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Ausschreibungen für Übersetzungsleistungen gestalten

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Die Gestaltung von Ausschreibungen für Übersetzungsleistungen orientiert sich an den Zielen, die mit den anzufertigenden Übersetzungen erreicht werden sollen.

Dabei sind sowohl die Ziele der Auftraggeber, als auch die Ziele der potenziellen Auftragnehmer zu berücksichtigen.

Ein wichtiger Aspekt sind hierbei die Risiken, die sowohl auf Seiten der Auftraggeber als auch für die Auftragnehmer entstehen und die durch eine guten Ausschreibung nach Möglichkeit minimiert werden sollten.

Bei der Betrachtung einer Ausschreibung können und sollten die verschiedenen Phasen be-rücksichtigt werden. Jede der möglichen Phasen hat ihre eigenen Charakteristika.

Ausschreibungen verursachen einen nennenswerten Arbeitsaufwand. Die Gestaltung der einzelnen Phasen sollte daher sowohl diesen Aufwand als auch die Erreichung der gesetzten Ziele unterstützen.

Beispielhaft werden einige Elemente, die oft im Rahmen von Ausschreibungen eingesetzt werden betrachtet.

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Die Ziele des Auftraggebers erscheinen auf den ersten Blick einfach. Es werden Übersetzungen benötigt. Allerdings ist dieser Bedarf wohl nur in den seltensten Fällen reiner Selbstzweck. Üblicherweise sind die angeforderten Übersetzungen vielmehr Mittel zur Erreichung weiterer Ziele, wie dem Verkauf von eigenen Produkten oder Leistungen in anderen Zielmärkten.

Von daher sind auch die Ziele, die mit einer Ausschreibung von Übersetzungsleistungen verbunden sind, differenzierter zu betrachten.

Einerseits geht es natürlich um Anforderungen an die Verfügbarkeit und Güte von Übersetzungen. Andererseits stehen die damit verbundenen Aufwendungen, also die letztlich zu berücksichtigenden Kosten im Blickfeld. Dabei sind nicht nur die Kosten, die durch die Lieferung der Übersetzungen zu betrachten, sondern eigentlich auch die Kosten, die intern beim Auftraggeber entstehen. Diese beinhalten sowohl die Prozesskosten für die Organisation und Beschaffung von Übersetzungen, als auch ggf. erforderliche Aufwendungen für die Qualitätssicherung, wie bspw. die Prüfung von Übersetzungen in einem Incountry-Review oder ähnlichem.

Neben den direkten Kosten ist auch das Risiko zu berücksichtigen, das dadurch entsteht, dass Übersetzungen nicht, nicht in der erforderlichen Güte oder zum erforderlichen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Dies kann Auswirkungen sowohl auf verbundene Produktionsprozesse oder den Erfolg in anderen Märkten haben. Eine nicht ausreichende Güte von Übersetzungen, die bspw. in Content-Management-Systemen importiert werden, kann erheblichen Korrekturaufwand bedeuten. Die Sicherheit, mit der ein Lieferant die gewünschte Leistung erbringt, ist daher auch im Rahmen einer Ausschreibung zu betrachten.

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Aus Sicht der Auftragnehmer oder noch potenziellen Auftragnehmer stellen sich die Ziele sehr ähnlich dar. Neben der geforderten Qualität und den einzuhaltenden Terminen ist auch die zeitliche Verteilung der einzelnen Aufträge oder Abrufe zu beachten. Starke Schwankungen in der Auslastung können zu erhöhten Kosten führen oder sich nachteilig auf die Qualität auswirken und sind demnach in den Kalkulationen zu berücksichtigen.

Neben dem zu erwartenden Budget, das sich aus dem Umfang der Leistungsanforderungen ergibt, betrachten Auftragnehmer vor allem den Aufwand, der zur Leistungserbringung erforderlich ist. Dabei hängt der Aufwand für die Leistungserbringung von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ab. Neben Ausgangs- und Zielsprache der Übersetzungen sind auch die Textsorten und Fachgebiete zu betrachten, denn sie können es erforderlich machen unterschiedliche Übersetzer mit dem jeweils passenden Qualifikationsprofil einzusetzen. Bei einer großen Spreizung kann dies den Bedarf an die Anzahl der einzusetzenden Übersetzer stark erhöhen. Auch spezielle Anforderungen bspw. an eine einzusetzende Technologie oder bestimmte Abläufe haben einen Einfluss auf den zu kalkulierenden Aufwand.

Nur wenn für Auftragnehmer ein gewisses Maß an Sicherheit erreicht werden kann, können diese Investitionen bspw. in Technologie oder personelle Ressourcen rechtfertigen. Hier zeigt sich, dass auch aus Sicht der Auftraggeber, die Ziele von Auftragnehmern in einer Ausschreibung berücksichtigt werden sollten, denn nur dann werden Auftragnehmer bereit sein, die spätere Zusammenarbeit mit den gewünschten Investitionen in Technologie oder Personal zu unterlegen.

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Weder Auftraggeber noch Auftragnehmer sind in sich homogene Organisationen. Die verschiedenen Abteilungen und deren Mitarbeiter verfolgen jeweils eigene Ziele, die sich nicht komplett mit der Zielsetzung der Unternehmen decken.

Abteilungen wie die Redaktion oder auch vielleicht das Marketing interessieren sich üblicherweise eher für die Güte der Übersetzungen und auch für terminliche Fragen. In diesem Sinn haben sie oft die gleichen Interessen wie die Übersetzer selbst, die letztlich einen wesentlichen Teil der Leistungen erbringen.

Hingegen ist der Einkauf und auch allgemein der Lieferant oft eher an den finanziellen Aspekten der Zusammenarbeit interessiert.

Es gibt aber auch andere Abteilungen wie bspw. die IT, die sich für Fragen der Sicherheit (hier oft in einem anderen Kontext wie bspw. der Informationssicherheit) interessiert.

In der Folge sind diese unterschiedlichen Interessen auch bei der Gestaltung des Ausschreibungsprozesses und der Verantwortlichkeiten zu berücksichtigen, damit diese nicht in eine interne Konkurrenz kommen, die den Erfolg der Ausschreibung gefährden würde.

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Letztlich ist sowohl die Durchführung als auch die Teilnahme an einer Ausschreibung immer eine Abwägung zwischen Risiko und Sicherheit.

Aus Sicht der Auftraggeber liegt das Risiko in der Auswahl des am besten geeigneten Dienstleisters und in der späteren Umsetzung gemäß seiner Anforderungen.

Für den Auftragnehmer besteht das Risiko in der Umsetzbarkeit seiner Kalkulation.

Dabei ist die Minimierung der Risiken in beiderseitigem Interesse.

Eine Möglichkeit um Risiken zu minimieren, besteht in einem weitgehend transparenten Austausch von Informationen und durchaus auch in einem „fairen“ Umgang miteinander. Gegenseitige Wertschätzung und die Berücksichtigung der Situation der jeweils anderen Seite können am Ende den Erfolg einer Ausschreibung, d.h. die Minimierung von Risiken fördern.

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Im zweiten Teil des Vortrags stehen die Phasen einer Ausschreibung im Blickfeld.

Der strukturierte Ablauf einer Ausschreibung und eine sachgemäße Vorbereitung der einzelnen Phasen begrenzen den Aufwand der einzelnen Phasen und sollen die Zielerreichung der Ausschreibung unterstützen.

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Eine durchaus verbreitete Auffassung ist, dass Ausschreibungen ganz einfach strukturiert werden können. Man fordert potenzielle Auftragnehmer mittels eines RFQ (Request for Quotation) auf, ein Angebot abzugeben, wertet dieses aus, führt mit einigen Anbietern eine Verhandlung durch und hat im Ergebnis seinen zukünftigen Dienstleister gefunden.

Das gesamte Verfahren liegt oft in der Verantwortung des Einkaufs, der ja genau dafür da ist.

In der Praxis zeigt sich, dass derart kurze Verfahren oft nicht zum gewünschten Ziel führen. Dies liegt zum einen in dem Umstand begründet, dass die Erbringung von Übersetzungsleistungen ein durchaus komplexer Prozess ist. Andererseits handelt sich es um ein Zukunftsversprechen, denn die eigentliche Leistung wird erst nach Vertragsschluss erbracht.

Beide Umstände erfordern ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen. Auftragnehmer vertrauen darauf, dass die Qualität der Ausgangstexte und die Zusammensetzung der Aufträge bezüglich Verteilung und Textsorten entsprechend der Ankündigungen erfolgen. Und Auftraggeber vertrauen darauf, dass die Güte der Übersetzungen durch den Einsatz der entsprechend qualifizierten Übersetzer und geeigneter Prozesse den gestellten Anforderungen genügt und diese dann auch noch zum benötigten Termin verfügbar sind.

Gleichzeitig sind Übersetzungen nur schwer hinsichtlich der Güte objektiv bewertbar.

Um diese Probleme zu vermeiden, braucht es einen ganzheitlicheren Ansatz schon bei der Gestaltung der Ausschreibung.

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Bei einem ganzheitlichen Ansatz, der aus dem Blickwinkel der Risikominimierung startet, strukturiert sich eine Ausschreibung in deutlich mehr Phasen.

Beginnend mit der Vorbereitung, die zumeist in der Erstellung eines differenzierten Lastenheftes mündet werden zunächst die potenziellen Lieferanten in einer Shortlist ermittelt. Erst danach erfolgt die eigentliche Ausschreibung bis hin zu den Verhandlungen und der Auswahl eines Lieferanten.

Die sich anschließende Setup-Phase ermöglicht es beiden Seiten, die getroffenen Vereinbarungen in der Praxis umzusetzen und auch ggf. erforderliche Anpassungen zu verhandeln.

Sogar die letztliche Arbeitsphase sollte bereits im Rahmen der Ausschreibung berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Vereinbarungen auch von beiden Seiten eingehalten werden.

Durch eine frühzeitige Reduzierung der Teilnehmer an der Ausschreibung und ein insgesamt transparentes Verfahren kann trotz der zusätzlichen Phasen der Aufwand der Ausschreibung auf ein notwendiges Maß beschränkt werden.

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Neben den fachlichen Anforderungen an die zu erbringenden Übersetzungsleistungen sind auch weitere Erwartungen zu formulieren. Diese betreffen einerseits die Erwartungen an den Dienstleister, wie bspw. Größe, Erfahrung, Qualifikation der Mitarbeiter oder auch verfügbare Technologien. Die Formulierung dieser Erwartungen dient später zur Erstellung einer Shortlist potenzieller Lieferanten.

Andererseits sind aber auch hier bereits die Erwartungen des Dienstleisters zu berücksichtigen, die einen Einfluss auf die Gestaltung und Kalkulation des Angebotes haben können. Dazu gehören bspw. auch Informationen zu den zu bearbeitenden Umfängen in den verschiedenen Textsorten und Fachgebieten.

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Beide Bereiche bilden dann die Grundlage für die Erstellung des Lastenheftes.

Das Lastenheft ist die Grundlage für die spätere Zusammenarbeit und definiert auch die Regeln für die Abnahme von Leistungen. Genau dieser Punkt verdient besondere Aufmerksamkeit, denn bei der immer folgenden Verhandlung über die Preise ist davon auszugehen, dass die Anforderungen des Lastenheftes eine untere Grenze darstellen, die auch bei Reduzierung von Preisen durch eine Verhandlung nicht unterschritten werden darf. Es ist allerdings davon auszugehen, dass eine Reduzierung von Preisen in der Verhandlung dazu führt, dass diese untere Grenze letztlich dann auch die realistisch zu erwartende Leistung beschreibt.

Hilfreich ist auch, wenn bereits im Lastenheft die Methoden und Prozesse definiert werden mit denen die spätere Leistung beurteilt werden soll und Verfahren definiert werden, die eingesetzt werden können, wenn es hierbei zu Differenzen kommt.

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Ein weiterer Aspekt der in der Vorbereitung zu beachten ist, ist die Definition der zur Anwendung kommenden Preismodelle. Hierbei zeigt sich, dass die unterschiedlichen Stakeholder sehr unterschiedliche Interessen haben können. Besonders der Einkauf ist oft an sehr einfachen Preismodellen interessiert, weil so die eingehende Angebote leichter vergleichbar erscheinen. Dies wirkt jedoch oft den Interessen der Fachabteilungen entgegen.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen beabsichtigt einen Rahmenvertrag über die Lieferung von Dienstwagen abzuschließen. Im Lastenheft wird definiert: Fahrzeuge mit Rädern, Lenkrad und Fahrersitz. Zusätzlich einige höherwertige Fahrzeuge mit Navigationsgerät und Multimediaausstattung. Bitte machen Sie ein Angebot über eine nicht spezifizierte Anzahl Fahrzeuge und geben den Preis je Fahrzeug an.

Je nach Hersteller kann es sich bei dieser Spezifikation um sehr unterschiedliche Fahrzeuge handeln. Die Angebote liegen also vielleicht zwischen 10.000 € und 30.000 €. Nach der Verhandlung mit dem Einkauf wird ein Preis von 13.000 € festgelegt. In der Folge könnte es dann dazu kommen, dass statt der erwarteten Mittelklassefahrzeuge doch vielleicht nur Fahrzeuge der Fa. XXX geliefert werden und statt eingebauter Navigationsgeräte nur mobile Navigationsgeräte der Fa. XX mitgeliefert werden. Eine Multimediaausstattung könnte in diesem Zusammenhang vielleicht auch ein MP3-Player sein, den man der Führungskraft mit dem Schlüssel in die Hand drückt.

Um dieses Szenario zu verhindern, bedarf es einer ausreichenden Differenzierung der erwarteten Leistung im Lastenheft und ein Preismodell, dass diese Erwartungen sinnvoll abbildet.

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Die Vorbereitung und hier insb. das Lastenheft mit dem Preismodell legt die Basis für die Risiken, die sich aus der Ausschreibung ergeben. Wie bereits ausgeführt, bestehen Risiken für beide Seiten.

Auftraggeber tragen ihr Risiko in der Güte der zu erbringenden Leistung und der ggf. daraus resultierenden Folgeprobleme oder -kosten.

Das Risiko der Auftragnehmer liegt in der von ihnen auf Basis der Ausschreibungsinformationen erfolgten Kalkulation und dem Ergebnis der späteren Verhandlung.

Zu Bedenken ist dabei, dass üblicherweise der Auftraggeber im Ausschreibungsprozess den aktiven Part übernimmt und Auftragnehmer darauf reagieren. Dies führt dazu, dass zwar auf den ersten Blick der Auftragnehmer in der schwächeren Position erscheint, sich das Risiko jedoch schnell in Richtung des Auftraggebers verschieben kann.

Unklarheiten oder Fehler in der Kalkulation kann der Auftragnehmer unter Umständen dadurch kompensieren, dass er die Erstellungskosten reduziert. Dies hat eigentlich immer auch Auswirkungen auf die Güte der zu erbringenden Leistung.

Die daraus resultierenden Probleme trägt dann zumeist die beauftragende Fachabteilung. Der Einkauf, der durchaus durch sein Agieren auch einen Beitrag hierzu leisten kann, ist in dieser Phase dann nicht mehr beteiligt.

Daraus folgt, dass eine Strategie der Risikominimierung immer von den Fachabteilungen ausgehen muss.

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Nach erfolgreicher Vorbereitung kann eine Shortlist der potenziellen Lieferanten gebildet werden. Aus den Anforderungen und Erwartungen sollten hierzu diejenigen Kriterien abgefragt werden, die für eine Beauftragung unabdingbar sind.

Beispielsweise können in dieser Phase diejenigen Lieferanten ausgefiltert werden, die nicht mit den technologischen Anforderungen kompatibel sind, die nicht über die gewünschten festen personellen Ressourcen verfügen oder die nicht an den erforderlichen Standorten vertreten sind.

Zusätzlich können natürlich auch weitere Kriterien wie Unternehmensgröße oder spezielle Compliance-Anforderungen berücksichtigt werden.

Sinnvoll ist, diese Phase möglichst einfach zu gestalten. Ein kurzer Fragebogen, der nur die wirklich relevanten Fragen beinhaltet, kann leicht ausgefüllt werden und ebenso leicht ausgewertet werden.

Ziel sollte es sein, die Anzahl der potenziellen Lieferanten so weit zu reduzieren, dass der Arbeitsaufwand für die Auswertung der eigentlichen Angebote auf ein angemessenes Maß reduziert werden kann.

Als Nebeneffekt erspart man auch denjenigen Lieferanten die aufwändige Erstellung eines Angebotes, die am Ende aufgrund grundsätzlicher Erwägungen gar nicht zum Zuge kommen können.

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Die Ausschreibung wird nun an die Dienstleister aus der Shortlist übermittelt. Zur Ausschreibung gehört natürlich das Lastenheft mit den Preismodellen und alle für eine Kalkulation erforderlichen zusätzlichen Dokumente. Dazu gehören bspw auch alle Style-Guides, Schnittstellendefinitionen oder sonstige Informationen, die bei einer späteren Leistungserbringung zu beachten sind.

Zusätzlich sollte bereits in der Ausschreibung der Ablauf und auch die Kriterien für eine Auswahl mitgeteilt werden. Die meisten Dienstleister sind durchaus in der Lage, ein auf die Anforderungen ihrer Kunden angepasstes Angebot zu erstellen. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Kenntnis dieser Anforderungen. Liegt bspw. der Fokus auf eine überdurchschnittliche Qualität, dann kann bei der Kalkulation genau so darauf eingegangen werden, wie es auch bei einem möglichst niedrigen Preis möglich ist. Wenig hilfreich sind hingegen Anforderungen wie überdurchschnittliche Qualität in allerkürzester Zeit bei weit unterdurchschnittlichem Preis.

Es besteht dabei durchaus auch die Möglichkeit, und wahrscheinlich ist das auch in vielen Fällen erforderlich, dass man für unterschiedliche Textsorten oder Fachgebiete auch unterschiedliche Anforderungen definiert. Dies kann und sollte dann im Preismodell auch die angemessene Berücksichtigung finden.

Um möglichst optimale Angebote zu erhalten, empfiehlt es sich, auch Fragen der Dienstleister und Feedback einzuplanen. Dies ermöglicht es auch während der Ausschreibung noch auf Unklarheiten, Fehler oder auch neue Aspekte einzugehen. Ziel sollte es sein, am Ende ein optimales Angebot zur Entscheidung zu erhalten.

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Wenn bis hierhin die Angebote mit der entsprechenden Sorgfalt eingeholt wurden, sollte es eigentlich gar keiner Verhandlung mehr bedürfen. Da diese jedoch auch aus anderen Gründen ein inzwischen unverzichtbarer Teil jeder Ausschreibung ist, sollte sie mit der gleichen Sorgfalt betrieben werden.

Die Verhandlung über die Preise kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Wenn es nur darum geht, Preise zu reduzieren, kann dies durchaus auch mit einer der verfügbaren Formen elektronischer Auktionen durchgeführt werden. Hierbei werden die Anbieter so lange die Preise reduzieren, wie sie es für vertretbar halten. Dabei müssen sie die im Lastenheft definierten Anforderungen und ihre Kalkulation berücksichtigen. Je stärker der ursprünglich kalkulierte Preis reduziert wird, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass die Anbieter auch bei der zu erbringenden Leistung versuchen Abstriche einzuplanen. Da aber üblicherweise in dieser Phase die Leistungen nicht mehr verhandelt werden, ist hier das vorliegende Lastenheft die untere erlaubte Grenze.

Trotzdem ist damit zu rechnen, dass es Anbieter gibt, die ihren eigentlich möglichen Preis unterschreiten. Dies kann durch zu optimistische Annahmen in ihrer Kalkulation erfolgen. Problematisch sind aber auch Szenarien, in denen sich der Anbieter auf bestimmte Zusagen des Auftraggebers verlässt, diese in der Kalkulation berücksichtigt, die dann aber später nicht so wie erwartet eintreffen. In diesen Fällen steigt das Risiko, dass der Anbieter später nicht in der Lage sein wird, die Leistung in der gewünschten Güte zu erbringen.

Eine Möglichkeit dieses Risiko zu verringern, ist die Vereinbarung von Service Level Agreements, die so gestaltet sind, dass beide Seiten eine höhere Sicherheit in Bezug auf Zusagen der jeweils anderen Seite erhalten. So könnten bspw. niedrige Preise an bestimmte Auftragsvolumina oder an die Güte der beigestellten Ausgangstexte gekoppelt werden.

Am Ende der Verhandlung kann dann eine Entscheidung für einen oder mehrere Anbieter getroffen werden.

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Nach der Entscheidung für einen oder mehrere Anbieter sollte sich als weitere Phase ein Setup anschließen. Trotz aller Sorgfalt ist damit zu rechnen, dass sowohl das Lastenheft als auch das Angebot nicht alle Aspekte umfassend abdecken wird.

Während des Setup erfolgt die Einarbeitung des Dienstleisters in die eigentlichen Aufgaben. Hierbei kann und sollte der Auftraggeber einen Plan erstellen, der ein sukzessives Lernen und eine Steigerung der Anforderungen bis zum gewünschten Niveau beinhaltet. Der Auftragnehmer kann in dieser Zeit die für die Leistungserbringung erforderlichen technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen und die einzusetzenden Mitarbeiter für die Aufgaben qualifizieren.

Durch regelmäßiges gegenseitiges Feedback können die Prozesse im Detail optimiert werden. Für den Auftraggeber bietet diese Phase auch die Möglichkeit, vom Auftragnehmer innovative Ideen aufzunehmen und hierdurch ggf. eigene Prozesse zu optimieren.

Für beide Seiten sollte zudem die Möglichkeit bestehen, am Ende noch einmal die Entscheidung zu überprüfen.

Abweichungen oder Veränderungen in Anforderungen oder Zusagen können auch in entsprechende Nachverhandlungen führen.

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Nach der Einarbeitung im Setup beginnt dann die Phase der Leistungserbringung. Auch diese kann noch im Rahmen der Ausschreibung betrachtet werden.

Einerseits sollte es auch in dieser Phase Prozesse für eine kontinuierliche Optimierung und Innovation geben. Dies kann sowohl vom Auftraggeber als auch vom Auftragnehmer ausgehen. Optimierung und Innovation könnten potenziell auch die Anforderungen und damit die Preisvereinbarungen betreffen.

Des Weiteren kann es über Service Level Agreements dazu kommen, dass Auftraggeber auch während der Laufzeit einer Rahmenvereinbarung einen Wechsel des Lieferanten durchführen müssen. Diese Verfahren sind einerseits eine Absicherung für die auftraggebende Fachabteilung hinsichtlich der Güte der Leistung und andererseits auch eine Aufgabe für den Einkauf, diese Situation nicht durch ihre Verhandlungen bspw. durch zu starken Preisdruck zu befördern.

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In jeder der vorgestellten Phasen gibt es eine Vielzahl von Methoden oder Herangehensweisen zur Durchführung.

Im Folgenden werden nun zwei häufig verwendete Elemente von Ausschreibungen betrachtet.

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Die Anfertigung von Lastenheften erfolgt eigentlich in jeder Ausschreibung. Bei der Gestaltung von Lastenheften gibt es drei Kriterien, die beachtet werden sollten:

1. Das Lastenheft muss vollständig alle Anforderungen definieren, die an den Leistungserbringer gestellt werden. Alles was im Lastenheft nicht definiert ist, gilt als nicht vereinbart. Das Lastenheft sollte zudem alle Anforderungen und Rahmenbedingungen enthalten, die die Kalkulation beim Leistungserbringer beeinflussen. Ggf. ist bei der Erstellung die Unterstützung von Dritten hinzuzuziehen.

2. Das Lastenheft sollte in einem transparenten Stil verfasst werden. Es geht bei der Erstellung nicht um die Abfrage, ob ein Leistungserbringer bestimmte Anforderungen erraten kann oder ob er sich in anderen Bereichen gut auskennt, sondern um die Grundlage einer Vereinbarung. Es sollte auch nicht mehr Vorgaben insb. in Bezug auf die Methoden enthalten als erforderlich, um Anbietern zu ermöglichen, mit innovativen oder effizienteren Methoden zu arbeiten und diese in das Angebot einzubringen.

3. Das Lastenheft muss dem Umfang der zu erbringenden Leistung angemessen sein. Zu viele bei der Leistungserbringung zu berücksichtigende und zu prüfende Vorgaben erhöhen den administrativen Aufwand. Damit steigen dann entweder die Kosten oder das Budget für die eigentliche Leistungserbringung sinkt mit den daraus resultierenden Folgen für die Güte der Leistung.

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Ein weiteres oft verwendetes Element ist die Anfertigung von Probeübersetzungen.

Der Zweck von Probeübersetzungen liegt in der Abschätzung der Fähigkeit des Lieferanten zur Anfertigung von Übersetzungen in der geforderten Güte. Genau hier liegt auch die größte Herausforderung. Sowohl bei der Auswahl der Texte als auch bei der späteren Auswertung der gelieferten Probeübersetzungen sollten jeweils die Kriterien angelegt werden, die für die später anzufertigenden Übersetzungen gelten. Das bedeutet, dass bei unterschiedlichen Anforderungen auch unterschiedliche Probetexte verwendet werden sollten.

Zudem sind Probeübersetzungen kein praxisnahes Beispiel für die spätere Leistungsfähigkeit. Wenn die Anbieter wissen, dass es sich um Probeübersetzungen handelt, werden sie natürlich versuchen die bestmögliche Leistung zu erbringen. Das sollte eigentlich immer weit über dem liegen, was später tatsächlich gefordert wird. Man kann daher eigentlich über Probeübersetzungen nur diejenigen Anbieter ausfiltern, die nicht mal bei Probeübersetzungen ein hohes Leistungsniveau erreichen können.

Allerdings stellt sich oft die Schwierigkeit, dass die Auswertung von Probeübersetzungen nicht immer von qualifizierten Fachleuten erfolgt. Dies eröffnet dann einen weiteren Spielraum für subjektive Einschätzungen. Besser ist es, die Auswertung von Probeübersetzungen durch einen externen Dienstleister durchführen zu lassen, der ansonsten nicht am Ausschreibungsverfahren beteiligt ist.

Probeübersetzungen können auch nur einen kleinen Ausschnitt der Leistungsanforderung abdecken, da sie in der Regel nicht in dem Umfeld erfolgen, in dem später die Leistung erbracht werden soll.

Einen besseren Test kann man im Übrigen durchführen, indem man bereits vor Erstellung der Shortlist den interessanten Anbietern kleinere Aufträge erteilt. Hierbei kann man das annähernd „normale“ Leistungsniveau eines Dienstleister wesentlich besser erkennen. Die Ergebnisse kann man dann auch für die Erstellung der Shortlist berücksichtigen.

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Die größte Schwachstelle von Probeübersetzungen liegt darin begründet, dass nicht sichergestellt ist, dass diejenigen Übersetzer, die die Probeübersetzung angefertigt haben, später zur Leistungserbringung eingesetzt werden. Besonders, wenn das Auftragsvolumen so hoch ist, dass mehrere Übersetzer parallel eingesetzt werden müssen, bekommt man später Übersetzungen geliefert, die keinerlei Bezug zu den Probeübersetzungen haben.

In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Anfertigung und Auswertung von Probeübersetzungen den damit verbundenen Aufwand rechtfertigt.

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Ausschreibungen werden nicht aus Selbstzweck betrieben. Sie dienen der Erreichung konkreter Ziele, die sich insb. aus den Anforderungen der Fachabteilungen ergeben.

Gerade beim Einkauf von Übersetzungsleistungen hat die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer einen hohen Stellenwert. Schließlich wird hier nicht ein objektiv messbares Produkt mit klar definierten Eigenschaften eingekauft, sondern es wird eine Bearbeitungsleistung in der Zukunft versprochen. Zusätzlich hängt die Güte der Leistung nicht nur vom Auftragnehmer ab, sondern wird maßgeblich durch den Auftraggeber bspw. durch die Qualität der Ausgangstexte oder die Rahmenbedingungen der Beauftragung beeinflusst.

Ein fairer Umgang miteinander und die Berücksichtigung der Anforderungen von Auftrag-nehmern können unter diesem Blickwinkel der späteren Zusammenarbeit nur förderlich sein.

Daher ist es offensichtlich, dass die Fachabteilungen in der Verantwortung stehen, durch ihr Agieren den Ausschreibungsprozess zum gewünschten Ziel zu bringen. Der Einkauf ist in diesem Zusammenhang als Dienstleister und ggf. auch als Kontrollinstanz für die Fachabteilungen zu sehen.

Die Übergabe der Verantwortung für eine Ausschreibung in die Hände des Einkaufs führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Überbetonung der zumeist monetären Ziele des Einkaufs im Ausschreibungsprozess.

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Gerade aus Sicht der Fachabteilungen empfiehlt sich eine frühzeitige Betrachtung der Risiken, die sich aus einer Ausschreibung ergeben können.

Diese Risiken beziehen sich einerseits auf die Umsetzung der direkten Anforderungen selbst, können aber zusätzlich auch an den Stellen auftreten, die letztlich die Verwender der Übersetzungen sind.

Obwohl oder vielleicht weil bei einer Ausschreibung zumeist der Auftraggeber die aktive und gestaltende Rolle übernimmt, liegt bei ihm auch das größere Risiko. Auftragnehmer können ihr eigenes Risiko oft durch reaktives Verhalten anpassen.

Durch gut gestaltete Ausschreibungen, die Risiken berücksichtigen und minimieren, lassen sich sowohl die Ziele und Anforderungen der Fachabteilungen als auch die monetären Ziele erreichen.

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