Checkliste 1: Wie funktioniert das deutsche Vergaberecht?
Inhalt: Rechtlicher Hintergrund 1. Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte a) Was regeln die Vergabeordnungen VOB, VOL und VOF? Die A-Teile Die B-Teile C-Teil b) Was regeln VgV, SektVO und die VSVgV? 2. Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte
Rechtlicher Hintergrund Unter dem Begriff Vergaberecht werden die Verfahrens- und Rechtsschutzregelungen zusammenge-fasst, die die öffentliche Hand beim Einkauf von Waren und Dienstleistungen bzw. der Beschaffung von Bauleistungen beachten muss. In Deutschland war das Vergaberecht traditionell als Teil des Haushaltsrechts mit dem Ziel geregelt, bei Beschaffungen die ökonomische Verwendung der Haushaltsmittel zu sichern und den öffentlichen Haushalt zu schützen. Das europäische Vergaberecht verfolgt eine andere Zielsetzung: Es soll vor allem die Interessen der in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen stützen, die den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen öffentlichen Auftraggebern Waren oder Bau- und Dienstleistungen anbieten möchten. Zu diesem Zweck soll es die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter bei einer Auftragsvergabe und zugleich die Möglichkeit ausschließen, dass ein öffentlicher Auftraggeber sich von anderen als wirt-schaftlichen Überlegungen leiten lässt. Das EU-Vergaberecht verfolgt damit vor allem das Interesse, die nationalen Beschaffungsmärkte dem grenzüberschreitenden Wettbewerb innerhalb der EU zu öffnen.Das europäische Vergaberecht gilt nur für Aufträge, deren wirtschaftliches Volumen bestimmte Schwel-lenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte) erreicht oder überschreitet, da man davon ausgeht, dass Auf-träge von geringerem Auftragswert für den grenzüberschreitenden Handel uninteressant sind. Vor diesem Hintergrund ist das deutsche Vergaberecht zweigeteilt: Oberhalb der EU-Schwellenwerte besteht die Verpflichtung, öffentliche Aufträge
europaweit auszuschreiben. Unterhalb dieser Schwellenwerte besteht nur die Verpflichtung zu einer nationalen
öffentlichen Ausschreibung.
Haushaltsrecht der Kommunen
Haushaltsrecht der Länder
Vergaberecht in Deutschland
oberhalb der Schwellenwerte
unterhalb der Schwellenwerte
EG-Vergaberichtlinien
§§ 97 ff. GWB
VgV
VOL/AVOB/AVOF
Marktfreiheiten desEG-Vertrags !!!
VSVgV SektVO
VOL/A-EGVOB/A-EG
Landesvergabe-gesetze
Vergaberecht in Deutschland
1. Vergabeverfahren oberhalb der EU-SchwellenwerteIn Deutschland sind die Rechtsgrundlagen für Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte umgesetzt im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Hier finden sich die
Regelungen zum Anwendungsbereich, zu den Grundsätzen des Vergaberechts sowie überblicksartige Regelungen zu den einzelnen Vergabeverfahren. Vor allem regelt der Vierte Teil des GWB das Nach-prüfungsverfahren, mit denen nicht berücksichtigte Bieter die Auftragsvergabe erstinstanzlich vor der Vergabekammer und zweitinstanzlich vor den Vergabesenaten der Oberlandesgericht überprüfen können.
Konkretisiert werden die Regeln des GWB in der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV ). Die VgV fungiert hauptsächlich als Scharnier, indem es die Anwendung
• des zweiten Abschnitts des A-Teils der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A-EG),
• des zweiten Abschnitts des A-Teils der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A-EG) und
• der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF)
anordnet. Diese enthalten die Regeln für das Vergabeverfahren bis zur Zuschlagserteilung.
Auftraggeber, die Aufträge im Sektorenbereich (Verkehr, Trinkwasser- und Energieversorgung) vergeben, müssen neben dem Vierten Teil des GWB auch die Sektorenverordnung (SektVO) be- achten.
Werden verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge vergeben, so ist neben dem GWB die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) anzuwenden. Die VSVgV enthält die Vor-schriften, wie Liefer- und Dienstleistungsaufträge vergeben werden. Für Bauleistungen verweist die VSVgV auf den dritten Abschnitt der VOB/A, die VOB/A-VS.
a) Was regeln die Vergabeordnungen VOB, VOL und VOF? Die VOL/A gilt für Liefer- und Dienstleistungsaufträge.Davon abzugrenzen sind: die VOB/A für die Vergabe von Bauaufträgen und die VOF, Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen. Diese gilt nur bei Auftragswerten oberhalb
der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte). Bei den von der VOF erfassten Dienstleistungen handelt es sich typischerweise um geistig-schöpferische Leistungen, die der Auftraggeber vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschreiben kann. Darunter fallen z. B. Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros oder Planungsleistungen.
Die A-Teile der VergabeordnungenDie A-Teile der VOB und der VOL enthalten die allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen. Der Aufbau des A-Teils folgt dabei dem zeitlichen Ablauf eines Vergabeverfahrens. Neben den Bestimmungen zu den Vergabeverfahren enthalten die A-Teile z.B. Vorgaben für die Vergabeunter-lagen, Leistungs be schreibung und die Fristen sowie zur Veröffentlichung (s. Checkliste Bekannt machung) bis hin zur Angebotsöffnung, der Prüfung und Wertung der Angebote und der Dokumentation des Vergabeverfahrens.
Die B-Teile der VergabeordnungenIn den B-Teilen von VOB und VOL werden hingegen allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen geregelt. Die VOB/B und die VOL/B werden regelmäßig Bestandteil des zwischen dem öffentlichen
Auftraggeber und dem privaten Auftragnehmer geschlossenen Vertrages. VOB/B und VOL/B sind damit als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren. Diese können
durch Besondere, Zusätzliche oder Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen ergänzt werden. In ihrem Aufbau sind die B-Teile dem zeitlichen Ablauf der Vertragsausführung nachgebildet.
Sie enthalten u. a. Regelungen zu eventuell auftretenden Leistungsstörungen sowie zu Modali täten der Rechnungsstellung und Zahlung.
Die B-Teile gelten sowohl für Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte als auch oberhalb.
Der C-Teil der VOB Die VOB hat zusätzlich einen C-Teil, der Allgemeine Technische Vertragsbedingungen
für Bauleistungen (ATV) enthält.
b) Was regeln VgV, SektVO und die VSVgV? Die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) enthält als wichtigste Bestim-
mungen Angaben zur Höhe der Schwellenwerte (§ 2), zur Schätzung des Auftragswerts (§ 3) sowie Hinweise, wie Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge – insbesondere im Hinblick auf Aspekte des Umweltschutzes und der Energieeffizienz – vergeben werden sollen.
Im Gegensatz zu der vor allem als Scharnier fungierende Vergabeverordnung (VgV) ist die Sektoren-verordnung (SektVO) ein in sich geschlossenes Regelwerk, das alle Regeln für die Durchführung eines Vergabeverfahrens in den Bereichen Trinkwasserversorgung, Verkehr und Energie enthält.
Die jüngste vergaberechtliche Norm für Ausschreibungen oberhalb der Schwellenwerte, die Vergabe-verordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV), enthält alle Bestimmungen für die Vergabe von verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Liefer- und Dienstleistungsaufträgen. Werden Bauauf-träge ausgeschrieben, regelt die VSVgV nur das Nötigste; das eigentliche „Vergabehandbuch“ ist in Abschnitt drei der VOB/A zu finden.
2. Vergabeverfahren unterhalb der EU-SchwellenwerteFalls die EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte) nicht erreicht werden, gilt nationales Vergaberecht. Dann sind die haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes, des jeweiligen Bundeslandes
oder der Kommunen (das sog. „Haushaltsvergaberecht“) anzuwenden. Das Haushaltsrecht verweist auf die ersten Abschnitte von VOB/A beziehungsweise VOL/A zu beach-
ten. Der erste Teil von VOB/A und VOL/A ist auf Grund von Vollzugsvorschriften anzuwenden. In den Bundesländern können daneben weitere spezifische Anforderungen zu beachten sein,
die sich etwa aus Mittelstandsförderungs- oder Landesvergabegesetzen ergeben. Derzeit existieren in nahezu allen Bundesländern sogenannte Mittelstandsförderungsgesetze bzw. Tariftreue- und Vergabe-gesetze. Eine Übersicht finden Sie unter www.forum-vergabe.de/vergaberechtliche-informationen/weiterfuehrende-informationen/.
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 2: Relevanz und Höhe der Schwellenwerte
Inhalt: 1. Einführung 2. Die Höhe der Schwellenwerte
1. Einführung Der öffentliche Auftraggeber muss im Vorfeld einer Beschaffung den voraussichtlichen Auftragswert, also die zu erwartende Gesamtvergütung, die der Auftragnehmer für die Auftragsausführung erhält, realistisch schätzen.–> Erreicht oder überschreitet das wirtschaftliche Volumen des Auftrags einen bestimmten Schwellen-wert, so besteht die Verpflichtung, öffentliche Aufträge europaweit auszuschreiben (mit der Möglich-keit für Bieter, bei Bedarf ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten).–> Unterhalb dieser Schwellenwerte besteht nur die Verpflichtung zur nationalen öffentlichen Aus-schreibung.
Bei der Schätzung des Auftragswerts darf der Auftraggeber sich nicht allein von der Absicht leiten lassen, ein EU-weites Vergabeverfahren zu vermeiden.
Für die Schätzung des Auftragswertes (= voraussichtliche Gesamtvergütung des Auftragnehmers) ist § 3 der Vergabeverordnung (VgV) bzw. § 1 Abs. 2 der Sektorenverordnung (SektVO) und § 1 Abs. 2 der Vergabeverordnung im Bereich Sicherheit und Verteidigung (VSVgV) maßgeblich.
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
Erteilungvon
Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
Vorab-information
an unterlegene
Bieter
Bekanntmachung über vergebene Aufträge ABl. EU
Grafik: Stufen eines Vergabeverfahrens
Der Auftragswert beruht immer auf einer Prognose des Auftraggebers. Es gilt das Prinzip der Vollständigkeit der Schätzung: Etwaige Auftragserweiterungen oder mögliche
Vertragsverlängerungen sind in die Schätzung einzubeziehen; der Wert von Fach- oder Teillosen ist zu addieren, eine künstliche Stückelung darf nicht erfolgen.
Darüber hinaus enthält § 3 VgV u.a. Hinweise für die Schätzung des Auftragswertes bei länger laufen-den Aufträgen und für Rahmenvereinbarungen.
Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Auftragswert sorgfältig zu schätzen; Grundlage der Schätzung können vor allem Erfahrungswerte der Vergangenheit sein; die Schätzung muss ggf. vor Einleitung des Vergabeverfahrens aktualisiert werden.
Nur auf Basis einer ordnungsgemäßen Schätzung darf das Verfahren wegen Unwirtschaftlichkeit aufgehoben werden, wenn z.B. alle abgegebenen Angebote das geschätzte Auftragsvolumen deutlich überschreiten.
2. Die Höhe der Schwellenwerte (in Deutschland gültig seit 22. März 2012):
Art des Auftrags Schwellenwert
Liefer- und Dienstleistungsaufträge 200.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge oberster und oberer Bundesbehörden
130.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Trinkwasser-, Energie- und Verkehrsbereich (Anwendungsbereich SektVO)
400.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (Anwendungsbereich VSVgV)
400.000 Euro
Bauaufträge 5.000.000 Euro
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 3: Die Bekanntmachung
Inhalt: 1. Was ist eine Bekanntmachung? 2. Welche Informationen enthält eine Bekanntmachung? a) Bei Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte b) Bei europaweiten Ausschreibungen 3. Wo muss die Ausschreibung bekanntgegeben (veröffentlicht) werden? a) Europaweite Ausschreibungen b) Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte 4. Was müssen Bieter veranlassen, wenn Sie Unklarheiten oder Fehler feststellen? 5. Was müssen Bieter bei Interesse an dem bekanntgemachten Auftrag tun?
1. Was ist eine Bekanntmachung? In der öffentlichen Bekanntmachung gibt der Auftraggeber bekannt, dass er beabsichtigt, einen öffent lichen Auftrag über eine bestimmte (Bau-, Liefer- oder Dienst-)Leistung zu vergeben und welche Kon ditionen dabei gelten sollten. Die Bekanntmachung enthält für die am Auftrag interessierten Unter-nehmen also alle wesentlichen Informationen zum Vergabeverfahren und für die Durchführung des Auftrags.
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
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Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
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Bieter
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2. Welche Informationen enthält eine Bekanntmachung?a) Bei Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte): Bezeichnung und Anschrift des Auftraggebers, Art der Vergabe (zum Beispiel öffentliche Ausschreibung oder beschränkte Ausschreibung
mit Teilnahmewettbewerb), Form, in der Teilnahmeanträge oder Angebote einzureichen sind (etwa per Post oder auch
bzw. ausschließlich elektronisch), Art und Umfang der Leistung sowie Ort der Leistungserbringung, sofern zutreffend: Anzahl, Größe und Art der einzelnen Lose, gegebenenfalls die Zulassung von Nebenangeboten, etwaige Hinweise auf die Ausführungsfrist, Bezeichnung und Anschrift der Stelle, welche die Vergabeunterlagen abgibt, Angabe der Fristen (Teilnahme- oder Angebots- sowie Bindefrist), eventuell geforderte Sicherheitsleistungen, die mit dem Angebot oder Teilnahmeantrag einzureichenden Unterlagen (Eignungsnachweise), sofern verlangt, die Höhe der Kosten für den Versand der Ausschreibungsunterlagen sowie die Angabe der Zuschlagskriterien.
b) Bei europaweiten Ausschreibungen: Bei europaweiten Ausschreibungen enthält die Bekanntmachung darüber hinaus weitere Pflichtanga-
ben. Hierfür sind von der EU vorgegebene so genannte Standardformulare (www.simap.europa.eu) zu verwenden. Hier sind u. a. folgende Fragen zu klären und entsprechende Mindestinhalte in der Bekanntmachung anzugeben:
Abschnitt I: Öffentlicher Auftraggeber
Abschnitt II: Auftragsgegenstand - Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag? - Einzelauftrag, Rahmenvereinbarung oder dynamisches Beschaffungssystem? - Aufteilung in Lose oder Gesamtvergabe? - Nebenangebote (Varianten/Alternativangebote) zugelassen? - Auftragsumfang, Optionen? - Ausführungsfrist/Vertragslaufzeit?
Abschnitt III: Rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und technische Informationen - Kautionen, Sicherheiten, Zahlungs- und Finanzierungsbedingungen - Besondere Bedingungen an die Auftragsausführung i. S. v. § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB - Teilnahmebedingungen (= Eignungsnachweise) und Mindestanforderungen - Sind Teilnahmebedingungen genannt oder wird auf die Vergabeunterlagen verwiesen? - Sind Mindeststandards gefordert? - Bezug zum Auftragsgegenstand? - Verhältnismäßig und zumutbar?
• AbschnittIV:Verfahren - Verfahrensart? - Beschränkung des Teilnehmerkreises beabsichtigt? Anhand welcher Kriterien? - Zuschlagskriterien angegeben? - Schlusstermin für Anforderung der Vergabeunterlagen? - Ablauf Angebots-/Bewerbungsfrist, Ablauf Bindefrist?
• AbschnittVI:ZusätzlicheInformationen - Informationen zum Rechtsschutz (zuständige Vergabekammer) - Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen, insb. Hinweis auf Rechtsbehelfsfrist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB? - Worauf muss ich als Bieter besonders achten? - S. o. (insb. Teilnahmebedingungen = Eignungsnachweise und Zuschlagskriterien)
3. Wo muss die Ausschreibung bekanntgegeben (veröffentlicht) werden?
a) Europaweite Ausschreibungen müssen • zwingend im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (Tenders Electronic Daily – TED) veröffentlicht werden. • Online-Formulare für die Vergabebekanntmachung können unter http://www.simap.europa.eu/ abgerufen werden. • Für die Veröffentlichung selbst ist eine einmalige kostenfreie Registrierung über eNotices erforderlich. b) Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte können • in unterschiedlichen Medien von der lokalen Tageszeitung über städtische Amtsblätter bis hin zu Bekanntmachungsportalen im Internet veröffentlicht werden. • Je nach Bundesland gelten hierfür besondere Regelungen. • Alle öffentlichen Auftraggeber, die dem Bund zuzurechnen sind, müssen ihre Ausschreibungen auf www.bund.de veröffentlichen.
4. Was müssen Bieter veranlassen, wenn Sie Unklarheiten oder Fehler feststellen? • Bieterfrage(n) stellen? (z. B. zur Auftraggebereigenschaft oder zur Verfahrensart) • Rügen (s. Checkliste Rügen) erteilen? (z. B. weil Teilnahmebedingungen fehlen) • Achtung! § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB: Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Bieter die von ihm beanstandeten Verstöße gegen Vergabevorschriften nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.
5. Was müssen Bieter bei Interesse an dem bekanntgemachten Auftrag tun? • Bei Interesse an einer Ausschreibung müssen Sie die Angebotsunterlagen beim öffentlichen Auftraggeber anfordern.
• Zu beachten ist, dass der Auftraggeber in der Regel in der Bekanntmachung eine Frist angibt, bis zu der die Angebotsunterlagen angefordert werden können (s. Checkliste Fristen). • Häufig muss auch ein Entgelt für die Unterlagen gezahlt werden, welches sich nach den Vervielfältigungskosten richtet. • Häufig stehen die Angebotsunterlagen auch als Download zur Verfügung. • Wie in den Unterlagen vorgegeben, reichen Sie Ihr Angebot innerhalb der angegebenen Frist ein. • Daraufhin ermittelt der öffentliche Auftraggeber das wirtschaftlich günstigste Angebot und erteilt den Zuschlag (s. Checkliste Angebotswertung ).
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 4: Die Vergabeunterlagen
Inhalt: 1. Woraus bestehen die Vergabeunterlagen? 2. Wie erfolgt die Zusendung der Vergabeunterlagen durch den Auftraggeber? 3. Welche Angaben müssen die Vergabeunterlagen enthalten? 4. Welche Angaben dürfen nicht enthalten sein? 5. Prüfung der Vergabeunterlagen: Worauf müssen Bieter besonders achten? 6. Was müssen Bieter veranlassen, wenn Sie Unklarheiten oder Fehler feststellen?
1. Woraus bestehen die Vergabeunterlagen? Die Vergabeunterlagen müssen alle Informationen umfassen, die erforderlich sind, um eine Entschei-
dung eines am Auftrag interessierten Unternehmens zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe zu ermöglichen.
Die Vergabeunterlagen bestehen in der Regel aus: • dem Anschreiben (auch Aufforderung zur Angebotsabgabe = Kurzfassung der Ausschreibung), • den Bewerbungsbedingungen (= Spielregeln für das Vergabeverfahren, einschließlich der
Zuschlagskriterien nebst Gewichtung – falls nicht schon in der Bekanntmachung angegeben), • den Vertragsunterlagen (Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen).
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
Erteilungvon
Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
Vorab-information
an unterlegene
Bieter
Bekanntmachung über vergebene Aufträge ABl. EU
Grafik: Stufen eines Vergabeverfahrens
2. WieerfolgtdieZusendungderVergabeunterlagendurchdenAuftraggeber?Bei Auftragsvergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte) Wenn Vergabeunterlagen nicht elektronisch vollständig verfügbar, muss Versand binnen 6 Kalendertagen nach Anforderung erfolgen. Die Vergabeunterlagen müssen bei EU-weiten Vergabeverfahren versandt werden an: • alle am Auftrag interessierte Unternehmen, die die Vergabeunterlagen anfordern (im Offenen Verfahren), • Unternehmen, die einen Teilnahmeantrag gestellt haben, geeignet sind und für das weitere Verfahren ausgewählt wurden (im Nichtoffenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren), • Unternehmen, die vom Auftraggeber ausgewählt wurden (im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb).
Die Vergabeunterlagen müssen bei Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte ) versandt werden an• alle am Auftrag interessierten Unternehmen, die die Unterlagen anfordern (bei Öffentlicher Ausschreibung),• alle ausgewählten Unternehmen (bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe).
3. Welche Angaben müssen die Vergabeunterlagen enthalten? Alle kalkulationsrelevanten Umstände. Leistungsbeschreibung (= Herzstück der Vergabeunterlagen); die Leistungsbeschreibung legt die konkreten Anforderungen an den ausgeschriebenen Auftrag fest; der Auftrag bzw. die vom Auftraggeber nachgefragte Leistung ist eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Vertragsbedingungen. VOB/B und VOL/B (s. Checkliste „Wie funktioniert das deutsche Vergaberecht?“) werden grundsätzlich Vertragsgegenstand. Ggf. Zusätzliche Vertragsbedingungen und Ergänzende Vertragsbedingungen. Ggf. auch Vertragsentwürfe. Bei Liefer- und Dienstleistungen: Abschließende Liste mit vorzulegenden Nachweisen § 9 EG Abs. 4 VOL/A. Zuschlagskriterien (und ggf. Unterkriterien) mit Gewichtung. Ggfs. Bewertungsmatrix mit Erläuterung zur Vorgehensweise bei der Wertung.
4. Welche Angaben dürfen nicht enthalten sein? Marken, Patente, Typen, Herkunft etc. (Stichwort: Produktneutralität) nur wenn durch den Auftrags-
gegenstand objektiv gerechtfertigt oder wenn Auftragsgegenstand anders nicht hinreichend genau und allgemeinverständlich beschrieben werden kann. Wenn dann, immer mit Zusatz „oder gleich-wertig“.
Vertragsstrafen für die Überschreitung von Ausführungsfristen nur wenn die Überschreitung für den Auftraggeber erhebliche Nachteile haben kann. Wenn dann in angemessenen Grenzen.
Andere Verjährungsfristen als z.B. nach § 14 VOL/B nur wenn nach Eigenart der Leistung erforderlich. Sicherheitsleistungen, es sei denn, sie erscheinen ausnahmsweise notwendig für die sach- und frist-
gemäße Durchführung.
5. Prüfung der Vergabeunterlagen: Worauf müssen Bieter besonders achten? Sind die Unterlagen vollständig? (Prüfung anhand Übersicht der Anlagen im Aufforderungsschreiben). Sind alle für die Kalkulation benötigten Angaben enthalten? Ist die Leistungsbeschreibung / das Leistungsverzeichnis eindeutig, erschöpfend und widerspruchsfrei? Ist die Leistungsbeschreibung / das Leistungsverzeichnis produktneutral? Ist die beschriebene Leistung sinnvoll und machbar? In welcher Form müssen Eignungsnachweise beigebracht werden? Werden überzogene, nicht beizubringende oder nicht mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Nachweise gefordert? Ggf. rügen (s. Checkliste Rüge) Sind die Zuschlagskriterien benannt, hinreichend durch Unterkriterien konkretisiert und gewichtet worden? Ist der Vorgang der Bewertung erläutert worden? Wissen Sie also, worauf es dem Auftraggeber ankommt und wie er die Angebote werten wird? Wenn nicht, ggf. rügen (s. Checkliste Rüge)
6. Was müssen Bieter veranlassen, wenn Sie Unklarheiten oder Fehler feststellen? Fehlende Unterlagen sofort nachfordern! Bieterfrage stellen? Rechtzeitig beantragte Auskünfte über Vergabeunterlagen müssen spätestens 6 Kalendertage
vor Ablauf der Angebotsfrist erteilt werden. Beim Nichtoffenen Verfahren und beim Beschleunigten Verhandlungsverfahren spätestens 4 Kalendertage (s. Checkliste Fristen).
ggf. Rüge aussprechen (s. Checkliste Rüge)
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 5: Eignungsnachweise
Inhalt: 1. Einführung 2. Übersicht über Nachweise, die vom Auftraggeber verlangt werden können
1. Einführung Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, müssen mit ihrem Teilnahmeantrag bzw. mit ihrem Angebot aussagekräftige Nachweise vorlegen, die belegen, dass sie in der Lage sind, den ausge-schriebenen Auftrag so wie gefordert zu erbringen. Die Vergabestelle kann entsprechende Nachweise von den Unternehmen zum Nachweis ihrer perso-
nellen, technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit, zu ihrer Fachkunde und zu ihrer Zuverlässig-keit verlangen, soweit dies durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
Welche Nachweise sie in welcher Qualität und Form für die konkrete Auftragsvergabe fordert, liegt im Ermessen der Vergabestelle.
Die Vergabestelle soll in erster Linie Eigenerklärungen der Bieter fordern, um den Aufwand für die Bieter möglichst gering zu halten. Unternehmen sollen also die Möglichkeit erhalten,
• entweder auf einem vom öffentlichen Auftraggeber vorgegebenen Formular oder • mittels einer selbst verfassten Erklärung das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen bestimmter unternehmensbezogener Angaben versichern. Sofern der öffentliche Auftraggeber Bescheinigungen, Zeugnisse oder Registerauszüge verlangt,
sollten Sie darauf achten, • in welcher Form (Original, beglaubigte Abschrift, Kopie) diese einzureichen sind und • wie aktuell sie sein müssen.
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
Erteilungvon
Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
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Bieter
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Grafik: Stufen eines Vergabeverfahrens
2. Übersicht über Nachweise, die vom Auftraggeber verlangt werden könnenDie Übersicht orientiert sich an dem Standard-Bekanntmachungsformular für europaweite Vergaben; dort Ziffer III.2) „Teilnahmebedingungen“.
Art des Nachweises Allgemeine Hinweise Form etc.
III.2.1 Persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers sowie Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister
Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft
Eigenerklärung oder Unbe-denklichkeitsbescheinigung der zuständigen Berufsgenossenschaft.
Nachweis der Eintragung in einem Berufsregister
Gemeint ist die Eintragung in die Handwerksrolle bzw. die Mitgliedsbescheinigung der jeweiligen Industrie- und Handelskammer.
Nachweis über die Eintragung im Handelsregister
Zu beachten sind mögliche Vor-gaben hinsichtlich der Form (Kopie, Ausdruck aus dem elektronischen Register oder beglaubigte Abschrift) sowie der Aktualität. Der Auszug sollte in der Regel nicht älter als drei Monate sein.
Auszug aus dem Gewerbezen-tralregister(GZR)mit Informa-tionen über Verwaltungsentschei-dungen, Bußgeldentscheidungen oder Auskünften über Inhaber und Geschäftsführer
Ein Auszug aus dem Gewerbezen-tralregister ist ein gewerberecht-liches Führungszeugnis, aus dem hervorgeht, ob eine juristische Per-son oder eine Einzelperson gegen gewerberechtliche Bestimmungen verstoßen hat.
Eigenerklärung auf vorgegebenem Formular. Sofern ein Auszug gefordert wird, sollte dieser nicht älter als drei Mo-nate sein. Die Erteilung ist gebüh-renpflichtig. Achtung: Sofern ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister ge-fordert wird, ist dieser im Original vorzulegen!Auszüge müssen persönlich beantragt werden. Bei juristischen Personen kann auch eine schrift-liche Antragstellung erfolgen. Bei persönlicher Beantragung sind erforderlich: Gültiges amtliches Ausweisdokument (Personalaus-weis/Reisepass) bei natürlichen Personen, bei juristischen Personen: Handelsregisterauszug. ZuständigeStelle ist die Gemein-de-/Stadtverwaltung des Wohnorts beziehungsweise des Unterneh-menssitzes.
Nachweis, dass über das Vermögen des Bewerbers kein Insolvenzver-fahren oder ein vergleichbares ge-setzliches Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt oder dieser Antrag mangels Masse abgelehnt worden ist
In der Regel schriftliche Eigener-klärung, ansonsten Bescheinigung des zuständigen Registergerichts (Amtsgericht).
Nachweis, dass sich das Unterneh-men nicht in Liquidation befindet
In der Regel schriftliche Eigener-klärung, ansonsten Bescheinigung des zuständigen Registergerichts (Amtsgericht).
Nachweis, dass keine schwere Verfehlung begangen wurde, die die Zuverlässigkeit des Bewerbers in Frage stellt (z. B. Straftaten)
In der Regel Eigenerklärung
Nachweis über die Entrichtung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung
Achtung: Sofern auf der Beschei-nigung vermerkt ist, dass diese nur im Original gilt, ist der Vergabestel-le unbedingt das Original vorzule-gen!
Häufig kann eine Eigenerklärung abgegeben werden, dass der Bieter seine Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge erfüllt hat. Ansonsten Bescheinigung der gesetzlichen Krankenkassen oder der Krankenkasse, bei der die meis-ten Beschäftigten versichert sind.
Nachweis über die Erfüllung der Verpflichtung zur ZahlungvonSteuern und Abgaben
Häufig kann eine Eigenerklärung abgegeben werden.
Falls eine Bescheinigung ge-fordert ist: Bescheinigung in Steuersachen stellt das zuständige Finanzamt aus. Gegebenenfalls ist zusätzlich eine Bescheinigung der örtlichen Kommune über die Zahlung von Abgaben erforderlich.
Angaben über wirtschaftliche Ver-knüpfung mit Unternehmen
Diese Angaben können gefordert werden, um mögliche Interessens-konflikte auszuschließen.
Erklärung über beabsichtigte Zu-sammenarbeit mit anderen Unter-nehmen
III.2.2) Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit
Definition: Finanziell leistungsfähig ist ein Unternehmen, wenn es über hinreichende Finanzmittel ver-fügt, so dass es seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachkommen kann.
Erklärung über Gesamtumsatz sowie den Umsatz bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist
In der Regel bezogen auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre. Die Vorgabe von Mindestumsätzen ist – je nach Einzelfall – möglich, aber nicht immer zulässig.
In der Regel Eigenerklärung durch den Bieter oder Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer oder Steu-erberater.
Vorlage von Bankauskünften oder Bankerklärungen
Die Bankauskunft soll dem Auf-traggeber ein Bild der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens (wirtschaftli-che Situation/Zahlungsverhalten) vermitteln.
Eine Bankauskunft bzw. eine Ban-kerklärung kann von der Hausbank des Unternehmens erbeten werden. Sie sollte möglichst aktuell sein.
Nachweis einer Betriebshaft-pflichtversicherung/Berufshaft-pflichtversicherungsdeckung
Häufig werden Mindestanforderun-gen an die Versicherungsleistung (Mindestdeckungssummen) und die versicherten Schäden (Personen-, Sach- und/oder Vermögensschäden) gefordert.
Eigenerklärung bzw. Versiche-rungsbescheinigungen sind erhältlich bei der jeweiligen Ver-sicherung beziehungsweise beim Versicherungsvermittler.
Vorlage von Bilanzen oder Bilanzauszügen
Sofern das Gesellschaftsrecht die Offenlegung vorschreibt: bei Kapi-talgesellschaften und im Einzelfall bei OHG und KG.
III.2.3) Technische Leistungsfähigkeit
Definition: Technisch leistungsfähig ist, wer als Unternehmer über die technischen Mittel verfügt, um den Auftrag fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können. Zur technischen Leistungsfähigkeit im Sinne der EU- Bekanntma-chungsformulare zählt auch die Fachkunde eines Unternehmens. Als fachkundig ist ein Unternehmen anzusehen, dessen Mitarbeiter über die notwendige Sachkenntnis und Erfahrung verfügen, um die ausgeschriebene Leistung fachge-recht vorbereiten und ausführen zu können
Referenzen über vergleichbare Aufträge Beschreibung vergleichbarer früherer Projekte, die in Art und Umfang dem ausgeschriebenen Auftrag entsprechen
In der Regel Angabe der wesent-lichen Leistungen der letzten drei Jahre mit folgenden Angaben: Auftragswert, Leistungszeitraum, Beschreibung der erbrachten Leistung, Name und Anschrift des Auftraggebers, Ansprechperson mit Kontaktdaten.
Eigenerklärung oder bei Leistungen an öffentliche Auftraggeber durch eine von der zuständigen Behörde ausgestellte oder beglaubigte Bescheinigung,bei Leistungen an private Auf-traggeber durch eine von diesen ausgestellte Bescheinigung.
Beschreibung der technischen Ausrüstung (Maschinen-, Geräte- und Fahrzeugausstattung)
In der Regel Eigenerklärung.
Angaben zur Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter
Zahl der in den letzten drei Ge-schäftsjahren jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer.
Nachweise zum Qualitäts- management
In der Regel unter Bezugnahme auf europäische Normen, zum Beispiel DIN EN ISO 9000 ff.
Eigenerklärung oder Nachweis mit Hilfe eines Zertifikatsüberein Qualitätsmanagement-system.
Angaben über die technische Leitung
Darunter zu verstehen sind Angaben zur Qualifikation des Führungspersonals.
In der Regel Eigenerklärung mit Angabe von Namen der Personen und berufliche Qualifikationen.
Muster, Beschreibungen, Fotografien
Nur bei Lieferaufträgen. Proben und Muster sind so ein-zureichen, wie vom Auftraggeber gefordert. Sie müssen deutlich als solche gekennzeichnet sein.
Studiennachweise und Beschei-nigungen über die berufliche Befähigung, insbesondere der für die Leitung verantwortlichen Personen
Abschlusszeugnis, Studiennach-weis, Nachweis über berufliche Fortbildung, Bescheinigung über die berufliche Befähigung, etwa mit Hilfe von Lebensläufen und Arbeits-zeugnissen.
Eigenerklärung – zum Teil wird eine Gliederung nach Berufs- gruppen gewünscht.
Normen Umweltmanagement Angaben über die Organisation des Unternehmens im Hinblick auf die Erfüllung von Umweltzielen.
Als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit, Bescheinigung unabhängiger Stellen wie etwa EMAS (Eco-Management and Audit-Scheme) oder DIN EN ISO 14001.
Zubeachtensinddarüberhin-aus etwaige landesspezifische Regelungen je nach Bundesland
Erklärung zur Tariftreue* In der Regel in Form einer Eigen-erklärung.
Vergabespezifischer Mindestlohn*
Je nach Bundesland und Branche.
Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen
In der Regel in Form einer Eigen-erklärung.
* Siehe Übersicht unter http://www.forum-vergabe.de/vergaberechtliche-informationen/weiterfuehrende-informationen/
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 6: Welche Fristen gilt es zu beachten?
Inhalt: 1. Wo finden Bieter die maßgeblichen Fristen? 2. Welche Fristen gibt es? 3. Nach welchen Regeln wird die Dauer der Fristen bemessen? 4. Übersicht Fristen EU-weite Vergabeverfahren
1. Wo finden Bieter die maßgeblichen Fristen? Die Fristen für die Bearbeitung und Abgabe der Angebote bzw. der Teilnahmeanträge finden sich in der Bebekanntmachung (s. Checkliste Bekanntmachung) und den Vergabeunterlagen (s. Checkliste Vergabe-unterlagen). Auch die übrigen Fristen finden Sie in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen.
2. Welche Fristen gibt es? Die Anforderungsfrist (Ausschlussfrist) besagt, dass bis zu diesem Termin die Ausschreibungs-
unterlagen angefordert werden können. Innerhalb der Teilnahme- oder Bewerbungsfrist (Ausschlussfrist) muss der Teilnahmeantrag
(inkl. der geforderten Unterlagen) eingereicht worden sein. Unter der Angebotsfrist (Ausschlussfrist) wird der Zeitraum verstanden, in dem Sie Ihr Angebot
erarbeiten und beim Auftraggeber einreichen müssen.
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
Erteilungvon
Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
Vorab-information
an unterlegene
Bieter
Bekanntmachung über vergebene Aufträge ABl. EU
Grafik: Stufen eines Vergabeverfahrens
Mit dem Ablauf der Angebotsfrist beginnt die Bindefrist. Innerhalb dieses Zeitraums sind Sie an Ihr Angebot gebunden. Nach Ablauf der Angebotsfrist können Sie Ihr Angebot nicht mehr ändern oder zurückziehen.
Bindefrist undZuschlagsfristhaben eine identische Laufzeit. Innerhalb der Zuschlagsfrist entscheidet die Vergabestelle über den Zuschlag. Die Zuschlagsfrist sollte nicht länger als der Zeitraum bemessen sein, den der Auftraggeber voraussichtlich benötigt, um die Angebote zu prüfen und zu werten und das wirtschaftlich günstigste Angebot auszuwählen.
Innerhalb einer ausreichend bemessenen Ausführungsfrist sollte der Auftrag ausgeführt werden.
Hinweis: Sie können Ihr Angebot auf eine Ausschreibung nur bis zum Ablauf der Angebots-frist zurückziehen. Dies kann erforderlich sein, wenn Sie sich verkalkuliert haben oder die Kapazitäten Ihres Unternehmens zwischenzeitlich anderweitig gebunden sind und die Aus-führung des Auftrags gefährdet wäre. Die Rücknahme ist nur gültig, wenn sie in derselben Form erfolgt wie die Angebotsabgabe.
3. Nach welchen Regeln wird die Dauer der Fristen bemessen?Bei Ausschreibungen von Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte) gilt: Es gibt keine Mindestfristen für die Teilnahme und die Angebotsabgabe. Die Fristen sollten ausreichend sein. Über die Angemessenheit der Fristen entscheidet die Vergabestelle. Üblicherweise werden zehn Kalendertage für die Angebotsfrist als absolutes Minimum angesehen.
Bei Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte (s. Checkliste Schwellenwerte ) gibt es weniger Spielraum bei der Bestimmung der Fristen: Je nach Vergabeverfahren gelten für die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten unter-
schiedliche Fristen. Die Fristen werden ab Absendung der Bekanntmachung berechnet und gelten daher nicht ab dem
Veröffentlichungsdatum. Der Tag der Absendung wird dabei nicht mitberechnet. Erster Tag der Ange-bots- beziehungsweise Bewerbungsfrist ist damit der Tag nach Absendung der Bekanntmachung.
Die Fristen enden mit Ablauf der letzten Stunde des letzten Tages der Frist. Gibt der Auftraggeber nicht nur den Tag des Fristablaufs an, sondern auch eine Uhrzeit, so endet die
Frist zu diesem Zeitpunkt. In die Fristen werden alle Kalendertage einbezogen, Feiertage, Sonnabende und Sonntage werden
mitgezählt.
Hinweis: Das Verspätungsrisiko tragen grundsätzlich Sie als Bieter, Sie müssen also dafür Sorge tragen, dass Ihr Angebot fristgerecht eingeht. Eine Ausnahme greift nur dann, wenn Sie die Gründe für die Verspätung nachweislich nicht zu vertreten haben.
Frist Wann Offenes Verfahren Nicht offenes
Verfahren
Wettbewerblicher Dialog, Verhand-lungsverfahren
Für Übersendung der Vergabe- unterlagen
- sechs Tage - -
für die Beantwortung
von Auskünften
immer bis spätestens sechs Tage vor Ablauf Angebotsfrist
bis spätestens vier Tage vor Ablauf Angebotsfrist
bis spätestens vier Tage vor Ablauf Angebotsfrist
Bewerbungsfrist/Teilnahmefrist
Im Regelfall - 37 Tage 37 Tage
bei besonderer Dringlichkeit
- 15 Tage (zehn Tage bei elektronischer Erstellung der Be-
kanntmachung und Übermittlung)
15 Tage (zehn Tage bei elektronischer
Erstellung der Bekanntmachung und Übermittlung)
bei elektronischer Übermittlung
- 30 Tage mindestens zehn Tage
Angebotsfrist Im Regelfall 52 Tage 40 Tage ausreichend Zeit
bei elektronischer Erstellung und Übermittlung
45 Tage 33 Tage nicht geregelt
bei Bereitstellung aller Vergabeunter-lagen elektronisch
40 Tage 35 Tage nicht geregelt
nach einer Vorinformation
22 bis 36 Tage (15 bis 19 Tage
bei elektronischer Erstellung der Be-
kanntmachung und Übermittlung)
22 bis 36 Tage ausreichend Zeit
bei besonderer Dringlichkeit
- zehn Tage ausreichend Zeit
Bindefrist/ Zuschlagsfrist
immer angemessen angemessen angemessen
Vorabinformation immer 15 Tage (zehn Tage bei elektronischer
Erstellung der Bekanntmachung und Übermittlung)
4. Übersicht Fristen EU-weite Vergabeverfahren
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 7: Die Angebotsabgabe
Inhalt: 1. „To-Dos“ zu Beginn und während des Verfahrens 2. „To-Dos“ für die Angebotserstellung
1. „To-Dos“ zu Beginn und während des Verfahrens Vergabebekanntmachung (s. Checkliste Bekanntmachung) prüfen. Bei Unklarheiten: nachfragen! Anforderung bzw. Download der Vergabeunterlagen (s. Checkliste Vergabeunterlagen). Ausschreibungsunterlagen auf Vollständigkeit durchsehen (Übersicht der Anlagen im Angebots-
schreiben). Diese Prüfung sollte unverzüglich – also so schnell wie möglich – erfolgen. Fehlende Unterlagen sofort nachfordern!
Entscheidung treffen, ob Unternehmen Angebot abgeben kann/will. Bieterfragen unverzüglich schriftlich stellen. Zum Beispiel bei Unklarheiten, missverständlichen
Formulierungen, Widersprüchen zwischen Vergabebekanntmachung und Vergabeunterlagen. An den richtigen Adressaten richten (in der Ausschreibung angegeben). Fragen klar und präzise formulieren, Abhilfevorschläge unterbreiten. Auf Form achten: per E-Mail/Telefax.
Bei europaweiter Ausschreibung (oberhalb der Schwellenwerte s. Checkliste Schwellenwerte): Vergabebekanntmachung und Vergabeunterlagen auf Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen prüfen. Bei Vorliegen und sofern Vergabestelle nicht korrigiert: unverzügliche Rüge (s. Checkliste Rüge) – spätestens bis Ablauf der Angebotsfrist (s. Checkliste Fristen).
Fristen- und Organisationsplanung (vor allem für die Erarbeitung des Angebotes, z.B. für die recht-zeitige Beschaffung von Nachweisen oder für den Einsatz von Nachunternehmern etc.) erstellen.
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
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Prüfung und Wertung der Angebote
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Bieter
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2. „To-Dos“ für die AngebotserstellungWelche Nachweise müssen eingereicht werden? (s. Checkliste Eignungsnachweise); Liste aller
verlangten Nachweise erstellen; ggf. nachfragen bei Unklarheiten etc. oder überzogene bzw. „unmöglich“ zu beschaffende Nachweise rügen (s. Checkliste Rüge)!
Originalvordrucke und Formulare des Auftraggebers verwenden. Angebotsvordrucke vollständig ausfüllen, auch nicht ausgefüllte/auszufüllende Formulare zurücksenden.
Anschreiben an Auftraggeber ohne eigene AGB oder andere Bedingungen. Alle vom Auftraggeber geforderten Preisangaben so wie gefordert eintragen (in EUR), keine
Mischkalkulation vornehmen. Keine Änderungen/Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vornehmen (keine Streichungen,
Randnotizen, nicht vorgesehene Eintragungen). Achtung: Unzulässig sind grundsätzlich auch (noch so geringfügige) inhaltliche Abweichungen von der geforderten Leistung! –> ggf. Nebenangebot abgeben, wenn zugelassen.
Eigene Fehler im Angebot deutlich durchstreichen, korrigieren, mit Namen(-szeichen) und Datum versehen.
Alle Anlagen beifügen. Sämtliche Nachweise und Erklärungen abgeben. Achtung! Darauf achten, in welcher Form Nachweise
gefordert werden (Original, Kopie, Eigenerklärung) und wie aktuell die Nachweise sein müssen (s. Checkliste Eignungsnachweise)!
Keine Hinweise auf die eigenen AGB (auch nicht im Anschreiben o.ä.) vornehmen. Keine weiteren, nicht vom Auftraggeber geforderten Unterlagen beifügen. Vorgaben des Auftraggebers für den Versand der Unterlagen genau einhalten
(doppelter Umschlag? Kennzeichnung als Angebot auf Umschlag?) Unterschriften an der oder den vorgesehenen Stellen leisten.
Achtung: Bei Bietergemeinschaften Unterschriften durch alle Mitglieder. Unterschriften mit Datum und Firmenstempel versehen. Wenn Nebenangebote zugelassen sind: Nebenangebote auf separater Unterlage und als Neben-
angebot deutlich gekennzeichnet abgeben. Die vom Auftraggeber geforderte Gleichwertigkeit (auch ohne entsprechende Aufforderung!) durch geeignete Unterlagen/Nachweise zweifelsfrei belegen.
Sofern Beteiligung als Bietergemeinschaft erfolgt: Benennung des bevollmächtigten Vertreters. Auf übersichtliche Angebotsgestaltung achten, ggf. vom Auftraggeber vorgegebene Gliederung
einhalten. Angebot in der richtigen Form abgeben, z.B.: Keine Angebotsabgabe per E-Mail, wenn schriftliches
Angebot gefordert ist. Rechtzeitiger Versand des Angebots: Vorgaben genau einhalten (Kennzeichnung als Angebot auf eine
Ausschreibung mit Hilfe des Angebotskennzettels), insbesondere auf korrekte Adressierung achten.
Tipp: Bei der Angebotsabgabe sollte auf ein zusätzliches Anschreiben verzichtet werden (häufige Fehlerquelle).
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 8: DieAngebotswertung–ZumZuschlaginvierStufen
Inhalt: Wie läuft die Bewertung der Angebote ab? 1. Prüfungsstufe: Formale und inhaltliche Prüfung des Angebots 2. Prüfungsstufe: Eignungsprüfung 3. Prüfungsstufe: Angemessenheit der Angebotspreise 4. Prüfungsstufe: Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes
Wie läuft die Bewertung der Angebote ab?Die Prüfung und Wertung der Angebote muss in vier Stufen ablaufen, deren Reihenfolge vom Auftrag-geber zwingend einzuhalten ist. Nach Ablauf der Angebotsfrist werden die Angebote geöffnet. Anwesend sind hier zwei Vertreter der Vergabestelle (Vier-Augen-Prinzip).
Wichtig: Falls auch nur einer der folgenden Prüfschritte ein negatives Ergebnis hat, wird Ihr Angebot zwingend ausgeschlossen.
1. Prüfungsstufe: Formale und inhaltliche Prüfung des Angebots In dieser Stufe erfolgt die formale und inhaltliche Prüfung des Angebots. Es wird u.a. geprüft, ob das Angebot form- und fristgerecht eingereicht wurde, ob es an den geforderten Stellen unterzeichnet ist, ob die geforderten Unterlagen vollständig eingereicht wurden, ob das Angebot die geforderten Preisangaben enthält,
Vorberei-tung /Definition Auftrags-gegen-stand
Versand der Vergabeunterlagen
Auftrags-bekannt-machung ABl. EU
Erteilungvon
Auskünften an Bieter
Prüfung und Wertung der Angebote
Angebotsfrist Zuschlag
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an unterlegene
Bieter
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EU Vergabeverfahren: Offenes Verfahren
ob das Angebot fachlich richtig ist, ob in dem Angebot unzulässige Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vor-
ge nommen wurden, ob es Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Abrede gibt (z. B. gleich gestaltete Angebote
bei Schwesterunternehmen o. ä.), und ob möglicherweise Nebenangebote abgegeben wurden, obwohl diese nicht zugelassen waren.
Vollständig ist ein Angebot, wenn es unterschrieben beziehungsweise elektronisch signiert und komplett ausgefüllt ist, und dazu noch alle Erklärungen/Nachweise und Preise sowie alle vom Bieter benannten Anlagen enthält. Bei der Prüfung der rechnerischen Richtigkeit geht es darum, Rechen- und Übertragungsfehler festzustel-len. Fehlkalkulationen fallen in die Risikosphäre des Unternehmens. Fachlich richtig ist ein Angebot, wenn die technischen Angebotsinhalte den Anforderungen in der Ausschreibung entsprechen.
2. Prüfungsstufe: EignungsprüfungIm nächsten Schritt überprüft die Vergabestelle die Eignung der Bieter auf der Grundlage der geforderten Nachweise (s. Checkliste Eignungsnachweise). Die Vergabestelle prüft dabei, ob die vorgelegten Nachwei-se für die Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters) die Prognose stützen, dass der Bieter die ausgeschriebene Leistung (ggf. auch durch „fremde“ Ressourcen) Vertragsgerecht er-bringen kann. Im nichtoffenen und ggf. im Verhandlungsverfahren wird die Eignungsprüfung vorgezogen und schon im Teilnahmewettbewerb durchgeführt.Die Eignungsprüfung folgt keinem streng schematisierten Ablauf. Bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters hat die Vergabestelle einen weiten Spielraum. Die Vergabestelle ist aber gehalten, ihre Entschei-dung auf einer möglichst breiten Tatsachengrundlage zu treffen. Sie darf dabei nur gesicherte Erkennt-nisse berücksichtigen. Schlechte Erfahrungen (auch anderer („fremder“) öffentlicher Auftraggeber) mit einem Bieter können grundsätzlich berücksichtigt werden, erforderlich ist aber stets eine Prüfung im Einzelfall und eine sorgfältige Dokumentation. Dort werden auf der Grundlage der eingereichten Unter-lagen die Bieter ausgewählt, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen.
Die Prüfung vollzieht sich in zwei Stufen: Auf der ersten Stufe erfolgt die formelle Eignungsprüfung: Sind alle geforderten Nachweise
vorhanden? Auf der zweiten Stufe erfolgt eine inhaltliche Eignungsprüfung, die der Frage nachgeht, ob sich aus
den vorgelegten Nachweisen eine hinreichende Eignung des Bieters für die Ausführung des Auftrags entnehmen lässt.
• Eine maßgebliche Frage kann dabei z. B. sein, ob die angegebenen Referenzen mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sind.
• „Vergleichbar“ heißt nicht „gleich“; die Referenzen müssen sich aber auf Aufträge beziehen, die nach Art und Umfang dem ausgeschriebenen Auftrag inhaltlich entsprechen.
• Die den ausgeschriebenen Auftrag prägenden Elemente, also die Schwerpunkte der Leistung, müssen in den „vergleichbaren“ Referenzleistungen ebenfalls erbracht worden sein.
• Letztendlich muss die Vergabestelle beurteilen, ob die Referenzen den hinreichend sicheren Schluss auf Leistungsfähigkeit und Fachkunde des Bieters zulassen. Dabei hat die Vergabestelle einen Beurteilungsspielraum.
Sie können sich als Bieter zum Nachweis Ihrer Eignung auch der Fähigkeiten (Ressourcen, Kapazitä-ten, Personal etc.) eines anderen Unternehmens bedienen (z.B.: Nachunternehmer, Mutterkonzern). In diesem Zusammenhang spricht man auch von „Eignungsleihe“.
Dann müssen Sie jedoch dem Auftraggeber gegenüber nachweisen, dass Ihnen die Mittel des anderen Unternehmens im Auftragsfall bei der Ausführung des Auftrags dann auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Dies geschieht in der Praxis i. d. R. durch eine – häufig vom Auftraggeber als Formblatt vorge-gebene – entsprechende Verpflichtungserklärungen o.ä.
Bei Bietergemeinschaften muss jedes Mitglied seine Zuverlässigkeit nachweisen; für die weiteren Eig-nungsmerkmale Fachkunde und Leistungsfähigkeit kommt es hingegen grundsätzlich auf die Eignung der Bietergemeinschaft insgesamt an.
Ein Nachfordern fehlender Eignungsnachweise muss mit einer Frist von sechs Kalendertagen (VOB/A) beziehungsweise kann unter Setzung einer angemessenen Frist erfolgen (VOL/A).ABER: Nachfordern heißt nicht „Nachbessern“ der Nachweise! Fehlende Preisangaben kön-nen grundsätzlich nicht nachgefordert werden – unter bestimmten Voraussetzungen wird hiervon in den Vergabeordnungen eine Ausnahme für eine unwesentliche Position (VOB/A) bzw. für unwesentliche Einzelpositionen (VOL/A) gemacht.
3. Prüfungsstufe: Angemessenheit der AngebotspreiseIn der dritten Prüfungsstufe geht es um die Angemessenheit der Preise. Dabei prüft die Vergabestelle, ob ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist oder ob ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vorliegt. Gegenstand der Prüfung ist dabei grundsätzlich der Gesamtpreis des Angebots. Ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt, kann beispielsweise durch den Vergleich mit den ande-ren eingegangenen Angeboten festgestellt werden. Auch die im Vorfeld des Vergabeverfahrens vorgenom-mene Schätzung des voraussichtlichen Auftragswertes durch die Vergabestelle kann hierfür herangezogen werden. Auch kann ein Vergleich mit den Ergebnissen früherer Ausschreibungen stattfinden. Ungewöhnlich niedrig ist ein Angebot, wenn der Preis von den Erfahrungswerten einer wettbewerblichen Preisbildung erheblich abweicht. Dabei ist nicht allein der Preisabstand der Angebote maßgeblich, son-dern es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der niedrige Preis kein Wettbewerbspreis ist. Ist die Abweichung hinsichtlich der Gesamtsumme größer als 20 Prozent (im Baubereich: 10 Prozent), so dürfte ein Aufklärungsbedürfnis vorliegen. Eine Faustregel gibt es nicht; es kommt stets auf den Einzelfall an.
Wichtig: Ein automatischer Ausschluss ist unzulässig. Die Vergabestelle muss zunächst auf den Bieter zugehen und eine nähere Aufklärung über die Preisbildung verlangen. Hierzu fordert sie den betroffenen Bieter zu einer (schriftlichen) Stellungnahme in Textform inner-halb einer angemessenen Frist (in der Regel von einer Woche) auf. Der betroffene Bieter muss dann darlegen und mit geeigneten Mitteln nachweisen, dass sein Angebot auskömm-lich ist. Auch Unterkostenangebote können von öffentlichen Auftraggebern beauftragt werden. Der Bieter muss dann allerdings nachweisen, dass er den Auftrag vertragsgerecht erbringen kann.
4. Prüfungsstufe: Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes Erst in der vierten Stufe erfolgt die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes durch eine vergleichende Betrachtung der Angebote. In dieser letzten Stufe bewertet die Vergabestelle die eingereichten Angebote. Dies darf allein auf der Grundlage der vorab festgelegten und den Bietern bekannt gegebenen Zuschlagskriterien geschehen. Die Zuschlagskriterien müssen durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein. Neben Betriebs- und Folge-kosten können hier auch qualitative Aspekte wie Umwelteigenschaften oder Serviceleistungen berücksich-tigt werden. Aber auch Liefer- beziehungsweise Ausführungszeiten können von Bedeutung sein. Erfah-rungsgemäß spielt jedoch der Preis die herausragende Rolle; er darf bei der Angebotswertung jedenfalls keine völlig untergeordnete Rolle spielen, d.h. er darf nicht weniger als 30% gewichtet werden. Die Zuschlagskriterien müssen bei europaweiten Ausschreibungen einschließlich ihrer Gewichtung in der Vergabebekanntmachung, spätestens aber in den Vergabeunterlagen genannt werden, um es den Bietern zu ermöglichen, bei ihrer Angebotserstellung die Wertungskriterien und ihre Gewichtung zu berücksichtigen. Im Ergebnis wird dasjenige Unternehmen beauftragt, welches die drei ersten Stufen erfolgreich absolviert hat und darüber hinaus die Zuschlagskriterien bestmöglich erfüllt; dessen Angebot also letztlich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf der Basis der veröffentlichten Zuschlagskriterien offeriert. Eine erneute Eignungsprüfung der Bieter ist in der vierten Stufe unzulässig.
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
Checkliste 9: Bieterrechte: Die Rüge
Inhalt: 1. Überblick 2. Wie gehen Sie als Bieter bei der Erhebung einer Rüge vor? 3. Reaktion des Auftraggebers 4. Was müssen Bieter tun, wenn der Auftraggeber ihrer Rüge nicht abhilft?
Bei EU-weiten Vergabeverfahren müssen Sie die von Ihnen erkannten Vergabeverstöße bzw. aus der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen erkennbaren Verstöße bei der Vergabestelle rügen (= beanstanden). Ohne eine solche Rüge ist ein späteres Nachprüfungs-verfahren vor der Vergabekammer grundsätzlich nicht möglich.
1. Überblick Ziel:Mit der Rüge soll der Vergabestelle die Korrektur von Verfahrensverstößen im frühestmöglichen
Stadium ermöglicht werden; zugleich wahren Sie Ihre Rechte als Bieter und halten sich die Möglichkeit offen, evtl. ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten.
Form der Rüge: Schriftform nicht vorgeschrieben; aus Beweisgründen am besten schriftlich (vorab per Telefax).
Adressat: Auftraggeber, nicht Beratungsbüro o.ä. Inhalt: • Beanstandung muss zum Ausdruck kommen; keine Fragen, Bitten o.ä. • Vergabeverstoß konkret benennen („einseitig“, „unverhälnismäßig“, „zu kurz“ etc.), aber: Angabe
der einschlägigen Vergaberechtsvorschriften oder nähere Ausführungen zur Rechtslage nicht erforderlich.
• Zur Abhilfe auffordern. • Voraussetzung: „Unverzüglich“ nach „positiver“ (= tatsächlicher) Kenntnis eines Verstoßes
bzw. bei Erkennbarkeit aufgrund der Bekanntmachung oder der Vergabeunterlagen. Frist: • Generell „unverzüglich“, also so schnell wie möglich; je nach Verstoß am besten innerhalb von ein
bis drei Tagen bzw. innerhalb einer Arbeitswoche; maximale Obergrenze: zwei Wochen nach „positiver“ (= tatsächlicher) Kenntnis des Verstoßes.
• Bei Vergabeverstößen, die aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Bewerbungs- oder Angebotsfrist (s. Checkliste Fristen).
2. Wie gehen Sie als Bieter bei der Erhebung einer Rüge vor? Sachlich und freundlich, aber bestimmt; in Kenntnis der eigenen Rechte als Bieter (vgl. § 97 Abs. 7 GWB:
Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabe-verfahren einhält).
Abhilfevorschläge unterbreiten. Ggf. sollten Sie eine Rüge durch eine Frage zur Aufklärung des Sachverhalts vorbereiten; aber Vorsicht!
Durch eine Frage dokumentieren Sie, dass Sie sich mit den Vergabeunterlagen bereits befassen, daher beginnt ggf. die Rügefrist zu laufen.
3. Reaktion des Auftraggebers Auftraggeber trifft keine Reaktionspflicht, wenn keine Reaktion: Nachprüfungsantrag!? Auftraggeber darf (und muss ggf.) Vergabeunterlagen ( z.B. rechtswidrige Vorgaben) korrigieren. Korrigierte Unterlagen müssen allen Bietern übersandt werden (Gleichbehandlungsgebot). Klausel: „Enthalten Vergabeunterlagen nach Auffassung des Bieters Unklarheiten, hat der Bieter unver-
züglich den Auftraggeber vor Angebotsabgabe darauf hinzuweisen“ ist zulässig und in der Praxis häufig. Statt Aufklärungsrüge z.B. auch Haupt- und Nebenangebot möglich.
4. Was müssen Bieter tun, wenn der Auftraggeber ihrer Rüge nicht abhilft? Nachprüfungsverfahren beantragen? Bis wann müssen Sie tätig werden? § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB: Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig,
wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de