Achtsamkeit und Akzeptanz in der Schmerztherapie
Anke Diezemann
DRK Schmerz-‐Zentrum Mainz
Wenn Körper und Seele leiden 19. März 2014
Schmerzbewältigung
AssimilaCon AkkommodaCon
Flexibilität im Umgang mit den Beschwerden
durch
• Akzeptanz • Achtsamkeit • Anpassung des
Anspruchsniveau
Beharrliche Zielverfolgung der Schmerzlinderung
durch
• Rückentraining • Medikamenteneinnahme • Spritzen
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Realistische Therapieerwartungen ?
Veränderung Akzeptanz
Akzeptanz
Veränderung Wunsch Patient
assimilatives coping
Akzeptanz
Veränderung
Einschätzung Therapeut
akkomodatives coping
Achtsamkeits- und akzeptanzbezogene Interventionen bei chronischem Schmerz
• Achtsamkeits-basierte Stressreduktion (MBSR) (Kabat-Zinn, 1990)
• Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT) (Hayes, Strohsahl, Wilson, 1999)
• Acceptance and Commitment Therapy for Chronic Pain (J. Dahl et al., 2005)
• Contextual Cognitive Behavioral Therapy for Chronic Pain (CCBT) (Mc Cracken, 2005)
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Psychologische Flexibilität
ACT-Modell Akzeptanz
Achtsamkeit WerteorienCerung
Defusion
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TransdiagnosCsche Herangehensweise
unabhängig vom Störungsbild
Grundlage ist die verhaltensanalyCsche Grundlagenforschung und der Behaviorismus
Am Kontext orienCerte Verhaltenstherapie
Commitment Selbst als Kontext
Werteorientierung ermöglichen
• eigene Ziele und Werte zu formulieren
-> Richtungsziel (das Ziel geht nie aus, gibt dem Leben einen Sinn) -> wie man sein Leben leben möchte -> nicht an den Vorstellungen anderer ausgerichtet -> ermöglichen Ausrichtungen unseres Verhaltens
-> Abgrenzung zu Ergebniszielen - sind nur solange interessant, wie wir sie nicht erreicht haben
• Handlungen ableiten, die erforderlich sind, um diese Werte zu verwirklichen (Prozessziel)
-> Hindernisse (Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen) müssen akzeptiert werden, um in der gewählten Richtung voranzuschreiten
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Lebenskompass
Lebensbereiche und Leitsätze
Wie möchte ich sein?
Ziel
Was hindert mich daran?
Wie kann ich mich darum bemühen?
Gesellschaft „ Gerechtigkeit fördern“
In Organisation einbringen
Partnerschaft „Bedürfnisse zeigen“
Soziales Leben „echte und enge Freundschaften haben“
Gesundheit „körperlich fit sein“
Bild: Wengenroth, 2008
Wer sitzt am Steuer?
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Ciarrochi & Bailey, ACT in der KVT, Beltz 2010
„Am Anfang saß der Schmerz am Steuer,
mit der Zeit konnte ich ihn auf den Beifahrersitz setzen,
dann lernte ich ihn auf die Rückbank zu verweisen,
….mein Ziel ist es, ihn in den Kofferraum zu bringen.
Dort darf er bleiben, ohne die Richtung vorzugeben! “
(Zitat eines Schmerzpatienten)
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Akzeptanz: eine definitorische Annäherung
• „das annehmen, was angeboten wird“ (Hayes, Strohsahl, Wilson)
• Bereitschaft, Ereignisse und Erlebnisse, so wie sie sind, ohne Ablehnung zu erleben
• Bereitschaft, Dinge so zu lassen, wie sie im Moment sind, wenn wir sie wahrnehmen -> bewusste Entscheidung
Ø Versuche der Kontrolle aufzugeben, wenn sie die Lebensqualität beeinträchtigen (McCracken)
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Akzeptanz /Bereitwilligkeit Bestandsaufnahme und kreative Hoffnungslosigkeit:
-> bisherige Erfahrungen und Bewältigungsversuche waren „vernünftig, rational“, aber wirkungslos
-> der bisherige Veränderungsplan ist hoffnungslos –>
Offenheit für einen anderen Weg -> Metaphern, Symbole zum Thema Feststecken
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Natürliches Leid und Vermeidungsleid
Natürliches Leid Was ich tue, um natürliches Leid zu
vermeiden
Vermeidungsleid
Schmerzen beim Laufen • Walking, wandern aufgegeben
• ich gehe nicht mehr in die Stadt
• mehr Schmerz • Kondition wird immer
schlechter • Soziale Isolation
Wengenroth, ACT Tools, Beltz,2012
Akzeptanz/Bereitschaft
Bereitschaft ist nicht: Bereitschaft ist:
• Dem Schmerz Widerstand leisten
• Den Schmerz ignorieren
• Den Schmerz vergessen
• Sich vom Schmerz vereinnahmen lassen
• Tun, was der Schmerz sagt
• Nicht tun, was der Schmerz sagt
• Den Schmerz achten, wie man einen Freund achten würde, dem man zuhört
• Den Schmerz mit sich tragen wie ein Bild in der Brieftasche • auf den Schmerz schauen, wie auf ein unglaubliches Bild
Bezugsrahmentheorie: Verbal-kognitiven und umweltbezogene Kontextbedingungen
Verbal-kognitiv: Ø Verhaltensweisen werden mit inneren Erlebnissen begründet (ich belaste mich nicht,
weil ich depressiv bin, weil ich Schmerzen habe…..) Ø kognitive und emotionale Gründe stellen dann Barrieren dar Umwelt: Ø Es reicht nicht, die Gedanken der Person zu kennen – der äußere Kontext bestimmt,
inwiefern die Gedanken Einfluss auf das Verhalten haben „Ich kann den Schmerz nicht aushalten“
Ø wird sich bei der Hochzeit der Tochter trotz dieser Gedanken versuchen normal zu
verhalten Ø bei der anstrengenden körperlichen Übung wird der Gedanke zu einem anderem
Verhalten führen
Gedanken determinieren nicht immer unser Verhalten
Gedanken als Fußfesseln und als Ruhekissen
Wir verschmelzen mit dem Inhalt unserer Gedanken
(kognitive Fusion)
Wengenroth, ACT Tools, Beltz,2012
A: Tarifvertrag B: Elfmeter C: Internetbrowser D: ??? (Wengenroth, 2008)
Ein Indianer kennt keinen …..
Kognitive Defusion
Ich kann einen Gedanken haben, muss ihn mir aber nicht abkaufen
Verzerrung durch Singen als Melodie
Der Verstand als eigenständiges Wesen, das einen vollplappert
Hitparade der
Gedanken
Gedanken als Fußfesseln und als Ruhekissen
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Wengenroth, ACT Tools, Beltz,2012
Konzeptualisierte Selbst (begriffliche Selbst)
• Summe der Beschreibungen, Bewertungen, Erklärungen und
Kategorisierungen von uns selbst – Schublade Ø Schmerzpatient, der sich nicht belasten sollte, depressiv ist und
abhängig von Helfern ist • Das Selbstbild des gegenwärtigen Augenblicks wird dadurch gestört,
dies verhindert Verhaltensweisen, die nicht ins Konzept passen
• Selbst als Kontext ist das Beobachter-Ich: erleichtert das Nicht-Identifizieren mit dem konzeptualisierten Selbst
Achtsamkeit
• stammt aus der buddhistischen Meditationspraxis
• „spezifische Form der Aufmerksamkeitslenkung“ (Kabat-Zinn)
• bezieht sich auf den augenblicklichen Moment
• beinhaltet ein Maß an Absicht
• und ist nicht wertend
• beinhaltet Bewusstheit und Akzeptanz
Un-Achtsamkeit
• Unachtsamkeit als Autopilotenmodus (Kabat-Zinn) • Begünstigt automatisierte und starre Verarbeitungs- und Reaktionsmuster -> Kontrolle, Kampf und Vermeidung
5 Elemente Zirkel der Achtsamkeit
Nach Zarbock, Amman, Ringer, 2012
Beobachten
Nicht-
Reagieren
Konzentrieren
Benennen
Nicht-
Bewerten
Wie?
Wie?
Innere Haltung: Geduld
Akzeptanz Nicht greifen
Loslassen Neugierde
Anfängergeist
Ziel eines gesunden Lebens ist es nicht so sehr, sich gut zu fühlen,
sondern gut zu fühlen.
(Hayes et al., 2004)
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Achtsamkeit fördert • Schulung der Aufmerksamkeit (erleichtert kognitive Defusion, Aussteigen aus dem
Grübeln, Angstteufelskreis)
• Steigerung des Kontakts mit dem Hier und Jetzt (differenziertere Körper- und Selbstwahrnehmung, Exposition von angstbesetzten Bewegungen)
• Veränderung des mentalen Modus vom Modus des Tuns ->Seins-Modus (weniger in die Vermeidung oder Kontrolle mit Medikamenteneinnahme, ermöglicht mehr Offenheit für die Erfahrung, Emotionsregulation, Stressbewältigung)
• Disidentification (erleichtert kognitive Defusion, Beobachter-Selbst aufzubauen, flexiblere Sichtweise des eigenen Selbst, erhöht die akzeptierende Haltung und auch Werteorientierung)
• Frühzeitiges Erkennen von Aufschaukelungsprozessen (Emotionsregulation, weniger Druck mit Kontrolle oder Vermeidung zu reagieren, Angstreaktionen entgegenwirken)
(Michalak et al, 2012)
Werte und engagiertes Handeln geben dem Akzeptieren
schmerzlicher innerer Erlebnisse ihre Würde
Patient wählt den Weg der ihm am Herzen liegt
Commitment
Dialektische Therapieziele der ACT
Veränderung Akzeptanz
FerCgkeiten der Akzeptanz
FerCgkeiten zur Veränderung
Hayes, 2012
Mit Vielzahl an VT Methoden
Therapeutische Beziehung (Dahl, et al., 2005, Linehan, 2012; Lammers & Stiglmayr, 2009; Michalak et al., 2012)
Ø Eigene Erfahrung mit Achtsamkeit – Glaubwürdigkeit und für ein achtsames Einfühlen
Ø DialekCk: Therapeut reagiert aufmerksam zwischen den Polen der Akzeptanz und Veränderung, um Veränderung zu ermöglichen
Ø Vulnerabilität und persönliche Werte akzepCeren
Ø Bereitscha` Schmerz, Leiden, Verlust anzuschauen und auszuhalten, ohne es
direkt ändern zu wollen Ø mit PaCent mehr auf einer Ebene (weniger Experte) um Selbständigkeit und
Selbstwirksamkeitserwartung bei hoher Chronfiizierung zu stärken
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Accecptance-based interventions for the treatment
for chronic pain Veehof MM, Oskam MJ, Schreurs KMG, Bohlmeijer ET (2011) Pain, 152:533-542
Meta-Analyse, 22 Studien (9 RCT, 5 CCT, 8 nichtkontrollierte Studien), 1235 Patienten
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0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45
Effektstärken der kontrollierten Studien
d = 0,2 kleiner Effekt d = 0,5 miileren Effekt d = 0,8 starke Effekt.
Accecptance-based interventions for the treatment
for chronic pain
Veehof MM, Oskam MJ, Schreurs KMG, Bohlmeijer ET (2011), Pain, 152:533-542
Ø Zu wenig RCT, es fehlen ausreichende hoch-qualitative Studien
Ø die meisten MBSR, wenige ACT Studien, die mehr auf behaviorale Aspekte Einfluß nimmt Ø ACT-Studien höhere Effekte auf Depression
Ø Keine besseren Effekte als CBT, aber vielversprechende Interventionen, deren Kombination mit CBT sinnvoll erscheint
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A randomized controlled trial of acceptance and commitment therapy and cognitive-behavioral therapy for chronic pain
Wetherall ,J.B. et al., Pain 152 (2011) 2098-2107
114 SchmerzpaCenten
KVT (n=57) ACT (n=57)
Randomisierte Zuordnung
4 Woche Wartezeit
Dropout (n=15) 8 Wochen 8 x 90 Minuten
4-‐6 PaCenten in einer Gruppe
Dropout (n=14)
Erhebung der Outcomevariablen direkt nach der Therapie/ nach 6 Monaten
A randomized controlled trial of acceptance and commitment therapy and cognitive-behavioral therapy for chronic pain
Wetherall ,J.B. et al., Pain 152 (2011) 2098-2107
KVT ACT
Plausibel, glaubwürdig, Hoffnung auf Verbesserung
Outcome Zu beiden
Messzeitpunkten
Beschreibung wie Therapie erlebt wurde
Zufriedenheit, Angenehme Erfahrung
Zwischen den Gruppen
gab es für keine der Outcomevariablen einen Unterschied
Ø Zeigt sich in Metaanalyse von Powers et al. (2009) auch beim
Vergleich von ACT und CBT bei Angst / Depression / Substanzabhängigkeit
Signifikante Veränderung: Depression (BDI)
Schmerzbezogenen Angst (PASS) Akzeptanz (CPAQ)
Kontrollüberzeugung (SOPA)
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Iranische Frauen mit chronischem Kopfschmerz (Migräne, Spannungskopfschmerz): ACT vs. Medikamentöse Therapie Ho‘tamedi et al., Headache, 2012
• Randomisiertes Kontrollgruppendesign (kleine SCchproben n=15) • 8 x 90-‐minüCge Sitzungen + Hausaufgaben
Vorher Nachher Ancova
Variable Gruppe M (SD) M (SD) F P Effekt-‐größe
sensorisch MTAU ACT
28 (3,9) 29 (2,8)
22,8 (5,1) 25 (4,1)
0,81 0,58 0,28
affekCv MTAU ACT
7,8 (2,4) 8,7 (2,5)
7,4 (2,2) 4,8 (2,3)
10.14 0,003 1,35
Be-‐einträchCgung
MTAU ACT
16 (4,2) 14 (3,4)
14 (3,4) 6,3 (2,2)
33,72 <0,0001 0,93
Angst MTAU ACT
44 (5,1) 44 (5,7)
45 (4,7) 29 (10,3)
28,27 <0,0001 2,54
A systematic review and meta-analysis of mindfulness-based stress reduction for the fibromyalgia syndrome
Lauche R, Cramer, H, Dobos G, Langhorst, J, Schmidt S, Journal of Psychosomatic Research (2013), 75: 500-510
6 von 244 Studien qualitativ ausreichend (KG: medizinisch, aktiv: Edukation/ Dehnung/ Graded Activity)
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Effektstärken gegenüber akCver Behandlung d = 0,2 kleiner Effekt d = 0,5 miileren Effekt d = 0,8 starke Effekt. 0
0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45 0,5
Lebe
nsqu
alitä
t Schm
erz
Schlaf
Depressio
n Erschö
pfun
g
KurzfrisCg
LangsfrisCg
*
*
Do Mindfulness-Based Interventions Reduce Pain Intensity? A Critical Review of the Literature
MBSR
Reiner, K, Tibi L, Lisitz JD, Pain Medicine (2013), 14: 230-242
• Von 133 Studien Auswahl von 16 qualitativ ausreichenden Studien
• 5 Studien zu MBSR (unkontrolliert) Ø keine Effekt kurz- und langfristig auf Schmerzintensität • 5 von 7 Studien MBSR oder Varianten (kontrolliert) Ø Signifikante Effekte (d=0,4-1,0) kurzfristig Ø Wenig Effekt langfristig
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Do Mindfulness-Based Interventions Reduce Pain Intensity? A Critical Review of the Literature
ACT
Reiner, K, Tibi L, Lisitz JD, Pain Medicine (2013), 14: 230-242
• 3 Studien zu ACT (unkontrolliert) von Vowles & MC Cracken Ø signifikante Effekte (d=0,5-0,65) kurz und langfristig für
Schmerzintensität
• 1 Studie zu ACT von MC Cracken (kontrolliert) Ø Signifikanter Unterschied (d=0,64) kurzfristig, (d=0,38) nach drei
Monaten
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Alles mulCdisziplinäre Therapieprogramme mit IntegraCon von ACT
Acceptance amd values-based action in chronic pain: A three Year follow-up analysis of treatment effectiveness and process
Vowles, K., Mc Cracken, L.M., Zhao O‘Brien, J. Behavior Research and Therapy, 49 (2011). 748-755
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
Akzeptanz
Werte-‐Erfolg
Werte Diskrepanz
Schmerz
Depression
Schmerzbezogenen Angst
Körperliche BeeinträchCgung
Psychosoziale BeeinträchCgung
Medzinische Behandlung
Effektstärken (Cohen‘s d) im drei Jahres follow-‐up
• Drei Jahres follow-up, 108 Patienten (Reponderrate 65,1%) • 3-4 wöchiges hochintensives multimodales Programm: 6,5 Stunden / Tag • Gruppe + Einzel
Multidisciplinary treatment for chronic pain: a systematic review of interventions and outcomes
L. Scascighini et al., Rheumatology, 47: 670-678, 2008
Ø 27 Studien mit mixed chronic pain, low back pain und Fibromyalgia Ø multidisziplinäre Programme sind effektiver als rein medikamentöse Behandlung und unidisziplinäre Behandlung Ø Intensive Programme (> 100 Stunden: siehe Guzman) sind effektiver
Multidisziplinäre Schmerz Programme repräsentieren State of the Art in der Behandlung nicht-maligner
chronischer Schmerzen
Die Autoren fordern mindestens: Ø Edukation zur Neuro-Physiologie bei Schmerz und medikamentöser Therapie Ø Spezifisches individuelles körperliches Training Ø Physiotherapie nach dem Prinzip des pacing Ø Psychologische Gruppentherapie
MulCmodale Schmerztherapie
Gemeinsames Diagnose- und Therapiekonzept Enge zeitliche, räumliche und inhaltliche Vernetzung Fortlaufende Abstimmung während der Behandlung Hohes Kooperationswissen Gemeinsame Sprache und Philosophie Hohe Behandlungsintensität Medizin
MMST
42
Probleme der Studienlage
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Sehr unterschiedliche Ergebnisse / Effekte in der Literatur zu finden
• Nachteile der unimodalen Therapie gegenüber mulCmodalen aufgrund der Komplexität von Schmerzerkrankungen wird nicht berücksichCgt/ diskuCert
• Studien vermischen verschiedenen Schmerzbilder und SomaCsierung, Reizdarm • Unterschiedliche somaCsche und psychische Komorbiditäten • Achtsamkeitstherapie sehr unterschiedlich in Intensität, häuslichen Eigenübungen
und KombinaCon mit anderen therapeuCschen Inhalten (ACT, CBT, Stress, Yoga) • Zu wenig RCT‘s • Methodik häufig nicht ausreichend (Randomisierung, Verblindung, Angaben der
Daten) • Kaum Langzeiteffekte untersucht • Effekte häufig vergleichbar mit CBT
Befunde zu neurobiologischen Veränderungen durch Achtsamkeitsmeditation
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• Achtsamkeitsmeditation geht mit der Zunahme von grauer Substanz einher (Leistungsverbesserung)
Ø Hippocampus (Lernen/Gedächtnis, Emotionsregulation) Ø Insula (Körpergewahrsein, Interozeptionsfähigkeit, Bewusstsein) Ø Post-cingulärer Cortex (Reize in Relevanz für eigene Person) Ø Temporo-parietale Junction (Perpektivenwechsel, Empathie,
Aufmerksamkeit) Ø Cerebellum (Bewegung, Koordinationsfähigkeit, Emotions- und
Kognitionsregulation)
• Abnahme des Stresserlebens geht mit Abnahme der grauen Substanz in Amygdala (Angst/Aggression) einher
(Britta K. Hölzel in Arbeitsgruppe von Sara W. Lazar (Massachusetts, Boston) und Bender Institute of Neuroimaging, Arbeitsgruppe U.Ott (Universität Giessen) Hölzel et al, 2011; Hoffman et al., 2011; Hölzel et al., 2010; Hölzel et al. 2008; Chiesa & Serreti, 2009; Hölzel et al., 2007)
Pain AienuaCon through Mindfulness is Associated with Decreased CogniCve
Control and Increased Sensory Processing in the Brain.
Gard, T., Hölzel, B. K., Sack, A. T., Hempel, H., Lazar, S. W., Vaitl, D. (2012), Cerebral Cortex, 22(11), 2692-‐2702.
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• Erste Studien zur neuronalen SchmerzmodulaCon: Menschen mit längerer Übung von Achtsamkeit, welche eine offene, akzepCerende Haltung beinhaltet
Ø berichten das aktuelle Schmerzreize während der MeditaCon als weniger unangenehm, jedoch nicht als weniger stark empfunden werden
Ø AkCvierung seitlich-‐präfrontalen Areale (kogniCv Neubewertung) nahm ab Ø AkCvierung Areale für sensorische Verarbeitung nahm zu Ø Neuronales Muster bei kogniCver Kontrolle umgekehrt
Ø Innere Haltung bei Achtsamkeit gegenüber dem Schmerz verändert sich-‐weniger belastend, weniger Leidensdruck, weniger Stress
Distanzierung von Gefühlen oder Gedanken
Gefühl, Bewertung, Schmerz und ich werden als eins
empfunden
Gefühl
Bewertung
Innere Beobachter
Gefühl
Bewertung
Innere Beobachter
1.
2.
3.
Schmerz als Sinnesempfindung
Schmerz als Sinnesempfindung
Akzeptanz
Coping
Activity Engagement
Pain Willingness
Beten Ablenkung Distan-zierung
Schmerz -.23*** -.31*** .42*** .11 .11
Schmerzbezogene Angst -.61*** -.71*** .42*** .28*** .19*****
Depression .43*** -.52*** .25*** .14* .15*
Körperliche Beeinträchtigung
-.45*** -.41*** .38*** .25*** .21***
Psychosoziale Beeinträchtigung
-.55*** -.44*** .25*** .12 .23***
Arbeitszeit .37*** .30*** -.26*** -.17** .00
A comparison of the relaCve uClity of coping and acceptance-‐based measure in a sample of chronic pain sufferers
McCracken & Eccleston, European Journal of Pain (10), 2006: 23-‐29
Copingvariablen mit schlechterer FunkCon assoziiert
Schmerz-‐Akzeptanz dagegen
mit besserer FunkCon verbunden
Regression / durchschni/liche Varianzau4lärung Akzeptanz: 29 % Coping: 0,04 %
Regressionsanalysen Varianzaufklärung Depression
6%
15%
29%
11%
39% Background Pain Acceptance Mindfulness Unexplained
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McCracken, Gauntlett-Gilbert and Vowles. Pain 2007; 131: 63-69. 114 Schmerzpatienten nach multimodaler Schmerztherapie mit ACT
6%10%
27%
10%
47%
BackgroundPainAcceptanceMindfulnessUnexplained
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Regressionsanalysen Varianzaufklärung Psychosoziale Beeinträchtigung
McCracken, Gauntlett-Gilbert and Vowles. Pain 2007; 131: 63-69. 114 Schmerzpatienten nach multimodaler Schmerztherapie mit ACT
Schmerz- erfahrung
Schmerzbezogenes Katastrophisieren
Schmerzbezogene Angst
Negativer Affekt Bedrohliche Informationen Plötzlicher Schmerzbeginn
Realistischer Optimismus
Konfron- tation
Remission
Vermeidung Hypervigilanz
guarded movement
Schonung(disuse)
Behinderung / Depression Auslöser
Vlayen & Linton, 2000
Fear-Avoidance-Modell
Fear Avoidance Beliefs und das schmerzbezogene Katastrophisieren
sind robuste Prädiktoren für die Chronifizierung
und anhaltende BeeinträchCgung
Mindfulness, functioning and catastrophizing after
multidisciplinary pain management for chronic low back pain
Cassidy EL, Atherton RJ. Robertson N, Walsh DA, Pain (2012): 644-650
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• 116 SchmerzpaCenten absolvieren interdisziplinäres Programm (63 Std.) mit CBT und einer Stunde AchtsamkeitsinformaCon ohne Übung
Ø Achtsamkeit (Mindful AienCon Awareness Scale) nimmt während des Programmes zu
Ø Größere Achtsamkeit Prädiktor für geringeres Katastrophisieren, BeeinträchCgung Angst und Depression
Ø Katastrophisieren fungiert als Moderatorvariable für Beziehung zwischen BeeinträchCgung und Achtsamkeit
Katastrophisieren
Achtsamkeit BeeinträchCgung
-‐.56*** .67***
.02NS (-‐.35***)
BeeinträchCgung Katastrophisieren
Achtsamkeit
-‐.56*** .02 NS
.67*** (.65***)
Ø Aspekte, die auch ohne Achtsamkeitstraining durchaus in mulCdisziplinärem Programm und CBT zum Entkatastophisieren vermiielt werden können
Ø WichCg wäre differenzierte Betrachtung von Achtsamkeit (Baer) : Fünf-‐Komponenten (Nicht reagieren / Beobachtung / Bewusstsein / Beschreibung / Nichtbewerten
Katastrophisieren, schmerzbezogene Angst und Akzeptanz
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• Querschniisstudie 344 SchmerzpaCenten (Vowles et al., 2008) Ø Schmerzakzeptanz fungiert als Mediatorvariable : Katastrophisieren-‐Depression Katastrophisieren-‐Schmerzbezogenen Angst Katastrophisieren-‐Körperliche und psychosoziale BeeinträchCgung • 62 SchmerzpaCenten trugen für 2 Wochen Taschencomputer, 8 x Tag Eingaben
(Crombez et al., 2013) Ø Schmerzaufmerksamkeit und -‐angst nehmen bei steigender Intensität des
Schmerzes und negaCven EmoConen zu Ø eine hohe Akzeptanz der Erkrankung schwächt den Zusammenhang zwischen
Schmerzintensität und Schmerzangst dagegen ab
Spannendendes Forschungsfeld Zusammenhänge zwischen Akzeptanz, Achtsamkeit und Fear
Avoidance und anderen schmerzaufrechterhaltenden Faktoren besser verstehen zu können
Achtsamkeit / Akzeptanz in der Schmerztherapie?
Tagesklinik DRK-Schmerz-Zentrum Mainz
• Achtsamkeit hilfreich für eine bessere Akzeptanz, Instrument zur differenzierten
Selbstwahrnehmung, Gefühlsregulation, inneren Distanzierung (Hölzel, 2011)
• ACT geeignet für Patienten, die sehr an Veränderung des Schmerzes „hängengeblieben“ sind und
viel vermeiden (Dahl, 2005)
Ungünstige Einstellungen
Fehlerha`e Wahrnehmung
Missachtung der Chronizität
Kampf / Dagegen-‐Anrennen
wollen
Ursachensuche
Ablehnung / Hass Anha`ung / Verstrickung
Achtsamkeit / Akzeptanz in der Schmerztherapie?
Tagesklinik DRK-Schmerz-Zentrum Mainz
• Achtsamkeit hilfreich für eine bessere Akzeptanz, Instrument zur differenzierten
Selbstwahrnehmung, Gefühlsregulation, inneren Distanzierung (Hölzel, 2011)
• ACT geeignet für Patienten, die sehr an Veränderung des Schmerzes „hängengeblieben“ sind und
viel vermeiden (Dahl, 2005)
• Auswahl der geeigneten Verfahren (Differentialindikation): eher bei chronifizierten Patienten, bei
denen Coping nicht vermittelbar ist oder mit schlechterer Funktion assoziiert ist (McCracken, 2007)
• Achtsamkeit- und akzeptanzorientiertes Vorgehen ermöglicht das Verfolgen dialektischer
Therapieziele
• Erweiterung der Veränderungsstrategien: Lernen zweiter Ordnung – System ändert sich, Funktion wird mehr betrachtet