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Cytochemische charakterisierung des sogenannten «freien nucleolus» als proteinkörper in den...

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Botanisches Institut der Universitat Kiel, BRD Cytochemische Charakterisierung des sogenannten «Freien Nucleolus» als Proteinkorper in den Siebelementen von Passiflora coerlllea The «Extruded Nucleolus» in the Sieve Elements of Passiflora coerulea cytochemically characterized as a Protein inclusion RITA OBERHAUSER und RAINER KOLLMANN Mit 10 Abbildungen Eingegangen am 4. Februar 1977 . Angenommen am 18. Februar 1977 Summary The so-called «extruded nucleolus» is an electron opaque inclusion body, about 2-4 ,urn in diameter, occuring in every sieve element of Passiflora coerulea. In some cytochemical staining reactions and enzymatic digestion tests with fresh material as well as with fixed and ultrathin sectioned specimens this inclusion body turned out to consist mostly of basic proteins similar to the so-called P-proteins. This result and the fact that the body was also found in very young sieve elements containing a complete nucleus including a nucleolus revealed that the inclusion body cannot, as described in earlier studies, be identical with a nucleolus extruded during nucleus degeneration. Key words: «extruded nucleolus»> protein inclusion> cytochemistry> Passiflora coerulea. Einleitung Ein charakteristischer Vorgang in der Ontogenie der Siebelernente ist bekanntlich die Degeneration des Zellkernes. Haufig sind wahrend und nach der Kernauflosung in den Siebrohren lichtoptisch sichtbare EinschluBkorper beobachtet worden, die nach Ansicht rnancher Autoren (u. a. ENGARD, 1944; ESAU, 1947; EVERT und MURMANIS, 1965; ENGLEMAN, 1965) bei der Disintegration des Kerns ausgestoBen werden und die daher als «extruded nucleoli» (<<Freie Nucleoli») bezeichnet wurden. In der Regel bleiben diese Korper bis zurn Ende der Siebelernent-Degeneration unverandert erhalten. Kornbinierte licht- und elektronenoptische Untersuchungen an Siebrohren von Passiflora coerulea (KOLLMANN, 1960 a, b) zeigten, daB auch bei dieser Pflanze irn VerI auf der Siebrohren-Differenzierung in raurnlicher und zeitlicher Beziehung zur Kerndegeneration 2-3.urn groBe EinschluBkorper auftreten, die nach den lichtopti- z. Pflanzenphysiol. Bd. 84. S. 61-75. 1977.
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Botanisches Institut der Universitat Kiel, BRD

Cytochemische Charakterisierung des sogenannten «Freien Nucleolus» als Proteinkorper in den Siebelementen von Passiflora coerlllea

The «Extruded Nucleolus» in the Sieve Elements of Passiflora coerulea cytochemically characterized as a Protein inclusion

RITA OBERHAUSER und RAINER KOLLMANN

Mit 10 Abbildungen

Eingegangen am 4. Februar 1977 . Angenommen am 18. Februar 1977

Summary

The so-called «extruded nucleolus» is an electron opaque inclusion body, about 2-4 ,urn

in diameter, occuring in every sieve element of Passiflora coerulea. In some cytochemical staining reactions and enzymatic digestion tests with fresh material

as well as with fixed and ultrathin sectioned specimens this inclusion body turned out to consist mostly of basic proteins similar to the so-called P-proteins. This result and the fact that the body was also found in very young sieve elements containing a complete nucleus including a nucleolus revealed that the inclusion body cannot, as described in earlier studies, be identical with a nucleolus extruded during nucleus degeneration.

Key words: «extruded nucleolus»> protein inclusion> cytochemistry> Passiflora coerulea.

Einleitung

Ein charakteristischer Vorgang in der Ontogenie der Siebelernente ist bekanntlich die Degeneration des Zellkernes. Haufig sind wahrend und nach der Kernauflosung in den Siebrohren lichtoptisch sichtbare EinschluBkorper beobachtet worden, die nach Ansicht rnancher Autoren (u. a. ENGARD, 1944; ESAU, 1947; EVERT und MURMANIS, 1965; ENGLEMAN, 1965) bei der Disintegration des Kerns ausgestoBen werden und die daher als «extruded nucleoli» (<<Freie Nucleoli») bezeichnet wurden. In der Regel bleiben diese Korper bis zurn Ende der Siebelernent-Degeneration unverandert erhalten.

Kornbinierte licht- und elektronenoptische Untersuchungen an Siebrohren von Passiflora coerulea (KOLLMANN, 1960 a, b) zeigten, daB auch bei dieser Pflanze irn VerI auf der Siebrohren-Differenzierung in raurnlicher und zeitlicher Beziehung zur Kerndegeneration 2-3.urn groBe EinschluBkorper auftreten, die nach den lichtopti-

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schen Beobachtungen in Anlehnung an die Ergebnisse von ESAU (1947) als »Freie Nucleoli» bezeichnet wurden. Eine elektronenmikroskopische Untersuchung des Feinbaus dieser Karper lieB Unterschiede erkennen gegeniiber der Feinstruktur von Nucleolen in den Kernen tierischer und pflanzlicher Zellen und fiihrte bereits damals zu der Vorstellung, daB der «Freie Nucleolus» eine sehr weitgehende Veranderung seines Feinbaus erfahren haben muB, und daB es fragwiirdig sein diirfte, ob man ihn iiberhaupt als Nucleolus bezeichnen kann.

Feinstrukturell sehr ahnliche «extruded nucleoli» wurden von MrSHRA und SPANNER (1970) auch in den Siebelementen von Salix cap rea beschrieben.

Untersuchungen zur Ontogenie der Siebrahren einiger holziger Dicotyledonen, in denen die besagten Karper ebenfalls auftreten, veranlaBten DESHPANDE und EVERT (1970), eine Beziehung der Einschliisse zu echten Nucleoli in Frage zu stellen, da sie sehr friih in der Ontogenie der Siebelemente auftreten zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kern noch vollstandig erhalten sein soil. Die Autoren zeigten demgegeniiber strukturelle Beziehungen zum P-Protein auf. Cytochemische Untersuchungen bei den Siebrahren von Xylosma congestum durch ILKER und CURRIER (1975) bestatigten die stoffliche Beziehung zwischen P-Protein und den auch hier vorkommenden Einschliis­sen.

Diese widerspriichlichen Angaben waren der AniaB fiir die vorliegende cytochemi­sche Untersuchung dieses Siebrahren-Einschlusses bei dem uns vertrauten Objekt Passiflora coerulea; hier war der fragliche Karper schlie£lich feinstrukturell erstmals von uns beschrieben worden (KOLLMANN, 1960 b).

Material und Methoden

Die Untersuchungen wurden an internodialen SproBstiicken von Passiflora coerulea In

einer Entfernung bis zu 15 cm von der SproBspitze vorgenommen.

1. Lichtoptische Methoden

Die cytochemischen Untersuchungen wurden an fixierten, 10-15 [lm dicken Paraffin­schnitten, die fluoreszenzmikroskopischen Beobachtungen an frischen Handschnitten durch­gefiihrt. Die Fixierungs- und Eirbeverfahren sind zusammen mit den Ergebnissen in Tab. 1 dargestellt.

2. Elektronenoptische Methoden

Tangentiale SproG-Uingsschnitte wurden in einem Gemisch aus 5 % Glutaraldehyd und 4 % Paraformaldehyd in 0,1 M Cacodylatpuffer, pH 7,2 (variiert nach KARNOVSKY, 1965) bei 0 DC prapariert und 2 h fixiert. Nachfixierung erfolgte iiber 2-15 h in 2 Ofo OS04 (eiskalt). Vor der Entwasserung in Aceton oder Kthanol wurden die Praparate 1 h kontrastiert in 0,50f0igem waGrigem Uranylacetat. Die Einbettung der Gewebe erfolgte in Araldit oder Epon-Araldit. Die Ultradiinnschnitte (REICHERT OM U3) wurden nach REYNOLDS (1963) mit 2 Ofo Uranylacetat und Bleicitrat nachkontrastiert und in einem Siemens-Elektronen­mikroskop 101 untersucht.

3. Enzymatische Methoden

Fiir die Prot eo lyse am Ultradiinnschnitt wurden die Tragernetze mit den Schnitten zu­nachst auf einem Tropfen H 20 2 (10 Ofoig) 10-20 min. entosmiert und nach Abspiilen mit H 20

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Cytoehemie des «Freien Nucleolus» in den Siebelementen 63

bidest. auf einen Tropfen der folgenden Enzymlosungen gelegt (n. GEYER, 1973 und BEHNKE, 1975):

a) 0,1 Ofo oder 10f0 Pronase E (Merek Art. 7433, 70000 PUK) in 0,07 M Phosphatpuffer, pH 7,4, 40 DC, 4-6 h.

b) 0,10f0 oder 0,5 Ofo Pepsin (E.C. 3.4.4.1, 2 X eryst. bovine; Serva, Heidelberg) in 0,1 N HCl, 37 DC, 4-6 h.

e) 0,3 Ofo Trypsin (E.C. 3.4.4.4, 2 X eryst.; Serva, Heidelberg) in Aqua dest., pH 8,0, 37 DC, 5-8 h.

d) 0,3 Ofo a-Chymotrypsin (E.C. 3.4.4.5, 3 X eryst.; Serva, Heidelberg) in Aqua dest., pH 7,8, 25 DC, 5-8 h.

Allen Enzymlosungen wurde als Detergentium 0,5 Ofo Triton X-I00 (Serva, Heidelberg, No. 37238) zugesetzt.

Als Kontrollen wurden jeweils Tragernetze der entspreehenden Sehnittserie auf das reine Losungsmittel des Enzyms gelegt.

Naeh grundliehem Abspulen der Tragernetze mit H 20 bidest. wurden die Schnitte, wie unter 2.2. besehrieben, nachkontrastiert.

Fur die Vorversuehe wurden frisehe Handschnitte mit den oben angegebenen Enzym­losungen behandelt (Pepsin jedoeh nur 0,025 Ofo in 0,1 N HCl) und der Vorgang des enzy­matischen Abbaus im Lichtmikroskop beobachtet.

Ergebnisse

1. Lichtoptische Ergebnisse

Der «Freie Nucleolus» ist in jcdem Siebrohrenglied von Passiflora coerulea licht­optisch als 2-4 f-lm groEer, stark lichtbrechender Korper nachzuweisen (Abb. 1). In jiingeren Siebelementen liegt er im wandstandigen Plasma der Zelle, in den alteren, tonoplastenfreien Elementen befindet er sich entweder in Zellwandnahe oder frei im Zellumen. Haufig tritt der Korper, zusammen mit einer groEen Anzahl von Starke­kornern, in der Nahe der Siebplatte auf. Gelegentlich beobachtet man in aufeinander­folgenden Siebrohrengliedern «Freie Nucleoli» vor und hinter der gemeinsamen Siebplatte (Abb. 4 c).

Zur cytochemischen Charakterisierung der EinschluEkorper wurden Farbungen an Paraffin- und Frischschnitten durchgefiihrt, die auf den Nachweis von Proteinen, Nucleinsauren und Lipiden ausgerichtet waren. Auf den Nachweis von DNA mit Hilfe der FEULGEN'Schen Nuclealreaktion wurde verzichtet aufgrund der bereits vorliegenden negativen Befunde von KOLLMANN (1960 a).

Die Ergebnisse dieser Versuche sind in Tab. 1 zusammengestellt. Sie verdeutlichen, daB der «Freie Nucleolus» (wie auch der Inhalt der Siebporen; vgl. Abb. 2,3 und 4) der Siebrohren von Passiflora coerulea mit verschiedenen protein-spezifischen Farb­stoffen eine deutliche Reaktion zeigt, wah rend die Versuche zum Nachweis von Nucleinsauren und Lipiden zu keinem positiven Ergebnis fiihrten.

Gelegentlich wurden junge Siebelemente gefunden, die auBer dem EinschluBkorper auch noch einen offensichtlich vollstandig erhaltenen Kern mit Nucleolus aufwiesen (Abb.2).

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Fig. 1: Longitudinal section of primary phloem from stem of Passiflora eoeruiea with im­mature sieve element (se), companion cell (ee), and phloem parenchyma cells (pc). "Free nucleolus» (inclusion body ib) within the sieve element cytoplasm. t = tonoplast; spi = sieve plate. X 670.

Fig. 2: Immature sieve element (se) with inclusion body (ib) and nucleus (nc) containing a nucleolus (nel); sieve plate (spl) with P-protein (arrow). Hg-bromphenol blue. X 1250.

Fig. 3: Inclusion bodies (ib) and P-protein (arrow) of mature sieve elements in fluorescence light after staining with Fluram; note P-protein within the pores of the sieve plate (spl). Excitation filter BG 38 and UG 1; Zeiss Photomikroskop. X 640.

Fig. 4 a-c: Fastgreen FCF staining of inclusion body (ib) and P-protein within the pores of the sieve plates (spl); intensi ty of stain diminishes with increasing pH. 4 a: pH 5.0; 4 b : pH 8,0; 4 c: pH 9,1; staining at pH 8,0 points to a basic nature of the protein of the inclusion body. X 800(4a); X 1020(4b); X 960 (4 c).

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2. Elektronenoptische Ergebnisse

2.1. Morphologische Befunde

Die lokale Beziehung des Siebrohreneinschlusses zum P-Protein wird in den elektro­nenoptischen Aufnahmen deutlich. Beide Komponenten - im Lichtmikroskop durch gleiches Eirbeverhalten aufgefallen (Abb. 2, 3, 4) - befinden sich haufig im Bereich der Siebplatten (Abb. 5, 8-10).

Der «Freie Nucleolus» zeigt den bereits von KOLLMANN (1960 b) erkannten para­kristallinen Feinbau: Tubulare Strukturen (Cb ca. 18 nm) sind hexagonal in verschie­den dicken Biindeln dicht gepackt. Die einzelnen Biindel bauen mit unterschiedlicher Ausrichtung den Gesamtkomplex des Korpers auf (Abb. 6 und 10).

In Abb. 6 fallt dariiberhinaus eine strukturelle Beziehung zwischen den Bauele­menten des «Freien Nucleolus» und dem filamentosen P-Protein auf, von KOLLMANN (1960 b) als «Plasmafaden» bezeichnet. Beide Strukturen scheinen unmittelbar in­einander iiberzugehen (Abb. 6; Doppelpfeile).

Was den Zeitpunkt der Entstehung des «Freien Nucleolus» und der Protein-Fila­mente betrifft, so lalh sich vorerst nur feststellen, dag beide Strukturen bereits vor der Degeneration des Zellkerns (s. Abb. 2) und vor der Disintegration der Ribosomen auftreten.

2.2. Versuche mit proteolytischen Enzymen

Nachdem lichtoptische Farbungen den «Freien Nucleolus» als Proteineinschlug bereits naher charakterisiert hatten, sollte dieser Befund auch auf feinstruktureller Ebene bestatigt werden. Versuche zum Abbau des Korpers am Ultradiinnschnitt mit proteolytischen Enzymen dienten diesem Vorhaben.

Zunachst wurde die Wirkungsweise der Enzyme Pronase E, Pepsin, Trypsin und a-Chymotrypsin an frischen Handschnitten lichtoptisch vorausgetestet. Unter dem Einflug von 1 Ofo Pronase E und 0,025 Ofo Pepsin erfolgte eine allmahliche Auflosung des «Freien Nucleolus» (Abb. 7). Ob es sich hierbei urn einen restlosen Abbau des Korpers handelte, war lichtoptisch allein nicht sicher zu klaren.

In Losungen von Trypsin (0,3-10f0) und a-Chymotrypsin (0,3-10f0) wurden die «Freien Nucleoli» sowohl im Frisehschnitt als aueh in fixiertem Material (Dena­turierung der Proteine!) auch nach 2 h Verweildauer in der EnzymlOsung nicht an­gegriffen. Eine elektronenoptische Untersuchung derartiger enzym-vorbehandelter Gewebe-Frischschnitte zeigte, dag lediglich das filamentose P-Protein im Zellumen und in den Siebporen durch Trypsin (nicht durch a-Chymotrypsin!) abgebaut wurde;

Fig. 5: Longitudinal section of primary phloem of Passiflora coerulea with mature sieve element (se) and adjacent parenchyma cell (pc). Inclusion body (ib) and filamentousP-protein (p) at the sieve plate (spl). nc = nucleus; ncl = nucleolus; m = mitochondria; chi = chloro­plasts; v = vacuole. Scale = 1 lim. Fig. 6: Part of inclusion body showing quasi-crystalline aggregates in cross-(arrows) and longitudinal section (arrow heads). Relation between P-protein filaments and inclusion body substructures (double arrows). Scale = 0,1 ,urn.

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Fig. 7 a-d: Successive steps of digestion of the inclusion body in a mature sieve element with 10f0 Pronase E (0.07 M phosphate buffer, pH 7.4); hand section of fresh material. 7 a: Before incubation; 7 b: 23' after incubation; 7 c: 30' after incubation; 7 d: 44' after incubation. X 1250.

Fig. 8: Inclusion body (ib) surrounded by filamentous P-protein (p) at the sieve plate (sp/) of a mature sieve element. Scale = 1 ,urn.

Fig. 9: A sieve element comparable to fig. 8 after treatment with 0.5 Ofo Pepsin (0.1 N HCL, 0.5 Ofo Triton X-lOa, 37°C, 4 h) in ultrathin section. Inclusion body (ib"') and pore content (p".) are completely extracted while the disperse protein filaments (p) are not affected. Scale = 1 ,urn.

Cytochemie des «Freien Nucleolus» in den Siebelementen 69

Fig. I 0: Inclusion body and filamentous P-protein in a mature sieve element after treatment with 0.3 % Trypsin (pH 8.0; 0.5 % Triton X-I 00, 37 DC,S h) in ultrathin section. Only the densely packed P-protein within the sieve pores is digested (arrows). Scale = I .um.

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di..: «Freien Nucleoli» zeigten auch im feinstrukturellen Bereich keine Veranderun­gen. Diese Beobachtungen liel~en zunachst eine Einschrankung cytochemischer Ver­suche am Ultradunnschnitt auf die Enzyme Pronase E und Pepsin sinnvoll erscheinen.

Der Abbau von Zellstrukturen mit Hilfe von Enzymen am Ultradiinnschnitt wurde vor­nehmlich bei Verwendung von wasserloslichen Kunststoffen, z. B. Glykolmethacrylat, be­schrieben (LEDUC und BERNHARD, 1962). Nach MONNERON (1966) ist eine Enzymeinwirkung am Ultradiinnschnitt jedoch auch dann moglich, wenn das Gewebe in ein hydrophobes Me­dium wie Epon eingebettet wurde. In unserem Fall wurden die Versuche an Epon-Araldit­Material durchgefiihrt, mit dem BEHNKE (1975) bereits positive Ergebnisse erzielt hatte.

Pronase E zeigte sowohl in 0,1 Ofo ais auch in 1 Ofo Losung mit und ohne Triton­Zl1satz keine spezifische Wirkung; allenfalls war eine unspezifische - in den Kon­trollschnitten nicht auftretende (d. h. H 20 2 unabhangige) - Bleichwirkung festzu­stcllen.

Erst unter der Einwirkung einer 0,5 Ofoigen Pepsinlosung gelang es, den «Freien Nucleolus» am Ultradunnschnitt restlos abzubauen (Abb. 9). Besonders wesentlich fiir den erfolgreichen AbbauprozeB war der Zusatz von 0,5 Ofo Triton X-lOa; Ver­suche ohne Detergentien verliefen demgegenuber stets negativ.

Zugleich mit dem Abbau des «Freien Nucleolus» wurden auch die dichtgepackten P-Protein Strukturen in den Siebporen durch Pepsin aufgelOst, wahrend die Feiner verteilten Proteinfilamente im Zellumen bemerkenswert unbeeinfll1Bt blieben.

Trotz negativer Vorversuche (s.o.) wurde anhangsweise die Wirkung von Trypsin am Ultradiinnschnitt untersucht. In einigen Fiillen bewirkte dieses Enzym einen Ab­bau des P-Proteins in den Siebporen (Abb. 10). Der «Freie Nucleolus» jedoch wurde dabei selbst nach achtstundiger Inkubationszeit nicht angegriffen.

Der genauere Ablauf der Proteolyse in der Zelle auf feinstruktureller Ebene sollte schIieBlich in folgenden Versuchen studiert werden: Eine Serie von frischen Hand­schnitten wurde zunachst 2 h in Aldehyd bei Raumtemperatur fixiert und dann fur 15-30 min. in Losungen von Pronase E bzw. Pepsin iibertragen. Eine zweite Serie wurde erst nach der Enzyminkubation fixiert. AnschlieBend wurden die beiden Schnittserien fur eine elektronenoptische Untersuchung weiterbehandelt.

Da die Enzyme an den relativ dicken Handschnitten nur uber eine kurze Zeit wirken konnten, wurden in den Ultradunnschnitten je nach Lage des jeweils Ullter­suchten Siebrohrengliedes im Praparat unterschiedlich weit fortgeschrittene Stadicn des Verdauungsprozesses vorgefunden . Die Siebelemente am Praparatrand, in die das Enzym verhaltnismaBig schnell eindringen konnte, erschienen bis auf einige artefiziel­Ie Membranstrukturen vollig leer ; es waren weder die «Freien Nucleoli» noch die sonst fur die Siebelemente charakteristischen Protein-Filamente an den Siebplatten erhalten geblieben.

Etwas weiter zur Praparatmitte hin traten Siebelemente auf, in denen diese Struk­turen nur noch in den Siebporen oder gar nicht mehr zu identifizieren waren. Die EinschluBkorper dieser Zellen sahen in ihren peripheren Bereichen amorph aus, wah­rend ihre Zentren noch die typische Substruktur aufwiesen, was dafur spricht, daB

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die Verdauung dieser Karper von der Peripherie aus nach innen fortSchreitet. Die etwa in der Mitte des Handschnittes gelegenen Siebrahrenglieder schienen von der EnzymlOsung nicht angegriffen worden zu sein; der «Freie Nucleolus» und die Protein-Filamente vor den Siebplatten und in den Siebporen zeigten keinen Unter-. schied zu den entsprechenden Strukturen in den Kontrollschnitten.

Diese Beobachtungen gel ten sowohl flir die mit Pronase E als auch flir die mit Pepsin behandelten Schnitte. Die beiden Praparatserien (Fixierung vor und nach der Enzyminkubation, s.o.) unterschieden sich lediglich darin, da~ die Praparate, die vor der Enzyminkubation fixiert worden waren, eine bess ere Strukturerhaltung auf­Wlesen.

Der Verdauungsproze~ am frischen Handschnitt scheint also so abzulaufen, da~ zunachst die locker angeordneten Filamente vor den Siebplatten und dann die dichter gepackten in den Siebporen abgebaut werden, wahrend der EinschluBkorper am schwierigsten angreifbar ist. Diese Reihenfolge konnte letztlich auch flir die Wirkung des Trypsins am Frischschnitt geltend gemacht werden. Zur umgekehrten Wirkung der Enzyme am Ultradlinnschnitt siehe S. 70 und «Diskussiol1» (S. 73).

Mit Hilfe der proteolytischen Enzyme gelang also der eindeutige Nachweis, da~ der «Freie Nucleolus» der Siebelemente von Passiflora coerulea aus Proteinen be­steht. Da der vollstandige Abbau dieses Korpers moglich ist, kann in Obereinstim­mung mit den lichtoptischen Befunden die Beteiligung anderer Komponenten wie beispielsweise Lipide ausgeschlossen werden (vgl. BEHNKE, 1975).

Diskussion der Ergebnisse

Der sog. «Freie Nucleolus» der Siebelemente von Passiflora coerulea la~t sich mit Hilfe verschiedener cytochemischer Reaktionen in Obereinstimmung mit ver­gleichbaren Siebrohren-Einschllissen bei anderen Pflanzen als parakristalliner Protein­korper identifizieren.

Die Anwesenheit von Ribonucleinsaure konnte weder mit der Methylgriin-Pyronin­Farbung noch mit dem Fluoreszenzfarbstoff Acridinorange, des sen Reaktion zu den empfindlichsten Nachweisen flir Nucleinsauren gehort, gezeigt werden. Auch die Reaktion Zum Nachweis von Lipiden, die sehr haufig zusammen mit Protein en auf­treten, verlief mit dem Fluorochrom Nilblau negativ.

Aile hier angewandten Protein-spezifischen Farbstoffe flihrten dagegen zu einer intensiven Farbung des «Freien Nucleolus». Die Quecksilber-Bromphenolblau-Far­bung nach MAZIA et al. (1953), die vielen Autoren zum Nachweis des Proteincharak­ters der Siebrohreneinschllisse anderer Pflanzen diente (u. a. CRONSHA wand ESAU, 1967 a, 1968; EVERT et al., 1969) flihrte auch in der vorliegenden Arbeit zu einem positiven Ergebnis.

Die Fastgreen-Farbung nach ALFERT und GESCHWIND (1953) ist eine spezifische Nachweisreaktion flir basische Proteine. Der saure Farbstoff reagiert mit den positiv geladenen Seitengruppen der Proteine. Eine positive OberschuBiadung im sauren Me-

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dium muihe daher zu einer besonders intensiven Farbung derartiger Proteine fiihren

(vgl. Abb. 4 a). Mit steigendem pH nimmt die Intensitat der Farbung erwartungs­

gemaB ab (Abb. 4 b, c). Da bei der Fastgreen-Farbung alle Proteine erfaBt werden,

deren isoelektrischer Punkt (IEP) oberhalb des pH-Wertes der FarblOsung liegt (vgl. auch RUTH MANN, 1966), zeigt dieser Versuch, daB das Protein des EinschluBkorpers

der Passiflora-Siebrohren ein basisches Protein ist, dessen IEP wahrscheinlich etwas

oberhalb von pH 9,1 liegt; bei diesem pH-Wert lieB sich der Korper noch schwach

griin anfarben1). Dieses Ergebnis stimmt iiberein mit den Befunden von BEYENBACH

et al. (1974) zur Basizitat des Lysin-reichen P-Proteins im Phloem-Exsudat von

Cucurbita maxima.

Unser Befund steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben von ILKER und

CURRIER (1975), wonach bei Xylosma P-Protein und SiebrohreneinschluB aus sauren Proteinen bestehen sollen. Ob es sich hierbei tatsachlich urn objektspezifische Unter­

schiede handelt, muB zunachst durch weitere Vergleiche mit anderen Pflanzen ge­

priift werden.

Der iiberzeugendste Beweis dafiir, daB der «Freie Nucleolus» aus Protein besteht,

konnte durch die Versuche mit proteolytischen Enzymen erbracht werden.

Pronase E und Pepsin, Enzyme mit einem sehr breiten Wirkungsspektrum, ver­

mochten den EinschluBkorper und das Phloem protein in frischen und Aldehyd-fi­

xierten Schnitten vollig zu verdauen, was durch eine anschlieBende elektronenoptische Untersuchung iiberpriift wurde. Zum gleichen Ergebnis kamen YAPA und SPANNER

(1972), die die Proteinnatur des fibrillaren Materials in den Siebrohren von Tetra­gonia und Lycopersicum durch Abbau mit Pronase, Protease und Pepsin nachwiesen .

Den unvollstandigen Abbau der Proteinfilamente durch Trypsin erklarten diese

Autoren damit, daB das saure P-Protein von Tetragonia kaum Arginin und Lysin enthalt, deren Bindungen bevorzugt vom Trypsin angegriffen werden sollen. Enzym­

cytochemische Untersuchungen an ultradiinnen Glykolmethacrylatschnitten fiihrten auch bei Y APA und SPANNER - unseren Befunden entsprechend - nur bei Verwen­dung von Pepsin zu einem positiven Resultat.

Da die Wirkung der Enzyme am eingebetteten Material weniger effektiv ist als bei Verwendung von Frischschnitten, muB angenommen werden, daB der Kunststoff die Proteolyse behindert, auch wenn er, wie in den Untersuchungen von YAPA und SPANNER (1972), wasserloslich ist. Nach MONNERON (1966) ist die Wasserloslichkeit

des Einbettungsmediums nicht entscheidend, da es sich bei der Enzymwirkung wahr­scheinlich nicht urn ein Eindringungsphanomen handelt, sondern urn eine Reaktion an der OberfJache des Schnittes. Das wiirde den Befund erklaren, wonach eine Ver­

dauung am Ultradiinnschnitt auch bei der Verwendung hydrophober Kunststoffe grundsatzlich moglich ist.

WRISCHER (1967) wies an Araldit-Schnitten nach, daB die kristallinen Einschliisse

im Plastidenstroma des Blattparenchyms von Phaseolus vulgaris aus Proteinen be-

1) Zur vernachHissigten TCA-Behandlung vgl. S. 65.

Z. Pjlanzenphysiol. Bd. 84. S. 61-75. 1977.

Cytochemie des «Frcien Nucleolus» in den Siebelementen 73

stehen. Die Kristalle wurden mit Pepsin vallig verdaut, wahrend Trypsin eine ge­ringere Wirkung zeigte und Ribonuclease nur zu einer Aufhellung der Schnitte fiihrte.

Eine neuere Untersuchung, bei der Epon-Araldit-Schnitte verwandt wurden, liegt von BEHNKE (1975) vor. Die Protein-Kristalloide, die in den Siebrahrenplastiden vieler Samenpflanzen auftreten, wurden im Ultradunnschnitt durch Pepsin vollstan­dig abgebaut. Auch hier wirkte Trypsin deutlich schwacher, und mit a-Chymotrypsin erfolgte keine Reaktion. Es fiel auf, dag gragere Kristalloide offensichtlich leichter als kleinere abgebaut werden konnten, und daB die ringfarmigen Filamentbundel, die die kristallinen EinschlUsse umgeben, von keinem der drei Enzyme angegriffen wurden. BEHNKE erklart diese Beobachtung in Anlehnung an MONNERON und BERNHARD (1966) damit, dag die sehr feinen (50-70 A im Durchmesser, locker angeordneten Filamente, die uberall vom hydrophoben Einbettungsmedium umgeben sind, die Wirkung der Enzymlasung erschweren, wahrend die dichte Packung der Protein-Filamente in den Kristalloiden dem Enzym im Ultradunnschnitt eine gragere

Angriffsflache bietet. Diese Interpretation kann auch fur die Wirkung des Pepsins am Ultradunnschnitt

der Passiflora-Siebrahren diskutiert werden: Die Reaktion mit dem Enzym erfolgte hier im Bereich des kristalloiden Karpers und an den Stellen, an den en das P-Protein besonders dicht gelagert ist, namlich in den Siebporen und direkt ober- und unterhalb der Siebplatte. Das dispers verteilte P-Protein, das weiter von der Siebplatte ent­fernt liegt, wurde dagegen nicht abgebaut.

Der umgekehrte Weg wurde bei der Verdauung am Handschnitt deutlich: Hier wurden erwartungsgemaB zunachst die feinen Protein-Filamente von den abbauenden Enzymen erreicht.

Die Wirkung des Trypsins war wie in den Untersuchungen von WRISCHER (1967), YAPA und SPANNER (1972) und BEHNKE (1975) weitaus schwacher als die des Pepsins. 1m fixierten Handschnitt wurden die Phloemprotein-Filamente, im Ultradunnschnitt gdegentlich das dicht gelagerte P-Protein in den Siebporen verdaut. Der «Freie Nucleolus» wurde jedoch selbst nach langen Inkubationszeiten weder im nativen noch im fixierten Zustand angegriffen. Da Trypsin die Lysin- und Arginin-Bindungen spahet, ware nach den cytochemischen Ergebnissen (s. S. 65 u. 72) eine gragere Wir­kung dieses Enzyms zu erwarten gewesen. 1m fixierten Praparat konnen eventuelle Trypsin-Inhibitoren und eine die Enzymwirkung behindernde intakte Raumstruktur fur die Unzuverlassigkeit der Reaktion nicht verantwortlich gemacht werden. Eine Deutung der Befunde mug vorerst offen bleiben.

Neben den gravierenden Unterschieden im Feinbau des «Freien Nucleolus» und der Nucleoli in den Kernen anderer Zellen, auf die schon KOLLMANN (1960 b) hin­gewiesen hatte, und neben den cytochemischen Ergebnissen spricht noch ein weiterer Befund dagegen, dag der Einschlugkorper der Siebrohren von Passiflora coerulea ein bei der Kerndegeneration freiwerdender Nucleolus ist. Wie bereits erwahnt wurde, konnten in den Paraffinschnitten zuweilen junge Siebelemente gefunden werden, die auBer diesem Karper auch einen intakt aussehenden Kern mit Nucleolus enthielten

Z. Pflanzenphysiol. Rd. 84. S. 61-75.1977.

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(Abb. 2). Die gleiche Beobachtung machten auch DESHPANDE und EVERT (1970) an den Siebrohren anderer Dicotyledonen; auch sie folgerten daraus, dag diese Struk­turen nicht mit den Nucleoli identisch sein konnen.

Enzym-Versuche und die morphologischen Befunde zeigen dagegen eine deutliche Beziehung zwischen Phloemprotein und EinschluBkorper. Es ist daher anzunehmen, dag es sich auch bei dieser Struktur urn eine besondere Form des P-Proteins -«Phloem-Protein Body» - (ESAU and CRaNsHAw, 1967; CRaNsHAw and ESAU, 1967, 1968 u. a.) handelt.

WERGIN und NEWCOMB (1970) stellten in den Siebelementen von Glycine max

P-Protein-Kristalloide fest, deren tubulare Feinstruktur der der Einschlugkorper von Passiflora sehr ahnlich ist. Auch in der Ontogenie der Siebrohren von Glycine max gab es keinen Hinweis auf eine Beziehung der Kristalloide zu Kernkorperchen.

Die lichtoptischen Untersuchungen von ILKER und CURRIER (1975) ergaben schlieg­lich, dag die Einschlugkorper der Siebrohren von Xylosma congestum eben falls keine «Freien Nucleoli», sondern eine besondere Form des angeblich sauren P-Proteins darstellen. Nucleinsauren, Kohlenhydrate und Lipide konnten auch hier mit verschie­denen cytochemischen Methoden nicht nachgewiesen werden.

Nach den hier vorliegenden Ergebnissen erscheint es sinnvoll, den Siebrohrenein­schlug von Passiflora coerulea nicht langer als «Freien Nucleolus», sondern als Proteinkorper zu bezeichnen. Dieser Begriff hat zudem den Vorteil, dag er nur die inzwischen wohl unbestrittene chemische Natur dieses Korpers zum Ausdruck bringt, ohne damit eine Festlegung auf seine Herkunft und Funktion vorwegzunehmen. Es soli nicht ausgeschlossen werden, dag im Faile des Vorkommens von intranuclearem

P-Protein bei anderen Arten (EVERT and DESHPANDE, 1970) bei der Kerndegeneration die gelegentlich beschriebenen Extrusions-Vorgange auftreten.

Unser besonderer Dank gilt Frau CH. GLOCKMANN fur bewiihrte Mitarbeit. Frau Dr. I. DORR und Herrn Dr. habil. J. LEHMANN danken wir fur anregende Diskussion.

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Prof. Dr. RAINER KOLLMANN, Dipl.-Biol. RITA OBERHAUSER, Botanisches Institut der Uni­versitat Kiel, Lehrstuhl II , Dusternbrooker Weg 17, D-2300 Kiel.

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