Diskurse« (Friedrich WilhelmGraf und Jürgen Wandel. Es gibt keine christliche Politik. 2013. url: http: / /zeitzeichen.net /interview/interview-mit- friedrich-wilhelm- graf/ (besucht am 25. 03. 2015)). Wenn in dieserArbeit dennoch nach den materialen Gehalten eines »Menschenbildes« gefragt wird, dann ge-schieht das aus der Überlegung, dass Sennetts Denken nicht nur auf den explizit »politischenRaum« zielt, sondern vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Perspektive beansprucht, die ihrdiskursives Potenzial wiederum sehr wohl im Aufeinandertreffen differenter ethisch-normativerVorüberzeugungen entfaltet. Dass in einem solchen Diskurs Bilder auch »(neu-)gemalt« werden,ist von dieser Voraussetzung völlig unbenommen.

43 Zweites Vatikanisches Konzil. »Konstitution ›Gaudium et Spes‹ über die Kirche in der Welt vonheute«. In: Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils. Konstitutionen, Dekrete, Erklä-rungen. Lateinisch-deutsche Studienausgabe. Hrsg. von Peter Hünermann. Herders Theologi-scher Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil 1. Freiburg, Basel undWien, 2009, S. 592–749, hier: Nr. 25.

44 Vgl. dazu auch die Ausführungen über »Theologie und Kulturwissenschaft«, unten Ab-schnitt 1.4.

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ZIEL UND GANG DER UNTERSUCHUNG 21

Explizit geht es in der vorliegenden Auseinandersetzung nicht um fachdiszi-plinäre Detailkritiken von Sennetts Ausführungen – diese vermögen Geschichts-wissenschaft, Soziologie und Psychologie präziser zu formulieren. Wo diese be-reits geleistet sind, wird nach bestem Kenntnisstand darauf verwiesen. Auchjene Passagen, in denen Sennett theologie- und kirchengeschichtliche Anlei-hen nimmt und die dem bzw. der in eine spezifische Lesart der Geschichte desChristentums eingeübten Theolog_in ob ihrer kulturwissenschaftlichen Funktio-nalisierung befremdlich und zuweilen auch – möglicherweise berechtigterwei-se – fragwürdig erscheinen mögen, sollen nicht Analyse und Kritik unterzogenwerden. Vielmehr wird zunächst eine – soweit möglich – vorbehaltlose Zusam-menschau angestrebt, aus deren Gesamteindruck heraus dann an verschiedenenPunkten angedockt, erläutert und weitergedacht werden soll.

Diese Auseinandersetzung und Rekonstruktion des anthropologischen und sozi-alethischen Denkens Richard Sennetts kann aber wohl nur dann gelingen, wennman auch die möglichen Grundlagen in den einzelnen Disziplinen zumindestüberblickshaft in das eigene Verständnis zu integrieren versucht. Zuerst geht esdaher – epistemologisch interessiert – um die Frage nach der spezifischen philo-sophischen Qualität, von der der Sennettsche Zugriff auf Welt und Wirklichkeitgeprägt ist. Sodann geht es aber auch um die Art und Weise, in welcher derMensch als interagierendes Wesen diese Beziehung gestaltet, und zwar in sozia-ler, struktureller und materieller Hinsicht. Und schließlich hängt damit auch dieFrage zusammen, in welchem Umfang und mit welcher Ausprägung dieses so-ziale Verhalten in der Organisation von und im Umgang mit ›Öffentlichkeiten‹seinen Ausdruck findet.

Mit Bezug auf Sennett werden diese Überlegungen interdisziplinär herausfor-dernd: Ihn etwa als ›Sozialphilosophen‹ dergestalt zu bezeichnen und lesen zuwollen, dass er seinen Wirklichkeitszugriff allein auf einer theoretischen Ebeneerschließe, würde ihm nicht gerecht. Zu sozialwissenschaftlich gesättigt und ge-schichtlich detailliert sind seine Untersuchungen. Gleichzeitig schreibt er auch– negativ formuliert – wenig systematisch orientiert; der ›narrative‹ Stil seinesSchreibens zielt auf den entwickelnden Nachvollzug und die strukturelle Kon-textualisierung spezifischer Situationen, nicht auf die Bereitstellung von enzy-klopädischen Stichworten. Um aber sein Denken in irgendeiner Weise ›transfer-tauglich‹ zu machen, d. h. eine argumentative Anschlussmöglichkeit – im hie-sigen Falle zum (christlich-)sozialethischen Diskurs – herzustellen, ist es abergeradezu notwendig, diese Denk- und Interpretationsvoraussetzungen systema-tisierend zu erschließen. Es steht also einerseits an, den immer wieder aufblitzen-den Hinweisen von Sennett selbst nachzugehen, aus welchen Richtungen seinDenken und Schreiben Impulse erfahren hat, andererseits aber auch aus demgrößeren Kontext dieser Richtungen auf Momente und Strukturen imWerk Sen-netts zu schließen und zu verweisen, die sich ohne diesen Hintergrund in der

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22 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

Auseinandersetzung mit Sennett in ihrer formalen und semantischen Sinnhaf-tigkeit nicht oder nur sehr ungenau erschließen.

Es geht, diesen vorerst sehr unscharf formulierten Impulsen folgend, im erstenTeil der vorliegenden Arbeit darum, jenen interdisziplinären Hintergrund, der inseinen kalkulierten Wechselwirkungen von philosophischem Zugriff mit sozial-und kulturwissenschaftlicher Empirie gerade Teil von Sennetts Programms zusein scheint, in drei Schritten zu erhellen. Zunächst wird versucht, den ameri-kanischen Pragmatismus als zentrale Schaltstelle für das erkenntnistheoretischeDenken und damit auch für die Motivationen des Forschungssettings Sennetts inrelevanten Aspekten vorzustellen. Dabei geht es sowohl um die erkenntnistheo-retischen Grundanliegen der Pragmatisten des ausgehenden 19. und beginnen-den 20. Jahrhunderts, als auch um den Versuch einer Parallelisierung von Sen-netts sozialer Anthropologie und Richard Rortys Epistemologie der ironischenKontingenz – eine Verbindung, die für die Sennett-Lektüre an dem Punkt inter-essant wird, wenn es darum geht, warum überhaupt und, wenn ja, in welchemModus soziale Interaktion unter den gegebenen Bedingungen der Wirklichkeits-erfahrung stattfinden kann und soll (Kapitel 2).

Sodann wird aus diesen Ergebnissen heraus der Fokus dezidiert soziolo-gisch gewendet, indem an jene Ideengeber und Vorbilder erinnert wird, die demSchreiben Sennetts über den Themenkomplex »Stadt« die entscheidenden Fi-guren geliefert haben. Sennett ist in diesem Kontext von zwei verschiedenenTraditionssträngen fasziniert: einerseits von der spekulativen und deutendenKraft der klassischen ›europäischen‹ Stadtsoziologie um Georg Simmel, Fer-dinand Tönnies und Max Weber, andererseits, davon absetzend, vom Metho-denrepertoire und Differenzierungsvermögen der Chicago School of Sociologyum Robert Park und William I. Thomas, die ihrerseits wiederum nicht ohne denphilosophischen Hintergrund des amerikanischen Pragmatismus zu verstehenist (Kapitel 3).

Ein nächster Schritt bemüht sich um eine vorbereitende Klärung der Verhält-nisse in Bezug auf das Denken des »Öffentlichen« in der Einbettung Sennettsin bzw. in Anschluss an die Konstruktionsversuche der politischen bzw. bür-gerlichen Öffentlichkeit bei Hannah Arendt und Jürgen Habermas. Diese Bezie-hungen, in denen philosophische, soziologische, aber auch gesellschaftliche undpolitische Anliegen ebenfalls nur schwer zu trennen sind, sind für Sennett geradedann entscheidend, wenn er nach der Art und Weise fragt, wie und zu welchemZweck öffentliche Handlungen von Individuen soziale und gesellschaftliche Ak-zeptanz und Legitimation erfahren – in der historischen Situation ihrer Konstitu-tion genauso wie in der Frage nach dem Umgang mit Verhaltensunsicherheitenin der Gegenwart (Kapitel 4).

Aus diesen Überlegungen heraus kann dann schließlich qualifiziert zur wis-senschaftlichen Methode Sennetts Stellung genommen werden. Die Wahl seiner

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ZIEL UND GANG DER UNTERSUCHUNG 23

thematischen Settings und ihre Beurteilung erklärt sich nicht ausschließlich, aberzu einem guten Teil aus den hier entwickelten Grundideen. Die vielfach geäu-ßerte Kritik an fachspezifischen methodischen Schwächen von Sennetts Schrei-ben soll mit dieser Erläuterung zwar nicht gegenstandslos, aber zumindest ver-ständlich gemacht werden, als das Gesamtanliegen Sennetts einer Zielrichtungzu folgen scheint, die die Einzelmethodiken und Anliegen der verschiedenenbeteiligten Disziplinen notwendigerweise transzendieren muss (Kapitel 5).

Auf diese – hier notwendigerweise nur fragmentarisch und auf relevante Aspektehin vorgestellten – Ansätze aufbauend, schließt sich im zweiten Teil der Arbeiteine Rekonstruktion von drei grundlegendenWerken Sennetts an, die jeweils mitverschiedenen Fragestellungen an den Komplex des »Urbanen« herantreten. Das»Städtische« ist dabei zentraler Gesprächspartner für Sennett in vielerlei Hin-sicht. Rein empirisch betrachtet ist die »Stadt« zunächst jener Ort, an dem gesell-schaftliche und subjektivationstheoretische Formations- und Transformations-prozesse der Neuzeit insgesamt, im besonderen aber der Gegenwart in heraus-ragender Weise sichtbar werden. Die Interaktionen von Menschen in und durchihre Gruppierungen werden hier genauso nachvollziehbar wie der Umgang mitgesellschaftlichen Institutionen im psychischen und im physischen Sinn: Politikals zwischenmenschliches Kommunikationsgeschehen hat hier gleichermaßenihren Ort wie ihre bauliche Infrastruktur. Als Zentralstätte menschlicher Kulturist die Stadt darüber hinaus Laboratorium und Versuchsfeld für die ökonomi-sche und psychologische Entwicklung von persönlichen und gesellschaftlichenBeziehungen.

Eben diese Beziehungen aber scheinen für Sennett durch verschiedene Ein-flüsse und strukturell verfestigte Wechselwirkungen in der Gegenwart in ihrerKraft zur Entfaltung eines guten und sinnvollen Lebens angefragt. Die histo-rische Analyse von Ausdrucksformen im gesellschaftlichen Umgang seit dem18. Jahrhundert, wie sie Sennett in »Verfall und Ende des öffentlichen Lebens«vornimmt, führt ihn zu einer recht pessimistischen Diagnose: Gesellschaftlich-keit unter den psychologischen Strukturen der Gegenwart gehorcht einer »Ty-rannei der Intimität« undmacht es daher schwierig, wenn nicht sogar unmöglich,die nötige Distanz einzunehmen, die einer konstruktiven Orientierung nicht nurvon Gesellschaft, sondern des je individuelle Charakters gut anstünde. In derKonsequenz werden Narzissmus und ein an solchen Persönlichkeitsstrukturenorientiertes Charisma zu gesellschaftlichen Leitbildern (Kapitel 6).

Die Monographie »Civitas« greift in ihrer kulturgeschichtlichen Herleitungweiter zurück und fragt nach der Funktion und den Auswirkungen von ausge-führter und spekulativer Stadtplanung und Stadtgestaltung auf gesellschaftlichenUmgang. Der Diskurs wird hier entlang der Überlegung geführt, dass architek-tonische Entscheidungen und Realisierungen eine Konsequenz für Kommunika-tionsprozesse gerade solcher Art haben, die auf einer strukturell eher ›unpersön-

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24 EINLEITUNG: ZU THEMENSTELLUNG UND GANG DER ARBEIT

lichen‹, d. h. ›öffentlichen‹ oder, wie zu zeigen: normativ ›gesellschaftlichen‹Ebene angesiedelt sind. Die Interpretation nun von baulichen Konstellationenreligiöser – durch die verschiedenen Zeiten und konfessionellen Ausprägungen– und profaner Prägung treiben Sennett dazu, für die Stadt als einen Raum der»Selbstpreisgabe« zu plädieren, der die Spannung von Autonomie und gesell-schaftlicher Gebundenheit seiner Bewohner zu wahren und befördern weiß (Ka-pitel 7).

In einem dritten Anlauf vertieft Sennett diese Ausgangslage noch einmal undfokussiert in »Fleisch und Stein« das Verhältnis von gebauter Stadt und mensch-licher Körperlichkeit. Eine besondere Sensibilität voraussetzend, die dem Kör-per als Kommunikationsorgan mit seiner materiellen Umwelt eignet, seziert erkulturgeschichtliche Konstellationen dahingehend, wie sie das Verhältnis zwi-schen dem sich stets als kontingent wahrnehmenden menschlichen Körper undeiner dem gegenüber stehenden politisch und/oder religiös beanspruchten Mate-rialität transzendenter Qualität bestimmen und ausdeuten. Die hier vorgestellteSennettsche Rekonstruktion von antiken und frühchristlichen Unternehmungenvermögen ihm dabei wiederum inhaltliche Hinweise zu geben, wie sich in derStadt der Gegenwart ein Modus des Humanen konstituieren kann: in Form desWiderstands gegen psychologische und physische Tendenzen hin zu Abschot-tung und Kohärenz (Kapitel 8).

Der dritte Teil der Arbeit versucht die Ergebnisse der vorangegangenen Rekon-struktionen aufzunehmen und zeichnet in systematisierender Absicht die Skizzeeiner möglichen Antwort auf die Ausgangsfragen nach ›Anthropologie‹ und so-zialethischer Zielrichtung von Sennetts Denken. Ausgehend von dem Impuls,dass mit denen in Teil II vorgestellten und perspektivierten Reflexionen Sen-netts über die Frage »where people live?« sein Werk keinesfalls abgeschlossenist, werden dabei auch jene Überlegungen Sennetts integriert, die sich im en-geren Sinne auf die Frage »how people work?« beziehen. Aus der Erkenntnis,dass beide Dimensionen letztlich mit Blick auf die normative Grundierung nichttrennbar sind, orientiert sich die Gliederung an Schlüsselbegriffen, die gleicher-maßen in den Kontexten von »Stadt« und ›Arbeit‹/›Arbeitswelt‹ die zentralenAnliegen Sennetts bündeln.

Zunächst lassen sich diese Anliegen mit Bezug auf die einzelne Persönlichkeitaufzeigen und legen so eine Grundorientierung für ein Sprechen über den Men-schen im Sinne Sennetts. Die Idee des »Charakters« dient hier als normierendesLeitmotiv für die Bewältigung von Lebensaufgaben in individueller und sozia-ler Hinsicht. »Charakter« als praxisbezogenes Moment von »Persönlichkeit« istdabei eigener und gesellschaftlicher »Fremdheit« ausgesetzt, die gleichermaßenMöglichkeitsbedingung und Gefährdungsgrund für handelnde Subjektivität ist:Der »Charakter« ist konstituiert durch »Narration«, gefährdet durch »Flexibili-

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sierung« und wiederum rückgebunden und eingebettet durch »handwerkliche«Orientierung (Kapitel 9).

Diese Fragilität von »Charakter« lässt sich mit Sennett allerdings nur dannhinreichend einholen, wenn man auch seine gesellschaftliche Kontextualisie-rung einbezieht. Bildet »Charakter« neben der Fokussierung auf Aspekte des»Persönlichen« auch dessen soziale Beziehungshaftigkeit ab, so findet dieser fürSennett im gegenseitigen »Respekt« sein erhaltendes soziales Korrespondent.Für die Klärung der Motivation eines solchen konstruktiven Gestus gesellschaft-licher Gestaltung ist in diesem Kontext die Bedeutung des »Unpersönlichen« alsEntsprechung zur eigenen »Fremdheit« einzubringen. Hier spielt vor allem dievon Sennett aufgenommene und durchgehend normativ aufgeladene soziologi-sche Distinktion von »Gemeinschaft« und »Gesellschaft« eine Schlüsselrolle,um die Konfliktlinien seines sozialethischen Denkens herauszuheben. Wie sicheine so gedachte Gesellschaftlichkeit politisch denken und teilweise auch um-setzen lässt, wird an Sennetts Sympathie für Europa deutlich: Auch wenn in der,nicht nur deutschen, Binnenperspektive das europäische Sozialstaatssystem inall seiner Vielfalt bleibende Baustelle ist – dem politisch links orientierten US-Amerikaner Richard Sennett ist es in mancherlei Hinsicht ›Sehnsuchtsort‹, vordessen Verdunstung er zu warnen nicht müde wird (Kapitel 10).

Einige Thesen versuchen schließlich, die Ergebnisse der vorliegenden Studieinsofern zu bündeln, als sie aus den vorausgegangenen Überlegungen sowohlÜberhänge benennen als auch einordnendeHinweise zu geben versuchen, inwie-weit Begrifflichkeiten und Konzepte imDenken Sennetts auch in einemweiterenethisch reflektierendenKontext zu verstehen und anzubindenwären (Kapitel 11).

1.4 Sozialethik und Kulturwissenschaft

Wenn die vorliegende Arbeit in den theologischen Kontext eingebracht wird, soscheint die Frage, was die folgenden Ausführungen zu ›theologischen‹ mache,zumindest einige kurze Anmerkungen wert.

Zunächst ist es im akademischen Kontext der Christlichen Sozialethik guteTradition, die Arbeit gerade nicht explizit unter demAttribut ›christlich‹ verorte-ter Denker in ihren semantischen und strukturellen Gehalten wahrzunehmen undfür die eigene Diskurskultur fruchtbar zu machen.45 Eine solche, meist sozialphi-losophische Auseinandersetzung geschieht um des eigenen methodischen undinhaltlichen Selbstvollzugs willen: Aus genuin theologischen Gründen kommt

45 Aus den Qualifikationsschriften der vergangenen Jahre vgl. exemplarisch Franz-Josef Bormann.Soziale Gerechtigkeit zwischen Fairness und Partizipation. John Rawls und die katholische So-ziallehre. Studien zur theologischen Ethik 113. Freiburg (Schweiz), 2006; oder Axel Bohmeyer.Jenseits der Diskursethik. Christliche Sozialethik und Axel Honneths Theorie sozialer Anerken-nung. Forum Sozialethik 2. Münster, 2006.


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