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CIRS-AINS Spezial: Partikelkontamination nach dem Aufziehen von Arzneimitteln – Ein relevantes,...

Date post: 03-Jan-2017
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PATIENTENSICHERHEIT CIRS-AINS Spezial: Partikelkontamination nach dem Aufziehen von Arzneimitteln — Ein relevantes, aber lösbares Problem Fremdkörper in intravenös zu ver- abreichenden Medikamenten stellen ein potentielles und im täglichen Umgang mit Arzneimitteln meist vernachlässigtes Risiko dar. Bei die- sen Fremdkörpern kann es sich zum Beispiel um Verunreinigungen der Produktion oder Verpackung, Eintra- gungen aus Glas oder Ausstanzungen aus Gummiverschlussstopfen handeln. Im September 2011 gab das Krankenhaus-CIRS-Netz Deutsch- land einen Alert heraus, nachdem im Netzwerk CIRSmedical.de mehrfach über Gummistanzen in Infusionslösun- gen berichtet wurde. Der Fachbeirat von CIRSmedical.de veröffentlichte zusammen mit dieser Meldung einen ausführlichen Fachkommentar, in dem auf die begünstigenden Faktoren zur Entstehung von Gummistanzen und mögliche Vermeidungsstrategien eingegangen wurde. [1] Aufgrund einer Häufung von Mel- dungen über Verunreinigungen mit Partikeln im CIRS-AINS - dem bun- desweiten Ereignis-Meldesystem für sicherheitsrelevante Ereignisse in der Anästhesie, Intensivmedizin, Notfall- medizin und Schmerztherapie - wurde eine erneute Analyse aller Fälle (Fallnr. 1553, 1572, 1577, 2558, 2781, 10158, 31078, 31080, 31844, 36339) und Literaturrecherche durchgeführt. Die Problematik der Kontamination mit Glas- oder Gummipartikeln wird seit langem in der Literatur beschrie- ben. Eine umfassende Analyse der bisher bekannten Ursachen sowie eine kritische Betrachtung der emp- fohlenen Vermeidungsstrategien sind bisher jedoch noch nicht erfolgt. Unser Ziel war es daher, die verschie- denen Erkenntnisse zusammen zu führen, Handlungsempfehlungen zu erstellen und so zu einer nachhaltigen Verbesserung der Patientensicherheit beitragen zu können. Verunreinigungen mit Gummipartikeln In den vergangenen Jahrzehnten sind mehrere Artikel [2—6] veröffent- licht worden, die sich zu möglichen Entstehungsmechanismen der Gum- mistanzpartikel und zu Präventivmaß- nahmen äußern. Als begünstigende Faktoren wurden darin angeführt: a) Nadelart (scharf/ stumpf) und -größe b) Gummibeschaffenheit c) Elastizität/Temperatur der Gum- mimembran d) Stichtechnik Da diese Zusammenhänge von an- deren Autoren verneint wurden [7], besteht über die genaue Ursache der Ausstanzungen weiterhin Uneinigkeit. Insbesondere die Sicherheit durch Verwendung von stumpfen Aufzieh- kanülen wird wiederholt in Frage gestellt. So wird in einer Kasuistik davon berichtet, dass es bei einem 16 Monate alten Kleinkind zu einer Beinahe-Embolisation durch eine Gummistanze kam, welche nach in- itial unauffälligem Narkoseverlauf während einer Bolusgabe aus der Spritze durch die Perfusorleitung in das distale Ende des 24G Venenver- weilkatheters gespült wurde. [5] Auf- grund eines vollständigen Verschlusses des Lumens kam es zu einem Druck- alarm am Perfusor. Zum Aufziehen des Medikaments wurde in diesem Fall eine stumpfe Aufziehkanüle ver- wendet. Um herauszufinden, in wie weit die Industrie sich der Problematik be- wusst ist und ob Gummiverschlüsse bestimmter Hersteller besonders an- fällig für Ausstanzungen sind, wurden über das Ärztliche Zentrum für Qua- lität in der Medizin (ÄZQ) sechs Phar- mahersteller kontaktiert die Propofol und/ oder Remifentanil in mit Gum- mistopfen verschlossenen Ampullen anbieten und um eine Stellungnahme zu folgenden Fragen gebeten: 1. Welche Gummimischun- gen/Gummisorten von welchem Lieferanten verwenden Sie? 2. Ist Ihnen ein Zusammenhang zwi- schen unterschiedlicher Gummibe- schaffenheit und der Entstehung von Stanzen bekannt? 3. Wie viele und welche Lieferanten verkaufen die Gummimischungen für die Membranen der Durch- stechampullen? Da eine gängige klinische Praxis darin besteht, Propofol über einen Bakte- rienfilter aufzuziehen, dies gemäß Fachinformation jedoch nicht er- folgen darf, wurde des Weiteren gefragt: 4. Warum ist die Verwendung eines Bakterienfilters gemäß Herstel- lerangaben beim Aufziehen von Propofol in eine Spritze nicht erlaubt? 5. Was ist die kleinste Filtergröße, mit der Propofol eventuell aufge- zogen werden dürfte? Vermutete Ursachen zur Partikelentstehung Die Antworten der Pharmaherstel- ler erbrachten keinen Hinweis auf gemeinsame Ausgangsbedingungen (z. B. Verwendete Gummimischung, Elastizität des Gummis, Lieferant etc.), die einen Ansatz für weitere Untersuchungen geboten hätten. Alle Hersteller verwenden Stopfen, die gemäß Europäischem Arznei- buch (Pharmacopoea Europaea, Ph. Eur.) getestet wurden. Das Eu- ropäische Arzneibuch beinhaltet einen Abschnitt, der die Prüfung von ,,Gummistopfen für Behältnisse zur Aufnahme wässriger Zubereitungen zur parenteralen Anwendung, von Pulvern und von gefriergetrockneten Pulvern‘‘ [8] definiert. Hierbei wer- den zwölf Gummistopfen jeweils vier Mal an unterschiedlichen Stellen mit Kanülen (0,8 mm Außendurchmesser) durchstochen. Bedingung für die Zu- lassung der Gummistopfen ist: Bei den 48 Durchstechungen dürfen nur fünf mit dem bloßen Auge sichtbare Ausstanzungen (>50 m) entstehen. Elastizität der Gummimembran Einzelne Autoren vermuten, dass die Elastizität der Gummimembran 352 Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2013) 107, 352—355 http://journals.elsevier.de/zefq
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and einen Alert heraus, nachdem imetzwerk CIRSmedical.de mehrfachber Gummistanzen in Infusionslösun-en berichtet wurde. Der Fachbeiraton CIRSmedical.de veröffentlichteusammen mit dieser Meldung einenusführlichen Fachkommentar, inem auf die begünstigenden Faktorenur Entstehung von Gummistanzennd mögliche Vermeidungsstrategieningegangen wurde. [1]ufgrund einer Häufung von Mel-ungen über Verunreinigungen mitartikeln im CIRS-AINS - dem bun-esweiten Ereignis-Meldesystem füricherheitsrelevante Ereignisse in dernästhesie, Intensivmedizin, Notfall-edizin und Schmerztherapie - wurde

ine erneute Analyse aller FälleFallnr. 1553, 1572, 1577, 2558, 2781,0158, 31078, 31080, 31844, 36339)nd Literaturrecherche durchgeführt.ie Problematik der Kontaminationit Glas- oder Gummipartikeln wird

eit langem in der Literatur beschrie-en. Eine umfassende Analyse derisher bekannten Ursachen sowieine kritische Betrachtung der emp-ohlenen Vermeidungsstrategien sindisher jedoch noch nicht erfolgt.nser Ziel war es daher, die verschie-enen Erkenntnisse zusammen zuühren, Handlungsempfehlungen zurstellen und so zu einer nachhaltigenerbesserung der Patientensicherheiteitragen zu können.

erunreinigungen mitummipartikeln

n den vergangenen Jahrzehnten sindehrere Artikel [2—6] veröffent-

icht worden, die sich zu möglichen

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Entstehungsmechanismen der Gum-mistanzpartikel und zu Präventivmaß-nahmen äußern. Als begünstigendeFaktoren wurden darin angeführt:

a) Nadelart (scharf/ stumpf) und-größe

b) Gummibeschaffenheitc) Elastizität/Temperatur der Gum-

mimembrand) Stichtechnik

Da diese Zusammenhänge von an-deren Autoren verneint wurden [7],besteht über die genaue Ursache derAusstanzungen weiterhin Uneinigkeit.Insbesondere die Sicherheit durchVerwendung von stumpfen Aufzieh-kanülen wird wiederholt in Fragegestellt. So wird in einer Kasuistikdavon berichtet, dass es bei einem16 Monate alten Kleinkind zu einerBeinahe-Embolisation durch eineGummistanze kam, welche nach in-itial unauffälligem Narkoseverlaufwährend einer Bolusgabe aus derSpritze durch die Perfusorleitung indas distale Ende des 24G Venenver-weilkatheters gespült wurde. [5] Auf-grund eines vollständigen Verschlussesdes Lumens kam es zu einem Druck-alarm am Perfusor. Zum Aufziehendes Medikaments wurde in diesemFall eine stumpfe Aufziehkanüle ver-wendet.Um herauszufinden, in wie weit dieIndustrie sich der Problematik be-wusst ist und ob Gummiverschlüssebestimmter Hersteller besonders an-fällig für Ausstanzungen sind, wurdenüber das Ärztliche Zentrum für Qua-lität in der Medizin (ÄZQ) sechs Phar-mahersteller kontaktiert die Propofolund/ oder Remifentanil in mit Gum-mistopfen verschlossenen Ampullenanbieten und um eine Stellungnahmezu folgenden Fragen gebeten:

1. Welche Gummimischun-gen/Gummisorten von welchemLieferanten verwenden Sie?

2. Ist Ihnen ein Zusammenhang zwi-schen unterschiedlicher Gummibe-schaffenheit und der Entstehungvon Stanzen bekannt?

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3. Wie viele und welche Lieferantenverkaufen die Gummimischungenfür die Membranen der Durch-stechampullen?

Da eine gängige klinische Praxis darinbesteht, Propofol über einen Bakte-rienfilter aufzuziehen, dies gemäßFachinformation jedoch nicht er-folgen darf, wurde des Weiterengefragt:

4. Warum ist die Verwendung einesBakterienfilters gemäß Herstel-lerangaben beim Aufziehen vonPropofol in eine Spritze nichterlaubt?

5. Was ist die kleinste Filtergröße,mit der Propofol eventuell aufge-zogen werden dürfte?

Vermutete Ursachen zurPartikelentstehung

Die Antworten der Pharmaherstel-ler erbrachten keinen Hinweis aufgemeinsame Ausgangsbedingungen(z. B. Verwendete Gummimischung,Elastizität des Gummis, Lieferantetc.), die einen Ansatz für weitereUntersuchungen geboten hätten.Alle Hersteller verwenden Stopfen,die gemäß Europäischem Arznei-buch (Pharmacopoea Europaea,Ph. Eur.) getestet wurden. Das Eu-ropäische Arzneibuch beinhalteteinen Abschnitt, der die Prüfung von,,Gummistopfen für Behältnisse zurAufnahme wässriger Zubereitungenzur parenteralen Anwendung, vonPulvern und von gefriergetrocknetenPulvern‘‘ [8] definiert. Hierbei wer-den zwölf Gummistopfen jeweils vierMal an unterschiedlichen Stellen mitKanülen (0,8 mm Außendurchmesser)durchstochen. Bedingung für die Zu-lassung der Gummistopfen ist: Beiden 48 Durchstechungen dürfen nurfünf mit dem bloßen Auge sichtbareAusstanzungen (>50 �m) entstehen.

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einen Einfluss auf die Entstehungvon Gummipartikel haben könnte.Die Elastizität ist allerdings keinPrüfungskriterium im EuropäischenArzneibuch. Zudem gilt zu beachten,dass mehrere Variablen denkbar sind,die im Laufe des Produktions- undVertriebsprozesses auf die Elastizitätdes Gummistopfens und somit dessenNeigung zur Partikelbildung Einflussnehmen können. Zum Beispiel

a) Alterungseffekte aufgrund desZeitraumes zwischen Produktion,Einsetzen in die Ampulle undAnstechen

b) Lagerungs- und Transportbedingun-gen etc.

Ein Umstieg auf einen anderen Her-steller mit vermeintlich weicherenGummistopfen, wie von Autorenempfohlen, würde somit keine wir-kungsvolle Schutzmaßnahme gegenAusstanzungen darstellen.

Nadelgröße

Dem im Europäischen Arzneibuchgenannten Prüfverfahren mit einerdünnen, 0,8 mm messenden Kanülesteht die klinische Realität gegen-über, in der Perfusorspritzen mit einer14G Aufziehkanüle (2,1 mm Außen-durchmesser) versehen sind. Auf dieAusstanzbeständigkeit bei diesem2,6-fach größeren Kanülendurchmes-ser werden die Gummimembranenjedoch nicht getestet. Das Prüfverfah-ren spiegelt daher nicht die gängigeAufziehpraxis wider. In einer der Stel-lungnahmen auf unsere o. g. Fragenheißt es: ,,...die wesentliche Ursa-che [für die Entstehung von Stanzen;Anm. d. Verf.] liegt zum einen inder Verwendung von Injektions- oderPerfusorspritzen mit einem zu großenNadellumen und zum anderen an demzu schnellen Durchstoßen der Gum-mimembran.‘‘ Bezogen auf die Höheder Auftretenswahrscheinlichkeit derStanzen könnte diese Einschätzungzutreffen. Es gilt jedoch einzuwen-den, dass in dem Prüfverfahren nachEuropäischem Arzneibuch auch beidünneren Kanülen bis zu maximal fünfStanzen entstehen dürfen und der

Gummistopfen die Prüfung dennochbestanden hätte. Zudem entstehenmit kleiner werdendem Kanülendurch-messer auch kleinere Partikel, die

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och schwieriger mit dem bloßenuge zu entdecken sind und noch

eichter parenteral verabreicht wer-en können. Die Benutzung dünnerzw. sehr dünner Nadeln bietet so-it keinen wirkungsvollen Schutz

nd ist zudem aufgrund der geringenurchflussrate beim Aufziehen großerolumina im täglichen Gebrauch nichtraktikabel.

tichtechnik

eben der Kanülengröße wird, wieereits in anderen Veröffentlichungennd in Stellungnahmen einiger Phar-aunternehmen angeführt, auch die

tichtechnik in Zusammenhang miter Entstehung von Stanzpartikelnebracht. So findet sich seit vielenahrzehnten die Empfehlung, dieadel mit der Öffnung vom Stopfeneg in einem 45-60◦ Winkel aufzu-

etzen, unter leichtem Druck durchie Membran zu stechen und deninstichwinkel langsam bis auf 90◦

u erhöhen [4]. Die Überlegenheitieser Technik im Hinblick auf eineeltenere Entstehung von Partikelnst jedoch nicht wissenschaftlichvaluiert worden. Das Europäischerzneibuch fordert, trotz detailliertereschreibung des Prüfvorgangs, keineesondere Stichtechnik.n einer kürzlich publizierten Studieurde Prednisolonacetat (insgesamt00 Ampullen) aus mehreren Medi-amentenchargen über eine scharfe8G (1,2 mm Außendurchmesser)anüle nach der oben beschriebenentichtechnik aufgezogen. [6] In 10,5%es Aspirats fanden sich Stanzen. Darednisolonacetat von den Autorener Studie normalerweise im Rahmeniner antiinflammatorischen Therapiepidural appliziert wird, wurden dieefundenen Stanzen erneut Predniso-onacetat beigemischt und durch eineünnere 20G Spinalnadel (0,9 mmußendurchmesser) appliziert. In 4,7%am es dabei zu einer Ejektion dertanze aus der Spinalnadel. Da in derergangenheit wiederholt Fallberichteubliziert wurden, in denen es nacher epiduralen Gabe von Prednisolo-acetat zu Paraplegien kam, ist einusammenhang mit einer Embolie

urch Injektion eines Fremdkörpersicht ausgeschlossen.usstanzungen und Verunreinigungenönnen auch dann entstehen, wenn

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) unterschiedliche Medikamenten-Chargen mit vermutlich qualitativunterschiedlichen Gummistopfenverwendet,

) Nadeln mit einem mittleren Durch-messer verwendet,

) empfohlene Aufziehtechnikenangewandt werden.

esundheitliche Schädenurch parenteralerabreichte Mikropartikel

esundheitliche Schäden durch paren-eral verabreichte Fremdkörper sindnspezifisch und reichen von Gefäß-eizungen bis hin zu schweren emboli-chen Ereignissen. Der Nachweis, dassin solches Ereignis einzig durch eineontamination verursacht wurde, istchwer zu erbringen. Über die Häu-gkeit und die genauen Folgen eineredikamentenverunreinigung mitnterschiedlichen Mikro- und Makro-artikeln kann daher nur spekulierterden. Die eingangs beschriebeneasuistik einer Beinahe-Embolisationei einem Kleinkind lässt jedoch dieegründete Vermutung zu, dass dasroblem deutlich häufiger auftrittls in Berichts- und Lernsystemenerichtet wird. Die wiederkehrendeneldungen und Publikationen der ver-angenen Jahrzehnte unterstreicheniese Annahme.m Tierversuch konnte gezeigt wer-en, dass eine Kontamination mitehr kleinen Partikeln (2-100 �m),m ischämisch vorgeschädigten Mus-el, zu einer signifikanten Abnahmeer Durchblutung mittels mechani-cher Verlegung der Kapillaren führt9]. Partikel dieser Größe kommeneispielsweise bei der Verwendungon Glasampullen mit Bruchkopf vornd sind bei jeder Ampullenöffnungikroskopisch nachweisbar. Somit

cheint die Problematik insbeson-ere bei Krankheitsbildern, die mitiner Störung der Mikrozirkulationergesellschaftet sind, relevant.eben Mikrozirkulationsstörungen sinduch Makrozirkulationsstörungen (z.B.hlebitiden) im Zusammenhang mitikropartikeln beschrieben worden.eren Entstehungsrate konnte mit-

els einfacher Filtertechnik deutlicheduziert werden. [10]uch scheinen diese Mikropartikelinen immunmodulatorischen Einfluss

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u haben. [11] In einer 2012 veröf-entlichten Studie an 807 Kinderniner pädiatrischen Intensivstationonnte der präventive Effekt vonn-line-Filter-Anwendung (Filter imnfusionsweg mit 0,2-1,2 �m Filter-röße), im Hinblick auf die Inzidenzines SIRS, sowie die Beatmungs- undufenthaltsdauer, gezeigt werden.12] Zudem gab es in der Gruppeit In-line-Filtern einen positiven,enn auch nicht signifikanten, Trendezogen auf die Mortalität.s ist somit anzunehmen, dass In-line-iltersysteme nicht nur makrozirku-atorische Störungen (z. B. Embolie,hlebitis) verhindern, sondern auchie Rate an schweren Komplikationeneduzieren.

erpackung underwendung von Filtern

edikamente bereits ab Werk inertigspritzen anzubieten wärerinzipiell eine sichere Möglichkeitontaminationen durch Partikel kurzor der Verabreichung zu vermeiden.iese Verpackungsform wird vor allemür Medikamente gewählt, die in klei-en Volumina verabreicht werden undesten Dosierungsschemata unterlie-en (z.B. Antikoagulantia, Hormone,mmunmodulatoren, Vakzine), sowieür Präparate, deren Einsatzgebietesonderen hygienischen Anforde-ungen unterliegt (z. B. Einhaltungtrenger Asepsis). Letzteres gilt auchür Propofol. Dass sich diese Ver-ackungsform bisher dennoch nichtächendeckend durchsetzen konnte,

st sicherlich primär finanziellenspekten geschuldet.ropofol wird von den meisten Her-tellern sowohl in 50 ml Glasampullenit Gummistopfen als auch in 20 mllasampullen mit Bruchkopf angebo-en. Eine Umstellung von Ampullenit Gummistopfen auf (größere)lasampullen mit Bruchkopf, umummistanzen zu vermeiden, würde

edoch nicht zu einem Sicherheitsge-inn führen, da größere Glasampullenuch mit einer größeren Anzahl anlaspartikeln im aufgezogenen Me-ikament einhergehen. [13—15] Esonnte jedoch gezeigt werden, dass

ie Verwendung von In-line-Filternnd von Filter-Kanülen zu einer signi-kanten Reduktion der Kontaminationit Partikeln führt. [13]

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Konsequenzen für denAnwender

Eine Fülle von Hinweisen, Fallberich-ten und Studien belegt den Nutzenvon Filtern für das Aufziehen und dieintravenöse Applikation von Medika-menten. Problematisch für den An-wender ist in diesem Kontext jedochdie Tatsache, dass Propofol gemäßder aktuellen Herstellerinformatio-nen nicht über einen Bakterienfilterverabreicht werden darf, wobei diemaximale Porengröße, die einen Fil-ter als Bakterienfilter definiert, nichtgenannt wird. Das Anwendeverbotwird begründet durch

a) Probleme mit der Gewährleistungder Emulsion:

,,Eine Filtration durch einenBakterien zurückhaltenden Fil-ter ist bei [Propofol; Anm. d.Verf.] nicht zulässig, weil es sichum eine Öl-in-Wasser-Emulsionhandelt, bei der die Größe derÖltröpfchen fest definiert unddurch das Herstellungsverfahrengesichert ist. Das Pressen derZubereitung durch die sehr en-gen Poren eines solchen Filterskann zum Zusammenfließen derTröpfchen führen, womit bei ei-ner Anwendung die Gefahr einerEmbolie bestünde.‘‘

b) Potentielles Verstopfen des Filters:,,[...], dürfen keine Bakteri-

enfilter eingesetzt werden, weildiese eine Porengröße von <0,2 �mbesitzen und durch die Emulsionverstopfen könnten.‘‘

Der Hersteller BBraun unterscheidetin seiner Stellungnahme jedoch zwi-schen Bakterien- und Partikelfiltern:

,,Bei den Entnahmehilfen sollte stetsein Partikelfilter entsprechend derzu applizierenden Lösung gewähltwerden. Aufgrund der Tropfengrößevon Fettemulsionen eignen sich zumAufziehen von PropofolemulsionenPartikelfilter mit einer Porengröße> 1,2 �m, weil der Tröpfchendurch-messer zwischen 0,2 und 0,8 �mliegt.‘‘

Diese Angaben sind in Einklang mit

grundlegenden Arbeiten zur Propo-foltröpfchengröße [16]. Die Poren-größe von 1,2 �m enthält bereitseinen 50%igen Zuschlag auf die größte

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gemessene Tröpfchengröße von rund0,8 �m. Eine Konfluenz der Fetttröpf-chen oder ein Verstopfen des Filterssollten dadurch ausgeschlossen sein.

Zusammenfassung

Eine Vielzahl von Veröffentlichun-gen belegt eine Patientengefährdungdurch Medikamente, die vor derVerabreichung mit Mikro- und Ma-kropartikeln aus der Verpackungverunreinigt wurden. Zur Reduktionder Morbidität und Verbesserung derPatientensicherheit ist die Verwen-dung von Filtersystemen ein einfachesund effektives Hilfsmittel. In denvergangenen Jahrzehnten wurdewiederholt der Nutzen solcher Fil-tersysteme belegt, ohne dass dieseErkenntnis sich im klinischen Alltagin relevanter Weise niedergeschlagenhätte. Der Aspekt Patientensicherheitund Reduktion der Morbidität/ Morta-lität durch konsequente Anwendungvon Filtersystemen fand bisher kaumBeachtung. Dabei gilt zu beachten,dass die Filtergröße entsprechenddem aufzuziehenden Medikament ge-wählt werden muss. Die verwendbareFiltergröße soll daher zukünftig in derFachinformation mit angeben werden.

Die Autoren und beteiligtenInstitutionen empfehlen:

1. Die konsequente Verwendungvon Partikelfiltersystemen beimAufziehen oder Verabreichen vonMedikamenten, um Kontaminatio-nen zu vermeiden. Dazu zählenzum Beispiel:- Aufziehkanülen mit Filter- Entnahmespikes mit Partikelfil-

ter- Infusionsbestecke mit Filter.

Die Filtergröße muss auf dasjeweilige Medikament abgestimmtsein.

2. Gemäß der vorliegenden Stel-lungnahme darf Propofol-®Lipurovon BBraun über Partikelfiltersys-teme die größer als 1,2 �m sind,aufgezogen werden.

3. Die Verwendung von Filtersyste-men und Nennung der kleinstmög-

lichen Porengröße muss für jedesparenteral applizierbare Medi-kament in der Fachinformationgenannt werden.

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Eine entsprechende Meldung an dasBundesinstitut für Arzneimittel undMedizinprodukte zur Anpassung derFachinformationen und Beipackzettelwird von den Autoren derzeit vorbe-reitet.

Werner Günther1, ChristineHahnenkamp2, Tina Rhaiem3,Alexander Schleppers3, MichaelSt.Pierre1

1Anästhesiologische KlinikUniversitätsklinikum ErlangenKrankenhausstrasse 1291054 ErlangenTel.: +49 (0)9131 85-33676

2Ärztliches Zentrum für Qualität inder Medizin (ÄZQ)Gemeinsames Institut von BÄK undKBV TiergartenTowerStraße des 17. Juni 106-10810623 BerlinTel.: +49 (0)30 40052504

3Berufsverband Deutscher Anästhesi-sten e. V. (BDA)Deutsche Gesellschaft für Anästhe-siologie und Intensivmedizin e. V.(DGAI)Roritzerstraße 2790419 NürnbergTel.: +49 (0)911 933 78 19

Literatur

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[

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (Zhttp://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.05

(BDA/DGAI)‘‘ zu ,,Alert ,,September2011‘‘: Reste des Gummistop-fens in der Perfusorspritze‘‘,http://www.kh-cirs.de/alerts/index.html

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